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Gebieter des Feuer und der Leidenschaft

von

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Wunderschön fiel ihr nur ein, als Emmanline inmitten von einem Blumengarten stand. Es gab zwar nur eine Sorte von Blumen, aber das in unterschiedlichen Farben. Rot, gelb, rosa, hellgrün, blau, weiß, orange, lila und sogar vereinzelten mehr. So viele Farben in nur einer Blumenart.

„Wunderschön, nicht wahr?“ Stellte sich Mariah neben sie. „Das sind Rosen. Ich liebe sie von ihrer Schönheit und ihren Duft her.“ Schloss sie ihre Augen und atmete tief ein.

Ja, sie konnte auch den herrlichen Duft riechen der in der Luft lag. Er war nicht zu übertünchen, solch ein Rosenmeer existierte hier.

„Nach der Zeit wollte ich immer mehr haben. Mein Gefährte brachte mir immer mehr und zu meiner Überraschung und Leidenschaft, sogar neue Farben und Sorten.“ Ging sie auf eine Rose zu. „Meine liebste ist immer noch die schwarze Rose. Nicht weil sie als geheimnisvoll und Kraft spendend gilt. Oder was rätselhaftes und edles an sich hat. Was auf meinen Gefährten zu treffen könnte.“ Kicherte sie kurz, bevor ihr Blick wieder sanft und liebevoll wurde. „Nein, diese Rose hat genau die gleiche Farbe und Ausstrahlung die meines Gefährten.“

Emmanline hörte ihr aufmerksam zu, aber jetzt kam sie nicht mehr mit. Wie meinte sie das? „Ich verstehe nicht ganz.“

„Mein Gefährte ist ein schwarzer Drache und seine Schuppen genauso schwarz, wie diese Blütenblätter dieser Rose.“

„Ich verstehe.“ Was sie wirklich tat. Ihr Gefährte war ihr Herz und ihre Seele. „Ihr seid Seelengefährten, nicht wahr?“

Erst da drehte Mariah sich um, weil sie mit dem Rücken zu ihr gekehrt war. „Ja, das ist er. Wir sind vom Schicksal vorherbestimmt.“

„Auch wenn ihr nicht vom gleichen Volk seid?“ Zeigte sich Neugierde in ihr.

Da zeigte sich ein Lächeln auf den Lippen von der Frau, was sie noch hübscher machte. „Das spielt keine Rolle, solange man sich liebt, vertraut und zueinander hält. Es war zu Anfang zwar nicht leicht für mich gewesen ihn zu überzeugen, das ich seine wahre Gefährtin bin, aber letzten Endes hatte er es doch eingesehen und mich gewählt.“

Sie fand es wirklich faszinierend ihr zuzuhören und Mariah wirkte bei ihren Erzählungen lebendig. Sie strahlte regelrecht.

„Wer ist dein Gefährte?“

„Oh, du kennst ihn.“ Lächelte sie noch immer. „Er ist im Schloss Wächter und ist dir schon einmal begegnet, sowie er es mir erzählt hatte.“

„Ach wirklich? Wer?“

„Er wird bald nach Hause kommen. Überzeuge dich dann selbst.“ Blieb ihr Lächeln einfach auf den Lippen. Aber warum sollte sie sich davon selbst überzeugen? Und überhaupt, warum machte sie darum ein großes Geheimnis?

„Ah, da sind sie ja. Das habt ihr gut gemacht.“ Lobte sie ihre beiden Kinder, als sie den Korb Obst vor ihnen abstellte. Mariah ging vor ihnen in die Hocke und blickte sie liebevoll an, während sie sie sanft an den Wangen berührte. „Das nächste Mal seid ihr wachsamer und gebt acht. Geht noch ein wenig spielen und wartet bis euer Vater nach Hause kommt und dann werdet ihr ihm alles erzählen. Habt ihr mich verstanden?“ Nickten sie kurz. „Gut, dann ab mit euch.“ Küssten die beiden Jungs sie noch einmal auf die Wangen, verwandelten sich und verschwanden im nächsten Gebüsch. Nur kleines Fauchen war zu hören, was schnell leiser wurde.

„Diese Kleinen halten einen nur auf Trab.“ Seufzte sie und kam wieder in die Höhe. „Nur Unfug in ihren Köpfen.“

„Warum setzt du dich nicht ein paar Minuten hin?“ Schlug sie vor und nahm ihren Obstkorb, den die beiden Jungen so sorgsam hierher gebracht hatten. Damit ging sie zu einer Bank, die zwischen den herrlichen Blume stand, und stellte ihn daneben ab. „Ich will damit nicht sagen das du ein Pflegefall bist, aber auch so können wir uns unterhalten.“ Sprach sie sofort weiter, bevor Mariah ansetzen konnte.

Da fing sie an zu lachen. „Das war gut. Einverstanden.“ Setzte sie sich hin und sie gesellte sich daneben.

Emmanline hatte noch etwas beschlossen ein wenig Zeit hier zu verbringen, bevor sie Lucien suchen ging. Oder er würde sie suchen kommen. Das was sie heraus gefunden hatte, konnte noch ein klein wenig warten. Dies lief nicht weg.

„Vorhin habe ich bemerkt, du findest es unangenehm, wenn man dich darauf anspricht, wie du uns damals geholfen hast. Warum?“ Brach Mariah die Stille, die sie gar nicht bemerkt hatte.

Damit hatte sie jetzt nicht gerechnet. „Weil ich keine große Aufmerksamkeit und Aufregung will. Zu Anfang habe ich es für die Schwester von Lucien getan, wie verloren sie wegen ihres Gefährten gewesen war, weil sie ihn beinahe verloren hatte. Dann war da dieses kleine Mädchen gewesen, das mich so angefleht hatte ihren Vater zu retten das ich einfach nicht konnte, als ihm zu helfen. So kam eines nach dem anderen und es liegt vielleicht in meiner Natur, wie Lucien es behauptet.“ Zuckte sie kurz mit ihren Schultern.

„Was liegt in deiner Natur?“

„Anderen zu helfen, ohne das ich darüber nachdenke.“

„Das ist doch etwas Gutes.“ Lächelte Mariah und legte eine Hand auf der ihre, die auf ihrem Schoss lag. „Solche Dinge kommen vom Herzen und die solltest du dir bewahren, Emmanline.“

Vielleicht hatte sie Recht, aber es war die Aufmerksamkeit die sie eigentlich hatte vermeiden wollen und die sie nicht hatte auf sich ziehen wollen. Wie sie es ihrer Mutter auch versprochen hatte. Doch das war alles schief gelaufen und das Problem war, sie konnte nicht wieder zurück. Vielleicht wollte sie zu einem gewissen Grat auch nicht zurück.

Aber nun kam ihr noch etwas anderes in den Sinn, was sie zu gerne wissen wollte. Dies ließ sie ernst werden und das bemerkte Mariah.

„Was ist los?“ Wollte die Frau wissen.

„Als der Angriff auf euer Dorf verübt wurde, wie schlimm war es da gewesen?“ Presste sie ihre Lippen fest aufeinander. Sie wusste nicht ob sie das Recht darauf hatte etwas darüber zu fragen, aber sie musste es probieren. Aber dadurch das Mariah überrascht über ihre Frage zu sein schien, wirkte sie unsicher.

„Es war ein brutaler Angriff gewesen und beinahe wurde alles vom Dorf niedergebrannt.“ Erklang eine männliche Stimme, was sie aufschrecken ließ.

Kaum erblickte sie den Mann zu dessen Stimme sie gehörte, erkannte sie ihn sofort wieder. Er war ein Wächter des Schlosses den sie damals begegnet war. Es war schon eine längere Zeit her, aber sie konnte sich noch ganz genau an ihn erinnern. An seinen kahlgeschorenen Kopf, seine hohe Gestalt, sein gefährliches Aussehen die nur Drachen besaßen, seine eisblauen Augen. Doch was sie nie vergessen würde, war seine gekreuzte Narbe, die von beiden Seiten sich über seiner Nasenwurzel kreuzten und sich zu seinen Wangen hinzogen. Die war unvergesslich.

Damals hatte er sie aufgehalten, als sie Lya hinterher wollte, wo sie voller Auflösung und Verzweiflung davongeflogen war. Er wollte sie damals nicht gehen lassen, wenn Aiden nicht gewesen wäre.

„Du?“ Stand sie starr dem Wächter gegenüber, während sie ihn anstarrte. Sie hatte keine Angst vor ihm, aber sie wunderte sich, warum er hier war.

„Emmanline darf ich dir meinen Gefährten Segan vorstellen.“ Ging sie lächeln auf ihn zu und harkte sich in seinen Arm ein.

Dieser Mann und Drache war ihr Gefährte? Damit hatte sie jetzt nicht gerechnet. Aber warum auch nicht?

„Freut mich.“ Brachte sie schnell heraus.

„Du scheinst schockiert zu sein.“ Meinte Mariah.

Emmanline blinzelte. „Nein, eher überrascht. Ich muss ehrlich zugeben, bei unserer ersten Begegnung habt ihr mir gegenüber einen ganz anderen Eindruck gemacht.“

Leicht verzog Segan sein Gesicht. Sie konnte nicht deuten, ob das ein Lächeln sein sollte. „Tut mit leid, wenn ich euch damals Angst eingejagt habe. Damals musste ich meine Befehle befolgen und die lauteten, das ich euch nicht vom Schloss lassen durfte.“

„Schon in Ordnung.“ Lächelte sie, weil sie irgendwie nicht anders konnte. Das schien ihn auch irgendwie zu überraschen. „Ich habe schon verstanden. Um ehrlich zu sein, mein erster Gedanke damals war, warum alle Drachen immer eine anormale Körpergröße haben müssen.“

Erst hörte sie ein Prusten und dann lautes Lachen, was von Mariah stammte. „Anormale Körpergröße?“

„Ja. Dann erst habe ich seine wahre Gestalt wahrgenommen. Damals sahst du schon gefährlich aus.“ Gab sie zu.

„Dennoch warst du bereit gegen mich zu treten, nur um der Drachin hinterher zu jagen.“ Sprach Segan.

„Ich hatte das Gefühl, ich musste es tun.“

„Ich weiß. Wenn Aiden damals nicht gewesen wäre, wer weiß wie es gekommen wäre.“

Da mischte sich seine Gefährtin ein. „Darüber kann man nur spekulieren was gekommen wäre, also brauchen wir uns darüber nicht zu unterhalten. Es ist so gekommen wie es gekommen ist, Segan, und nicht anders. Wir sind jetzt hier.“ Streichelte sie über seine Brust und küsste ihn auf seine Wange, als sie ihn dann los ließ. „Ich werde uns mal was zu trinken holen.“

„Das kann auch ich tun.“ Wollte er, aber sie entfernte sich schon und beklagte sich schon, sie sei kein Pflegefall. Anscheinend stritten sie sich öfters darüber.

„Deine Gefährtin ist eine starke Frau.“

„Ja, dass ist sie und sie kämpft für das was sie will. Sie ist auch eine Kriegerin.“ Glomm für einen kurzen Augenblick Stolz in seinen Augen auf, als er hinter seiner schwangeren Gefährtin her schaute.

„War sie und deine Söhne hier im Dorf gewesen, als dieser Angriff passierte?“ Wollte sie wissen.

Ausdruckslos schaute er sie einfach nur an. „Nein, in der Zeit war meine Gefährtin mit den beiden bei ihrer Familie gewesen und ich konnte von Glück reden, das ich diese Sorge nicht mit den anderen teilen musste. Es mag jetzt grausam klingen, aber sie sind das Wichtigste und das was für mich an aller erster Stelle kommen. Erst danach kommt mein Volk.“

Dies konnte sie irgendwie verstehen und sie machte ihm keinen Vorwurf und sie würde es auch niemals wagen es jemals zu tun. Dazu hätte sie auch niemals das Recht. Nicht einmal der König.

„Du hast erwähnt, es war ein brutaler Angriff gewesen und beinahe alles wurde vom Dorf niedergebrannt. Es ist noch gar nicht lange her seit dieser schreckliche Angriff her ist, aber das Dorf und die Umgebung sehen so erholt und neu erbaut aus. So schnell?“

„Wir alle waren bemüht in unser altes Leben zurück zu kehren und so schnell wie möglich das schreckliche zu vergessen. Das wird niemals ganz geschehen. Nicht für die Kinder, aber hauptsächlich haben wir es für die Kinder getan. Wir haben es wieder so erbaut wie es zuvor gewesen war, damit sie keine großen Veränderungen durchmachen müssen. Da wir auch Verluste hatten.“ Erzählte er ihr.

