Was Missverständnisse bewirken
Geschockt ließ sich die Rothaarige, an die Wand gelehnt, auf den Boden gleiten. Noch immer konnte sie sich nicht bewegen. Was gerade geschehen war, konnte sie sich nicht erklären. Warum hatte er das getan? Er war doch einer seiner Freunde! Ohne das sie es spürte, begannen die aufgekommenen Tränen ihre Wangen zu benetzen. Leises Schluchzen hallte durch den menschenleeren Korridor, in den sie sich geflüchtet hatte. Wäre einer der Fünftklässler nicht gekommen und hätte sie gerettet, wer weiß was dann passiert wäre. Ihr Körper hatte begonnen zu zittern, sodass sich ihre schlanken Arme um ihre angewinkelten Knie schlangen und sie fest an sich zogen. Sie bemerkte nicht einmal, dass sich ihr Schritte näherten.
„Ginny? Hey, Ginny, was ist denn passiert?“ Vorsichtig ließ sich das braunhaarige Mädchen, vor der am Boden sitzenden, in die Hocke gleiten.
„Hey“, versuchte sie es erneut. Schniefend hob die weinende Gryffindor ihren Kopf und sah ihre beste Freundin vor sich an.
„Hermione.“ Leicht lächelnd beschwor sie ein kleines weißes Taschentuch herauf und reichte es ihrer Freundin.
„Was ist denn passiert?“, versuchte sie erneut, während sie sich neben ihr an die Wand setzte.
„Nott, er, bei Merlin, wenn Blaise das erfährt dann,“ Erneut brauch sie ab und schluchzte laut auf. Vorsichtig legte sich ein Arm um ihre Schultern woraufhin sie sich gleich an ihre Freundin lehnte. „Hey, ganz ruhig, was hat Nott denn getan?“
„Er, ich wollte doch nur“, erneut brach sie ab.
„Hermione er, er hat mich berührt und geküsst.“ Komplett überfordert und mit Tränen in den Augen sah Ginny, in die vor schock geweiteten Augen ihrer Freundin.
„Er hat was? Merlin, geht es dir gut? Fehlt dir etwas? Soll ich dich in die Krankenstation bringen?“ Hermione sah zu wie Ginny ihren Kopf schüttelte und sich abermals die Tränen weg wischte.
„Nein es, es geht schon, ein Fünftklässler hat mir geholfen und bringt ihn zu einen Lehrer, aber Hermione, wie erkläre ich das Blaise?“ Verwundert musterte das Mädchen ihre verweinte Freundin.
„Ginny, beruhige dich, du kannst doch nichts dafür. Es ist passiert und du konntest nichts dagegen machen.“
„Aber bei Merlin, wenn das Blaise erfährt!“ Die beiden waren so in ihr Gespräch vertieft, dass sie nicht einmal mitbekommen hatten, wie sie jemand belauschte. Genau dieser jemand kam nun auf die beiden zu und funkelte die Freundin seines besten Freundes an.
„Wenn Blaise was erfährt? Ich wusste, dass eine Blutsverräterin wie du nicht gut für ihn ist!“ Aufgebracht stand der Slytherin vor ihnen. Irritiert und geschockt sahen die beide zu ihrem vermeintlichen Mithörer hinauf.
„Was?“, brach es als erstes aus Hermione heraus, wohingegen Ginny nur mit geweiteten Augen in die Malfoys starrte.
„Mach dich schon mal auf das Ende eurer Beziehung gefasst, Weasley.“ Wütend zischend kamen die Worte über seine Lippen, ehe er sich mit geballten Fäusten von ihnen ab wand, um sich wieder auf den Weg zum Slytherin Gemeinschaftsraum zu machen, in dem gerade die Party stieg, zu der die Quidditchspielerin sich auf den Weg gemacht hatte. Denn, seitdem das siebenten Schuljahr für sie begonnen hatte, vertrugen sich die Häuser und feierten manchmal zusammen. An diesem Abend war es an den Slytherins die Party unbemerkt zu organisieren.
„Malfoy, warte!“ Schnell rappelte sich Hermione auf und lief Draco nach, der schon um die nächste Ecke verschwunden war.
