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Violence - diary of a lost soul -

(Ruki x Reita)
von

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Wie alles begann

Ich hab keine Ahnung, welche höhere Macht mich dazu getrieben hat, so etwas wie ein Tagebuch zu schreiben.

Aber ich tu es.

Versuch es zumindest...

Vor allem, weiß ich schon jetzt genau, dass ich es wohl oftmals einfach vergessen werde oder mit sinnlosem Zeug zu mülle.
 

Wie fängt man also so etwas an?
 

Wer ich bin?

Ist doch vollkommen egal...
 

Wo ich her komme?

Wen interessiert's...

Ein kaum beschriebenes Buch wohl am aller wenigsten.
 

Wohin ich will?

Wer weiß das schon...

Nicht einmal ich selbst weiß wohin ich will.
 

Aber Fakt ist, ich bin hier...

Großraum Tokyo.
 

Unheimlich...
 

Faszinierend...
 

Tödlich...
 

Prachtvoll...
 

Abwechslungsreich...
 

Schillernd und bunt
 

… dennoch so düster und voller Schatten.
 

Es ist beängstigend ...

… und doch irgendwie das Schönste und Einzige, was ich in meinem Leben kennen lernen durfte.
 

Ich war noch nie irgendwo anders, nicht einmal die Stadt hatte ich bisher verlassen.

Einzig und allein dies riesige Tokyo.
 

Kennst du die Geschichten von kleinen Jungs, die von Zuhause abhauen und auf der Straße landen?

Wenn sie Glück haben und es noch ein paar Jahre machen, ohne abgestochen zu werden, dann findet man sie zugedröhnt und oftmals völlig verwahrlost nachts an den Straßenecken.

Sie bieten ihre Ware... sich selbst... an und flirten auf Teufelkommraus mit potenziellen Kunden, die sie zumeist herab lassend betrachten und entweder für gut oder schlecht befinden.

Dann wird die Ware, ihre dürren Körper, grob untersucht und vielleicht werden sie mitgenommen.

Und vielleicht kommen sie nie wieder zurück...

Nun... ich bin einer von ihnen, oder sagen wir, ich war auf dem besten Weg dahin, es zu werden.

Nur hatte ich das Glück, bevor ich unterging, an einen Mafioso zu geraten.

Ja ja, ich weiß... absolut klischeehaft...

Aber irgendwo müssen ja auch die Klischees ihren Ursprung haben.

Ob es nun wirklich Glück war oder das Schlimmste was mir passieren konnte...

Ich kann es nicht sagen.

Sag du es mir!
 

Wie zur Hölle ich hier gelandet bin?

Das ist eigentlich ganz einfach und doch so schwer, es genauer zu erklären.

Ein Wort bei dem sich vieles von selbst erklärt, wäre: Yakuza.

Aber von allein gerät man nicht so einfach in deren Kreise.

Und noch etwas ist sicher: bist du einmal drin, egal wie du hinein geraten bist, so schnell kommst du nicht wieder raus...

Unmöglich ist es nicht, aber gefährlich wie russisches Roulette.

Derzeit liegt mir allerdings wenig daran, etwas an meinen Lebensumständen zu ändern, denn ich bin der Meinung, ganz gut klar zu kommen.
 

Das war nicht immer so...

Damals, als ich mit 17 Jahren immer wieder mit meinen Eltern aneinander geraten bin, hatte ich in meinem jugendlichen Leichtsinn schlicht und ergreifend die Schnauze voll und bin abgehauen.

Mehrmals...

Ich kam dann doch wieder angekrochen, weil ich Hunger und eine warme Dusche nötig hatte.

Doch je mehr es zwischen uns krachte und je öfter ich weg blieb, desto schlimmer wurden auch unsere Auseinandersetzungen.

Darum bin ich eines Nachts endgültig gegangen.

Und kam nie wieder zurück.
 

Ich muss dir gestehen, dass ich ihnen Geld geklaut hatte, um wenigstens eine Weile klar zu kommen, mir einen Job zu suchen und wenn möglich, 'ne eigene Bude.

Aber ich merkte ganz schnell, dass man in Tokyo nicht weit kam, wenn man nur eine Hand voll Geld bei sich hatte.

Überall hab ich nach gefragt, ob jemand einen Tellerwäscher oder Kartoffelschäler sucht, einen Kellner oder meinetwegen auch eine Reinigungskraft.

Niemand wollte einen Ausreißer und umging den eventuell damit verbundenen Stress...

Als stünde es mir auf der Stirn...
 

Das Geld wurde immer knapper und leider waren die Nächte trotz Sommer derzeit schweinekalt.

So landete ich mit meinen letzten Yen an einer Imbissbude und bestellte mir etwas, als plötzlich wie aus dem Nichts jemand vorbei schoss, mein Geld von der Theke griff und auf Inline-Skatern in der Ferne verschwand.

Ich hatte verdammt viel Glück, dass der Imbiss-Besitzer mir mein Essen anschrieb, statt sofort Geld zu verlangen.

Ich versprach ihm, sobald ich wieder flüssiger wäre, würde ich meine Schuld begleichen.

Er nickte grinsend, als würde er mir sowieso nicht abnehmen, mich oder geschweige denn das Geld jemals wieder zu sehen.
 

Tatsächlich verging auch einige Zeit, in der ich mich nicht zu ihm traute, ohne einen Schein in der Tasche und zu allem Überfluss hatte man mir mitten in der Nacht, nicht nur meinen Karton geklaut, der mich vor Regen schützen sollte, sondern auch gleich meine Schuhe.

Schlechtes Karma, würde ich sagen...
 

Ich wachte morgens auf, als der Regen mir ins Gesicht peitschte und ich für den Bruchteil einer Sekunde dachte, es wäre nur ein schlechter Traum und ich würde gleich in meinem warmen gemütlichen Bett zu Hause aufwachen, dann würde meine Mutter an meine Zimmertür hämmern und brüllen, dass ich meinen Arsch in die Schule schieben solle.

Die habe ich übrigens abgebrochen...

War eh nie der Beste...

Ein Jahr hätte noch gefehlt und dann hätten sie mich auf eine Business-Schule nach Gott weiß wohin verfrachtet.

Das wollte ich natürlich nicht, darum gab es ja auch so oft Stress.

Ich wollte nie das, was sie für mich wollten.

Schon aus Prinzip nicht.

Auch wenn es womöglich besser gewesen wäre...
 

Ich irrte am besagten Morgen durch die Stadt und sah kaum auf.

Der Regen prasselte schon unbarmherzig genug auf mich nieder, als wolle er mich dafür bestrafen, dass ich so eigensinnig und stur war, von zu Hause abzuhauen.

Mir war verdammt kalt und meine Socken würden wohl auch bald nicht mehr mit machen wollen.

Ein großer Zeh hatte bereits ein Loch.
 

Scheinbar war ich nun in einer recht ruhigen Gegend angekommen, denn hier waren nicht so viele Leute unterwegs und gerade als mir so einiges bekannt vorkam, öffnete sich vor mir die hintere Tür eines Transporters.

Der Mann aus der Imbissbude sah heraus und legte eine Kiste auf den Boden, damit er nicht in die Pfütze treten musste, die sich großflächig unter ihm und seinem Vehikel gebildet hatte.

Er sah zu mir und schien mich nach einem Augenblick, auch wieder erkannt zu haben.

Ich rechnete fest damit, dass er mich verscheuchen würde, doch das tat er nicht.

Er winkte mich zu sich heran und ich näherte mich mit langsamen Schritten seinem Wagen.

Als ich davor stand, deute er mir an einzutreten und so tat ich es, auch wenn ich doch etwas misstrauisch war.

Viel hatte er nicht gesagt, er stellte sich nur als Edgar vor.

Edgar?

Wie Edgar Wallace?

Der Mann musste lachen, als ich ihm diese Frage stellte und er antwortete mir:

„Genau der!

Meine Mutter ist großer Fan seiner Bücher und ich bin eben der Leidtragende bei der ganzen Sache.

Sie liest seine Krimis sogar heute noch alle in regelmäßigen Abständen, um ja nichts zu vergessen.

Meine Großmutter hatte Alzheimer, weißt du, und meine Mutter glaubt, es würde sie auch irgendwann treffen.“
 

Es war irgendwie sehr angenehm, seit langem mal wieder einen Menschen zu treffen, der einfach ganz normal mit mir redet, statt nur abwertende Blicke für mich übrig zu haben.

Edgar reichte mir ein Handtuch, mit dem ich mich etwas abtrocknen konnte und fragte natürlich auch, warum ich ohne Schuhe unterwegs war, erst recht bei diesem Sauwetter.

„Geklaut...“

murmelte ich und natürlich hakte er nach:

„Warum gehst du dann nicht nach Hause und ziehst dir was Trockenes an?“

„Kann ich nicht...“

brummte ich kurz angebunden, bei diesem beschissenen Thema und spätestens jetzt schien seine Vermutung wohl bestätigt:

„Wieder ein Ausreißer...

Lernt ihr jungen Leute denn nie, euren Eltern nicht auf der Nase herum zu springen und euch an die Gesellschaft anzupassen?“

„Komplizierte Geschichte...“

ließ ich ihn wissen und auch da wusste er zu kontern:

„Es sind immer komplizierte Geschichten, scheiß Situationen und unangenehme Umstände...

Da muss man eben die Arschbacken zusammen kneifen, dann wachsen einem die Eier auch an der richtigen Stelle!“
 

Ich hatte zwar nicht sonderlich Bock auf diese väterlich anmutende Predigt, aber ich war einfach froh, dass er mir Obdach vor dem Regen gewährte und mir dann sogar eine heiße Suppe gab.

„Schreiben sie es auf ihre Liste!

Irgendwann, wenn ich mal Knete habe, dann zahl ich alles zurück“

sprach ich mit vollem Mund und wieder sah ich ihn nur ungläubig mit dem Kopf schütteln.

„Doch ehrlich!

Die erste Million ist immer die schwierigste, hat mein Opa immer gesagt“

kam es wieder von mir und dann schlürfte ich weiter hastig meine Suppe.

Dass ich seit zwei Tagen nichts gegessen und Hunger hatte, war wohl dank des Regens und der kühlen Luft in den Hintergrund gerückt.

Aber schon beim Essen knurrte mein Magen sehr laut, was mich peinlich berührt von meinem Plastikteller aufblicken ließ.

Breit grinsend sah mich mein Gegenüber an und sagte:

„Schon Ok, Kleiner...

Ich mach dir 'ne Curry-Wurst fertig.“

„D- das müssen sie nicht, aber danke...“

krächzte ich leise und Edgar winkte ab:

„Ich setzte es einfach mit auf deine Liste.

Außerdem ist an dir eh nichts dran, du kippst schneller um, als du jetzt vielleicht glaubst.

Von nem Toten krieg ich mein Geld dann auch nicht wieder.“

Er klappte die eine Hälfte der vor dem Regen schützenden Plane vor das große Fenster und zog die Scheiben bis auf einen schmalen Schlitz zusammen, als der Regen stärker wurde.
 

Endlich wieder satt, im Trockenen und dank einer Decke nun auch mollig warm, schlief ich auf dem Hocker, auf dem ich saß, einfach weg und wachte erst gegen Mittag auf, als die Leute am Stand langsam immer mehr wurden.

Mittlerweile hatte ich viel zu große Gummistiefel an den Füßen und auch wenn sie schlackerten, war es besser als gar nichts.

Der Regen hatte aufgehört und ich war halbwegs wieder fit, also probierte ich mein Möglichstes, Edgar ein wenig unter die Arme zu greifen.

Ich holte ihm die Pommes aus der Fritteuse und warf neue nach, holte die Würstchen aus der Verpackung und schnitt sie in kleine Scheiben.
 

Es machte Spaß, vor allem weil es hier soviel Essen gab, dass ich noch nie gesehen oder gar gegessen hatte.

So eine Curry-Wurst war schon sonderbar für mich und ich glaube, auf Dauer würde ich das nicht runter kriegen, aber jetzt und hier war ich einfach froh, dass ich eine im Magen haben durfte.

Das Straßenleben ist eben kein Zuckerschlecken...
 

Als am Nachmittag die Stoßzeit vorbei war, fiel Edgar auf seinen Hocker in der Ecke und wischte sich über die Stirn:

„Puh... waren das heute wieder Viele.

Aber ich beschwere mich nicht, je mehr kommen, umso mehr Kohle krieg ich rein.

Wir waren ein super Team, Kleiner.

Wie heißt du eigentlich?“

Bei der Frage biss ich mir auf die Lippen und antwortete nach einem kurzen Zögern:

„Nennen sie mich einfach Ruki...“

Irgendwie wollte ich meinen Geburtsnamen nicht sagen...

Vielleicht weil ich nicht wollte, dass man mich findet, falls mich meine Eltern inzwischen tatsächlich suchen sollten.
 

„Ruki also...

Weißt du, wenn ich nicht selber nur gerade so über die Runden kommen würde, würde ich dich glatt als Gehilfen einstellen, aber ich kann es mir nicht leisten“

fuhr er mit Bedauern in der Stimme fort und faltete seine Kochmütze auf dem Schoß, die er vom Kopf gezogen hatte.

Die Sonne strahlte nämlich doch noch ihre Wärme hinab und so wurde es bald recht warm in dem engen Gefährt.

Ich blieb noch bis zum Abend, als der Stand schloss, denn Edgar schien meine Anwesenheit doch sehr zu genießen.
 

Kein Wunder, wenn er sonst immer allein hier steht...
 

„Wenn ich mal wieder in der Nähe bin und Geld dabei habe, dann suche ich dich mal wieder heim“

brachte ich als lockeren Spruch zum Abschied und bekam einen Schulterklopfer dafür, dann trennten sich unsere Wege vorerst.

Denn ich musste dringend weiter nach einem Job und einer Bleibe suchen.

Je länger ich in der darauf folgenden Woche suchte, desto geringer schienen meine Aussichten zu werden, meine Klamotten wurden immer schmutziger und meinen Duft musste man auch schon drei Blöcke weit gerochen haben.

Wahrscheinlich würde ich mich auch nicht in die Küche eines Restaurants stellen, wenn ich so vor mir stünde...
 

Deprimiert setzte ich mich in eine Gasse und lauschte den Geräuschen der naheliegenden Baustelle.

Irgendwie ist es witzig, dass man kleinere Straßenarbeiten innerhalb einer Nacht erledigen kann.

Abends wird alles gesperrt und aufgebaut und am Morgen ist alles wieder weg.

Unweit neben mir schien jemand zu schlafen.

Ich wollte ihn erst gar nicht weiter beachten, wenn mir nicht bei einem flüchtigen Blick seine knallroten Schuhsohlen aufgefallen wären.

Mit einem leisen Verdacht näherte ich mich dem Schlafenden und atmete tief die Luft ein, als ich meine geklauten Schuhe an seinen Füßen sah.

Ich erkannte sie, weil ich kurz nach deren Kauf kleine Totenköpfe drauf gemalt hatte, welche trotz wasserfester Farbe nun aber nicht mehr so schön hervor stachen.

Der Typ hatte sie nur locker zu geknotet, weshalb ich nun ganz vorsichtig die Schnüre löste und zusammen band.

Dies hatte den Zweck, dass falls er dabei aufwacht, wenn ich mir meine Schuhe zurück klaue, er mir nicht einfach so nachlaufen könnte und ich in jedem Fall entkommen würde.
 

Mit Fingerspitzengefühl hob ich sein Bein an und streifte ihm erst den einen Schuh ab.

Dann dreht er sich plötzlich mit einem lauten Schnarchen auf den Rücken, sodass ich recht unproblematisch an den Zweiten kam.

Er lag auf einer dieser Holzpaletten von Bau- oder Supermärkten, darum war er etwas erhöht über dem Boden.

Dann tat sich mir noch eine weitere Option auf, als ich mein Schuhwerk in Sicherheit wähnte.

Der Kerl hatte sich eine Jacke als Kopfablage zusammen gerollt, die noch verdammt gut und relativ neu aussah, aber durch das Herumdrehen, landete sein Kopf daneben und so krallte ich mir eben auch noch diese Jacke.

Meine schlackernden geborgten Gummistiefel hatte ich mit Zeitungspapier etwas ausgestopft, damit sie weniger herum rutschen und deshalb konnte ich auch recht schnellen Schrittes vom Tatort fliehen.
 

Der Penner wird sich umgucken, wenn er aufwacht!
 

Als ich mit meiner Beute zufällig an einem Souvenir-Shop vorbei kam, konnte ich nicht widerstehen, mir eine Dankeskarte zu stibitzen und diese samt den Gummistiefeln bei dem netten Imbissbuden-Besitzer abzuliefern.

Ich stellte sie ihm gut sichtbar auf seine Box vor der hinteren Tür des Transporters und klopfte, versteckte mich schnell und beobachtete ihn aus einiger Entfernung, wie er laut lachte.

Zugegebenermaßen wäre ich gern wieder zu ihm gegangen, aber ich wollte nicht, dass er sich schon wieder genötigt fühlt, meinen Magen zu füllen.

Darum zog ich mit meinen eigenen Schuhen und fast neuer Lederjacke weiter und schob lässig die Hände in die Taschen, als ich etwas erfühlte.

Etwas aus Papier.

Wertvollem Papier!
 

„Scheiße... 10.000 Yen!“

hauchte ich stimmlos für mich selbst, sodass mich andere Passanten merkwürdig anstarrten.

Für das Geld könnte ich mich eine ganze Zeit lang ernähren und gleichsam rief ich mir wieder den Typen auf seiner Holzpalette ins Gedächtnis.

Er würde nun zwei oder drei Wochen weniger zu Essen haben...

Doch so sehr es auch an meinem Gewissen nagte, ich hatte inzwischen begriffen, dass dies das Gesetz der Straße war und ich ein Teil davon.

Wenn ich überleben wollte, bis es mir besser gehen würde, dann musste ich solche Opfer bringen.

Wenn er mir nicht meine Schuhe gestohlen hätte, wäre ich vermutlich gar nicht erst zu ihm gegangen und hätte seine Jacke mitgehen lassen.
 

Nun stand ich vor einem Café mitten in der belebten Innenstadt und beschloss, von meiner Diebesbeute einen Kaffee zu trinken; meinen Ersten überhaupt.

Angeblich schmeckt das schwarze Gesöff ja super und belebe Geist und Körper.

Also warum nicht?
 

Mit großen Erwartungen betrat ich dieses Café und wurde Gott sei dank nicht gleich wieder rausgeworfen, wie die letzten beiden Male in anderen derartigen Etablissements.

Lag vielleicht auch daran, dass ich gestern einen Eimer halbwegs klarem Spül- oder Wischwasser an einer Hintertür gefunden hatte und mich erst mal den Umständen entsprechend säubern und meine Haaren waschen konnte.

Es war recht kalt, aber Luxus war mir in letzter Zeit eh selten begegnet.

Man musste einfach nehmen, was man bekam, wenn sich die Gelegenheit bot.
 

Ich setzte mich in eine geschütztere Ecke auf eine gepolsterte Sitzbank und war verdammt froh meine müden Knochen etwas ausruhen zu können.

Ich war sogar so sehr mit Genießen beschäftigt, dass ich noch nicht einen Blick in die Karte geworfen hatte, als mich ein Kellnerin ansprach und freundlich lächelte.
 

Kleider machen eben doch Leute...
 

Würde sie mein zerlumptes dreckiges Shirt unter der Jacke sehen, würde sie wohl jemanden holen, um mich raus werfen zu lassen.
 

Da dem aber nicht so war, griff ich in aller Ruhe nach der Karte und bat um einen weiteren Augenblick Zeit, um mir diese entsprechend gründlich durch zu lesen.

Billig war es hier ja nicht unbedingt, aber wahrscheinlich würde mir das in ganz Tokyo so gehen.

Früher hätte ich mir da kaum einen Kopf drum machen müssen.

Zwar war meine Familie nie sonderlich reich, aber für solche Kleinigkeiten, wie einen Kaffee, ein Eis oder ein Stück Kuchen hätte es dann doch noch gereicht.

Schon merkwürdig, wie man diese Dinge vermisst, wenn man sie nicht mehr hat und um jedes Bisschen kämpfen muss...
 

Und diese beruhigende Musik hier...
 

Früher hatte ich mich einfach in mein Zimmer eingesperrt, wenn mir alles zuviel wurde und irgendwelche Punk-Rock Bands voll aufgedreht, was wiederum meine Eltern zur Weißglut brachte.

Vielleicht war ich wirklich nicht das angenehmste Kind...
 

„Haben sie jetzt gewählt?“

sprach mich die Kellnerin erneut mit piepsiger Stimme an und ließ mich blinzelnd aus meiner Tagträumerei aufschrecken.

„Ähm... ich nehme... einen schwarzen Kaffee... mit... ohne Alles“

murmelte ich und so glitt mein Augenmerk an der Angestellten vorbei.

An der Theke, ein ganzes Stück hinter ihr stand ein wahnsinnig hübsches Mädchen und sie sah ebenfalls zu mir.

Sie war definitiv anders als normale Mädchen, denn sie hatte eine umwerfende natürliche Schönheit und sie wich meinem Blick nicht aus, wie die Anderen.

Einen Augenblick später nahm sie ihre Bestellung an, verbeugte sich und verließ den Laden, ohne sich noch einmal umzusehen.

Erst als sie draußen am Schaufenster vorbei ging, fanden ihre Augen wieder zu mir.
 

Ich konnte nicht sagen, was das für ein Moment war, denn er war definitiv irgendwie seltsam.

Aber auf eine schöne Art seltsam.
 

Als ich meinen Kaffee bekam und den ersten Schluck meines Lebens hinter kippte, verbrühte ich mir nicht nur die Zunge, sondern hustete auch ganz fürchterlich, sodass ich die Aufmerksamkeit des halben Lokals auf mir hatte.

Mit hochrotem Kopf und nach Luft ringend, hustete ich mir die Seele aus dem Leib und hatte schon die Befürchtung, dass sich das Schicksal wegen der Jacke ganz grausam an mir rächen würde, doch mir blieb ein vorzeitiges Ableben auf diese kläglichen Weise erspart, als mir einer der Gäste hinter mir auf den Rücken klopfte und ich bald wieder normal atmen konnte.

Meine Zungenspitze war zwar dank der kochend heißen Brühe hin, aber der Rest war noch tauglich, um den Geschmack aufnehmen zu können.

Kaffee war gewöhnungsbedürftig, aber durchaus nicht zu verachten.

So mein Urteil.

Auf dem Weg nach draußen, ließ ich unauffällig eine Brieftasche mitgehen.
 

War nicht nett... aber... was soll ich sagen... ich war jung, arm und brauchte das Geld.
 

Mein nächster Weg führte mich in einen Supermarkt.

Nichts gegen Edgar und seine famosen Kochkünste, aber der Fertig-Fraß hier war einfach günstiger, als frisch am Stand zubereitetes Essen.

Ich konnte einfach nicht wählerisch sein und musste soviel Essen und Trinken wie möglich, für so wenig Geld wie nötig finden.

Nicht alles auf einmal, aber so nach und nach.

Und wenn man eh alle Zeit der Welt hat, wieso sollte man sie nicht nutzen und die Supermarkt-Preise studieren?

Nach meiner Anfrage bezüglich eines Jobs hatte man mir eh keine Aussichten gemacht.
 

Am Abend lief ich in Gedanken an alte Zeiten recht nah am Straßenrand entlang, obwohl um diese Zeit weit weniger Leute unterwegs waren, als neben mir ein Toyota auf Schrittgeschwindigkeit drosselte und die Scheibe herunter ließ.

Ich blieb stehen, da ich dachte, man wolle mich nach dem Weg fragen, doch alles was er wissen wollte war:

„Wie viel?“

„Hö?“

entgegnete ich dem und er wurde wesentlich deutlicher:

„Wie viel für'n Fick oder machst du nur Blow-Jobs?“

„Ähm... ich... tut mir leid, sie müssen mich verwechseln“

kam es angespannt von mir und der Kerl fuhr ohne ein weiteres Wort einfach davon.
 

Verdattert blieb ich stehen und wiederholte seine Worte im Kopf immer und immer wieder.

Der Mann hatte mich für eine Nutte gehalten...

Eine männliche Hure... oder wie man es nennt.

Keine drei Minuten später stand ich noch immer da und war nicht fähig weiter zu laufen, als der nächste Wagen hielt:

„Was nimmst du fürs Blasen?

5.000?

10.000?“

Abermals war ich völlig überfordert und starrte den Kerl in seinem Wagen an.

„Äh.. ich...weiß nicht...“

stammelte ich hilflos und so hörte ich ihn sagen:

„Machst du's nur mit der Hand oder was?

Scheiße ey...

Dafür kriegst du aber nicht mehr als 2.000 von mir!

Los steig ein...“

„I-ich... bin keine... Hure...“

fiepte ich eingeschüchtert und abermals fuhr das dunkle Auto davon, ohne das der Fahrer etwas darauf gesagt hatte.
 

Ab jetzt schlich ich nur noch dicht an den Häusern vorbei und ignorierte die ganzen Damen, die an den Eingängen der Hostess-Clubs um Kunden warben.

Sie hatte ich zu dem Zeitpunkt schon öfter gesehen, doch nun kreuzten immer wieder Jungs in meinem Alter meinen Weg und je weiter ich ins Vergnügungsviertel kam, desto öfter sah man diese Jungs in Autos ein- und aussteigen.
 

Ob ich das jemals könnte?
 

Um ehrlich zu sein, machte ich mir die nächsten paar Tage ausgiebig Gedanken darum, über Für und Wider.

Und kam zu dem Entschluss, es im Notfall zu probieren, falls es hart auf hart kommt.

Wenn ich es nicht schaffe, dann hör ich einfach wieder damit auf und klaue weiter meinen dürftigen Lebensunterhalt zusammen.
 

So kam es, dass ich eines Tages wieder an diesem Straßenrand stand und mit den anderen Jungs darauf wartete, dass ein Auto anhalten würde, doch es kam keines.

Später hielt unweit neben mir ein Wagen und lud einen der Stricher ein und kurz darauf wurde jemand auf der anderen Seite mitgenommen.

Ich fragte mich, was mit mir nun auf einmal nicht mehr stimmen würde, dass bei mir keiner anhielt.

Gerochen können sie mich kaum haben, jedenfalls nicht aus der Entfernung.

Und bei Nacht seh ich auch nicht so ramponiert aus.

Ist schon eine Weile her, dass ich den letzten Putzwasser-Eimer gefunden hatte...

Außerdem sahen die hier Alle nicht sonderlich gepflegt aus.
 

Nachdem also meine erste Nacht in diesem Milieu so rein gar nichts gebracht hatte und nun der Morgen graute, verschwanden auch die Jungs und die Damen von den Straßen.

Frustriert lief ich ein ganzes Stück zu Fuß und stand nun wieder vor dem Café, in dem ich das letzte mal schon gesessen hatte.

Mein Magen knurrte und kalt war mir auch, schließlich würde es ja bald Herbst werden und die Tage noch kühler, als so schon.

Was mich ziemlich nervt und unter Druck setzt, denn ich würde im Winter nicht bei Eis und Schnee draußen stehen wollen, oder gar schlafen...

Umso ärgerlicher, dass die letzten Sommertage scheinbar schon dem Herbst versprochen waren.
 

Ich war in der letzten Zeit öfter in diesem Lokal gewesen, da fiel es auch nicht auf, dass ich deren Sanitäranlagen nutzte, um mich und meine Haare immer mal wieder mit warmem Wasser und Seife zu waschen.

Dazu hatte ich immer, wenn 'Bade-Tag' war, meine Wollmütze an, so fiel es nicht auf, wenn ich mit nassen Haaren darunter auf meinem Platz saß und Kaffee schlürfte.
 

Heute allerdings wollte ich einfach nur mal wieder was richtiges essen und bestellte mir ein preiswertes Frühstück, mit Wärme spendender Miso-Suppe.

Gerade, als ich in mein Brötchen beißen wollte, setzte sich ein mir unbekannter Typ an meinen Tisch.

Fragend hob ich eine Augenbraue, als er mich mit einem kurzen Zucken seines Kopfes und leiser Stimme ansprach:

„Ich hab dich heute Nacht an der Straße stehen sehen...“

Mein letzter Bissen blieb mir buchstäblich im Halse stecken, als er doch tatsächlich hier sein Anliegen vortrug:

„Was kostet das volle Programm bei dir?“

Wie so oft saß ich hilflos da und wusste nicht, was ich sagen sollte, denn über Preise hatte ich mir weder genaue Gedanken gemacht, noch hatte ich Anhaltspunkte, welche Summen ich verlangen dürfte und so sprach ich in gedämpften Ton:

„Ich denke...ähm... dass... volles Programm bei mir...20.000... kosten würde...?“

Obwohl ich mir Mühe gab, dass der Laden es hier nicht mitkriegen würde, so schien ein Mann etwas weiter neben mir in der Schlange vor der Theke, genau verstanden zu haben, worum es hier ging und mischte sich ein:

„Verkauf dich nicht unter Wert, Kleiner...“

„Wer sind sie, dass sie sich in meine Geschäftsangelegenheiten mischen?“

fauchte mein Gegenüber den Typen in der anstehenden Reihe an und dieser lächelte fast schon süffisant:

„Du fährst besser, wenn du es nicht weißt.

Außerdem reicht es, wenn ich weiß, wer du bist.“

„Frechheit!“

schimpfte der Kerl an meinem Tisch, stand auf und verließ das Etablissement.

Mir platze langsam aber sicher der Kragen.
 

Schließlich stehe ich nicht aus Langeweile die ganze Nacht an der Straße, nur damit so ein eingebildeter Sack mir meine letzte Hoffnung vertreibt!
 

„Mir ist wurscht, wer du bist, du hast mir meinen Kunden vergrault!“

meckerte ich recht ungebremst drauf los, denn dieser war der Einzige, der mich seither wieder angesprochen hatte, doch der Fremde neben mir wuschelte mir einfach durchs Haar:

„Bei dem ganzen Fastfood da draußen, bist du 'ne Delikatesse.“

„Wenn das so ist, dann nimm du mich doch mit und bezahl mir das doppelte!“

gab ich leicht angesäuert von mir und nun schmunzelte er auch noch:

„Falsche Adresse, aber... vielleicht hab ich da ein Angebot für dich, wenn du noch frei bist...“

„Wie frei?

Wovon denn?“

wollte ich von ihm wissen und noch immer schien der Typ sehr amüsiert von mir zu sein, als er antwortete:

„Scheinst ja ahnungsloses Frischfleisch zu sein...“

„Ich versteh's nicht, klär mich auf, wie meinst du das?“

fragte ich ihn und so wurde er konkreter:

„Ob du Einen hast, der dir den Arsch rettet, wenn's brenzlig wird und dem du dafür einen Teil deiner Einnahmen abdrückst.“

„Einen Zuhälter?“

hakte ich neugierig nach und so entgegnete er mir:

„Wenn du es so nennen möchtest...

Pass auf Kleiner, lass mich mein Frühstück holen und ich komme dann zu dir an den Tisch, falls du dir den Deal nicht entgegen lassen willst.“
 

Man kann sich diesen Deal ja zumindest mal anhören.
 

Hier in der Öffentlichkeit wird mich ja so schnell niemand in finstere Ecken verschleppen.
 

Ich frühstückte also noch in aller Ruhe weiter und wartete dann auf den Störenfried in der Schlange, bis dieser mit seiner Tüte zu mir zurück kam und einen Kaffeebecher auspackte.

„Also?“

sprach ich ihn an, nachdem er schwieg und eine gefühlte Ewigkeit an seinem Becher herum fummelte, einen Teil seines Essens aus der Papiertüte holte und genüsslich abbiss.

„Immer mit der Ruhe, Kleiner...

Wenn du auf meinen Deal eingehst, läuft dir garantiert niemand mehr davon“

sprach er beim Kauen und schluckte anschließend hinunter, eh er endlich begann:

„Seh ich das richtig, du willst dich verkaufen.

Liebesdienste anbieten mit allem drum und dran und so weiter?“

„Öh... ich denke schon...“

murmelte ich etwas eingeschüchtert, weniger von dem Kerl, als mehr aus dem Grund, dass ich erst jetzt so richtig drüber nachdachte, was es wirklich heißen würde, seinen Körper zu verkaufen.

An Menschen die man weder kennt, noch liebt.

Wie man sich es eben so vorgestellt hat, als das Thema mal kurz in der Schule angesprochen wurde oder man es in Liebesfilmen sieht.

„Du denkst?

Entweder ja oder nein, Kleiner.

Und glaub ja nicht, dass ich jedem Dahergelaufenen so ein Angebot mache“

riss er mich aus den Gedanken und so merkte ich an:

„Bis jetzt hab ich ja noch nichts von deinem Angebot gehört.“

Der Fremde unterbrach für einen winzigen Moment das Kauen und sah mir direkt in die Augen, bevor er weiter sprach:

„Also gut, ich biete dir an, dich an wohlhabende Männer zu vermitteln, wofür du mir aber einen guten Prozentsatz deiner Einnahmen abdrücken musst.

Sie sind reich und haben Macht, dass heißt du wirst auch entsprechend viel Zaster einbringen, wenn du bei denen gut ankommst und nicht nur diese popeligen Hungergelder bekommen, wie die da draußen.

Ich beschaff dir 'ne Wohnung und ich stell dir meine Bodyguards zur Verfügung, wenn du einen deiner Termine antrittst, damit du im Falle des Falls auch lebend wieder raus kommst.“
 

Und wo ist da der Haken?
 

Abgesehen vom Prozentsatz, den ich abzudrücken hätte.
 

„Und wer sagt mir, dass du mich nicht gerade veräppelst?“

fragte ich mit hochgezogener Augenbraue und lehnte mich mit verschränkten Armen zurück.

„Lass uns ein Stück gehen und ein ruhigeres Plätzchen suchen, dann reden wir weiter“

schlug er vor, doch ich war noch immer skeptisch:

„Und wenn du mich in eine finstere Ecke verschleppst, mich ausraubst und halb tot prügelst?“

„Erstens gehen wir an einen ruhigeren Ort und zweitens hab ich wohl genug Geld, um keinen Möchtegern-Stricher auszunehmen und drittens würde ich zum Prügeln meine großen starken Jungs holen.

Abgesehen davon, wenn du dich auf der Straße anbietest, wirst du immer mit dem Risiko leben müssen, irgendwo tot in 'ner Gasse zu enden, wenn einer deiner Freier ein bisschen schräg drauf ist“

erklärte er und ich fand, es klang alles ziemlich schlüssig, doch:

„Warum gerade ich?

Ich meine, da draußen gibt's sicher Tausende.“

„Du scheinst mir was Besonderes zu sein und du erinnerst mich an meinen kleinen Bruder.

Ich will dir einfach eine Chance geben, Kleiner...

Nimm sie an oder lass es sein, ich werde mich jetzt nach Hause begeben und meinen Geschäften nach gehen.

Entweder du kommst jetzt mit mir und ich lass dich alles wissen, was du wissen musst, oder du bleibst da sitzen und wir sind uns nie begegnet“

beendete er unser Gespräch vorläufig und erhob sich, nickte augenscheinlich jemandem zur Verabschiedung zu und war geradewegs dabei das Lokal zu verlassen.
 

Was dann geschah, erzähl ich dir später.

Jetzt ist es Abends und mein 20 Uhr Termin wartet auf meine Gesellschaft.

Morgen früh bin ich wieder da und penne dann eine Runde, eh ich wieder zum Schreiben komme.

Bis dahin, Ruki.
 

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Joar, ich bin wieder da meine Lieben und ich hoffe ihr seid auch alle wieder mit dabei :)

Wie ihr sehen konntet, fiel die Entscheidung auf Violence.

Auch wenn die Abstimmung unschön lief und ich nicht wirklich ein faires Ergebnis bekam, habe ich bei einem Endstand von beiden Storys gleichauf einen Stopp gemacht.

Ich hatte zuvor für mich entschlossen, wann dieser Stopp sein wird und zwar folgendermaßen:

Wenn das letzte Kapitel vom Spin-Off hochgeladen und bei Animexx frei geschaltet worden ist (worauf ich ja keinen Einfluss hatte) und ich zudem auch online komme – ab da hab ich gestoppt und es war wieder mal Gleichstand.

Dann hab ich einfach die Münze entscheiden lassen, was ich vllt. von Anfang an hätte tun sollen.

Auch wenn meine Leserschaft sehr gespalten war, würde ich mich riesig über neue Favos, Empfehlungen und Feedback freuen.

Ich hoffe euch hat das erste Kapitel gefallen und vllt. möchte ja der ein oder andere Leser schon spekulieren, was alles passieren könnte.

Ein Video gibt es ebenfalls schon, welches ich aber erst nächstes Kapitel vorstellen möchte, da es sonst vllt. schon zuviel verrät. :)

Aller Anfang ist schwer

So, da bin ich wieder.

War eine lange Nacht für uns...

Wen ich mit 'uns' meine?

Nun, wenn ich meine Termine antrete, dann hab ich immer einen Bodyguard mit dabei.

Er passt auf, dass ich pünktlich mit der kleinen Limousine am vereinbarten Ort eintreffe und diesen auch zu genauso präziser Zeit wieder verlasse.

Diese Orte sind in den allermeisten Fällen Hotels, denn Hishinuma ist der Meinung, dass Hausbesuche zu riskant für mich seien.

Er lässt mich nur zu seinen engsten Geschäftspartnern und langjährigen Vertrauten nach Hause chauffieren.

Und gestern Abend standen wir ziemlich lange im Verkehr der Innenstadt und wären beinahe nicht pünktlich erschienen, doch Hishinuma's ausgebildete Wachhunde wären nicht die seinen, wenn sie nicht einfach rechts ran fahren und mich persönlich die letzten Meter im Eilschritt durch die Stadt tragen würden.

Sah bestimmt merkwürdig aus, aber in Tokyo gibt es eine Menge seltsamer Gestalten, da glaube ich kaum, dass wir da sonderlich aufgefallen sind.

Keine Sekunde zu früh standen wir vor der angegebene Hotel-Suite und mein Bodyguard wischte sich erleichtert über die Stirn.

Hishinuma hasst nichts mehr, als wenn irgendetwas nicht nach Plan verläuft, vor allem nicht seine Geschäfte und für ihn bin ich ein Bestandteil seiner Geschäfte.
 

Es mag vielleicht merkwürdig klingen, aber lass es mich erklären.

Wäre ich selber gerannt, wäre ich vermutlich ins Schwitzen geraten und das wäre gerade bei diesem Kunden ein No-Go gewesen, deshalb wurde ich getragen.

Andere Kunden sind da wieder ganz anders.

Im Gegensatz zu dem von gestern Abend, welcher mich gern frisch geduscht in Schlips und Kragen empfängt, gibt es auch andere, die mich gern durchgeschwitzt in Sportklamotten haben wollen.

Jedem das Seine.

Ich hab es sehr bald aufgegeben zu hinterfragen, warum wer was wie möchte, sondern tu es einfach, ohne mich mit ihren Beweggründen mehr als nötig zu beschäftigen.

Herr Satoshi, der Mann mittleren Alters von letzter Nacht, legt nämlich Wert darauf, mich selbst so richtig ins Schwitzen zu bringen und geht ab wie ein Zäpfchen, wenn er dann an mir herum leckt.

Ich find's eklig, aber genau das darf ich mir niemals anmerken lassen.

Ich muss jedem Kunden das Gefühl geben, als würde ich bedingungslos auf das, was er von mir will, abfahren.

Bei Kunden, die ich öfter treffe, weiß ich inzwischen, wie sie ticken und was sie wollen, aber es gibt auch immer mal wieder welche, die ich noch nicht kenne und da muss ich mich erst mal heran tasten.
 

Aber nun hab ich bis eben ganz gut geschlafen und erzähl dir meine Geschichte jetzt an der Stelle weiter, wo ich gestern aufhören musste.
 

Ich saß also in dem Café und hatte mir grob den Deal angehört, der von nun an mein weiteres Leben bestimmen sollte, denn ich stand von meinem Platz auf und folgte dem mir unbekannten Kerl nach draußen.

Schnell war ich an seiner Seite und sprach in gedämpften Ton:

„Und wo wäre das ruhige Plätzchen, von dem du … ähm... sie gesprochen haben?“

„Schon gut Kleiner, brich dir keinen Zacken aus der Krone, du kannst Du zu mir sagen“

sprach er und wuschelte mir abermals durchs Haar, dann landete seine Hand auf meiner Schulter, während wir an der Straße entlang liefen und gerade als ich erneut erfragen wollte, wo das ruhige Plätzchen denn sein solle, öffnete der Typ die hintere Tür einer kleinen Limousine am Straßenrand und schob mich ohne Vorwarnung mit einem Ruck hinein.

„Hey!“

moserte ich sofort und rappelte mich auf, setzte mich halbwegs vernünftig auf die mit weißem Leder überzogenen Sitzpolster der Eckbank und blickte mich um:

„Krasser Scheiß...“

entkam es mir und meine Augen wurden immer größer, als ich die geilen blauen Lichter an der Wagendecke sah und sich doch tatsächlich ein kleiner Minikühlschrank an der einen Seite befand.
 

„So, ich denke hier können wir ungestört reden“

riss mich der mir noch immer unbekannte Kerl aus meiner Faszination und klopfte an die Scheibe:

„Verdunkeltes Panzerglas, schall- und kugelsicher.“

„Noble Karre, muss ich schon sagen“

entwich es mir bewundernd, dann setzte sich das Gefährt in Bewegung.

Ich sah mich hilfesuchend und panisch um, doch er sagte:

„Bleib ruhig, ich glaube kaum, dass du ein Zuhause hast, wo man dich zum Mittagessen erwartet.“

Tief durchatmend lehnte ich mich zurück und beobachtete angespannt sein Tun, denn er tippte irgendwas auf seinem verdammt teuer aussehendem Telefon ein und sprach mich nun erneut an:

„Hishinuma, Masato... und du bist?“

„Hoffentlich nicht gleich tot...“

murmelte ich und leider schien dieser Typ gerade wenig Sinn für Humor zu haben, also räusperte ich mich und stotterte nervös:

„Matsumoto... Takanori...“

„Hast du dir schon ein Pseudonym zugelegt?“

wollte er nun von mir wissen und ich blickte ihn ratlos an:

„Pseu... was?“

„Einen... nennen wir es mal Künstlernamen, wie ihn jeder in dieser Branche üblicherweise hat“

erklärte er und ich schluckte heftig, eh ich darauf antworten konnte:

„R..Ruki...?“

„Fein, Ruki also.

Pass auf Ruki, im Grunde hab ich es dir ja schon erklärt, ich vermittel dich an meine Geschäftspartner und die meines Vaters, ein paar meiner persönlichen Freunde würden auch dabei sein, aber sie haben alle eines gemeinsam: Geld und demzufolge auch Macht.

Ich würde dir so weit es geht alle Infos über deine jeweiligen Kunden mitgeben, damit du deinen Job so gut wie möglich erledigen kannst, denn wenn sie dich mögen, dann spricht sich das rum und dann will dich jeder!

Je mehr Aufträge wir mit dir erzielen, desto schneller kommen wir Beide zu Geld.

Dir sollte ja klar sein, dass ich das hier nicht alles umsonst mache, also ist es deine Entscheidung, ob du lieber 50% von mehr, als du dir derzeit erträumen kannst, haben willst oder 100% von nichts, wenn du im Winter erfroren in der Gasse liegst oder womöglich an einen Zuhälter gerätst, der dir einige Prozente mehr abknöpft und dich wesentlich schlechter behandelt, als ich es tun würde.“
 

Also will er die Hälfte meines Einkommens oder wie?
 

Aber gut, wenn die wirklich so reich sind, dann kommen da sicher ein paar mehr Kröten bei rum, als auf der Straße...
 

Und sie werden sich bestimmt auch lieber ein Motel oder sowas suchen, als das sie in einer gammeligen Rostlaube 'nen schnellen Fick absolvieren.
 

Fuck... will ich das wirklich?
 

„Und diese reichen Männer wollen so einen Straßenköter wie mich, oder was?“

hakte ich nach und dieser Hishinuma antwortete:

„Nein, natürlich nicht, nicht Alle jedenfalls...

Aber manche Menschen haben so ihre Vorlieben.

Du musste wissen, ich betreue schon seit längerem einige Mädchen, die ebensolche Dienste ausüben und sie können sich alle wenigstens einmal in der Woche über neue Klamotten in den Shopping-Centern her machen.

Du wärst mein erster männlicher Kandidat und sozusagen ein Experiment.

Überzeugst du deine Kunden, dass sie dich auch weiter wollen, dann fließt die Kohle, wenn nicht muss ich mich wieder von dir trennen.

Tut mir leid Kleiner, aber das sind die Regeln.

Wenn meine Mädels ihre Jobs nicht mehr erfüllen, müssen sie auch gehen und wenn sie Glück haben, dann kaufen Männer aus unserem Clan die jeweiligen Damen frei und heiraten sie.

Bei dir allerdings fällt diese Option weg.“

„Clan...?“

fragte ich irritiert und so sah ich wie der Kerl einen seiner Unterarme freilegte und eine großflächige Tatowierung zum Vorschein kam.

Neugierig besah ich mir die Bilder auf seiner Haut und so öffnete er sein Jacket samt darunter liegendem Hemd und ich staunte nicht schlecht.

Alles was man nun vom Körper sehen konnte, war komplett tätowiert!

Hishinuma wies nun auf ein kreisförmiges Symbol an seinem Oberarm hin:

„Hast du sowas schon mal gesehen?“

Ich schüttelte nur staunend den Kopf und betrachtete den Kreis genauer.
 

Es sah irgendwie aus, als wäre mittig oben ein großes M mit einem zusätzlichen Strich zusehen, links und rechts davon waren zueinander symmetrisch angeordnete Punkte und darunter sah es aus, wie Gras oder Schilfbüschel durch eine Schleife in der Mitte zusammen gehalten; ebenfalls symmetrisch.

„Das wirst du dir auch von einem unserer Tattoo-Meister stechen lassen, denn dies ist dann deine Unterschrift, sobald du einen Vertrag mit mir eingehst und damit gehörst du automatisch zum Clan“

erklärte er und begann sich wieder anzuziehen, während meine Gedanken ratterten, eh ich sie vorsichtig zu äußern begann:

„Was ist das denn für ein Clan, wenn ich fragen darf?“

„Inagawa-kai, es ist der zweit-Größte Japans“

sprach er mit ruhiger Stimme und wollte sich in aller Ruhe eine Zigarette an zünden, als ich ihn mit einer leisen Vorahnung fragte:

„Die Yakuza...?

Und wenn ich jetzt Nein sage?“

Der Angesprochene sah auf und schüttelte mit dem Kopf:

„Ich glaube nicht, dass du das wirst.“

„Und wenn doch?“

kam es wieder von mir und nun schien Hishinuma Erfolg damit zu haben, seine Kippe zu entzünden.

„Dann lass ich dich da vorne an der Ecke wieder raus und gucke zu wie lange du es noch auf der Straße machst.

Ein zweites mal mach ich kein solches Angebot.

Natürlich dürftest du dann nie wieder ein Sterbenswörtchen über unser Gespräch hier verlieren, denn wenn doch, werden wir es wissen und du es bereuen“

hörte ich es von ihm und gerade als ich ansetzen wollte zu erfragen, was passiert, wenn ich es doch tun sollte, gestikulierte er mit der anderen Hand, dass man mich dann einen Kopf kürzer machen würde.
 

Ich glaube nicht, dass es mir steht, wenn ich noch 20 Zentimeter kleiner bin als so schon....
 

„Warum erzählst du mir schon jetzt so viel Details, obwohl ich noch nicht zugesagt habe?“

fragte ich nun schon etwas zurückhaltender als eben noch und er grinste:

„Ich weiß, dass du mein Angebot annehmen wirst, denn wenn du es nicht tust, wird dich früher oder später die Straße umbringen und ich biete dir einen Ausweg.

Außerdem waren wir noch gar nicht bei den wirklich brisanten Details.“

Damit überreichte er mir den Glimmstängel in seiner Hand und ich nahm diesen mit feuchten zittrigen Händen an mich, nippte zaghaft daran und hustete deswegen nur mäßig, bevor ich dem etwas entgegnen konnte:

„Was wären denn die brisanten Details?“

„Fangen wir doch mal damit an, ob du überhaupt schon mal irgendwelche Erlebnisse sexueller Art hattest und wenigstens den Hauch einer Ahnung davon, worauf du dich hier einlassen wirst“

begann er und nahm die Kippe wieder an sich, bevor ich mit heißen Wangen den Kopf schüttelte.

„Noch nie?

Noch überhaupt nichts?“

wollte er fast schon etwas überrascht von mir wissen und so schüttelte ich abermals mit dem Kopf.

„Mutig, das muss man dir schon lassen, Kleiner...

Kein Plan von Tuten und Blasen, aber im Orchester die erste Geigen spielen wollen.

Naja, das macht nichts, für eine Jungfrau bezahlen sie meist das Dreifache“

gab er von sich und ergänzte dann:

„Da würde ich dir sogar einmalig 70% vom Geld lassen, dann kannst du zumindest mal ein paar Möbel für deine neue Bleibe besorgen, der Rest ergibt sich mit der Zeit.“

„Ich bekomme eine Wohnung?!?“

entkam es mir ziemlich überrascht und Hishinuma schmunzelte:

„Selbstverständlich, ich kann doch keinen obdachlosen Dreckspatz auf meine Geschäftspartner los lassen.“
 

Im selben Moment kam der Wagen zum stehen und einen Augenblick später öffnete jemand die Tür, wir stiegen aus und blieben offenbar vor einem Hotel stehen.