Sie konnte sich nicht rühren was er ihr da erzählte. „Wie viele habt ihr verloren?“

„Einundzwanzig.“ Antwortete er ihr ohne zu zögern, was für sie zu viele waren.

„Waren Kinder unter ihnen?“ Musste sie es wissen, auch wenn es ihr wehtun würde, was sie zu hören bekommen würde. Doch er schwieg für den ersten Moment und da wusste sie es. „Wie viele?“ Wollte sie dann nur noch wissen. „Wie viele?“ Wurde sie nachdrücklicher, als er noch immer nicht antwortete.

„Acht.“

„Was, so viele?“ Stockte ihr Atem und ihre Stimme wurde immer heiserer. Wodurch sie schockierter wurde. Das Herz tat ihr weh.

Acht Kinder wurden bei dem Angriff getötet und niemand konnte sie retten. Solche kleine Wesen wurden einfach ausgelöscht, als wäre nichts gewesen und sie konnte sich sehr gut vorstellen wie leicht dies war. Wie oft hatte sie es mit ansehen müssen. Ein Leben einfach auslöschen. Aber keine Kinder durften die Opfer sein.

„Und weiter?“ Sollte Segan weiter sprechen.

„Wie und weiter?“ Runzelte er mit seiner Stirn.

„Wer und was waren die anderen?“

Nun schien er zu verstehen. „Zwei Drachen waren dem ausgewachsenem Alter nahe, fünf Frauen und der Rest Männer.“

Emmanline senkte den Blick und empfand großes Mitgefühl für all den Verlust und diejenigen die den Verlust hinnehmen mussten. Sie konnte nicht anders. Entschuldigungen und das es ihr leid tat waren hier nicht angebracht, das wusste sie, aber sie konnte etwas tun und beitragen. Vor allem was vielleicht wichtig sein könnte.

Überzeugt und mit standhaften Blick richtete sie ihn zu Segan auf, der sie über weitem überragte. „Gibt es einen Ort, wo ihr eure Toten zur Ruhe begebt?“

Das schien ihn zuerst zum verstummen zu verbringen, bis er dann nickte. „Ja, es gibt einen Ort. Eine Ruhestätte wo wir unsere Toten ehren. Für ihre letzte Reise ins nächste Leben.“ Bestätigte er. „Dort gehen alle hin.“

„Kannst du mich dorthin bringen?“

„Warum willst du dort hin?“ Erklang Mariahs Stimme und sie erblickte sie mit einem Tablett Tassen in der Hand.

„Ich will sie sehen.“ Beantwortete sie ihre Frage. Auch wenn sie sie anders verstand.

„Ich werde dich hinführen.“ Sprach Segan zu ihr, aber wandte er sich zu seiner Frau um.

„Willst du das wirklich, Segan?“ Wollte diese wissen.

Segan ging auf seine Gefährtin zu, nahm ihr das Tablett ab und stellte es auf die Bank ab. „Begleite uns.“ Bat er sie und nahm sie in eine Umarmung die sie erwiderte. Obwohl man es ihm nicht ansah, fand sie es erstaunlich, wie offen er seine Gefühle seiner Gefährtin gegenüber zeigte. Wie sehr man sich nicht vom Äußeren täuschen lassen sollte.

Emmanline konnte nicht sagen warum oder was es war, aber etwas begann sie magisch anzuziehen. Etwas bewegte sie zu einem Ort hinzugehen, wo Tote beehrt wurden. Erst als sie von der Ruhestätte gehört hatte. Erst ab da fing der Drang an.

Die Ruhestätte befand sich auf einer Anhöhe eines kleinen Berges, was von ein paar Felsen versteckt lag. Es hätte klein wirken müssen, dennoch war es ein riesiges Feld. Überall ragten schmale Steine aus der Erde, die sie nicht zählen konnte.

Als Emmanline dort den Boden betrat, spürte sie etwas magisches und es raubte ihr den Atem, was sie erstarren ließ. Ihre Augen wanderten umher, als suchten sie etwas und es bedurfte nicht lange, bis sie es fand. Die verlorenen Seelen, wie sie die Geister nun nannte. Einer nach dem anderen erschienen, die in unzähligen Erscheinungen um sie herum auftauchten. Für sie wirkte es schon fast normal. Jetzt und an diesem Ort wirkte es so real und normal, als kannte sie es schon eine kleine Ewigkeit.

Etwas in ihr wurde verändert.
 

„Wir dürfen nicht hier sein, Segan.“ Sprach Mariah zu ihm.

Segan wusste das, aber dennoch waren sie hier. Am heiligen Ruheort seines Volkes, wo kein Außenstehender hin durfte. Seine Gefährtin gehörte zu ihm, was ihr gewährt wurde, aber nicht die Frau vor ihm.

Sicher sie gehörte zu Lucien, dem König und er erkannte sie sogar als seine Seelengefährtin an, aber solange sie noch kein Bund eingegangen waren, bestand noch kein Recht für sie. Diese Frau hätte vielleicht sonderliche Rechte, da sie schon vieles für sein Volk getan hatte, aber es gab Regeln und Gesetze die eingehalten werden mussten. Immer wieder. Dennoch standen sie hier und missachteten die Regeln und Gesetze. Er zumindest. Sie hatte keine Ahnung. Dabei war er nicht so.

„Ja, ich weiß.“ Antwortete er nur darauf.

„Warum sind wir dann hier? Wenn jemand Emmanline hier sieht, wird sie in großen Schwierigkeiten sein. Nicht einmal der König könnte ihr daraus helfen. Dies ist heiliges Land.“

„Ich weiß es, Liebste.“ Blickte er seine Gefährtin nun ernst an, da er die Elfe die ganze Zeit beobachtet hatte. „Ich weiß welches Risiko ich hier eingehe. Sie dürfte eigentlich nicht hier sein und dennoch hatte ich das Gefühl, das es so sein müsste. Ich weiß nicht warum, aber es war so.“ Zuckte er einmal mit seinen Schultern und schaute wieder zu der Frau.

Er wusste, seine Frau beobachtete ihn aufmerksam. „Was siehst und denkst du, Segan?“ Was sie ihn immer fragte, wenn er so schweigsam war.

„Das mein Drache genau diese Entscheidung für richtig hält. Irgendwas zieht ihn zu dieser Frau hin. Irgendein Teil von meinem Tier will diese Frau beschützen und in ihrer Nähe sein. Mir ist aufgefallen, das es nicht mir alleine so geht. Es geht vielen so und es ist auf eine gewisse Weise eigenartig. Noch nie verspürte mein Drache so eine Art Hingabe für jemanden, dem er so schnell vertraute, als zu jemand so Fremdes. Etwas stimmt nicht mit ihr, aber mein Drache spürt ihr gegenüber keinerlei Gefahr. Kein einzigen Funken.“ Sprach er und bemerkte die Stille neben sich, also blickte er seine Frau an, die ihn entsetzt anschaute. Da verstand er warum. „Nein, das verstehst du komplett falsch, Mariah.“ Umfasste er ihr Gesicht mit seinen großen schwieligen Händen. „Was ich meine, ist, diese Frau gehört zu Lucien und das wird auch so sein. Du gehörst zu mir und das wird immer so sein, sowie ich zu dir immer gehören werde. Es geht hier ums beschützen, wie um meinen König.“

„Also meinst du, Emmanline wird eines Tages eure Königin werden?“ Wurden ihre Augen groß.

„Das weiß ich nicht. Und wenn, etwas drängt meinen Drachen sie zu beschützen. Egal ob sie es wird oder nicht. Irgendwas verbindet sie mit uns und ich habe das Gefühl, sie ist wichtig für uns Drachen.“

Kurz schwieg Segan, als er noch einmal zu Emmanline schaute, die weiter auf die Mitte der Ruhestätte zu gegangen war und sich auf wundersame Weise umschaute, als würde sie andere sehen. Das konnte natürlich nicht sein. Hier war niemand. Und Geister zu sehen, waren reine Gespinste.

„Damals bei ihrer ersten Begegnung, als ich sie aufgehalten hatte, wo sie hinter der Schwester von Lucien hinterher wollte. Wir Wächter hatten den Auftrag erhalten, sie nicht vom Schloss entkommen zu lassen und ich hatte meine Aufgabe sehr ernst genommen. Ihr Blick und Beharrlichkeit hatten sie damals nicht davon abgehalten sich gegen mich zu wehren. Obwohl ich viele Reaktionen von anderen kenne die von meinem Aussehen kommen. Sie war nur auf eine Sache konzentriert, Lya hinterher zu rennen. Trotzdem wusste ich, ich würde mich niemals von meinem Vorhaben abbringen lassen. Egal was passiert.“

„Aber du hast doch damals gemeint, Aiden habe sie mitgenommen.“ Horchte seine Frau ihm aufmerksam zu.

„Ja, das hatte er, aber ich wollte es am Anfang erst nicht. Auch wenn er vielleicht etwas im Rang höher steht als ich. Ich hatte einen Auftrag gehabt, aber ich habe ihn nicht erfüllt und somit genauso versagt.“

„Was redest du da? Du hast nicht versagt. Natürlich hast du deinen Auftrag erfüllt, weil Aiden es für dich übernommen hatte.“

„Du verstehst nicht, Mariah.“ Schüttelte er mit seinem Kopf. „Egal wie ich eigentlich die Sache überdenke, es kommt aufs gleiche hinaus. Wir hätten unseren König dabei verlieren können.“

Das Entsetzen war in ihr ins Gesicht geschrieben.

„Wenn diese Frau nicht gewesen wäre, wäre Lucien jetzt tot. Das stünde fest. Dies darf niemand erfahren, Mariah. Versprich mir das.“ Versprach sie ihm sofort. „Aber wir haben nie bedacht wie wichtig ihm diese Frau ihm schon war. Niemand hatte geahnt, sie ist die Seelengefährtin von unserem König. Wir alle auf dem Schloss haben die Seelenqual von ihm gespürt. Ich habe selbst gesehen, wie er mit ihr von der Schlacht zurück kam. Sie lag tot in seinen Armen. Und doch steht sie hier, lebendig.“ Schaute er wieder auf, was seine Frau ihm gleich tat. „Alle Drachen auf dem Schloss finden es entweder unheimlich oder geheimnisvoll. Sie finden es als ein Wunder wieder oder als eine Art Fluch.“

„Dann war es doch gut, das du sie hast gegen lassen. Sie hat euren König das Leben gerettet.“ Meinte sie vorsichtig.

Segan knurrte leise. „Du verstehst es einfach nicht.“ Funkelte er sie einfach an. „Dazu wäre es nicht gekommen, wenn sie nicht dabei gewesen wäre. Auch wenn sie von unseren so viele Leben gerettet hatte. Ja, wir verdanken ihr vieles, aber wir hätten unseren König auch durch eine Seelenqual verlieren können. Das ist ein schlimmerer Tod, als der durch einen anderen. Ich würde mir nicht ausmalen wollen, wenn ich dich verlieren würde. Lieber würde ich jeden anderen qualvollen Tod wählen, als diesen Seelentod. Wir alle mussten Jahre lang bei der Königin Rhivanna zuschauen, wie es sie von Tag zu Tag zu Grunde richtete. Jeder sah und wusste es.“ Schüttelte er mit seinem Kopf. „Ich bin damals zu Lucien gegangen. Nachdem diese Frau wieder am Leben war und er wieder bei klarem Verstand und ansprechbar.“

„Wie meinst du das?“ Klang sie verwirrt und das konnte er verstehen, denn er hatte ihr damals davon nichts erzählt gehabt. Was er jetzt tat.
 

Es zerfraß ihn innerlich, weil er seinen Auftrag einfach nicht erfüllt hatte. Es ging gegen seinen Stolz und seine Ehre. Auch wenn er durch einen Ranghöheren abberufen wurde, machte es diese Sache nicht besser. Er, Segan war ein Wächter vom königlichen Hofe De la Cruise. Und auch verdammt stolz darauf. Er fühlte sich geehrt in die königliche Garde zu gehören und der Familie auch zu dienen. Das auch schon viele Jahrhunderte lang. Stets tat er seine Pflichten gewissenhaft und akkurat. Er leistete sich keine Fehler und tat genau das was man ihm sagte. Doch diesmal war er seiner Pflicht nicht nach gekommen und hatte versagt. Er konnte seinen Auftrag nicht ausführen, den sein König ihm aufgetragen hatte und dafür musste er jetzt gerade stehen. Er wollte es so.