„Steh auf, Ginny! Geh zu Blaise und rede mit ihm, bevor Malfoy etwas Falsches erzählen kann! Er wird es verstehen, er wird sich nur Sorgen machen, glaub mir, ich kenne ihn.“ Meinte sie noch einmal schnell, bevor sie ebenfalls um die Ecke lief. Sie konnte ihn noch vor sich sehen, also musste sie sich lediglich beeilen. Schnell nahm sie ihren Zauberstab aus der Tasche und murmelte leise Worte, sodass vor dem Malfoy eine kleine Eisfläche den Gang bedeckte. Wütend fuhr dieser herum und funkelte sie an.
„Was soll das, Granger? Spinnst du?“ Schnell kam sie ihm näher, ehe sie etwas schwer atmend vor ihm stehen blieb.
„Was, was hast du vor?“
„Was geht dich das an? Halt dich da raus, Granger!“ Wütend schnarrte seine Stimme. Schnell holte er seinen Zauberstab raus und entfernte die Eisfläche bevor er weiter ging.
„Verdammt, Malfoy, warte!“ Bevor er all zu weit kommen konnte hatte sie schon seinen Arm gepackt und somit zum Stehen gezwungen.
„Lass mich los, Granger!“, fauchte er sie an. Seine grauen Augen fixierten ihre braunen, doch hielt sie das nicht davon ab ihn weiterhin festzuhalten. Nun musste sie sich nur überlegen, wie sie ihn dazu brachte nicht loszurennen und Blaise vollkommen falsche Tatsachen zu präsentieren, die Ginny dann ausbaden müsste.
„Was willst du ihm erzählen, hä? Du weißt doch gar nicht was passiert ist!“, brauste sie auf.
„Ich habe genug gehört um zu wissen, dass deine kleine Freundin eine Schl-“ Seine letzten Worte gingen in einem Kuss unter, den ihm Hermione auf die Lippen drückte.
Geschockt sah er die Frau vor sich an, die ihn noch immer am Arm festhielt und auch noch ihre Lippen auf die seinigen gelegt hatte. Als sie sich wieder löste, starrte er sie noch immer verwirrt an.
„Was zum“, begann er irritiert.
„Halt die Klappe, Malfoy und“, kurz überlegte sie, wie sie den Satz beenden sollte, um ihn richtig aus er Fassung zu bringen.
„Schlafe mit mir“, hauchte sie bestimmt, doch nicht ohne das sich ihre Wangen rot färbten. Erneut weiteten sich die Augen ihres Gegenübers. Hart schluckte er, während seine grauen Iriden nach einem funken von Unsicherheit in ihren wundervollen braunen Augen suchten. Aber er fand nichts. Sie zeigten ihm lediglich pures verlangen und da war noch etwas. Keine Unsicherheit, viel mehr komplette Entschlossenheit. Scheinbar wollte sie ihn so sehr davon abhalten, das Glück seines besten Freundes zu ruinieren, dass sie sogar soweit gehen würde alles mit ihm zu machen, nur um ihn davon abzuhalten. Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen, bevor er seinen Arm von ihrer Hand befreite und sie kurzerhand gegen die Wand drückte. Erschrocken keuchte die Hermione vor ihm auf. Bevor sie noch irgendetwas sagen konnte, lagen auch schon seine Lippen auf ihren und seine Zunge schob sich in ihren Mund. Mit geweiteten Augen starrte sie auf den jungen Mann vor sich, der sie scheinbar wirklich ernst genommen hatte. Seine Hände strichen über ihre Taille immer weiter hinauf, sodass sie eine wohlige Gänsehaut bekam. Schnell schloss sie ihre Augen, vergrub ihre Hände in seinem Nacken und seinen Haaren. Zwar hatte sie es absolut nicht geplant oder gedacht, dass Draco Malfoy darauf eingehen würde und er stattdessen mit ihr diskutieren würde, wie sie auf so eine bescheuerte Idee kam, doch sie nahm was sie bekam. Der blonde Slytherin hatte es ihr seit dem Ende des Krieges angetan, bei dem er, widerwillig, wie sie mitbekommen hatte, seiner Familie Folge geleistet hatte. Um so überraschter war sie, dass der Aristokraten Sohn nun hier in einem Gang mit ihr, Hermione Granger, einem Schlammblut stand und sie küsste. Leicht grinste sie an seinen Lippen als dieser sich für einen Moment von ihr löste und schwer atmend in ihre Augen sah.