„Das gehört meinem Vater und wir Zwei werden jetzt hübsch da rein gehen, dich auf Vordermann bringen und anschließend fahren wir zum Tattoo-Meister meines Vertrauens, bis dahin solltest du dir überlegt haben, ob du mein Angebot wirklich ablehnen willst, denn dann setz ich mich in meine Limousine und du kannst zusehen, wie du klar kommst“

hörte ich ihn sagen, dann schob er mich zur Tür hinein.

Eine Frau kam auf uns zu und irgendwie schienen sich die Beiden schon mit Blicken verständigt zu haben, als sie mich weiter in einen Fahrstuhl manövrierte und dieser in den Keller fuhr, während Hishinuma oben zu warten schien.

Unten angekommen schob sie mich mit schnellen Schritten und klackernden Absätzen den Gang entlang und führte mich in einen Wellnessbereich.
 

Wenn das nicht mal den ganzen Stress wert ist.
 

Eine Wellness-Behandlung umsonst!
 

Eine weitere Frau kam auf uns zu und schien irgendwie zwar schon mit meinem Auftauchen gerechnet zu haben, aber dennoch sah sie schockiert aus.

Mir war bewusst, dass ich derzeit keine Augenweide war, aber dass ich so abschreckend wirke, hatte ich nun nicht vermutet.

„Ein Junge?

Aber ich hab alles für ein Mädchen hergerichtet?“

wandte sich die Frau vor mir an die Dame hinter mir und diese antwortete ihr:

„Masato möchte das gleiche Pflegeprogramm wie immer, die Sachen zum Anziehen werden nachgereicht.“

Mit einem letzten kleinen Schubser wurde ich zu der Anderen dirigiert und nun weiter in einen gefliesten Raum geführt, wo offenbar bereits eine heiße Badewanne auf mich wartete.

Innerlich freute ich mich tierisch darauf, seit langem endlich mal wieder ein Bad nehmen zu dürfen und war schon dabei, mich zu entblättern, als ich mich herum drehte und die Frau noch immer hinter mir stand.

Mit scheuchenden Bewegungen wollte sie mir augenscheinlich klar machen, dass ich in die Wanne sollte, doch ich zierte mich, mich vor ihr nackig zu machen.

„Ähm... können sie sich umdrehen, ginge das?“

krächzte ich leise und sie verdrehte die Augen, bevor sie sich um wandte.
 

Flink pellte ich mich aus meinen Klamotten und tippelte hinüber zur Badewanne, teste mit dem großen Zeh und zischte:

„Das ist ja kochend heiß!“

„Stell dich nicht so an, rein da!“

schimpfte die Dame und kam drohend auf mich zu, ich biss die Zähne zusammen und stieg hinein.

„Hinsetzen!“

befahl sie und ich jammerte:

„Aber da verbrüh ich mir den Schnieps!“

Als ich hinter mich blickte und das Unterlied eines ihrer Augen zu zucken begann, gab ich nach und grummelte:

„Ist ja gut...“

Schützend hielt ich meine Hände um mein bestes Stück und sank in das verdammt heiße Wasser.

„Zzzzsssschhhhh!“

ließ ich meinen Empfindungen freien Lauf und atmete hektisch, als mich die abnorme Hitze bis zum Oberkörper umgab.

„Bis zum Hals!“

vernahm ich ihren Befehl und so tat ich mein bestes, diesem nachzukommen, senkte meinen stocksteifen Körper tiefer ins Wasser und hechelte wie ein Hund nach Luft.
 

Fuck ist die Brühe heeeeiiiiß!!!
 

Kaum hatte sich meine Haut einigermaßen an diese Temperatur gewöhnt, kam sie schon mit reichlich Badezusätzen, Seifen, Lotionen, Handtüchern und noch mehr Krimskrams zurück.

Sie tat Einiges von ihren Mitbringseln in mein Badewasser, zückte wenig später eine Bürste und begann mich mehr als gründlich und zudem schmerzhaft abzuschrubben.

„Das kann ich auch selber-..“

wollte ich anmerken, doch sie unterbrach mich:

„Pssst!“

Knurrend ließ ich sie gewähren und fragte nach einem weiteren Augenblick:

„Geht es vielleicht etwas sanfter?“

„Psssssst!!“

kam es nun etwas energischer von ihr und so gab ich mich geschlagen.

Sie schrubbte und seifte und schrubbte und seifte... und schrubbte...

Mit einem mal landete eine Ladung Wasser auf meinem Kopf und ich erschrak beinahe zu Tode, da ich mit sowas nicht gerechnet hatte.

Auch meinen Kopf schäumte sie mehrfach ein und spülte ihn wieder ab, meine schmutzigen Fingernägel bearbeitete sie mit einer kleineren Bürste und mein Gesicht Gott sei dank nur mit einem Waschlappen.
 

Dabei war ich der Meinung, seit meinen wöchentlichen Waschtagen im Sanitärbereich des Cafés nicht mehr ganz so verwahrlost zu sein, aber diese Dame schien das anders zu sehen.

Ganz fürchterlich war es, als sie mir die Füße schrubbte...

Ich bin echt extrem kitzelig an den Fußsohlen und dementsprechend war das die reinste Folter, als sie mit ihrer Bürste dort zugange war.

Ich war fix und fertig, als ich aus dieser Wanne endlich wieder raus konnte und tippelte in gekrümmter Haltung, mit Hand vorm Schritt auf die Frau zu, welche schon ein Badetuch ausbreitete, in das ich mich wickeln konnte.
 

Mhmm... Handtücher...
 

Wie ich es vermisst hatte, wie sich frisch gewaschene Handtücher anfühlen...
 

„Wo sind meine Klamotten?“

war die erste Frage, die mir in den Sinn kam, als ich sie nicht mehr dort vorfand, wo ich sie abgelegt hatte.

Doch die Dame antwortete mir nicht, sondern schob mich einen Raum weiter.

Dort war ein gepolsterter Tisch oder sowas...

Mit einen Nicken bestätigte sie mir, dass ich mich da drauf legen sollte und dies kam mir schon alles andere als geheuer vor, erst recht als man mir das Badetuch grob entwendete.

Mittlerweile hatte ich dafür meine Haare in ein kleineres Handtuch gewickelt bekommen und so lag ich nun letztlich doch auf dem Ding und hielt nun beide Hände schützend über meine Körpermitte.

Ich klammerte mich regelrecht fest und sah mit Besorgnis zu, wie man mir die Zehnnägel stutzte.

Anschließend kam eine weitere Frau mit einer Schale in der eine gelb-bräunliche Flüssigkeit schwamm und jede Menge Papierstreifen.

„Was wird'n das...?“

wagte ich kleinlaut zu fragen, doch wie immer gab es keine Antwort, sondern es ging gleich zur Sache.

Dieses heiße braune Zeug wurde auf meine Beine gestrichen und einer dieser Papierstreifen darauf gelegt.

„Oh oh...!“

entwich es mir noch, als mir klar wurde, was man nun mit mir vorhatte und nun ertönte ein zugegebenermaßen sehr schriller unkontrollierter Schrei durch den Raum, als man mir diesen Streifen wieder vom Bein riss.
 

Wo zur Hölle bin ich hier gelandet?
 

Menschentestlabor?
 

Die nächste goldbraune Bahn wurde auf meinem geschändeten Bein verteilt und der zweite Streifen drauf gedrückt, einige Augenblicke später das schmerzhafte Rrrriitsch, bei welchem ich am liebsten die Wände hochgehen würde.

Eines meiner Schienbeine war nun kahl und so nahm man sich nun das andere vor und wiederholte die Prozedur, während ich den Tränen nahe war.

An meinen Oberschenkeln lief das ganze sehr ähnlich und nicht weniger schmerzfrei ab, aber als sie sich nun meinem Schritt näherten, versuchte ich mich ein letztes mal zu wehren:

„Bitte nicht!

Ich tu alles, was ihr wollt!!“

Doch mehr als ein kurzes Zucken ihrer Mundwinkel bekam ich nicht an Reaktion, dann packte die Eine meine Hände und entfernte sie von meiner Körpermitte, hielt mich fest und sprach zumindest mal einen ganzen Satz mit mir:

„Halb so schlimm.“

Ich war sogar so erstaunt darüber, dass sie mit mir sprach, dass ich die Andere total vergessen hatte.

Bis es wieder rrriiiiitsch machte...

„Aaaaahh!

Die reißen mir noch die Nudel ab!“

schrie ich meinen Schockschmerz hinaus und krümmte mich auf dem Tisch.

„Was will Masato nur mit einem Jungen?“

fragte die Eine die Andere und da ich eh vor lauter Schmerz und Tränen in den Augen nicht mehr wusste, welche Welche war und nun ein weiteres Rrriiitsch folgte, fiepte ich anschließend:

„Wenn ihr so weiter macht, dann bin ich auch bald ein Mädchen...“

Seufzend spreizte mir die eine Frau die Beine und trug das Zeug samt Streifen an den Oberschenkelinnenseiten auf.
 

Ich fühle mich immer nackter...!
 

Ich glaube nicht, dass ich jetzt noch irgendwo irgendwelche Haare habe...
 

Rrrriiiiitsch!
 

„Moah... wann ist es endlich vorbei?“

hechelte ich und hörte nun eine der Beiden sagen:

„Hühnerbrust, da wächst nichts.

Noch die Achselhaare, dann drehen wir ihn um.“

„Wie bitte???“

trat meine Panik nahezu stimmlos aus meiner Kehle und schon wurden meine Arme langgezogen.

„Och... fuck...

Das hier ist tausend mal Schlimmer, als auf der Straße leben zu müssen!“

wimmerte ich vergeblich, denn das Wachs war bereits aufgetragen...

Rrriiiitsch..!
 

Oh Gott erlöse mich!
 

Worauf hab ich mich hier eingelassen?
 

Als ich wenig später auf dem Bauch lag und man meine Waden, Oberschenkel und Pobacken auf die gleiche Weise misshandelte, dachte ich eigentlich, dass ich das Schlimmste nun überstanden hätte, doch dann sagte die Teufelsstimme neben mir:

„Bitte hinknien.“

Ich fühlte mich schon gar nicht mehr zurechnungsfähig und rappelte mich nur mühsam auf, doch bereute ich es sofort, als ich dieses blöde beschissene doofe Wachs an einer weiteren sehr intimen und empfindlichen Stelle spürte!

„Nicht den Arsch!

Nicht den Arsch!

Nicht den Aaaarrrrrggghhh.. fuck!!!“

fluchte ich ein letztes mal so laut ich konnte, eh ich zusammen sackte und völlig aufgelöst liegen blieb.

„Bitte aufstehen“

hörte ich eine der Damen sagen und so knurrte ich unwillig.

Ein auffordernder Klatscher auf meinen nackten gewachsten Arsch brachte mich dazu, mich doch schwerfällig hoch zu hieven und mich wieder auf den Boden zu stellen.

Meine Beine zitterten abartig und hielten mich nur gerade so aufrecht.
 

Nachdem eine der beiden Frauen nun verschwunden war, cremte mich die andere von oben bis unten ein und ließ es zu meiner Schmach nicht zu, dass ich mich wenigstens um die Körpermitte herum selber einschmieren konnte.
 

Was soll's...
 

Meine Würde wurde ja in der Wanne bereits weich gekocht und liegt nun an kleinen Papierstreifen klebend im Mülleimer...
 

Wie ein Häufchen Elend stand ich da und wartete auf die nächste Folterstation, denn sie wirkten nicht so, als wären sie schon fertig mit mir.

Einen Wimpernschlag später stand die Andere wieder mit einem Bademantel in der Tür und zog mir diesen auch gleich an.

Gestresst und beinahe ohne Gegenwehr ließ ich mich zum nächsten Raum schieben und wurde dort auf einen Stuhl gesetzt.

Vor mir ein großer Spiegel und rundherum Utensilien, die ich einem Friseur zuordnen würde.

Mein kleines Handtuch riss man mir nun auch vom Kopf und ein Typ kam auf mich zu, lächelte vergleichsweise freundlich und machte sich gleich über meine Haare her.

„Du bist der erste junge Mann, denn ich da raus kommen sehe, sonst schleppt Hishinuma nur Mädels an“

begann er ein Gespräch mit mir und ich versuchte ihm einigermaßen entgegenkommend zu antworten:

„Heißt das, ich bin nicht der Einzige, der durch diese Hölle musste?“

Er schmunzelte und sagte:

„Nein, Hishinuma-Junior hat irgendwie einen Sammeltick, glaube ich.

Jedes Mädchen, das er bisher gebracht hatte, hat was Einzigartiges, darum bringen sie ihm vermutlich auch soviel Geld ein.

Aber was weiß ich schon, ich bin nur ein unterbezahlter Friseur.“

„Mhm...

Ist er irgendwie irre, oder so?“

hakte ich im Flüsterton nach, während der Typ die Knoten aus meinen Haaren kämmte und er abermals grinste:

„Nein, der ist eigentlich ganz in Ordnung, wenn einer von Denen gut ist, dann er.

Sein Vater war schlimmer, als er noch dafür zuständig war.“

Seufzend entspannte ich mich langsam etwas, da diese gruseligen Frauen endlich außer Sicht waren und hauchte kaum hörbar:

„Aha... schlimmer also...“
 

Na klasse...
 

Ich hoffe, dass ich dem nie begegnen muss...
 

Der Friseur befeuchtete meine Haare noch einmal kurz mit Wasser und begann dann zu schneiden, während er mir erklärte:

„Ich werde dir nur die Spitzen schneiden und etwas an den Seiten raus nehmen, für Färben haben wir heute keine Zeit.

Ein wenig stylen werde ich sie noch, sobald der Schnitt fertig ist, dann siehst du wie ein ganz neuer Mensch aus.“

„Ich fühle mich auf jeden Fall schon mal viel nackter, als ich vorhin reingekommen war...“

murmelte ich im Gedanken an das Martyrium beim Wachsen und hörte es hinter mir grinsen:

„Ich hab dich schreien hören, da hast du mir ja schon leid getan.“

„Wenigstens Einer der hier Mitleid mit mir hat...“

nuschelte ich leise vor mich hin und beobachtete fasziniert das Tun des Friseurs.
 

Frisuren waren mir ja damals nie sonderlich wichtig, erst seit ich wusste, dass ich meine Eltern damit schocken könnte, würde ich mir die Haare färben, aber ich wusste leider nie so richtig welche Farbe und Muse hatte ich dazu sowieso nicht, also musste ich notgedrungenermaßen meiner Erzeugerfront dieses Ärgernis ersparen.

Beim Friseur saß ich auch nur ein mal im Jahr fürs Schülerfoto im Klassenalbum.

Aber jetzt muss ich zugeben, es ist sehr angenehm, wenn einem Jemand so durchs Haar wurschtelt.

Mit ein wenig Wachs und 'ner Menge Spray zauberte der Typ mir sogar ein kleines Kunstwerk auf den Kopf.

Kaum war er mit mir fertig, stand schon wieder eine dieser beunruhigenden Damen vor mir, doch diesmal überreichte sie mir nur meine Klamotten – frisch gewaschen und ein neues paar Socken!

Selbst die Schuhe sind gewaschen worden!

Nun sind meine Totenköpfe leider nur noch graue Flecken auf dem Rot.

Ich durfte mich nun sogar selbstständig in eine Ecke verkrümeln und mich ohne fremde Hilfe anziehen.
 

Moah, wie das duftet!
 

Ich schnüffelte mehrmals an meinem Shirt und sog den Duft des Waschmittels ein, bis ich niesen musste.

Mir blieb allerdings keine Zeit, um mich weiter an aller Ruhe mit meinen Sachen zu beschäftigen, denn man musste mich ja wieder bei diesem Hishinuma abliefern, also ging es wieder zurück zum Fahrstuhl und ein Stockwerk höher, wo Besagter an einem hohen Tisch auf einem Hocker saß.

Er telefonierte angeregt und schlürfte Kaffee nebenher, vor ihm lag noch eine Zeitung und ein Netbook.

Wartend stellte ich mich seitlich hinter ihm an eine Säule und blickte hinüber zur Hotel-Rezeption, wo zumindest mal eine der Angst einflößenden Frauen augenscheinlich irgendwelche Unterlagen sortierte.

Dann endlich schien er sein Gespräch beendet zu haben und vernahm mich im Augenwinkel, bevor er sich zu mir drehte und anerkennend pfiff.

„Wow...!

Da haben sie ja wieder ganze Arbeit geleistet.

Aus meinem Straßenkind ist ein richtiges Goldstück geworden!“

kommentierte er mein Äußeres und ließ mich auch gleich noch einmal drehen, eh er wieder zum Kernpunkt der Sache kam:

„Und, hast du was besseres vor, als mein Angebot anzunehmen?

Du hattest ja nun eine Weile, um darüber nachzudenken.“

„Naja... irgendwie hatte ich da unten ganz andere Sorgen...

Aber... ich denke, ich nehme es an...“

sprach ich leise, denn wenn ich mich schon verkaufen muss, dann lieber für mehr Geld und einem Dach über dem Kopf.
 

„Das freut mich überaus zu hören, Ruki.

Dann steig mal ins Auto und wir fahren zu meinem Kumpel“

hörte ich ihn sagen und wurde gleich mit einem Arm um die Schultern aus dem Gebäude geführt.

Wieder in der Limousine angekommen, klingelte Hishinuma's Handy und er ging ran.

Es klang nach etwas Geschäftlichem, was ich sicher sowieso nicht verstehen würde, also blickte ich aus dem Fenster und sah die Stadt an mir vorbei ziehen, die ich sonst nur zu Fuß durchquerte.

Als er das Gespräch beendete, wandte sich der neben mir Sitzende noch einmal an mich:

„Sobald du das Zeichen trägst, erwähnst du deinen bürgerlichen Namen besser nie wieder.

Das dient deinem Schutz, denn du hast zwar damit keinen hohen Rang, dafür aber ich und wer mir schaden will, der würde sich an dem vergreifen, was mir lieb und teuer ist – meine Firmen, meine Mädchen und nun auch dich.“

„Und was ist, wenn mich meine Eltern suchen sollten?“

wollte ich von ihm wissen und er antwortete mit kühler Stimme:

„Dann wirst du sterben.“

Auf meinen entsetzten Gesichtsausdruck hin lächelte er schief und ergänzte:

„Keine Angst, nur auf dem Papier.

Ich lege nur Leute um, die mich verarschen.

Wir werden sie in dem Glauben setzten, dass man dich tot und zerstückelt gefunden hätte.

Falls du also doch noch zu Mami zurück willst, Ruki... solltest du es tun, bevor wir gleich ins Studio gehen.“
 

Ich dachte noch einmal darüber nach, aber ich wollte nicht mehr auf der Straße leben müssen und zurück zu meinen Eltern will ich noch weniger.

Es würde eh wieder eskalieren und von vorne losgehen... und ohne ihr Geld würde ich auch nicht die Schule beenden und was 'Anständiges' lernen können, wie sie immer so schon betont haben.

„Ich kann nicht zurück... und ich will es auch nicht...

Einen vernünftigen Abschluss habe ich nicht und was ich später mal werden sollte, will ich auf keinen Fall.

Aber auf der Straße landen und da zugrunde gehen will ich auch nicht!

Ich bleibe dabei“

erläuterte ich meine Beweggründe und so nickte Hishinuma verstehend:

„Weißt du... ich wurde in den Clan hinein geboren und hab es meinem Vater zu verdanken, nicht als kleiner Taugenichts in unseren unteren Reihen anfangen zu müssen.

Und du solltest wissen, dass die meisten kleinen Lichter, wie du... gar nicht gefragt werden, ob sie denn einsteigen wollen oder nicht.

Wir sind da.“
 

Wir blieben vor einem Tattoo-Shop stehen und stiegen aus.

Drinnen empfing uns schon ein etwas älterer Herr, welcher uns sogleich weiter hinein führte und mich auf einem Stuhl platz nehmen ließ.

„Horitoku... schön das wir uns mal wieder sehen, wir haben ja bereits telefoniert“

begrüßte Hishinuma den Mann mit Brille, welcher selbst keine Tattoos zu haben schien – jedenfalls keine Sichtbaren.

„Ist er das?“

wollte der Herr wissen und der Angesprochene nickte:

„Du weißt, was du zu tun hast.“

„Selbstverständlich“

entgegnete der Tätowierer und begann sich sofort die Hände zu waschen und Handschuhe über zu ziehen.

Da ich allerdings nun eine Art Maschine erwartet hätte, die mir die Farbe unter die Haut jagt, war ich doch erstaunt, dass er nur mit einem Tintenfass und einer merkwürdigen Nadel zurück kam.

„Mach deinen Arm frei“

kam es von Hishinuma und so tat ich was er wollte.

Man sprühte mir nun den Oberarm mit irgendeiner Flüssigkeit ein und nun trug er die Farbe mit einem Pinsel auf meine Haut auf, bevor die ersten noch ziemlich schmerzhaften Stiche der Nadel sie unter meine Haut brachten.
 

Eigentlich sollte man meinen, ich sei nach der Folter vorhin an Schmerzen gewöhnt, aber mir scheint, dass ich eher noch etwas sensibler reagiere...
 

„Horitoku ist einer der besten Tätowierer Japans, der auch noch die traditionelle Technik anwendet.

Er brandmarkt alle meine Mädchen – und dich“

ließ mich mein neuer Boss wissen und zündete sich in einiger Entfernung eine Zigarette an.

„Bin ich nun dein Eigentum und hab mich jetzt an den Teufel verkauft?“

fragte ich mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht und der Gemeinte konterte:

„So kann man's auch sagen.“
 

Wenigstens war dieser komische Kreis, der nun Stück für Stück auf meinem Arm entstand, kein allzu hässlicher Schandfleck...
 

Als das Werk vollbracht und ich nun die Unterschrift Satans auf der Pelle hatte, verließen wir auch schon wieder den Laden und als wir wieder im Wagen saßen, fragte ich mal neugierig nach:

„Hast du eigentlich nichts besseres zu tun, als mich den ganzen Tag von A nach B zu schaffen?

Geschäfte oder so?“

„Was glaubst du, was ich hier mache?

Du bist jetzt mein 'Geschäft' und den Rest erledige ich am Telefon oder später“

schmunzelte er und erneut klingelte sein Handy.

Nach diesem Gespräch leitete er unseren Fahrer zu einer neuen Adresse, deren Straßennamen ich mit Sicherheit schon irgendwo mal gehört oder gelesen hatte.

Als wir wenig später in eine ruhigere Gegend einbogen, kam mir auch so vieles bekannt vor, aber erst als ich eine mir in letzter Zeit sehr vertraute Imbissbude am Straßenrand gegenüber vernahm, wusste ich auch, wo ich war.

Zwei Straßen weiter kamen wir zum Stehen und blieben vor einem nicht allzu hohem Gebäude stehen.

Hishinuma hatte mir zuvor nicht gesagt, wohin es gehen würde und hüllte sich auch jetzt in Schweigen.
 

Ein weiterer Mann empfing uns und führte uns weiter zum Fahrstuhl, dieser fuhr drei Stockwerke hinauf und um zum Vierten zu kommen, musste man noch die Treppe nehmen.

Dort ging es einen langen Flur entlang, wo am Ende eine Wendeltreppe hinauf in eine fünfte Etage führte.

Wir standen kurzzeitig oben, als der Mann einen Schlüssel überreichte und uns wieder verließ.

„So, wir sind da“

sagte Hishinuma neben mir und schloss auf.

„Und was machen wir hier?“

wollte ich von ihm wissen und so öffnete er die Tür:

„Das wird deine neue Wohnung werden, es muss noch renoviert werden und ein paar Möbel brauchst du sicher auch noch, aber fürs erste tut es auch das Klappbett, dass ich extra für dich nachher noch liefern lasse.“

„Meine?

Eigene?

Wohnung?“

fiepte ich ungläubig und blickte mich nach einem Nicken seinerseits genauer um.
 

Der Normal-Mensch würde es sicher alles andere als wohnlich bezeichnen, aber für mich zählte, dass es vier Wände, eine Tür und sogar ein Dach hatte, dass mich vor Wind und Wetter schützen würde.

Hier waren auch noch ein Klapptisch, Klappstühle und ein rostiges Regal.

Das ist weit mehr, als ich in den letzten Wochen hatte!

„Ich geb dir ein paar Tage frei, damit du hier ein wenig aufräumen kannst, sobald du deinen ersten Auftrag erledigt hast, kannst du dir die ersten Renovierungskosten leisten, deine Schulden bei mir abstottern und von deinem Geld leben.

Alle meine Mädels bekommen von mir ein Handy, dass sie nur und ausschließlich dazu nutzen, um mit mir Kontakt aufzunehmen und anders herum.

Wer ein privates Telefon will, muss das selber bezahlen.

Die Leitungen hier funktionieren noch alle und Strom ist auch da“

zählte Hishinuma auf und ich horchte auf, als er einen kleinen Koffer auf den Klapptisch stellte und sagte:

„Ein paar Kleinigkeiten wären da noch im Vorfeld.“
 

Ich wusste es gibt einen Haken...
 

Und von was für Schulden spricht er überhaupt?
 

Sicher die, die mir die Wellness-Folter beschert haben, die Bleibe hier und nicht zu vergessen mein hübsch in Folie eingepacktes neues Bildchen auf dem Oberarm.
 

Er holte ein kleines, eingeschweißtes Päckchen heraus und überreichte es mir:

„Das sind ein Stofftuch und ein T-Shirt, du nimmst beides selbst aus der Verpackung.“

„Ähm Ok... danke...?“

kam es unschlüssig und ratlos von mir, denn ein wenig merkwürdig erschien es mir schon.

Als ich Beides ausgepackt und in den Händen hielt, klärte er mich auf:

„Reine Formalität.

Sollten wir dich mal suchen müssen, aus welchen Gründen auch immer, sei es weil dich jemand entführt hat oder du dich unbefugt aus dem Staub machst, dann setzen wir Hunde ein, um dich zu finden.

Darum wirst du mindestens eine Woche nur in diesem Shirt schlafen, damit dein Geruch sich dort festsetzt.

Das Tuch ist nur ein Zusatz, den du nicht brauchen wirst, dass wird nur den Damen überreicht.

Kannst es ja zum Staubwischen nehmen oder so...“

„Alles klar... was machen die denn mit dem Tuch?“

hakte ich noch etwas verpeilt von den Informationen nach und er erklärte:

„Ich hab mir die Methode von ein paar korrupten Bullen abgeguckt, wie sie fluchtgefährdete Gefängnisinsassinnen damit wieder finden.

Das Tuch wird untenrum benutzt, die Details erspar ich dir.

Aber bei Männern klappt das leider nicht so ganz...

Wie auch immer, in einer Woche holt jemand dein Shirt wieder ab und dann kannst du tragen, was immer du willst.

Sobald ich deinen ersten Termin organisiert habe, bringe ich dir das, was du dafür anziehen sollst.

Morgen kommt noch mal jemand und bringt meinen persönlichen Arzt mit.

Dir wird eine Haarprobe entnommen und Blut wird auch abgenommen, einen Becher für Urin-Tests gibt’s ebenfalls und ansonsten wirst du einmal komplett untersucht, ob du auch wirklich vollkommen gesund bist.“
 

Oh man... was für ein Stress...
 

Und schon wieder nackig machen...
 

Naja, da kann ich mich ja wenigstens schon mal dran gewöhnen, das werd ich dann wohl demnächst öfter sein...
 

„Und wie war das mit der Entführung noch mal?“

hakte ich mit hochgezogener Augenbraue nach und Hishinuma grinste:

„Keine Panik, so schnell entführt hier niemand irgendwen und wenn du dich unauffällig verhältst, die Regeln beachtest und deinen Job erfüllst, passiert dir auch nichts weiter.“

„Na da bin ich ja beruhigt...“

murmelte ich zerknirscht und beobachtete mein Gegenüber, wie er den Koffer zusammen klappte und sich noch einmal an mich wandte:

„Nimm's nicht so dramatisch Kleiner, es gibt weit mehr Leute in unseren Reihen, die nicht so nett mit dir umgehen, wie ich es tue.“

Auch wenn ich diese Aussage zu diesem Zeitpunkt weder bestätigen konnte noch bestreiten, so musste ich zugeben, dass meine Lebensumstände sich dank ihm doch deutlich verbessert hatten.

Mit seinem Koffer unterm Arm stand er an der Tür und wies mich noch auf das ein oder andere hin:

„Also... sieh dich hier ruhig ein wenig um und mach dir Gedanken, was du aus der Hütte machen willst, das bleibt vollkommen dir überlassen.

Von mir aus hol dir nachher noch etwas zum Essen, aber morgen früh dann nichts mehr, bis der Onkel Doc da war, er will dich auf nüchternen Magen testen.

Ich muss jetzt weiter, eines meiner Mädchen hatte letzte Nacht eine Auseinandersetzung mit ihrem Kunden und den suche ich jetzt auf.

Ich melde mich spätestens mit deinem ersten Auftrag bei dir und bis dahin hast du auch dein Diensttelefon erhalten.“

Damit legte er den Haustürschlüssel auf den Klapptisch und verabschiedete sich kurz angebunden.
 

Oh, Matsumoto... worauf hast du dich eingelassen...
 

Jetzt bist du mehr oder weniger offiziell 'ne Nutte... sogar mit Stempel auf dem Oberarm...
 

Dabei hast du noch nicht mal den leisesten Hauch einer Ahnung davon, was da auf dich zukommt...
 

Aber wenn es so viele Leute machen... dann kann's doch nicht sooo schlimm oder schwer sein... oder?
 

Und wenn Hishinuma mich vermittelt, dann muss ich auch keine Angst haben an geisteskranke Irre zu geraten... oder?
 

Abwarten...
 

Im schlimmsten Fall wird er mich wieder auf die Straße setzen...
 

Sofern er mich nicht doch noch umlegen lässt.
 

Seufzend schlürfte ich zu einer alten abgegriffenen Holztür mit Glasscheiben an der Seite und erkannte, dass es sich um eine Balkon-Tür handeln musste, welche man öffnen kann.

Sofern der Griff nicht abgebrochen daneben liegen würde...

Eine Leitung samt Wasserhahn verlief links an der Wand daneben entlang und darunter stand nur eine Schüssel.

Kurz probierte ich, ob da Wasser fließen würde und tatsächlich kam welches; zunächst leicht bräunlich, doch das änderte sich kurz darauf.

Ich drehte das Wasser wieder zu, denn zu verschenken gab es hier nichts und zum spärlichen Waschen würde es allemal reichen.

Ich sah mich weiter um und trat durch einen herunter gekommen Türbogen, dessen Holz genauso abgegriffen war wie die Balkontür und eigentlich auch alle anderen Hölzernen Türen.

Mich störte es weniger, denn wie gesagt... es war viel mehr, als ich bisher hatte.

Gleich neben dem Durchgang befand sich eine weitere Tür, welche ich öffnete und mir beinahe die Augen heraus kullerten.

„Eine Badewanne!!“

entkam es mir überrascht, auch wenn sie nicht die schönste war, aber es war eine Badewanne!

Auch hier war etwas weiter neben der Wanne ein Wasserhahn, welchen ich aber nicht zu öffnen wagte, da sich dort keine Schüssel drunter befand.

Die Fenster hier machten allerdings einen weit besseren Eindruck, als die restlichen drüben. Vielleicht muss man sie nur abschleifen und neu streichen...

Eine kahle Wand mit ein paar aus der Wand hängenden Kabeln folgte und ein WC – ohne Deckel...
 

Besser ein Klo ohne Deckel, als ein Fass ohne Boden...
 

Aber wenn ich schon mal hier bin, kann ich es auch gleich mal auf Funktion testen.
 

Entgegen meiner Erwartungen funktionierte die Toilette einwandfrei und ich fühlte mich zudem etwas erleichtert.

Grenzt schon fast an Luxus, wenn man seine Geschäfte nicht in irgendeiner dunklen Gasse neben einem Hundehaufen verrichten muss und nur Zeitungspapier hat.

Ich kramte in meiner Tasche nach meinem letzten erbeuteten Geld und stellte fest, dass es nicht mehr in der rechten Tasche war, sondern in der linken.

Wahrscheinlich haben sie es vorhin nach dem Waschen einfach wieder rein geschoben...

Ich, als mittlerweile eingearbeiteter Langfinger, hätte es womöglich mitgehen lassen.
 

Es klopfte an der Tür und so ging ich hinüber, öffnete und wurde gleich aus dem Weg geschoben.

Man rollte mein versprochenes Klappbett hinein und wies darauf hin, meine Türklingel doch bitte anzustellen.

Die Leute verabschiedeten sich ziemlich schnell wieder und so hatte ich keine Zeit verloren, dass Bett auszupacken und hatte sogar extra Kissen und Decke bekommen.

In einer Ecke vom Bett klemmte ein Umschlag, ich zog ihn hervor und las:

'Kauf dir von dem Schein das Nötigste.

Essen, Trinken, Zahnbürste, Seife und was du sonst noch brauchst.

Ich zieh es dir später vom Lohn ab.'

Der Brief konnte nur von Hishinuma sein...

Da sich nun so langsam meine Schulden bei ihm und auch bei Edgar häuften, hoffte ich doch sehr, dass ich mit meinem neuen Job klarkommen und Geld einnehmen würde.

Denn wer will schon bei 'nem Mafiosi in der Kreide stehen?
 

Damals wusste ich noch nicht, was ich alles aus meinem eigenen kleinen Reich zaubern konnte.

Ich hab einige Wochen später wirklich viel umbauen lassen und hab dafür sogar ein paar Nächte in einer Herberge verbracht, da ich mir ganz große Fenster in Schlaf- und Wohnzimmer vorgestellt habe und die allein waren schon nicht billig.

Auch die klobigen alten Heizkörper hab ich entfernen lassen, weil die ja vor den Fenstern furchtbar ausgesehen hätten und hab deshalb nun eine Fußbodenheizung.

Nach und nach hatte ich mit meinem eigens verdienten Geld meine gesamte Wohnung saniert und nach meinem – zugegebenermaßen ausgefallenem Geschmack eingerichtet.

Ich liebe Dunkelrot und Gold... und Fellmuster!

Und ich hab meine Liebe zu Mahagoni-Holz entdeckt und mein großes Bett ist der Wahnsinn!

Vom ganzen Hightec-Kram, der sich mittlerweile bei mir angesammelt hat, ganz zu schweigen.

Auch hätte ich nie gedacht, dass ich einen grünen Daumen besitze, aber was soll man sonst in seiner Freizeit machen, außer Shoppen?

Darum hab ich sogar auf dem Balkon Pflanzen und ja, es ist mir sowas von wurscht, ob ich damit wie eine alte Oma wirke!

Es ist mein kleines Paradies, hier lasse ich niemanden hin.

Nur mein Koron und Sayuri dürfen sich hier aufhalten.

Hishinuma kommt selten vorbei und wenn dann nur um meinen Teil vom Geld abzuliefern, aber seine Freundin Sayuri wird gleich bei mir sein und dann gehen wir ausgiebig shoppen und anschließend fein Essen.
 

Von ihr und wie ich zu meinem Hündchen Koron kam, bzw. wie mein erster Auftrag verlief, erzähle ich dir dann ein andermal.

Jetzt mach ich mich fertig, damit sie nicht wieder so lange auf mich warten muss – ich bin in den letzten fünf Jahren leider eine ganz schöne Diva geworden, was meine Klamottenauswahl-Zeremonie betrifft...

Also bis dann, Ruki.
 

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Da bin ich auch schon wieder und hatte ein noch nicht allzu spektakuläres Kapitel dabei, aber wie so üblich, muss sich immer erst alles nach und nach aufbauen.

Wie schon mal irgendwo erwähnt, werde ich erst mal erzählen, wie Ruki zu allem kam und wie er sich und seine Umgebung mit der Zeit verändert.

Mit der Tür ins Haus fallen und dann nur heiße Luft da lassen ist nicht so mein Stil ö.ö

Ich hoffe dennoch, dass ihr ein wenig Spaß beim lesen hattet und wenn ihr möchtet freu ich mich natürlich über Feedback.

http://streamcloud.eu/xzcehr7rmzdl/Film_Projekt_.mp4.html

Da könnte ihr dann sehen, was aus der Bruchbude geworden ist und den Charakter-Link hab ich inzwischen auch eingefügt, falls sich wer noch Bilder dazu reinziehen möchte.

Mit Fehlern will ich nix zu tun haben xD

Dann noch mal vielen Dank für die Reviews und Favos, denn ich dachte schon, dass nun Alle wegen dem Sad-End streiken ö.ö

Umso mehr freue ich mich, dass ihr dem doch eine Chance geben wollt :) <3

Der erste Auftrag

Tut mir leid, es hat ein paar Tage gedauert, bis ich wieder Zeit zum Schreiben fand, aber ich hatte dich ja schon vorgewarnt, dass das durchaus passieren kann.

Nachdem Sayuri und ich die Innenstadt leer geshoppt hatten und essen waren, sind wir noch zu mir und haben einen über den Durst getrunken.

Am Tag danach ging's mir ziemlich elend und ich hatte zu nichts Lust, aber einen Auftrag hatte ich zum Glück auch nicht, also war das kein großes Problem.

Sayuri hat bei mir geschlafen und dies bot sich auch an, da Hishinuma eh vorbeikommen wollte, um mir meine Kohle zu bringen, da hat er seine Freundin gleich mit abgeholt.

Er weiß, dass sie sich nicht scheut öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen... und er hasst es, da er immer befürchtet, irgendein widerlicher Lüstling würde Hand an sie legen.

Darum würde er sie lieber persönlich durch die Stadt kutschieren, als sie wissentlich dieser und anderen Gefahren auszusetzen.

Ich glaube, er liebt sie wirklich...
 

Erinnerst du dich, als ich dir von dem Mädchen erzählte, das an der Theke des Cafés auf ihre Bestellung wartete?

Das war sie...

Ich glaube, wir mochten uns auf den ersten Blick...

Damals wusste ich noch nicht, ob sowas überhaupt möglich ist.

Oder etwas, dass der Liebe auf den ersten Blick gleich kam.

So würde ich es zwar auch nicht nennen, aber irgendwie... musste es dennoch so etwas sein.

Ich kann dir nicht mal beschreiben, wie unsere Beziehung zueinander ist, aber ich geb mein bestes es dir zu erklären.
 

Es ist ungefähr drei Jahre her, als ich sie das erste mal seit damals im Café wieder gesehen hatte.

Ich kann mich sogar noch genau daran erinnern, wie Hishinuma den Kopf in den Wolken hatte, vor lauter Verliebtheit.

Er hatte sie bei einem Treffen mit einigen seiner Leute gesehen und schon war es um ihn geschehen, sagte er mir.

Sie war die Tochter einer seiner Geschäftsleute und ihr Vater wollte sie sozusagen meistbietend versteigern.

Wer ihm in der Runde das meiste Geld für sie anbietet, der sollte sie auch haben und ehelichen dürfen.

Ich hatte meine Meinung darüber natürlich zurückgehalten, da ich es noch nie verstehen konnte, wie man seine eigenen Töchter wie Vieh verschachert...

Andererseits muss ich zugeben, Sayuri hatte Glück, dass Hishinuma so hin und weg von ihr war, dass er ein ziemliches Vermögen für sie geblecht haben musste.

Aber... er hatte die Kohle ja, also warum sollte er geizen, wenn die Sache den Preis wert ist?

Viele seiner Geschäftspartner, Kumpels und Kollegen hätten sie wahrscheinlich weniger nett behandelt.

Hishinuma weiß wie man mit Frauen umzugehen hat, was man von so manchen dieser Leute in solchen Runden nicht behaupten kann...
 

Eines Tages kam er nämlich mal bei mir vorbei, um mir, wie üblich, meinen Anteil an der Kohle vorbei zu bringen und hatte einen seiner Freunde dabei.

Höflichkeit war jedenfalls nicht die Stärke dieses ungebetenen Gastes...

Er sagte nicht Guten Tag oder etwas dergleichen, nein, das erste was ich von ihm hörte war:

„Hast du was zum Ficken da?“

Ich schwieg und sah Hishinuma mit den Augen rollen, als er diesem antwortete:

„Nein, hat er nicht und wir sind hier auch schon fertig.“

Der Typ sah nun genauer zu mir und leckte sich die Lippen, was wiederum auch mein Boss mitgekriegt haben musste, denn er sagte:

„Vergiss es, der Kleine da ist viel zu wertvoll für dich.“

Er schubste den Kerl zur Tür hinaus und schloss diese für einen Augenblick, um mir etwas zuzuflüstern:

„Alter Schulfreund von mir...

Blöd, aber reich.

Und ich lass mir den Deal mit seiner Familie nicht entgehen.

Tut mir leid, wegen der Unannehmlichkeiten.“

„Schon Ok...“

flüsterte ich zurück und verabschiede dann auch Hishinuma.
 

Aber zurück zu Sayuri.

Nach dem sie quasi gekauft worden ist, war sie dann plötzlich eines Tages in der kleinen weißen Limousine und sah mich mit ihren wunderschönen Augen an, sagte aber kein Wort, bis wir einander vorgestellt wurden.

Ich erkannte sie, nach einiger Überlegung wieder und sie schien von Anfang an genau zu wissen, wer ich bin.

Die Beiden waren auf dem Weg zu seinem Vater und ich wurde nur zu einem Auftrag gebracht.

Normalerweise teilen Hishinuma's Mädchen und ich uns fünf etwas weniger prunkvolle Limousinen, aber eine war in der Werkstadt und die anderen vier waren schon vergeben, also hat man mich kurzerhand bei meinem Termin abgesetzt und mein Bodyguard musste draußen stehend warten, statt wie sonst, im Wagen sitzen bleiben zu dürfen.
 

Sayuri ist nicht ihr Geburtsname, aber auch bei ihr wird Hishinuma darauf bestanden haben, dass niemand diesen erfährt.

Ich weiß nicht, ob seine Vorsicht übertrieben ist, oder ob wir dank dieser so manches Mal um brenzlige Situationen herum gekommen sind, ohne es mitzukriegen.

Mir kann es im Grunde ja auch egal sein, denn es ist schließlich die Person, die man mag und nicht ihr Name.

Wir lernten uns recht schnell besser kennen und wurden sozusagen die besten Freunde, nachdem sie öfter bei mir bleib, während Hishinuma nicht in Tokyo war.

Es macht mir seltsamerweise nichts aus, dass sie in meiner Wohnung ist, denn eigentlich stört es mich, wenn jemand anderes hier ist.

Schon nach sehr kurzer Zeit fühlte es sich an, als würden wir uns schon ewig kennen.

Sie hat mir auch erzählt, dass sie einige Zeit brauchte, für sich selbst zu akzeptieren, dass sie sich dem Willen der Mächtigen unterzuordnen hat.

Wie ich...
 

Sayuri war nicht von Anfang an in meinen Boss verliebt, aber sie hat ihn lieben gelernt.

Sie sagte mir, dass er sie nicht unter Druck setzen wollte, mit einer Heirat oder einer Familie gründen, was ihr sicherlich half mit allem klarzukommen.

Er soll sogar ein richtiger Romantiker sein und ihr Blumen schicken, wenn er mal länger außerhalb bleibt.

Ich weiß nicht, ob ich das süß oder kitschig finden soll, aber solange es ihr gefällt, soll er es machen.
 

„Masato hat mir einen Antrag gemacht“

hatte sie mir nun vorgestern erzählt, als wir nach dem Essen noch zu mir gegangen sind und aus diesem Grund haben wir unsere kleine Feierlichkeit ziemlich ausschweifen lassen.

„Ich hab Ja gesagt.

Ich freu mich“

sagte sie mit einem ehrlichen Lächeln und so konnte ich mich auch für sie mit freuen.

„Wann und wo soll es denn sein?“

wollte ich von ihr wissen und sie begann zu erzählen:

„Ich wäre ja für etwas kleines Bescheidenes gewesen, aber Masato will unbedingt an einem hawaiianischen Strand im Sonnenuntergang heiraten.“

„Leisten kann er's sich ja... der alte Romantiker!“

scherzte ich und beobachtete das glücklich aussehende Lächeln auf ihrem Gesicht.

Ich weiß, wie es aussieht, wenn Sayuri sich wirklich freut, denn sie ist keine der Frauen, die schrill quietschend wie ein Gummiball im Raum herum hüpfen.

Es ist die Ausstrahlung oder Aura, welche sie umgibt, woran man es bei ihr merkt.

Ich kann mir jedenfalls gut vorstellen, warum Hishinuma sie liebt.
 

Ob ich sie auch liebe?

Eine Frage. die ich dir so leicht nicht beantworten kann...

Ich liebe sie, wie eine Schwester, manchmal wie eine Mutter, mehr als eine Freundin und manchmal bin ich mir nicht sicher, ob nicht noch etwas anderes dahinter steckt.

Eine Seelenverwandtschaft womöglich.

Seit wir uns begegnet sind, glaube ich zumindest daran, dass es so etwas gibt.

Vielleicht ist es auch nur deshalb so, weil ich sonst niemand Vertrautes habe und sie auch nicht.

Vielleicht ist es einfach Schicksal.

Vielleicht auch nicht...

Wer weiß das schon?
 

Aber es gibt da noch jemanden in meinem Leben, der sehr viel Platz in meinem Herzen einnimmt und wo das Schicksal uns eindeutig zusammen gebracht hat.

Koron, mein kleines Herzchen.

Mein Fellknäuel.

Ihn habe ich seit fast fünf Jahren; einige Wochen nachdem damals der Umbau an meiner Wohnung endlich abgeschlossen war.

Ich weiß es noch genau... es war morgens, Ende November und ich kam gerade von einem Auftrag wieder.

Mein Bodyguard hatte mich, wie so oft, auf eigenen Wunsch an der Ecke abgesetzt und so schlürfte ich wie fast jeden Tag, wenn Edgar schon geöffnet hatte, meinen Kaffee.

An diesem Morgen fand ich mein größtes Juwel...
 

Das kleine Geschöpf war wie ich damals, halb verhungert, halb tot und noch ein Baby.

Ich hab ihn am Straßenrand gefunden, er war in einem Karton ausgesetzt.

Es war arschkalt und nass.

Ich hatte die Schachtel zunächst nicht weiter beachtet, welche irgendwann nachts lieblos, einige Meter weiter an den Bordstein gestellt worden sein musste und trank die wärmende schwarze Brühe am Imbissstand von Edgar, welchem ich übrigens schon längst meine Schulden bezahlt habe und nun so oft ich kann bei ihm essen gehe.

Ich sah im Augenwinkel, wie sich vermutlich ein Straßenstricher diesen Karton schnappte, den Inhalt einfach auskippte und mit dem Ding um die nächste Ecke verschwand.

Er tat mir leid, ich wusste ja schließlich nur zu gut, wie das Leben auf der Straße ist.

Dann ist man dankbar für jedes Bisschen, was die Überlebenschance auch nur gering steigen ließ.

Ich schaute noch einmal in die Richtung und da sah ich, wie sich der leblos geglaubte, an den Straßenrand entsorgte Inhalt zu bewegen begann und ich lief hinüber.

Ich hatte zum Glück meine Kontaktlinsen drin, sonst hätte ich es sicherlich nicht gesehen, denn ich bin leider eine ziemliche Blindschleiche ohne Brille.
 

Nun stand ich vor einem der abscheulichsten Anblicke, die ich je gesehen hatte.

Große ängstliche Kulleraugen blickten mich an, dann sank das winzige Köpfchen zu Boden und die Augen schlossen sich.

Ich sank auf die Knie und hob das arme nasskalte Ding auf den Arm, prüfte ob die toten Leiber seiner vermutlichen Geschwister noch atmeten, doch sie waren alle kalt und starr.

Sofort steckte ich das zitternde Bündel in meine Jacke, um es zu wärmen und ging zurück zum Stand, trank meinen restlichen Kaffee aus und würde damit hoffentlich ein bis zwei Grad mehr Wärme erzeugen.

Es war nicht weit von hier, bis zu meiner Wohnung und darum lief ich so schnell ich es mir zutraute mit dem hilflosen Geschöpf an meiner Brust nach Hause.

Dort ließ ich ohne Umschweifen eine Schüssel mit warmen Wasser voll laufen, zog das winzige Bündel Elend vorsichtig aus meiner Jacke hervor und setzte ihn in das wohltuend warme Nass – nicht zu heiß, selbstverständlich.

Ich traute mich kaum den kleinen Körper zu berühren und hielt mit ebenfalls zittrigen Händen das Köpfchen über Wasser.

Seine sanften Augen blickten mich an, als wolle er sagen: nett von dir... aber in so einer scheiß Welt will ich nicht leben.

Er schloss die Augen und ich bekam Panik.

Ich wollte nicht, dass der Kleine einfach stirbt, er durfte es einfach nicht.

Flink wusch ich ihm den ganzen klebrigen Dreck aus dem zarten Welpenfell und legte ihn in ein vorgewärmtes Handtuch, lauschte vorsichtig am Näschen und vernahm, dass er noch atmete.

Schwach und leicht röchelnd, aber er atmete!

Meine ebenfalls nun verdreckten Klamotten flogen achtlos in den Wäschekorb und ich ging, nackt wie ich war, sofort mit dem kleinen Tier zu meinem Bett.

Das war das erste mal, dass ich nicht erst noch duschen war, wenn ich von einem Kunden nachhause kam und es war auch das einzige Mal.

