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Nur ein Spiel

...oder?
von

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Plan B

„Was ist denn in letzter Zeit mit Shizuo los? Hat der wieder einen seiner Ticks?“ Der bärtige Mann lachte schäbig, drückte dabei mit seinem Fuß noch fester auf den kleineren Mann, der hilflos unter ihm auf dem Boden lag.

„Wohl eher hat er keinen Bock mehr auf den Job. Ich wusste gleich, das hält nicht lange.“, sagte der schwarzhaarige Mann, der mit seinem schmalen Gesicht und seinen Fuchsaugen aussah, wie ein Möchtegern-Verbrecher.

„Hätte ich auch nicht, wenn ich meinen Verdienst durch meine eigene Dummheit zunichte machen würde.“ Beide begannen töricht zu lachen.

„So, was machen wir nun mit ihm hier, Tom-san?“ Der bärtige Mann mit der Glatze nahm den schwarzen Stiefel von der Brust und ergriff den dünnen Strolch stattdessen an seinem Kapuzenpulli. Etwas Blut tropfte ihm dabei aus dem Mund, während er dort hilflos baumelte und es fast schien, als sei er bewusstlos. Tom seufzte.

Eigentlich wollte er sich nicht mehr mit diesen Rüpeln abgeben, doch seit Shizuo sich selbst wegen Izaya verrückt machte, blieb ihm leider keine andere Wahl. Seit gestern war er nicht mehr auf seinem Handy erreichbar, was ihn ein wenig stutzig machte. Es stimmte zwar, dass der Blondschopf manchmal seine Ticks hatte und ihm dadurch nicht unbedingt half, jedoch hatte er ihm schon sehr oft aus der Patsche geholfen. Allein der Klang seines Namens lässt die Leute in Angst und Schrecken versetzen, sodass die meisten die ausstehende Summe zahlten. Manchmal konnte Shizuo sich sogar zurückhalten, wenn er einen guten Tag hatte und Tom ihn darum bat. In Wirklichkeit war er kein so schlechter Kerl, wie alle dachten. Er hasste Gewalt, was er ja selbst schon mehrmals gesagt hatte. Er war bloß manchmal einfach zu sehr gereizt. Gereizt von solchen Typen wie diese hier.

„Lasst ihn in Frieden, wir kommen ein anderes Mal wieder.“, erklärte Tom, und begann aus der dreckigen Wohnung zu laufen.

„Willst du mich verarschen? Der Kerl hängt jetzt schon seit Wochen hinterher.“, schnauzte der Mann mit den Fuchsaugen, während er den Mund grimmig verzog.

„Schaut ihn euch an, so wie ihr ihn bewusstlos geschlagen habt, kann er uns eh nicht mehr in irgendeine Weise nützen. Also lasst gut sein.“

„Pah, Shizuo hätte das ganze Haus gleich mit zerstört und du würdest nicht mal mit der Wimper zucken. Was ist schon ein bisschen Gewalt? Anders kommen wir ja nicht ans Geld.“

Der Mann mit der Glatze beharrte weiterhin auf seine Meinung, und als ob er seine Worte unterstreichen wollte, verpasste er dem bereits bewusstlosen Kerl einen weiteren Schlag, sodass er von dem Druck ungelenk auf dem Boden aufkam. Das Fuchsauge lachte und spuckte auf das Opfer.

„Nun kommt. Wir können nicht ewig hier unsere Zeit verplempern.“, sagte Tom beharrlich und versuchte den armen Anblick des Mannes am Boden zu ignorieren.

„Ne, Tom-san…“ Eine Hand packte seine Schulter und riss ihn herum.

„Warum nimmst du ihn immer in Schutz? Was findest du an ihm, diesen-“ Aber bevor der Glatzkopf mit Beschimpfungen weiter um sich werfen konnte, unterbrach ein Klingeln sein Gebrüll.

Der Mann mit den Dreadlocks wischte sich die Pranke von seinem Körper, ehe er in seinen Anzug griff und sein vibrierendes Handy hervor holte. Stirnrunzelnd betrachtete er den Bildschirm von seinem Klapphandy. Unbekannte Nummer.

„Hallo?“

„Wo steckst du?“, ertönte eine wohl bekannte Stimme und seine Augen weiteten sich.

„Shizuo! Das dürfte ich wohl eher dich fragen! Wieso warst du nicht erreichbar?“ Tom hielt sein Mobiltelefon dicht ans Ohr, sah dabei aus den Augenwinkeln wie die anderen beiden eine Grimasse zogen. Ihr Gefallen an dem stärksten Mann in Ikebukuro würde sich auch nicht wirklich zum Guten ändern.