Segan stand nun vor der Tür des Arbeitszimmer des Königs. Er hatte um eine Audienz gebeten und hatte sie bekommen. Erstens hatte er damit nicht gerechnet, weil er zu viele Befürchtungen hatte. Warum eigentlich? So war er sonst nicht und stets voller Zuversicht auf seine Handlungen. Doch er tat seine Aufgaben stets mit voller Hingabe und Ehrgeiz. Nur dafür war er ein Krieger und Wächter geworden, weil er etwas längst vergangenes wieder gut machen wollte. Und weil er seiner Gefährtin etwas versprochen hatte, was er um jeden Preis halten würde.

Entschlossen klopfte er an und wurde auch sofort herein gebeten. Segan war bewusst, dem König war es nicht entgangen, das er seine Anwesenheit nicht schon gespürt hatte, auch wenn er ihn nicht durch die Tür hören konnte durch die Dämmung. Das war ihm aber auch egal, er wollte nicht im verborgenen bleiben, sondern war bewusst hier erschienen.

„Was führt dich zu mir, Segan?“ Sprach Lucien erst dann zu ihm, als er hinter sich die Tür geschlossen hatte.

Lucien saß hinter seinen Schreibtisch und schien auf einem Pergament konzentriert zu sein, was er nicht entziffern konnte. Aber das hatte ihn auch nicht zu interessieren.

Er war alleine in diesem Raum, aber er nahm ihn selbst komplett ein. Segan fiel auf, je mehr er sich als König darbot, umso mehr Präsenz zeigte er. Draußen fiel es nicht so auf, aber in Räumlichkeiten umso deutlicher. Ein König musste Macht ausstrahlen und das tat er, was er genau an ihm respektierte.

„Werde ich den Grund heute noch erfahren, weshalb?“ Wurde sein Ton etwas strenger, sein Blick noch immer auf das Stück Papier gesenkt.

„Es war meine Schuld gewesen.“ Antwortete er monoton. Er musste es hinter sich bringen.

Ab da erhob er seinen Kopf und schaute ihn an. Sein Blick konnte man nicht deuten. „Was war deine Schuld gewesen, Segan?“

Nun erzählte er alles, wirklich alles. Was er damals hätte richtig machen müssen. Er hätte diese Frau hier fest halten müssen und trotz allem nicht Aidens Befehlen nachgehen müssen. Er verriet Aiden damit nicht, weil es kein Geheimnis war, aber es wäre alles anders gekommen. Vielleicht.

Resigniert rollte er seine Pergamentrolle zusammen und legte sie behutsam zur Seite. „Verstehe, darüber wolltest du also mit mir sprechen.“ Konnte er noch immer nichts aus seiner Stimme entnehmen. Vorsichtig lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und schaute ihn durch dringlich an. „Warum, Segan? Ich weiß das einer meiner Wächter nachlässig gewesen war, aber ich hätte nicht damit gerechnet, das er freiwillig zu mir kommt und sich stellt, der dafür verantwortlich war.“ Zuckte er gleichgültig mit seinen Schultern und legte seine Arme auf den Stuhllehnen.

„Ich wäre schon früher gekommen.“ Starrte er seinen König hinter dem Schreibtisch an.

Wäre da die Trauerzeit nicht gewesen.

„Ich glaube es dir und ich rechne dir deinen Mut auch an, das du es getan hast. Vermutlich hätte das nicht jeder getan. Immerhin hattest du eine Aufgabe von mir, die du erfüllen solltest. Auch als Aiden dazwischen kam. Doch dies ist abänderbar. Egal wie es sich nun drehen und wenden lässt, es ist wie es jetzt ist.“

„Und wir hätten dich als König verlieren können.“ Knurrte Segan.

„Und dennoch sitze ich noch hier. Dank, Emmanline.“ Lächelte er. „Hör mir zu, Segan.“ Stand er von seinem Stuhl auf und kam um seinem Schreibtisch herum auf ihn zu. Er war fast so groß wie er selbst, aber mächtiger als er. „Auf uns werden harte Zeiten zu kommen und es wird sich einiges ändern. Manchmal müssen wir Entscheidungen treffen, die wir nicht verstehen werden. Manchmal gibt es Augenblicke, da sollten wir auf unseren inneren Drachen hören. Er weiß manchmal besser Bescheid, als wie unser klarer Verstand.“ Blieb er direkt vor ihm stehen. „Ich weiß wie treu du meinem Vater schon gedient hast und in welchen Schlachten du schon alles mitgekämpft hast. Schon oft konnte ich es miterleben, Segan und ich vergesse es nie. Das Volk verdankt dir genauso viel ab, wie vielen anderen auch. Du hast genauso viel Blut geopfert, wie jeder andere auch. Darum werde ich dich zu nichts beschuldigen oder bestrafen, wie du es vielleicht gedenkst.“

Segan konnte seinen Ohren nicht trauen. Kam er einfach so davon, ohne eine Strafe zu bekommen? Dabei hatte er doch versagt.

„Schaue mich nicht so ungläubig an.“ Lächelte Lucien. „Dafür wirst du einen neuen Auftrag bekommen.“

„Natürlich.“

„Wie gut kennst du alle Wächter auf diesem Schloss?“

„Gut genug.“

„Gut genug, um zu wissen, was sie können?“ Wollte der König wissen.

Segan brauchte nicht lange überlegen um das zu wissen. Er brauchte kein unnützes Kram merken, aber wenn es um das Wissen ging, wie Kampfkünste oder Verteidigung eines Kriegers, sah die Sache ganz anders aus. Darin war er gut. „Ja.“

„Dann würde ich dir die Aufgaben und die Abteilung der Wächter zuteilen. Ich übertrage dir die Verantwortung und die Ausbildung der neuen und alten Wächter. Sowie die Zuweisung der Pläne und Zuteilung. Wenn was sein sollte, kommst du jederzeit zu mir und wenn du was brauchst. Eine regelmäßige Besprechung wird es geben und unveränderbar geben.“

Segan wirkte sprachlos.

„Ich will natürlich über alles informiert werden. Egal was es ist.“ Sprach er einfach weiter.

„Das ist unmöglich.“ Widersprach er.

Da stoppte der König in seinem Redensfluss. „Warum? Du meintest doch, du kennst die Wächter gut genug um zu wissen was sie können.“

„Ja schon, aber es ist nicht die Aufgabe eines Wächters, die Wächter zu beauftragen, was sie zu tun haben, sondern die des Königs. Wie schon seit jeher.“ Schaute Segan Lucien skeptisch an. Er wusste, er sprach die Wahrheit.

„Ja, ich weiß.“ Seufzte er und wandte sich von ihm ab, als er sich zum Fenster ging und hinausschaute. Er wusste nicht was er da suchte, aber er hatte ihn oft da stehen sehen. Von außen. „Du hast mir nicht zu gehört. Eben habe ich dir noch erklärt, es wird sich einiges ändern und manchmal müssen wir Entscheidungen treffen, die wir nicht verstehen werden. Jetzt ist es eine Entscheidung die ich treffe und es wird eine Veränderung eintreffen. Es wird keine letzte sein, Segan.“

„Ich verstehe nicht ganz.“ Was er nicht gänzlich tat, aber er bemühte sich.

„Stets hat der König nur Aufgaben und die Befehle erteilt, aber es wird Zeit, das gewisse Teile abgegeben werden müssen. Ich als König kann nicht alles alleine bewältigen. Ich kann nicht überall gleichzeitig sein. Auch mein Vater konnte es nicht. Wer soll also das Schloss verteidigen, wenn es angegriffen wird und ich einmal nicht anwesend bin? Wer wird dann die Anweisungen geben, wenn es dann nicht einen Anführer meiner Wächter hier gibt, der sie anleitet und das Schloss verteidigen kann? Sag es mir Segan? Wer?“ Wandte er sich jetzt mit einem ernsten finsteren Blick zu ihm um, der eine Antwort erwartete.

Doch er hatte Recht. Es würde niemanden geben. Fürs erste würde es nur ein Angriff sein, bis sie erst richtig zum Einsatz kamen. Trotz das sie tödlich und mörderisch waren. Bisher hatten sie sich immer nur auf ihren König verlassen, oder auf die Königin. Jetzt schien Lucien etwas anderes ermöglichen zu wollen.

„Woher willst du wissen, ob ich der Richtige dafür bin?“

„Du hast mir schon wieder nicht zu gehört. Wie oft habe ich dich schon kämpfen sehen, Segan? Wie oft haben wir Seite an Seite gekämpft?“ Ließ er ihn einen Augenblick Nachdenkzeit. „Ich kenne dich und weiß auch auf wen ich zugehen kann. Du musst es nicht tun, wenn du es nicht willst oder dir nicht zutraust. Überlege es dir einfach. Ich gebe dir eine Bedenkzeit bis zum nächsten Vollmond. Bis dahin will ich eine Antwort von dir.“
 

„Bis zum nächsten Vollmond?“ Wirkte Mariah entsetzt, als sie ihn anschaute. „Der ist morgen Nacht. Wann hattest du es vor mir zu sagen?“ Schien sie geschockt. „Oder nein warte. Hast du etwa schon eine Entscheidung getroffen? Ohne mich?“ Wurde sie jetzt sauer.

„Was? Nein, ich habe noch gar nichts entschieden. Ich wollte heute mit dir darüber reden, bevor ich morgen mit Lucien darüber spreche. Du weißt, ich würde nie eine solche Entscheidung ohne dich treffen.“ Widersprach er ihr.

„Ach nein? Und wie lautet dann deine Entscheidung, da du ja nicht gleich zu mir gekommen warst, um mit mir darüber zu sprechen? Immerhin bin ich deine Seelengefährtin und rein zu fällig auch eine Kriegerin. Nur weil ich schwanger bin, heißt das noch lange nicht, das du mich mit Samthandschuhen anfassen sollst. Ich bin eine Löwin vom Ashanti Rudel und wir zeigen niemals...“

„...eine Form der Schwäche. Ich weiß für was euer Rudel steht und das drücke ich damit auch nicht aus.“ Blieb er die Ruhe selbst, während er in ihre Augen blickte. Ganz nah an ihrer Oberfläche steckte ihre Raubkatze, was Segan an ihren funkelnden Augen erkennen konnte. Ihn störte es keinesfalls, aber er wusste nicht, wie die Frau auf dem Platz damit umgehen konnte. „Warum ich dir davon noch nichts erzählt habe, lag einfach nur daran, weil ich vorher mir Eindrücke einholen musste.“

„Eindrücke einholen musste?“ Wiederholte sie ungläubig seine Worte.

„Du wusstest, bevor du mich zu deinen Gefährten nimmst, das ich nicht der sonderlich umgänglichere bin und das bin ich auch heute noch nicht, Mariah. Wenn ich wirklich die Position übernehme, dann will ich auf alles vorbereitet sein, was mich erwartet. Ich tue das nicht nur für mich, sondern auch für euch.“ Schaute er sie an. „Ob du es mir nun glaubst oder nicht. Ich wollte mit dir heute Abend darüber reden, weil ich nicht mit halben Sachen kommen wollte, weil du auch eine Kriegerin bist. Du hättest doch dann eh zu mir gesagt, checke die Lage und entscheide dann. Oder etwas nicht?“

Kurz war sie stumm. „Muss ich mir Sorgen um dich machen? Du wirst mir unheimlich. Ja, das wären in etwa meine Worte.“ Lächelte sie ihn verschmitzt an.

„Nein, musst du nicht. Ich kenne dich nur zu gut, meine Gefährtin.“ Erhob er seinen Arm und streichelte mit seinen Fingerspitzen über ihre zarte Wange, wie er es immer tat, wenn sie einen Geplänkel hatten.

„Wirst du es nun tun, worum dein König dich gebeten hat? Das wäre ja eine einmalige und königliche Sache.“

„Dann werde ich noch weniger Zeit für euch haben.“

„Natürlich nicht.“ Bestätigte sie das auch noch, als wäre es das was Gutes keine Zeit für seine Familie zu haben. „Aber das ist der Anfang und sobald du weißt, wie es am besten geht, dann spielt sich das besser ab. Ich kenne dich, Segan, und ich weiß du wirst deine richtige Entscheidung treffen. Vorhin hast du den Nagel genau auf den Kopf getroffen, als du meintest, checke die Lage und entscheide dann, wenn du mit mir vorher gesprochen hättest. Sicher hätte ich mich gefreut, wenn du es getan hättest, aber ich kann auch deine Entscheidung nachvollziehen. Ich hätte es vermutlich auch so gemacht. Wir machen keine halben Sachen und das ist manchmal unser Problem und nicht, weil du nicht sonderlich umgänglich bist. Für mich bist du es und nur das reicht mir. Für niemanden sonst musst du es sein. Außer vielleicht für deinen König, aber das machst du selbst. Auf deine Art.“ Lächelte sie ihn an und schmiegte sich mit ihren rundlichen Bauch an ihn. Genau das war seine Kriegerin, wie er sie liebte und auch ewig lieben würde.