Das Fell war nun Handtuch-trocken und ich bettete das Bündel direkt an meiner nackten Brust, legte behutsam meinen Arm um den winzigen Körper und hoffte inständig, dass mein neustes Juwel keines der Wesen war, die der Straße zum Opfer fielen.

Ein ganz seichtes Atmen war von der winzigen Schnauze zuhören, die unter der Decke hervorlugte.
 

Die Nacht allerdings forderte nun auch bei mir ihren Tribut, ohne das ich es wollte, schlief ich ein und wurde am Nachmittag von etwas ganz komisch Feuchtem geweckt.

Verpeilt öffnete ich ein Augen und blickte direkt in schoko-braune Knopfäuglein, ich erschrak im ersten Moment und wich ein paar Zentimeter zurück.

Die rosa Zunge verschwand im Schnäuzchen und der Kopf des kleinen Tierchens legte sich schief, als er mich ansah.

Meinem Fund von heute morgen schien es deutlich besser zu gehen und nun fielen mir auch die zwei hellen Punkt über seinen Augen auf, die ihm letztlich seinen Namen verliehen: Koron.

Ich musste unwillkürlich lächeln und dass das passiert ist wahrlich selten.

Auch wenn es dem kleinen Geschöpf besser zu gehen schien, so hatte er keine Kraft sich zu erheben und fiel auf die Seite.

Ich wusste nicht, wie man einen Welpen auf päppelt und holte ihm erst mal ein Schälchen Wasser,

Koron steckte die Schnute hinein und musste niesen.
 

Offenbar kann er noch nicht mal aus einer Schale Wasser saufen...
 

So tupfte ich meinen Finger hinein und hielt ihm diesen vor die Schnauze, er schnüffelte und rieb seine Nase dagegen.

Also probierte ich es noch einmal und diesmal leckte die kleine rosa Zunge die Tropfen unbeholfen ab.

Wieder musste ich lächeln und wurde mir selbst schon irgendwie unheimlich...

Das ganze wiederholend, zeigte ich dem Winzling, dass man durchaus auch aus einer Schale lecken kann, statt vom Finger und er begriff das auch ganz schnell.

Obwohl er zunächst seine Schwierigkeiten hatte abzuschätzen, wie weit sein Schnäuzchen ans Wasser kann, bis es in der Nase kribbelt.

Ich hatte das Tierchen sofort ins Herz geschlossen, eines der wenigen Dinge, die ich, kaum das ich sie besaß, nie wieder hergeben wollen würde.

So stand ich zufrieden vor meinem Bett und stützte triumphierend die Arme in die Hüften, hatte mir dabei noch nicht einmal etwas angezogen und mein neuer kleiner Freund betrachtete sich meine Erscheinung.

Er schien seine Aufmerksamkeit auf meine ungefähre Körpermitte gerichtet zu haben und legte wieder einmal den Kopf schief.

Ich sah an mir herab und wieder auf das kleine Tier mit den großen Kulleraugen und dann ging mir ein Licht auf:

„Ooooh nein, das da ist nichts zum Essen!“

Er sah mich an und seine Kulleraugen wurden immer größer und so sprach ich beschwichtigend:

„Ok ok... ich besorg dir 'ne richtige Wurst, aber die da brauch ich noch...“

Abermals versuchte mein Findelkind aufzustehen und fiel erneut um.
 

Tja Matsumoto... so schnell wirst du Papi eines Welpen.
 

Ob er krank ist oder ihm was fehlt?
 

Ich hatte das kleine Tierchen mit ins Bad genommen und auf dem Boden auf ein Handtuch gelegt, damit er nicht aus dem Bett fallen würde, während ich duschte.

Es tat gut endlich die letzte Nacht von meiner Haut waschen zu können, ich hätte es ja normalerweise noch vor dem Schlafengehen gemacht, aber was tut man nicht alles für so ein süßes Fellknäuel?

Ich beobachtete den kleinen Fratz, wie er aus dem Handtuch robbte und versuchte auf seinen Beinchen Halt zu finden.

Er schaffte es nur kurz, aber er schaffte es!

Wieder musste ich lächeln...
 

Es stellte sich mir beim Duschen aber die Frage, ob ich einfach mit ihm zu 'nem Tierarzt gehen durfte oder ob Hishinuma ausflippt, wenn ich ein potenzielles, wenn auch winziges, Mutterschiff für Krankheitserreger beherberge.

Ihn fragen und riskieren, Koron nicht behalten zu dürfen oder ihn nicht fragen und einfach gehen?

Fragen.... nicht fragen... fragen... nicht fragen...
 

Mein süßer kleiner Schatz...
 

Welches behinderte Schwein schmeißt eigentlich bei der Kälte hilflose Chihuahua-Welpen auf die Straße?
 

Nicht nur, dass das grausam ist, aber so ein Tier kostet ein halbes Vermögen und wer schmeißt das einfach so weg und wieso?
 

Menschen sind mir einfach ein Rätsel...
 

Ich war dann doch mit ihm beim Tierarzt, ohne vorher gefragt zu haben, ob ich darf.

Man sagte mir aber Gott sei dank nur, dass Koron etwas geschwächt ist und etwas zu früh und zu rabiat von der Mutter weggenommen wurde.

Mit ein wenig Liebe und Aufmerksamkeit würde ich es mit ihm hinbekommen.

Der Tierarzt gab mir Pulver für eine Art Ersatzmilch mit und den Ratschlag, es einfach immer wieder mit Welpenfutter zu probieren, bis er es annimmt.

Dann hat er mir noch einige Fragen gestellt, wie ich zu dem Hund kam, nichts wildes.

Hishinuma muss ja nie erfahren, dass mein kleiner Schlingel auch ein Straßenköter wie ich war.

Und er weiß es bis heute nicht.

Oder er weiß es doch und es ist ihm egal, solange alles seinen Gang geht.
 

Ganz unten, im Erdgeschoss des Hauses, wohnt eine ältere Dame, die gerne auf meinen kleinen Liebling aufpasst, wenn ich mal mehr als sechs Stunden aus dem Haus bin.

Koron kann solange einfach nicht alleine bleiben, irgendwann fängt er an zu wimmern und nach mir zu rufen, es hatten sich damals einige Leute im Haus beschwert und da habe ich ihn zu ihr gebracht zum Hundesitting.

Im Gegenzug dafür ist sie dann nicht so alleine und ab und an, wenn sie mal wegen ihrer angeschlagenen Gesundheit länger im Krankenhaus ist, gieße ich ihre Blumen.

Sie geht Abends um 22 Uhr ins Bett und steht zwischen 4 und 5 Uhr morgens wieder auf, da kann ich ihn auch gleich abholen, wenn ich von einer langen Nacht wieder komme.

Sie weiß nicht wirklich, was ich tue, wenn ich so unterschiedlich lang weg bleibe, aber sie fragt auch nicht und das ist mir ganz recht.

Zumindest ist dies eine ganz gute Lösung, damit er nicht die halbe Nacht hindurch kläfft, da mich meine Nachbarn schon wegen der Umbauten damals ganz doll lieb hatten...
 

Eine meiner längsten und mir wohl auch mit am besten in Erinnerung bleibende Nacht, war meine allererste...

Damals hatte ich weder Koron, noch Sayuri, noch konnte ich meine Wohnung schon ein zu Hause nennen...

Es war eine gute Woche nachdem ich einen Vertrag mit dem Teufel geschlossen hatte, als dieser vor meiner Türschwelle stand und noch jemanden bei sich hatte, welcher ohne weiteres einen Kleidersack an mein rostiges Regal hing, Schuhe abstellte und ohne ein Wort wieder verschwand.
 

Gesprächige Leute, diese Mafiosi-Handlanger...
 

„Die Sachen müssten dir passen und wenn nicht... wirst du sie sicher eh nicht allzu lange anbehalten, denn du hast morgen Abend deinen ersten Auftrag“

wandte sich Hishinuma an mich, deute mir, dass ich mich zu ihm an den alten Klapptisch setzen solle.

Ich tat, wie er wollte und lauschte mit mulmigem Gefühl seinen Worten:

„Ich hab jemanden gefunden, der perfekt für dich ist.

Er hat eine ganze Menge für dich angeboten, denn er sammelt Jungfrauen, ganz gleich ob männlich oder weiblich.

Herr Asano kann dir sicher einiges beibringen und das macht er auch mit dem größtem Vergnügen.

Du wirst morgen Punkt 19 Uhr von einem meiner Bodyguards abgeholt, er wartet dann die ganze Zeit draußen auf dich und wird dich auch wieder nach Hause bringen.

Asano ist ein sehr geschätzter Geschäftspartner und das nicht nur von mir, darum tu einfach, was er sagt und mach dir keine Sorgen darüber, dass er dir irgendwas antut.

Das wird er nicht, der Mann ist anständig und hätte einen viel zu guten Ruf zu verlieren.

Er möchte, dass du in sportlich-elegantem Outfit erscheinst und natürlich, dass du gepflegt bist, also vergiss bloß nicht vorher zu duschen und gegebenenfalls zu rasieren.

Am besten du gewöhnst dir an, dich nach dem Duschen oder Baden einzucremen, dass verleiht meinen Mädels Haut, so sanft wie ein Baby-Popo und dies wiederum wissen sehr viele ihrer Kunden zu würdigen.

Sonst noch Fragen?“
 

Perplex blinzelte ich mein Gegenüber an und stammelte zögerlich:

„Äh... ich... ähm... weiß gerade nicht, was ich sagen soll...

Wie lange muss ich denn da bleiben?“

„Du bist von 20 Uhr abends bis 6 Uhr morgens gebucht“

antwortete mein Boss mir und ich riss die Augen auf:

„Zehn Stunden?!“

Hishinuma nickte:

„Zehn Stunden.“

„Oh Gott...“

krächzte ich und spürte wie jetzt schon die nackte Angst durch meinen Körper rauschte.

„Ganz ruhig Kleiner, Asano hat die Jungfräulichkeit von der Hälfte meiner Mädchen erkauft und nie hat mir eine der Damen etwas schlechtes von ihm berichtet.

Wie gesagt, er zahlt einen hohen Preis für deinen kleinen Arsch und darum wirst du auch ganz brav dort auftauchen und tun was er sagt.

Hab ich mich klar ausgedrückt?“

Ich nickte mit wummerndem Herzen und wischte den Schweiß von meinen Handflächen an meiner Hose ab.

„Schön.

Dein Dienst-Handy solltest du ja gestern bereits erhalten haben, falls also noch etwas ist, dann ruf mich an.“

Abermals nickte ich und Hishinuma begab sich zur Tür, bevor er das Wort noch einmal an mich richtete:

„Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe.

Wir wollen schließlich alle Drei, dass das hier funktioniert.“

Die Tür schloss sich hinter ihm und ich lehnte mich auf dem Klappstuhl zurück, um tief durch zu atmen.
 

Es ist also soweit...
 

Ganz ruhig...
 

Einen Tag hast du noch...!
 

Einen Tag, um es mir zu überlegen und gleich von der Brücke zu springen...
 

Fuck, jetzt sei kein Waschlappen!
 

Du hattest mehr als genug Gelegenheiten, die ganze Sache abzubrechen, also zieh den Scheiß jetzt einfach durch, verdammt...!
 

Einatmen... ausatmen... einatmen... ausatmen...
 

Mein Puls beschleunigte sich an diesem Abend noch mehrmals, sodass ich beinahe das Gefühl hatte, noch vorher an einem Herzkasper zu krepieren.

Essen hatte ich auch nicht wirklich runter bekommen und an Schlaf war die Nacht gar nicht erst zu denken.

Einmal hatte ich es kurzzeitig geschafft einzunicken, doch wachte ich schweißgebadet auf.

Es fühlte sich zudem seltsam an, die erste Nacht wieder ohne T-Shirt zu schlafen, denn das eine von Hishinuma, welches ich eine Woche, jede Nacht tragen musste, wurde gestern gleich abgeholt, als man mir das Handy brachte.

Früher bei meinen Eltern hatte ich nur nackt geschlafen, weil ich den Stoff der Bettwäsche so gern an meiner Haut spürte, aber es hatte damals noch etwas gedauert, bis ich mir ein schönes Bett mit neuer Bettwäsche leisten konnte.
 

Der nächste Tag kam und ließ mich gleich zu Beginn wieder meinen Herzrhythmus ins Chaos stürzen.

Ich kann mich nicht erinnern, ob ich jemals schon einmal so sehr aufgeregt war, wie an diesem Tag.

Immer wieder ging mir die Uhrzeit durch den Kopf.

19 Uhr... 19 Uhr... 19 Uhr...

Ich starrte ständig auf die digitale Zeitanzeige meines neuen Diensttelefons und zählte die Stunden...
 

Nur noch sechs Stunden...
 

Nur noch vier Stunden...
 

Nur noch gottverdammte zwei Stunden!
 

Ich stieg zitternd in die alte Badewanne zum Duschen und hoffte fast, mir irgendwas zu brechen, damit ich noch eine Schonfrist bekommen würde, doch eine Krankenversicherung oder eine Behandlung konnte ich mir nur mit Geld leisten und Geld krieg ich nur, wenn ich nachher dort bei diesem Typen abgeliefert werde...

Außerdem wäre es nicht gerade zuträglich, wenn mich Hishinuma mit 'nem gebrochenen Bein wieder auf die Straße schmeißt, wenn ich meinen Zweck nicht erfüllen würde.
 

Fuck, Matsumoto!
 

Jetzt reiß dich endlich zusammen, man!
 

Du brauchst das verfluchte Geld, sonst kannst du einpacken!
 

Also benimm dich nicht wie ein weinerliches Mädchen...
 

Deine Vorstellung beim Waxing war ja schon erbärmlich genug.
 

Ich nahm den Duschkopf in die Hand und ließ abwechselnd heißes und kaltes Wasser über meinen Körper fließen, damit ich möglichst schnell wieder klarkommen würde.

Es half leider nicht ganz so gut, wie ich es mir erhofft hatte, aber immerhin zog ich es nicht mehr in Erwägung, aus dem Fenster zu springen.

Da ich damals aber noch kein solch riesiges Sortiment an Körperpflegemitteln hatte, musste ich wohl dieses eine Mal ohne irgendwelche Lotionen zu meinem Termin antreten.

Lediglich Zahnpflege, Seife und was zum Rasieren hatte ich mir gekauft, aber Dank der Folter von letzter Woche, musste ich nur die paar Fusseln an meinem Kinn rasieren, der Rest meines Körpers war immer noch seidig glatt.

Wenigstens etwas Gutes hatte diese Tortur...

Was ich mit meinen Haaren machen sollte, wusste ich ebenfalls nicht so wirklich, fummelte unbeholfen daran herum und versuchte irgendwie das nachzuahmen, was der Friseur von letzter Woche bei mir gemacht hatte.

Nur leider fehlte mir jetzt das Haarwachs, Spray und noch der ganze andere Firlefanz, den er da hatte...

Aber selbst wenn!

Ich hatte einfach keinen Nerv dazu und kämmte einfach wieder alles glatt.
 

Mein Blick glitt wieder einmal auf die Uhr.
 

Eine halbe Stunde...
 

Gott, ich hatte mir das irgendwie einfacher vorgestellt und dabei war ich noch nicht einmal dort...

Tief durchatmend versuchte ich nicht in Panik zu verfallen und ruhig zu bleiben.

Ich zog mit nervös zittrigen Händen meine mitgebrachten Klamotten an und betrachtete mein schemenhaftes Spiegelbild in der Fensterscheibe.
 

Eine viertel Stunde...
 

Mein Mund wurde schlagartig trocken und ich schüttete mir eiligst Wasser hinter, ermahnte mich jedoch selbst, es nicht zu übertreiben, denn es würde sicher auch keine Punkte bringen, wenn ich bei meinem 'Date' alle halbe Stunde aufs Klo renne.

Ich stellte die Flasche wieder ab und sah erneut auf die Uhr.
 

Noch zehn Minuten.
 

Fuck, ich muss mal...!
 

Eiligst flitzte ich ins Bad zurück und erleichterte meine Blase, bevor ich meine Wohnung nun doch endlich verließ und vor die Tür trat.

Draußen tippelte ich von einem Bein aufs andere und hatte das Gefühl, schneller als gedacht wieder in Schweiß auszubrechen.

Ich zupfte an meinem Hemd und meinem Jackett, um etwas Luft darunter zu bekommen, denn es fühlte sich gerade so an, als wären es 45 Grad im Schatten, obwohl es heute bestimmt nicht mal 20 Grad waren.

Und da kam sie auch schon...

Die kleine, aber feine weiße Limousine, die direkt vor mir zum Halten kam.

Ich schluckte den Klos in meinem Hals herunter und wollte gerade auf die hintere Tür zu gehen, als ein Angst-einflößender Muskelprotz, mit Sonnenbrille, Schlips und Kragen aus der Karre ausstieg und auf mich zu kam.

Ich hielt vor lauter Schiss die Luft an, doch alles was er machte war... mir die Tür aufzuhalten.

„D-danke...!“

brachte ich mit flattriger Stimme hervor und stieg ein.

Kurz blickte ich mich um und stellte fest, dass dieses Modell von Limousine auch von innen stark, der Kiste ähnelte, mit der sich Hishinuma umher schaffen lässt.

Nur ging hier die Sitzbank nicht um die Ecke rum, sondern war lediglich für zwei Personen gedacht und statt blauem Licht gab es rotes an der Decke.

Aber auch hier war die Sitzbank aus weißem Leder und eine Halterung für Flaschen gab es ebenfalls.

Kurzzeitig konnte mich all der ungewohnte Luxus ablenken, aber auch nur solange, bis der riesige Typ von Bodyguard vorn in den Wagen stieg und die Tür zu rumste.

Dann hatte mich die Realität wieder...
 

Auch heute zogen die Hochhäuser, Wolkenkratzer, Autos, Brücken und eine unzählige Menschenmasse an mir vorüber, bis wir einige Zeit später auf einem Parkplatz zum Stehen kamen.

Als der glatzköpfige Riese aus dem Wagen stieg und um diesen herum ging, suchte ich hektisch nach einem Hebel oder sowas, womit ich die Tür aufkriegen würde, doch natürlich fand ich nichts Dergleichen und so wurde mir nun doch geöffnet.

Ich stieg aus und fiepte abermals:

„D-danke...!“

Er gab nur ein merkwürdiges 'Hm' von sich und wollte dann wissen:

„Soll ich sie begleiten?“

„Ähm... ich... ich denke... das krieg ich schon irgendwie... hin...“

murmelte ich zur Antwort und stiefelte los, als ich doch noch einmal aufgehalten wurde:

„Halt!

Hier ist die Zimmernummer und der Name war Asano.“

„Ehh ja... danke...“

kam es nicht viel lauter von mir, als eben noch und so lief ich langsamen Schrittes auf den Hoteleingang zu, als mir der Riese nachrief:

„Sie haben noch knapp zehn Minuten, um in den 30. Stock zu kommen.“
 

Fuck!
 

Ich beschleunigte mein Tempo um einiges und steuerte im Gebäude direkt auf die Rezeption zu:

„Ich will zu Herrn Asano, ich hab einen Termin!“

Irgendwie klang meine Stimme quietschiger und brüchiger als sonst, aber ich glaub das war eine Auswirkung meiner Hibbeligkeit.

„Gehen sie zu den Fahrstühlen durch, Herr Asano erwartet sie bereits“

sagte mir die nette Dame und ich fluchte leise vor mich hin:

„Scheiße...!“

während ich mich herum drehte und zu einem der Lifte hinüberging.

Dummerweise waren diese Dinger mit einer Glaswand nach außen versehen und ich hatte mich herum gedreht, konnte demnach wunderbar zusehen, wie rasend schnell sich der Fahrstuhl vom sicheren Erdboden nach oben bewegte und mir schwindelig und schlecht wurde.

Höhe war noch nie meins...
 

Das Gute an der Höhenangst ist, sie lässt einen augenblicklich die Angst vor dem vergessen, was da oben im 30. Stock auf mich wartete...
 

Ich hielt mich ganz dicht an der Tür gepresst und konnte dennoch nicht wegsehen, wie es immer höher und höher ging, die Menschen da draußen immer kleiner wurden und ich dem Himmel immer näher kam.

Drauf hoffend, dass dieses Ding endlich stehen bleiben würde, hielt ich die Luft an und klemmte förmlich im Türrahmen des Aufzugs.

Mit einem 'Ping' öffnete sich die Tür und ich purzelte rückwärts hinaus, doch eh ich unsanft auf dem Arsch gelandet wäre, fing mich jemand auf.

Erschrocken drehte ich mich herum und sah nun einen älteren, etwas dürren Mann vor mir und verhaspelte mich:

„H-h-herr Asano!!

Das tut mir leid, ich wusste nicht, dass sie hinter der Tür stehen!“

„Kommen sie bitte mir“

sprach mich der Mann an und so richtete ich meine Klamotten noch einmal so gut es ging und tippelte ihm hinter her.

Er öffnete eine große reich verzierte Doppeltür und gestikulierte mir einzutreten.

Ich wischte den kalten Schweiß von meinen Händen möglichst unauffällig an meiner Hose ab und lief diesem älteren Herrn in ein utopisch großes Wohnzimmer nach, als dieser mich plötzlich stoppte und in einer kleineren Seitentür mit einer leichten Verbeugung verschwand.
 

Hö?
 

Der geht?
 

Und jetzt?
 

„Komm näher“

sprach mich plötzlich eine fremde, tiefe, männliche Stimme an und ich erschrak ein weiteres Mal, suchte nach deren Quelle und fand einen ziemlich großen Mann, um die 40, in einem Bademantel auf dem Bett liegen.

Er aß Weintrauben und bat noch einmal:

„Komm ruhig her, ich beiß dich schon nicht.

Jedenfalls nicht, bevor wir uns nicht näher kennen gelernt haben, Ruki.“

Ich räusperte mich schwerfällig und lief in kleinen Schrittchen auf ihn zu.

Im Raum war es weitgehend gering beleuchtet, nur ein Deckenfluter und eine Nachttischlampe waren angeschaltet.

„Trau dich!“

lockte der Mann, der offenbar wirklich dieser Asano war, mich näher zu sich.

Als dieser Typ sich regte, blieb ich vor Angst stehen und rührte mich kein bisschen mehr und als er auch noch aus dem Bett stieg, auf mich zu kam und diesen Blick eines hungrigen Löwen hatte, der seine wehrlose Antilope umkreist, blieb auch mein Herz für einen Moment stehen.

Nachdem er mich umrundet hatte, stand er nun vor mir und schob sich die letzte Weintraube aus seiner Hand in den Mund und kaute genüsslich.
 

Oh fuck, ist der Typ groß...
 

Der wirkt aus der Nähe fast noch größer, als mein Bodyguard.
 

Bitte lass mich leben...!
 

„So... du bist Ruki...“

sprach er leise und blieb seitlich neben mir stehen, ich blickte verängstigt zu ihm und nickte kaum merklich.

„Weißt du... Ruki... du solltest mich nicht ansehen, und schon gar nicht so.

Sieh mich nur an, wenn ich will, dass du mir in die Augen schaust.“

Verkrampft blickte ich in Richtung einer Lichtquelle, der Nachttischlampe und biss mir auf den Lippen herum.

„Entspann dich“

hauchte er abermals und stand noch immer so bewertend neben mir.
 

Wie soll ich das jetzt bitte zehn Stunden überstehen?
 

Ich fühle mich ja jetzt schon massakriert und der hat mich noch nicht mal angefasst!
 

Mir läuft's schon eiskalt den Rücken hoch und runter, wenn ich nur das leise Atemgeräusch höre...
 

Mein Herz wummerte wie ein Horrorfilm-Sound, kurz bevor jemand jämmerlich abkratzen muss...
 

Domm domm... domm domm.. domm domm...
 

„Ganz ruhig... ich tu dir nichts“

sprach er mich wieder an und trat lautlosen Schrittes hinter mich.

Wie ein Jäger pirschte er sich an mich heran und so wäre ich beinahe doch noch zu meinem Herzinfarkt gekommen, als seine Pranken auf meinen Schultern lagen.

Entgegen meiner Erwartungen schmiss er mich aber nicht gleich aufs Bett, um mich ordentlich durch zu rammeln, sondern begann doch recht sanft meine Schulter zu massieren:

„Entspann dich doch, Kleiner.

Niemand tut dir was.“

Asano wollte mir das Jackett abnehmen, doch habe ich wohl nicht gemerkt, wie derb ich mich in den Stoff gekrallt hatte, denn er musste schon etwas nachdrücklich daran zupfen, eh ich los ließ.

„So ist's gut, Ruki“

flüsterte er und warf mein Kleidungsstück auf einen nahen Stuhl, massierte dann meine Schultern weiter und so schaffte ich es mich ein wenig zu entspannen.

Bis ich hörte, wie er an meinem Nacken roch und schon war ich wieder erstarrt.

„Du bist schreckhaft“

stellte er gekonnt fest und schob seine Hände unter meinen Armen hindurch, vor an die Knopfleiste meines Hemdes, jedoch öffnete er noch nichts, sondern strich wieder recht sanft auf und ab.
 

Mich hatte noch nie jemand so berührt...
 

Eine Gänsehaut breitete sich auf mir aus und ich sog angespannt die Luft ein.

„Mhmmm... deine Nippel sind hart...“

kommentierte der hinter mir Stehende und so fasste ich instinktiv schützend an meine Brust.

„Lass wieder los“

hauchte es leise an meinem Hinterkopf und als sich die großen Hände unter den meinen zu bewegen begannen, ließ ich von ihnen ab und kaute stattdessen nervös auf meinen Lippen herum.

„Ruki, du bist vollkommen verspannt...“

sprach die raue Stimme hinter mir und dann spürte ich, wie er sein Kinn auf meinem Kopf platzierte und mir einen Vorschlag machte:

„Was hältst du davon: Ich hab dich für zehn Stunden gebucht, habe also genug Zeit mit dir.

Dein Hemd hat sechs Knöpfe, einer ist schon offen und die restlichen fünf darf ich jede vergangene halbe Stunde öffnen.

Solange legst du dich zu mir ins Bett und wir reden ein bisschen... und so.“
 

'Und so'....
 

Ohne ein Ja oder Nein oder überhaupt eine Reaktion von mir abzuwarten, steuerte er mich mit den Händen an meinen Hüften aufs Bett zu und so zog ich noch flink meine Schuhe aus, bevor ich nicht minder nervös auf die Matratze kroch.

„Mach's dir bequem und bedien dich, wenn du möchtest“

bot Asano an, doch ich schüttelte zurückhaltend mit dem Kopf.

Der beeindruckende Mann ging derweil ums Bett herum und legte sich auf die andere Seite zu mir, widmete sich wieder seinen Trauben und fragte mich:

„Warum hast du Angst vor mir?“

Ich räusperte mich abermals und probierte ein paar Worte heraus zu bekommen:

„Ich.. ähm... hab sowas noch nie gemacht...“

„Was?

Dich mit jemandem unterhalten?

Weintrauben gegessen?

Oder auf dem Bett gelegen?“

hakte er mit einem schiefen Lächeln nach und ich spürte wie mein Kopf heiß wurde, mein Blick dem seinen auswich und meine Finger an einer Falte vom Bettlaken pfriemelten.
 

Der Kerl macht mich sowas von fertig!!
 

Wir waren uns seitlich liegen gegenüber und Asano nahm nun die Schüssel Weintrauben zwischen uns weg, stellte sie auf einen Beistelltisch und rutschte zu mir heran:

„Erste halbe Stunde ist um...“

Seine Hand näherte sich wieder meinem Hemd, ich kniff die Augen zu und ließ ihn an meinem Knopf gewähren.

„Nun sag mir, wovor du wirklich Angst hast“

wandte er sich erneut an mich und ich senkte den Kopf, eh ich nuschelte:

„Ich sagte doch... ich hab sowas noch nie gemacht...“

„Und ich sagte dir, dass ich dir nichts tun werde“

entgegnete er dem und rückte noch etwas näher zu mir, bevor er sein Gesicht in meine Halsbeuge vergrub:

„Mhmm... du riechst verdammt gut...“

Seine Lippen strichen von meinem Hals zu meinem Mund und so versuchte ich unbeholfen irgendwie zu erwidern was er da tat, doch er stoppte und ließ mich mit leiser Stimme wissen:

„Nicht...

Küsse mich nur, wenn ich das von dir will...“

Meinen Blick musste ihn wohl doch gefragt haben, weshalb er das nicht wollte, denn er sah mir ebenfalls in die Augen und sprach:

„Das macht dich begehrenswerter.“
 

Hö?
 

Wieder muss mein Gesichtsausdruck meine Verwirrung verraten haben, denn er erklärte:

„Die meisten Männer sind Jäger, wenn du ihnen sofort gibst, was sie wollen, hat das Spiel für sie keinen Reiz mehr...

Also tu nur etwas, wenn du aufgefordert wirst; sei es durch Gestik oder verbal.

Geheimnisvolle... unnahbare Menschen... wirken wie Magneten...“

Asano's Lippen streiften immer wieder über den Stoff meines Ärmels und der warme Atem, der hindurch drang, jagte mir erneut eine Gänsehaut ein.

Auch eine seiner Hände blieb nicht untätig und fasste an meinen Oberschenkel, knetete diesen und griff auch sehr bald an meinen Hintern.

Er knurrte genüsslich und beugte sich halb über mich, als er raunte:

„Ich kann's kaum erwarten dich aus zu packen, Ruki...“
 

Auch wenn ich zugeben muss, dass ich damals durchaus auch an einen Irren geraten hätte können und Asano wirklich einer der angenehmeren Menschen ist, die mir im Laufe der fünf Jahre begegnet sind, ein wenig verrückt ist er dennoch und er hat an diesem Abend noch so manches Mal mein Herz stolpern lassen.

Leider muss ich an der Stelle aufhören, da ich mich fertig machen muss für einen Termin.

Aber ich bin recht früh wieder da, der alte Herr Kamaya will eigentlich nur mit mir kuscheln und hat mich nur bis Mitternacht gebucht.

Er kriegt schon lange keinen mehr hoch, aber er ist ziemlich einsam und will manchmal einfach nur jemanden bei sich haben, mit dem er sich unterhalten kann oder dem er Geschichten von früher erzählt, als er noch jung und gutaussehend war, einen Mitsoldaten nach dem anderen in sein Bett locken konnte und sich niemand über seine vulgäre Ausdrucksweise beschwert.

Er ist amüsant und auf seine Weise sieht er immer noch gut aus...
 

Also bis dann, Ruki.
 

_____________________________________________________________________________________________
 


 

Tja, was macht dieser Asano nun mit unserem kleinen Angsthasen?

Er ziert sich ja schon gewaltig, aber hat er Grund dazu?

Wer weiß...

Ich weiß es! :D

Und ihr auch bald... wenn ihr nächstes mal wieder mit dabei seid :P

Ich sülze heute mal nich lange und erspar es mir viele Worte über die Worldtour-Sache und die Anfeindungen gegenüber den Jungs bzw. besonders gegen Ruki zu verlieren...

Es ist einfach unter aller sau und absolut nicht nachvollziehbar, was in solchen Menschen vor sich geht...

Ansonsten hoffe ich, es hat euch wieder ein wenig gefallen und ihr seid auch weiterhin mit dabei, auch wenn hier ein winzig kleiner Cliffi ist ö.ö

Fehler suchen ein neues Zuhause, wer sich ihrer annehmen möchte darf sie gerne zu sich holen.

Und die Reviews beantworte ich auch noch soweit ich es schaffe!

Neue Erfahrungen

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Regen

Regen.
 

Regen...
 

Regen!!!
 

Die ganze Woche schon, nur Regen...
 

Ich hasse Regen!
 

Ich hasse den November!
 

Weil, im November regnet es so übertrieben viel und dazu kommt, dass dieser blöde kalte Regen den noch kälteren Winter ankündigt!

Dabei hab ich es doch am liebsten schön warm...

Nicht unbedingt die pralle Sonne auf dem Pelz, aber ich friere einfach verdammt schnell.

Es ist schon immer schlimm, wenn meine Kunden an kalten Tagen einfach nicht die Heizung aufdrehen, oder nur mäßig.

Ich bekomm dann immer sehr schnell dauer-steife Nippel und die Männer denken dann, ich sei einfach total scharf auf sie...

Zwar ist das wünschenswert, dass sie sowas denken, aber davon bekomme ich auch keine warmen Hände und Füße.

Aber eigentlich wollte ich dir noch von etwas Anderem erzählen, statt mich nur über das Wetter und meine Arbeitsbedingungen aufzuregen.
 

Nämlich, dass Sayuri mir am späten Nachmittag eine äußerst kryptische Nachricht hat zu kommen lassen und mich unbedingt im Café treffen wollte.

Da ich weder Führerschein, noch ein Auto habe – auch wenn ich mir durchaus eines leisten könnte, aber leider auch keinen Parkplatz dafür nachweisen kann – hatte ich mich also im prasselnden Regen aufs Fahrrad geschwungen und bin den kurzen Weg in unser Stamm-Café gefahren.

Das ist übrigens auch jenes Café, in welchem ich damals meinen ersten Kaffee getrunken und auch Sayuri das erste mal gesehen hatte.
 

Man sollte meinen, bei dem scheiß Wetter würden die Leute lieber zu Hause bleiben oder in ihren Büros warten, bis es etwas nachlassen würde mit Schütten.

Aber nein, die versperren mir Alle den Weg und die Sicht mit ihren Regenschirmen!

Weshalb ich also entsprechend langsamer als erhofft voran kam und natürlich noch nasser wurde als es nötig gewesen wäre.

Es war mittlerweile abends und schon ein Weilchen dunkel, ich kämpfte mich mühsam durch die Massen und war somit Teil des unendlich wirkenden Meeres aus Lichtern von Tokyo.

Wenn auch nur ein verschwindend gering leuchtendes Lichtlein.

Klatschnass kam ich also endlich an, nach einer gefühlten Ewigkeit Schritttempo fahren.

Leicht gereizt schob ich meinen Drahtesel in den Fahrradständer und fummelte an dem Schloss herum, um es vor Dieben sichern zu können.

Aber selbstverständlich tat mir das Schloss nicht den Gefallen, einfach mal zu funktionieren, denn das Ding klemmte.

Das Wasser lief mir nun über meine triefend nasse Mütze, in Strömen übers Gesicht und zum Teil auch in die Augen, es brannte und ich konnte dadurch kaum etwas erkennen.

Verärgert darüber, dass ich nun noch weitere unnötige Minuten im verhassten Regen verbringen musste, fluchte ich leise vor mich hin und als nach weiteren Versuchen noch immer nichts ging, trat ich gegen das Fahrrad, auch wenn dieses gar nichts für mein Pech konnte.

Und im Zuge meiner Pechsträhne trat ich natürlich daneben und rammte mir eines der Pedale ans Schienbein.

Zischend und lauter fluchend hüpfte ich auf einem Bein auf der Stelle und hätte am liebsten meinen Frust hinaus geschrien.
 

Als ich gerade im Begriff war alles stehen und liegen zu lassen, da ich mir eh ein neues Rad leisten konnte, falls es tatsächlich wer klauen sollte, fühlte ich mich beobachtet und drehte mich herum.

Dort, vor dem Café, stand ein merkwürdiger blonder Typ unter der schmalen Markise und rauchte eine Zigarette.
 

Was glotzt 'n der so blöd?
 

Der Kerl starrte mich an, so wie ich ihn anstarrte.

Er blies den Rauch seitlich aus und schaute einfach nicht weg, bis er seine Kippe aus trat und ein paar Schritte auf mich zu kam:

„Soll ich dir helfen?“

„Geht schon...“

knurrte ich und wandte mich von ihm ab, fummelte weiter an meinem Schloss herum und hoffte, der Typ würde endlich gehen und mich in Ruhe lassen.

Doch statt mir diesen Gefallen zu tun, tauchten plötzlich seine Griffel vor meiner Nase auf und nahmen mir das Schloss aus der Hand.

Augen verdrehend ließ ich ihn machen und beobachtete sein Tun.

Während ich also nun sinnlos in der Gegend stand und sich meine Regen-getränkte Mütze wieder bemerkbar machte, zog ich diese vom Kopf und wrang sie aus.

Meine Frisur war ja ohnehin schon völlig im Eimer...
 

Mit ein wenig Gewalt schien dieser Kerl mein Schloss auf bekommen zu haben und richtete sich wieder an mich:

„Es ist verrostet und du solltest das Ding mal ölen lassen, dann flutscht es auch wieder.“

Nun schaute er mich erneut merkwürdig an, aber diesmal schien er mich genauer betrachten zu wollen, was mir unangenehm war.

Ich strich meine Haare halbwegs glatt, wich seinem intensiven Blick aus und murmelte:

„Danke, werd ich machen...“

Er sicherte mein Gefährt und erklärte:

„Wenn du es später wieder lösen willst, musst du ein bisschen Kraft aufwenden.“

Damit ließ er mich stehen und betrat das Café, ich besah mir noch einmal misstrauisch das Schloss und stellte mich nun ebenfalls unter die Markise, zückte mein Handy und stellte fest, dass ich eigentlich viel zu spät dran war.

Noch beim Betreten des Etablissements bemerkte ich eine Nachricht von Sayuri, die inzwischen eingetroffen sein musste.

Darin stand, dass sie noch beim Arzt wäre und sie sich wahrscheinlich verspäten würde.
 

Na toll...
 

Warum hab ich mich dann so beeilt?
 

Und wieso ist sie bei irgend einem Arzt?
 

Fehlt ihr was?
 

Seufzend stellte ich mich an die Theke und bestellte mir einen schönen heißen Kaffee zum Aufwärmen.

Der Laden war zwar voll, aber Gott sei dank waren nur Wenige hier vorn an der Bestellung.

Gerade als ich mich um wandte, um mich an meinen Stammtisch in der Ecke zu setzen, tippte mir jemand auf die Schulter und schon wieder war es der Typ von eben, welcher wissen wollte:

„Darf ich dir einen Kaffee oder sowas spendieren?“

Ich hielt meinen so eben bestellten Becher hoch und antwortete:

„Danke, ich hab schon.“

Ohne ein weiteres Wort setzte ich meinen Weg zu meinem Tisch fort und machte es mir bequem.
 

Mir war dieser Kerl suspekt.

Außerdem hatte mich Hishinuma gewarnt, mit niemand Fremdes zu reden, denn man wusste nie wer es sein könnte und ob er mir was tun will.

Die Welt ist einfach zu gefährlich für Leichtsinn...
 

Es dauerte noch etwa 20 Minuten bis Sayuri endlich auftauchte und glücklich lächelnd zu mir kam.

Normalerweise ist es ihr peinlich, wenn sie sich verspätet, darum war ich doch ziemlich verwirrt, weshalb so nun so strahlte.

„Was ist denn los?

Warst du beim Zahnarzt und das Lachgas wirkt noch?“

scherzte ich und sie schüttelte noch immer freudig den Kopf, eh sie ihr Handy aus der Tasche kramte und es mir übergab.

Ich besah mir das Bild und drehte und wendete das Gerät, doch wusste ich nicht viel damit anzufangen:

„Was ist das?

Ein Kugelschreiber?

Oder ein Fieberthermometer?“

„Ein Schwangerschaftstest“

entgegnete sie und so wanderten meine Augenbrauen verblüfft in die Höhe:

„Du bist...?“

„Ja!

Ich hab den heute morgen gemacht und nun wollte ich Sicherheit haben, bin dann ins Krankenhaus gefahren und hab mich untersuchen lassen!“

sprach sie völlig aus dem Häuschen und ich war zugegebenermaßen etwas überfordert.

Mit sowas hatte ich einfach nicht gerechnet und hatte bisher auch nichts damit zu tun.
 

Es war einfach wie eine fremde Welt für mich, dennoch freute ich mich mit ihr.

„Na dann, meinen Glückwunsch!

Weiß er es schon?“

wollte ich von ihr wissen und sie schüttelte den Kopf, bevor sie mir ihre Pläne mitteilte:

„Masato kommt nachher nach Hause und ich will für uns Beide ein Drei-Gänge-Menü zaubern.

Hab schon einiges eingekauft und vorbereitet, bevor ich beim Arzt war und darum kann ich auch nicht lange bleiben, wenn ich rechtzeitig fertig werden will.

Wenn Masato so spät heim kommt, dann bringt er meist etwas aus einem Restaurant mit, damit ich nicht mehr kochen muss, aber kurz bevor ich hier her kam, hab ich ihm extra Bescheid gesagt, dass er nichts mitbringen soll und eine kleine Überraschung für ihn habe.

Ich will es als Vierten Gang quasi 'servieren' und bin echt auf seine Reaktion gespannt.

Ein bisschen Angst hab ich aber schon...“

„Ach was!

Ich bin mir sicher, Hishinuma wird vor Freude am Rad drehen!

Aber pass auf, das er dich nicht vor lauter Glück in die Luft wirft“

brachte ich dem entgegen und versuchte ihr die Unsicherheit zu nehmen.

Sayuri kicherte leise und drückte mir ein Küsschen auf, bevor sie sich wieder erhob und sich entschuldigte:

„Tut mir leid, dass ich jetzt keine Zeit hab und schon wieder los muss, aber wir holen das nach!“

„Schon Ok, ich überleb das“

kam es von mir, dann sah ich ihr nach, wie sie das Etablissement verließ.
 

Und wie sich Hishinuma freuen wird!
 

Ich glaube, das ist so ziemlich das Einzige auf der Welt, was ihn glücklicher macht als laufende Geschäfte und was man auch nicht so einfach kaufen oder klauen kann.
 

Mein Blick schweifte von der Tür weg und eher ziellos durch den großen Raum, als meine Augen unweit neben dem Eingang abermals diesen Typen von vorhin erspähten.

Er war allein an seinem Tisch.

Zwar saß er mir gegenüber, aber am anderen Ende des Cafés und schien mich schon wieder zu beobachten.

Vor ihm standen zwei Becher, ob nun gefüllt oder leer, war von hier aus nicht zu erkennen.

An dem Einen nippte er hin und wieder und sah dabei unablässig zu mir.

Mich nervte das, deswegen lehnte ich mich zurück und versteckte mich ein wenig hinter einem dazu gestoßenen Gast, der sich an die kurze Schlange der Theke angestellt hatte.
 

Was zum Henker will dieser Kerl von mir??
 

Will der mich umlegen?
 

Oder entführen?
 

Warum hat er's dann nicht vorm Laden schon gemacht?
 

Gooooott, heut ist nicht mein Tag...
 

Meine halb liegende und halb sitzende Haltung auf meiner Bank, musste die gammelige Grazilität eines Penners haben, aber das war mir wurscht!

Mit den noch immer nassen Sachen, die an mir klebten wie eine zweite Haut, da das Wasser schon unter meine, nicht wirklich dem Wetter angepasst gewählte Stoffjacke trat, fühlte ich mich zunehmend unwohler und wollte eigentlich so schnell wie möglich zurück in mein warmes Apartment zurück, damit ich mir möglichst keine Erkältung oder Schlimmeres einfange.

Ich trank meinen lauwarmen Rest Kaffee aus und warf vorsichtig ein Auge um die Schlange der Anstehenden neben mir herum und vernahm, dass der Typ inzwischen einfach weg war, ohne dass ich es mitbekommen hatte.
 

Wo ist der hin?
 

Lauert der jetzt draußen auf mich, hinter irgendeinem Strauch, wie ein Heckenschütze?
 

Mit mulmigem Gefühl in der Magengegend nahm ich meine nasskalte Mütze in die Hand, die bis eben noch neben mir auf dem Tisch lag und zog diese wieder auf meinen Kopf, lief vor bis kurz vorm Ausgang und schielte hinüber auf den Platz, wo der Kerl eben noch saß.

Da stand ein unangetasteter Becher Kaffee auf einer beschriebenen Serviette:

'Willst du jetzt einen Kaffee von mir spendiert haben?'

Einerseits wäre es Verschwendung den Becher da stehen zu lassen, aber andererseits wusste man nie, ob da nicht irgendwas giftiges drin ist oder irgendwelche Drogen oder sonst was.

Kurzentschlossen spielte ich auf Risiko und schnappte ich mir den Becher, trank das Mund-warme schwarze Gesöff in einem Zug aus und verließ schnurstracks das Lokal.

Draußen angekommen stellte ich fest, dass der Regen ein klein wenig nachgelassen hatte, aber so ganz wollte es scheinbar immer noch nicht aufhören.

Mein erster Gedanke daraufhin war natürlich, ob Sayuri nun durch den Regen gehen musste, aber dann fiel mir auf, dass sie vorhin im Café nur ein paar dunkle Tropfen auf ihrem hellgrauen Lieblings-Mantel hatte und ihr demzufolge wahrscheinlich Hishinuma's Limousine zur Verfügung stand.

Wenn mein Boss mit dem Helikopter unterwegs ist, lässt er den Wagen stehen und fliegt lieber zu seinen Treffen.

Das ist zwar teuer, aber geht viel schneller, als wenn er sich durch den Verkehr chauffieren lässt.
 

Ich jedenfalls trat nun zögerlichen Schrittes weiter auf den Bürgersteig und sah mich um.

Es war nichts Auffälliges zu sehen.

Aber selbst wenn dieser Unbekannte einen Anschlag auf mich vor haben würde, der nichts mit vergiftetem Kaffee zu tun hat, dann wird er das mit Sicherheit nicht so auffällig machen und mich auf offener Straße umballern oder abstechen.

Tief durchatmend lief ich hinüber zu meinem Fahrrad und legte meine Stirn erneut in Falten, als ich dieses dämliche Schloss wieder sah...

„Auf ein Neues...“

murmelte ich vor mich hin und begann daran herum zu pfriemeln, zerrte hier und da und beschloss meine sich wieder ansammelnde Wut gleich an dem Ding auszulassen und siehe da, es ging irgendwann auf.

Das nervende Teil flog auch gleich in den nächst besten Mülleimer, denn ich wollte es nie wieder sehen.

Bei Gelegenheit kauf ich einfach ein neues funktionierendes! Schloss und sooo oft bin ich ja nun auch nicht mit dem Rad unterwegs, dass ich das sofort brauchen würde.

Allerdings ließ mich meine Paranoia auch auf dem Heimweg nicht in Ruhe, denn ich hatte irgendwie immer das Gefühl, mich würde jemand verfolgen.

Wenn ich mich umgedreht hatte, war aber niemand da, der so aussah als wäre er hinter mir her.

Wobei das, bei den noch immer vielen Menschen auf der Straße, wahrscheinlich eh kaum auffallen würde.
 

Zu Hause angekommen, schob ich mein Fahrrad in den Fahrstuhl und fuhr bis zur vierten Etage hoch, wo ich es in der Ecke des Flures stehen lassen konnte.

Hier klaut niemand irgendwas und außerdem kommen an der Stelle sowieso nur ich und der Paketdienst entlang.

Es wäre mir zwar lieber, es mit rauf zu nehmen und vor meine Haustür zu stellen, aber die enge Wendeltreppe ist mir echt zu stressig, wenn ich das Rad da hinauf buckeln müsste.
 

Als ich meine Wohnungstür öffnete, wurde ich auch gleich von meinem pelzigen Liebling empfangen, welcher aufgeregt um mich herum tippelte und freudig hüpfte.

Es ist wahrlich ein schönes Gefühl nach Hause zu kommen und jemand da ist, der sich auf deine Heimkehr freut – vielleicht auch, weil Koron weiß, dass er immer an dieser Stelle ein großes Leckerli zugeschoben bekommt.

Eben dies tat ich und entblätterte mich anschließend komplett aus den nassen Klamotten, drehte meine Fußboden-Heizung ein paar Grad höher und lief ins Bad.

Dort ließ ich mir Wasser in die Wanne laufen und zog mir für die wenigen Minuten meinen Morgenmantel über, bis die Badewanne voll war.

Egal welchen Raum ich betrat, Koron wackelte mir mit seinem Leckerli auf Schritt und Tritt hinter her und knabberte dann weiter.

Ich hingegen konnte mir nun einen entspannten Abend machen, da kein Termin anstand und ich somit genug Zeit für mich hatte.
 

Als mein Bad eingelassen war, wechselte ich mal wieder mit meinem Anhängsel samt Leckerli den Raum und stieg in die Wanne, während mein Liebling davor lag und man ihn genüsslich schmatzen hörte.

Doch nun wurde das leise Geräusch von einem viel lauteren übertönt, nämlich dem der wieder stärker werdenden Regentropfen an meinen Badezimmerfenstern.

Es sind Erkerfenster, die ein wenig nach außen ausgestellt sind und so kann man in der Badewanne liegend wunderbar sehen, wie die Regentropfen auf die Scheiben treffen und ihre Rinnsale hinterlassen.

Unweigerlich dachte ich nun wieder an diesen Fremden vom Café zurück.

Wie er da stand und rauchte...

Wie er mir mit dem Schloss half...

Und mir ungefragt Ratschläge erteilte...!
 

„Moah, Koron... der nervt sogar, wenn er nicht da ist...“

knurrte ich und sah im Augenwinkel wie mein Juwel den Kopf hob, woraufhin ich zu ihm blickte und sagte:

„So 'ne Kippe wär's jetzt...“

Mein Pelztier legte den Kopf schief und fiepte leise.

„Ja ja, ich weiß...“

murmelte ich und schüttelte mich bei dem Gedanken daran, dass ich zum Rauchen auf meinen Balkon müsste, wo es arschkalt ist.

Kein schönes Laster, aber was soll ich sagen... Hishinuma ist schuld!

Der kam schließlich immer wieder mit irgendwelchem Zeug, das man rauchen kann an!