„Habe mein Handy geschrottet. Jetzt sag schon, wo bist du? Ich hab das Geld.“ Für einen Moment war Tom zu verblüfft um zu antworten. Er hatte das Geld? So schnell? Wie? Schließlich war Izaya Orihara keine leichte Masche.

„Bin in der Nähe vom Theater.“, sagte er dann schließlich, begann sich von der unsauberen Wohnung des armen Mannes zu entfernen, lief auf die Straße hinaus. Die beiden Männer folgten ihm.

„Gut, ich komme vorbei.“ Shizuo klang aus irgendeinem Grund hektisch und Tom verengte die Augen. Da war definitiv was faul. „Nein, treffen wir uns bei mir.“, erwiderte der Mann mit den Dreadlocks. Es wäre nicht so klug Shizuo mit diesen beiden Stümpern zusammen zu bringen. Das würde nur im Chaos enden.

„Okay.“, sagte er und legte auf. Tom seufzte abermals, während er das Handy zuklappte und in seinem Anzug verschwinden ließ. Was war bloß los mit seinem Freund? Er schuldete ihm später definitiv eine Erklärung.

„Was? Hat sich der Kerl doch gemeldet?“, fragte Fuchsauge und schlug seinem Kumpel auf die Schulter.

„Er hat wohl wieder Lust Wohnungen neu zu dekorieren.“, höhnte der Glatzkopf, als er anfing zu lachen. „Hier vielleicht ein Loch. Und dort vielleicht eine Delle. Hmm, und aus dem Tisch dort drüben, ja, da könnten wir doch glatt zwei draus machen.“ Sein Kumpel fing lauthals an zu lachen, als der bärtige Mann auch noch die passenden Bewegungen hinzufügte.

Tom musste sich zusammen reißen, um ihnen nicht auch noch die Meinung zu geigen, aber dann wäre er keinen Deut besser als sie.

„Verschwindet. Ihr habt frei für heute.“, sagte Tom in einem eisigen Ton.

„Oh, ist dein Blondchen nun wieder da für dich?“, fragte der Möchtegern-Verbrecher theatralisch und nahm die Hand vor dem Mund. Sie wussten einfach nicht wann Schluss war. Wann man einfach die Klappe halten sollte. „Verschwindet.“, zischte der Mann mit den Dreadlocks und bestrafte beide mit einem stechenden Blick. Dann drehte er sich wortlos um und ließ die beiden Trottel mitten auf der Straße stehen.
 

Er entdeckte ihn auf dem Treppenabsatz vor seiner Wohnung. Mit einem abwesenden Blick starrte er in den Himmel, als ob er da etwas entdeckt hätte. Shizuo hob die Zigarette an seinen Mund, nahm noch einen weiteren Zug.

„Schön dich mal wieder zu sehen“, sagte Tom, als er vor ihm stehen blieb.

„Yo“, begrüßte der Blondschopf den anderen, während er begann sich aufzurappeln, die Zigarette auf den Boden schmiss und mit dem Fuß zerstampfte. Wortlos musterte Tom seinen Freund, ehe sein Blick auf den schwarzen Koffer fiel, den der ehemalige Bartender mit sich schleppte. Die Schlüssel klimperten, als Tom die Wohnung aufschloss.

„Tut mir Leid, dass es alles so lange gedauert hat. Ich bin wirklich ein Idiot.“, äußerte sich der blonde Mann, als er Platz auf der Couch im Wohnzimmer nahm. Tom setzte sich neben ihn, hob amüsiert die Augenbrauen.

„Seit wann bezeichnest du dich selbst als Idiot?“

„Seit heute.“, murmelte Shizuo, legte den Arm über die Augen, als ob er müde wäre.

„Du bist mir eine Erklärung schuldig. Ich hoffe das weißt du.“ Das schien Shizuo wieder wach zu rütteln und er starrte auf Toms besorgtes Gesicht. Ein paar Mal öffnete er den Mund, doch nichts kam heraus. Es fiel ihm wohl ersichtlich schwer darüber zu sprechen, auch wenn es Tom war, dem er gegenüber saß. Dieser betrachtete den leicht verzweifelten Ausdruck im Gesicht des anderen.

„Schon gut. Es muss nicht jetzt sofort sein, aber irgendwann erzählst du’s mir. Klar?“

Erst blickte Shizuo doof aus der Wäsche, dann begann er zu lachen.