„Komm, ich weiß einen besseren Ort als hier.“ Ohne das sie etwas erwidern musste hatte er sich ihre Hand geschnappt und ihren Zauberstab aufgehoben, der bei seiner ruckartigen Aktion auf dem Boden gelandet war. Nun musste nur Ginny bei Blaise ankommen und mit ihm reden. Als sie gerade um eine Ecke bogen, sahen sie die beiden auch schon in einer tröstenden Umarmung stehen. Allerdings ließ Hermione eine Sache stutzig werden.
„Draco, warte mal, kann es sein, dass Blaise versucht, seine Wut zu unterdrücken?“ Stirnrunzelnd besah sie sich ihre beiden Freunde. Als von Draco keine Antwort kam, sah sie zu ihm auf. Sein Nicken zeigte ihr, dass er auch nicht ganz verstand.
„Granger, was war wirklich passiert?“ Seine Stimme zitterte leicht und sein Griff um ihre Hand wurde stärker. Leicht gequält verzog sie ihr Gesicht, doch antwortete ihm leise.
„Nott hat sie gegen ihren willen geküsst. Wahrscheinlich hat er sie abgefangen, als sie auf dem Weg zur Party war, aber das schlimmere ist ja, dass er sie nicht nur geküsst hat. Er hat sie angefasst. Ich weiß nicht wie weit es ging, aber sie sagte, dass sie ein Fünftklässler noch rechtzeitig gerettet hatte und ihn zu den Lehrern bringen wollte.“ Aufmerksam sah sie ihn von der Seite an.
„Nott hatte schon zu viel getrunken, aber auf unsere Warnungen, den Gemeinschaftsraum nicht zu verlassen, hat er nicht gehört, weswegen ich auf der Suche nach ihm war und euch dann gehört habe. Ich hatte aber nur den letzten Rest eurer Unterhaltung gehört“, gab er dann doch zu und löste seine Hand von ihrer. Enttäuscht sah sie zu ihm auf. Scheinbar war er wieder zur Besinnung gekommen und fragte sich gerade was in ihn gefahren war, sie zu küssen und mit ihr an einen geeigneteren Ort als dem Flur weiterzumachen. Langsam wand sie ihren Blick wieder auf das Paar vor sich, das noch immer in einer engen Umarmung auf dem Gang stand. Draco neben ihr ging auf die beiden zu.
„Weasley.“ Bevor sie etwas unternehmen konnte, hatte er die beiden auch schon aufgeschreckt und blieb vor ihnen stehen.
„Nott, wird sicher dafür seine Strafe bekommen und, Blaise, beruhige dich wieder. Sie brauch dich jetzt mehr, als du deine Wut ablassen willst.“ Überrascht starrten ihn die drei anwesenden Augenpaare an. Draco jedoch kümmerte sich nicht weiter darum und drehte sich etwas in Hermiones Richtung.
„Was ist, kommst du nun?“ Verwundert starrte sie ihn einen Moment an, bevor sie leicht schmunzelte und zu ihm lief.
„Bin schon da.“ Lächelnd zwinkerte sie ihrer Freundin nochmal zu, bevor sie mit ihrem Schwarm um die nächste Ecke verschwand. Blaise, der noch immer ungläubig seinem besten Freund hinterher sah, brachte nur ein kurzes.
„War das wirklich Draco?“, hervor. Neben ihm begann seine Freundin zu kichern und schmiegte sich wieder an die Brust des Mannes, der ihr Herz gestohlen hatte.
„Ich glaube, Hermione wird ihm gut tun, sie liebt ihn“, hauchte sie leise. Erschrocken quiekte sie auf als sie mit einem Mal hochgehoben wurde.
„Blaise, lass mich runter“, lachte sie leise und legte ihre Arme um seinen Hals.
„Lass uns ins Bett gehen, wir haben das ganze Zimmer für uns. Draco wird wohl, so wie ich das sehe, woanders schlafen“, grinste der Zabini und trug seine Freundin durch den überfüllten Slytherin Gemeinschaftsraum, den Gang entlang, in sein Zimmer.
„Ich liebe dich, Blaise“, hauchte sie.
„Ich weiß“, kam es grinsend von dem Slytherin, ehe er sich mit ihr aufs Bett legte und einen Zauber wirkte, mit dem die Tür verschlossen wurde.