Und ich Depp hab nie Nein gesagt...

Seufzend tauchte ich mit dem Kopf unter und vergaß für ein paar Sekunden die Welt um mich herum, bis ich wieder auftauchte und Koron's spitze Ohren über den Wannenrand ragen sah.

Ich schaute drüber hinweg und erspähte meinen Kleinen mit meinen Zigaretten im Maul.

„Hö?

Wie hast du denn das gemacht?

Warst du auf dem Küchentisch?“

fragte ich ihn, auch wenn er mir wohl keine Antwort geben würde und nahm dann die Schachtel an mich.

Belohnend kraulte ich ihn und so widmete Koron sich bald wieder dem Rest seiner Kau-Stange.
 

Dummerweise hatte ich das Feuerzeug nicht in die Schachtel getan, weswegen ich seufzend wieder ins Wasser zurück sank:

„Nichts mit Qualmen...“

Oder... vielleicht... würde Koron ja...

Ich richtete mich wieder auf und hatte auch so gleich die Aufmerksamkeit meines Vierbeiners, darum sprach ich:

„Koron, hol Papi des Feuerzeug!“

Doch nichts passierte, er legte nur wieder den Kopf schief, schluckte wohl den letzten Bissen seiner Stange in einem Stück runter und wedelte mit dem Schwanz.

Grummelnd überlegte ich nun, ob ich aus der Wanne steigen und das verdammte Feuerzeug holen sollte oder ob ich es einfach verdrängen würde, dass mir der Sinn nach Rauchen stand, bis mir einfiel, dass in dem anderen Fenster noch Kerzen, Räucherstäbchen und Streichhölzer lagen.

Kurzerhand erhob ich mich und stieg aus dem Wasser, holte die Streichhölzer und ließ mich flink wieder ins heiße Nass gleiten.

Wenige Sekunden danach war mein Glimmstängel entzündet und das Nikotin wurde spürbar gierig von meinen Lungen aufgenommen.

„Herrlich!

So lässt's sich leben.“

Mit der Zigarette in der einen Hand und die andere über den Badewannenrand hängend, die Koron hinter den Ohren kraulte, ließ ich mich in aller Ruhe weiter aufweichen, damit das Peeling und das anschließende Epilieren nicht ganz so schmerzhaft werden würde.

Wachsen hab ich mir seit damals nie wieder angetan, aber dieses ständige Ganzkörper-Rasieren, was ich Anfangs eine Zeit lang gemacht hatte, war auf Dauer einfach nur lästig und zeitraubend.
 

Nun aber erst einmal meine Kippe!
 

Meine Gedanken schweiften wieder mal ab... hin zu dem merkwürdigen Fremden...

Erst als Koron an meiner Hand zu lecken begann, wurde ich aus meiner Träumerei gerissen und er wollte mir scheinbar mitteilen, dass ich ihn gerade vernachlässigen würde.

Einen letzten Zug nahm ich noch, dann drückte ich den abgebrannten Glimmstängel an einer Fliese aus und stieg aus der Wanne.

Ich trocknete mich nur grob ab, erledigte die leidige Enthaarungspflicht und saß auch schon wenig später gut eingecremt und in frischen trockenen Klamotten auf dem Sofa, ließ mich vom Fernseher berieseln und blätterte nebenher in einer Zeitschrift.

Das stinknormale Leben eben, das der Durchschnittsbürger um diese Zeit führt.

Etwas Normalität tat verdammt gut.
 

Genauso normal ist es leider auch, dass ich mit Koron spät abends noch einmal vor die Tür muss und das mache ich immer zwischen 21 Uhr und 22 Uhr, sofern ich zu Hause bin, ansonsten übernimmt es ja die ältere Dame vom Erdgeschoss.

Aber bis dahin war noch etwas Zeit, in der ich mal wieder dazu kam mein Kochbuch aus dem Regal zu holen und mir ein Rezept raus zu suchen, dass ich heute Abend mal probieren würde, sofern ich die Zutaten dafür im Haus habe.

Wenn nicht, würde ich Pech haben, um diese Zeit und bei dem Wetter geh ich nirgendwo mehr hin.

Ich musste ein wenig beim Gemüse improvisieren, aber aber ansonsten hatte ich soweit alles vorrätig.

Es war eine Art Gemüse-Auflauf, sofern ich das als Unwissender beurteilen konnte.

Während mein Essen also im Ofen vor sich hin garte, ging ich mich mit Koron hinunter und ließ ihn seine allabendlichen Geschäfte verrichten.

Ich hatte nach der letzten Nacht ziemlich lange geschlafen und den ganzen Tag nichts weiter gegessen, deshalb war es auch Ok, wenn ich so spät noch was essen würde, so mal mein Tagesablauf meist eh etwas verschoben ist, im Gegensatz zu den meisten anderen Mitmenschen.

Natürlich muss ich streng auf mein Gewicht achten und muss manchmal sogar Fastentage einbauen, wenn ich zu Hause bleiben kann, da ich einfach viel zu gern esse und wenn's mir schmeckt, kann das durchaus ziemlich viel auf ein mal werden.

Aber wie sagte Hishinuma gleich nach meinem ersten Auftrag?

Niemand will einen Fettsack ficken.

Nach so einem beschissenen verregneten Tag, hatte ich mir meinen Auflauf aber einfach mehr als verdient!
 

Oh, das normale Leben kann daheim so schön sein...!
 

Den Abend ließ ich auch bis spät nachts vorm Fernseher und mit einem dösenden Koron auf meiner voll gefutterten Wampe ausklingen.

Währenddessen schrieb ich hier diese paar Zeilen und ließ es mir sonst einfach gut gehen.
 

Morgen früh, oder besser gesagt morgen Mittag, werde ich hoffentlich trockenen Hauptes wieder im Café sein und einen Kaffee schlürfen, eh ich mich mal wieder zu Edgar begeben werde.

Denn Den hab ich schon lange nicht mehr heimgesucht und meinen Koron nehme ich auch mit, der kleine Racker bekommt bei Edgar immer seine sprichwörtliche Extra-Wurst.

Vielleicht sollte ich ihm vorschlagen in seiner Imbissbude auch Kaffee zu verkaufen, dann müsste ich nicht den Umweg zum Café machen.

Oder ich besorg mir einfach eine eigene Kaffeemaschine oder so einen modernen Automaten, mit allem möglichen Schnulliferz drin und drum und dran.
 

Ich werde dir jedenfalls berichten und denke, dass ich morgen irgendwann noch mal Zeit haben werde, dir zu schreiben, denn auch das wird ein freier Tag für mich.

Jetzt muss nur noch der Wetterbericht Recht behalten, dass es nicht oder nicht viel regnen wird...

Also, bis morgen!
 

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Ja, das Kapitel ist wohl etwas kürzer (so wie der Titel...), aber dafür musstet ihr diesmal nicht ganz so lange warten, wie beim letzten mal.

Tagebucheinträge sind ja bekanntermaßen auch nicht immer gleich lang.

Ich weiß, schwacher Trost, aber bin derzeit sehr damit beschäftigt eine Wohnung zu finden und irgendwie gestaltet sich das alles schwieriger als erwartet, mit den ganzen Anforderungen und Voraussetzungen...

Aus dem Grund kann es in nächster Zeit noch öfter zu Verzögerungen kommen.

Ich weiß, ich bin ein Verzögerungsfisch x)

Darum großes Sorry, aber ist derzeit ein wenig blöd...

Außerdem scheinen mir gerade auf Animexx sehr viele Leser vom letzten adult-Kapitel irgendwie... abgeschreckt...?

Aber was soll ich sagen, käufliche Liebe ist nun mal keine wahre Liebe und es war auch wirklich kein Klacks gewesen, die Sache so zu zaubern, dass es weder zu vertraut, noch zu abweisen gehalten ist und auch nicht gleich nach Vergewaltigung klingt und genauso wenig als etwas beschrieben ist, was Liebende für einander fühlen bzw. wie sie sich verhalten.

Ich versuch mich angesichts der Kürze dieses Kapitels auch wirklich zu beeilen, dass das Nächste wieder früher erscheint, aber im Moment kann ich nicht viel versprechen.

Vielleicht hilft mir ja auch ein wenig Motivation ;)

Verfolgungswahn

Ich wusste gar nicht, dass es für das Wort Penetranz noch einen anderen Namen gibt...
 

Aber das gibt es...
 

Hab es wieder mal am eigenen Leib erfahren.
 

Genau genommen wandelt dieses andere Wort für Penetranz auf zwei Beinen und geht mir, gelinde gesagt, ziemlich auf den Sack!

Aber dazu später...

Nach einem wirklich anstrengenden und nervigen Tag, oder viel mehr Nacht und anschließend wenig Schlaf... hatte ich später auch noch beinahe meine Küche abgefackelt.

Warum?

Dummheit, Leichtsinn... meine grenzenlose Kreativität?

Such dir was aus...

Mir ist Öl angebrannt... und ich bin in Panik geraten.

Na ja, wie auch immer ich das geschaffte habe...

Ich bin dann hungrig und verdammt sauer in mein Lieblings-Café gestapft, hab mich an meinen Tisch gesetzt und mir ganz viele leckere Sandwichs bestellt.

Ich liebe die Dinger!

So vielfältig belegbar und geschmacklich einfach vorzüglich!

Besser, als so manches Fünf-Sterne-Menü in teuren Restaurants, in welche Hishinuma mich und meine Kolleginnen zu Silvester jedes Jahr einlädt und sicher auch um einiges günstiger zu haben.

Gerade, als ich in meinen heißersehnten belegten Toast beißen wollte, setzte sich doch dieser blonde Typ von vor einigen Tagen unverschämterweise und ohne zu fragen, mir gegenüber auf den Stuhl.

Vor lauter Entsetzen hatte ich vergessen weiter zu kauen und starrte ihn nur fassungslos an.

„Waff wilf fu vom mir?“

nuschelte ich undeutlich mit vollem Mund, nachdem ich ebenfalls nur angeglotzt wurde.
 

Das kann ich ja gleich mal gar nicht leiden!
 

Herkommen, sich dreist an meinen Tisch setzen und kein Wort sagen!
 

„Dich kennen lernen“

antwortete er mir und ich fragte ebenfalls kaum verständlich:

„Wiefo?“

Dabei bröckelte mir ein Stück vom Salatblatt aus dem Mund und dieser Kerl krallte sich dieses doch direkt unter meiner Nase weg und aß es!

„Ich finde dich interessant“

entgegnete er mir und abermals knurrte ich:

„Bim beim Effen.“

„Seh ich, und darum wirst du auch hoffentlich nicht gleich wieder wegrennen, wenn ich dich jetzt auf einen Kaffee einlade.

Meine Einladung hast du ja das letzte mal scheinbar doch angenommen.“

Zwar hatte ich inzwischen schon runter geschluckt und den Mund leer, doch biss ich direkt noch einmal ab, um ja nicht den Eindruck zu erwecken, dass ich wahnsinnig viel Lust auf dieses Gespräch hatte:

„Falkf fu mich?“

„Sorry, aber diesmal hab ich es wirklich nicht verstanden“

ließ er mich wissen und zauberte mir damit ein breites Lächeln aufs Gesicht.

Genüsslich und vor allem in aller Ruhe, kaute ich so langsam ich konnte meinen extra großen Bissen im Mund und ließ den Typen zappeln, eh ich hinter schluckte und noch ein mal fragte:

„Stalkst du mich?“

„So würde ich dich das jetzt nicht nennen...“

sagte er und winkte eine Angestellte heran.
 

So würde er das also nicht nennen...
 

„Wie nennst du es dann?“

wollte nun von ihm wissen und stopfte mir das restliche große Stück Sandwich zwischen die Kiemen, beäugte mein Gegenüber mit kritischem Blick und sah zu, wie er doch tatsächlich wieder zwei Kaffee bestellte.

Diesmal war er es der mich mit seiner Antwort zappeln ließ und das, obwohl es mir eigentlich egal sein sollte.

Aus irgendeinem Grund war es das aber nicht.

Jedenfalls zögerte dieser Blödmann seine nächsten Worte noch um einiges mehr hinaus, als ich es je tun würde und strapazierte somit meine Nerven schon ziemlich arg.
 

Kann man solche Leute eigentlich wegen schwerer Körperverletzung verklagen?
 

Ich meine... vorzeitige Hautalterung durch Stress ist doch brutal genug oder?
 

Schließlich muss ich an meinen Job denken und je länger ich frisch, glatt und knackig aussehe, desto mehr Kohle kann ich damit machen!
 

„Ich sagte doch bereits, ich will dich einfach nur kennen lernen“

wiederholte er sich und ich seufzte schwer, wartete die Kellnerin ab, die zwei Becher Kaffee brachte und sprach mit hochgezogener Augenbraue:

„Ich weiß ja nicht mal wer du bist...!“

Mit dem nächsten Sandwich in den Finger, biss ich großzügig auch von diesem ab und betrachtete mir den Kerl ein wenig genauer.

Seine blonden Haare waren genauso gestylt wie das letzte Mal, als er mir auflauerte, nur sein Tuch um den Hals hatte eine andere Farbe – glaub ich...

Die Jacke war jedenfalls Dieselbe.

„Reita“

riss mich der Unbekannte aus meinen Gedanken und ich guckte vermutlich selten dämlich, bei meinem geistreichen:

„Hö?“

Der Kerl griff hinüber zu mir und zupfte mir tatsächlich ein weiteres Stück Salat vom Mund, als er wiederholte:

„Nenn mich Reita.“

Empört schob ich seinen Griffel von meinem Gesicht weg und schimpfte:

„Hafftu wi moch alle?“

„Ich versteh dich nicht.

Wie wär's, wenn du einfach erst mal den Mund leer machst und dann was sagst?“

kam es von meinem Gegenüber und so schnappte ich mir meine restlichen Sandwichs in einer Serviette und fauchte sehr deutlich zurück:

„Leck mich doch!“

„Gerne, zu dir oder zu mir?“

konterte er, ich schüttelte den Kopf und verließ fluchend meinen Tisch.
 

Der hat 'se doch echt nicht mehr Alle!
 

„Und dein Kaffee?“

rief er mir hinter her und so blieb ich stehen, drehte mich herum und lief ein paar Schritte zurück.

Ich warf ihm einen bösen Blick zu und krallte mir den noch ziemlichen heißen Becher, schüttete mir die schwarze Brühe hinter und zerdrückte demonstrativ den zarten Plastikbecher in meiner Hand, eh dieser wieder auf dem Tisch landete.
 

Da ich es einfach nicht leiden kann, wenn etwas weggekippt oder weggeschmissen wird, hatte ich also den Kaffee doch noch getrunken, statt ihn stehen zu lassen und die Höflichkeit in mir rang sich zu einem schnippischen:

„Danke“

hin, eh ich mit dem Gesicht zur Faust geballt von dannen zog.
 

Einfach unglaublich!
 

Dieser!
 

Dieser!!!
 

Penner...!!!
 

Wie kann er es wagen, mir 'nen Kaffee zu spendieren?!
 

. . .
 

Ja, Matsumoto... wie kann es irgendjemand nur wagen, dir Dramaqueen einen Kaffee auszugeben...
 

Idiot...
 

Was gehst du eigentlich gleich so ab und machst ein Fass auf?
 

Wegen 'nem lausigen Kaffee?
 

Ok, so lausig ist der Kaffee gar nicht... und eigentlich kann man ja fast nie genug davon bekommen.
 

Nur so 'ne verbrannte Zunge, nach 'nem Becher heißen Kaffee hinter kippen, ist echt nicht der Hit.
 

Da bin ich wohl selbst dran schuld...
 

Aber dieser nervtötende Depp!
 

Grrrhh!
 

Angefressen stiefelte ich nach Hause, um mich für meinen nächtlichen Termin am Abend fertig zu machen und dann hoffentlich keine schlechte Laune mit dorthin zu nehmen.

Das anschließende Vollbad tat verdammt gut und ich konnte im wahrsten Sinne des Wortes mal ordentlich Dampf ablassen.

Mein Gemütszustand besserte sich zum Glück und ich fragte mich dennoch, warum zum Henker mich dieser Typ so sehr auf die Palme bringt.

Es ist, als ob ich eine Allergie gegen ihn hätte...

Penner... blöder...!
 

Nicht aufregen....
 

Bloß nicht aufregen... schön flauschig bleiben!
 

Meinen Termin jedenfalls zog ich wie gewohnt über die Bühne und diesmal war der zwar kurz, aber verdammt knackig...

Der Mann war auch ein mir schon länger bekannter Kunde und er will es auch immer hardcore.

Bei solchen Menschen fällt es mir immer am schwersten einfach alles mit mir machen zu lassen und vorzugaukeln, wie sehr ich auf sowas stehe und es nicht an mein Innerstes heran zu lassen, um mich am Ende nicht vor mir selbst zu ekeln.

Aber was soll's....

Auch dieser Mann ist einer der wichtigsten Geschäftspartner von meinem Boss, also muss die Toleranzgrenze sehr hoch gesteckt werden.

Nach solch einer Nacht habe ich jedenfalls sehr oft das Gefühl, echt jeden einzelnen verfickten Knochen und Muskel in meinem Körper spüren zu können und am liebsten hätte ich nach der Tortur für jeden dieser Knochen und Muskeln eine Schmerztablette ein gepfiffen.

Aber dann hätte ich mich damit vermutlich ins nächstbeste Paralleluniversum oder ins Koma befördert, was meinem Boss eher nicht so gefallen würde...

Also mussten wohl auch Vier reichen.

Oder waren es Fünf?

Ich kroch, nachdem ich wieder heim war, mehr schlecht als recht unter die Dusche und anschließend total fertig ins Bett.

So fertig war ich schon lange nicht mehr, sag ich dir...!
 

Jedenfalls hatten mich meine Tabletten einigermaßen gut schlafen lassen und am Mittag relativ unbeschwert aufwachen lassen.

Leider war meine noch neutrale Laune schnell wieder dahin, als ich meine beinahe abgebrannte Küche betrat, da dort auf dem Tisch meistens meine Kippen liegen.

Knurrend lief ich am Objekt meiner Missgunst vorbei und trat mit meinen Zigaretten in der Hand auf den Balkon.

Im Winter-Morgenmantel natürlich und dieser war noch recht locker geknotet.

Ich brauchte diesen Kälte-Kick, um wach zu werden und normalerweise lauert mir auch niemand auf, aber heute... da lief doch tatsächlich 'son blonder Typ auf der Straße herum.

Hastig schlang ich meinen Mantel fest um mich und stolperte rückwärts in die Wohnung zurück vor Schreck.

Ich konnte in dem kurzen Moment echt nicht erkennen, ob es wirklich dieser eine bescheuerte Kaffee-Kerl von gestern Nachmittag war, oder eben nicht, so mal ich meine Kontaktlinsen nicht drinnen hatte.

Darum wagte ich vorsichtig einen scheuen Blick über das Geländer meines Balkons und sah... nichts...!
 

Hö, wo ist der hin??
 

Akribisch suchten meine schlechten Augen die Umgebung ab, während meine Finger den Stoff, der mich umhüllte, eifrig an den Körper pressten.

Aber nichts, da war niemand Verdächtiges mehr zu sehen!

Niemand!

Zumindest niemand Blondes.

Verwirrt sah ich mich um und hoffte, dass keiner meinen paranoiden Anfall mitbekommen hatte, richtete mich auf und drückte meine restliche Zigarette aus.

Vielleicht hätte ich aber auch 'ne Tablette weniger nehmen sollen... oder so...

Oder noch Eine mehr...
 

Wieder in meiner Küche stehend, näherte ich mich grummelnd der angebrannten Bratpfanne und stand mit in Falten gelegter Stirn davor.

„Fuck... Matsumoto... das wird immer schlimmer mit dir...

Vielleicht solltest du doch mal einen Psycho-Doc aufsuchen“

sprach ich mit mir selbst und überlegte, was ich nun mit dem Chaos hier anfangen würde.

„Die scheiß Pfanne ist völlig im Arsch...“

murmelte ich resigniert und ließ das Ding dabei in den Müll wandern.

Mein Herd sah aus, als wäre eine Matschbombe eingeschlagen und nach Fritten-Bude roch es auch noch.

Die Flecken vom verbrannten Öl ließen sich nur im bescheidenen Maße entfernen und so warf ich mich lustlos auf einen Küchenstuhl:

„Wunderbar...“

Hausarbeit war eben noch nie mein Fall und für eine Haushaltshilfe würde mein Einkommen im Monat drastisch weniger übrig lassen, also... musste wohl einfach eine neue Pfanne reichen.

So kam es, dass ich statt meine Küche aufzuräumen, mal wieder mit meiner Lieblingsbeschäftigung - Shoppen - die Zeit vergaß, auch wenn es diesmal nur die Küchenabteilung war.

Erst ein dezentes Magenknurren erinnerte mich wieder daran, weshalb ich eigentlich erst den Weg an den Herd gefunden hatte.
 

Was soll's, zwei Tage belegte Brote essen, ist ja kein Beinbruch und außerdem schmeckt es doch auch so gut!
 

Oder... ich geh zu Edgar!
 

Jawoll!
 

Kurzerhand warf ich mich in ein paar bequeme, warme und vor allem Regen-erprobte Klamotten und lief mit meinem Pelztier zu seinem Imbissstand.

Koron schien sehr bald genau zu wissen, wo es hingehen würde und zerrte schon richtig an seiner Leine und zum Glück war es heute nicht ganz so nasskalt, weshalb ich ihm auch nichts weiter angezogen hatte.

Im Notfall hätte ich ihn einfach in meine Tasche gesteckt, wo ich auch noch einen Schirm mit eingepackt hatte.

Mein kleiner Liebling hüpfte ungeduldig vor den neuen Hockern herum, die Edgar sich vor kurzem zugelegt hatte, damit seine Gäste nicht mehr stehen müssen.

Das hat seinen Umsatz noch etwas ansteigen lassen, da nun die Meisten noch einen Kaffee oder Snack dazu bestellen.

Ich hob meinen Wirbelwind auf eine dieser hohen Sitzgelegenheiten und versteckte mich noch einen Augenblick vor dem Besitzer der Imbissbude.

Nach einem kurzen Pfiff schien dieser nun seinen neuen Gast bemerkt zu haben, denn er stand bis eben mit dem Rücken zu mir und rührte seine Spezial-Soße zusammen.

„Koron, mein Freund!“

begrüßte er mein freudig mit dem Schwanz wedelndes Hündchen und ergänzte fragend:

„Wo haste denn deinen Chef gelassen?“

„Anwesend!“

gab ich mich zu erkennen und kam aus meiner Deckung hervor, beugte mich über die Theke und begrüßte meinen guten alten Bekannten mit einer Umarmung.
 

Tat irgendwie gut, mal wieder bei Eddie zu sein.
 

„Was treibt dich denn hier her?

Dachte schon, du kommst nicht mehr, weil dir mein Kaffee nicht schmeckt“

stichelte er sogleich und ich senkte betreten mein Haupt:

„Ich geb es ja zu, ich hab dich vernachlässigt.

Aber vielleicht komme ich jetzt ziemlich oft zu dir, Koron kann ich wenigstens hierher mitbringen, im Café wollen sie keine Tiere sehen.

Außerdem ist bei dir die Gesellschaft viel angenehmer.“

„Freut mich zu hören, aber hier ist doch gerade niemand weiter außer mir“

entgegnete er darauf hin und ich nickte:

„Genau deswegen ja, auf gewisse Leute kann ich gerade gut verzichten!“

„Hat dich jemand geärgert?“

hakte Edgar nach und ich seufzte mit hochgezogenen Augenbrauen.

„Na komm schon, dem guten alten Eddie kannst du es doch erzählen, oder ist das wieder so eine Sache, über die du nicht reden darfst?“

wollte er von mir wissen und ich schüttelte den Kopf.
 

Zwar wusste Edgar, dass ich keine üblichen Arbeitszeiten habe und ich glaube auch, dass er sich denken kann, in welche Richtung mein Job gehen würde, aber ich habe ihm nie direkt gesagt, was genau ich Nacht für Nacht mache.

Ist wahrscheinlich auch besser so, für uns Beide.

Falls irgendwas passiert, weiß er nichts, was er nicht wissen sollte.
 

„Na gut, du hast es nicht anders gewollt.

Ich hab meine Küche gestern fast in Brand gesteckt – versehentlich!

Eigentlich hat auch erst nur die Pfanne gebrannt, aber das ganze Öl hat sich überall verteilt und ich hab wie ein Irrer versucht die Flammen mit dem Geschirrtuch auszuschlagen.

Danach hat mein Tuch Feuer gefangen und ich hab dann endlich auch mal den Einfall gehabt, mit Wasser aus der Spüle zu löschen...“

begann ich und Edgar lauschte gebannt, beugte sich dann über die Theke und grinste:

„Ich hab schon immer gewusst, dass du's einfach voll drauf hast, Kleiner!“

als er Koron sein Extra-Würstchen hinüber reichte und meine Curry-Wurst gerade in der Fritteuse war.

„Ja ja, aber das ist noch nicht alles, die Überreste meines Geschirrtuchs kleben nun in der Pfanne und die hab ich im Müll entsorgt, als ich mich auf den Weg zu dir gemacht habe.

Irgendwann nächste Woche, wird meine neue Bratpfanne geliefert und solange muss ich mir irgendwie anders behelfen“

setzte ich meine Erzählung fort und beobachtete, wie Edgar meine Wurst servierfertig machte und sie mir überreichte, als er nachhakte:

„Mhm.. unschön, aber... eine Woche lang nur Curry-Wurst essen oder Fritten ist doch auch nicht so das Wahre, oder nicht?“

Ich schüttelte mit dem Kopf und schob mir ein Stück Wurst in den Mund, kaute, schluckte anständig und sprach dann erst weiter:

„In meinem Job ist das sogar ziemlich kontraproduktiv...“

„Verstehe... musst bestimmt fit bleiben...?“

kam es durch die Blume gefragt von Edgar und ich nickte nachdenklich:

„Kann man so sagen, ja...

Na ja, gestern jedenfalls lauerte mir doch schon wieder dieser merkwürdige Kerl auf, als ich Mittagessen war und dabei dachte ich, dass solche Gestalten nur bei Nacht und Nebel auftauchen, aber dass man auch noch am helllichten Tag verfolgt wird, dass war mir einfach zu viel.

Dann fummelt mir der Typ auch noch beim Essen im Gesicht rum!“
 

Sich bei Eddie mal wieder so richtig aus zu kotzen tat gut.
 

Verdammt gut!
 

Ein weiterer Gast nahm an diesem Nachmittag neben mir Platz und so geriet unser Gespräch vorerst auf Eis, bis dieser ruhige und zum Glück wenig gesprächige Geselle mit seinem Essen fertig war und wieder verschwand.

Als nun auch ich nach meiner Curry-Wurst noch zwei Becher Kaffee getrunken hatte und Koron wohl langsam müde wurde, wollte ich mich gerade wieder auf den Heimweg begeben, als Edgar mich noch einen Moment aufhielt:

„Ach Ruki, eh ich es vergesse... vor ein paar Tagen war jemand hier, der mich fragte, ob ich dich kennen würde.“

„Was?!“

entwich es mir entsetzt und er begann zu erzählen:

„Ja, so ein Typ, teure Jacke, blonde Haare, Namen hat er nicht genannt.“

„Blonde Haare???

Und das sagst du mir jetzt erst?“

kam es etwas ungehalten von mir und Edgar schien überrumpelt:

„Ich wusste nicht, dass das so wichtig ist.“

„Was hast du ihm gesagt?“

wollte ich sofort von ihm wissen und er antwortete:

„Nichts weiter, ich weiß schließlich nicht was der von dir will und ich hab doch sowieso nichts mit dir zu tun, schließlich bist du nur ein Kunde, wie jeder Andere.“

Das Zwinkern seines Auges beruhigte mich in sofern, dass ich wusste, dass diese Penetranz aus Fleisch und Blut scheinbar nicht viel mehr erfahren hatte als vorher.
 

Gut, dass Eddie mitdenkt!
 

„Hast was gut bei mir!“

versprach ich ihm und legte noch einen Schein mehr Trinkgeld dazu, eh ich mich unter stetigem Verfolgungswahn zurück in meine Wohnung begab.

Hinter jedem Gebüsch und jeder Laterne vermutete ich meinen potenziellen Stalker und beschleunigte mein Schritttempo enorm.

Ich kam mir schon vor wie die ahnungslosen Hausfrauen oder Schulmädchen, die immer am Anfang eines Horrorfilms im Gestrüpp oder dunklen Erdlöchern verschwinden und abgemurkst werden.

Kaum war meine Wohnungstür ins Schloss gefallen, verriegelte ich alles und hatte sogar in meiner eigenen Bude Schiss vor meinem Stalker.

Tief durchatmend lehnte ich mich an meine Tür und rutschte langsam abwärts:

„Oh Gott...

Koron, dein Papi kriegt hier bald 'ne Krise...“

Mein Liebling hoppelte auf meinen Schoß und schlabberte mir über das ganze Gesicht.
 

Was mach ich denn jetzt?
 

Hishinuma davon berichten?
 

Aber wenn der Typ mich umbringen will, wieso in aller Welt tut er es dann nicht einfach?
 

Ich beschloss meinem Boss vorerst nichts davon zu erzählen und trat am Abend meinen neusten Termin an, mit einem Herrn Nguyen, mit jeder Menge Striche über dem E und irgendwie nicht für meine Zunge aussprechbar.

Der Mann hat vietnamesische Wurzeln, daher der Nachname und er ist einer der schärfsten Typen, die mir je unter gekommen sind.

Ohne Witz und doppeldeutig gemeint!

Ich hab mir bisher eigentlich nie so wirklich groß Gedanken darüber gemacht, was ich für mich persönlich attraktiv finden würde, aber er wäre wohl tatsächlich jemand, der privat für mich in Frage käme.

Er ist etwa Ende 20, vielleicht auch schon 30, aber sieht echt gut aus und vor allem finde ich seine Begeisterung für abartig scharfes Essen bemerkenswert.

Der futtert die schärfsten Chilisorten der Welt, wie der Normalsterbliche Chips, während er sich von mir oral befriedigen lässt.

Wir unterhalten uns viel in den Pausen zwischendurch und dann erzählt er mir immer mal etwas aus seinem Leben oder von seinen Vorstellungen, Wünschen und Träumen.

Er hat eine Frau, die kommt aber nicht so mit seinen Vorlieben im Bett zurecht und im Grunde sei es wohl ihre Idee gewesen, dass er sich dafür hin und wieder einen Termin bei mir holt.

Lieber ich, als irgendeine andere Frau.

Und so ein wenig Schmerz-pervers scheint er auch zu sein.

Denn diesmal hatte er sich extra eine scharfe Soße aufs Hotel-Zimmer bestellt, die für mich gerade so an der Grenze des Ertragbaren lag und für ihn wohl nicht mehr Nervenkitzel auf der Zunge haben dürfte, als ein Glas Kakao für meine unbescholtenen Geschmacksknospen.

Nguyen jedenfalls wollte, dass ich es ihm heute Abend wieder einmal mit dem Mund besorge und zwar während ihm das Capsaicin auf meiner Zunge den Schwanz weg fetzt.
 

Das muss man sich mal reinziehen!
 

Sowas würde ich mir nie antun... aber wenn's ihn glücklich und zufrieden macht, warum nicht?
 

Jedem das Seine...
 

Ich hab nie nachgefragt, ob er nur wegen dieser brisanten Vorliebe zu mir kommt, oder ob er generell auch Interesse an Männern hat.

Kann mir aber auch egal sein, denn ich suche immer nur auf Anweisung weiteren Körperkontakt oder rede mit meinen Kunden, und irgendwas muss ich ja auch richtig machen, wenn er immer wieder zu mir kommt.

Er scheint auf jeden Fall ein recht lockerer Typ zu sein und er ist auch nicht so herrisch wie manch anderer Firmenchef in seiner Position.
 

Als Nguyen sich nun also von mir mit Hilfe der Soße hat bearbeiten lassen und beim ersten Mal wirklich verdammt schnell abspritzte, ließ er sich nun noch ein weiteres mal auf gleiche Weise von mir verwöhnen und konnte sich seiner Schmerzlust nun länger hingeben.

Man konnte ihm ganz genau ansehen, wo es am meisten zu brennen schien und ich versuchte auch ihn möglichst nicht zu überreizen.

In all den Jahren, in denen ich nun schon diesen Job mache, weiß ich mittlerweile auch in etwa, welche Typen auf welche Techniken stehen und wie ich sie in besonderen Fällen wie diesen, einsetzen muss.

Schon irgendwie ein komisches, aber geiles Gefühl, wenn da jemand Fremdes so zappelnd vor dir liegt und dir einfach vertraut.

Weil er mich dafür bezahlt, dass er mir hinsichtlich dessen vollends vertrauen kann.
 

„Warum tust du dir das eigentlich an?

Du bist doch nicht dumm, im Gegenteil, ich glaube du bist sogar ein ziemlich schlaues Kerlchen“

sprach er mich nach dem zweiten Blow-Job an und reichte mir dabei eine Serviette, um mir den Mund abwischen zu können.

Er deutete mir, dass ich mich näher zu ihm legen sollte und ohne drüber nachzudenken tat ich dies auch.

War ja inzwischen schon ein Reflex, auf solche Gestiken sofort reagieren zu müssen.

Nur hatte ich für den Bruchteil einer Sekunde verdrängt, dass er ein wirklich hübsches Gesicht hat und eben jenes nun so nah neben mir war, als er flüsterte:

„Du kannst ganz bestimmt mehr als nur Schwänze lutschen.“

Nguyen war so dicht vor mir, dass ich seinen Atem spüren konnte und mir deshalb ziemlich warm wurde.

Ich bekam einfach kein Wort raus und erst recht nicht, als er anmerkte:

„Du wirst ja rot.“

Ertappt wich ich seinem Blick aus und schaute zur Zimmertür der gemütlichen Hotelsuite.

„Bin ich dir zu nahe getreten?“

fragte mich die leise Stimme neben mir und ich schüttelte verneinend den Kopf:

„Nein... es tut mir leid...“

„Mach dir keinen Kopf, wir haben Alle unsere kleinen Geheimnisse“

kam es aufheiternd von Nguyen, bevor er sich zurück lehnte und fragte:

„Verträgst du noch was von der Soße?“

Ich wandte mich ihm wieder zu und nickte bestätigend.

Der neben mir Liegende begann überall auf seinem Oberkörper kleine Tropfen zu verteilen und dippte seine Chilischoten-Streifen großzügig in die kleinen Kleckse, bevor ich diese gänzlich von seiner Haut leckte.
 

Zum Glück kam das Thema nicht noch mal auf den Tisch, denn es wäre mir doch sehr peinlich gewesen, wenn ich zugegeben hätte, dass ich damals nun mal nicht die schulischen Leistungen erbracht hatte, um irgendwas besseres zu werden als 'ne Hure.

Und ich dabei wohl schon enormes Glück hatte, mich zur Kategorie Edel-Hure zählen zu dürfen und nicht auf der Straße die Bordsteinschwalbe zu geben, die sich von einer herunter gelassenen Autoscheibe zur nächsten hangeln muss.
 

Ich hatte Sayuri mal von ihm erzählt, aber ich hab mich nicht getraut ihr zu beichten, dass ich diesen Nguyen irgendwie mehr mochte als andere Kunden.

Sie fragte mich letztens auch schon, ob ich mich irgendwann mal in einen meiner Freier verguckt hätte oder ob ich das unter diesen Umständen gar nicht könnte und ich winkte natürlich ab, dass sowas gar nicht in Frage käme und überhaupt... woher soll ich auch wissen, wie sich das anfühlt?

Verliebtsein, oder nur eine harmlose Schwärmerei?

In der Schule damals gab es niemanden, für den ich solche oder ähnliche Gefühle hatte und privat begegnen mir nicht allzu viele Menschen.

Nur bei Sayuri hatte ich bisher etwas gespürt, was andere Leute eben nicht in mir ausgelöst hatten, aber einordnen kann ich es dennoch nicht und sie weiß auch nichts von meinem winzigen Bauchkribbeln bei Nguyen.

Noch nicht...

Ich werde ihr aber auch von diesem penetranten Möchtegern erzählen, diesem Reita.

Mich würde mal interessieren, was sie über den Kaffee-Spender und sein Verhalten denkt und ob sie es für besser hält, wenn ich Hishinuma davon erzähle.

Sie kommt morgen wieder zu mir, doch aus unserer geplanten Clubtour wird wohl sicher nichts.

Meinem Boss standen ja schon bisher die Haare zu Berge, dass wir ohne richtigen Schutz ab und zu mal das Nachtleben Tokyos unsicher gemacht haben, aber jetzt, wo Sayuri Nachwuchs erwartet, wird er sie gerade so allein vor die Tür gehen lassen.

Dann tanzen und feiern wir eben bei mir im gemäßigteren Gang und ich trinke den Wein eben allein.

Macht zwar nicht soviel Spaß wie früher, aber solange es noch einigermaßen geht, muss sie sich ja nicht in Zuckerwatte packen lassen.

In gut sieben Monaten ist der Spuk sowieso vorbei und dann hat sie gar keine Zeit mehr für mich.
 

Bin ich deswegen irgendwie ein Egomane?
 

Ich freu mich ja für sie... und Hishinuma... aber... ich glaube, wenn Sayuri dann keine Zeit mehr für mich hat, werde ich ziemlich einsam sein...

Tja... irgendwann musste es ja passieren und dabei hatten wir all die Jahre immer soviel Spaß.

Wir haben sogar mal ein ganzes Wochenende nur am PC und Konsole gezockt, das war irgendwie wie eine Reise zurück in die Schulzeit, wo alles noch so unbeschwert war.

Mehr oder weniger...

Oder als wir damals in einer Bar Wettsaufen gemacht haben und uns so dermaßen die Kante gegeben hatten, da waren wir hinterher sowas von knülle.

Uns ging's am nächsten Tag echt total beschissen, mit Filmriss und endlosem Brand.

Ich weiß noch, wie sie sich mit einem Kühl-Akku an der Stirn an meine Seite lehnte und jammerte:

„Oh Gott...

Ich glaub ich hab meine Festplatte neu formatiert...

Ich weiß nichts mehr und mir ist total schlecht.“

Mir ging es nicht besser, nur kühlte ich meine Stirn ganz klassisch mit einem Steak aus dem Kühlschrank.

Wir sahen uns an und mussten lachen... trotz der wummernden Kopfschmerzen.
 

Ach ja... die Zeiten sind wohl vorbei...
 

Ich vermisse das alles jetzt schon...
 

Was soll ich denn ohne sie machen?
 

Sie ist doch der einzige Mensch, den ich habe...
 

_______________________________________________________________________________________________
 


 

Ich weiß, ich weiß... ich erspare euch den Sülz und die Entschuldigung und hoffe einfach, dass es euch ein wenig gefallen hat.

Ist mal wieder nicht sooo lang aber ja... ihr wisst ja, Wohnungssuche usw. und diverse andere Dinge.

Ääääähm ja, bald gibt’s wieder mehr von Mysterious-Reita und Zicken-Ruki.

Und dann wirds auch endlich spannender zwischen den Beiden!

Schon ein bisschen neugierig?

Btw. hat jeder verstanden was Ruki anfangs beim Essen mit vollem Mund genuschelt hat oder muss ich es noch mal dolmetschen?

Sry fürs Warten, freu mich über Feedback und hoffentl. bis bald. :)

Der goldene Zylinder - Teil: 1

Hach, manchmal ist das Leben viel zu schön, um wahr zu sein!
 

Und nein, ich hab nicht wieder zu viele Schmerzmittel genommen oder versehentlich abgelaufene Medikamente...
 

Eigentlich freue ich mich nur darüber, dass ich schon ein paar Tage nicht mehr belästigt wurde.

Das macht das Leben gleich viel erfüllter und die nächsten Termine sind allesamt Kunden der angenehmeren Art.

Ist das nicht schön?

Meine neuen Bratpfannen sind mittlerweile auch angekommen und ich hatte mir vorhin ein schmackhaftes Hähnchen-Schnitzel gebraten, mit Reis und Gemüse.

Ich musste gestern unbedingt den Tipp ausprobieren, den ich im Fernsehen mal mitbekommen hatte, nämlich ohne Öl und nur in Sprudelwasser mit Sojasoße braten, um Fett zu sparen.

Es hat wunderbar funktioniert und somit kann ich zukünftig das Risiko verringern, noch einmal meine Küche fast in Brand zu stecken, wegen dem blöden Öl...

Koron's neues Spielzeug ist inzwischen auch endlich mal eingetrudelt und eigentlich könnte ich mich gleich schon wieder daran machen, für ihn Weihnachtsgeschenke zu bestellen.

Was tut man nicht alles für seinen pelzigen Liebling?
 

Wer kann da auch schon widerstehen, wenn einen diese großen runden Knopfaugen angucken...?
 

Auch jetzt schauen mich Koron's dunkle Äuglein bittend an und so fiel mein Blick auch gleich auf die Uhr, welche mir verriet, dass es Zeit wäre ihn zu füttern.

Mein Magen macht sich nun aber ebenfalls bemerkbar, weshalb ich eben kurz verschwinden und auf die Jagd nach was Essbarem gehen werde.

Mal schauen, vielleicht zum China-Mann oder mal Thailändisch.... oder... meine heißgeliebten Sandwichs!

Bis gleich!
 

. . .
 

Bitte, auch wenn Bücher eher selten zu Brutalitäten neigen, schlag mich einfach, bevor ich mich zu früh über einen schönen Tag freue...

Nachdem ich mein Lieblings-Café nun ein paar Tage schmerzlich gemieden hatte – du weißt ja warum, beziehungsweise wegen wem – trat ich nun doch den Weg zu meinen Sandwich-Dealer an und wollte mir eigentlich nur ein paar zum Mitnehmen einpacken lassen.

Man bat auf Grund der Masse an Leuten, die dort gerade ihr Mittagessen bestellten, das ich mich doch einen Moment setzen und warten solle; ich würde als Entschädigung einen Becher Kaffee gratis dazu bekommen.

Nun dafür warte ich doch gern!

Nur leider... hatte dies einen entscheidenden Nachteil.

Rate mal, wer keine zwei Minuten später das Lokal betrat und sich unweit neben der Eingangstür lässig auf eine Eckbank hinfläzte.
 

Wie ein Neandertaler!
 

Trotz meiner verdammt guten Tarnung als vermummter Hobby-Gangster mit Mütze und langen schwarzen Mantel über einer doppelten Schicht wärmender Klamotten, hielt ich es für angemessen meine große dunkle Sonnenbrille aus der Tasche zu ziehen und diese aufzusetzen.

Zusätzlich schnappte ich mir die Speisekarte der Eis-Spezialitäten und versuchte mich möglichst unauffällig dahinter zu verbergen und mich auf die bunten Bildchen zu konzentrieren.

Nach einem Augenblick des Versteckens wagte ich einen misstrauischen Blick über den Rand der Karte und sah den Kaffee-Spender dämlich grinsend winken.
 

Moah...!
 

Wütend knallte ich die Karte auf den Tisch, nahm meine Sonnenbrille ab und ging zu dem Deppen hinüber, um ihn an zu fauchen:

„Sag mal, was hast du eigentlich für ein Problem, man?“

„Ich hab kein Problem, aber du scheinbar schon“

sprach er gelassen und so moserte ich weiter gedämpft zischend, damit ich mich nicht vor dem ganzen Laden zum Horst machen würde:

„Ich?

Wer stalkt mich denn bitte ständig!?“

„Keine Ahnung, ich jedenfalls warte hier auf jemanden“

entgegnete Reita mir und nahm sich ebenfalls die Eis-Karte zur Hand.

„Du willst doch nicht ernsthaft bei der Kälte Eis essen?“

fragte ich ein wenig schockiert und so schaute dieser Reita, oder wie immer er sich nannte, auf und sagte:

„Und wenn schon, was ginge dich das an?“

Mir platzte unweigerlich der Kragen:

„Gib doch einfach zu, dass du mir auflauerst!“

„Tu ich nicht, ich bin rein privat hier“

kam es fast schon gelangweilt von dem blonden Blödmann, welcher seine Karte anhob und darin las, bis kurz darauf eine Angestellte zu uns an den Tisch kam, mir meine Sandwichs aushändigte und gleich auch die nächste Bestellung aufnehmen wollte:

„Haben sie schon gewählt?“

„Äääähm ja, ich nehme dann zwei Kaffee uuuund dann noch einen Pinocchio-Eisbecher, bitte“

antwortete er ihr und legte die Karte weg.
 

Pinocchio-Eisbecher??
 

Also, wenn der Typ noch alle Latten am Zaun hat, dann fress ich'n Besen!
 

„Ich will deinen Kaffee nicht...!“

zischte ich mit verschränkten Armen und er zuckte desinteressiert mit den Schultern:

„Schön, der Kaffee war auch nicht für dich.“

Ungläubig blinzelte ich mit den Augen und hakte vorsichtshalber noch mal nach:

„Echt nich?“

„Nee, echt nich“

wiederholte er sich und so fühlte ich mich doch ein klein wenig peinlich berührt:

„Oh...“

„Sonst noch was?“

fragte mein Gegenüber und irgendwie hatte mich das ganze aus der Bahn geworfen, weshalb ich verwirrt stammelte:

„Ehh.. ich... hab... noch was vergessen.... zu bestellen... ja...

Ich muss dann mal wieder...!“

Mit heißem Kopf nahm ich Abstand von Reita's Tisch und lief irgendwie verpeilt zur Theke zurück, um mir meinen versprochenen Gratis-Kaffee abzuholen, der hoffentlich meinen plötzlich so trockenen Mund wieder etwas befeuchten würde..

Doch die Schlange war immer noch nicht kürzer geworden, darum bat man mich noch einmal platz zu nehmen und zu warten, bis jemand zu mir kommt, um meine Bestellung aufnehmen zu können.
 

Kaum hatte mein Hintern das Sitzpolster berührt, trat eine verdammt hübsche Frau ins Lokal, begrüßte meinen... ähm... diesen Kaffee-Kerl mit Küsschen links und rechts auf die Wangen und setzte sich zu ihm an den Tisch.

Einen Augenblick später wurden den Beiden die heißen Getränke und das Eis gebracht.

Auch wenn man mir nun auch jemanden vorbei schickte, der meine weitere Bestellung aufnahm, so entschloss ich mich spontan dazu hier zu essen und orderte meinen Gratis-Kaffee doch nicht wie geplant zum Mitnehmen, sondern bestellte einen Cappuccino.

Denn aus irgendeinem Grund wollte ich wissen, wer diese Frau ist und was sie mit diesem Deppen zu schaffen hat.

Sie schienen sich jedenfalls angeregt zu unterhalten und auch richtig Spaß zusammen zu haben.

Er fütterte sie sogar mit dem Eis und warf ihr diese komischen Blicke zu...
 

Können die sich nicht zu Hause so anglotzen und gegenseitig füttern?
 

Hat der Typ sich jetzt etwa jemand anderen gekrallt, weil er mich nicht rumgekriegt hat, mit seinem 'unwiderstehlichen' Charme?
 

„Ihr Cappuccino“

sprach mich die Mitarbeiterin des Cafés an und riss mich aus meinen Gedanken.

Ich ertappte mich dabei, wie mir bewusst wurde, dass mich diese Situation weiter vorne im Laden mehr als nur nervte, nur konnte ich nicht wirklich einschätzen, was genau mir eigentlich so auf den Geist ging.
 

Ganz sicher der Kerl!
 

Mit seiner dämlichen Art!
 

Und dem noch dämlicheren Grinsen!
 

Als würde die Schnepfe nicht selber Essen können...!
 

Oder wie der sich von ihr immer wieder füttern lässt...!
 

Gott, und wie die ihm im Gesicht rum wischt, nur weil er da Eis am Mundwinkel hat....
 

Grimmig knurrend packte ich eines meiner belegten Brote aus und futterte es angesäuert, während mein Augenmerk weiterhin auf die Szenerie am Tisch neben der Eingangstür gerichtet war.

Eigentlich hätte ich schon längst hier verduften können und müsste mir dieses bescheuerte Geturtel nicht antun, doch frag mich nicht, welches Pferd mich getreten hatte, dass ich blieb und raus finden wollte, was da noch zwischen den Beiden ablaufen würde.

Als ich nach und nach mein Essen verputzte und meinen Cappu schlürfte, beobachtete ich die Beiden aus sicherer Entfernung und war froh, dass meine Kiefer etwas Essbares zu malmen hatten, statt angespannt aufeinander zu beißen und mit den Zähnen zu knirschen.
 

Ich kann es dir immer noch nicht erklären, wieso ich nicht einfach gegangen bin, als man mir mein Getränk brachte...

Gerade als ich mitbekam, wie sich die Frau erhob und sich ebenfalls mit Küsschen links rechts verabschiedete, stopfte ich mir im Affekt das restliche Sandwich in den Rachen und hatte arge Schwierigkeiten vernünftig kauen zu können.

Mit einem Mal lag auch der Blick vom blonden Blödmann wieder auf mir und dieser erhob sich, begab sich in meine Richtung und ich versuchte hektisch so schnell es ging irgendwie den riesigen Bissen in meinem Mund hinunter zu würgen.

Selbstverständlich verschluckte ich mich dabei, da ich plötzlich auch keine Luft mehr bekam und als wäre das nicht schon peinlich genug, sprang ich in meiner Not auch noch wie ein aufgescheuchtes Huhn herum und krächzte hilflos.