„Willst du mich nicht feuern, wie es alle anderen getan haben?“, fragte er.

„So ein Unsinn. Wer hat dir das denn wieder ins Gehirn gepflanzt?“ Aber Shizuo schüttelte nur lachend den Kopf.

„Ich muss wohl echt ein Idiot mit viel Glück sein.“ Nun war Tom wirklich verwirrt. Der Mann mit den Dreadlocks schnappte sich den schwarzen Koffer und starrte auf die grünen Geldbündel.

„Tom…“, begann Shizuo plötzlich, knetete dabei nervös die Finger, „…ich muss dich doch nochmal um eine Ausnahme bitten.“

„Eine Ausnahme?“ Tom legte den Kopf schief, sodass seine Dreadlocks ihm ins Gesicht fielen.

„Ich möchte mir die nächsten zwei Tage frei nehmen.“

Das überraschte den Schuldeneintreiber dann aber doch. Immerhin hatte Shizuo das Geld eigentlich bitter nötig, dadurch dass er ja nie die finanzielle Unterstützung, die sein Bruder ihm anbot, annehmen wollte. Er war sich da wohl einfach zu bescheiden.

„Darf ich fragen wieso?“

„Nur eine kurze Auszeit.“ Offensichtlich wollte der Blondschopf den Grund seiner Abwesenheit nicht verraten. Tom seufzte.

„Na gut.“, sagte der Mann mit den Dreadlocks als er sich geschlagen gab. Nun müsste er sich weitere zwei Tage mit den beiden Rüpeln auseinander setzen. Wie er sich darauf schon freute…

„Danke Tom.“ Ein ehrliches Lächeln bedeckte Shizuos Gesicht und irgendwie brachte es Tom auch zum Schmunzeln. Er wird schon seine Gründe haben.

Eine Weile blieb es stumm zwischen den beiden, bis sich irgendwann der ehemalige Bartender von der Couch erhob.

„Wir sehen uns.“, sagte er nur und wollte schon gehen, als eine Hand ans seinem Arm ihn aufhielt.

„Warte. Was ist mit deinem Handy? Wie kann ich dich erreichen?“ Shizuo blickte über seine Schulter hinweg.

„Ich gebe dir die Nummer von Izayas Handy. Ein anderes habe ich ja gerade nicht.“, sagte der ehemalige Bartender, griff in sein Jackett um das zitronengelbe Handy hervorzuholen.

Tom runzelte die Stirn. Es wunderte ihn, dass er immer noch dieses Handy besaß. War dieses Spiel von dem sie gesprochen hatten, nicht längst vorbei? Vor allem hatte er vermutet, dass Shizuos Selbstbeherrschung bei Izayas Handy irgendwann an seinen Grenzen ging. Nun ja, da hatte er sich wohl getäuscht. Der Mann mit den Dreadlocks starrte weiterhin nachdenklich auf das quietschige Mobiltelefon, während sie Nummern austauschten.

„Alles klar. Dann sehen uns in drei Tagen.“, beendete Tom ihre kleine Konversation, und schaute dem blonden Mann hinterher, wie er die Hand zum Abschied hob und durch die Tür davon lief.

Es war definitiv was im Gange. Shizuo verheimlichte ihm etwas, was anscheinend von wichtiger Bedeutung war. Schließlich nahm Shizuo sich so selten frei, dass Tom ihn schon beinahe zwingen musste, sich mal zumindest für ein paar Stunden nicht bei der Arbeit blicken zu lassen.

Er würde warten. Warten, bis Shizuo mit der Sache auf ihn zukäme und bis dahin, ein wachsames Auge auf seinen Kumpel haben.
 

♔ ♕
 

Funkelndes Mondlicht erleuchtete den sternenklaren Himmel, strahlte auf die Häuserreihen von Ikebukuro. Auch wenn es nur Halbmond war, schien es fast den ganzen Himmel aufzuhellen. Wie ein huschender Schatten näherte sich eine Gestalt auf leisen Sohlen. Durch seinen schwarzen Mantel war er fast eins mit der Nacht und es war ein Kinderspiel unauffällig durch die Stadt zu streunen. Als der Mann an der Stelle war wo er hinwollte, blieb er stehen, die Hände in den Jackentaschen. Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, während er die Gegend überprüfte.