„Vermutlich hast du Recht.“ Lächelte er auf sie herab, obwohl sie eine hochgewachsene Frau war, reichte sie ihm bis zu seinen Schultern.

„Natürlich habe ich Recht. Deine Gefährtin hat immer Recht.“ Lachte sie leicht auf und er liebte ihren Klang. „Aber nun ehrlich, nimmst du es an?“

Kurz schloss er seine Augen. „Ja, ich nehme an.“
 

Emmanline konnte ihre Worte nicht verstehen, was die beiden da beredeten, aber sie wollte auch nicht

lauschen. Am Anfang war es ein sehr ernstes Gespräch gewesen und sie hatte mit bewusst sie alleine gelassen, damit sie reden konnten. Sie hatte das Gefühl gehabt, sie mussten es tun.

Segan und Mariah waren ein wunderbares Paar zusammen, auch wenn es von außen her nicht den Schein machte, aber sie passten perfekt zusammen. Ihre Harmonie paarten sich gut miteinander, wie kein zweites, obwohl sie unterschiedlicher Völker angehörten. Dies faszinierte sie.

In der Zeit wo die beiden sprachen, sprachen unzählige Stimmen mit ihr. Die verlorenen Seelen hatten sie umringt, als wäre sie selbst ein Phänomen, aber das war sie keineswegs. Aber sie wusste, normalerweise dürfte sie nicht hier sein. Dennoch hatte sie sich drängen lassen, um auf einer Grabstätte für Tote zu sein, die sie wie ein Kessel umzingelte. Sie fühlte sich nicht bedroht dabei, aber vorsichtig war sie trotzdem.

Emmanline blickte jeden einzelne verlorene Seele an, die um sie herum stand. Wie konnte sie allen nur helfen? Bisher traf sie nur zwei, aber das waren zu viele. Vielleicht an die fünfzig oder mehr. Sie konnte nicht alle auf einmal zählen, so viele Stimmen stürmten auf sie ein. Wie könnte sie alle erlösen und sie erleichtern? So viele auf einmal, da wirkte sie auf einmal überfordert und sie fing erst damit an. Und sie wollte Lucien erst davon erzählen.

Vor ihr tauchte eine junge Frau auf, die aber gleich wieder verschwand. Dann kam eine alte Dame aus dem Hintergrund hervor und lächelte sie an. Da verstand sie aus irgendeinen Grund was sie zu tun hatte. Sie konnte nicht ahnen warum, aber sie wusste aus ihrem tiefsten Inneren, was sie machen musste. Ihr Körper tat es von ganz alleine, dass sich ihre Arme ausbreiteten und sich ihr Gesicht gegen den Himmel entgegenstreckte. Ihre Augen schlossen sich automatisch und es wurde Windstill. Kein einziges Geräusch um sie ertönte. Kein Vogelgezwitscher, kein Flügelschlag von eine Wesen in der Luft. Einfach nichts.

Erst als sie die vollkommene Ruhe wahrnahm, verspürte sie eine wohlige Wärme in sich aufsteigen. Sie floss durch ihren ganzen Körper. In jede einzelne Zelle ihres Körpers. Breitete sich überall in ihr aus und übertrug sich in die Erde. Emmanline konnte eine großartige Lebendigkeit spüren die zu wachsen schien. Es breitete sich von ihrem Körper immer weiter aus und sie hatte das wunderbare Gefühl, sie erstrahlte dabei. So herrlich fühlte sich das an.

Nicht wissend wie lange, öffnete sie endlich ihre Augen und sie konnte ihnen auch jetzt nicht trauen, was sie sah. Sie stand in einem gelben Blütenmeer. Dies hatte sie geschaffen, sie wusste es. Dies kam aus ihr heraus, als die Wärme sie durchströmt hatte. Es bestand kein Zweifel.

„Oh mein Gott, Emmanline.“ Konnte sie Mariahs schockierte Stimme hören, aber ehrfürchtig wahrnehmen.

Mit einer halben Drehung sah sie Segan und Mariah, wie sie am Rand der heiligen Ruhestätte standen und sie beobachteten. Sie mussten sie beobachtetet haben, als sie das alles hervorgerufen hatte.

„Ich habe dies, für die verlorenen Seelen getan.“ Bekräftigte Emmanline zu Segan, weil er ein Teil von ihnen war. Auch wenn er noch lebte.

Doch, als sie sich jetzt umblickte und die Pracht der Blüten sah, waren all die Steine umwuchert die aus der Erde ragten. Sie wusste, es war noch nicht alles. Nur konnte man es noch nicht sehen. Eines wusste sie, die verlorenen Seelen waren verschwunden und sie würden nicht wieder kehren. Nie wieder.

Als sie sich das zweite mal zu den beiden umblickte, fehlte von den beiden jegliche Spur. Aber dafür stand jetzt ein blutroter Drache am Rand der heiligen Ruhestätte. Sie wusste ganz genau wer das war und wer sie mit glühenden goldenen Kohleaugen anblickte.

„Lucien.“ Flüsterte sie leise seinen Namen, während sie lautlos über das Blumenmeer zu ihm schritt.

Er währenddessen beobachtete sie nur, aber es machte ihr nichts aus. Warum konnte sie nicht sagen. Obwohl sie sich wie eine Beute in seinen Blicken vorkommen musste, die die Beute jeden Moment verschlingen wollte. Aber sie hatte keine Angst. Nicht bei diesem Drachen, der alles für sie tun würde. Aus irgendeinem Grund war es ihr Drache und es würde immer so sein.

Endlich hatte Lucien sie aufgesucht und gefunden, was sie beinahe zum Lächeln brachte. Sie hatte gewusst, er würde sie suchen kommen.

Kurz vor ihm blieb sie stehen und reckte die Arme nach oben, ein Zeichen, er solle seinen großen Drachenkopf nach unten bewegen. Durch einen Ruck durch seinen Körper stellte sie fest, das er überrascht schien, aber es machte ihr nichts aus. Sie wollte ihn berühren, so wie er jetzt war. In seiner Drachengestalt. Egal wie mächtig und brutal er ihr jetzt erschien. Das Einzige was jetzt zählte, er würde ihr in dieser Gestalt niemals etwas antun. Niemals.

„Es ist in Ordnung, Lucien.“ Lächelte sie besänftigend.

Erst nach kurzen Zögern beugte er seinen Kopf nach vorne und ohne ihr Zögern lehnte sie mit ihren ganzen Körper an seine Schnauze. Sie fühlte sich durch seine Schuppen glatt und rau zugleich an. Gegen ihn wirkte sie wie ein winziges etwas, aber fühlte sich in dem Augenblick nicht minder. Nichts als er genauso tief ihre Nähe genoss. Sie spürte es, so tief, wie er es spürte. So tief sie es auch spürte, so fester drückte sie sich auch an seine Drachenschnauze. Als habe sie wirklich jetzt einen Entschluss gefasst.
 

Lucien konnte nicht glauben, was hier gerade passierte. Darauf hatte er eine halbe Ewigkeit gewartet.

Endlich. Knurrte sein Drache zufrieden, als er spürte, wie Emmanline sich weiterhin an seine Schnauze presste.

Er war lediglich in seine Drachengestalt hierher gekommen, weil er nach ihr gesucht hatte. Schon etwas länger. Er hatte sogar schon leichte Panik verspürt, sie sei ihm vielleicht davon gelaufen, aber dann sagte man ihm im Dorf, sie wurde mit seinem, vielleicht, neuen Oberst seiner Wächter und dessen Frau gesehen. Die unterwegs zur heiligen Ruhestätte waren.

Schockiert über diese Erfahrung, war er sofort davon gebraust, weil es verboten war Außenstehende an diesen heiligen Ort dorthin zubringen. Wie konnte Segan das ignorieren?

Doch als er dann ankam, Emmanline in diesem Meer von Blüten sah, verzauberte sie ihn aufs neue. Überall um sie herum war ein Funkeln gewesen, was ihn in einen Bann geschlagen hatte und ihn unfähig machte zu bewegen. Etwas dort war geschehen.

Jetzt schon fast verzweifelt klammerte Emmanline sich an seine Drachenschnauze und er hatte so ewig darauf gewartet das sie ihn berührte.

„Lass mich nicht gehen, Lucien.“ Hauchte sie die Worte mehr, als wären sie wie ein Flüstern.

Hatte er sich da verhört?

„Bitte.“

Ihm brach das Herz und er verwandelte sich in binnen von einer Sekunde in seine menschliche Gestalt zurück, wo er sie in seine Arme riss. „Ich hatte dir doch gesagt, ich lasse dich nicht gehen, Emmanline.“

„Egal was kommt, behalte mich.“

„Egal was kommt, ich behalte dich.“ Schwor er ihr.

Was war mit ihr geschehen, als er in der Zwischenzeit weg gewesen war? Solange war es doch nicht gewesen.

Lucien hielt sie noch eine Weile so fest, weil er wusste, sie brauchte es noch, aber er musste es wissen. „Hat dir jemand gedroht, Emmanline? Oder gar weh getan?“ Wie kam sie nur zu dieser Stimmungsschwankung.

„Wie bitte?“ Wirkte sie verwirrt und löste sich etwas aus seiner Umarmung.

„Ich freue mich darüber das du mich endlich darum gebeten hast, das ich dich nicht gehen lassen soll, aber was hat dich dazu bewogen?“

„Dann gehst du gleich wieder vom schlechten aus?“ Schaute sie ihn skeptisch an. „Niemand hat mir gedroht oder gar mir weh getan. Im Gegenteil. Alle waren sogar lieb und freundlich gewesen.“ Runzelte sie mit ihrer Stirn. „Damit hätte ich nicht gerechnet. Ich habe sogar von Anjanna und Travis einen Obstkorb geschenkt bekommen und zum ersten mal Schokoladenkekse gegessen.“ Erzählte sie alles, was sie heute erlebt hatte, aber schien etwas auszulassen, was für sie wichtig war. „Die Leute hier in diesen Dorf sind anders als ich erwartet hatte.“

„Du dachtest, weil sie über deine Herkunft Bescheid wissen, das sie dich meiden und verachten sollen. So einfach ist das manchmal nicht, Emmanline. Die Kinder sind unsere Zukunft und sie lieben dich. Auch ich habe es heute gesehen. Aus einem sicheren Grund vertrauen die Eltern dir ihre Kindern an, ohne sich Sorgen zu machen. Ich weiß warum, aber du musst diesen Grund nur noch selbst herausfinden. Wenn ich ihn dir jetzt verrate, wirst du mir ohnehin nicht glauben.“ Lächelte er sie an. „Du hast heute eine Menge erlebt und gesehen, was mich wirklich freut. Damit hätte ich auch nicht gerechnet. Wenn ich gewusst hätte, das es so positiv ist, dann hätte ich das schon viel eher gemacht.“ Lachte er.

„Da gibt es noch etwas. In der ganzen Zwischenzeit habe ich schon einmal nach dir gesucht, aber wurde aufgehalten.“ Wandte sie dann ein und durch ihren Blick bemerkte er, das es was wichtiges zu sein schien, wie er er vermutet hatte.

„Ach ja, was denn?“

„Wenn ich dir etwas erzähle oder sage, darfst du nicht lachen? Ich meine das vollkommen ernst.“ Blickte sie ihm tief in die Augen.

„Du weißt, ich höre dir immer zu.“ Musste er sie einfach berühren, indem er ihre Wange streichelte. Sie war wunderschön im Schein der untergehenden Sonne. Ihr schneeweißes Haar schimmerte jetzt golden, aber ihre Augen waren das flüssigste Silber, das er je gesehen hatte.

„Ich kann sie sehen. Längst verlorene Seelen aus deinem Volk.“

Lucien hielt mit seiner Bewegung inne und schaute Emmanline irritiert an. „Verlorene Seelen?“

„Ich nenne sie so, weil es für mich besser klingt.“

„Was für Bezeichnungen hast du noch?“

„Geister. Gespenster. Tote. Suche dir etwas aus.“ Schien sie ihn genau zu beobachten und ihm reichte es jetzt.

„Ist das ein Scherz?“

„Nein, ich meine es vollkommen ernst.“Schüttelte sie mit ihrem Kopf. „Es hat alles einen Zusammenhang. Es hat damit angefangen, als wir unterwegs zu dieser Ratssitzung waren. Auf dem Gang, als wir Linava gesehen haben. Neben ihr habe ich ein kleines Mädchen gesehen. Später, als ich aus der Ratssitzung raus bin, dachte ich, sie wäre Real, aber habe erfahren, das sie die tote Tochter von ihr und ihrem Gefährten Cynder war.“ Wurde ihr Blick kurz traurig.