Reita schien sich dadurch offenbar veranlasst, mir das Leben retten zu wollen und griff mit den Armen von hinten um meinen Bauch, drückte ruckartig zu, sodass mein halb gekautes Essen fast schon gezielt auf den Servietten vom Tisch landete.

Endlich bekam ich wieder Luft und blieb völlig fertig über den Tisch gebeugt stehen, räusperte mich und ließ hastig die Servietten samt unappetitlichem Inhalt in der Tüte verschwinden, als der Kaffee-Kerl noch eine Bemerkung los lassen musste:

„Ich denke, du solltest den Mund einfach mal nicht so voll nehmen, dann passiert dir sowas auch nicht.“

Damit verschwand er irgendwo hinter mir in den Toiletten-Räumen und ich musste mich erst mal setzen, zur Ruhe kommen und verarbeiten, was hier eben passiert war.
 

Wen interessiert's, was er denkt...?
 

Penner...blöder!
 

Oh Fuck...
 

Eines ist sicher, Matsumoto...
 

Du bist eindeutig der größere Depp...!
 

Einigermaßen erholt, spülte ich mit etwas Cappuccino nach und streckte überlastet alle Viere von mir.

Kaum hatte ich nicht mehr die Aufmerksamkeit des halben Etablissements auf meiner Person und zudem meine Atmung einigermaßen wieder im Griff, war Reita auch schon wieder da und streichelte mir im Vorbeigehen über meinen vollgefressenen Kullerbauch.

„Pfoten weg!“

fauchte ich erschrocken und rappelte mich wieder auf, vernahm wie der Typ sich grinsend und wieder mal ungefragt mir gegenüber an meinen Tisch setzte und feststellte:

„Dir scheint es ja wieder besser zu gehen.“

„Geht so...“

nuschelte ich und wich seinem Blick aus... und vor allem diesem dümmlichen Grinsen!
 

„Sag mal... warum rastest du eigentlich immer gleich so aus, wenn wir uns treffen?“

fragte mich der Spinner doch tatsächlich und so blieb mir fast die Kinnlade offen stehen, bis ich antworten konnte:

„Das fragst du noch?

Du gehst mir doch ständig auf den Sack!

Dauernd verfolgst du mich und liegst hier auf der Lauer!

Warum zum Geier stresst du mich so?“

„Ich will dich nicht stressen... ich will dich doch nur-...“

begann er und so unterbrach ich ihn:

„Ja ja... nur kennen lernen...“

Reita nickte und flüsterte mit fast schon ruhiger und sanfter Stimme:

„Ja.“

„Also erstens, versteh ich absolut nicht wieso du das willst und zweitens, ist dir eigentlich klar, dass ich nur ein Wort sagen muss und du liegst morgen tot am Hafen?“

verdeutlichte ich meinen Standpunkt noch einmal und so lehnte sich der Typ zurück, bevor er eben so gedämpft sprach:

„Nein, das ist mir nicht bewusst, aber wenn du das wirklich vor hättest, dann würde ich schon seit 'ner Weile tot im Hafen liegen... stimmt's?“

„Mhmm... vielleicht...“

nuschelte ich irgendwie ertappt und fummelte an dem Salzstreuer vom Tisch herum.
 

Was spielt der Kerl hier schon wieder für Spielchen?
 

Glaubt er wirklich, ich hätte nicht den Mut dazu, Hishinuma auf ihn anzusetzen?
 

„Warum liege ich eigentlich nicht irgendwo tot in der Gasse?“

hakte ich verunsichert nach und Reita schien ebenso irritiert:

„Keine Ahnung, warum solltest du?“

„Weil ich wegen dir vielleicht Verfolgungsangst hatte und jederzeit damit gerechnet hab, dass mir einer 'nen Dolch in die Rippen sticht?“

brummte ich zurück und mein Gegenüber schmunzelte:

„Also wenn es dich beruhigt, soetwas habe ich bestimmt nicht mit dir vor.“

„Nicht wirklich...

Es beruhigt mich irgendwie gar nicht...“

murmelte ich leise und der Kaffee-Kerl beugte sich über den Tisch zu mir:

„Ich glaube... du bist wirklich was ganz Besonderes.“

„Wie kommst du denn bitte auf den Schwachsinn?

Ich bin genauso normal wie Alle hier...“

zischte ich bissig und dennoch lächelte der Typ nur:

„Wieso glaub ich dir das nur nicht?“

„Ist dein Problem, nicht meins...!“

knurrte ich und wich diesem Blick aus, den er mir dabei schenkte.
 

'Normal' ist eh relativ...
 

„Hast du heute Abend schon was vor?“

wollte Reita von mir wissen und ich entgegnete dem ohne groß darüber nachzudenken:

„Nö, hab heute frei.“
 

Scheiße, Matsumoto!
 

Wieso bindest du dem ausgerechnet das auf die Nase?
 

„Hast du eventuell Lust in eine Musiker-Kneipe zu gehen?“

kam es nun wieder von ihm und so hakte ich vorsichtig nach:

„Etwa mit dir?“

Wieder nickte er und ergänzte dann:

„Schon, ja.“

„Ich weiß nicht...“

zögerte ich und verschränkte wieder die Arme.

Schließlich würde ich mich damit mutwillig in Gefahr begeben und Hishinuma hat mir ausdrücklich davon abgeraten, mich mit Leuten zu treffen, die ich nicht kenne und er auch nicht.

Dennoch... meine Neugierde schien zu siegen, nachdem ich mich nun schon seid fünf Jahren immer brav an die Spielregeln gehalten hatte.

„Komm schon, das macht Spaß!“

wollte er mich offenbar weiter übrreden.

„Denkst du, dass ich sonst nie Spaß habe?“

grummelte ich, noch wenig überzeugt, doch Reita versuchte mich weiter umzustimmen:

„Mit mir kann man immer Spaß haben und irgendwie siehst du so aus, als könntest du mal wieder einen lustigen Abend vertragen.“
 

Der gibt wohl nie auf....
 

„Also gut, ich bin dabei...

Aber nur, um dir zu beweisen, dass ich keinen 'Spaß' nötig habe, jedenfalls nicht so dringend, wie du eine Stalker-Therapie!“

ließ ich mein Gegenüber wissen und dieser lächelte zufrieden:

„Ok, dann heute Abend um 19 Uhr?“

Ich nickte, irgendwie widerwillig und schlürfte den Rest meines kostenlosen Cappuccinos, während er mich fragte:

„Sagst du mir noch deinen Namen und wo ich dich abholen soll?“
 

Meine Alarmglocken schrillten und so antwortete ich ihm nach kurzem Überlegen:

„Ruki... nenn' mich einfach nur Ruki...

Und hol mich bei Eddie's Imbiss ab... da weißt du ja sicherlich noch, wo der ist.“

Ertappt grinsend wich nun auch Reita meinem Blick aus und nickte, bevor er sich erhob, auf die Tischplatte klopfte und meinen Ecke verließ.

Tief durchatmend lehnte ich mich auf meinem Platz zurück und dachte darüber nach, welchen Mist ich eben wieder verzapft hatte.
 

Wieso um alles in der Welt, hab ich mich auf den Scheiß gerade eingelassen?
 

Moah... manchmal bin ich echt noch dümmer, als ich es für möglich halten würde...
 

Meine Hand fuhr über mein Gesicht und meine Fingerspitzen erfühlten die leichten Bartstoppeln am Kinn.

Einen Moment später erwischte ich mich dabei, wie ich darüber nachdachte, ob ich mich extra für diesen Lackaffen rasieren würde.

Oder extra noch mal unter die Dusche springen würde...

Oder mich um das Aussehen meiner Haare oder die Klamotten-Auswahl kümmern würde.
 

Niemals!!
 

Nicht für diesen Spinner!
 

Reicht ja wohl, wenn ich mich erbarme, ihm unentgeltlich meine kostbare Zeit zu widmen...
 

Soll er doch schließlich froh sein, wenn ich heute Abend überhaupt erscheine!
 

So!
 

Entschlossen unentschlossen stand ich auf, warf meine Tüte samt Kaffeebecher in den Müll und verließ ebenfalls das Café.

Draußen schaute ich mich als erstes nach hervorstechenden blonden Haaren um und fragte mich anschließend selbst, weshalb ich das schon fast automatisch tat, wenn ich irgendwo rein oder raus kam.

Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass noch mehr als genug Zeit zum Überlegen sein würde, bis es 19 Uhr wäre und ich mich entschieden haben muss, ob ich da wirklich auftauche.

Aber wenn ich doch hingehe, dann komme ich mindestens zehn Minuten zu spät!
 

So und jetzt muss ich mich erst einmal in der heißen Badewanne aufwärmen, auch wenn ich eigentlich nicht vor hatte, wegen dem Kaffee-Spender allzu viel Aufwand zu betreiben, aber so ein entspannendes Bad kann ja nicht schaden.
 

Die Frage ist nur, ob ich Koron zu der alten Dame bringen soll...
 

Ach was, ich bleib sicher eh nicht lange da...!
 

Falls(!) ich doch hingehe.
 

Ich meld mich nachher noch mal...
 

. . .
 

Ok...

Es ist mitten in der Nacht, irgendwann zwischen zwei und drei Uhr morgens.

Koron war schon durch die geschlossene Wohnungstür zu hören, als ich nach Hause kam, aber er schien bisher nur ein wenig nach seinem Herrchen gewinselt und nicht allzu laut gebellt zu haben.

Ich war dann gleich noch mal kurz mit ihm draußen und hab ihn anschließend mit Leckerlis milde gestimmt.

Nun liegt er mit leckeren Bestechungsmitteln randvoll gefüllt und besitzergreifend auf meinem Schoß, statt in seinem Körbchen und scheint mich nur ungern weiter schreiben lassen zu wollen.

Dabei muss ich unbedingt etwas los werden, dass ich niemandem sagen kann...

Nicht einmal Sayuri...
 

Wie du siehst, bin ich nun doch mit Reita in diese Kneipe gegangen und auch ziemlich lange dort geblieben.

Aber mal der Reihe nach...

Als erstes, hab ich mich, wie geplant, zehn Minuten später auf den Weg gemacht, aber womit ich allerdings nicht gerechnet hatte war, dass der Depp noch mal fünf Minuten später eintrudelte und sich mit dem abendlichen Verkehr herausredete.

Womöglich stimmte seine Entschuldigung ja auch, denn manchmal beginnen meine Termine auch schon relativ früh am Abend und da ist gegen 19 Uhr doch noch einiges los auf den Straßen.

Der Typ jedenfalls fuhr mit einem schwarzen Mustang vor und blieb damit vor mir auf dem Parkplatz stehen, wo Edgar seinen Imbiss vor einer viertel Stunde geschlossen hatte.
 

„Proleten-Karre“

betitelte ich seinen fahrbaren Untersatz zur Begrüßung und blieb mit verschränkten Armen ungerührt stehen.

Reita griff hinüber und öffnete die Beifahrertür von innen, stieß sie auf und sagte:

„Schön, dass du gekommen bist.“

„Du bist zu spät“

merkte ich kühl an und so entschuldigte er sich:

„Sorry, der Feierabend-Verkehr...

Steigst du trotzdem ein?“

Ich antwortete ihm nicht, sondern spannte ihn noch ein wenig auf die Folter, eh ich mich rührte und mich nun doch in sein Auto setzte.

Kaum saß ich in dem Gefährt, fuhr er auch schon los und sein Fahrstil war irgendwie sehr viel beunruhigender, als die von Hishinuma's Chauffeuren.

„Du kannst deine Tasche ruhig auf die Rückbank legen oder in den Fußraum stellen, ich raub dich schon nicht aus“

kam es witzelnd von ihm und so tat ich natürlich erst recht nichts dergleichen, sondern klammerte mich weiterhin daran fest, als ich murmelte:

„Ich hab meine Dolche lieber griffbereit, falls ich angefallen werde...!“

„Dolche?

Ruki... ich sagte dir doch, ich hab nicht vor, dir irgendwas zu tun.

Entspann dich doch bitte mal“

redete er auf mich ein und auch wenn ich mein bestes gab, so ganz wollte die Anspannung nicht von mir fallen.
 

Immerhin sitze ich hier ja gerade im Auto meines Stalkers – Gott weiß wieso ich das getan habe – und könnte jederzeit auf Nimmerwiedersehen verschleppt werden!
 

„Deine sexy Sorgenfalten sind irgendwie süß“

sprach mich Reita nach geraumer Zeit des Schweigens an und so fuhr ich erschrocken hoch:

„Sexy Sorgenfalten?“

„Sehr sexy Sorgenfalten“

bestätigte der neben mir am Steuer Sitzende und lächelte mir aufmunternd zu.
 

Macht der mich etwa an?
 

„Machst du mich etwa ernsthaft an??“

entwich es mir überrascht und er entgegnete dem:

„Empfindest du sowas als Anmache?“

„Ja!

Nein...!

Du verwirrst mich...“

kam es von mir und abermals schmunzelte Reita:

„Du bist definitiv sehr speziell.“

„Ich bin nicht speziell!

Ich bin völlig normal!“

verteidigte ich mich vehement und zog unbewusst eine Schnute.
 

Was mir im Übrigen immer passiert, wenn ich Gefahr laufe mich beleidigt zu fühlen.
 

„Schmollmops!“

vernahm ich es belustigt vom neben mir Sitzenden und so murrte ich:

„Pff... wenn ich wirklich mal schmolle, willst du mich nicht erleben!“

Wieder lachte er nur und bog in eine Straße ein, mit kleinem, aber relativ vollem Parkplatz und stellte dort sein Auto ab.

„Du stehst schief in der Parklücke!“

ließ ich ihn wissen und der Angesprochene zuckte nur mit den Schultern:

„Dann ist es eben so.“
 

Der ist bestimmt so eine verwöhnte reiche Göre, von gutverdienenden Vätern, welche es sich, mehr oder weniger heimlich, des nächtens bei mir besorgen lassen...
 

„Dann gehen wir mal rein“

wandte sich Reita an mich und so schlug ich vor:

„Geh du zu erst rein, ich warte noch einen Moment und komme dann nach.“

„Willst du nicht mit mir gesehen werden oder willst du vorher noch mal über deine Dolche polieren?“

hakte er amüsiert nach und ich brummte:

„So in etwa...

Jetzt geh!“

„Wie du meinst“

hörte ich es noch von ihm, dann lief er an den beiden Türstehern vorbei.

Ich qualmte draußen noch eine Stress-Zigarette und hoffte inständig, dass Rauchen in dem Schuppen nicht verboten ist.

Kaum trat ich meine Kippe aus und ging auf den Eingang zu, stellten sich mir die beiden breitschultrigen Schränke in den Weg.

„Bist du denn schon volljährig, Kleiner?“

sprach mich der Eine an und schon war ich wieder ziemlich genervt:

„Nennen sie mich nicht Kleiner!“

Die Beiden sahen sich an und offenbar schien sie meine Erscheinung zu erheitern, als der Andere fragte:

„Gut, dann eben: bist du denn schon volljährig, Süßer?“

Augen rollend zückte ich meine Geldbörse und kramte nach einem Beweisstück, welches mich entsprechend als volljährig auswies.

Hat mein Boss extra für mich anfertigen lassen, mit falschem Namen und Adresse, damit ich keine Probleme an Hotelrezeptionen oder ähnlichem habe.

Nur gemächlich traten diese übergroßen Trottel beiseite und ließen mich endlich durch.
 

Unglaublich!
 

Hishinuma's Bodyguards dürften sich niemals so abwertend verhalten!
 

Das Etablissement war zwar groß, aber recht übersichtlich.

Es gab ganz vorne eine große Bühne, auf der auch gerade eine mir völlig unbekannte Band spielte.

Links befand sich eine in rot und weiß beleuchtete Bar und auf der rechten Seite waren mehrere rundliche Sofa-Ecken in blauem Licht, mit runden Tischen und diese gab es auch mit passenden Stühlen in der Mitte des großen Raumes.

Direkt neben der Bühne waren auf der einen Seite WC's und auf der anderen vermutlich die Angestelltenräume.

Sonst erkannte man nicht allzu viel, denn nur Bar und vor allem Bühne waren gut beleuchtet.

Als ich mich so umblickte, erspähte ich auch den altbekannten blonden Schopf in der Menge, welcher nun blau angestrahlt wurde und Reita mich nun zu sich winkte.

Seufzend lief ich zu ihm hinüber und wurde auch so gleich von ihm angesprochen:

„Da bist du ja, hab schon gedacht, du hast es dir inzwischen anders überlegt und bist abgehauen.“

„Ich hab kurzzeitig darüber nachgedacht, ja... aber...“

begann ich, auch wenn ich nicht wirklich daran gedachte hatte die Kurve zu kratzen und geriet dann ins Stocken, bei meiner Erklärung.

„Aber?“

hakte der Typ nach und da es mir ein wenig peinlich war, von den Türstehern für minderjährig gehalten worden zu sein, flunkerte ich eben weiter:

„Aber... ich dachte mir, wenn ich ein mal hier bin, dann kann ich auch ein oder zwei Stündchen bleiben!“
 

Was der mich schon wieder so nervtötend ausfragen muss...
 

„Möchtest du was trinken und wenn ja, was?“

sprach er mich erneut an, nachdem ich platz nahm und tief einatmete, bevor ich antworten konnte:

„Ehh.... Bier?“

Mir stand zwar nicht der Sinn nach Bier, sondern eher nach einem bunten süffigen Cocktail, aber seinem persönlichen Stalker muss man ja auch nicht gleich unter die Nase reiben, womit man ganz gut geködert werden kann.

„Gut, dann Bier“

bestätigte Reita und trottete zur Bar hinüber.
 

Warum läuft'n der so komisch?
 

Eben dies wollte ich auch von meiner Begleitung wissen, als er mit zwei großen Biergläsern zurück an unseren Tisch kam:

„Sag mal, hast du Rasierklingen unter den Armen und Liebeskugeln im Arsch?“

„Ähm... nein, wieso?“

kam es perplex von dem Angesprochenen und so erklärte ich:

„Dann hast du wohl einen Gehfehler...“

„Was soll'n das jetzt heißen?

Ich lauf immer so, so laufen Männer nun mal!“

rechtfertigte sich Reita und so scherzte ich:

„Ich glaube, dass nur übermäßig bemuskelte Männer so laufen müssen, weil sie auch gar keine andere Wahl haben, bei den Muskelbergen.“

„Hey, ich hab auch Muskeln!“

wollte mir der nun wieder neben mir Sitzende weiß machen, öffnete seine Jacke und demonstrierte mir seinen nackten Oberarm.

Leider muss ich zugeben, dass mich diese mäßig bemuskelten, aber dafür etwas sehnigen Arme irgendwie... anmachten.
 

Der Typ... hat tatsächlich Oberarme wie mein 'scharfer Vietnamese' Nguyen...
 

Nur hat er nicht ganz so breite Schultern.
 

Wie in Trance fuhren meine Fingerspitzen hauchzart über die hervorstehende Sehne am Unterarm.

„Gefällt dir das?“

riss mich der Kerl aus meinen Gedanken und darum ließ ich sofort von ihm ab, drehte mich weg und beschäftigte mich mit meinem Bierglas, als ich knurrte:

„Hättest du wohl gern!

Außerdem... diese mickrigen Streichholz-Ärmchen nennst du doch wohl hoffentlich nicht gut gebaut oder?“

„Also, mich stört nichts an meinem Körper, ich fühle mich sau-wohl darin“

ließ er mich selbstsicher wissen und für den Bruchteil einer Sekunde fragte ich mich, ob er wirklich im Ganzen so gut aussieht, wie er von sich glaubt.

Den Gedanken schnell wieder abschüttelnd, nippte ich an meinem Bier und verzog das Gesicht vom ernüchternd bitteren Geschmack.

„Schmeckt's dir nicht?“

fragte mich Reita gleich darauf und ich winkte ab:

„Doch, doch... alles bestens!“

„Du hättest kein Bier nehmen müssen“

hörte ich ihn sagen und so grummelte ich:

„Ich sagte doch, es ist Ok!“
 

Nervtier!
 

Beschwichtigend hob der neben mir Sitzenden die Hände und griff ebenfalls zu seinem Gerstenbräu, trank ziemlich viel auf einmal und stellte sein Glas ab, als er erleichtert seufzte:

„Ahhh, das tat gut!“

Ich rollte wenig beeindruckt mit den Augen und widmete mich der Band weiter unten auf der Bühne.

„Klimpern die da vorne jetzt den ganzen Abend so rum?“

wandte ich mich an Reita und er wies mit einem Kopfnicken zu den Musikern, ich nickte ebenfalls bestätigend und so erklärte er:

„Nein, die sind sozusagen hauseigen, für das eigentliche Unterhaltungsprogramm kommen ab 20 Uhr andere Gruppen und Solokünstler zum Zug.

Je nach dem wie Viele sich dafür angemeldet haben.

Aber die haben Alle insgesamt bis Mitternacht Zeit ihre Shows zum besten zu geben und je nach dem für wie gut die Leute deren Musik befinden, umso mehr verdienen sie, denn das Geld für ihren Auftritt kommt direkt von den Gästen hier.

Siehst du da vorne, der Goldene Zylinder am Bühnenrand?

Da werfen die Leute ihr Geld rein, wenn ihnen gefällt, was ihnen geboten wird.

Das Lokal heißt übrigens auch goldener Zylinder und ist ziemlich einzigartig mit diesem System.“

„Hast du da schon mal was rein geworfen?“

fragte ich vorsichtig und Reita antwortete mir auch gleich:

„Ja, immer.“

„Immer?“

hakte ich ungläubig nach und blickte zu ihm, als er abermals nickte:

„Ja, ich gebe immer jedem Künstler etwas Geld, denn ich finde es gehört 'ne Menge Mut dazu, sich da vorne überhaupt erst hinzustellen und fremde Leute etwas über sich wissen zu lassen, auch wenn es nur in Form von Liedern ist.

Ob es einem besonders gut gefällt oder mal weniger, hängt ja vom persönlichen Geschmack ab.“
 

Solche weisen Worte hätte ich dem gar nicht zu getraut...
 

Grübelnd schweifte mein Augenmerk von Reita's Gesicht weg hin zum Tisch vor mir, auf dem noch immer mein kaum angerührtes Bier stand.

Ich überlegte nicht lange und setzte das Glas an, trank soviel auf einmal wie ich konnte und wischte mir mit dem Ärmel über den Mund.

Mit einem Mal spürte ich eine Hand, welche mir über den Rücken strich und mein Körper sich sofort verspannte.

„Alles Ok, oder hast du dich mal wieder etwas übernommen?“

kam es fast schon besorgt von dem neben mir Sitzenden und so ruckelte ich unwillig:

„Ich doch nicht..!“

„Entspann dich doch endlich...“

sprach er mit gedämpfter Stimme und begann meine Schultern zu massieren, was mich gleich noch mehr verklemmen ließ und ich ein Stück weg rutschte, als ich fauchte:

„Musst du mich eigentlich schon wieder an tatschen?“

„Ist ja gut, ich wage es nicht mehr...“

vernahm ich es resigniert neben mir und sah im Augenwinkel, wie sich auch der andere Bierkrug weiter leerte.
 

Keine Ahnung, warum ich so abweisend reagiert habe, wo ich doch sonst im Job alles mit mir machen lassen muss...
 

Trotzdem, der ist doch selber schuld!
 

Was kann der auch seine Griffel nicht einfach bei sich behalten?!
 

Blödmann...!
 

„Gleich geht’s los“

merkte Reita nüchtern an und verschränkte die Arme, eh er mich noch auf etwas hin wies:

„Übrigens, schließen die ab 20 Uhr die Türen, hier ist es schon ziemlich voll und die Belüftung ist nicht optimal, ergo wird es vermutlich schnell ziemlich warm hier drin.“

„So schnell wird mir nicht warm, ich bin schon immer eine Frostbeule gewesen“

erklärte ich ihm und er zuckte mit den Schultern:

„Wie du meinst.“

Mit den Worten begann mein Kaffee- und nun auch Bier-Spender sein Halstuch zu lösen und seine Jacke auszuziehen.

Er hatte nun noch ein weißes Hemd mit schwarzen Tribals an und auch jenes knöpfte er auf, bis ein schwarzes Tanktop darunter zum Vorschein kam.

Leider muss ich auch hier zugeben, dass es mir schwer fiel wegzuschauen und nicht doch wenigstens ein bisschen hin zu gucken, während er sich da entblätterte.

Als er fertig war, lehnte er sich mit verschränkten Armen an das Sofa und sein Knie lässig an die runde Tischplatte.

Dann wurde auch die Beleuchtung der Bar etwas getrimmt und die Gänge und Stufen mit winzigen LEDs sichtbarer gemacht, eh die erste Gruppe auf die Bühne trat, sich vorstellte und auch ohne lange zu schwätzen los legte.

Ich lehnte mich demonstrativ nach vorn auf den Tisch, damit ich nicht wieder in Versuchung geraten würde, den Kerl direkt neben mir näher zu begutachten, so mal der wahrscheinlich als erster mitkriegt, wenn ich mich zu ihm drehen würde.
 

Trink einfach weiter dein Bier, dann hast du diese komischen Gedanken bald weg gesoffen!
 

Reita's Finger trippelten im Takt der gar nicht mal so schlechten Musik mit und als ich eben jene Finger so in geringer Beleuchtung im Augenwinkel beobachtete, bemerkte ich auch erst mal wie lang die eigentlich sind.

Überdimensional lang!
 

Dagegen sind meine nur kurze Wurstfinger...
 

Fuck, Matsomoto!
 

Konzentriere dich auf die Musik!
 

Und trink verdammt noch mal mehr!
 

Nach einer Weile schaffte ich es sogar, nicht mehr über irgendwelche Körperteile von dem Nervtier rechts neben mir nachzudenken und verfolgte interessiert das Geschehen auf der Bühne, als die aktuelle Band ihren letzten Song ankündigte.

Plötzlich hörte ich es neben mir rascheln und kramen, Reita zückte offenbar seine Moneten und war im Begriff sich nun auch noch seines Hemdes zu entledigen.

Dazu stand er auf und drehte sich mit dem Rücken zu mir, ließ den weißen Stoff über seine Arme nach unten auf die Sitzpolster gleiten und bewegte sich anschließend vor zur Bühne.

Wieder einmal gehorchten meine Augen meinem Willen nicht und schauten der sich wegbewegenden Silhouette hinter.

Er lief zwar irgendwie noch genauso affig, aber... irgendwas war anders...
 

Unten angekommen, warf er sein Geld in den goldenen Zylinder und trat den Rückweg zu unserem Tisch an.

Verschämt zwang ich mich woanders hin zu gucken, als er fast wieder bei mir war und zu allem Überfluss eierte die dunkle Gestalt auch noch unnötig lange vor meiner Nase herum, eh er sich endlich wieder neben mir aufs Sofa fallen ließ.

Ich roch dabei einen angenehmen Duft und spürte wie Reita nun eines seiner Beine auf das andere legte und dabei kaum merklich mit seinem Knie meinen Oberschenkel streifte.

Mir war mit einem Schlag so fürchterlich heiß!

Als wäre Feuer um mich herum ausgebrochen und so schnappte ich mir das Bier, trank noch mal ziemlich viel auf einmal und hoffte, dass diese Hitzewallung nun vorbei sein würde und der 'Brand' gelöscht.
 

Vielleicht bin ich einfach nur nicht an Bier gewöhnt und deshalb dreht mein Körper jetzt so am Rad.
 

Ich sollte womöglich doch auf Cocktails umsteigen, oder Wein... das kennen mein Magen und meine Leber wenigstens schon.
 

Auch nach Minuten wollte mir einfach nicht kühler werden, weshalb ich nun doch notgedrungener Maßen meinen Schal abnahm und die Druckknöpfe meines Mantels öffnete, sowie ein kleines bisschen vom Reißverschluss am oberen Bereich.

Ich war so sehr mit mir und der plötzlichen und offenbar nicht enden wollenden Hitze beschäftigt, dass ich kaum etwas von der nächsten Band mitbekam, welche offenbar eh nur sehr schmalzig unterwegs war.

Und genau deshalb – und weil ich von mir ablenken wollte – moserte ich:

„Immer diese Schnulzen... da pennt man ja gleich ein...“

Auch wenn Schlafen jetzt das Letzte wäre, was ich könnte...
 

Jedenfalls nicht so lange ich hier innerlich verglühe...
 

Hoffentlich werde ich nicht krank oder so.
 

Fuck, mir ist scheiße heiß!
 

Ohne lange zu zögern setzte ich noch einmal den Bierkrug an und trank diesen in meiner aufkommenden Verzweiflung aus.

„Du hast ja einen ganz schönen Durst mitgebracht... Ruki“

sprach mich Reita an und fragte anschließend auch gleich:

„Möchtest du was Anderes?

Die haben hier auch Sekt, Sake, verschiedene Soft-Drinks und Cocktails, Malz- und Schwarzbier, Schnäpse, Alkoholfreies, Weine-...“

„Wein!“

unterbrach ich seine Aufzählung und wiederholte nun noch ein mal in leiserem Ton:

„Wein, bitte...“

„Roten oder Weißen?“

wollte er von mir wissen und ich antwortete schnell:

„Mir wurscht...“

„Wurscht-Wein, Ok, kommt sofort!“

bestätigte Reita und stand auf, machte einen Abstecher zur Bühne und ging anschließend zur Bar.
 

Ich nahm einen tiefen Atemzug und lehnte mich irgendwie ziemlich gestresst zurück, während ich den Kragen meines Mantels auseinander zu ziehen versuchte und daran herum zupfte, um wenigstens etwas Luft darunter zu kriegen.

Doch viel tat sich da leider nicht, aber wenigstens schien es nun langsam etwas besser zu werden und die Flammen um mich herum sich etwas verkleinert zu haben.
 

Bier scheint echt nicht mein Getränk zu sein...
 

Einen Augenblick später kam Reita wieder und setzte sich neben mich.

Ich richtete mich sofort gerader auf, als ich ihn mitbekam hielt meinen Kragen zu, bevor ich feststellte, dass der Typ mit leeren Händen zurück kam.

„Wo ist der Wein?“

fragte ich den wieder neben mir Sitzenden und dieser sprach lächelnd:

„Keine Panik, der wird uns gleich gebracht, ich hab nur einen Geschmackstest gemacht.“

„Na toll, und deinem Urteil soll ich vertrauen?“

meckerte ich leise, doch der Gemeinte schien es dennoch verstanden zu haben:

„Wirst du wohl müssen, aber keine Angst, ich weiß was gute Weine sind.

Hab einen lieblichen Rotwein aus Spanien bestellt, wenn's recht ist.“

„Und was trinkst du?“

kam es verwundert von mir und Reita entgegnete mir mit rauer Stimme:

„Ich konnte einem guten Roten noch nie widerstehen.“
 

Nervös wich ich seinem Blick abermals aus und brummte:

„Darf man hier eigentlich rauchen...?“

Mit einem bejahenden Laut antwortete er mir und schob den Aschenbecher auf dem Tisch näher zu mir.

„Ach ja, hehe.. he... den hab ich wohl übersehen...

Hab meine Linsen nicht drin...“

redete ich mich hoffentlich geschickt raus, auch wenn ich meine Kontaktlinsen sehr wohl eingesetzt hatte und wühlte hibbelig in meiner Tasche nach den Kippen.

Hastig entzündete ich mir eine Zigarette und bot meinem Nebenmann kollegial, wie ich bin, ebenfalls eine an:

„Auch?“

„Gern, danke“

brachte Reita dem entgegen und schon griffen seine langen Finger nach einem Glimmstängel.

Und sie berührten wie zufällig meine Hand...
 

Mit in Falten gelegter Stirn hielt ich ihm das Feuerzeug hin, sodass er sich nur noch nach vorne beugen musste und dies tat er auch.

Ich konnte sein Gesicht im Licht der schwachen Flamme besser erkennen und starrte vor allem auf die Lippen, welche die Kippe hielten.

Der Atem aus seiner Nase blies die zarte Flamme gekonnt aus, als seine Zigarette ebenfalls glimmte.

Eiligst steckte ich das Feuerzeug weg und realisierte, dass mal wieder weit größere Flammen um mich herum loderten.
 

Fuck, wo bleibt der verdammte Wein??
 

„Da kommt er“

hörte ich Reita sagen, als hätte er meine Gedanken gelesen und ich reagierte daher nur verpeilt:

„Hö... wer?“

Der Angesprochene schmunzelte und sagte:

„Na unser Wein.“

Ein Angestellter brachte uns die Flasche tatsächlich zum Tisch und schenkte auch gleich das erste Glas ein.

Kaum hatte sich der Mann herum gedreht, schnappte ich mir das Glas und trank den Inhalt auf Ex.

„Halt, der Wein muss....

...atmen...“

vernahm ich es neben mir, doch war das süffige Getränk schon längst auf dem Weg in meinen Magen.
 

Jetzt wird alles gut!
 

Der Wein wird die Hitze sicher gleich vertreiben und bei mir spielt nicht mehr alles verrückt.
 

Abwartend und mehr oder weniger entspannt, versuchte ich mich wieder auf die Band vorne zu konzentrieren und hörte wenig später wieder Reita's Stimme:

„Ich find die übrigens gar nicht so schlecht.“

„Wen?“

fragte ich nach und er erklärte:

„Na die 'Schnulzen', die du hier so verunglimpfst, außerdem sind das fast nur traurige Stücke.

Das regt zum Nachdenken an...“

„Wenn du das sagst...“

gab ich mich geschlagen und füllte mein Glas nach.
 

Der Wein ging mehr als nur schnell zur Neige und natürlich konnte der Kerl es sich nicht sparen mal nachzuhaken:

„Meine Wahl scheint dir ja zuzusagen.“

„Glückstreffer...“

murmelte ich unnachgiebig und Reita brummte:

„Du kannst mir ruhig auch mal was glauben...“

Ich reagierte nicht weiter darauf und blickte wieder zur Bühne, eh ich im Augenwinkel vernahm, wie sich der Typ zu mir nach vorn und mit den Armen auf den Tisch stützte.

Dadurch roch ich ihn nun wieder intensiver und konnte verstohlene Blicke aus dem Augenwinkel auf ihn werfen.

Diese unbedeckten Arme machten definitiv Lust auf mehr...
 

Scheiße, Matsumoto!
 

Reiß dich doch endlich zusammen, man!
 

„Ich hab noch nie jemanden wie dich getroffen“

wandte sich Reita erneut an mich und so schaute ich verwundert zu ihm.

Er konnte mich auch erst dann richtig sehen, als er den Arm vor seinem Gesicht von sich weg und der Länge lang auf den Tisch legte... und er mir nun direkt in die Augen sah.

Eine gefühlte Ewigkeit schaute er mich einfach nur an und ich Trottel konnte einfach nicht wegsehen, bis er wieder zu reden begann:

„Du... hast Jemanden, der für dich Leute aus dem Weg schaffen würde...

Und du hast diese geheimnisvolle Aura an dir... die fesselt mich einfach total.“

Meine Augen wichen den seinen aus, aber dieses mal nur wenige Zentimeter, denn sie blieben wieder an dem Arm auf dem Tisch hängen.

Der rechts neben mir Sitzende nahm nun das Glas in die Hand und trank es ebenfalls in einem Zug aus.

Sein Kehlkopf bewegte sich beim Schlucken...
 

Ich wollte das noch mal sehen...
 

Und so schenkte ich ihm Wein nach.

„Danke“

vernahm ich die leise Stimme an meiner Seite und schaute daraufhin wieder einmal weg.

Reita lehnte sich zurück ins Sofa und ich spürte wie die nächste heiße Welle durch meinen Körper rauschte.
 

Verflucht, wann hört das endlich auf?
 

Ich trink nie wieder Bier...!
 

Als zumindest mal kein nacktes Fleisch mehr in meinem Sichtbereich war, dachte ich darüber nach, was er mir eben gesagt hatte und dennoch wusste ich nicht so recht, ob und was ich dazu sagen soll, oder ob ich einfach nicht drauf eingehe.

Ich entschied mich für Letzteres.

Statt auf die Musik und den Bandwechsel auf der Bühne mitzuverfolgen, grübelte ich über die letzten Augenblicke nach und fragte mich, ob ich nicht vielleicht doch schon mächtig einen an der Waffel haben würde.
 

Gedanken verloren lehnte ich mich nun auch zurück und merkte erst, als mich zwei Hände an den Schultern festhielten, dass das ein Fehler war.

Denn sofort war das lodernde Feuer um mich herum wieder entfacht und Reita flüsterte dann auch noch in mein Ohr:

„Mach deinen Mantel auf und zieh das Ding endlich aus, hier ist es verdammt warm drin und ich will nicht, dass du umkippst.“

Ich war natürlich sofort völlig verkrampft, auch wenn es für mich eigentlich ein Leichtes sein sollte, mich zusammen zu reißen.

Doch hier und jetzt funktionierte das nicht – nichts funktionierte, wie ich es wollte!

„Mach den Reißverschluss auf...“

bat er abermals und noch immer war ich nicht in der Lage mich zu bewegen.

Erst als die fremde Hand nach dem Verschluss griff, krallten sich meine Finger daran fest, doch Reita schien sich davon nicht beeindrucken zu lassen und bewegte die Hand langsam nach unten.

Mein Mantel öffnete sich und nun zupften beide Hände den dicken Stoff von meinen Schultern.

„Das kann ich auch alleine...!“

zischte ich und bekam das Grinsen neben mir mit:

„Hab ich gesehen, wie gut du das kannst.“
 

„Flossen weg!“

verdeutlichte ich noch ein mal und befreite meine Arme eigenhändig aus den Ärmeln, bevor ich noch einen Kampfschluck vom süßen Wein nahm.

Irgendwie fühlte ich mich im selben Moment zwar befreiter, aber gleichzeitig auch beobachtet.

Ich musste mir schnellstmöglich etwas einfallen lassen, um von mir abzulenken und brachte das erstbeste Thema auf den Tisch, das mir gerade einfiel:

„Was machst du eigentlich so, wenn du nicht gerade Leute stalkst oder ihnen die Kleidung vom Leib reißt?“

„Ich leg sie um“

kam es recht trocken von Reita, bevor er einen weiteren Schluck aus dem Glas nahm und nach schenkte.
 

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Ja ja ich weiß, es hat gedauert bis dieses Kapitel endlich mal gekommen ist, aber dafür meine ich mal genug Action drin zu haben und einen kleinen fiesen Cliffi!

Sry, aber der passte da so gut rein, auch wenn der Tagebucheintrag noch nicht wirklich fertig war, dafür aber ich xD

Und außerdem war das Kapi hier mal wieder etwas länger, was vllt. auch den ein oder anderen Leser freuen wird – hoffe ich mal ö.ö

Tja, wie wird nun Ruki auf Reita's letzten Satz reagieren?

Meint er den überhaupt ernst, oder scherzt er nur mal wieder, weil Ruki ja eh schon Schiss hat?

Und was passiert in der ganzen Zeit bis Ruki mitten in der Nacht wieder zu Hause ist und sein Erlebtes aufschreibt?

Restl. Revis beantworte ich noch im Laufe des Abends.

Nächstes mal geht es jedenfalls an der Stelle weiter und auch wenns wahrscheinlich wieder etwas länger dauern wird, aber pausiert oder abgebrochen wird hier nix!

Nur so just 4 Info.

Freu mich über Feedback und Fehler sind zum Liebhaben da :D

Frohe Ostern und denkt immer dran: wer Ostern mit den Eiern spielt, der hat zu Weihnachten die Bescherung!

Der goldene Zylinder - Teil: 2

„He hehe... guter Witz!

Ich hät's dir fast abgekauft“

witzelte ich mit schlotternden Knien und hoffte darauf, dass Reita das Ganze endlich als Scherz auflösen würde, doch er zuckte nur mit den Augenbrauen und seufzte:

„Wenn du meinst...“

„Als würdest du mit deinen Ärmchen da Jemanden umbringen können... tz!“

kam es noch mal nachdrücklich von mir, als meine Hand angespannt auf seine Schulter klopfte – auch um mich irgendwie selbst zu beruhigen.

Der neben mir Sitzende nickte nur seicht mit dem Kopf, bevor er sprach:

„Tja, da wirst du wohl recht haben.“
 

Puh... scheinbar war das echt nur 'n scheiß Witz...
 

Vor lauter Stress musste ich auch erst einmal aufs Klo und beschloss im stillen Örtchen, dass sich schnellstens etwas an meinem Zustand ändern musste.

„Hier kriegt man auch Schnäpse, ja?“

fragte ich, als ich wieder an unserem Tisch ankam und noch reichlich nervös von dem Thema eben war und ergänzte leise nuschelnd:

„Auf den Schreck brauch ich das jetzt...“

„Ja, den gibt's.

Was möchtest du denn?“

hakte Reita nach, stand auf und wartete auf meine Antwort, doch ich moserte:

„Ich kann auch alleine gehen!

Meinen Teil der Rechnung zahle ich dir eh noch zurück.“

„Jetzt sag schon was du willst...“

knurrte er und so wusste ich mir nicht anders zu helfen, als ihm doch lieber direkt und klar zu antworten:

„Shochu...?“

„Kommt sofort“

entgegnete der vor mir Stehende und machte sich auch gleich auf den Weg, als ich ihn doch noch mal aufhielt:

„Ich kann wirklich auch selber gehen...!“

„Lass mal, nicht dass die dich wieder für minderjährig halten“

hörte ich noch, aber wahrscheinlich bekam Reita mich nicht mehr mit, als ich mich gerade wieder aufregen wollte:

„Woher weißt du...?“
 

Der Typ ist und bleibt mir absolut suspekt und unheimlich...!
 

Hoffentlich bringt der Vogel die Rechnung mit... oder merkt sich, wie viel er für mich mitgeblecht hat.
 

Unten an der Bühne war bereits wieder ein Bandwechsel im Gange und so sah ich im Augenwinkel, wie der Kaffee-Typ im Eilschritt nach vorne sprintete und dem Drummer der Band, die bis eben noch gespielt hatte, das Geld persönlich in die Hände drückte, als jener nun mit einem Techniker sein Equipment abbaute.

Anschließend lief Reita in seinem affigen Gang zurück zur Bar und wartete brav auf den Schnaps.

Scheinbar ließ er aber mit seinem unermesslichen Geschick sein Geld fallen, womit er den Alkohol zu zahlen gedachte und bückte sich, um es aufzuheben.
 

Trottel...
 

Und der soll Leute umlegen?
 

Pffhh... der kann sicher nicht mal 'ne Fliege erschlagen...
 

Der kann ja nicht mal sein Geld bei sich behalten!
 

Aber leider hat dieser Trottel einen Arsch, der durchaus zum anbeißen ist...

Erst recht im sinnlich rötlichen Licht der Bar, welches seine ganze Gestalt ziemlich gut in Szene setzte.

Ich fragte mich unweigerlich, wie es sein konnte, dass so ein Penner nur so... seltsam anziehend auf mich wirkt – zumindest, wenn ich betrunken bin... oder eben vom blöden Bier nicht mehr klar denken kann.

Unerhörter Weise schlichen sich nun auch Bilder vor mein geistiges Auge, dass genau diesen Spinner da nackig vor mir herum springen ließ.

Keine Ahnung, wie ich mich dazu nur hab hinreißen lassen können, solche Gedanken zu haben...

Aus meiner Trance erwacht, bin ich jedenfalls erst, als mir Reita mitten im Bild stand und ich realisierte, dass mein Blick sich gerade auf die ungefähre Körpermitte des nun wieder vor mir Stehenden gerichtet hatte und ich nach meinem Kopfkino auch noch nahezu sabbernd darauf starrte.

Wenn auch unabsichtlich...

Ein Räuspern hatte mich letztlich wieder ins Hier und Jetzt zurück geholt und ich vernahm, wie er ein kleines Tablett mit sechs Schnapsgläschen auf dem Tisch platzierte:

„Dann mal runter mit dem Zeug!“

„Sechs?“

wollte ich nun vorsichtig fragend von ihm wissen und er verschränkte seine Arme direkt vor mir:

„Drei für dich, drei für mich.“

„Hmkay...“

kam es nicht ganz so begeistert von mir, da ich eigentlich nur... ein Glas erwartet hätte...

Aber gleich Drei...?
 

Endlich saß Reita wieder neben mir und überreichte mir einen der Schnäpse, wir stießen an und kippten das Zeug in einem Zug hinter.

Zwar hatte ich nicht den Eindruck, dass meine heutige Begleitung den Stoff in regelmäßigen Abständen und in Massen vernichtet, aber irgendwie schien er es besser wegzustecken als ich.

Stöhnend ließ sich der neben mir Sitzende an die Rücklehne des Sofas kippen und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare.

„Du ruinierst damit deine Frisur...“

brummte ich und erntete dafür einen wenig sagenden Blick von Reita, welchem ich ziemlich schnell wieder auswich.
 

Irgendwie ist der Typ gerade komisch...
 

Was hat der denn auf einmal?
 

Ich grübelte, ob und was ich sagen sollte, um die abflauende Stimmung vor dem Sinkflug zu bewahren und probierte es mit:

„Ach ja... danke fürs Leben retten...“

„Hm?“

kam es sichtlich verwirrt von meinem Nebenmann und so erklärte ich:

„Die Sache vorhin, mit dem Sandwich... und so...“

„Ach daaas... gerne doch.

Hab ich jetzt 'n Stein bei dir im Brett?“

hakte Reita mit seichtem Grinsen nach und so fühlte ich mich schon wieder ertappt, als ich wegsah und grummelte:

„Das lass ich mir lieber noch mal durch den Kopf gehen...!“

„Tu das, aber bitte nicht so wie du es mit dem Sandwich gemacht hast“

scherzte der Blödmann und so boxte ich ihn leicht in die Seite, was ihn auflachen ließ.
 

War klar, dass der den... Vorfall... und meine Dankesrede wieder ins Lächerliche ziehen muss...
 

Warum auch immer der Typ eben kurzzeitig schlechte Laune hatte, nun schien sie wieder weg zu sein und darum beschloss ich ihn noch etwas mehr auszufragen:

„Du... wer war eigentlich die Tussi, die dich da so abgeknutscht hat?“

„Im Café?

Meine Cousine...

Sie hat zwei Jahre in Frankreich gelebt und sich wohl diese Küsschen hier und da bei denen angewöhnt...“

ließ er mich wissen, doch ich bohrte weiter nach:

„Und seid wann füttert man so seine Cousine?

Das wirkte alles sehr... wie... Pärchenkram...“

„Und wenn ich sie mitten im Lokal auf dem Tisch gevögelt hätte, das wäre doch wohl meine Sache oder?“

hörte ich es mit ruhiger Stimme von Reita und auch wenn dies eine ziemlich merkwürdige Antwort war, so lächelte er und wollte dem Thema offenbar irgendwie die Schärfe nehmen.

Allerdings finde ich solche Bemerkungen alles andere als witzig und murmelte daher nur:

„Ähm ja... natürlich... mach was du willst...“
 

Fick deine Cousine... oder die Kellnerinnen... oder dich selbst...
 

Wen interessiert's...?
 

Mich jedenfalls nicht!
 

„Kann ich dich mal was fragen, Ruki?“

sprach mich Reita einen Moment später wieder an und ich geriet ins Stocken:

„Ehh.. ja... was denn...?“

„Darf ich wissen, was du so machst, außer deine Stalker zu daten?“

kam es recht leise von dem neben mir Sitzenden und ich konnte es mir natürlich nicht nehmen lassen zu motzen:

„Also erstens, von meiner Seite her ist das hier kein Date, mein Freund!

Und zweitens, warum willst du von mir wissen, was ich sonst so mache?

Ist es für Stalker nicht das höchste der Gefühle, wenn sie eigenhändig wieder was über ihre Opfer rausbekommen, ohne sie persönlich ausquetschen zu müssen?“

„Wenn du mich fragen würdest, wäre das höchste der Gefühle für einen Stalker mit seinem Opfer im Bett zu landen.

Und, es ist doch ein Date!

Ob du willst oder nicht.“
 

Grrrhhh!
 

„Warum streitest du eigentlich immer mit mir?“

fauchte ich den Kerl an und er knurrte zurück:

„Du fängst doch an!“

„Tu ich gar nicht!“

verteidigte ich mich und Reita schien seine Meinung nicht ändern zu wollen:

„Na und ob du das tust!

Gerade jetzt tust du es schon wieder.“

„Lächerlich...“

zischte ich, kippte den nächsten Schnaps hinter und vernahm wie auch mein Nebenmann sein zweites Glas vernichtete.

„Du kannst 'ne ganz schön giftige Kröte sein, weißt du das eigentlich?“

kam es zähneknirschend von der Seite und ich 'giftete' zurück:

„Niemand zwingt dich, deine wertvolle Zeit mit mir zu vertrödeln!“

„Das tu ich gewiss nicht, im Gegenteil“

entgegnete er mir und ließ mich damit dumm aus der Wäsche gucken, eh er mich aufklärte:

„Ich liebe Herausforderungen.“
 

Gibt’s eigentlich noch mehr von diesen Spastmatikern, wie den da?
 

Oder ist das glücklicherweise ein Einzelexemplar?
 

„Dann lass uns mal den Letzten wegzischen“

schlug Reita vor und griff nach seinem dritten Gläschen, hielt es zum Anstoßen auffordernd vor meine Nase und wartete offenbar darauf, dass ich es ihm gleichtun würde.

Augen rollend ging ich der Bitte nach und prostete ihm mit meinem letzten Schnäpschen in der Hand zu, schluckte das Zeug schnellstens hinter, eh es anfangen würde im Hals zu brennen.