„Er liebt es hier seine Spielchen zu treiben…“, murmelte Izaya höhnisch, als er die dunkle Seitengasse in Augenschein nahm, eventuelle Fluchtmöglichkeiten, sowie Fallen ausfindig machte.

Einige Mülltonnen entdeckte er zu seiner rechten Seite, mehrere nachtaktive Tierchen hatten sich hier versammelt, vermutlich zum Rudelfressen. Er ließ die streunenden Katzen in Ruhe, starrte auf den Vorsprung eines kleinen Hauses zu seiner rechten. Man muss schließlich alles einplanen.

Als er plötzlich ein Geräusch hinter sich vernahm, drehte er sich blitzschnell um und warf eines seiner Messer. Man hörte es klirren und Izaya wusste, dass er sein Ziel nicht verfehlt hatte.

„Wie unhöflich von dir, dich so an mich heran zu schleichen.“, tadelte der Mann mit dem Plüschmantel und hörte im nächsten Moment dunkles Gekicher.

„Haha, entschuldige alter Kauz, aber ich dachte, du würdest nicht so überreagieren.“

„Seitdem ich weiß, wie sehr du in Kampflaune bist, dachte ich mir, begrüße ich dich auf die herkömmliche Weise.“

„Herkömmliche Weise?“, fragte Rin lachend, der nun aus der hinteren Ecke hervor lugte und gemächlich auf ihn zu trat. Ein selbstgefälliger Ausdruck zierte sein Gesicht, während er seine langen, schwarzen Haare wie immer offen trug. Das Wakizashi mit dem er eben Izayas Messer pariert hatte, baumelte in seiner rechten Hand, jederzeit einsatzbereit.

„Wo ist denn dein Blondie?“ Rin grinste provozierend, blieb in einiger Entfernung zu ihm stehen, während Izayas Augen jede Bewegung des Schwertkämpfers erfassten.

Izaya konnte es in seinem Gesicht sehen. Er konnte es an seinen Augen erkennen, an seiner Art ihre Gespräche anzugehen, dass er einen Plan hatte. Und zwar einen gefährlichen.

„Wo ist denn deine treue Partnerin?“, beantwortete er die Frage mit einer Gegenfrage und legte triumphierend den Kopf zur Seite.

„Ich weiß nicht wieso, aber es ist einfach zu spaßig mit dir diese Gespräche zu führen. Wir hätten das eigentlich viel öfters tun sollen.“ Izaya wollte schon das Gesicht verziehen, erinnerte sich aber daran, wer hier vor ihm stand. Er wollte um nichts in der Welt mehr vermeiden, als mit ihm, diesen nervtötenden Idioten, zu sprechen. Izaya grinste weiterhin.

„Hast du Erika schon ihr Honorar gegeben?“ Er sah wie Rin die Stirn runzelte, mehr aber auch nicht.

„Das war gar nicht nötig.“ Rin schien sich nicht viel draus zu machen, dass Izaya diese Information schon längst in der Hand hatte. Zu 99 Prozent hatte er dies sogar vermutet, aber es dann als Fakt auf den Tisch geknallt zu bekommen, war dann doch gleich drei Mal amüsanter. Rin wedelte mit der Hand.

„Kein Geld. Sie hatte nur Augen für was anderes. Das Leuchten in ihren Augen war das unheimlichste überhaupt, ich konnte buchstäblich die Herzchen darin sehen. Gruselig sag ich dir.“ Der Schwertkämpfer tat so als ob er sich vor etwas Widerlichem ekelte. Izaya schnaubte.

„Du hattest sicherlich deinen Spaß vorgestern Nacht, oder?“, fragte er, doch Rin biss nicht an. Er gab sich keine Blöße, grinste nur zuversichtlich, als ob die Sache ihm völlig egal wäre. Immerhin wäre dies auch kein wirklicher Untergang für ihn. Es war unweigerlich anzunehmen, dass es ein spannendes Duell werden würde, denn Rin ignorierte seine Frage und plapperte munter weiter.

„Ich mach dir einen Vorschlag, Izaya.“

„Ach tatsächlich?“, hakte der kurzhaarige Informant nach, wunderte sich darüber, dass der nervtötende Mann nun endlich mal zu seinen Bedingungen kam. Aber nein, erst musste man stundenlang um den heißen Brei herum reden.