Davon hatte er gar nichts gewusst. Geschweige nicht das sie ein Kind erwartet hatten.

„Heute bei Anjanna und Travis widerfuhr mir der gleiche Fehler. Erst dachte ich, es wäre Real, aber es war die tote Gefährtin von Travis, die dort erschien und Abschied nahm, wie die Tochter von Linava damals Abschied nahm. Im Dorf habe ich viele verlorene Seelen bei ihren Verbundenen gesehen und hier in der heiligen Ruhestätte. Viele. Ich sehe sie. Ich weiß nicht warum, aber eines weiß ich genau, es hat was mit diesem blutroten Rubin auf sich.“ Erzählte sie einfach weiter und er konnte entsetzt zuhören. „Ich glaube, alles was ihr über diesen Rubin wisst, stimmt nicht gänzlich. Es mag ein Fluch auf euch lasten, der euch irgendwie hindert in ein neues Leben überzugehen, aber der Stein scheint euer Schlüssel dafür zu sein. Er weist euch den Weg, nur habt ihr ihn noch nicht gefunden.“

„Das ist doch irrsinnig. Es gibt keine Geister oder Gespenster.“ Daran konnte er nicht glauben.

„Nein? Aber dann glaube an die Seelen, Lucien. Als ich dir von diesem dürren riesigen Baum erzählt habe, was mich der Rubin zeigen lässt, habe ich zuletzt eine neue Entdeckung gemacht.“ Musste sie weiter reden. „Das war nach dem Abschied von der Tochter Linava und Cynder. Zwischen der ganzen Trockenheit, dem Feuer und den ganzen leeren Ästen hing ein einzelnes grünes Blatt.“

Das hörte sich in seinen Ohren merkwürdig an. Wie unwirklich das klang. „Ein grünes Blatt?“

„Ja. Verstehst du es denn nicht, Lucien, was das bedeutet? Dieses kleine grüne Blatt ist die kleine Tochter von den beiden. Ich weiß, wenn ich jetzt zu dem Baum gehen würde, würde er mehr grüne Blätter tragen und noch höher ragen, als je zuvor. Jetzt weiß ich was er ist. Dieser Baum ist euer Lebensbaum. Von euch Drachen. Der Rubin ist lediglich nur ein Schlüssel um dorthin zu gelangen. Normalerweise bedürfte es das alles nicht. Dieser Fluch oder was auch immer hindert euch den reibungslosen Übergang dorthin. Es ist was mächtiges und sehr großes, was euch zwischen den Welten fest hält.“ Konnte sie nur ihre Vermutungen erzählen.

Ungläubig starrte Lucien sie weiterhin an, als hätte er jetzt wirklich einen Geist gesehen. Wollte sie ihm das jetzt wirklich alles erzählen? „Wenn das stimmen sollte, was du mir erzählst, was soll dieser Fluch bezwecken? Ich verstehe den Sinn darin nicht? Wir nehmen doch überhaupt kein Schaden darin, wenn sich einer an uns rächen will.“

„Es gibt keine Wiedergeburt von Seelen, wie viele es sich vielleicht wünschen.“ Wusste Emmanline sofort eine Antwort drauf. Warum auch? „Linava und Cynder wären welche von deinem Volk, die sich eine Wiedergeburt erwünschen würden, wenn sie vielleicht das nächste Mal ein Kind erwarten. Vielleicht ist es die Seele von ihrer verstorbenen Tochter.“ Machte sie eine kurze Pause. „Oder Travis, der vielleicht Glück haben könnte, seine verstorbene Gefährtin wiederzufinden. Ihre Seele, nur in einem anderen Körper.“

„Dann ist alles gelogen, was meine Mutter mir über diesen Rubin erzählt hatte. Dies ist kein Gefängnis, wo unsere Drachenseelen eingesperrt werden. Auf ewiger Verdammnis.“ Machte er eine kurze Pause. „Dieser Rubin ist nicht aus unseren Drachenblut entstanden, wenn er vielleicht lediglich nur ein Schüssel ist.“ Wusste er beinahe nicht mehr was er von all dem glauben sollte, so viele Geheimnisse gab es über diesen blutroten Rubin. Niemand konnte ihm klare Antworten geben und das machte ihn wütend.

„Es muss nicht heißen, das alles gelogen ist, Lucien.“ Erwiderte Emmanline und kam auf ihn zu, als sie vor ihm stehen blieb.

Ihr machte es nicht mehr so viel aus, das er nackt war, oder sie konnte es einfach gut verbergen.

„Wenn der blutrote Rubin und der Baum, den ich sehe, der euer Lebensbaum ist, etwas miteinander verbindet, könnte es durchaus möglich sein, das dieser Rubin aus eurem Drachenblut entstanden ist.“ Redete sie weiter. „Von dem Traum, den ich dir damals erzählt habe, wo Feuer und Hitze mich umgeben hatte, hatte der Baum Tränen aus Blut geweint. Vielleicht ist dieser Rubin nur ein Tropfen eures Blutes und darum ein Schlüssel der verbindet.“

„Und was glaubst du vom Rest?“ Wollte er ihre anderen Gedanken hören. Musste es hören.

„Ich glaube, der Baum schreit nach Hilfe. Er stirbt, Lucien. Nicht wegen der Flammen und der Hitze die dort toben, denn sie verbrennen nicht. Sonst hätten sie mich verbrannt oder schon längst den Baum. Es sind die Seelen worauf er wartet. Wenn er sie nicht bekommt, stirbt dieser Lebensbaum.“ Blickte Emmanline zum Himmel und er folgte ihren Blick. Dort bemerkte er die Dämmerung und wie die ersten Sterne sich am Nachthimmel zeigten. „Und ich habe noch eine andere Vermutung.“

„Erzähle es mir.“ Klang es schon fast drängend von ihm, weil er neugierig von ihren Gedankengang war.

„Es mag vielleicht stimmen und ihr werdet davon nichts merken. Von diesem Fluch meine ich. Keine Schmerzen oder ihr blutet nicht davon. Aber wer weiß es schon, ob es nicht was anderes ist?“ Blickte sie nicht vom Himmel, wo immer mehr Sterne auftauchten. „Etwas sagt mir, jedes Volk hat eine Begrenzung von Seelen. Wenn die Anzahl von Seelen aufgebraucht ist, die ein Volk zur Verfügung hat und es keine Wiedergeburten gibt, dann wird es vielleicht eines Tages keine Geburten mehr geben. Sterben dann alle, gleicht es ja einer Auslöschung, wenn es dann niemand mehr gibt, der wiedergeboren werden kann.“

Luciens Herz blieb auf einmal stehen und er wusste nicht ob er noch atmete. Seine Augen mussten sich vermutlich auch vor Schock geweitet haben, sowie Emmanline ihn jetzt anschaute und auf ihn einredete, aber er verstand sie nicht, denn andere Worte gingen ihm durch den Kopf. Die Worte von Tarana. Das Gespräch mit ihr und was in ihrem damaligen Brief stand.
 

Lucien hatte sich mit Tarana, Ratsmitglied und Heilerin von Tarascon, in seinen Arbeitszimmer zurück gezogen, wo sie sich in Ruhe unterhalten konnten.

Tarana gehörte zu den Mütterlichen und hatte von Anfang an schon ein gutmütiges Wesen an sich, was sich in ihren warmen braunen Augen widerspiegelte. Ihr schulterlanges blondes Haar hatte sie wie immer hochgesteckt. Sie mochte es nie, wenn es lose auf ihren Schultern lag, was wohl jedem das Seine war. Trotz das es so streng aussah, war sie die Güte und Liebenswürdigkeit in Person. Vielleicht lag es auch an ihrer Größe. Für einen Drachen war sie relativ kleinwüchsig, aber das machte ihre Stärke als Mütterliche nicht minder. Sie zeigte ihre Stärken ganz woanders, als in ihren Muskeln. Sie hatte Biss und würde jeden in Stücke reißen, soweit sie kam. Tarana war einfach anders und jeder verstand sie auf eine andere Art und Weise. Jeder vertraute ihr und das genügte voll und ganz.

„Wo soll ich nur anfangen?“ Seufzte Tarana auf und es klang nur reine Sorge aus ihrer Stimme heraus.

„Hast du noch mehr Informationen eingeholt, wie ich dich darum gebeten habe?“ Wollte er wissen, als er ihr einen Sitzplatz angeboten hatte und nun zu seinem hinter dem Schreibtisch ging.

„Noch mehr, als ich dir vorher im Brief schon geschrieben habe?“ Hörte sie sich bitter an. „Ja habe ich und es ist das gleiche Ergebnis. Überall das gleiche was die Heiler und Heilerinnen mir in den Dörfer und Städten berichten. Meine Vermutungen bestätigen sich, Lucien,“

„Aber wie kann das sein. Ich verstehe das nicht. Woran liegt das, dass plötzlich die Geburtenrate zurück geht? In allen Dörfern und Städten? Das klingt fast so, als will keiner mehr Kinder zur Welt bringen, wenn ich die Anzahlen auf dem Papier sehe, die du mir geschickt hast.“ Wusste er bald keine Antwort mehr darauf.

Tarana ist vor einer längeren Zeit aufgefallen, das im Drachenvolk die Geburtenrate immer mehr zurück ging. Erst viel es ihr nur in Tarascon auf, aber dann holte sie sich Rat in anderen Dörfern und Städten die darum lagen ein, aber was das selbe Problem aufwiesen. Es kamen auch dort immer seltener Kinder zur Welt, auch wenn gerne welche erwartet wurden. Es passierte seltener.

„An einer Krankheit leidet niemand. Ich habe schon viele Frauen untersucht, die gerne ein Kind empfangen wollen. Alle sind kerngesund und empfängnisbereit und hoch fruchtbar. Doch niemand wird schwanger.“

„Und was ist mit den Männern? Liegt es an denen?“

„Nein, auch die habe ich untersucht. Es muss was anderes sein. Ich kann es mir nicht erklären, aber wenn wir keine Lösung dafür finden, weiß ich keinen Rat mehr. Nicht als Heilerin. Ich habe schon alles versucht und mich auch mit anderen Heiler und Heilerinnen zusammen gesetzt. Wir sind alle ratlos. Es ist keine Krankheit oder ähnliches, was das verursacht hat. Irgendwas ist hier im Spiel und wir wissen nicht was, Lucien. Wenn wir nicht herausfinden was es ist, kann es eines Tages böse Enden, wenn wir keine neue Brut bekommen.“

Dabei konnte er sich gut ausmalen, was das für sein Volk bedeuten könnte. Wenn keine neuen Nachkommen kamen und nur die Alten bestanden, würde es verdammt böse aussehen. Es war zwar einfach den Samen in eine Frau einzupflanzen, aber auch nicht so leicht, das die Frau hinterher dann schwanger war. Zuerst einmal war ein Bund nötig. Ein Lebensbund, wenn seine Frau irgendwann von ihm schwanger werden sollte.

Paare konnten auch außerhalb zweier Völkern entstehen und die Frauen der jeweiligen Fraktionen auch schwanger werden. Beweise gab es genug, wie in seinem Volk auch. Aber dann gab es nie eine Garantie ob ein Drache geboren wurde. Aber wenn die Geburtenrate jetzt schon verdammt niedrig war, würde sie bei anderen Paaren noch geringer sein, als bei reinen Drachenpaaren.

Würde also ein Drache nach dem anderen sterben und kein neuer dazu kommen, würde eines Tages das Volk der Drachen aussterben. Ein mächtiges Volk, einfach so, weil es keine Kinder mehr zur Welt brachte.

„Wie viele wissen davon, wie schlimm es darum steht?“ Wollte er wissen.

„Bis jetzt nur die Heiler und Heilerinnen, mit denen ich zusammen gesessen habe. Und du natürlich. Ansonsten weiß es niemand weiter.“

„Gut, das wird weiterhin so bleiben. Ich werde mich weiterhin erkundigen, was es sein kann und was für Möglichkeiten uns bleiben. Ich will eine Sache überprüfen.“

„Hast du vielleicht etwas?“ Horchte Tarana auf und etwas glomm in ihren Augen auf.

„Ich weiß es noch nicht und muss darüber nachdenken, wie ich es in Angriff nehme. Warte auf meine Antwort. Bitte.“ Bat er sie darum, weil er ihr jetzt einfach keine weitere Antworten geben konnte, ohne selbst genauere zu haben.