Mit etwas mehr Kraft und leichtem Ekel vom Geschmack, knallte ich das recht stabile kleine Glas auf den Tisch und atmete geräuschvoll dabei aus, bevor ich mich nach hinten lehnte und den Kopf weg kippen ließ, um meine Gedanken zusammen zu sammeln.

„Na... hast du's gemütlich?“

sprach mich Reita ein Weilchen später an und so blickte ich ein wenig abwesend in seine Richtung, registrierte die kaum bedeckte verlockende Schulter, den vielversprechenden nackten Oberarm... und den sehnigen sexy Unterarm... auf dem gerade mein Kopf ruhte!

„Fuck, nimm deine Griffel von mir!“

zischte ich entsetzt und sprang im selben Moment auf.

Zu schnell...
 

Verdammt!
 

Alles dreht sich.
 

„Nun bleib mal geschmeidig.

Du(!) warst ja schließlich Derjenige, der sich an mich(!) angelehnt hat!“

hörte ich den Typ sagen, doch damit würde er mir nicht davon kommen!

Mein Puls stieg und so warf ich ihm auch gleich vor:

„Du hast das geplant!“

„Ja natürlich, Ruki... ich kann Hellsehen und wusste vorher, dass du das tun würdest...“

murrte Reita und verschränkte nun seine Arme vor sich, eh er sprach:

„Jetzt setzt dich endlich wieder hin, die Leute hinter uns wollen vielleicht auch noch mehr sehen, als deine Umrisse...“

Ich reagierte selbstverständlich nicht, doch wurde ich von ihm schnell am Arm gepackt und auf die Sitzbank zurück gezogen, daher meckerte ich auch gleich:

„Is ja schon gut, ich sitze ja schon...“
 

Meine Begleitung richtete anschließend seine Aufmerksamkeit eine ganze Weile wieder nach vorn und sah ab und zu in meine Richtung, doch ich verkniff es mir, ihm mehr als einen Blick aus dem Augenwinkel zu widmen.

Einige Minuten ging dieses Spielchen so weiter, bis Reita genervt seufzend aufstand und erneut zur Bühne vor ging.
 

Der tut das scheinbar tatsächlich bei jeder Band und legt Geld in den Hut...
 

Er ließ mich scheinbar auch nicht aus den Augen, als er zurück in unsere Ecke kam und wieder neben mir Platz nahm.

„Ist bald vorbei... das ist die letzte Band für heute...“

knurrte es neben mir und dann war wieder Funkstille.

Es gefiel mir aber irgendwie nicht, dass es nun so ruhig zwischen uns war...

Lieber hätte ich mich weiter mit ihm gestritten, als jetzt diese 'Stille' zu ertragen – auch wenn es hier durch die Leute und die Musik eigentlich alles andere als leise war.

Meine Blicke glitten immer öfter zu meinem schweigsamen Kaffee-Kerl hinüber und ich war richtig dankbar, als er sich wieder nach vorn auf den Tisch lehnte und ich in aller Ruh seine Kehrseite betrachten konnte.

Zumindest das, was man im wenigen Licht erkennen konnte.

Es gefiel mir zunehmend, was ich sah.

Ich wollte das anfassen, was ich sah.

Ich wollte ihn anfassen...
 

Und ich musste genau diese Gedanken so schnell und so erfolgreich wie möglich unterdrücken!
 

„So, das war's... bist erlöst“

riss mich Reita's Stimme einmal mehr aus der Träumerei und ich sah mich verpeilt um.

Das Licht war inzwischen schon wieder etwas heller und die Bühne wurde frei geräumt.

„Ehh... ja...

Wie spät ist es eigentlich...?“

fragte ich, nur um irgendwas gesagt zu haben, worauf er reagieren könnte und dies tat er auch:

„Ich vermute mal etwa gegen Mitternacht.“

Räuspernd wühlte ich in meiner Tasche nach meinem Handy, wo ja theoretisch auch eine Zeit angezeigt wird.

Doch ich erschrak, als ich mein Telefon in der Hand hatte.

„Oh Scheiße, ein Anruf von meinem Boss...

Ich ruf eben zurück“

ließ ich den neben mir Sitzenden wissen und dieser nickte nur wieder kurz.

Es klingelte eine halbe Ewigkeit, bis Hishinuma endlich ran ging:

„Fuck ey, wer stört jetzt?“

„Ehh.. ich bin's.. Ruki...?“

krächzte ich in das Gerät und hielt mir das andere Ohr zu, damit mich der Krach nicht störte, den die anderen Gäste beim Verlassen des Etablissements machten.

Mein Chef war allerdings offenbar nicht so gut drauf:

„Sag mal.. hast du eine Ahnung wie spät es ist?“

„Ehh.. nein.... gerade nich...so... genau..."

nuschelte ich abgehackt, als mir bewusst wurde, dass es ein Fehler, war mitten in der Nacht zurück zu rufen.

„Es ist fast Mitternacht!“

schimpfte Hishinuma und ich tat völlig überrascht:

„Oh... tut mir leid... ich hab wohl irgendwie die Zeit vergessen...“
 

Mist, Mist, Mist!!
 

Nachdem ich nun nur ein leises Stöhnen und ein Seufzen hörte, fragte ich angespannt:

„Was gibt's denn?

Du hattest mich angerufen.“

„Ja... vor 3 Stunden...!!“

brummte mein Boss und schnaufte erneut ins Telefon.

Langsam wurde es mir immer peinlicher und ich ich bekam nur noch ein:

„Oh...“

heraus, als mir klar wurde, wobei ich höchstwahrscheinlich gestört hatte.

„Tu mir einen Gefallen und kauf dir von deinem nächsten Gehalt eine funktionierende Uhr und nicht nur irgendwelchen Krempel, Ramsch und Plunder...“

vernahm ich es auf der anderen Seite der Leitung, bevor ich eine mir sehr bekannte weibliche Stimme im Hintergrund vernahm:

„Schnuffel... egal wer das ist, leg auf!

Wir sind beschäftigt...“

Nun konnte ich auch ein Räuspern von Hishinuma ausmachen, eh er ohne große Umschweife zum Grund seines Anrufs kam:

„Ähm ja, ich wollte dir nur mitteilen, dass du kurzfristig morgen Abend einen Termin hast.

Ich kann dir leider nicht viel mehr sagen, außer das Herr Kato ein Partner meines Vaters ist, nicht sonderlich auf Smaltalk steht und auch sonst ein knallharter Geschäftsmann ist.

Also... sei vorsichtig.“

„Masato, leg auf!“

kam die Ansage Sayuri's sehr deutlich durch mein Handy und der Gemeinte verabschiedete sich auch prompt:

„Öh ja, ich muss jetzt Schluss machen.

Hab noch was Dringendes zu erledigen.“

„Ehhh ja... hehe he...“

stammelte ich, einem Schweißausbruch nahe und legte schnellst möglich auf, eh mir noch ein leiser Fluch über die Lippen entglitt:

„Scheiße...“
 

Ich Volltrottel...
 

„Ärger mit dem Boss?“

wollte Reita von mir wissen und ich murmelte:

„Nich direkt...“

„Jetz sag schon was los is, oder muss man dir alles aus der Nase ziehen?“

fragte der neben mir Sitzende und so rückte ich lieber gleich mit der Sprache raus:

„Hast du deinen Chef schon mal beim Sex erwischt?“

„Ja und?“

kam es ungerührt von dem Gefragten und damit hatte ich ebenfalls nicht gerechnet:

„Wie jetz 'ja und'?“

Ich sah verblüfft zu ihm und wusste nicht so recht was ich antworten sollte, doch Reita ergänzte seine Aussage sogleich:

„Da wo ich herkomme passiert das laufend, also mach dich locker.“

„Ist dir das nicht peinlich?“

hakte ich mit großen Augen nach und er fragte:

„Nö, wieso sollte es?“

„Weiß nich...“

nuschelte ich und er sprach daraufhin:

„Ok, ich geb zu, beim ersten Mal war ich nicht drauf vorbereitet und ich war auch erst Zwölf, als das passiert ist, aber man gewöhnt sich dran.“
 

Zwölf..?
 

Ich sag ja, der Typ ist sonderbar...
 

„Mhm...“

brummte ich mit heißen Wangen und vernahm ein sanftes angedeutetes Boxen vom merkwürdigen Kaffee-Kerl an meinem Oberarm:

„Hey, was hast du denn?

So verklemmt hätte ich dich nich eingeschätzt.“

„Ich bin nicht verklemmt!!“

zischte ich sofort zurück und natürlich war er da anderer Meinung:

„Na und ob!“

„Du kennst mich doch gar nicht, also wie kommst du dazu sowas zu behaupten?“

fauchte ich angesäuert und Reita schmunzelte:

„Du plusterst dich wegen solcher nichtigen Dinge auf, also ich finde das schon ziemlich spießig.“

„Spießig?

Ich?“

fiepte ich empört und wollte gerade wieder aufspringen, als mich ein Arm und eine zusätzliche Hand an Ort und Stelle fest hielten.

„Ja, du“

raunte er, grinste dämlich und ich knurrte leicht aggressiv:

„Weißt du... irgendwann... da zimmer ich dir mal Eine rein, aber so richtig!“

„Ich glaube nicht, dass du das schaffst, außerdem wäre das unfair“

ließ mich Reita überzeugt wissen und ich zischte verwirrt:

„Wieso denn unfair?“

„Na, weil ich nicht zurück schlagen werde?“

hörte ich ihn sagen und ich konterte irritiert davon:

„Wieso nich, hast du Angst?“

Eigentlich dachte ich, dass nun nicht mehr viel kommen könnte, was meinen Blutdruck in astronomische Höhen schießen lassen würde, doch dieser Blödmann meinte doch tatsächlich:

„Nein, aber bei dir reicht in die Ecke schubsen.“
 

Ich wandte mich umgehend aus seinem Griff und motzte schon recht laut:

„Sach ma, geht’s dir eigentlich noch gut?!“

„Blendet!“

antwortete der Gemeinte und zog mich mit einem geübten Handgriff und einem kräftigen Ruck wieder zu sich aufs Sofa, bevor er mir ins Ohr säuselte:

„Wo ich doch deine hinreißende Gesellschaft genießen darf.“

„Was hast du eigentlich für 'n Problem, dass du mich erst beleidigst und nun schon wieder bei mir einkratzt?“

kam es fassungslos von mir und Reita grinste noch dämlicher, als er mir antwortete:

„Erstens: ich hab keine Probleme, zweitens: wann und wodurch fühlst du dich von mir beleidigt und drittens: wer sagt, dass ich mich bei dir einkratzen will?“
 

Ganz ruhig, Matsumoto...
 

Nicht aufregen...
 

Der is'es nich wert!
 

Nachdem ich ein paar mal tief ein- und ausgeatmet hatte, sagte ich besonnen und gefasst:

„Weißt du, manchmal gibt's so Leute, denen würde ich gerne mal 'ne geballte Ladung Finger ins Gesicht drücken, wenn sie mich so saublöd angrinsen...“

„Uhhh, wenn du so brutal bist, dass macht mich richtig wild...!“

entgegnete der Spinner mir und ließ meinen Puls noch einmal kurz aufflackern, eh dieser einen Endspurt hinlegen würde, als Reita verkündete:

„So, wir Beide haben jetz wohl doch 'n Problem.“

„Ach ja?

Welches denn...?“

fragte ich, obwohl ich nicht sicher war, ob ich es wirklich wissen wollen würde, doch der neben mir Sitzende teilte mir mit:

„Ich bin zu betrunken, um dich nach Hause zu karren.“

Gerade wollte ich abermals aufspringen und mich aufregen, doch dieses mal hielt der Penner mich nicht nur fest, sondern mir auch noch den Mund zu, als er weiter erklärte:

„Also, wir haben jetzt zwei... nein, drei Möglichkeiten.

Entweder... wir bleiben noch ein paar Stunden hier, bis ich einigermaßen wieder fahr-tauglich bin, oooder wir rufen ein Taxi für dich... oder wir Beide gehen zu mir.

Ich wohne hier gleich um die Ecke.

Na, was meinst du?“
 

Aber klar!
 

Und dann zeigst du mir deine Briefmarkensammlung!
 

Nee nee mein Freund, ich bin vielleicht ein wenig blond und ein bisschen blind, aber ganz sicher nicht blöd!
 

Kaum hatte Reita seine Hand von meinem Mund genommen, meckerte ich drauf los:

„Das könnte dir so passen wa?

Das sind ganz billige Tricks, mit denen du mich hier rumkriegen willst und da fall ich ganz bestimmt nich drauf rein!

Kannst froh sein, dass ich nicht die Bullen anrufe!“

„Und was willst du denen erzählen?

Das zwei Freunde zusammen einen Trinken waren und du im Suff immer wirres Zeug quatschst?“

wollte er noch immer so blöd grinsend von mir wissen und mir entfielen deshalb irgendwie sämtliche Worte:

„Das... überleg ich mir noch, was ich denen sagen werde...“

Ausgebremst verschränkte ich die Arme vor mir und wollte mir einen passenden Spruch einfallen lassen, den ich ihm dafür rein würgen könnte.

Doch verflüchtigten sich alle Ansätze dazu, als ich den einen Arm spürte, welcher um meinem Rücken lag und dessen Hand sich an meinen Kopf legte, kurz durch mein Haar fuhr und Reita anschließend seinen Kopf mit sanften Druck an den meinen schmuste.

Mein Hirn war sofort überlastet und dieser ätzende Brand loderte wieder um mich herum, mein Herz raste und mein Körper versteifte sich.
 

Fuck, was mach ich 'n jetz?
 

Einerseits will ich unbedingt weg von dem Irren und andererseits kann ich mich nicht wirklich bewegen und... irgendwie... will ich das vielleicht auch nicht...
 

„Was soll der Scheiß...?“

zischte ich nun gedämpft und Reita rührte sich kaum, als er mir antwortete:

„Was denn?

Es ist doch gar nichts passiert.“

„Lass mich einfach los, Ok...?“

brummte ich leise und auch jetzt ließ sich der Kerl nicht aus der Ruhe bringen:

„Ich halte dich doch gar nicht mehr fest.“

Das tat er wirklich nicht und ich brauchte auch erst mal einen Moment, eh ich das realisiert hatte und noch einen weiteren Augenblick, bis ich mich ohne jegliche Gegenwehr in Zeitlupe aus der Umarmung löste und mich mit denn Ellbogen auf die Oberschenkel stützte.

Dass Reita sich im Augenblick nicht weiter bewegte oder irgendwas sagte, half mir sehr dabei nachdenken zu können, was das eben für ein seltsamer Moment war.

Dann, plötzlich, konnte ich erneut seine Hand über meinen Rücken streichelnd ausmachen und hörte ihn fragen:

„Und wofür hast du dich nun entschieden?“

„Ehh... ich weiß nicht... ich würde glaube ich gerne einfach... ein wenig frische Luft schnappen wollen... denke ich...“

stotterte ich etwas durch den Wind und schaute mich grob im Etablissement um, als würde ich hier irgendwo die Lösung für alles finden.
 

„Hör mal... fühl dich nicht überredet oder gedrängt...

Es wäre mir aber eine Ehre, wenn ich dich noch auf einen Absacker oder so bei mir einladen dürfte“

hörte ich ihn sagen und geriet ins Grübeln.

Mein Kopf brüllte regelrecht Nein, aber mein Bauchgefühl war dummerweise eher neugierig.

Nachdem ich nach einigen Minuten Bedenkzeit noch immer keine wirkliche Antwort gab, schlug Reita vor:

„Pass auf, ich hol uns noch zwei drei Schlucki's für Unterwegs und wir gehen dann zu mir, wenn du dann noch mit hochkommen willst, dann sehr gerne und wenn nicht, dann lass ich dir ein Taxi kommen, Deal?“

Er hielt mir die Hand hin, ich ließ es mir noch einmal kurz durch den Kopf gehen und schlug dann ein.

Das wir nun das Lokal verlassen würden, hatte natürlich den Nachteil, dass mein Kaffee-Kerl seine bisher überzeugendsten Argumente, seine ansehnlichen Arme, wieder verpacken würde und ich zumindest deswegen nicht mehr die Nerven verlieren müsste.

Während ich mich im langsamen Gehen Richtung Ausgang begab, den Alkohol in meinem Blut ganz gut zu spüren bekam und meine Begleitung die Schnäpschen besorgte, dachte ich darüber nach, was ich dann letztlich tun würde.

Ich könnte ihm gnadenlos eine Abfuhr erteilen und vielleicht hätte ich dann endlich wieder Ruhe vor meinem persönlichen Stalker, aber... irgendwie... so ganz tief in mir drin musste ich zugeben, dass mir das nicht so sehr gefallen würde, wie ich es mal geglaubt hatte.

Andererseits... er und ich... was hätte das schon für eine Zukunft?

Niemand will mit 'nem Stricher befreundet sein...

Oder besser noch... einem Mafiosi, der ich ja irgendwie nebenher geworden bin, auch wenn ich nur 'n kleines Lichtlein bin...
 

Ist besser, wenn Reita nie etwas erfährt...
 

Dann bleibt uns Beiden eine Enttäuschung erspart.
 

„Hey... bist du fertig?“

wurde ich angesprochen und so nickte ich nur, folgte ihm nach draußen und bekam auch gleich zwei kleine Fläschchen süßen Schnaps zugeschoben.

„Danke...

Was bin ich dir für den Abend eigentlich schuldig?“

hakte ich vorsichtig nach und der neben mir Laufende winkte lässig ab:

„Lass mal stecken.

Ich bin froh, dass du überhaupt mitgekommen und so lange dageblieben bist.

Hätte ich echt nich erwartet.“
 

Ich auch nicht...
 

Wenn es eine Möglichkeit geben würde, wo man an einem bestimmten Augenblick stoppen und einen Blick in die Zukunft werfen könnte, dann würde ich dies jetzt wohl in Anspruch nehmen.

Ich kann es nicht erklären, aber ich fühlte mich eigenartiger Weise ungewohnt wohl, jetzt neben Reita so die nächtliche Straße entlang zu laufen, dabei gar nicht viel sagen zu müssen und ich es nun einfach nur genießen konnte, was wir hier taten.

Es war entspannend... beruhigend...

Als soll es so sein.
 

„Du kommst nicht mit hoch, oder...?“

fragte mich Reita, als wir vor einem Hochhaus stehen blieben und ich auf einmal Angst bekam, vor dem was dann passieren könnte und ich ihm zu verstehen gab, dass er wohl recht behalten würde.

Er senkte den Kopf und gab ein leises Geräusch von sich, dass er meine Entscheidung zur Kenntnis genommen hatte.

„Aber den letzten Schnaps zusammen gönnst du mir noch, oder?“

fragte er mich mit sanfter leiser Stimme und sein Lächeln wirkte diesmal irgendwie enttäuscht, fast ein wenig verletzt und darum nickte ich, zwang mich ebenfalls zu einem Lächeln und zückte meine beiden Schnäpschen aus der Manteltasche.

Den Ersten tranken wir sofort, dann wühlte ich in meiner Tasche nach dem Handy und warf einen Blick auf die Uhr.

Es war schon verdammt spät.

Es kam mir gar nicht so lange vor, seit die Bands mit spielen fertig waren und bis wir nun hier vor dem Haus stehen geblieben sind.

„Ich ruf dir ein Taxi...“

flüsterte Reita und kramte sein Telefon aus der Hosentasche, drehte sich weg von mir und ging auch einen Schritt in die andere Richtung.

Während er sich unterhielt, fischte ich einen Geldschein aus dem Portemonnaie und schob ihm den unauffällig von hinten in die Jackentasche, auch wenn ich nicht wusste, ob der Schein meine Hälfte der Rechnung decken würde – aber ich hoffte, es würde reichen.
 

Kaum war er fertig, drehte er sich wieder zu mir und zückte das zweite Fläschchen:

„Na dann, auf einen schönen Abend.“

Ich nickte, stieß mit ihm an und kippte das süße Gesöff hinter.

„Darf ich... dich wieder sehen?“

Beinahe hätte ich mich beim Trinken verschluckt, doch hab ich es diesmal verhindern können, mich zu blamieren und hustete nur kurz, als ich das Fläschchen vom Mund absetzte und mein Gegenüber überrascht ansah.

Er schaute mich an, als meinte er alles vollkommen ernst und wartete scheinbar auf eine Antwort.

Im gleichen Moment begann es wieder einmal zu regnen und mein Hirn lief auf Hochtouren, bevor ich antworten konnte:

„Ich weiß nicht... mal sehen...?“

Man sah förmlich die Hoffnung in Reita's Augen schwinden...
 

Wieso nur interessiert mich das, ob der Typ sich Hoffnungen macht?
 

Wieso meint der eigentlich, dass es Hoffnung gäbe?
 

Wieso denk ich überhaupt drüber nach...?
 

„Dein Taxi ist da“

wies mich Reita auf das sich nähernde Auto hin und blickte ausweichend neben sich auf den Boden.

Ich warf nur im Augenwinkel einen Blick auf die Scheinwerfer und bemerkte wie rundherum alles immer nasser und nasser wurde.

Nur langsam wanderte mein Augenmerk an der Person vor mir hinauf und ihm schien der Regen herzlich wenig auszumachen.

„Wenn du hier weiter so rumstehst, ist deine Frisur gleich völlig im Arsch“

merkte ich an und versuchte zu lächeln, seine Lippen zuckten ebenfalls mit einem winzigen Schmunzeln und sprachen dann:

„Das is mir sowas von egal...“

Ich musste schnellstens wegsehen und unterdrückte ein weiteres Lächeln, kaute stattdessen auf den Lippen herum und überlegte, was ich als nächstes tun würde.

Doch Reita nahm mir die Entscheidung einen Moment später ab:

„Du solltest einsteigen...

Ich glaube, du wirst nicht gern nass.“

Erst nach dieser Bemerkung fiel mir auf, dass mir der Regen bis eben tatsächlich völlig nebensächlich erschien und so geriet mein Hirn wieder ins Rattern, eh ich stammelte:

„Ehh ja, ich... bin dann mal weg...!“

Hektisch stieg ich ins Taxi und sah noch, wie der Kaffee-Kerl die Hand hob und mich dann der Fahrer aus den Gedanken riss:

„Wohin soll's denn gehen, junger Mann?“

„Ähm... ach ja...“

murmelte ich verpeilt, denn ich war's nicht gewohnt, jemandem zu sagen wo ich wohne.

Die Chauffeure von Hishinuma wissen immer wohin ich will und ich würde dem Taxifahrer sicher auch nicht meine Adresse mitteilen, sondern mich wieder bei Eddy's Imbissbude absetzen lassen.

Und den Tag einfach abhaken...

Wird wohl das Beste sein...
 

Auf der Heimfahrt ließ ich mir den Tag noch mal durch den Kopf gehen.

Die Sache im Café... und mein Beinahe-Ableben, weil mir ein Sandwich quer im Hals stecken blieb...

Dann im Goldenen Zylinder... der affige Gang... die Worte... die Arme...

Und dann...wir... auf der Straße... im Regen...
 

Arrrrgh man, Matsumoto...!
 

Du verblödeter Idiot...
 

Du solltest dir darüber keine Gedanken machen, verdammt!
 

Scheiße...
 

„Wir sind da“

wurde ich mal wieder aus meinen Gedanken gerissen, als das Fahrzeug schon eine Weile zu stehen schien und der Mann am Steuer sein Geld wollte.

Ich bezahlte ihn und stieg aus dem Wagen, starrte diesem noch hinter her, als würde mit ihm auch der ganze vergangene Tag in der Ferne verschwinden.
 

Tja, und nun sitze ich hier und schreibe dir von dem Chaos im Kopf, das mich einfach nicht los lässt.
 

Trotzdem versuch ich es jetzt doch mal, die Beziehung mit meinem Bett wieder etwas mehr zu vertiefen und noch etwas Schlaf zu finden.

Ich melde mich dann hoffentlich bald wieder, wenn diese durch Bier verursachte geistige Verwirrung nachgelassen hat und berichte dann auch von meinem Termin morgen... oder viel mehr heute Abend.

Es ist ja schon wieder fast fünf Uhr morgens, aber müde bin ich irgendwie nicht so wirklich.

Nun gut, Koron gehört auch ins Bett!

Der schnarcht nämlich schon geraume Zeit auf meinem Schoß.
 

Bis dann, Ruki.
 

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Tut mir leid, dass ich euch diesmal über 2 Wochen warten lassen habe, aber es ist grad schwierig und ich will auch nicht alles nur auf den Umzug schieben, aber Schreiben ohne Muse dazu, ist einfach wie... Kaffee ohne Koffein, Pommes ohne Ketchup, Regen ohne Gewitter oder Reita ohne Ruki...

Es ist einfach nicht das Wahre und es kommt selten was halbwegs Brauchbares bei rum, also ist leider etwas Zeit verstrichen...

Doch dank eines Lesers gestern Abend hab ich mal wieder etwas Muse gefunden und et voilà... da ist das neue Kapitel!

Eigentlich wollte ich noch weiter schreiben, aber das hätte dann noch ne Weile mehr in Anspruch genommen und ich wollte euch nicht mehr warten lassen, außerdem wär's wieder eine blöde Stelle gewesen weiter zu schreiben, da Ruki sonst wieder 2 Einträge verfasst hätte.

Naja egal, im nächsten Kapitel, dürfen wir dann ein bisschen Angst um Ruki haben, denn der Termin, den er am nächsten Tag hat, wird absolut kein Zuckerschlecken und dem Kleinen geht’s ziemlich mies – schon vorher, aber hinterher noch mehr.

Zwar wird es noch recht mild sein, aber es wird eine kleine Einstimmung darauf sein, warum die Geschichte diesen Namen trägt.

Also noch mal großes Sorry fürs Warten, die offenen Kommi's hol ich nach und mit Fehlerchen will ich nix zu tun haben!

Im Rausch

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Geständnisse über Geständnisse

Mein Herz begann nach einem kurzen Aussetzer immer schneller zu schlagen und ich bekam Panik.

Ich wusste plötzlich nicht mehr was ich tun sollte und wich nun jeden Zentimeter zurück, den Reita's Lippen auf mich zukamen.

Er hatte die Augen geschlossen und sah deshalb nicht, wie ich sein Vorhaben verhindern wollte.

Doch als er selbst nach einer gefühlten halben Ewigkeit noch nicht aufzugeben schien, legte ich zwei Finger auf seinen Mund und drehte mein Gesicht ein wenig von ihm weg.

Erst dann öffnete er die Lider und blickte mich fragend an.

Auch der neben mir Sitzende nahm nun wieder Abstand und schwieg einen Moment lang, schaute auf den Boden vor sich und verschränkte die Finger ineinander.
 

Das Schweigen war zermürbend!

Aber ich wusste nicht was ich nun hätte sagen sollen und für meinen sonst so aufgeweckten Kaffee-Kerl war es sicher nicht minder beklemmend.

Wenn es überhaupt ein Wort gibt, was jenes Gefühl ausdrücken könnte, welches mich gerade belastete.

Nach wenigen Minuten der Stille zwischen uns und dem fast schon penetrant lauten Ticken der hellleuchtenden Ofenuhr in der Küche, ergriff Reita nun doch das Wort:

„Warum nicht..?“

„Es geht einfach nicht...“

nuschelte ich kaum verständlich und er fragte erneut:

„Aber wieso denn nicht?

Wenn du mich wirklich nicht leiden könntest, dann wärst du nicht hier.“

Eine Feststellung, die mich zum einen erschreckte, weil es vermutlich stimmt und zum anderen, weil mir kein Kontra dazu einfallen wollte, was diese These widerlegen würde.

Also hielt ich mich an die Frage nach dem Warum-nicht:

„Es ist kompliziert...“

„Das ist es doch immer...“

knurrte er und schenkte vom Tequila nach, den er auch gleich im Anschluss hinter kippte und sein Glas abermals nachfüllte.
 

„Bitte erklär's mir...

Vielleicht ist es ja gar nicht so schlimm, wie du meinst und wir finden eine Lösung“

schlug Reita vor und ich murmelte:

„Mein Problem dabei ist völlig Beziehungs-untauglich...

Und vor allem geheim.“

„Jeder hat Geheimnisse... und Dinge, über die er nicht so gerne spricht“

entgegnete er mir, bevor er einen weiteren Vorschlag machte:

„Wie wär's, wenn du mir dein großes Geheimnis anvertraust und ich sag dir alles, was es über mich zu wissen gibt?“

„Ich bekomme ganz sicher Ärger, wenn raus kommen sollte, dass du es weißt.

Ziemlich Großen sogar...

Und du vermutlich auch...

Und am Ende werden wir vielleicht noch Beide umgelegt...

Nee, ich finde die Idee nicht gut“

ließ ich ihn wissen und schüttelte demonstrativ den Kopf dabei.
 

Es geht einfach nicht...
 

„Also, schlimmer als das was ich zu verbergen habe, kann es ja wohl kaum sein...“

brummte Reita und so läuteten meine Alarmglocken:

„Wie meinst du das?“

„Ruki, ich bringe Menschen um!

Ich hab das letztens todernst gemeint!

Im wahrsten Sinne des Wortes...“

wurde mein Nebenmann sehr deutlich und ich konnte es im ersten Moment gar nicht so richtig fassen, aber dem half er ab:

„Ich bin ein gottverdammter Auftragskiller und ich glaube, es gibt kaum etwas Schlimmeres, als jemanden umzubringen.

Egal aus welchem Grund...“
 

So langsam hatte mein Hirn diese Info aufgenommen und auch mein Sprachzentrum schien seine Tätigkeit wieder aufzunehmen:

„Dudududu du bist ein gemeiner Meuchelmörder?!“

„Mhm... naja... gemein bin ich eigentlich nicht... aber ja, so sieht's aus“

brachte Reita dem ruhig entgegen und wollte offenbar meine weitere Reaktion abwarten.

Die Situation war sicher für uns Beide stressig und verdammt unangenehm.
 

Oh...
 

Wow....
 

Das muss ich trotzdem noch sacken lassen...
 

Der meinte das also wirklich ernst.
 

„Ok... aber... du willst mich doch nicht umbringen... oder?“

hakte ich eingeschüchtert nach und der Gefragte schmunzelte:

„Wenn ich das tun wollte, dann wüsstest du sicher nicht, dass es mich überhaupt gibt.

Du kannst also beruhigt sein.“

„Das beruhigt mich aber nur geringfügig... wenn ich ehrlich bin...

Schließlich kannst du mir trotzdem jederzeit 'nen Dolch zwischen die Rippen jagen“

gab ich zu bedenken doch Reita erklärte:

„Erstens, ich töte mit Gift und zweitens, spritz ich es direkt in die Halsschlagader.

Meine Opfer leben nicht mal lange genug, um überhaupt zu registrieren, dass ich da bin.

Lautlos, kurz und relativ schmerzlos.“

„Relativ...?“

fragte ich skeptisch und er antwortete mir:

„Ja, ich hab noch Keinen lange genug leben sehen, um zu erfragen, wie er sich dabei fühlt.“

„Oh...“

kam es kleinlaut von mir, denn mehr brachte ich nicht zustande.
 

Harter Tobak...
 

„Hast du jetzt Schiss vor mir und haust ab?“

wollte Reita recht vorsichtig von mir wissen und ich überlegte, ob ich eine solche Maßnahme für nötig befinden würde, oder ob ich einfach cool bleibe und über den Dingen stehe.

Seufzend entschied ich mich für Letzteres und gab verneinende Geräusche zur Antwort.

„Puh... ich dachte schon, du bist schneller weg, als ich gucken kann“

kam es erleichtert von dem neben mir Sitzenden und ich versuchte irgendwie krampfhaft zu lächeln.

Nicht, dass dieses Lächeln einen von uns Beiden irgendwie beruhigt hätte...
 

Wieder herrschte einen Augenblick lang betretene Stille, eh der mordende Kaffee-Spender neben mir erneut das Wort ergriff:

„Tjaaa... und was willst du noch von mir hören, eh du mich dein großes Geheimnis wissen lässt und wir die Sache endlich vom Tisch haben?“

„Weiß nicht... hast du noch mehr solcher Dinger auf Lager...?“

entgegnete ich dem und Reita grinste:

„Ich glaub, das war's erst mal.“
 

Endlich mal eine halbwegs beruhigende Nachricht...
 

„Sagst du's mir...?“

wurde ich ganz leise gefragt und ich haderte mit mir, ob ich es wirklich sagen sollte oder ob ich ihm lieber noch ein paar Fragen stelle.

Auch jetzt entschied ich mich für das Letztere:

„Warum oder für wen murkst du Leute ab...?“

„Zum Spaß jedenfalls nicht.

Weißt du, die Sache ist die....“

begann Reita und unterbrach sich selbst, eh er fortsetzte:

„Die Sache ist kompliziert...“

„Das kenne ich“

sprach ich leise und dennoch hatte ich den Eindruck, dass er nur die richtigen Worte finden wollte und nicht wie ich, versucht irgendwie aus der Angelegenheit heraus zu kommen.

Das tiefe Einatmen seinerseits kündigte auch schon das nächste Geständnis an:

„Ich arbeite für meinen Vater.

Er gibt mir die Namen, Adressen, Fotos und den jeweiligen Ablauf-Plan, wenn er jemanden los werden will.“

Meine Augenbrauen wanderten in die Höhe und ich fragte:

„Wer ist denn dein Vater, dass er mal eben tausende Leute umbringen lässt?

Und dann auch noch von seinem eigenen Sohn?“

„Er ist ein ziemlich hohes Tier der Sumiyoshi-kai, er ist Investor und besitzt auch einige große Firmen, sowie auch gelegentliche andere Geschäfte, wenn du verstehst.

Wenn ihm da jemand in die Quere kommt und sich das Problem nicht anderweitig aus der Welt schaffen lässt, dann lässt er Diejenigen beseitigen, sobald sich da eine Gelegenheit bietet.

Von mir zum Beispiel, und ohne mich selbst loben zu wollen, aber... ich bin der Beste den er hat“

verkündete Reita und prostete mir zu.
 

Na wenn das etwas ist, worauf man stolz sein kann, dann weiß ich auch nicht...
 

„Ist das nicht gefährlich?“

wollte ich von ihm wissen und er der Angesprochene zuckte mit den Schultern:

„Schon, ja... manchmal jedenfalls.

Wenn ich erwischt werde, dann war's das.“

Reita zog seinen weiten Pullover aus und hatte nun nur noch ein Tanktop darunter.

Er löste das Schweißband von seinem rechten Handgelenk und zeigte mir die kleine Tätowierung dort:

„Siehst du das hier?“
 

Zu sehen war ein kreisförmiges Bild, mit einem Schriftzeichen in der Mitte und rundherum gleichlange Striche, die von innen nach außen führten und darunter eine kleine Nummer.

Es kam mir sehr bekannt vor...
 

„Das ist ein Yakuza-Symbol“

stellte ich fest und er nickte:

„Der Clan der Sumiyoshi-kai.

Wenn ich mal erwischt werde, dann bin ich tot und meine Hand trennen sie mir ab.

Das ist für die wie eine Hasenpfote, als Glücksbringer...“

„Sehr makaber...

Aber warum schickt ein Vater seinen eigenen Sohn in solche Gefahren?“

wollte ich von ihm wissen und seine Antwort war:

„Meine Mutter ist nicht meines Vaters Ehefrau.“

„Also, dann bist du...“

begann ich mich nachdenklich zu äußern und Reita vollendete meinen Satz:

„Ein Bastard... ja.

Nicht mehr und nicht weniger.

Ich trage den Nachnamen meiner Mutter, nicht den meines Vaters und bin demnach nicht würdig, die Familienehre zu erhalten.

Was wiederum auch seine Vorteile hat, da ich nicht die Pflicht habe, mir Frau und Kind anzuschaffen.

Aber darum bin ich ihm auch weitgehend egal und ich vermute, es würde ihn nicht sonderlich erschüttern, wenn ich bei einem seiner Aufträge drauf gehe.

Bin schließlich nicht sein einziger Bastard... und wäre auch nicht der erste, der drauf geht.“
 

Nicht, dass ich das beste Verhältnis zu meiner Familie hätte, aber das ist schon irgendwie krass...
 

Wenn ich daran denke, dass ich irgendwelche Leute für meinen Vater umbringen müsste, dann...
 

Oh Gott...!
 

Ich könnte nie wieder ruhig schlafen.
 

Ob es Mitleid war oder einfach weil ich selbst noch irgendwie geschockt davon war, kann ich nicht mal sagen, aber ich blickte Reita nun schon eine ganze Weile ins Gesicht und schaute selbst dann nicht weg, als er ebenfalls zu mir sah.

Es sprach eine ganze Menge Ehrlichkeit und Mut in seinem Blick mit, doch er unterbrach diese seltsame Stimmung in dem Moment zwischen uns, als er weiter erzählte:

„Als ich mit 18 Jahren mit der Schule fertig war, hat auch direkt meine Ausbildung angefangen, aber ich bin schon seitdem ich 12 war bei diversen Kampfsportvereinen gewesen.

Mit 20 dann habe ich den ersten Menschen umgebracht.

Das ist jetzt drei Jahre her.

Da hab ich mich hinterher ziemlich beschissen gefühlt und alles in Frage gestellt.

Aber so komisch es klingen mag... mit jedem Mal ging es leichter.

Und irgendwie habe ich Angst, irgendwann mal keine Skrupel mehr zu haben.“
 

Diese Angst scheint mir durchaus berechtigt...
 

„Warum machst du das dann?“

fragte ich und konnte wenig Verständnis für Reita's Vater aufbringen, denn ich wollte auch gar nicht verstehen, weshalb dieser Mann seinen Sohn zum Meucheln schickt.

„Weil er Geld hat und mich gut bezahlt.

Außerdem ist es besser für den Teufel zu arbeiten als, irgendwann selbst mal auf der schwarzen Liste zu stehen“

antwortete der neben mir Sitzende doch sehr gelassen, aber er hatte ja nun auch schon länger Zeit, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, dass er im Auftrag seines Vaters Leute killt.

Auch ich trank erst mal wieder einen Tequila und biss in ein Stück ernüchternd saure Zitrone.

Es dauerte nur einen Wimpernschlag, bis unsere beiden Gläschen wieder gefüllt waren und ich noch einmal nachhakte:

„Sag mal... bringst du auch Frauen und Kinder um...?“

„Bisher noch keine Kinder, aber drei Frauen und unzählige Männer“

konterte er und sah mir dabei abwartend in die Augen.
 

Unzählige...
 

Wie viele genau das wohl sind...?
 

Wenn er zum Beispiel knapp jede Woche irgendwen umlegt, und das über drei Jahre lang...
 

Dann... wären das... 150 Menschen!
 

Oh Scheiße...
 

Ich blickte zu Reita hinüber und vernahm wie auch er abermals zu mir sah, als ich ganz leise flüsterte:

„Warum erzählst du mir das eigentlich, wenn du dafür auch Stress bekommen kannst?“

„Wie deutlich muss ich noch werden, bis du mir glaubst, dass.... ich dich total interessant und anziehend finde.

Ich will eben nicht, dass so etwas zwischen uns steht und du irgendwann aus allen Wolken fällst, weil du keinen Schimmer hattest“

hörte ich es von ihm, dann ergriff er meine Hand.

Mich überforderte das schon und so entzog ich sie ihm wieder und kaute verbissen auf meinen Lippen herum.

„Mach ich irgendwas falsch?

Hätte ich es dir nicht sagen sollen?“

kam es nun von Reita und ich schüttelte ein weiteres mal mit dem Kopf:

„Es geht einfach nicht, Ok?

Du.. ich... wir Beide... das hat einfach keine Zukunft!“

„Ohne Erklärung akzeptier ich das nicht“

sagte er ruhig und sah erneut abwartend zu mir.
 

„Fuck, glaub mir doch einfach!

Wenn du es weißt, willst du das mit uns sicher nicht mehr...“

probierte ich es noch einmal, dass Reita es auch so gut sein lassen würde, doch er fiel mir förmlich ins Wort:

„Überlass es doch bitte mir, wie ich mich, wozu auch immer entscheide!“

„Ich bin 'ne Nutte, verdammt!

Eine Hure, die für Geld mit Leuten schläft!

Eine beschissene Bordsteinschwalbe!

Zufrieden?“

platze es nun ungehalten aus mir raus und mein Gegenüber blinzelte verwirrt, eh er wieder vor sich auf den Boden sah und scheinbar nach Worten suchte:

„Weißt du... ich hab irgendwie ja schon damit gerechnet, dass du vielleicht nachts halb nackt in zwielichtigen Bars auf der Theke tanzt, aber das … ist noch um einiges härter.“

„Du hättest mir einfach glauben sollen...

Scheiße... warum hab ich Depp dir das jetzt doch gesagt...?

Fuck ey...!“

schimpfte ich über mich selbst und trank mein letztes Glas Tequila aus.
 

Scheißdreck...!
 

Ich atmete tief ein und aus und versuchte auch diese bescheidene Situation so gelassen wie möglich zu nehmen:

„Tjoar... und was hörst du so für Musik?“

Reita reagierte nur verzögert auf diese Frage, indem er den Kopf zu mir drehte und keinen Ton sagte.

Ich hatte mir wirklich Mühe gegeben und den Blödmann immer wieder gewarnt, aber er wollte ja nicht hören...

Seufzend tastete ich um mich herum nach Koron's Leine und verkündete:

„Wird wohl das Beste sein, wenn ich jetzt gehe...“

Mein pelziger Liebling stand natürlich sofort mit dem Überrest der Socke in der Schnute parat, als er seine Leine klimpern hörte und kam erwartungsvoll angetippelt.

Er ließ sie sich artig anlegen und platzierte seine Beute stolz auf den Füßen des einstigen Besitzers dieses Kleidungsstückes und wackelte zur Wohnungstür.

Mein wohl noch immer zutiefst schockierter Kaffee-Kerl sah mir nach und wollte offenbar auch etwas sagen, als ich die Tür öffnete.

Doch er tat es nicht, also verschwand ich, ohne ein weiteres Wort zu verlieren.
 

Ich bin so ein Holzkopf...
 

Wenn Hishinuma das raus kriegt, bin ich geliefert...!
 

Aber vielleicht hab ich auch Glück und ich bin ihm zu wertvoll, als dass er mich verschwinden lässt und Sayuri würde sicher auch ein gutes Wort für mich einlegen.
 

Hoffe ich mal...
 

In schnellen Schritten stieg ich die Treppe hinab und verließ das Haus.

Draußen, im noch immer währenden Regen, stellte ich fest, dass ich hohle Nuss meinen Mantel oben vergessen hatte.

Aber um keinen Preis der Welt würde ich jetzt noch mal da hoch gehen und...

Ach fuck...

Noch eh die Haustür ins Schloss rutschen konnte, hielt ich sie auf und ging wieder hinein.

Drinnen blieb ich stehen und überlegte noch einmal gründlich, ob ich wirklich zurück gehe oder ob ich ohne Mantel hinaus in die eisige Kälte will.

Meine Vernunft siegte letztlich doch über meinen Stolz und so stieg ich die Treppe wieder hoch und klopfte nach kurzem Zögern an Reita's Wohnungstür.

Schneller als gedacht öffnete sich diese und der Bewohner stand noch immer nur im engen Tanktop, völlig zerzausten Haaren und aufgerissenen Augen in der Tür:

„Gott sei Dank!“

„Ich will nur meinen Mantel, dann bin ich wieder weg“

gab ich ihm mit kühler Stimme zu verstehen, auch wenn sein Anblick gerade verdammt appetitlich war.
 

„Hm... ich hol ihn dir...“

kam es wenig begeistert von dem vor mir Stehenden, nachdem ich ihm diesen Dämpfer verpasst hatte.

„Können wir nicht noch mal drüber reden?“

hörte ich ihn aus einigen Metern Entfernung fragen und ich antwortete ihm:

„Wüsste nicht worüber...

Ich hatte den Eindruck, dass wir uns schon alles gesagt hätten.“

Reita übergab mir geknickt den Mantel, während er leise sprach:

„Tut mir leid, ich bin manchmal ein unsensibler Idiot...“

„Kann schon mal passieren, ne...“

knurrte ich unnachgiebig, da ich nicht vor hatte mich von seinem 'Verzeih mir'-Blick und seinen unbedeckten sehnigen Armen einwickeln zu lassen.

„Danke...“

murrte ich, während ich das noch immer ziemlich nasse Stück anzog und mit einem angedeuteten Winken von dannen zog.
 

Ich wollte mich auch gar nicht mehr nach ihm umdrehen, auch wenn es mich innerlich tatsächlich interessiert hätte, ob er noch da steht und mir vielleicht nachsieht.

Der Regen hatte in der Zeit stark nachgelassen und auch der Himmel hatte sich stellenweise wieder etwas aufgetan.
 

Eine Weile war ich eher ziellos unterwegs, da ich diese Gegend weniger gut kannte, bis mich einige Schilder auf eine nahegelegene Straßenbahn hinwiesen, mit der ich heim fahren konnte, denn meine paar Moneten im Geldbeutel würden für ein Taxi wohl nicht reichen.

Immer wieder gingen mir Gesprächsfetzen und Bilder durch den Kopf, die ich vor wenigen Minuten noch erlebt hatte.

Reita, wie er vor lauter Schock kaum mehr ansprechbar war..

Reita, wie er mir selber noch sagte, dass es kaum schlimmer sein könnte, als jemanden umzubringen.

Reita, wie er mich wohl ansehen würde, wenn ich mich vor seinen Augen von einem Wildfremden nehmen lassen würde...
 

Während ich auf die richtige Straßenbahn wartete und der Großteil der Leute direkt an den Gleisen stand, zog ich mich in eine etwas entlegenere Ecke zurück, da ich soeben die Visitenkarte aus der Hosentasche gefischt hatte, die Hishinuma mir gegeben hat.

Mit der Nummer und Adresse vom Psycho-Doc.
 

Na gut... was soll's...
 

Es war ja erst früher Abend, also wählte ich die angegebene Handynummer und hatte auch recht bald eine freundliche männliche Stimme am Apparat.

War immerhin besser, als gleich von einem Griesgram oder einer alten Schreckschraube begrüßt zu werden.

In wenigen Sätzen teilte ich ihm mit wer ich bin und warum ich anrufe und schon hatte ich einen Termin für morgen Nachmittag 14 Uhr.
 

Wundervoll, wenn wenigstens irgendwas klappt.
 

Anschließend dauerte es auch nicht mehr lange, bis ich mich mit Koron auf dem Arm in eines der Abteile zu der restlichen Menschenmasse quetschte.

Wenn man sonst den Luxus hat, in einer Limousine zu seinen Einsatzorten gekarrt zu werden, dann vergisst man schon mal schnell, wie der tägliche Wahnsinn in den Zügen und an den Bahnsteigen ist.

Vor allem zu bestimmten Urzeiten ist hier die Hölle los und man muss aufpassen, dass die Bahn nicht schon los rollt, bevor man auch mit dem zweiten Fuß im Wagon ist.

Manchmal müssen dann sogar Bahn-Angestellte von Außen die vielen Menschen in die Züge pressen, damit die Türen überhaupt zu gehen.

Kein Wunder, dass die Leute nur so aus den Wagons quellen, wenn diese sich an der nächsten Haltestelle öffnen und neue Wahnsinnige hinzu steigen.
 

Wären wir Menschen wie Ameisen gebaut, dann könnten wir sogar übereinander laufen, statt nur nebeneinander.
 

Wäre in so riesigen Städten wie Tokyo sicher empfehlenswert...
 

Hier war damals auch ein wahres Paradies für mich als kleinkrimineller Taschendieb – nur hatte ich das leider erst sehr spät festgestellt.
 

Nach einem erholsamen Bad, verbrachte ich den restlichen Abend zu Hause.

Ich gammelte gemütlich auf dem Sofa und hatte eigentlich zu nichts mehr Lust, außer mich vom seichten Fernsehprogramm berieseln zu lassen.

Dummerweise erwischte ich mich immer wieder dabei, wie ich an Reita dachte.

Unsere letzten Treffen... seine nackten Arme... das Tattoo... und die ganze Familiengeschichte dazu...

Wie er mich küssen wollte... und wie er mich angesehen hatte, als er erfuhr, wieso das mit uns nichts werden kann...
 

Blöder Wichser...
 

Vor lauter Grübelei musste ich dann wieder einmal weggepennt sein und ich wachte auch erst gegen Mitternacht wieder auf.

Ins Bett gehen wollte ich aber trotzdem nicht und zappte daher gelangweilt durch die Kanäle.

Um diese Uhrzeit liefen alte Wiederholungen von Sitcoms – sowohl einheimische, als auch aus anderen Teilen der Welt – meistens aber amerikanische Serien.

Ich habe nie verstanden, weshalb die Macher solcher TV-Formate immer dieses Hintergrundgelächter mit rein nehmen.

Ist es, damit auch der letzte Depp vorm Fernseher noch mitkriegt, wann etwas lustig gewesen sein soll?

Na wahrscheinlich, bin ich auch dafür einfach noch zu doof...

So oft muss ich da gar nicht lachen.
 

Nachdem es mir dann doch irgendwann reichte, schaltete ich die Kiste im Wohnzimmer ab und ging hinüber ins Schlafzimmer, dort habe ich ja ebenfalls einen Fernseher mit Timer und ließ mich von der Anlage und einem Sender, der nonstop Musik spielte, in den Schlaf dudeln.
 

Zwar hatte es jetzt natürlich sehr viel länger gedauert, bis ich wieder ins Reich der Träume gefunden hatte, aber wenigstens konnte ich diese Nacht wieder lang und ausgiebig schlafen.