„Da ihr beide ja so erpicht darauf seid, dieses süße Foto loszuwerden, könnten wir ja darum spielen.“ Izaya rollte mit den Augen. Theoretisch würde man bei sowas zur Polizei gehen und dann den Fotografen dafür verschandeln lassen, einfach unerlaubt Privatfotos zu schießen. Aber wir sprechen hier über Kamiya Rin, einen gerissenen Informanten, dem einfach mal so langweilig geworden ist. Und vor allem einen Weg gesucht hat einen anderen Informanten auf die Nerven zu gehen. Was für ein Glück muss man haben…

„Ich höre.“, sagte er mit einem Grinsen und wartete gebannt ab, was der Spinner von einem Fetischisten zu unterbreiten hatte.

„Wir spielen drei Spiele.“, begann er, während er ihm drei seiner Finger entgegen streckte. „Schere-Stein-Papier, eine Runde Schach und das dritte…hmm…“, er legte seine Hand an sein Kinn und überlegte, bis er plötzlich grinste, als ihm etwas einfiel.

„Ja genau! Das darfst du dir aussuchen.“ Izaya begann zu lachen. Ein Spiel, das er sich aussuchen durfte? Das passt ja perfekt in seine Planung… Aber fällt ihm nichts Besseres ein? Was soll das werden? Kindergeburtstag? Izaya musterte den Schwertkämpfer unauffällig, jedoch konnte er wie immer nicht genau sagen, was er vorhatte. Deshalb war er eine Plage, nervtötend. Mal abwarten – sicherlich ist alles nur eine Farce.

„Dir ist ziemlich langweilig, oder?“, entgegnete Izaya dann und beobachtete, wie Rin sein Wakizashi anhob. Der Mann mit den langen Haaren zeigte seinem Kommentar die kalte Schulter und reagierte gar nicht darauf, sondern sprach einfach weiter.

„Falls du gewinnst, vernichte ich das Foto und alle möglichen Kopien dieserseits. Aber falls ich gewinne…“ Rin grinste und ließ eine gewisse Pause, “…wirst du dein Gebiet - Ikebukuro - als Informant aufgeben.“ Izaya war für einen Moment verblüfft. Zu verblüfft um zu reagieren. Was würde ihm das bringen? Wollte Rin seinen Bereich übernehmen? Mehr Gebiet bedeutet zwar mehr Klienten, aber genauso auch mehr Feinde und Verantwortung. Fast lachte er.

„Shiki wird das nicht tolerieren. Nur weil dir mal eben so langweilig geworden ist. Du solltest eigentlich wissen wo deine Grenzen sind.“ Was dachte er sich dabei?

„Grenzen? Was für Grenzen?“ Der Schwertkämpfer hob in einer fragenden Gestik die Arme an.

„Grenzen, Regeln, Gebote, Gesetze…sie alle sind doch gerade dazu da, um gebrochen zu werden. Oder etwa nicht?“ Ihm schien wirklich langweilig zu sein. Richtig langweilig. Aber dass gerade er dafür hinhalten sollte… Izaya knirschte mit den Zähnen. Er wollte da lieber mit seinen geliebten Menschen spielen. Nicht mit Rin.

„Spielst du, oder spielst du nicht?“ Izaya schnaubte genervt, umklammerte mit der linken Hand weiterhin einige seiner Messer. Wenn alles nach Plan lief, dürfte es nur einen kleinen Moment Verzögerung geben, aber das wird er schon schaffen.

„Ich spiele.“

„Wunderbar! Dann lass uns anfangen!“, rief Rin entzückt, während er näher trat, dabei schon die Hand ausstreckte, um das erste Spiel zu beginnen.

Sie standen nun nur knappe zwei Meter auseinander, was Izaya persönlich schon fast zu nahe war. Immerhin hielt er sein Wakizashi immer noch in seiner rechten Hand und es gab keine Anzeichen dafür, dass er es wegstecken würde. Wenn er auch nur einen Moment nicht aufpasste, könnte er ihm mit der Klinge ganz schnell den Kopf abtrennen. Er traute diesem Spinner kein Stück. Izaya behielt seine Hand weiterhin in seiner Jackentasche, seine Taschenmesser in seiner Hand, bereit, benutzt zu werden. Seine rechte Hand streckte er dem Schwertkämpfer entgegen.

„Drei Runden?“, fragte Izaya und Rin nickte lediglich. Im Gleichtakt begannen sie die erste Runde.

„Schere, Stein, Papier.“ Ihre Stimmen hallten an den Wänden wider und Izaya begann zu kichern - es musste wahrlich bescheuert aussehen, was sie hier taten. Zwei erwachsene Männer spielen mitten in der Nacht in einer dunklen Seitengasse Schere-Stein-Papier. Ernsthaft?