„Ich werde warten.“ Beobachtete sie ihn genau und er hatte das Gefühl, ihren Augen entging nichts. Sie würde warten.

Mit einem Nicken dankte er ihr, was er wirklich zu schätzen wusste.
 

„Lucien?“ Hatten zwei warme Hände sein Gesicht umrahmt und ein Paar wunderschöne Augen blickten ihn sorgenvoll an. Er wurde aus seinen Gedanken gerissen. „Da bist du wieder.“ Atmete sie wieder leicht auf.

„Das kann nicht sein.“ Sprach er atemlos, weil ihm immer noch die Luft fehlte. Und ihm wurde sogar leicht übel.

„Was kann nicht sein?“

Plötzlich nahm Lucien Emmanlines Hände in die seine und von seinen Wangen, während er ihr tief in die Augen schaute. „Es ist der Fluch, der uns zugrunde richtet. Natürlich. Er lässt uns keine Schmerzen spüren und wir bluten dafür nicht, aber er schadet uns auf anderer Art und Weise. Wie du es sagt, es wird keine Wiedergeburten geben.“ Konnte er jetzt klarere Antworten sehen.

„Ich vermute es.“ Schaute sie ihn unsicher an.

„Du könntest mit den Seelen Recht haben. Wenn es wirklich stimmt und sie finden keine Erlösung und es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Seelen, die ein Volk zur Verfügung hat, dann können keine Kinder mehr geboren werden.“

Emmanline schüttelte mit ihrem Kopf. „Das ist doch nur eine Vermutung von mir, Lucien. Das muss nicht stimmen. Es klingt doch eigentlich auch absurd, was ich da erzähle.“

„Nein, eben nicht. Die Beweise sind da.“

„Wie bitte?“ Wirkte sie etwas verwirrt.

Lucien ließ von ihr ab und wanderte auf und ab, auch wenn er nackt vor ihr lief. Es war ihm egal, was hatte er schon zu verbergen? „Vor längerer Zeit habe ich von einer Heilerin und Ratsmitglied einen Brief erhalten, wo darin stand, das in jedem Dorf und Stadt des Drachenvolkes die Geburtenrate runtergegangen ist. Vergleichbar fast auf null. Vor kurzen, nach der Ratssitzung, hatten ich mit ihr noch ein Gespräch und es ist nicht so gekommen, wie wir vielleicht gedacht haben.“

„Das ist ja schrecklich.“ Starrte Emmanline ihn entsetzt an. „Was habt ihr vorher gedacht?“

„Es wäre vielleicht eine Krankheit, aber als das auszuschließen war, dachte ich, es wäre wieder ein Trick von irgendjemanden oder ein Gift. Aber ich finde keine Hinweise darauf. Bis auf den Fluch jetzt. Wenn dieser Baum wirklich unser Lebensbaum ist und er anfängt zu sterben, dann sind wir dem Untergang geweiht. Dann ist es zu spät.“

„Vielleicht nicht.“ Blieb Emmanline an Ort und Stelle stehen. „Wenn der Fluch damit in Verbindung steht, dann kommen die Seelen jetzt. Ich kann sie sehen, Lucien. Verlorene Seelen die gefangen in einer Ebene sind und nicht wiedergeboren werden können. Noch ist es nicht zu spät. Ich habe es gesehen. Der Baum wächst noch und er bekam ein grünes Blatt. Ich müsste mich vergewissern wie er jetzt aussieht. Jetzt nachdem noch mehr verlorene Seelen frei sind. Ich kann ihm helfen.“

Wie angewurzelt stand er da und schaute sie an, während sie ihn anblickte, mit ihren silbernen Augen. Sie meinte es ernst und er konnte spüren, wie ehrlich sie zu ihm war. „Das würdest du tun?“

Für einen Augenblick verzog sie das Gesicht. „Eigentlich müsste ich dich fragen, ob du das überhaupt dann zulassen willst. Normalerweise müsstest du jetzt misstrauisch mir gegenüber sein, Lucien. Das hatte jetzt mehr als gut gepasst, was meine Vermutung anging. Wie hundertprozentig passt so was, das meine Theorie auf deine Antworten passt? Ich erzähle und es stimmt aus reinem Zufall heraus? Das klingt für mich sogar unglaubwürdig. Ich wäre mehr als misstrauisch.“

Er schwieg kurz und musterte sie und dachte eigentlich nur wie schön und klug sie eigentlich sei, was ihm ein kleines Lächeln abverlangte. „Dann frage ich mich, wer war länger da. Der Fluch oder du, der uns hätte so schaden können, Emmanline?“ War er stehen geblieben. „Dieser Fluch existiert seit tausenden von Jahren und hatte langsam Zeit seine Wirkung zu zeigen, was wir jetzt zu spüren bekommen. Wir haben es nie gemerkt und ernst genommen, bis wir es jetzt heraus gefunden haben. Jetzt wo es zu spät ist.“

Emmanline kam auf ihn zu. „Du hast so großes Vertrauen in mich, ich habe mit all dem nichts zu tun, dann lass mich helfen, Lucien. Immerhin habe ich schon damit angefangen. Es ist noch nicht zu spät.“ Berührte sie ihn mit ihren Händen auf seiner Brust und er genoss es.

„Ich kann das nicht von dir verlangen.“ Senkte er seinen Kopf und seine Stimme.

„Wie...Warum nicht?“

„Warum soll ich von dir verlangen mein ganzes Volk zu retten, wenn du unter meines so gelitten und alles verloren hast? Das kann ich nicht von dir verlangen.“

Plötzlich schien Emmanline sprachlos zu sein und schaute ihn entsetzt an. Es dauerte einen Moment bis sie sprach.

„Das ist nicht dein ernst?“

„Doch ist es.“

„Um das nicht von mir zu verlangen, lässt du dein ganzes Volk leiden?“

„Ja.“

„Warum? Du bist der König von ihnen und hast die Pflicht sie zu beschützen. Du musst das tun.“ Wurde ihre Stimme etwas lauter, während sie ihn verständnisloser anschaute.

„Ja, ich bin ihr König, aber auch dir bin ich gegenüber einer Pflicht schuldig und die geht höher als meinem Volk.“ Wurde seine Stimme höher, aber er schrie sie nicht an. „Du bist meine Seelengefährtin und ich habe dir genauso ein Versprechen gegeben. Mein Volk hat irgendjemanden, aber du wirst niemanden haben, wenn ich nicht da bin. Ich werde dich nicht alleine. Darum werde ich niemals von dir verlangen mein ganzes Volk zu retten. Dann muss ich mich eben an Hexen und Magier wenden und einen Weg finden diesen Fluch zu brechen. Es muss einen Ausweg geben.“
 

Nun reichte es Emmanline aber. Dadurch das sie Lucien damit überraschen konnte, versetzte sie ihm einen Schubser. Das konnte sie sonst nicht, nur wenn er unaufmerksam war und er sah es an seinen überraschten Ausdruck.

„Höre auf mit deinem blödsinnigen Gerede.“ Blickte sie ihn böse an. „Gut, wenn du mir nicht helfen willst, werde ich es eben alleine tun. Wende dich eben an deine Hexen und Magier. Mir egal.“ Brauste sie an ihm vorbei und lies ihn einfach stehen. Dann machte sie es eben alleine.

Lucien hatte doch keine Ahnung was er da gerade alles für einen Blödsinn redete. Sie konnte ihm verzeihen, weil es irgendwann zu viel werden würde. Gerade wenn man keine Antworten mehr auf Fragen weiß. Sie konnte ihn verstehen, weil sie sehr oft in solche Situationen gesteckt hatte. Sie machte ihn dafür nicht verantwortlich und würde es auch niemals tun. Oder gar böse sein, das konnte sie nicht.

„So warte doch mal, Emmanline.“ Hatte er ihren Oberarm gepackt und herumgerissen, damit sie ihn anschauen konnte. Nein, es machte ihr nichts aus, aber sie würde noch nicht nachgeben.

„Was?“ War sie etwas laut, aber sah ihn schlucken.

„Warum willst du uns unbedingt helfen?“

Schockiert fiel ihr der Mund auf und sie konnte ihn ein weiteres Mal anstarren. Was war heute nur in diesen Mann gefahren? „War diese Frage jetzt ernst gemeint?“ Musste sie es wissen. „Denn wenn sie ernst gemeint ist, dann...“ Konnte sie alles andere anschauen, nur ihn nicht. Das war ihr jetzt zu viel und es versetzte ihr einen kleinen Stich in die Brust.

„Gut, ich formuliere meine Frage mal anders. In der Zeit, seit du nun schon bei uns bist, Emmanline, wie viel liegt dir schon an meinem Volk und meiner Familie? Dabei hast du so viel Leid durch uns ertragen müssen.“

Diese Frage war ja nun wirklich komplett anders gestellt. Aber sie schaute Lucien wieder an und sie wusste nicht was es war, aber Lucien musste etwas in ihren Augen gesehen haben, was ihr ein warmherziges Lächeln einbrachte, was ihre Knie weich werden ließen. Jedenfalls zog er sie in seine Arme und murmelte nur irgendwelche Worte.

„Was hast du gesagt?“ Wollte sie wissen.

„Es tut mir leid. Ich bin ein Arschloch. Ich, in mir steckt selbst eine enorme Wut auf gewisse meiner eigener Leute aus meinem Volk, weil sie dir weh getan haben und ich will nichts lieber als Rache. Ich denke dann noch, wie es bei uns zu Anfang gewesen war, wie du jeden Drachen verabscheut hast. Aber jetzt hat sich so vieles verändert. Oder?“

Sie musste ehrlich zu ihm sein. „Ja, es hat sich vieles verändert, Lucien. Ob ich es manchmal sehen möchte, oder nicht. Am Anfang war es so gewesen, ich habe alles und jeden ignoriert, aber nicht wirklich verabscheut, auch wenn ich es habe so aussehen lassen. Ich habe lernen müssen, nichts an mich heran zu lassen. Erst als ich hier bei dir war, veränderte sich etwas. In mir verändert sich das verwirrende Labyrinth.“

„Verwirrende Labyrinth? Das verwirrt mich. Was meinst du damit?“ Klang er verwirrt, was sie ihm nicht verübeln konnte.

Immer mehr schmiegte sie sich in seine Umarmung und er hielt sie einfach, während sie sprach. „Es herrscht in meinem Verstand. Ich habe doch bereits erklärt, das ich vor langer Zeit meinen Verstand abschalten musste, um ihn nicht zu verlieren. Schon meine Mutter hatte es mich gelehrt, wie irrsinnig es klingen mag. Hätte ich es nicht gemacht, wäre ich schon längst verrückt geworden. Unter all der Grausamkeit wäre ich zerbrochen, hätte ich meine Gefühle und meinen klaren Verstand nicht in ein verwirrendes Labyrinth verstrickt, was noch heute anhält. Wenn sich etwas grausames zuträgt, wie wenn Culebra mir etwas angetan hatte, habe ich mich einfach nur zurück gezogen. Ich habe meine hohen Mauern hochgezogen und nur gewartet. Es ist wie ein Schutzmechanismus, was mein Verstand sich erbaut hat, um sich selbst zu schützen.“

„Was ist in diesem Labyrinth? Wo führt es hin?“

Sie seufzte auf. „Erinnerungen. Überall in diesen Gängen sind Erinnerungen gespeichert. Immerhin ist es mein Verstand. Die Gänge verschieben sich und es kommen immer öfters Erinnerungen zum Vorschein. Ich kann es nicht kontrollieren.“

„Hast du Schmerzen dabei?“

Jetzt schaute sie ihn an, aber schüttelte mit ihrem Kopf. „Nein. Es ist nur ein beklemmendes Gefühl, was mich kaum zum Luft holen kommen lässt. Es sind nur Erinnerungen.“

„Die schlimm genug sind, aber die du nicht ein zweites Mal durchleben solltest.“ Knurrte er verärgert, weil er sie davor nicht beschützen konnte.

Da lächelte sie und sein Herz wurde ihm unsagbar schwer. „Du hast mir doch versprochen, du lässt mich nicht gehen und das du mich behältst.“

Mit beiden Händen umfasste er ihr Gesicht und senkte seinen Kopf zu der ihren ab, der viel kleiner war, als der seinen. „Ja, das habe ich.“ Küsste er sie leidenschaftlich und schloss genüsslich seine Augen, während er sie kostete. Sie schmeckte wie die reine Wonne und er stöhnte in ihren Mund. Wie konnte nur so was reines so süß und köstlich schmecken? Sie gehörte ihm.