Leider war ein Traum dabei, der begann etwa ab dem Zeitpunkt, wo Reita mir den Kuchen vom Mundwinkel wischte...

Nur stoppte ich ihn dieses mal nicht, sondern ließ mich auf sein Vorhaben ein.

Anfangs war es ganz schön, aufregend und so verdammt realistisch.

Wir wälzten uns auf seinem Wohnzimmerboden umher und ich krallte mich förmlich an ihm fest.

Dann aber begann er ganz fürchterlich zu sabbern und schleckte mir im ganzen Gesicht herum...

Bis ich aufgewacht bin, weil Koron mich abgeleckt hatte und ich so langsam wieder klar kam, wusste wo ich bin und wie quer ich eigentlich in meinem Bett lag.

Meine Bettdecke hatte ich zusammen geknorkelt in den Armen und mein kleiner pelziger Liebling schaute mich verwundert an.

„Papi hatte einen ganz bösen Traum...“

murmelte ich an meinen Hund gewandt und dieser legte den Kopf schief, als wolle er damit sagen, 'Das glaube ich weniger'.

„Ja ja, schon gut, du hast mich erwischt... sooo böse war der Traum vielleicht doch nicht...“

gab ich zu und Koron begann zu hecheln, was bei ihm aussieht, als würde er ganz breit grinsen.
 

Unwillig hievte ich mich aus dem Bett, legte den dicken Morgenmantel an und schlürfte durch die Küche hinaus auf den Balkon.

Bei einer Kippe zum Wachwerden sinnierte ich über meinen Termin heute Nachmittag und dachte darüber nach, wie wohl der Traum weiter gegangen wäre, hätte mich mein Pelztier nicht geweckt.

Um ehrlich zu sein, hätte ich nicht gewusst wie ich hätte weiter machen sollen, denn irgendwie passte die Vorstellung nicht so ganz mit meinem beruflichen Tun zusammen, obwohl es doch irgendwie das Gleiche ist.

Oder doch nicht..?
 

Am Nachmittag machte ich mich jedenfalls mal wieder mit dem Taxi auf zu meinem Termin mit dem lieben Onkel Psycho-Doc und bekam auch eine Kurzmitteilung von Sayuri aufs Handy, ob ich heute Abend schon was vor hätte.

Ich machte ihr dann den Vorschlag, dass sie mich doch nach meinem Gespräch, mit Hishinuma's Luxusschlitten abholen könnte, dann spar ich mir das Rückfahrgeld und sie Zeit.
 

Mit gemischten Gefühlen saß ich also wenig später bei dem Typen in der Praxis und musste auch gar nicht lange warten, bis ich an der Reihe war.

„Sie sind der junge Mann, der sich mir am Telefon als Ruki vorstellte und ebenfalls zu Masato Hishinuma gehört?“

wollte er von mir wissen und so sprang ich von meinem Stuhl auf und verbeugte mich artig:

„Ja, der bin ich wohl.“

„Dann kommen sie doch mal mit mir mit“

bat er und stellte sich zunächst noch einmal selbst vor, während wir den kurzen Weg in sein Sprechzimmer hinter uns brachten.

Als erstes wies er mich an, auf seinem Sofa in ganz klassischem schwarzen Leder platz zu nehmen und ihm doch zu erzählen, was ich glauben würde, weshalb mich Hishinuma zu ihm geschickt haben könnte.

Ich sagte es ihm so, wie es eben war:

„Befehl ist Befehl.“

„Nun gut... möchten sie vielleicht mit mir über irgendetwas reden, was sie bedrückt?“

kam es von ihm und ich zuckte mit den Schultern:

„Alles Paletti, denke ich.“

Ich wusste wirklich nicht, weshalb ich hier her sollte und bin davon ausgegangen, dass mein Boss schon auf irgendwas bestimmtes hinaus will, wenn er solche Sachen macht.

Aber scheinbar hatten wir Beide keine Ahnung.
 

Gerade als ich vorschlagen wollte, dass ich uns einen Automaten-Cappuccino vom Flur holen gehe und einfach jeder eine Zeitschrift liest, um die Stunde rum zu kriegen, begann der Doc nun doch von sich aus:

„Einige ihrer Kolleginnen haben bereits Termine bei mir vereinbart und waren zum Teil auch schon hier.

Sie wissen ja sicher von den Gewalttaten, oder?“

Ich nickte, ohne ihm mitzuteilen, dass ich auch solch einen unliebsamen Vorfall zu beklagen hatte.

„Wie denken sie darüber, beziehungsweise was glauben sie, inwiefern könnte sie das belasten?“

hakte er nun weiter nach und ich wusste auch jetzt nicht, was ich groß dazu sagen sollte.
 

Kann der mir nicht einfach ein paar weniger komplizierte Fragen stellen?
 

Übers Wetter zum Beispiel?
 

„Puh... ich hab mir da eigentlich weniger Gedanken drum gemacht, wenn ich ehrlich bin.

Die ganze Sache ist irgendwie einfach ein Job; ein Job wie jeder andere... oder so.

Ich meine, wenn ein Dachdecker Angst hat vom Dach zu fallen, dann ist der Job wohl eher nichts für ihn und es ist schließlich genauso gefährlich.

Oder wenn ein Zirkusclown Gefahr läuft abgestochen zu werden, weil absolut niemand ihn für lustig hält...

Da rennt doch auch keiner zum Psychologen und heult rum.

Ist eben Berufsrisiko...

Wer's nicht verkraftet, der sollte solche Jobs nicht ausüben...“

erklärte ich ihm meine Sicht der Dinge und dachte eigentlich, der Typ würde endlich aufgeben, doch scheinbar hat er aus meiner Antwort schon einzelne verräterische Fakten heraus hören können:

„Gut, also beruflich scheinen sie keine größeren Probleme zu sehen, aber wie ist es in ihrem Privatleben?

Da gibt es schon einige Dinge, die ihnen zu denken geben, stimmt's?“
 

Scheiße... der Mann ist gut...!
 

„Möglicherweise...“

brummte ich und verschränkte die Arme, was wohl für mein diplomiertes Gegenüber mehr als nur deutlich war:

„Da gibt es bei ihnen sogar eine Menge Probleme.“

Auf meinen skeptisch fragenden Blick hin erklärte er:

„Sehen sie, ihre abwehrende Haltung plötzlich mir gegenüber, die verrät Bände.

Denn als ich vorhin mit ihnen über die beruflichen Dinge reden wollte, da waren sie weit weniger verkrampft und jetzt machen sie total dicht.“

„Es gibt eben auch ein paar Dinge, über die will ich einfach nicht mit fremden Leuten reden und schon gar nicht, wenn alles an meinen Chef weiter geleitet wird“

erklärte ich ihm, wieso ich bestimmt nicht weiter darüber reden wollen würde, doch der Doc meinte:

„Auch ich habe Schweigepflicht und rede mit niemanden über ihre Probleme, Ruki.

Das geht nur uns Beide etwas an, da können sie mir wirklich vertrauen.“

„Ich hab's aber nicht so damit, fremden Leuten einfach so zu vertrauen, wissen sie...“

konterte ich und der Mann lehnte sich ein Stück zu mir hinüber:

„Masato hat mir ausdrücklich gesagt, dass ich Derjenige bin, der seinen Schützlingen helfen soll.

Er will damit nur in sofern konfrontiert werden, falls seine Hilfe von Nöten ist, sonst würde er sich ja selbst mit ihnen Allen hinsetzen und eine Therapiestunde veranstalten.“
 

„Sie meinen also... ich könnte ihnen meine Seele vor die Füße kotzen und sie würden ihm kein Sterbenswort sagen?“

hakte ich misstrauisch nach und er nickte:

„So ist es.

Also probieren wir's?“

„Wenn's sein muss...“

murrte ich noch immer widerwillig.

Der Typ zückte sein Klemmbrett und einen Block, als er mir antwortete:

„Müssen, müssen wir nicht, aber an ihrer Stelle würde ich die Chance ergreifen.

Denn mich müssen sie nicht aus eigener Tasche bezahlen und auch die Anrufe auf mein Privattelefon kostet ihnen keinen einzigen Yen.“
 

Das war zumindest mal ein Argument, womit man mich überreden könnte.
 

Andererseits wollte ich ja sowieso schon immer mal zu einem Psycho-Onkel gehen, nur hatte ich mir bisher nie so wirklich einen Kopf gemacht, was ich dem erzählen sollte.

„Na schön, dann mal los.

Wo soll ich anfangen?“

fragte ich, als ich es mir gemütlicher auf dem klischeehaften Sofa gemacht hatte und der Mann mir antwortete:

„Wo immer sie anfangen möchten.“

„Wenn ich das wüsste, würde ich nicht fragen“

brummte ich und so schlug er vor:

„Fangen sie doch einfach von vorne an.

Ab dem Zeitpunkt, an dem sie glauben, dass die Probleme begonnen haben.“

Das war der Startschuss dazu, dass ich meinen bisherigen Lebenslauf hinunter rasselte und den Doc mit vielen Infos fütterte, die er sich alle auf seinem Block notierte.

Begonnen mit den Streitereien mit meinen Eltern, über meine Straßendieb-Karriere und dem jetzigen Job im Rotlicht-Milieu.

Nur langsam tastete ich mich an die für mich schwerwiegenderen Themen um Sayuri und ihre neuen Familienpläne und am Ende erwähnte ich sogar noch Reita – ohne ihn beim Namen zu nennen.
 

Er stellte mir allerhand Fragen zu den einzelnen Bereichen und fand sogar sehr viel mehr Verbindungen zu meinem Job, die sich laut ihm auch auf mein Privatleben auswirkten.

Zum Beispiel eben auch meine zum Teil wohl völlig überdrehte Reaktion auf den Kaffee-Kerl und warum mich Sayuri's Schwangerschaft doch mehr mitnimmt, als ich zugeben will.

Angeblich würde ich mich innerlich danach sehnen selbst eine funktionierende Familie zu haben, beziehungsweise einen Partner an meiner Seite, der mir mehr zurückgeben kann, als es ein Tier könnte, nur würde ich mich auch gleichzeitig viel zu sehr dagegen wehren.

Damit argumentierte er nämlich, als ich Koron erwähnte und das er mir als Familie vollkommen reichen würde.
 

Da wir nun offensichtlich einen Großteil der Probleme aufgedeckt hatten, aber noch über keine Lösung dafür gesprochen hatten, fragte ich vorsichtshalber mal nach:

„Was soll ich nun ihrer Meinung nach tun?“

„Langsam langsam, ich hätte da noch zwei drei Fragen, dann sehen wir weiter“

teilte er mir mit und ich seufzte Augen-verdrehend.

Zwar stellte er mir weit mehr Fragen, aber solange es am Ende etwas bringt, warum nicht?
 

Nickend ging er im Anschluss seine Notizen durch und verkündete dann:

„Ich denke, ich weiß was ihnen hilft.“

„Aha...und was?“

kam es dennoch nicht gerade zuversichtlich von mir und der Doc meinte doch tatsächlich:

„Sex.“

Eine meiner Augenbrauen wanderte entgeistert nach oben, bevor ich sprach:

„Hören sie... ich bin 'ne Nutte.... das letzte was mir fehlt ist Sex...

Das kann ich ihnen wirklich versichern...“

„Ich meine auch nicht den Sex, wie sie ihn beruflich ausüben“

sprach er und schrieb etwas in seinen Block, statt näher auszuführen was er damit sagen wollte, also fragte ich sogleich nach:

„Sondern?“

„Das, was die Glückshormone nur so durch den Körper jagt.

Das, was sie auf rosa Wolken schweben lässt.

Ein Himmel voller Geigen“

erklärte er und lächelte dabei.
 

Spinnt der?
 

„Sie meinen Liebe und so 'n Kram?“

wollte ich von ihm wissen und abermals nickte der Typ:

„Ja, eine feste Partnerschaft, die ihnen den nötigen Halt gibt, den sie meiner Meinung nach zur Zeit gut gebrauchen könnten.

Sie sollten sich verlieben und dann.. wie sagt man so schön.. Liebe machen und zwar, um endlich auch mal ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, nicht immer nur die von Anderen.“

„Das kann ich mir nicht leisten und das darf ich, glaube ich, auch gar nicht...

Haben sie denn keine bunten Pillen oder sowas, die mich glücklich machen?“

entgegnete ich ihm und der Doc seufzte:

„Hab ich schon, aber das ist nicht das selbe und ob sie wirklich glücklich machen, wage ich zu bezweifeln.. sie benebeln eher den Verstand.“

„Macht das Verliebtsein nicht auch?“

wollte ich daraufhin von ihm wissen und wieder nickte er:

„Das schon, nur berauscht sich der Körper mit eigenen Mitteln, statt mit Chemie und die Wirkung ist weniger betäubend und das wichtigste ist, sie können Liebe kaum überdosieren, bei Pharmaka passiert das schnell mal.

Abgesehen davon würde ich sie wegen der häufigen starken Kopfschmerzen bitten, mal bei einem Neurologen einen Termin zu machen.

Für mich hört sich das stark nach Migräne an, aber da will ich keine Prognosen stellen, das ist nicht mein Fachgebiet.“

„Ich dachte, sowas bekommen nur Frauen...“

brummte ich und der Mann schmunzelte:

„Weitverbreiteter Irrglaube, aber es sind tatsächlich statistisch gesehen weit mehr Frauen, die darunter leiden, das stimmt.

Aber wie gesagt, ich bin hinsichtlich dessen kein Spezialist, ich kenne das nur zu gut von meiner Schwester, die sehr ähnliche Symptome beschreibt.

Da würden sie dann auch die richtigen Medikamente und die entsprechende Dosieranleitung bekommen und müssten nicht diese Pi-mal-Daumen Einnahme von womöglich nicht gerade geeigneten Tabletten betreiben.“
 

Naja, wenigstens scheint mir dieser Tipp nicht ganz so abgedreht, wie die Sache mit dem Verlieben...
 

Als ob man das einfach mal so entscheiden könnte!
 

Und wenn, dann ganz sicher nicht in diesen Lackaffen von meuchelnden Kaffee-Kerl!!
 

Hätte ich dem Psycho-Onkel auch erzählt, dass mein 'nerviger Bekannter' ein Mörder ist, würde er mir sicher recht geben, dass der nicht in Frage käme!
 

„Was Masato's Frau betrifft... ich glaube, da kann ich ihnen leider wenig Rat geben, außer abwarten.

Sie wird zum ersten mal Mutter und sie muss sich auch erst mal in der Rolle zurecht finden.

Natürlich können sie ihr auch Hilfe anbieten, Babysitten zum Beispiel, dann springt sicherlich auch etwas gemeinsame Zeit für sie Beide raus“

schlug er vor und ich winkte sogleich hektisch ab:

„Ich und Babys?

Ich hab mit den Dingern ungefähr so einen Vertrag, wie meine Mutter mit Pferden!

Die machen mir Angst!“

„Das habe ich auch mal gesagt, bis ich den Hosenscheißer von meiner Schwester in den Armen hielt, dann war meine Phobie schlagartig geheilt“

versuchte mir der Mann gut zuzureden doch ich blieb dabei:

„Das mag ja sein, aber ich kann damit ehrlich nix anfangen und nun nimmt mir so Einer auch noch die beste Freundin weg...“

„Wenn sie so an die Sache heran gehen, dann kann das ganze ja nur ein Krampf werden“

sprach er und ich gab ihm recht:

„Sehen sie!

Das sage ich doch die ganze Zeit.“
 

Wenn der Typ noch mehr solcher haarsträubender Einfälle hat, dann kann er die ruhig für sich behalten...
 

„Unsere Zeit ist übrigens schon seid einer viertel Stunde um.

Aber sie waren sowieso der Letzte für heute und sie gehören zu Masato, da drück ich mal ein Auge zu“

ließ er mich wissen und räumte seine Zettel zusammen, die er sich während unserer überzogenen Sprechstunde gemacht hatte.

Schwerfällig rappelte ich mich vom Sofa hoch und spürte alle Knochen knacken:

„Oh Scheiße, ich werd langsam alt...“

„Kommen sie erst mal in mein Alter!“

grinste der Doc und verabschiedete sich anschließend von mir, mit den Worten:

„Ich würde mich freuen, wenn wir uns bald mal wieder unterhalten würden.

Meine Visitenkarte haben sie ja.

Ansonsten wünsche ich ihnen alles Gute und viel Spaß heute Abend, mit ihrer Freundin.“

Irgendwie trat ich eher konfuser aus dieser Praxis, als ich hinein gegangen war...
 

Ob der Ausflug hier her was gebracht hat..?
 

Ich glaub das ja weniger...
 

Auf dem Parkplatz hinter dem großen Gebäude erspähte ich Hishinuma's große weiße Limousine und daneben Sayuri, die mit dem Handy am Ohr auf und ab lief.

Ich näherte mich ihr und sie winkte mir lächelnd zu, verabschiedete sich vom Anrufer und fiel mir ohne Vorwarnung um den Hals:

„Es wird ein Junge!“

„Ehh... ja... schön... wirklich...“

murmelte ich überrumpelt und sie strahlte:

„Masato ist ausgeflippt vor Freude!“

„Das freut mich...“

entgegnete ich ihr daraufhin verhalten und nun schien auch sie meine weniger gute Stimmung registriert zu haben:

„Was ist los?

Sitzung nicht so gut gelaufen?“

„Wie man's nimmt...

Erzähl ich dir im Wagen“

murmelte ich und stieg mit ihr zusammen in den Luxusschlitten.
 

Auf der Fahrt zu mir nach Hause begann ich ihr als erstes vom Verdacht auf Migräne zu erzählen, da sie so etwas auch schon vermutete, ich es aber damals schon auf Stress geschoben hatte.

Von Reita sprach ich lieber nur ganz am Rande, eh sie mir auch noch mit kuriosen Ideen kommen würde.

In meiner Wohnung angekommen setzte sie sich erschöpft vom Treppensteigen gleich auf mein Sofa und tat so, als wäre sie schon im neunten Monat.

„Lass dir bloß Zeit damit!“

bat ich sie leicht angespannt und Sayuri lachte:

„Irgendwie weiß ich nicht was mir lieber wäre.

Einerseits kann ich es kaum erwarten, aber andererseits macht es mir Angst, wenn er erst mal da ist...

Die ganze Verantwortung, die schlaflosen Nächte und alle die Sorgen, die man sich macht.“
 

Und mir erst...!
 

„Du wirst sicher die beste Mutter der Welt“

probierte ich beruhigende Worte beizutragen und offenbar verfehlten diese ihr Ziel nicht, denn sie lächelte:

„Das ist so süß von dir.

Ich glaube du wärst der beste Patenonkel, den der Kleine sich wünschen kann!“

Dabei kullerte ihr eine Träne aus dem Augenwinkel und sie entschuldigte sich sogleich:

„Sorry, das sind die Hormone...

Ich heule seit einer Weile echt bei dem kleinsten Mist... frag Masato.“

„Schon gut“

sprach ich ruhig, eh mir eine Kleinigkeit erst richtig bewusst wurde:

„Eh Moment mal!

Patenonkel???“

„Ja, ich kann mir niemand besseres vorstellen und ich will auch keinen Anderen für den Job!“

bekräftigte Sayuri ihre Entscheidung und ich musste mich erst mal setzen.

„Willst du etwa nicht...?“

fragte sie vorsichtig nach und ich haderte mit mir.

Ich würde ihr ja schon gern irgendwie helfen, aber... ich glaube nicht, dass ich dafür geeignet wäre, wenn ich Kinder mal so gar nicht leiden kann.
 

„Ich weiß nicht... ich denke einfach, dass ich nicht gut genug für sowas wäre...“

nuschelte ich und die neben mir Sitzende rutschte dichter zu mir heran:

„Onkel Ruki.

Also ich weiß nicht was du hast, dass klingt doch furchtbar niedlich!“

Bedröppelt blickte ich ihr in die Augen, bevor sie flüsterte:

„Gib mir mal deine Hand.“

Ich tat worum Sayuri bat und sie legte meine Handfläche auf ihren Bauch.

Erschrocken wollte ich sie zurückziehen, doch wurde ich daran gehindert:

„Probier mal, ob du schon was fühlen kannst.“
 

Ja, meine Schweißausbrüche konnte ich fühlen...!
 

Unglaublich, wie so ein kleines Ding, dass sicher noch nicht mal als Mensch erkennbar ist, schon soviel Macht über mich hat...
 

Sayuri rutschte etwas tiefer auf dem Sofa, sodass man das kleine Bäuchlein schon ganz gut erkennen konnte.

Plötzlich hatte ich das Bedürfnis meinen Kopf vorsichtig an ihren Bauch zu schmiegen.

Ich weiß nicht mal warum ich es tat...

Vielleicht um mich mit dem kleinen Scheißer da drinnen anzufreunden oder um meiner Seelenverwandten endlich wieder näher zu sein.

Wir haben früher viel mehr gekuschelt...

Bei Sayuri musste ich mich auch nicht schämen, zu zeigen, dass ich das ab und zu wirklich sehr genieße, vertraute menschliche Nähe spüren zu können.
 

Sie streichelte auf ihre ganz eigene Art und Weise beruhigend meinen Kopf und sagte kaum hörbar:

„Er wird dich lieben.

Nicht mögen... liieeben!“

„Hakuna Matada!“

sang ich ein wenig belustigt und erinnerte mich an unsere Disneyfilm-Abende, die wir unbedingt noch mal machen mussten, eh der schreiende Wecker geboren wird.
 

Ich werde Augenblicke wie diese so sehr vermissen...
 

Als wären Sayuri's Hormonschwankungen ansteckend, musste nun auch ich ein Tränchen verkneifen und so fragte sie mich mit leiser Stimme:

„Was hast du denn?“

„Ach nichts...

Ich weiß nur nicht, was ich ohne dich machen soll, wenn du keine Zeit mehr für mich hast.

Der Psychologe vorhin meinte, ich solle einfach Babysitten, aber ich hab sowas noch nie gemacht und ich glaub ich kann mit Babys einfach nicht viel anfangen...“

gestand ich und eigentlich hätte ich vermutet, dass sie ihr Kraulen unterbrechen würde, doch das tat sie nicht, sondern flüsterte:

„Das wird für uns alle ein erstes Mal... für mich, für dich, für Masato...

Wir haben Alle keine Ahnung, was da auf uns zu kommt, aber wir werden es schaffen.

Wir werden das Kind schon schaukeln!“
 

Manchmal ist sie eine Ulknudel...
 

„Der Doc meinte auch, ich soll mich verlieben...

Glaubst du auch, dass mir das irgendwie hilft?“

sprach ich das nächste Thema an und die Angesprochene seufzte:

„Uff... also das ist ja nicht gerade eine Sache, die man mal eben planen kann...“

„Das hab ich ihm auch schon gesagt...

Außerdem...“

begann ich und stoppte mitten im Satz, doch Sayuri hakte aufmerksam nach:

„Außerdem?“

„Außerdem... weiß ich nicht wie man das macht...

Ich weiß eigentlich gar nichts darüber, nur dass es verdammt weh tun soll.

Herzschmerz und so...“

nuschelte ich, da ich es schon fast wieder bereute, die Sache angesprochen zu haben, doch Sayuri entgegnete mir daraufhin mit leiser Stimme:

„Liebe tut nur weh, wenn sie nie gelebt wird oder wenn der Partner irgendwann nicht mehr das gleiche für dich empfindet, wie du für ihn.“
 

Irgendwie hört sich das nach bitterer Erfahrung an...
 

Besorgt hob ich meinen Kopf und schaute ihr in die Augen, bevor sie mir dann erklärte:

„Meine Mutter... ich glaube sie hat meinen Vater bis zum Ende geliebt, obwohl er schon lange aufgehört hatte..“

Sayuri's Mutter starb damals an Krebs... kurz bevor ihr Vater begann seine beiden Töchter zu verschachern.

Das hatte sie damals schwer getroffen, doch sie hat ihre Trauer überwinden können.

„Ich glaube, Hishinuma wird dich bis an sein Lebensende vergöttern“

flüsterte ich lächelnd, um sie von traurigen Gedanken abzulenken und es schien auch zu funktionieren, denn sie zückte ein Schmuckstück unter ihrem Oberteil hervor.

Ein Amulett und es war wunderschön, mit bronzenen Verzierungen.

Sie öffnete es und zeigte es mir:

„Ich hab auf der einen Seite ein Bild von Masato reingemacht, nachdem er es mir geschenkt hat.

Auf die andere Seite kommt unser Sohn.“

„Schönes Teil“

kommentierte ich dies und sie lächelte:

„Ich hoffe wirklich, dass alles gut geht...“

„Und wenn alle Stricke reißen sollten, dann... lass uns gemeinsam abhauen!“

gab ich übertrieben euphorisch von mir und sie wiederholte:

„Abhauen?

Aber wohin denn?“

„Ist doch egal!

Hauptsache weg und dann rocken wir die Welt!“

sponn ich den Faden einfach etwas weiter und sie lachte:

„Ist das also ein Versprechen?“

„Ja, wie das Ding, was du da in der Hand hast.

Ein stummes Versprechen!“

bekräftigte ich meine fixe Idee und legte meinen Kopf wieder auf ihren Bauch, als sie mich weiter streichelte und kaum hörbar sprach:

„So werde ich das Amulett nennen... 'Das stumme Versprechen'.

Mir gefällt der Gedanke.“
 

Das kann auch nur ihr einfallen, einem Schmuckstück einen Namen zu geben.
 

Eine ganze Weile herrschte angenehme Stille zwischen uns, bis ich diese nachdenklich unterbrach:

„Glaubst du, ich finde irgendwann auch mal jemanden, der mich so liebt wie Hishinuma dich?“

„Ganz bestimmt, und wer immer das sein wird, er oder sie kann sich glücklich schätzen.

Hast du schon jemand bestimmtes im Sinn?“

hakte Sayuri neugierig nach und ich vergrub mein Gesicht im Stoff ihres dicken Pullovers, denn ich fühlte mich irgendwie ertappt und versteckte meine roten Wangen.

„Ouuhh ich wusste, dass es da jemanden gibt!

Sag schon, ist es eine Frau oder ein Mann?“

kam es erneut von ihr und so gestand ich nun doch:

„Ja, vielleicht...“

„Jetzt sag doch!“

drängte sie mich und kitzelte meine empfindliche Hüfte.
 

„Is ja gut, is ja gut, ich gestehe!“

hechelte ich außer Atem und rappelte mich wieder in eine senkrechte Sitzposition auf, als ich seufzte:

„Also, wenn dein Sohn genauso ein Quälgeist wird wie du, dann überleg ich mir das mit der Patenschaft aber noch mal gründlich!“

Die neben mir Sitzende tat engelsgleich und wartete nun geduldig auf meine Antwort.

„Mir ist da vor einiger Zeit jemand vor unserem Lieblingscafé begegnet.

Ich hatte Probleme mit meinem Fahrrad und es goss wie aus Eimern.

Er hat mir geholfen und später sogar einen Kaffee spendiert.

Das hat er mehr als einmal gemacht und er sagte, er will mich kennen lernen...“

wurde ich zum Ende hin immer leiser und Sayuri lächelte nur wissend.

„Ein Mann also!

Sieht er gut aus?

Magst du ihn?“

löcherte sie mich mit Fragen und ich wusste gar nicht so recht was ich antworten sollte und worauf zu erst.
 

Seit sie der reinste Hormoncocktail ist, sind ihre Gemütszustände viel intensiver geworden.
 

Wenn sie sich freut, dann richtig und wenn sie weint, und sei es nur wegen eines Films, dann heult sie Rotz und Wasser.
 

„Leider sieht er verdammt gut aus...

Vor allem sein Hintern und... man... ich glaub, so sehr wie ich auf seine nackten Arme stehe, kann man es schon Fetisch nennen...

Und, ob ich ihn mag...?

Keine Ahnung... einerseits zieht es mich doch immer wieder zu ihm, aber andererseits geht er mir schon richtig auf den Geist, mit seiner komischen Art!“

ließ ich mich über Reita aus und Sayuri fragte vorsichtig nach:

„Und jetzt, wie geht’s bei euch weiter?“

„Wir hatten gestern wohl irgendwie eine Meinungsverschiedenheit...“

brummte ich leise und ergänzte dann:

„Ach was soll's... das kann doch eh nichts werden...

Weder mit ihm, noch mit irgendwem anderes!“

„Warum glaubst du, dass das nichts wird?“

wollte sie nun von mir wissen und ich murmelte:

„Naja, vielleicht mag mein Boss es nicht gerne sehen?“

„Ich glaube, was Masato mit 'ich dulde keinen Beziehungsscheiß' meint, ist einfach, dass er nicht will, dass du und die Mädchen Probleme mit euren Partnern mit zu Terminen nehmt und eure Kunden dann unzufrieden sind.“

„Das ist es ja...

Ich könnte mich ja jetzt schon stundenlang über den Typen aufregen, obwohl wir noch nicht mal eine Beziehung haben.

Wie soll dass denn bitte gut gehen, sollte es wirklich zu sowas kommen?“

entgegnete ich dem und blickte in Sayuri's nachdenkliches Gesicht.
 

Ich kann Hishinuma da sogar verstehen, denn auch meine Kunden nehmen ihre Beziehungs- und Eheprobleme gern mit zu mir und ich muss es ausbaden.
 

„Selbst wenn...

Ich käme mir reichlich bescheuert vor, wenn ich zugeben müsste, dass ich zwar Kamasutra-Meister bin, aber nicht mal richtig küssen kann...“

moserte ich geknickt weiter und die neben mir Sitzende wuschelte mir durchs Haar:

„Ruki-Baby...

Das ist doch kein Weltuntergang.

Sag es ihm einfach, wenn es soweit ist und er wird das verstehen, dass du Regeln hast, an die du dich hältst und dazu gehört nun mal, dass du deine Kunden nicht auf den Mund küsst.

Und wenn er es nicht verstehen will, dann mach ich es ihm verständlich!“

Mein Kopf neigte sich zu ihr und ich musste ein wenig schmunzeln:

„Natürlich, als würde dich dein Mann in die Nähe von fremden Männern lassen...“
 

Schon gar nicht, wenn es sich um Auftragsmörder handeln könnte...
 

„Dann muss ich eben mit Speeren werfen oder mit Steinen, da finde ich schon 'ne Möglichkeit!“

versprach sie mir und flüsterte dann:

„Und... das mit dem Küssen ist gar nicht so schwer.

Soll ich's dir zeigen?“

„Du meinst...?“

fragte ich verwirrt nach und Sayuri nickte:

„Hab es damals auch zuerst mit einer Schulfreundin probiert.

Männer küssen aber anders als Frauen.

Sie sind manchmal sogar ziemlich verheerend.

Vor allem merk ich es dann, wenn Masato mal 'ne Woche nicht in der Stadt ist und er dann zu mir zurück nach Hause kommt.

Nach dem Sex ist er aber fast wie ausgewechselt.“

„To much info!!“

stoppte ich Arme-wedelnd ihre Ausführung und versuchte die Bilder aus dem Kopf zu kriegen.
 

Schlimm genug, dass ich die Beiden erst letztens dabei erwischt hatte...
 

Ob sie weiß, dass ich der Störenfried war?
 

Das leise Kichern neben mir klang nach und nach ab, bis sie anmerkte:

„Manchmal bekommt man sogar fast den Eindruck, dass du total verklemmt bist.“

„Bin ich nicht..!

Warum denken das Alle nur von mir?“

berichtigte ich sie sogleich und natürlich hakte Sayuri sofort nach:

„Wen meinst du mit 'Alle'?“

Da ich mich mal wieder verplappert hatte, versteckte ich resigniert mein Gesicht in ihrer Halsbeuge und knurrte:

„Er... der Kaffee-Spender... der hat das auch schon gesagt...“

Ich spürte eine Hand über meinen Rücken streichen, als die sanfte Stimme an meinem Ohr flüsterte:

„Der scheint es dir ja wirklich angetan zu haben...“

„Gar nicht!“

nuschelte ich an ihrem Hals und konnte förmlich das verräterische Grinsen ihrer Lippen spüren.
 

So ein Blödsinn!
 

Allmählich löste ich mich ein kleines bisschen von ihr und hatte ihr Gesicht verdammt nah vor mir.

Ich überlegte rasend schnell hin und her, ob ich es wagen würde, denn sie wäre die Einzige, bei der ich es mir traue.

Zaghaft reckte Sayuri mir ihren Kopf entgegen und ich musste eigentlich nur noch wenige Zentimeter überwinden.

Mit geschlossenen Augen tupfte ich ganz schnell meine gespitzten Lippen auf ihre und wartete angespannt ab, was sie tun würde, doch sie rührte sich nicht, also probierte ich es noch einmal.

Nur dieses mal langsamer und von längerer Dauer.

Abermals trennten sich unsere Lippen und sie hauchte ganz leise:

„Siehst du, gar nicht so schlimm, oder?“
 

Das war wirklich nicht schlimm.
 

„Und wie weiter?“

wollte ich angestachelt von Sayuri wissen und sie erklärte mir:

„Wenn du es bis dahin geschafft hast, ohne vor lauter Aufregung einzugehen, dann kannst du ihm den Rest überlassen.“

„Welche Aufregung?“

kam es von mir und mein Gegenüber lächelte:

„Ruki-Baby, du hast gezittert wie Espenlaub.“

„Oh... gar nicht gemerkt...“

murmelte ich verlegen und entfernte mich nun gänzlich.
 

Fuck... was mach ich hier eigentlich?
 

Knutsche mit der Frau von meinem Boss rum, nur weil ich mich nicht vor jemandem blamieren will, der ein Massenmörder ist und in mir wahrscheinlich nur noch die Hure sieht, vor der er sich vermutlich nun ekelt...
 

Oh man, Matsumoto...
 

Dein Leben ist das reinste Chaos...
 

„Erzählst du ihm davon?“

fragte ich Sayuri und sie hakte nach:

„Masato?

Ich glaube nicht, dass er sowas wissen muss.“

„Wenn du meinst...

Ich werde mich jedenfalls nicht ans Messer liefern!“

ließ ich sie wissen und hörte ihr leises Lachen:

„Er würde dir deswegen schon nichts tun, da bin ich mir ziemlich sicher.“
 

Ziemlich...
 

'Ziemlich' ist auch so ein relativer Begriff, mit dem man nicht viel anfangen kann.
 

Wir ließen den Abend auch ganz gemütlich ausklingen und da mein Boss gegenwärtig einen Kurztrip hoch nach Hokkaido macht, bot sich die Gelegenheit, dass Sayuri wieder mal bei mir übernachten kann.

Während sie nun neben mir im Bett eingeschlafen ist, schreibe ich nun mein Erlebtes nieder und schaue ab und zu noch zum Nachtprogramm vom Fernsehen.

Darum nun gute Nacht und ich meld mich bald wieder.

Ruki
 

_________________________________________________________________________________________
 

Sooo meine Lieben, ich bin hier am neuen Wohnort bissel abgeschieden von der Welt...

Nix Internet, kenne kein Schwein und dann wollte mich auch noch mein PC verlassen, aber ich habe ihn reanimiert!

Sooo schnellt tritt der Lump mir nicht ab v.v!

Und abgesehen von 'nem kaputten Fuß geht’s mir soweit gut... hatte ein wenig Zeit zum Schreiben und jetzt habt Ihr mal wieder ein ganz langes Kapitel bekommen, vllt. hatte der der ein oder andere Leser ja schon Sehnsucht und meldet sich noch mal mit 'nem Feedback zu Wort, ich würde mich jedenfalls sehr darüber freuen :)

Mein Umzug ist eher etwas problematisch vonstatten gegangen und mit dem Internet hats ja auch nicht so wirklich geklappt – update gerade mit geborgtem Handy-Inet, selber hab ich keines.

Nur für Euch!

Es ist doch sehr fad, so von der Außenwelt abgeschnitten zu sein x.x

Aber so hatte ich wenigstens die Zeit und die zwangsläufige Muse, ein weiteres Video zur FF zu basteln und zwar wird das Video quasi von Reita an Ruki sein.

Ansonsten hab ich mir die Mühe gemacht Reita's Wohnung mit Sims3 zu gestalten und diese Bilder kann man auch schon bald bewundern

Das Video wird es erst später zu sehen geben, da es gegenwärtig noch nicht zur Story passt.

Tjoar dann bis hoffentlich bald, meine Lieben!

Suff und Sünden

Es ist mal wieder einiges passiert, wovon ich dir berichten muss und ich hab das Gefühl, dass ich kaum noch nachkomme, bei den ganzen Ereignissen.

Abgesehen von der Transplantation des Chips in meinen Arm, wäre da Reita zum Beispiel, der treibt mich – wie nicht anders erwartet – in den Wahnsinn und erzählt mir haarsträubende Horrorgeschichten.

Und Sayuri hat mich geärgert!

Aber zunächst mal der Reihe nach...
 

Nachdem meine beste Freundin bei mir übernachtet hatte und wir am nächsten Tag in unserem Lieblingscafé saßen, kamen wir natürlich wieder auf die Gesprächsthemen vom gestrigen Abend zurück.

Als wäre das nicht schon genug des Guten gewesen, schaute sie mit einem Mal an mir vorbei und hob die Augenbrauen nachdenklich.

„Ist er das?“

wollte Sayuri von mir wissen, bevor sie sich etwas Essbares in den Mund schob und ich irritiert nachfragte:

„Hö?

Wer ist was?“

„Na der Blonde, der neben der Eingangstür am Tisch sitzt und wie ein Heckenschütze zu uns hinüber starrt“

antwortete sie und ich drehte mich möglichst unauffällig nach hinten, um im Augenwinkel nach besagtem Typen zu spähen.
 

Fuck!
 

Muss der mich ausgerechnet heute stalken?
 

Und wieso tut er das?
 

Ich dachte, ihm wär's mittlerweile vergangen, seit er von meinem Job erfahren hat...
 

„Ich weiß nicht, wen du meinst...“

brummte ich und schob mir ebenfalls einen Bissen in den Mund, doch Sayuri ist nun mal nicht blöd und wusste genau, dass sie die Situation richtig gedeutet hatte:

„Warum gehst du nicht zu ihm und dann klärt ihr eure Meinungsverschiedenheit?

Ich fühl mich nämlich beobachtet und wenn mich jemand beim Essen beobachtet, werde ich nervös und dann krieg ich schlechte Laune und-...“

„Ja doch ja, ich hab's verstanden...

Es ist... kompliziert...“

unterbrach ich sie und mümmelte an einem Stück Gemüse, bis Sayuri meine Hand samt Grünzeug vom Mund weg zog und nachhakte:

„Warum denn?“

„Ach, ich weiß auch nicht...

Er ist... süß, witzig, irgendwie charmant, sieht verdammt gut aus...“

schwärmte ich gedankenlos vor mich hin, doch nun fiel sie mir ihrerseits ins Wort:

„Ja, das klingt wirklich furchtbar kompliziert... wo ist denn nun das Problem?“

„Mein Job... und sein Job...“

nuschelte ich und nagte weiter an meinem Gemüse.

„Was soll ich nur mit dir machen...?“

seufzte sie und stibitzte ein Möhrchen von meinem Teller.
 

Eine Weile schwiegen wir und somit trat Reita wieder ein Stück weit in den Hintergrund.

Ich geriet mit der Zeit irgendwie ins Grübeln, was wohl in Zukunft sein könnte und sprach meine beste Freundin erneut an:

„Sayuri?“

„Hm?“

kam es aufmerksam von ihr und ich begann meine Gedanken in Worte zu fassen:

„Was denkst du, wie ist es in zehn oder zwanzig Jahren um uns bestellt?“

„Mhmm... wahrscheinlich das Übliche?“

kam es von ihr und so fragte ich verwirrt nach:

„Und was wäre das Übliche?“

„Naja... vermutlich steh ich mit sechs – sieben Kindern allein zu Hause am Herd, während Masato sich mit 'ner Jüngeren vergnügt“

antwortete sie und grinste leicht belustigt.

„Ach, das glaub ich nicht.

Der Mann wird immer nur nach dir verrückt sein und wenn's sein muss, werd ich ihn täglich daran erinnern!“

„Du bist süß.

Naiv, aber süß“

lächelte sie, wuschelte mir durchs Haar und nahm sich noch ein Möhrchen von meinem Teller.
 

Ich glaube wirklich daran!
 

Wenn es eine schicksalhafte Liebe gibt, dann ihre!
 

„Ich bin fest davon überzeugt!“

ließ ich sie wissen und fragte anschließend:

„Und wo siehst du mich?“

„Na was wohl?

Du liegst in den Armen eines Hollywoodstars und genießt dein Leben!“

trug Sayuri mir grinsend vor und ich spielte ihr kleines zusammen gesponnenes Szenario mit:

„Na klar, die warten ja auch Alle darauf, dass 'ne Hure vorbei kommt und aus ihrem Elend gerettet werden will.“

„Warum nicht?

Ich würde dich jeder Zeit retten!“

entgegnete sie und hielt mir ein Stück Gurke an die Lippen:

„Mund auf und futtern!

Irgendwie wird mir zur Zeit von Gurken schlecht...“

„Probier's doch mal mit sauren Gurken und Vanille-Eis!

Hab gehört, Deinesgleichen fahren voll auf diese Kombi ab!“

neckte ich sie und sie gab gespielt drohend von sich:

„Na warte, duuu ..!“

Sayuri bewarf mich mit einer Olive und als diese auf meinem Essen landete, schob ich sie angewidert an den Tellerrand:

„Irrr... musst du gleich die ganz harten Geschütze auffahren?

Ich hasse die Dinger...“

„Ich weiß, ich auch!“

kam es grinsend von ihr, dann aßen wir weiter.
 

„Weißt du, ich glaube dein Doc hat recht, du brauchst wirklich mal so Jemanden in deinem Leben“

gab meine Seelenverwandte nachdenklich von sich, als ich tatsächlich gerade wieder an Reita hinter uns denken musste.

Doch irgendwie wollte ich nicht schon wieder von dem Thema anfangen und seufzte:

„Wozu?

Ich hab doch dich und Koron...“

Sayuri sah mich vieldeutig an und so brummte ich resigniert:

„Ich weiß doch noch nicht mal, ob ich wirklich auf Männer stehe...

Ich meine... die Meisten, mit denen ich bisher zu tun hatte, waren nicht unbedingt das, was ich als anziehend bezeichnen würde...“

„Naja... also, wenn wir mal vom natürlichen Paarungsritual ausgehen, dann gibt es da-..“

begann sie und erneut unterbrach ich ihre Rede:

„Das mit den Bienchen und Blümchen kenn ich schon...“

„Ja, aber manche Bienchen merken irgendwann, dass sie mit Blümchen nichts anfangen können“

hörte ich es von ihr, dann biss sie von einem Stück gebratenen Fisch ab, als sie mich abwartend ansah.
 

Vielleicht hat sie ja recht...
 

Immerhin ist es ja nicht so, dass ich bisher das Bedürfnis hatte, irgendein Mädchen ansprechen zu wollen, außer um nach dem Weg zu fragen oder wie viel das Shirt kostet.
 

Und dann wären da noch mein scharfer Vietnamese und dieser irre Serienkiller, den ich einfach heiß finde...
 

Oh verdammte Scheiße...
 

Hoffentlich kann der Meuchler nicht auch noch Gedanken lesen...!
 

„Deine Rädchen rattern.

Ich kann es förmlich sehen, wie's aus deinem Kopf qualmt“

merkte Sayuri an und ich fühlte mich wieder einmal ertappt:

„Man ey!

Du machst mich fertig...“

„Ich hab noch nicht mal angefangen“

kam es gelassen von ihr und so moserte ich:

„Soll ich mich etwa gleich da drüben breitbeinig auf den Tisch servieren?

Bist du dann zufrieden?“

„Das habe ich nicht gesagt“

sprach sie ruhig und ich meckerte dennoch angefressen::

„Ich kenne den Typen kaum!“

„Hast ja recht, Vorsicht ist besser als Nachsicht und es ist vielleicht wirklich günstiger noch Abstand zu halten“

gab sie zu und da mein Puls mal wieder wegen Reita auf 180 war, blubberte ich sarkastisch weiter:

„Oh hört nur, die Stimme der Vernunft!

Wieso ist mir das nicht eingefallen?“

„Ok, ganz ruhig Ruki-Baby, mach bitte kein Fass auf!“

hörte ich es in gedämpftem Ton von Sayuri und ich atmete tief durch.
 

„Dich hat's voll erwischt“

verkündete sie und ich legte meine Stirn in Falten:

„Hö?“

„Na dein blonder Heckenschütze.

Ich hab dich noch nie so aus der Haut fahren sehen, wie bei diesem Kerl“

erklärte sie und ich verdrehte genervt vom Reita-Thema die Augen, bevor sie hinzufügte:

„Ok, das eine Mal in dem Geschäft, warst du auch schon haarscharf an der Grenze, als du unbedingt die Schuhe mit Nieten und Leo-Muster haben wolltest und dir jemand zuvor kam.“

„Na und?

Das sind meine Lieblingsschuhe!

Wenn ich etwas will, dann hol ich es mir auch!

Und diese Flachzange damals, hätte ich auch eigenhändig aus dem Laden gezerrt, um vor der Tür zu regeln, wer neuer Eigentümer dieser Schuhe wird!“

bekräftigte ich meinen damaligen Fast-Ausraster, aber es hatte sich ja gelohnt.

Der Typ hat den Schwanz eingezogen und mir das Feld geräumt, ohne dass ich die Fäuste schwingen musste.
 

Ein paar gut platzierte Argumente und die Sache war geritzt!
 

Sayuri grinste verräterisch und so hakte ich mit erhobener Augenbraue argwöhnisch nach:

„Was'n?

Noch nie was von 'Klein, aber Oho' gehört?“

„Doch doch, und von 'Liebe auf den ersten Blick'!“

kam es von ihr und ich murrte:

„Na, dann geh ich davon aus, dass das auch für Hishinuma's bordeaux-farbenes Hemd gilt?“

„Was ist mit dem Hemd?“

hakte sie unwissend tuend nach und ich tat, als wäre ich gelangweilt und mein Daumennagel wesentlich interessanter, als auf die Frage zu antworten.

„Muss ich erst wieder die Oliven nachladen, bevor du mich wissen lässt, was du damit sagen willst...?“

vernahm ich es gespielt drohend von meiner besten Freundin und so tat ich ihr den Gefallen:

„Ich erinnere mich da an eine äußerst blutige Szene voller roher Gewalt, als du das(!) perfekte rote Hemd für deinen Mann gefunden hast und die Frau neben dir offenbar die gleiche Idee hatte.

Ganz böser Bitch-Fight, sag ich dir... übel übel...“

übertrieb ich bewusst und Sayuri sah sich im Etablissement nach erklärenden Worten um.

„Eine Frau muss eben manchmal tun, was eine Frau tun muss“

war ihr nüchternes Statement dazu, dann lächelte sie wieder gewohnt liebreizend.
 

Das war bestimmt Hishinuma's Einfluss, dass seine sonst so zarte Verlobte damals dieses Hemd auf Leben und Tod verteidigt hat.
 

Ganz zu Anfang, als ich sie kennen gelernt hatte, wirkte Sayuri eher wie ein scheues Mäuschen, doch mein Boss muss mit der Zeit den Tiger in ihr geweckt haben.
 

Ich finde das gut, dass sie selbstbewusster geworden ist, durch ihn.
 

„Hast du ihm das mit dem Hemd eigentlich mal erzählt?“

fragte ich sie beiläufig mit breitem Grinsen, denn ich wusste, wenn mein Chef mitbekommen hätte, dass sich sein geliebter Augapfel wegen eines Stück Stoffs in solche Gefahren begeben hatte, dann würde er sie nie wieder ohne mindestens drei oder vier seiner Wachhunde auf die Straße lassen.

„Nö.

Muss ihm ja nicht jede Kleinigkeit mitteilen“

entgegnete sie mir daraufhin und meine Mundwinkel fanden schon fast bist zu den Ohren, als ich sagte:

„Jetzt beginne ich langsam zu verstehen, wieso Paare nicht miteinander reden.

Das ist reine Schadensbegrenzung!“

„Wenn dein Grinsen noch breiter wird, kannst du Spargel quer essen!“

sprach Sayuri und streckte mir die Zunge raus, nach welcher ich blitzschnell mit meinen Essstäbchen schnappte.

„Legt die Waffen nieder!

Ich ergebe mich, euer Gnaden!“

kam es dramaturgisch von meinem Gegenüber, eh ich meinen Sieg demonstrativ mit einem Holzspieß-Fähnchen in meinem letzten Möhrchen geltend machte.
 

Wozu der ganze Deko-Krempel in meinem Essen alles gut ist!
 

Dreist langte nun eine fremde Hand an selbiges Fähnchen und ließ meine Möhre in einen finsteren Rachen verschwinden.

„Hey, was soll das?!“

moserte ich selbstverständlich sofort los, dann pikste der Neuankömmling das Hölzchen in eine Traube:

„Ich möchte mit dir reden.“

„Keine Zeit, ich hab zu tun“

kam es kühl von mir und eh ich hoffen konnte, dass Reita wieder abziehen würde, flüsterte Sayuri:

„Oh oh, Feind im Anmarsch.

Der Verbündete zieht sich zurück, um seine Niederlage zu verkraften!“

„Hey, Moment mal!