„Ha, sieht so aus als ginge die erste Runde an mich.“, triumphierte Rin plötzlich, als er mit Stein gegen Izayas Schere gewann, doch der Informant lachte nur. Theoretisch war so ein Spiel purer Zufall, doch man konnte, wenn man genauer hinsah, die Bewegungen des Gegners vorausahnen. Aber leider war Rin da genauso gut wie er. Noch ein Grund mehr, den Kerl nicht zu mögen.

„Und diese Runde geht an mich…“, sagte der kurzhaarige Mann schließlich, als er Stein mit Papier schlug. Der Schwertkämpfer ließ seine Schultern hängen, als ob er wahrlich bedröppelt war, aber sein grinsendes Gesicht sagte was ganz anderes.

Ohne weiter zu warten, stürzten sie sich in die letzte Runde, in der Izaya wohl oder übel Pech hatte. Rin schmunzelte und gab seinem Gegenüber einen vorgetäuschten, mitleidigen Blick.

„Mach dir nichts draus. Das kann jedem mal passieren.“ Izaya verengte die Augen. Genau. Es sei denn, man schummelt. Rin war wirklich ein schlechter Verlierer. Izaya schwang seine Arme in die Höhe.

„Ahh, eigentlich finde ich das Spiel ein wenig verkorkst. Ich meine, hast du mal darüber nachgedacht, warum Papier Stein schlagen kann? Ich finde das ein wenig unsinnig.“ Rin runzelte die Stirn auf Izayas Worte.

„Papier wickelt sich um den Stein, ganz einfach.“

„Mehr Sinn würde es doch machen, wenn der Stein das Papier durchschlägt. Papier ist nicht sehr kraftvoll, ein Stein jedoch schon.“, Izaya begann zu gestikulieren, “Aber dann wäre das süße Spiel ja nicht mehr ausbalanciert und man müsste sich was anderes ausdenken. Wie faul die Menschheit doch ist…“ Der Schwertkämpfer schnaubte, ehe er zu lachen begann.

„Manchmal denkst du zu viel über belanglose Dinge nach. Ich denke, du bist einfach nur unzufrieden weil du das erste Spiel verloren hast.“, kommentierte Rin, packte sein geliebtes Wakizashi zurück in seine Jacke. Izaya verengte die Augen, als Rins linke Hand versuchte unauffällig in der Jackentasche zu verschwinden. Doch Izayas scharfen Augen entging nichts. Schon fast mit einer Falle rechnend, machte er sich bereit für einen Angriff. Doch es kam nichts.

Der Schwertkämpfer holte nur sein rotes Handy hervor, tippte nun darauf hastig herum. Innerlich fluchte Izaya mit sich selbst. Wie konnte Rin ihn nur so dermaßen nervös machen? Er hatte nur sein Handy hervor geholt. Nichts weiter. Izaya Körper spannte sich an. Hier galt trotzdem besser Vorsicht als Nachsicht, immerhin sind beide Informanten auf nur ein ganz bestimmtes Ziel gestrickt: Sich gegenseitig zu vernichten.

„Oh, ich hoffe ich störe nicht bei deinen Terminlichkeiten?“, stichelte Izaya, als Rin immer noch auf seinem Mobiltelefon herum tippte. Sein markantes Gesicht wurde von dem Display des Handys angestrahlt und es wirkte dadurch nur noch unheimlicher. So jemanden wie Rin möchte man im Dunkeln lieber nicht begegnen. Als Izayas Worte ihn erreichten, huschten seine Augen blitzschnell zu ihm und er sah das dunkle Rot in ihnen glitzern.

„Ich bereite das nächste Spiel vor.“, sagte er, als wäre es selbsterklärend gewesen. Seine Augen wanderten wieder zurück auf das Display. Izaya schnaubte höhnisch.

„Und ich wundere mich, wo du so schnell ein Schachbrett hergezaubert hättest. Clever.“

„Weiß oder schwarz?“

„Schwarz.“, kam es automatisch aus seinem Munde. Der langhaarige Mann grinste, eher er einmal mit dem Finger auf dem Touchdisplay drückte, ihm dann das Handy entgegen hielt, damit er sich den Aufbau des Schachbrettes genauer ansehen konnte.

Was auch immer es für eine App war, die er sich da heruntergeladen hatte. Es sah alles normal aus. Auf den ersten Blick konnte Izaya nichts Ungewöhnliches entdecken. Trotz allem war sich der Informant sicher, dass Rin es irgendwie manipuliert hatte.