Seine Hände glitten von ganz alleine von ihren Wangen an ihren Hals zu ihren Schultern und Armen abwärts. Er konnte nichts dagegen tun sie einfach zu berühren, so groß war der Drang. Sein Körper reagierte von ganz alleine auf sie. Wurde von ganz alleine hart für sie. Sein Schwanz hatte sich schon längst in eine senkrechte Position bewegt, das er nichts dagegen tun konnte. Da er schon nackt war, musste er sich wegen seiner Kleidung keine Gedanken mehr machen, aber bei Emmanline schon. Und die störten ihn gewaltig.

Gerade wollte Lucien ihr die Träger vom Kleid über die Schultern streifen, als sie ihn aufhielt. „Warte...“ Keuchte sie atemlos auf.

Mit feurigem Blick hatte er den Kuss unterbrochen und blickte auf sie herab. „Warum?“ Wollte er unbedingt wissen, weil er einfach nicht aufhören wollte. Er wollte sie hier und jetzt. Egal ob sie bei der heiligen Ruhestätte waren oder nicht. Er konnte nicht warten.

„Es beginnt gleich. Und wir sind nicht allein.“ Leckte sie über ihre roten Lippen und er stöhnte auf. Diese Frau machte ihn noch verrückt, aber was sie da sagte, verwirrte ihn. „Was beginnt gleich? Und wir sind allein.“

Als wäre das ein Stichwort, sprangen zwei kleine Löwenkinder aus einem Gebüsch hervor und murrten. Warum hatte er die beiden Kleinen nicht mitbekommen? Er konnte jetzt deutlich spüren, sie waren Gestaltenwandlerjungen.

„Trey. Conner.“ Nannte Emmanline die Beiden beim Namen. „Ihr dürftet nicht hier sein. Eure Eltern suchen sicherlich schon nach euch.“ Lächelte sie und ging auf sie zu.

„Das sind Löwengestaltenwandler. “ Bemerkte er. „Zu wem gehören sie?“ Ähnelten sie irgendjemanden, aber er konnte sie nicht genau zuordnen.

„Sie gehören zu Segan. Er ist ihr Vater.“ Schaute sie ihn jetzt an, aber streichelte die jungen Löwenkinder.

Beinahe wäre ihm die Kinnlade runter geklappt. „Segan? Der auf meinem Schloss Wächter ist? Dieser Segan ist Vater von diesen Kleinen?“

„Ich kenne keinen anderen. Und was ist daran ungewöhnlich? Auch wenn man es ihm nicht ansieht, hat er auch seine tiefen Gefühle. Vor allem für seine Gefährtin. Sie ist eine Löwengestaltenwandlerin, die sogar noch einmal schwanger ist. Das hatte mich überrascht.“ Lächelte sie.

„Mich auch. Davon wusste ich nichts, obwohl ich ihn kenne.“ Wobei er sich jetzt wage erinnerte, das man ihm im Dorf erzählt hatte, als er Emmanline gesucht hatte, Segan hatte sie mit seiner Gefährtin hierher zur Ruhestätte gebracht. Da hätte es schon bei ihm schalten müssen.

„Anscheinend nicht so gut.“

„Das wird sich ändern.“ Murmelte er vor sich hin, weil er noch daran dachte, das Segan seinen Vorschlag annahm. Es wurde generell Zeit, das sich etwas änderte.

„Ich werde die beiden Kleinen wieder ins Dorf zu ihrer Mutter zurück bringen. Sie wird sich sicherlich Sorgen machen.“ Meinte Emmanline kurz.

„Ich werde dich begleiten. Danach können wir nach Hause aufbrechen. Es ist schon spät.“

„Nein, du musst noch hier bleiben und warten.“

„Wie bitte? Worauf?“

„Sie kommen.“ Blickte sie zum nächtlichen Sternenhimmel auf und er folgte ihren Blick.

Dadurch das er in der Nacht um ein vielfaches besser sehen konnte, als am Tage, bemerkte er die Drachen am dunklen Himmel. Es schien kein Mond, aber die Sterne strahlten umso deutlicher. Erst waren es vereinzelte Drachen, aber es wurden immer mehr.

„Warum sind Drachen hierher unterwegs?“ War er ratlos und misstrauisch. Er hatte sie nicht hierher gerufen.

„Sie hin.“ Lenkte Emmanline ihn um und er ließ es geschehen.

Lucien blickte zur heiligen Ruhestätte zurück, weil sie noch immer am Rand standen. Dort hatte Emmanline zuvor ein gelbes Blumenmeer zum blühen gebracht, zwischen den heiligen Steinen. Hier wurde niemand begraben, aber jeder wusste, hier ging jede verstorbene Seele hin, die ins nächste Leben überging. Aber jetzt wo er das alles hörte, es gäbe keine Wiedergeburt, was war dann noch alles Richtig und Real?

Jetzt wo er auf die Stätte schaute, fing es mit einem Leuchten an. Dann mit einem Zweiten, was sich vervielfachte. Es wurde immer mehr, als würden Glühwürmchen vom dunklen Boden aufsteigen. Eins nach dem anderen, das zu hunderten, zu tausenden anstiegen. Vor Staunen schaute er auf die Einzigartigkeit, weil es wunderschön aussah.

„Was ist das?“ Konnte er nicht anders, als seine Stimme ehrfürchtig klingen zu lassen.

„Dies ist für die verlorene Seelen, Lucien. Es wurde gewünscht.“ Lächelte sie und blickte selbst auf ihr Werk.

Verwundert schaute er auf Emmanline. „Gewünscht? Wie meinst du das? Von wem?“

„Eine älter Frau kam auf mich zu und hatte mich angesprochen. Im ersten Augenblick wusste ich nicht, wen ich vor mir hatte, aber ich wusste, sie hatte Ähnlichkeit mit irgendjemanden. Auch wenn es mir jetzt nicht einfiel, ging ich ihrer Einforderung nach. Sie meinte, ihr müsst eure Traditionen wahren und wieder aufnehmen. Solange habt ihr sie schon ruhen lassen. Selbst euer Vater ist sie nicht immer aufgekommen. Dabei seien sie wichtig und ehrenvoll.“

„Wer war diese alte Frau? Wie hat sie ausgesehen?“ Musste er es wissen. Er konnte sich keine Vorstellungen machen, wer es sein könnte.

„Sie war wunderschön und hatte Jades ähnliches Aussehen. Nur war sie etwas größer und stattlicher, im Vergleich zu deiner Schwester.“

Ja, er wusste von wem sie redete. Sehr gut sogar und er konnte es nicht glauben, denn von wen sie sprach, lebte schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr. Lucien bekam eine Gänsehaut, als Emmanline von seiner Großmutter sprach, die vor langer Zeit gestorben war. Von der sie eigentlich nichts wissen konnte. Aber sie sprach Einzelheiten aus, von dem er zu gut wusste, wie sie ausgesehen hatte. Schließlich war seine Großmutter wie seine zweite Mutter für ihn gewesen. Auch wenn es niemand so gesehen hatte, aber in seinem Herzen war sie ein großer Bestandteil darin gewesen. Ihr Tod war der große Verlust, den er zu Anfang hatte bekämpfen müssen. Als junger Drache war dies sein erster größte Verlust überhaupt gewesen.

„Ich habe es schon verstanden. Ich glaube es dir.“ Unterbrach er sie irgendwann, wo er ihr irgendwann nicht mehr zugehört hatte, weil er in seinen eigenen Gedanken verfangen war. Doch da bemerkte er, Emmanline hatte gar nicht mehr weiter gesprochen, sondern sie schaute ihn einfach nur an. Was ihn hinterher ein wenig ärgerte, aus welchen Grund auch immer.

„Ich will dich damit nicht quälen, Lucien, nur um etwas zu beweisen. Sondern, sie haben es sich gewünscht. Wer auch immer die verlorenen Seelen für euch alle gewesen waren, sie haben nie einen traditionellen Abschied bekommen, wie sie es unter eurem Volk gebührend bekommen haben. Natürlich habt ihr sie in Gedanken verabschiedet, aber in keiner Zeremonie. Ich kenne sie nicht, aber sicherlich du.“

Ja, die tat er. Sein Herz wurde ihm schwer, weil es nicht leicht werden würde. „Ich werde mich darum kümmern.“

„Das weiß ich.“ Blickte sie zum Himmel, der sich immer mehr mit Drachen füllte. Immer mehr kamen hinzu, aus allem Himmelsrichtungen, in verschiedenen Farben und seit Lucien König war, hatte er noch nicht so viele Drachen zusammen berufen. Aber jetzt?

„Wie hast du es geschafft, so viele Drachen hierher zu rufen?“ War er doch neugierig.

„Das war ich nicht gewesen.“

Aber wer war es dann, wenn sie es nicht gewesen war?

„Du solltest sie vielleicht selber fragen gehen, wenn du es unbedingt wissen willst, warum sie hier sind.“ Konnte sie genau seine Gedanken lesen. „Ich werde jetzt ins Dorf zurück kehren und dort auf dich warten, Lucien. Die zwei Kleinen werde ich mitnehmen.“ Bückte sie sich nach unten und nahm sie auf ihre Arme. Die Löwenjunge gaben katzenartige Geräusche von sich, aber kuschelten sich sofort in ihre Arme, während sie wohlig anfingen zu schnurren.

Gerade wollte Emmanline sich umdrehen und gehen, als er sie aufhielt. „Warte Emmanline.“ Zupfte er sie leicht an ihren Haaren zurück. Es war eher spielerisch, als eher was anderes und es gefiel ihm. „Ich weiß nicht was ich sagen soll, aber...“

„Schon in Ordnung. Ich weiß schon. Gehe schon. Du wirst schon erwartet.“ Lächelte sie ihn warm an und ihm wurde ganz anders, als würde er bald den Boden unter den Füßen verlieren, wenn er nicht gleich was machen würde. Er musste sie noch einmal spüren. Er musste ihr noch einmal einen Kuss rauben, bevor er ging und das tat er jetzt auch. Mit einer einzigen Bewegung stahl er ihr einen Kuss und sie wehrte sich nicht dagegen. Seine Lippen lechzten danach und er verfluchte sich, weil er sich auch wieder von ihr lösen musste.

Gerade als er in ihre Augen schaute, die vor Verlangen loderten, machte es ihm nicht leichter von ihr abzulassen, aber er würde es später nachholen und weiter machen, das schwor er sich. Die Vorfreude war meist bekannt die schönste Freude von allen.

Mit einem kleinen Nicken verabschiedete er sich vorerst von ihr und wandte sich von ihr ab und ging. Während des Gehen verwandelte er sich in einen Drachen und stieß ein mächtiges Brüllen gegen den Himmel aus, wo gegen gleich eine mächtige Flamme folgte. Zugleich stimmten anderen Drachen mit ihren Gebrüll ein, als würden sie ihm bei etwas zustimmen. Mit einem letzten Blick auf Emmanline, hob er sich mit seinen mächtigen breiten Flügen von Boden ab und stieg in die Lüfte. Dort steuerte auf die Schar von Drachen zu, die auf ihn warteten und jetzt konnte er nur das tun, was seine Instinkte ihm rieten. Jetzt ließ er seinem Drachen die Führung. Da bemerkte er auch die Energien einiger seiner Geschwister und blickte sich um. Er sah die Zwillinge Lodan und Taran, Jade, Lya, Malatya, Charia, Ysera und sogar Alastar war da. Der einzige seiner Geschwister, der nicht anwesend war, war Raiden. Aber jeder war anwesend und es war ein Wunder. Vor allem, das Malatya in den Lüften neben ihnen flog. Zum ersten Mal und es war schön sie so glücklich zu sehen. Das brachte ihn zum innerlichen lächeln, weil es genau so sein sollte und nicht anders und er wusste, wem er das verdankte. Das würde er ewig tun. Ihr ewig danken.
 

Ihr Herz klopfte ihr noch immer bis zum Hals, als sie Lucien hinterher blickte. Sein Gebrüll hatte ihren ganzen Körper erschüttert. Nicht weil sie Angst verspürte, sondern die Ehrfurcht. Sie wusste wie machtvoll er sein konnte, aber es war was anderes ihn jetzt so zu sehen und zu hören. Dabei waren für sie jeder Drache eigentlich gleich. Dennoch war es Lucien für sie nicht.

Nicht mehr, gestand sie es sich ein. Denn alles hatte sich in und um sie geändert, wie in einem fließenden Strom. Es gab keinen Halt mehr.