„Weiß beginnt…“, sagte Izaya schließlich mit einem Lächeln, lehnte sich wieder zurück.

„…und schwarz gewinnt.“, beendete der Schwertkämpfer den bekannten Spruch, begann das Display anzustarren und überlegte sich seine erste Strategie. Er hielt das Handy flach auf der Hand, ein wenig nach vorne gestreckt, sodass Izaya sehen konnte was er da tat. Als er Izaya das Handy nach seinem Zug überreichte, sah der Informant bereits, welche von den tausend, verschiedenen Möglichkeiten er zum Schachmatt genommen hatte. Keine große Sache.

Mit dem Finger tippte er auf seinen schwarzen Bauern, bewegte ihn zwei Felder nach vorne. Schon fast gelangweilt gab er das Handy zurück. Das würde schnell gehen.

Rin schien sich nicht viel draus zu machen, tippte weiterhin munter auf dem Handy. Als Izaya das Mobiltelefon wieder zurückbekam, sah er, dass seine Gegenmaßnahme vernichtet worden war.

Konzentriert blickte er auf das grelle Display. In seinem Kopf formten sich gerade die verschiedensten Wege zum Schachmatt. Wie Kurzmomente oder auch Erinnerungen flogen Bilder in seinem Verstand umher, Bilder von den Spielen, die er schon, seit er von klein auf Schach konnte, gespielt und gewonnen hatte. Es vergingen kaum ein paar Sekunden und Izaya bewegte seine Schachfigur.

„Ha, nicht schlecht. Du bist so gut darin, wie es meine Informationen mir sagen.“, lobte Rin, als er sich anschaute, was der kurzhaarige Mann angestellt hatte.

„Natürlich. Wenn nicht, wäre das Spiel schnell vorbei und dann, mein Freund, wäre es ja langweilig. Und das geht doch nicht.“, höhnte Izaya, hob beide Hände an, um mit der Gestik seine Worte zu unterstreichen. Er bemerkte wie Rins Mundwinkel kurz zuckten, ehe er nach seinem Zug, das Handy wieder zurück an Izaya gab.

Ganz schön mutig, der alte Kauz, dachte sich der Informant, als er sah, dass seine zweite Strategie wieder in den Boden ging. Ganz sicher hatte er das Spiel manipuliert. Es dauerte normalerweise mehrere Züge, ehe man dieser Strategie überhaupt auf die Schliche kommt. Falls man so schlau ist und sie überhaupt erst entdeckt. Und Rin hatte nicht genügend Zeit um sich alle Züge im Voraus zu planen und vorherzusehen. Zumindest kann er es sich in seiner jetzigen Position kaum leisten. Izaya tippte mit dem Finger auf das Pferd, ließ es auf einen von Rins Bauern springen. Dafür, dass Rin am Schummeln war, spielte er gar nicht mal schlecht. Es war zumindest mal eine Herausforderung für Izaya. Aus irgendeinem Grund machte es ihm sogar Spaß.

Die nächsten Züge konnte Izaya schon präzise voraussagen, da er genau wusste, dass der andere seine Strategie zerstören würde. Vorerst hatte der Informant weiter gespielt und so getan, als wüsste er langsam nicht mehr weiter. Er kaute gerade an seiner Unterlippe, versuchte dem anderen zu zeigen, als ob ernsthaft darüber nachdachte, welchen Zug er nun tun würde.

Das Spiel war nun schon um einiges voran geschritten. Es waren nur noch einige Figuren auf dem Spielfeld, wobei beide Gegner schon mehrmals ein „Schach“ hervor bringen konnten.

„Izaya bitte. Leg dich ins Zeug.“, jammerte plötzlich Rin, dem es offensichtlich nicht gefiel, was Izaya gerade abzog, „Ich weiß, du kannst mehr als das. Du willst doch nicht etwa verlieren, oder?“

Genannter hob langsam den Blick von dem Handydisplay, seine Augen schaurig duster. Izaya brachte nur durch den Blickkontakt genau die stummen Worte rüber, die Rin nicht hören konnte: Stör mich nicht, ich denke nach. Der langhaarige Informant hob lachend die Hände.

„Tu was du nicht lassen kannst.“

Izaya ignorierte sein Gebrabbel, starrte wieder auf das helle Display des Smartphones. Er würde nun beginnen, seine absolute Strategie anwenden, die Strategie, die er nur selten verwendete.

Außerdem ginge es dadurch auch schneller, und das ganze lächerliche Spielchen wäre endlich vorbei. Als Izaya seine Figur bewegt hatte, gab er das Mobilgerät wieder zurück.

Es hatte seine Wirkung. Sobald Rin das digitale Schachbrett in Augenschein nahm, begann sich sein Gesichtsausdruck zu ändern. Seine Augen formten sich zu Schlitze, als ob er nicht ganz erkennen konnte, was sich nun auf dem Schachbrett geändert hatte. Dann zuckten seine Mundwinkel.

„Haha, was hast du getan?“, prustete der Schwertkämpfer los, warf die Arme in die Luft, und lachte.

Izaya sah überrascht zu, wie der andere sich fast nicht mehr einkriegte vor Begeisterung.

„Ich kann tun was ich will, aber ich werde nicht gewinnen. Genial. Den Trick musst du mir auch noch beibringen.“, keuchte der langhaarige Mann, als er nach einer Weile wieder vernünftig atmen konnte. Izaya grinste schief. Rin konnte zwar seine Figuren noch bewegen, aber egal welche er nahm, egal wie oder wo er sie platzierte, es würde trotzdem zum Schachmatt kommen und das Spiel war aus für Rin. Anscheinend hatte er das System doch nicht manipuliert. Wer konnte denn ahnen, dass Rin ein guter Schachspieler war?

„Heißt, ich habe dieses Spiel gewonnen. Damit steht es 1:1. Oh, nun kommt doch das Spiel, dass ich mir aussuchen darf, oder?“, sagte Izaya verzückt, drehte sich um sich selbst.

„Haarscharf erkannt. Gut, dass du gewonnen hast. Hättest du verloren, wäre es aus und vorbei.“

„Du hättest mich nicht verlieren lassen.“, sagte Izaya lediglich und es war eine klare Feststellung. Rin widersprach ihm nicht, sondern grinste nur, während er ein Stückchen näher auf ihn zuging.

„Was für ein Spiel darf's denn sein?“, fragte er interessiert, sein schmieriges Grinsen wich keine Sekunde von seinem Gesicht. Inzwischen hatte er sein Handy wieder weggesteckt und es wurde wieder so dunkel, dass man nicht viel erkennen konnte. Mit einer flüchtigen Bewegung holte Izaya aus seiner rechten Jackentasche sein pinkes Handy hervor und klappte es auf.
 

00:59
 

„I-za-ya!“, donnerte es es plötzlich und durchtrennte die eiskalte Stille, die bisher geherrscht hatte. Izaya grinste.

„Fast auf die Minute pünktlich.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Vielen Dank an die Leute, die weiterhin diese FF verfolgen, kommentieren oder auch nur favorisiert haben!
Ihr seid die besten! ♥ Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Mika-cha
2015-06-28T20:53:09+00:00 28.06.2015 22:53
Jeeeetzt geht es los xD
Tolles Kapitel :333♥
Von:  Shennen
2014-09-13T11:54:32+00:00 13.09.2014 13:54
Weeeeeeeeiter! :3
Super story und sehe schöner schreibstil! Mach weiter so :)
Antwort von: minowari
13.09.2014 20:14
Weeeeeerde ich! :'D
Vielen lieben Dank!(*´▽`*)
Von:  Mickimaus8
2014-09-13T01:08:36+00:00 13.09.2014 03:08
Oh so super!!! Ich bin jedes mal schon so unglaublich gespannt!!! Das ist echt unerträglich! XD naja ... Wie immer super und verdammt verdammt spannend!!! Und du triffst die beiden auch jedes mal so gut! *schmacht* freu mich schon aufs nächste Kapitel!!! :3
Antwort von: minowari
13.09.2014 20:12
Vielen Dank!! :)
"Unerträglich" ... ohje! Ich werde mich auf jeden Fall bemühen! :'D
Ich bin gerade sowieso hoch motiviert, weil das Team von Drrr letztens neues Material für die zweite Staffel heraus gegeben hat, hur hur... ಠ ▽ ಠ)b
Von:  happy-chan
2014-09-11T15:59:43+00:00 11.09.2014 17:59
Es ist so spannend weiter so !!! Ich möchte so gerne wiesen wie es weiter geht sags mir bitte ? X3

Liebe grüße happy-chan
Antwort von: minowari
11.09.2014 18:28
Haha, danke! :)
Wo wären wir denn, wenn ich alles schon verrate?? ゚Д゚
LG


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