Vorhin, als Lucien zum ersten Mal wieder in seiner Drachengestalt vor ihr gestanden hatte, hatte sie die Luft angehalten. Bei ihrer ersten Begegnung war es ihr Überlebensinstinkt gewesen, das sie seinen Drachen nicht ganz bemerkt hatte und ihn auch nicht ganz als eine eigenständige vernünftige zurechnungsfähige Person wahrnehmen können. Doch jetzt war alles anders. Jetzt sah sie ihn mit ganz anderen Augen. Das machte ja alles noch komplizierter und schwieriger. Trotzdem, wie verzwickt es sich auch anfühlte, vorhin war es ihr nicht schwer gefallen, Lucien in seiner Drachengestalt zu berühren. Auch wenn sie zuvor es nicht gewagt hatte. Jetzt konnte sie es ohne Probleme.

Als würde sie ein gewisses Vertrauen ihm gegenüber entgegen bringen und sie gestand sich ein, es machte ihr furchtbare Angst. Nur ihrer Mutter hatte sie Vertrauen entgegen gebracht, sonst niemanden konnte sie das, aber langsam brachte sie das Lucien entgegen, ob sie es vielleicht so sehen wollte oder nicht. Sie tat es. Jetzt erst wieder hatte sie ihm darum gebeten, er solle sie behalten. Egal was passieren möge. Dahinter steckte viel und etwas viel größeres.

Es waren ihren eigenen Gefühle mit denen sie jetzt selbst zurecht kommen musste und die sie auseinander halten sollte. Lucien hatte Recht. Stets hatte sie ihre Gefühle unterdrückt und nie zugelassen. Plötzlich sind sie auf einmal da und jetzt konnte sie nicht damit umgehen. Sie konnte es wirklich nicht. Es war viel zu viel für sie. Zu viele Empfindungen schwirrten in ihr herum, wie ein Orkan, den sie nicht zähmen konnte. Sie konnte es von außen für andere vielleicht gut verbergen, aber für sich selbst konnte sie es nicht. Es erdrückte sie fast. Selbst ihr inneres Wesen machte sie beinahe verrückt.

Seit sie hier war, herrschte bei ihr nur noch Chaos. Ihre Gefühle waren zurück gekehrt, die eigentlich versiegt worden waren. Ihr Labyrinth ihrer Erinnerungen verschob sich stetig immer mehr, was sie alles nicht kontrollieren konnte. Alles, seit sie ungewollt die Höhle von Lucien betreten hatte. Ohne ihr Zugeständnis und auf wessen Macht konnte sie dessen schließen. Auf dessen Rubin? Vermutlich, aber sie spürte noch irgendetwas anderes dahinter. Wer hatte sie damals kontrolliert? Wer hatte ihren Körper und Geist beherrscht, das sie sich selbst nicht mehr unter Kontrolle hatte? Jemand musste sie einfach benutzt haben. Jemand ganz mächtiges. Aber wer war es gewesen?

Mit einem Maunzen wurde sie aus ihren tiefen Gedanken gerissen und blickte in braune und eisblaue Augen. Noch immer hatte sie Trey und Conner auf ihren Armen, die es sich gemütlich gemacht hatten.

Emmanline war etwas erleichtert, das sie von den beiden Kleinen aus den Gedanken gerissen wurde. Sie musste hier weg, denn sie konnte spüren, bald würde sich hier was passieren und dann dürfte sie nicht mehr hier sein. Dies war eine Sache unter Drachen und sollte auch unter ihnen bleiben. Ihre Aufgabe war getan, indem sie die verlorenen Seelen das gegeben hatte, was sie wollten. Lucien würde den Rest tun. Das wusste sie.

Ihr war mehr als bewusst gewesen, das Lucien mit der alten Frau, die sie gesehen und gesprochen hatte, miteinander mehr verband, als zu sein schien. Vielleicht sogar verwandt zu sein schien, wenn sie Jade sogar so ähnlich sah. Jedenfalls ging es Lucien sehr nahe, als sie von ihr gesprochen hatte und hatte auch sofort wieder aufgehört. Sie wollte keine tiefen Wunden aufreißen.

Mit tiefen Gefühlen ging sie ins Dorf zurück und wurde sogar schon überraschenderweise erwartet. Mariah stand auf dem Dorfplatz und nahm ihr ihre Jungen dankbar ab, meinte, sie habe sie auch schon überall gesucht. Segan konnte sie nirgendwo entdecken, wobei sie vermutete, er würde mit bei den anderen Drachen unterwegs sein und fragte auch nicht nach.

So beschloss sie hier mitten auf dem Dorfplatz zu warten. Alle Drachen waren ausgeflogen und der Platz wirkte jetzt wie leer gefegt. Vorher war noch ein reges Treiben gewesen und lautes Gerufe. Jetzt herrschte Stille in diesem Dorf, als hätte es sich schlafen gelegt. Dabei wusste sie, keiner befand sich im Dorf. Sie konnte sich sehr gut vorstellen, hier würde niemals Ruhe einkehren, aber hier herrschte Lautlosigkeit. In diesem Augenblick.

„Wie ruhig und leer es hier ist, war es schon lange nicht mehr.“ Flüsterte Mariah neben sie, als sie sich neben sie mit an den Brunnen setzte und wartete, der mitten auf dem Platz des Dorfes stand.

Es war ein schöner Brunnen. Er schien aus weißen Gestein errichtet zu sein und derjenige musste sich die größte Mühe gegeben haben. Ganz oben auf einen Podest standen drei nackte Frauen in weißen Statuen gehauen, die sich gegenseitig umarmten und anlächelten. Das Podest wurde von vier starken Drachen gestützt von dem das fließende Wasser floss und in ein Becken floss. In einen ständigen Kreislauf fließend.

Das langsam hinplätschernde Wasser beruhigte sie etwas und sie genoss es einfach nur dazusitzen, während sie auf Lucien wartete. „Du musst nicht mit mir hier warten, Mariah. Gehe mit deinen beiden Jungs nach Hause.“

„Warum nicht?“ Schnalzte sie mit ihrer Zunge. „Sowie es aussieht sind die Jungs noch nicht müde und ich werde auch auf Segan warten. Und das kann ich genauso auch hier tun.“ Lächelte sie warmherzig.

Sie wusste, sie konnte sie nicht umstimmen und beließ es auch dabei. Auch wenn sie diese Frau erst seit kurzem kannte, so wusste sie, sie konnte sehr stur sein. Wenn sie sich also was in den Kopf gesetzt hatte, dann würde sie sich nicht mehr davon abbringen lassen. Mariah war eine wirklich starke Frau und ließe sich von nichts und niemanden etwas sagen. So was bewunderte sie.

Immer wieder wanderte ihr Blick zu den drei nackten Frauen Statuen auf den Podest auf den Brunnen hin. Ihr wurde das Gefühl nicht los, dass sie eines ihrer Gesichter bekannt vorkam. Sie hatte es vor kurzem schon einmal gesehen. Trotz der Nacht konnte sie es in dem Schein der Fackeln um den Brunnen nicht ganz erkennen, die aufgestellt waren. Alle drei Frauen waren wunderschön und glichen sich auf gewisse Art und Weise, aber unterschieden sich etwas an ihren Haaren und Zügen. Ansonsten könnten man glauben, sie wären Schwestern.

„Stimmt etwas nicht?“ Wollte Mariah wissen, als sie ihren Blick bemerkt hatte.

Kurz schüttelte sie mit ihren Kopf. „Nein, alles in Ordnung. Die drei Frauen auf dem Podest.“ Dachte sie nach und langsam fiel es ihr auch wieder ein, woher sie dieses Gesicht dieser einen Frau erkannte.

Dadurch, dass das Gestein kalkweiß war, erkannte sie die Züge nicht sofort und deren Alter, aber jetzt schon. Bei der heiligen Ruhestätte der Drachen war ihr die Frau als verlorene Seele begegnet und als sie von ihr gesprochen hatte, hatte Lucien sie als eine der Seine erkannt.

„Segan hatte mir von ihnen erzählt. Das sind die drei heiligen Schwestern, die vor tausenden von Jahren hier alles gegründet haben. Sie sind wirkliche Schwestern gewesen. Die linke ist Seena, rechts Havanna und in der Mitte Araveena. Araveena ist die Mutter von der verstorbenen Königin Rhivanna und Großmutter von Lucien und seinen Geschwistern. Sie sieht der Prinzessin Jade auch ziemlich ähnlich.“ Fing sie an zu erzählen.

Araveena...Luciens Großmutter.

Jetzt verstand Emmanline, warum Lucien so stark reagiert hatte. Die Frau die zu ihr gesprochen hatte, war Luciens Großmutter gewesen und die ihren Wunsch geäußert hatte. Kein Wunder das Lucien ohne irgendwelche Bedenken oder andere Fragen ihre Aufforderung nachgegangen war. Ihm hatte diese Frau etwas bedeutet, sonst hätte er das nicht getan. Nicht ohne zögern und ohne ihre Andeutungen, das sie Geister sehen konnte, abzutun. Gerade weil er diese Frau so gut kannte, hatte er ihr geglaubt. Das musste diese außergewöhnliche Frau gewusst haben.

„Die drei Frauen sollten sehr mächtig gewesen sein. Nicht von ihren Drachen her, sondern, sie besaßen starke magische Mächte. Die Drachen hier verehren sie hier sehr und Segan erzählte mir, sie nannten die drei schon Drachenhexen.“

So was wurde eigentlich unter Drachen schon als Beleidigung angesehen, als eine Hexe angesehen zu werden. Aber wenn Drachen ein wenig Magie anwendeten, war das nicht weltbewegendes, aber anscheinend waren diese drei Frau dieser Magie verschrieben gewesen, das sie als Drachenhexen bezeichnet wurden, trotzdem bewundert wurden. Sie mussten großartige Frauen gewesen sein.

„Eigentlich wird die Bezeichnung Hexe als eine Art Beleidigung unter den Drachen angesehen, aber irgendwas müssen sie getan haben, wenn sie trotz heute diesen Namen tragen und die Bewunderung all der Drachen haben.“ Stellte sie mehr gedankenverloren fest, als sie auf die reglosen Frauen Statuen starrte. „Es muss etwas großes gewesen sein, aber du musst darauf nicht antworten.“ Wandte sie sich jetzt an Mariah, weil sie gerade antworten wollte. „Es scheint eine große und tiefgründige Geschichte zu sein, die auch mit Lucien verbunden zu sein scheint. Wenn ich etwas wissen will oder wenn Lucien es mir selbst erzählen will, soll er es von sich aus selbst tun.“

Irgendwie spürte Emmanline tief in sich drinnen, was sie bei der heiligen Ruhestätte bemerkt hatte, es sollte von Lucien selbst aus kommen. Wenn es seine Großmutter war, dann war es seine Geschichte, Entscheidung und Vergangenheit. Wie es ihre Vergangenheit auch war und überließ. So war es richtig. Also sollte er von sich aus selbst kommen, wenn er es für richtig hielt.

„Diese Geduld bringst du für ihn auf?“ Klang Bewunderung in ihrer Stimme.

„Es ist keine Geduld, Mariah. Sondern seine freie Entscheidung was er tut. Ich will ihm nichts nehmen, was er nicht geben will. Das möchte ich auch nicht und das weiß Lucien auch.“ Lächelte Emmanline darauf, weil es die ehrliche Wahrheit darauf war.

„Ich verstehe.“

Eine ganze Weile unterhielten sie sich noch und sie wusste nicht wie viele Stunden vergingen, aber sie stellte fest, sie fühlte die Stunden nicht die vergingen. Wenn sie sich mit der Frau unterhielt, war es für sie angenehm und ohne jegliche Zeit. Aber es war auch schnell wieder vergessen, als sie ihn endlich spüren konnte. Lucien näherte sich ihr. Sie konnte es deutlich spüren. Dabei bemerkte sie nicht, wie schleichend sich Mariah mit ihren Jungen davon machte, denn anscheinend musste auch Segan aufgetaucht sein.

Mit einem Mal sprang sie auf und da kam er aus dem Schatten der Dunkelheit und in das Flackern des Feuers, das um sie herum leuchtete. Er war angezogen, aber das tat seiner mächtigen Ausstrahlung keinen Deut ab. Er sah noch immer atemberaubend gut aus, dass ihr die Luft weg blieb. Seine Augen loderten vor

Begierde, als er sie sah und sie konnte es genauso fühlen, er reagierte auf sie. Würde das immer so sein, wenn sie sich sahen? Würden sie immer so aufeinander reagieren? Würde ihr Herz immer so schnell rasen, wenn sie ihn für einen kürzeren Augenblick nicht gesehen hatte?

Wenn ja, wäre ich für immer verloren. Für alle Zeit...



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