Du kannst mich doch nicht mit dem Spinner alleine lassen!“

versuchte ich meine Freundin aufzuhalten, doch sie fiel mir eiskalt in den Rücken:

„Mir ist gerade eingefallen, dass ich noch ganz dringend wohin muss!“

Mit einem zu gehauchten Luftkuss verschwand die Verräterin eiligst aus dem Café und überließ mich dem blonden Trottel, der sich so eben auf Sayuri's Platz niedergelassen hatte.
 

Das darf doch nicht wahr sein...
 

Warum eigentlich immer auf die Kleinen..?
 

„Hi“

grinste der Blödmann vor mir, als ich ihm einen kurzen Blick würdigte und sofort wieder weg sah.

„Wenn du immer so grimmig guckst, dann laufen dir deine Freier davon“

ließ er mich wissen und ich fauchte gedämpft zurück:

„Schrei doch noch ein bisschen lauter, ich glaub die Familie da hinten in der Ecke, hat noch nicht ganz mitbekommen, dass ich 'ne Nutte bin.

Halt die Klappe, verdammt!

Und zisch am besten gleich wieder ab...!“

„Ich bitte dich nur darum, dass wir noch mal über alles reden“

sprach Reita und ich verschränkte die Arme, schaute in eine andere Richtung und zog unwillig eine Schnute.
 

Der Penner soll Leine ziehen!
 

Hab mich wirklich schon genug wegen dem aufgeregt.
 

„Bitte... Ruki“

bat er abermals und ich sah drohend zu ihm, eh ich leise sprach:

„Rutsch auf Knien, vielleicht überleg ich es mir dann.“

Ohne mit der Wimper zu zucken stand der Typ auf und warf sich vor mir auf den Boden.

Erschrocken darüber, dass Reita es wirklich tut, fuchtelte ich wild mit den Armen:

„Scheiße, man!

Hör doch auf mit dem Unsinn, du blamierst uns ja!“

„Ich wollte nur das runter gefallene Essstäbchen deiner Freundin aufheben, weiter nichts“

konterte er und hielt mir besagtes Objekt vor die Nase, erhob sich und setzte sich relativ unbeobachtet wieder auf den Stuhl zurück.
 

Es brodelte in mir!!
 

Dieser blöde Sack, lässt mich ständig auflaufen!
 

Ich schwöre bei Gott, ich poliere dem irgendwann die Fresse!!
 

„So, Schluss mit dem Spielchen.

Ruki wir sollten reden, jetzt!“

kam es fordernd von ihm, doch nach der Nummer dachte ich nicht im Traum daran:

„Du kannst mich mal!

Glaubst du wirklich, du bringst mich dazu, mit dir zu reden, wenn du sowas mit mir abziehst?“

„Nun ja... du bist bisher noch nicht weggelaufen und ich habe noch nicht dein Siegesfähnchen im Auge stechen, also... ja... irgendwie glaube ich schon, dass ich dich dazu kriege“

antwortete er mir und machte mich wieder einmal sprachlos.
 

„Das reicht jetzt!“

zischte ich und wischte mir mit einer Serviette den Mund ab, sprang auf und warf mir wortlos den Mantel über.

Gott sei dank muss man das Essen im voraus bezahlen, so musste ich mich nicht noch länger als nötig hier aufhalten und stürmte schon aus dem Café, während ich noch meinen Mantel richtig anzog und mir meinen Schal um den Hals wickelte.

„So ein Wichser!“

fluchte ich, als ich durch die Tür nach draußen trat und im Schnellschritt das Weite suchte.

Ich merkte erst einige Meter weiter, dass ich in die völlig andere Richtung ging, als zu mir nach Hause, aber eine Überlegung später beglückwünschte ich mich innerlich zu dieser spontanen Entscheidung, denn das letzte was ich nun wollte ist, dass mein mordender Stalker weiß wo ich wohne.
 

„Ruki, warte doch...!

Es tut mir leid... wirklich...!“

rief mir Reita hinterher, doch ich ignorierte ihn.

Zumindest solange, bis er mich eingeholt hatte und mich am Ärmel fest hielt:

„Flossen weg, sonst schrei ich so laut, dass dir die Ohren abfallen!“

„Echt jetzt?“

kam es verwundert von ihm und ich bekräftigte:

„'Ne Banshee is'n Scheißdreck gegen mich!“

Damit setzte ich meinen Weg durch die Menschenmassen fort und hörte den aufdringlichen Kaffee-Spender noch immer hinter mir:

„Ruki, ich weiß, ich bin manchmal ein Idiot!“
 

Manchmal..?
 

„Na gut, aber nicht hier...“

ließ ich Gnade vor Recht ergehen und hörte mir seinen Vorschlag an, wo wir unser Gespräch führen könnten:

„Wie wär's mit dem Night-Life?“

„Aber das ist eine Disco und die macht erst heute Abend um 21 Uhr auf.

Willst du schon wieder ein Date mit mir?“

fragte ich misstrauisch nach und Reita lächelte schief:

„Wieso 'schon wieder'?

Ich dachte, wir hätten bisher kein Date gehabt?“

„Willst du schon wieder anfangen mit streiten?“

brummte ich und mein Gegenüber wollte so eben kontern:

„Aber ich hab doch gar nicht-...“

Er unterbrach sich selbst, da ihm offenbar bewusst wurde, dass ich das 'Date' hätte sofort platzen lassen, wenn er mir widersprochen hätte.

So seufzte er nur:

„Ich will einfach einen neutralen Ort, wo uns nicht jeder hören kann und der Schuppen serviert wirklich gute Cocktails.“
 

Cocktails!!
 

„Gut, dann bis heute Abend“

tat ich unberührt, als hätten die erwähnten Cocktails nicht den geringsten Einfluss auf meine Entscheidung gehabt und hielt ihm die Hand zum Einschlag hin.

„Soll ich dich abholen oder kommst du selber hin?“

fragte er noch und wartete auf eine Antwort.

„Du willst doch was von mir, also wirst du mich auch zum Night-Life karren!“

ließ ich ihn wissen, denn ich würde bestimmt nicht mein Geld in ein Taxi dort hin verschwenden, wenn ich schon meine Zeit dort verschwenden würde.

„Wieder beim Currywurst-Mann?“

wollte er wissen, ich nickte und ging in die andere Richtung zurück, während Reita stehen blieb und mir offenbar bis eben nachsah, bis ich mich noch einmal herum gedreht hatte.
 

Und schon wieder hat mich dieser Saftsack überredet...
 

Ich und meine Dummheit..!
 

Dann werde ich es wohl auch einfach verdient haben, ihn ertragen zu müssen.
 

Den Nachmittag und den frühen Abend verbrachte ich mit der einzigen Tätigkeit, die mich bisher immer aufzuheitern vermochte und womit ich mich stundenlang beschäftigen könnte.

Shopping!

Und zwar bei Ebay.

Während ich mich also so durch die Angebote arbeitete, fand ich auch im internationalen Bereich einen Goldschmuckhändler aus Indien, welcher eine passende Kette und Armband zu meinem Ring anbot.

Diesen hatte ich vor gut einem Jahr ebenfalls bei einer Auktion gewonnen, aber damals kam er aus Hongkong.

Der Startpreis war an sich schon hoch gesetzt, aber bei Gold ist das auch kein Wunder.

Das reißt natürlich wieder mal tiefe Wunden in mein Portemonnaie, aber hey... für wen bitte sollte ich mein Geld sparen?

Die Einzigen, denen ich meine Kohle vermachen würde, wären Sayuri und ihr Sohn und bis der mal Geld ausgeben kann, vergehen noch viele Jahre.

Außerdem, in wenigen Tagen ist Weihnachten und das wäre quasi ein Geschenk von mir, für mich, von Herzen!
 

Gegen 19:30 Uhr weichte ich gemütlich in der Badewanne und stieg auch erst wieder heraus, als meine Haut zu schrumpeln begann.

Ich zog, schon fast wie programmiert, die gleiche Prozedur durch, wie vor jedem Termin und das obwohl ich eigentlich nie vor hatte den Kaffee-Kerl irgendwie zu beeindrucken.

Muss wohl einfach Gewohnheit gewesen sein...
 

Kurz vor 21 Uhr war ich gestriegelt und auf Hochglanz poliert.

Rein vorsorglich gab ich Koron bei der netten alten Dame ab und verließ das Haus, lief einen großen Bogen um die umliegenden Häuser und stand pünktlich, wie geplant, eine viertel Stunde zu spät bei Eddie's Imbissbude.

Nirgendwo war der schwarze Mustang von Reita zu sehen und so spürte ich, wie das untere Lid meines rechten Auges genervt zu zucken begann.

Mit einem mal gingen unweit vor mir helle, leicht bläuliche Scheinwerfer an und ein mir unbekanntes Auto näherte sich langsam in meine Richtung.

Das Teil hatte eine pinke Unterbodenbeleuchtung und nachdem es nun nah genug an mich heran gefahren war, erkannte ich auch im Schein der Laterne die violette Farbe der Lackierung.
 

Ich hatte mir noch nie so sehr gewünscht, dass es Reita wäre, der jetzt da drinnen sitzt und nicht irgendein anderer Meuchelmörder, der mir an den Kragen will...!
 

„Du bist 15 Minuten zu spät“

bemerkte der Fahrer mit der mir sehr wohl bekannten Stimme und schaute mich durch die herunter gelassene Scheibe an.

Ich stand mit verschränkten Armen neben der aufgemotzten Kiste und zog beide Augenbrauen nach oben:

„Das warst du das letzte Mal auch, also beschwer dich nicht!“

„Komm, steig ein“

lächelte Reita fast schon liebenswürdig und so ging ich um den Wagen herum, setzte mich hinein und schaute unbeeindruckt tuend zum Fahrer dieses Vehikels.

„Na, Giftkröte“

wurde ich begrüßt und ich rang mit mir, nicht gleich in den ersten zehn Sekunden meine Fassung zu verlieren und beließ es bei einem simplen:

„Fick dich.. und fahr endlich, sonst steig ich gleich wieder aus!“

„Wie sie wünschen“

kam es seelenruhig von Reita und dann ging es auch schon los.
 

„Wem gehört die Karre?“

begann ich wenig später ganz unverfänglich ein neutrales Gespräch und der Kaffee-Kerl blickte entsetzt zu mir hinüber:

„Hey, nenn mein Baby nie wieder 'Karre'!“

„Mhm... sieht schnell aus.... und irgendwie kitschig“

merkte ich ausweichend an und der neben mir Sitzende bestätigte:

„Das sieht nicht nur schnell aus, sie geht ab wie ein Zäpfchen.“

„Sie?“

fragte ich verwirrt und die Antwort ließ mich ebenso stutzen:

„Ich hab meinen Wagen Violette getauft, passend zur Farbe.

Ich steh irgendwie auf pornöses Lila.

Und Blau natürlich.“

„Natürlich... Blau und Lila...“

murmelte ich und hörte wie mein Nebenmann sprach:

„Du solltest erst mal mein Schlafzimmer sehen!“

„Ahja... und wozu brauchst du die komischen Behälter da auf der Rückbank?

N O S oder so...“

buchstabierte ich, was auf den Flaschen geschrieben stand und er antwortete mir:

„Das ist Lachgas“

„Wen willst du denn zum Lachen bringen?“

kam es irritiert von mir und Reita schmunzelte:

„Niemanden.

Naja wobei... im besten Falle natürlich mich und mein Portemonnaie, aber nicht mit dem Gas, eher mit dem Gewinngeld.

Die Schätzchen lass ich nächste Woche hier einbauen, aber erst mal muss der Mustang wieder aus der Werkstatt.“

„Kaputt?“

hakte ich mehr oder weniger interessiert nach und so erklärte er:

„Nicht wirklich, aber das Verdeck war völlig durchnässt und hat Frost gekriegt, seit dem schließt es nicht mehr vernünftig.“
 

„Alles klar, und wozu braucht man nun Lachgas im Auto?“

wollte ich nun von ihm wissen und der Kaffee-Spender grinste breit:

„Wenn man Straßenrennen gewinnen will, sieht man ohne ganz schön alt aus.“

„Straßenrennen?

In Tokyo?“

fragte die Neugierde in mir weiter nach und Reita führte es näher aus:

„In Tokyo selbst eher weniger, dann schon mehr außerhalb.

Dafür gibt’s hier in der Stadt einfach keinen Platz, aber die großen Parkhäuser sind nachts sehr beliebt, da kann man ganz gut Drift-Rennen veranstalten.

Das erfordert allerdings einiges an Können und vor allem Übung, sonst wird’s verdammt teuer.

Die Ami's haben sogar einen Film darüber gedreht.“

„Ich frag lieber nicht...“

seufzte ich und lehnte meinen Hinterkopf an das Polster.
 

Kann ich mir gar nicht vorstellen...
 

Wenn ich in so einer Karre.. ähm Auto sitzen würde und mit 200 Sachen oder mehr, irgendwo lang brettern müsste, würde mir sowas von schlecht werden.
 

Geschwindigkeit und Höhe sind einfach nicht mein Fall...
 

Ein kurzer Blick zur Seite ließ mich auf der Fahrerseite einen weiteren Sicherheitsgurt entdecken, der allerdings über Kreuz zu schließen ist und irgendwie stabiler wirkt als die normalen Exemplare, wie sie jeder im Auto hat.

Ich überlegte hin und her, wo man solche Gasflaschen einbaut, denn irgendwelche Leitungen sah ich hier nicht.
 

Vermutlich hab ich auch ein ganz falsches Bild von der Sache...
 

So falsch, dass ich mir Reita gerade in engem Taucheranzug vorstellte, wie er statt Sauerstoff Lachgas einatmet und sich wortwörtlich totlacht.
 

Gerade als meine Gedanken weiter ab zu schweifen drohten, sprach mich der neben mir Sitzende an:

„Worüber denkst du nach?“

„Ich frage mich die ganze Zeit, wie zum Henker du mit Lachgas Rennen gewinnen willst“

entgegnete ich dem und abermals führte der Angesprochene seine Erklärung näher aus:

„Naja, das ist ganz einfach.

Unter deinem Sitz und im Handschuhfach sind ein Computer und ein kleiner Monitor, damit kann ich alle Abläufe steuern und unter der Sitzbank hinten, werden die Gasflaschen eingebaut.

Das hier vorn am Lenkrad waren ursprünglich Knöpfe für die Hupe, jetzt sind es die Auslöser für das Lachgas.

Wenn ich das aktiviere, dann zischt das Baby hier ab wie eine Rakete.

Aber man muss es timen, wann man es zündet und das kommt auch auf die Strecke an.

Wenn man viel Bremsen muss, weil es viele Kurven gibt und man die Strecke nicht kennt, dann ist es am schwierigsten einzuschätzen, wann der beste Zeitpunkt ist.

Man hat ja auch nicht unbegrenzt von dem Zeug an Board und billig ist es auch nicht.

Der Motor ist eine Bestie, der bringt das Benzin zum Kochen und selbstverständlich sind die wenigsten Teile noch original.“
 

Da ist aber jemand Stolz auf seinen fahrbaren Untersatz...
 

„Merkt man gar nicht so auf den ersten Blick, dass das hier so 'ne High-Tec Kar.. ähm Auto ist, sieht eher so aus, als wären es rein optische Gründe“

teilte ich ihm meine Eindrücke mit und Reita sagte:

„Das hat auch seinen Sinn und Zweck, ich hab nämlich keinen Bock, dass mir jemand mein Baby unterm Arsch weg klaut oder die Bullen es konfiszieren, und die Truppe kann ich am allerwenigsten gebrauchen.“

„Hat sicher 'ne Menge Kohle gekostet“

kam es von mir und der Fahrer des vermutlich teuren Spielzeugs bestätigte:

„Das hat es, ja.

Aber ich hab sonst keine Hobbys, also investiere ich mein Geld in das einzige, was ich habe.

Die beiden Schnuckel auf meiner Rückbank sind sozusagen mein Weihnachtsgeschenk.

Von mir, nur für mich...“

„Von Herzen...“

nuschelte ich in Gedanken versunken und hörte von Reita nur ein:

„Mhm?“

„Ach nichts... ich glaub nur, ich weiß was du meinst...“

flüsterte ich und auch mein Nebenmann sagte nun sehr ruhig:

„Gut, das freut mich.“
 

Vielleicht gibt es ja doch so etwas wie Gemeinsamkeiten bei uns Beiden...
 

„Wir sind da“

hörte ich ihn sagen und so bog er geradewegs in ein kleineres Parkhaus ein, bevor er weiter sprach:

„Da drüben, links von dir, ist eines der größten Parkhäuser und das viele bunte Licht dort, gehört zu einer Gruppe von Denen, die öfter mal solche Drift-Rennen fahren.

Aber heute scheinen sie sich nur zu treffen, um zu feiern.“

„Woher weißt du das?“

wollte ich von Reita wissen und er erklärte:

„Die halten sich in der Mitte auf.

Wenn Rennen sind, dann stehen sie ganz unten und ganz oben – Start und Ziel.“

„Verstehe“

murmelte ich und stieg aus, als wir zum Stehen kamen.
 

Komisch.
 

Stellt man dem Kerl Fragen zu seinem Auto und Rennen, dann macht er keine Mätzchen und redet wie ein Wasserfall, aber wehe dem, es geht um mich, dann kommt nur Schwachsinn raus!
 

„Is'n ziemlich edler Klunker da an deinem Finger, hm?“

ergriff der Typ wieder das Wort, nachdem ich ihm in den Fahrstuhl nach unten gefolgt bin und heil froh war, dass dieses Ding rundherum Blick-dicht ist und ich keine Panik, Platz- oder Höhenangst bekommen musste.

„Mhmm“

kam es zustimmend von mir, bevor ich ihn wissen ließ:

„Hab heute zwei Auktionen gefunden, die das passende Armband und die Kette dazu anbieten, aber es sind noch drei Tage bis Auktionsende.

Und nur dass das klar ist, wäre das heute Abend gewesen, dann wäre ich jetzt nicht hier!“

„Da hab ich wohl noch mal Glück gehabt“

säuselte Reita dümmlich grinsend und so murrte ich:

„Verdammtes Glück...“
 

Und noch mehr Glück wirst du haben, wenn ich dich heute nicht doch noch eigenhändig erwürge!
 

„Von hier aus ist es nicht mehr weit, bis zum Night-Life“

ließ er mich wissen und fügte noch hinzu:

„Und es wäre sicher angebracht, wenn du deinen Mantel diesmal gleich vorne am Einlass abgibst oder ihn zumindest ausziehst.

Da drinnen herrschen immer lauschige 25 Grad.“

„Meinetwegen zieh ich ihn aus, aber dass ich ihn abgebe, kommt nicht in Frage!“

bekräftigte ich noch einmal nachdrücklich und stiefelte meinem nervigen Kaffee-Kerl hinter her.

Eine Straße weiter prangte auch schon in großen türkis leuchtenden Lettern der Name des Clubs und dieses mal zog ich es vor, lieber gleich mit Reita gemeinsam hinein zu gehen, eh ich wieder mal auf meine Größe reduziert werde und man mich nach dem Alter fragt.

„Hast du auch brav deine Dolche eingepackt?“

scherzte er und so konterte ich frech:

„Immer!

Extra geschärft und poliert!“

„Etwa für mich?

Das wäre doch nicht nötig gewesen, du hättest mich auch mit 'nem rostigen Nagel piksen können“

vernahm ich es belustigt von der Seite und ich verdrehte seufzend die Augen:

„Spinner...“
 

„Wo bezahlt man hier Eintritt?“

wollte ich von ihm wissen und Reita sagte schulterzuckend:

„Ich hab für dich mitbezahlt, als ich meine Jacke abgegeben habe.“

„Hättest du nicht tun müssen, das hätte ich mir gerade so noch leisten können“

murmelte ich und trottete dem Typen wieder einmal hinterher.

Ich sah mich in dem großen Raum um und gab feststellend von mir:

„Ist ja die reinste Lasershow hier.“

„Komm mit, ich weiß wo wir ein ruhiges Plätzchen finden“

sprach er und nahm meine Hand, zog mich hinter sich her und bald schon, seitlich am Rand, in eine Art VIP- oder Chill-Out-Ecke hinein.

„Dürfen wir hier sein, oder schmeißen uns die wichtigen Leute gleich wieder raus?“

hakte ich skeptisch nach und meine Begleitung winkte beruhigend ab:

„Ich hab bei dem Sohn des Besitzers noch was gut, du kannst dich also vollkommen entspannt zurück lehnen.“

„In deiner Nähe werde ich mich wohl nie entspannen können...!“

brummte ich und angelte nach der Getränkekarte.
 

Woooaaahhh!
 

Das ist das Cocktail-Paradies!!
 

Hier gibt’s ja echt alles!
 

Sogar Welche, die ich noch nie probiert habe.
 

„Wo muss man hier bestellen?!“

wollte ich begeistert von Reita wissen und so drückte er in der Ecke der Sitzbank auf ein Gerät an der Wand und begann zu reden:

„Loge drei und wir hätten gern ein helles Bier und... was willst du?“

Das war meine Chance!

Ich rückte mit der Karte in der Hand dicht in die Ecke zu dem Gerät und sprach laut und deutlich hinein, damit man mich ja nicht missverstehen würde:

„Aaalso, ich nehme die 4, die 5, die 11, die 17 und die 23 von den Cocktails!

Das war's dann erst mal!“

„Da hast du dir aber was vorgenommen“

merkte der neben mir Sitzende an und ich tat gelassen:

„Wenn ich schon mal in einem Laden wie diesem bin, dann soll sich die Sache auch lohnen!“

„Die Einstellung gefällt mir; keine halben Sachen“

sprach Reita und nickte anerkennend.
 

Einen Augenblick herrschte Schweigen zwischen uns, was ich irgendwie als beunruhigend empfand.

„Nett hier“

begann ich deshalb wieder einmal ein unverfängliches Gespräch und mein Nebenmann antwortete:

„Ich freu mich, wenn's dir gefällt und... sobald unsere Getränke geliefert worden sind, komme ich auch gleich auf den Punkt, weshalb ich mit dir reden wollte.
 

Oh oh...
 

Will er mich etwa doch umlegen, weil er nun lieber nichts mehr von mir will und ich dummerweise jetzt schon zu viel weiß?
 

Sind die Cocktails meine Henkersmahlzeit?
 

Erneut herrschte betretenes Schweigen.

Die Stille zwischen uns hielt eine ganze Weile an, bis sich eine knapp bekleidete Dame unserer Loge näherte und ein recht großes Tablett mit vielen bunten Gläsern in der Hand hatte.

„Guten Abend, ich bringe ihnen ihre Getränke.

Bitte zögern sie nicht, auch unsere anderen Angebote zu probieren“

trug sie uns ihren vermutlich jahrelang einstudierten Text vor und verschwand mit einer Verbeugung leichtfüßig um die Ecke.

Während Reita so gleich nach seinem Bier griff, fragte ich ihn kleinlaut:

„Ähm... lässt du mich wenigstens so lange leben, bis ich das alles ausgetrunken habe oder schnetzelst du mich gleich nieder...?“

Angesprochener stellte sein Glas wieder auf den Tisch und seufzte:

„So ein Blödsinn, Ruki...

Noch mal zum Mitmeißeln, wenn(!) ich das vorhaben würde, dann würdest du weder was ahnen, noch vorher etwas mitkriegen und... verflucht noch mal, ich will dir nichts antun!

Warum denn auch?“

Ich zuckte mit den Schultern und rutschte tiefer auf der gemütlichen Sitzbank, nahm meinen ersten Cocktail in die Hand und schlürfte am Strohhalm.
 

Mhmm.
 

Mhhhmmmmmm!!
 

„Geil!“

entwich es mir begeistert und Reita schaute verblüfft zu mir:

„So gut, ja?“

„Der absolute Wahnsinn!

Wieso hast du mich eigentlich nicht schon viel früher hier her verschleppt?“

brabbelte ich weiter und gönnte mir einen ganz großen Schluck vom süffigen Getränk, während mein Nebenmann sprach:

„Naja, bei meinen 'Verschleppungsversuchen' hast du dich nicht gerade kooperativ verhalten, das hat die Sache etwas erschwert.“

„Dafür lohnt es sich definitiv zu sterben!“

verkündete ich zufrieden und hielt Reita mein Glas samt Strohalm vor die Nase:

„Koste!“

Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er fragend zu mir und so verdeutlichte ich noch einmal mit einem Zupfen am Strohhalm, dass er probieren sollte, doch er zierte sich noch immer:

„Bist du sicher?

Ich meine, nicht dass noch etwas von Gift an meinen Lippen hängt und du-...“

Meine drohend zusammen gekniffenen Augen würgten ihn scheinbar ab und nun tat er auch was ich wollte.
 

„Mhmm, ist wirklich... sehr... bunt“

eierte Reita um den heißen Brei herum und so versuchte ich ihm mit Hilfe meines erzürnten Gesichtsausdrucks zu vermitteln, dass ich 'bunt' nicht als Geschmackstestergebnis akzeptieren würde.

„Ok, ich geb's zu, die Dinger sind einmalig und einfach die besten Cocktails, die ich kenne.

Aber ich wollte einfach noch mal deine Schmollschnute sehen.“

„Du bist und bleibst ein Blödmann!“

ließ ich ihn wissen, doch das schien ihn nicht mehr sonderlich zu stören, denn er lächelte und sagte mit rauer Stimme:

„Ich weiß...“
 

Mit heißem Kopf zog ich mich zurück und schaffte Abstand zwischen uns, stocherte nervös mit dem Strohalm im Glas herum und begann zögerlich das Thema zu wechseln:

„Weißt du, was ich nicht verstehe?“

„Was denn?“

kam es von Reita und ich setzte fort:

„Wie kann es sein, dass so ein Trottel wie du, so einen Job macht und noch nicht irgendwo 'verunglückt' ist?“

„Ich nehme an, das ist ähnlich wie bei dir.

Wenn ich einen Job mache, dann bin ich quasi ein anderer Mensch und erledige meine Aufgabe gewissenhaft.

Wenn ich, wie jetzt, ich selbst bin, dann kommt so schnell niemand auf die Idee, dass ich ein Schattentänzer bin“

erzählte mir Reita und auf mein fragendes Gesicht hin erläuterte er:

„Die Schattentänzer... so nennen sie uns, die, die uns jagen.

Weil wir wie aus dem Nichts auftauchen und unbemerkt wieder im Schatten der Nacht verschwinden.“

„Wer jagt euch und warum?“

hakte ich gebannt nach und der neben mir Sitzende sprach:

„Die Meisten wohl aus Rache-Gründen, aber Einige verfolgen uns aus Spaß, weil sie unsere rechten Hände mit der Tätowierung als Glücksbringer wollen.“
 

Da wird der Jäger zum Gejagten...
 

„Je mehr Aufträge ein Schattentänzer erledigt hat, umso wertvoller ist er.

Ich wäre für die schon sowas wie ein Jack-Pott, aber es gibt weit gefährlichere Schattentänzer als mich, die schon viel länger dabei sind und noch ganz andere Tricks drauf haben.

Aber es ist schwer diese Jungs und Mädels zu finden und leisten kann sich das auch nicht jeder.

Wenn jemand einen von uns erwischt, gilt er als gefährlich und wenn man als gefährlich gilt, hat man Macht, und mit Macht kannst du in diesem Land mehr kaufen, als mit Geld“

führte Reita das Thema näher aus und ich lauschte beeindruckt dem, was er zu sagen hatte.

Irgendwie klang das, was er da erzählte, wie ein Film oder wie ein Krimi-Roman von Edgar's Mutter.

Irgendwas, was ganz sicher nicht real sein konnte.
 

Da mein erster Cocktail nun geleert war, schnappte ich mir gleich den nächsten, mümmelte am Halm und fragte ein wenig undeutlich:

„Wie schafft man es da am Leben zu bleiben?

Ich meine, da sind ja zum einen deine... ähm... Opfer, die bestimmt nicht alle ganz und gar wehrlos sind und dann diese Leute, die dich umlegen wollen, um Hasenpfoten zu sammeln.“

„Der Trick zum Überleben ist, selbst zu wissen was man kann und was man nicht kann.

Und Anderen eben dies nicht wissen zu lassen, denn deine Stärken sind automatisch auch deine Schwächen“

antwortete Reita und dann griff er zu seinem Bier, trank mehrere große Schlücke und behielt das Glas in der Hand.

„Würde dich eine Beziehung nicht auch schwächen?“

wollte ich von ihm wissen und mein Kaffee-Kerl schaute mir einige Sekunden ins Gesicht, bevor er antwortete:

„Nur wenn ich mich um dich Sorgen machen müsste.

Aber bei dir weiß ich nun, dass du gut beschützt wirst, also hoffe ich einfach, dass du mich stark machst.“
 

Ich bin aber nicht stark...
 

Da hast du dir den Falschen ausgesucht...
 

Ich haderte mit mir, ob ich ihm das so sagen würde und tat es dann doch nicht.

Stattdessen wollte ich versuchen das Gespräch wieder von mir ab und auf ein anderes Thema zu lenken.

„Hmm... ich kenne das zwar vom Hören und Sagen, aber ich wusste nicht, dass der Kult doch so beliebt ist, anderen Leuten irgendwelche Körperteile ab zu säbeln oder es sich gar selbst anzutun...“

äußerte ich meine Gedanken über diese merkwürdige Schlachterei und Reita erklärte es mir fast schon besser, als es mein Geschichtslehrer damals hätte vermitteln können:

„Das Abtrennen von Fingergliedern ist ein uralter Brauch aus der Zeit der Samurai und nennt sich Yubitsume.

Wie du ja weißt, waren die Samurai Schwertkämpfer und wenn sie einen Fehler begannen haben, dann musste ein Fingerglied abgetrennt werden, beginnend mit dem kleinen Finger der linken Hand, um den Fehler wieder gut zu machen.

Ein Schwert oder Ähnliches, liegt aber mit jedem Verlust einer Fingerkuppe immer schlechter in der Hand und wenn alle fehlen, konnte Derjenige sein Schwert buchstäblich an den Nagel hängen.

Aber ein Samurai hatte damals mehr Ehrgefühl, als die ganzen Loser, die sich heute von ihrer Schuld und ihren Sünde reinwaschen wollen.

Wenn ein Samurai richtig Scheiße gebaut hatte, dann hat er sich nicht in irgendeinem finsteren Loch verkrochen und gehofft, dass ihn keiner entdecken würde, bis er sich irgendwo absetzen konnte, sondern er hat sich mit einem Tantou aufgeschlitzt – Seppuku.

Damit war auch die Ehre seiner Familie wieder hergestellt.

Bei mir und den anderen Schattentänzern ist das aber ein klein wenig anders.

Wir machen keine Fehler und wenn doch, dann war es definitiv der erste und letzte.“

Ich schluckte ziemlich beeindruckt und merkte erst jetzt, dass ich vor lauter Spannung auch den zweiten Cocktail ohne Mühe vernichtet hatte.
 

Oh Gott, oh Gott, oh Gott!
 

Ich hoffe, ich muss sowas nie erleben oder selber machen...
 

Das ist ja grauenhaft..!
 

„Kennst du eigentlich noch Andere wie dich, also persönlich?“

hakte ich eingeschüchtert nach und Reita schüttelte den Kopf:

„Wir arbeiten immer allein und wir treffen uns auch nie zu irgendwelchen Kaffeekränzchen, falls du das meinst.

Du bist der Einzige, der das von mir weiß und ich geh das Risiko ein, falls du mich verraten solltest.“

„Ehh... das hab ich nicht vor...“

nuschelte ich kleinlaut und der neben mir Sitzende flüsterte:

„Gut, dann bin ich beruhigt.“

„Und... was ist das für ein Anhänger an deiner Kette da?“

wollte ich von ihm wissen und er nahm besagtes Objekt in die Hand:

„Das ist eine leere Patronenhülse.

Da drinnen ist eine Kapsel und wenn man darauf beißt, tötet ein starkes Nervengift innerhalb von wenigen Minuten.

Wenn ich erwischt werde, ist das meine letzte Rettung, um einer Folter zu entkommen, falls man mich ausfragen wollte.“
 

Das wird immer schauriger...
 

„Und wenn das Gift nicht wirkt?“

krächzte ich kleinlaut und Reita versicherte mir:

„Es wird wirken.

Das ist das tödlichste Zeug, was du derzeit kriegen kannst.

Botulinumtoxin – die Meisten kennen es aber eher als 'Botox'.

Nur ein wenig davon kann die ganze Erde komplett ausrotten, aber sehr stark verdünnt wird’s für Faltenstraffung eingesetzt.“

„Ist das... das gleiche Zeug, wie das, was du deinen Opfern verabreichst?“

hakte ich mit großen Augen nach und der neben mir Sitzende nickte:

„Zum größten Teil ja, aber manchmal bekomme ich auch anderes Gift geliefert.

Du glaubst gar nicht was alles für giftiges Viehzeugs auf unserem Planten herum kreucht und fleucht.

Würfelquallen, Pfeilgiftfrösche, Krustenanemonen, Kugelfische und einmal hatte ich auch Taipoxin, das ist Schlangengift.

Das haut selbst den stärksten Elefanten aus den Latschen.“

„Hehe he... ein Elefant mit Latschen... he he“

murmelte ich und wusste nicht mal warum ich das witzig fand, als Reita bemerkte:

„Ruki.. ich glaube, du bist schon betrunken.“

„Nein, ich bin nur manchmal auch gut drauf, weißt du?“

bestritt ich den Vorwurf vehement und griff zum nächsten bunt-dekorierten Glas.

„Wenn du das sagst“

hörte ich es von ihm, dann wandte er sich wieder dem Gerät an der Wand zu und bestellte ein weiteres Bier.
 

Wie das wohl ist, durch solch ein Gift zu sterben?
 

Wie das wohl ist, jemanden durch solch ein Gift sterben zu sehen...?
 

„Was... würde passieren, wenn du deinen Vater umlegst?“

fragte ich in Gedanken versunken und lauschte der relativ leisen Antwort:

„Nichts...

Was soll auch passieren?

Man müsste mich dabei sehen, um zu wissen, dass ich es war und das würde ich zu verhindern wissen.

Schließlich bin ich dafür ausgebildet worden.

Außerdem müsste ich dann wieder einen Auftraggeber finden, der mir die gleichen hübschen Sümmchen bezahlt wie er.

Das wäre echt stressig.“

Es klang irgendwie alles sehr gleichgültig...

Darum fragte ich Reita nun:

„Vertraut er dir?“

„Nein“

antwortete er und verzog keine Miene dabei, weshalb ich nun noch etwas wissen wollte:

„Du ihm?“

„Nein“

kam es wieder ohne Zögern von ihm und so blickte ich wieder auf die fruchtige Dekoration in meinem Cocktail:

„Dann versteh ich's nicht...“
 

Wie kann man dann zusammenarbeiten?
 

Vielleicht ist mir dieses verworrene Vater-Sohn Ding auch einfach zu hoch...
 

„Ich bin nicht zu Loyalität verpflichtet, genau wie alle Anderen, die wie ich sind.

Man zählt mich allerdings zum Sumiyoshi-kai, weil das der Wunsch meines Vaters war.

Alle seine Kinder, ob ehelich oder nicht, gehören mehr oder weniger zu diesem Clan.

Die Tätowierung hab ich damals mit zwölf Jahren bekommen und seitdem trage ich die Schweißbänder, damit es weniger auffällt“

erklärte Reita und ich hakte weiter nach:

„Und in der Schule oder deinen Kampfsportvereinen ist das nicht aufgefallen?“

„Doch sicher, aber in der Schule will Keiner was gesehen, gehört oder gesagt haben und im Verein geht es nicht darum, wer zu wem gehört, sondern um die hohe Kunst des jeweiligen Kampfsports und wie wir sie im Einklang mit unserem Gewissen nutzen.“
 

Dabei dachte ich immer, ein Gewissen ist eher hinderlich für Auftragskiller...
 

Mittlerweile hatte ich den letzten Drink angefangen und beschloss mir gleich noch mehr zu bestellen, schnappte mir die Karte und versuchte die schon leicht verschwommenen Buchstaben zu entziffern.

Blinzelnd las ich die verdammt schwer auszusprechenden Worte und warf mich förmlich über Reita's Schoß, um an die Sprechanlage zu reichen.

Ich konnte spüren wie er nur sehr selten atmete, als ich so über ihm hing und darauf wartete, dass sich jemand am anderen Ende melden würde.

Anschließend gab ich meine Bestellung durch, rutschte zufrieden auf meinen Platz zurück und fragte ganz unverfänglich:

„Sach ma, hast du eigentlich auch solche Tricks drauf, wie diese Film-Agenten?

Oder wie Jason Statham in 'Transporter'?

Ich liebe Jason in den Transporter-Filmen!“

Ich brabbelte einfach drauf los, ohne mir wirklich einen Kopf darüber zu machen, was da von mir gab und Reita entgegnete mir:

„Nein, ich bin nicht zum Kämpfen da, Ruki...

Ich soll möglichst unauffällig und leichtfüßig Leute beseitigen, da kommt 'ne kräftige Statur nicht so gut.

Außerdem wäre mir das Krafttraining viel zu zeitraubend, da kann man sehr viel schöneres mit der Zeit anfangen.

„Hmm schade...“

murmelte ich, weniger wegen der nicht-vorhandenen Muskelberge, als mehr wegen der lustigen Tricks, die diese Film-Agenten immer aus dem Ärmel schütteln.

Das fand ich schon immer am spannendsten!
 

„Naja.. ein bisschen kann ich schon.

Jemanden mal eben umtreten, wenn er nicht damit rechnet, ist jetzt nicht das Problem, aber mit mehr als zwei Typen gleichzeitig nehm ich es nicht auf.

Mein Vorteil liegt eben in Schnelligkeit, Geschick und Beweglichkeit... und natürlich Treffsicherheit.

Wenn der erste Schlag nicht sitzt, hab ich schlechte Chancen auf einen weiteren Versuch“

sprach Reita und irgendwie machten mich die letzten Sätze an, sodass ich mich blöderweise zu ihm lehnte und fragte:

„Soso... wie schnell, geschickt und beweglich bist du denn..?“

„Du wärst überrascht, glaub mir“

säuselte der Gefragte und ich spürte wie mein Kopf heiß wurde, als ich hauche:

„Beweise...“
 

Oh Gott, hab ich das jetzt wirklich gesagt?
 

Zum Glück brachte man uns nun die Getränke und ich konnte einen Moment durchatmen.

Nachdem die Kellnerin wieder weg war, suchte ich krampfhaft nach irgendeinem Gesprächsthema und haute so ziemlich das Bescheuertste raus, was sich auf die Schnelle finden ließ:

„Warst du schon mal.. verliebt?“

„Ich denke schon... ein oder zwei mal vielleicht... so'n bisschen“

antwortete er mir, während ich mich innerlich schon für die nächste Frage ohrfeigte, die mir raus rutschte:

„Und, was geworden?“

„Nein...“

kam es kopfschüttelnd von Reita und er schaute mich an, als ich fragte:

„Wieso nicht?“

Der neben mir Sitzende schwieg einen Moment, in welchem er mich noch immer so merkwürdig ansah und dann seinen Blick auf den Boden richtete, bevor er nuschelte:

„Sie standen wohl nicht so auf mich...“

„Kann ich verstehen“

gab ich mit hochgezogenen Augenbrauen von mir und meinem Nebenmann schienen ganz leicht die Gesichtszüge zu entgleisen:

„Hey, wieso das denn?“

„Naja, du bist ja auch 'n komischer Vogel, das musste schon zu geben!“

kam es von mir und Reita konterte entsetzt:

„Du wohl nicht oder wie?“

„Niemals!“

bekräftigte ich und verschränkte unnachgiebig die Arme.
 

Als ob ich seltsam wäre...
 

Pöhh!
 

Der Spinner ist ja wohl viel seltsamer als ich!
 

„Süß“

vernahm ich es neben mir und weil ich damit nicht gerechnet hatte, entkam mir nur ein verwirrtes:

„Hö?“

„Wenn du dich aufregst“

ergänzte er und ich brummte:

„Spinner...“

„Wir sind wohl Beide komische Vögel...“

hörte ich Reita noch sagen, doch brachte ich dem nichts weiter entgegen und widmete mich lieber wieder meinem süffigen Getränk, welches ich auch ziemlich schnell leerte.

Zwar merkte ich an der Stelle schon selbst, dass der Alkohol im Blut seine Wirkung zeigte, doch dass hielt mich nicht davon ab, von der Sitzbank zu springen und zur Musik zu tanzen.

Ob ich mich nun mit meinem Rumgehampel blamieren würde oder nicht, hier war ja keiner außer uns Beiden und der Blödmann da, kennt sich schließlich damit aus, sich und Andere zu blamieren.

Jener schüttelte lächelnd den Kopf und rief mir zu:

„Du bist echt ein Knaller!“

Ich streckte ihm frech die Zunge raus und hüpfte weiter in der kleinen Loge herum.

„Gift-Kröte!“

vernahm ich es von Reita, woraufhin ich mich mit dem Rücken zu ihm wandte und demonstrativ mit dem Hintern wackelte – als Zeichen, dass er mich mal an selbigem lecken dürfe.
 

Nachdem ich mich bei dem Lied Hüfte-schwingend verausgabt hatte, ließ ich mich wieder neben meiner Begleitung fallen und stellte fest, dass mein Cocktail-Nachschub schon wieder zur Neige ging und so warf ich mich ein weiteres Mal über Reita's Schoß und hing an der Sprechanlage für eine nächste Bestellung.

Nur leider hatte ich die Getränkekarte erst dann aufgeklappt, als ich schon da lag und jemanden an der Strippe hatte.

Dummerweise konnte ich nun gar keine Buchstaben mehr vernünftig lesen und eierte irgendwie verloren herum:

„Ich glaube.... ich nehm... den da.... nein, dasda!“

Mit einem Mal spürte ich eine fremde Hand an meinem Hintern.

Mir fiel vor Schreck gar nichts mehr ein und so lautete meine Bestellung:

„Ach... überraschen sie mich einfach...“

Anschließend legte ich sofort auf und wollte eiligst von Reita's Schoß hinunter rutschen, als dieser sagte:

„Du hast vergessen die Logen-Nummer anzugeben.“
 

Die war mir gerade verdammt egal, denn mein Puls hatte sich bei der letzten Berührung so sehr beschleunigt, dass mir schlagartig verdammt warm war und ich nun total überfordert fiepte:

„Denkste, nur weil ich 'ne Nutte bin, lass ich mich bei jeder Gelegenheit besteigen?“

„Nein, dass ist es wirklich nicht... ich kann dir nur einfach nicht widerstehen“

sprach er gedämpft, während ich Mühe hatte auf meinen Beinen stehen zu bleiben.

Nicht nur, dass sowieso schon alles schwankte, jetzt fühlten sich meine Knie auch noch wie Pudding an.

Dennoch ließ ich es mir nicht nehmen, noch etwas dazu zu sagen:

„Auch wenn man's jemandem in meiner Position nich zutraut... aber ich möchte mir eigentlich noch ein wenig Restwürde bewahren un nich nur als leblose Hülle geseh'n werden...

Nich von dir...“

Beim letzten Satz wusste ich nicht, ob Reita ihn noch verstanden hatte so leise wie ich sprach.

Und warum der mir rausgerutscht war, konnte ich mir ebenfalls nicht erklären.
 

Am Tisch gestützt blieb ich stehen und versuchte das Gleichgewicht zu halten.
 

Seufzend beugte sich Reita vor und streckte die Hand nach mir aus:

„Na komm schon, Dancing-Queen... setz dich besser wieder hin, eh du umkippst.“

Ich schlug die Hand von mir weg und nuschelte:

„Ich komme bestens alleine klar...!“

Dabei trat ich einen Schritt nach vorn und stolperte über meinen eigenen Fuß, landete natürlich in den Armen des vor mir Sitzenden und wäre am liebsten im Boden versunken, nach dem Auftritt.

Ich rappelte mich schwerfällig auf und krabbelte neben ihm auf die Bank zurück, atmete tief durch.

Dann nahm ich das leere Cocktailglas in die Hand und nuckelte erfolglos am Strohalm, als es mir wieder einfiel:

„Ach ja... leer...“

Ein erneuter Versuch von mir, an die Sprechanlage zu gelangen, wurde von Reita unterbunden, welcher mich festhielt und bestimmend sagte:

„Ich bestell dir nur noch Wasser, Alkohol gibt’s heut nicht mehr!“

Daraufhin sah ich ihm möglichst drohend in die Augen, griff anschließend demonstrativ an sein Bier und trank es aus, eh er es hätte verhindern können.
 

Reita wich meinem kampflustigen Blick aus und seufzte schwer, bevor er sprach:

„Ruki... warum machst du das?“

„Weil ich's kann!“

konterte ich prompt, denn solch eine Frage ließ schon fast keine andere Antwort zu.

Doch statt irgendwie böse auf mich zu sein, kraulten seine Finger mich nun im Nacken und ich genoss es sogar einen kurzen Augenblick, bevor ich meinen Kopf gegen seine Schulter kippen und ihn mit angeschlagener Stimme wissen ließ:

„Wenn du mich willst, dann zahl für mich un ich mach die Beine breit.

Musst nur mit Hishinuma 'nen Termin ausmachen un ich gehör dir....“

Irgendwie tat es weh, das zu sagen und ich fragte mich, wie es sich wohl in Reita's Ohren anhören musste.
 

„Ich werde nicht dafür zahlen, um mit dir schlafen zu können...“

vernahm ich es einen Augenblick später ganz nah an meinem Ohr und der kleine zarte Kuss auf meiner Ohrmuschel tat so unglaublich gut, dass ich mich nur mit aller Gewalt zu wehren wusste und mit brüchiger Stimme hauchte:

„Entweder du bezahlst für mich... und fickst mich... oder du kannst mich mal am Arsch lecken...“

Für wen von uns Beiden die Worte härter waren, konnte ich nicht sagen, aber mir kullerte in diesem Moment eine Träne über die Wange, weil ich es innerlich lieber gar nicht gesagt haben wollte.
 

Zu einer anderen Zeit, ein anderer Ort... ein anderes Leben... wäre die Situation vielleicht um einiges leichter als jetzt...
 

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Ja, so schnell kann die Stimmung kippen.

Vor allem im Suff.

Ist leider nun mal ein schwieriges, kompliziertes und trauriges Thema, an dem Beide sehr zu knabbern haben.

Diesmal auch einiges an Theorie bzw. Frage/Antwort-Spielchen dabei und ich hoffe, ich hab euch nicht zu sehr gelangweilt.

Übrigens: Die Sache mit den Transporter-Filmen hatte ich aufgegriffen, weil Ruki vor einiger Zeit mal im Twitter fragte, was er sich für denn so für Filme reinziehen könnte und da sprach er wohl davon, wie gut er Transporter fand – Angaben ohne Gewähr.

Jaaa also, eigentlich wollte nur ein paar lose Bilder von Reita's Wohnung reinwerfen, aber es ist dann doch zu 'nem Video ausgeartet:

http://streamcloud.eu/tl0qw8myntbr/Wohnung-Reita-Video.mp4.html

Viel Spaß beim Gucken!

Der Song ist diesmal nicht von the GazettE und ich hab ewig an der Soundspur gebastelt, hoffe euch gefällt's!

Ach und... den Namen des lila Autos von Reita spricht man englisch aus ;)

Und was wohl beim nächsten Mal passiert?

Ich sag nur soviel: Ruki ist leider zu betrunken und zu deprimiert, dass er nicht daran denkt, dass er eigentlich niemanden mit Nachhause nehmen wollte (außer Sayuri eben).

Fehler und ausstehende Re-Kommi's werden noch beantwortet und ich freu mich wie immer ganz doll über Feedback <3

Ein haarsträubender Gast

Reita sagte eine gefühlte Ewigkeit kein einziges Wort, dennoch spürte ich seine Hand an meinem Rücken ruhen, bis er diese wegzog und anschließend noch immer schweigend hinaus ging, aus unserer Loge.

Plötzlich fühlte ich mich ganz furchtbar einsam.

Einsam und verdammt mies.

Ich starrte zum Türbogen hinüber, hinter dessen dickem Vorhang ich hoffte, meine Begleitung gleich wieder zu sehen, doch es dauerte irgendwie viel zu lange, bis er wieder da war und vorschlug:

„Komm... ich bring dich nach Hause...“

Ich fühlte mich so unsagbar beschissen in dem Moment, dass ich mich einfach an meinen Mantel klammerte und mich von ihm ebenfalls wortlos aus der Loge führen ließ.

Behutsam legte er meinen Arm über seine Schulter und brachte mich hinaus in den Eingangsbereich, holte seine Jacke und flüsterte:

„Zieh deinen Mantel an, draußen ist es kalt.“

Ich tat was er sagte und krächzte mit belegter Stimme:

„Un meine Rechnung... für die Cocktails...?“

„Hab ich schon erledigt...

So etwas bezahle ich gerne für dich, Ruki...“

sprach er mit merklich bitterem Unterton und lief mit mir durch die nächtlichen nassen Straßen, zurück zum Parkhaus.
 

Mit ein wenig frischer Luft ging es mir bald etwas besser, zumindest körperlich.

Geistig war ich eher damit beschäftigt, meine Worte zu verfluchen, die ich Reita an den Kopf geknallt hatte.

Nicht, dass ich bereute es gesagt zu haben, eher 'wie' ich es gesagt hatte...

Seine Bedenken kann man durchaus milder formulieren...

Aber was soll ich sagen?

Der Typ hatte mich eben wieder mal an die Grenzen getrieben und da seh ich nun mal rot.
 

„Willst du lieber alleine laufen oder ist es dir recht, wenn ich dich noch bis zum Aufzug stütze?“

kam es nun sehr sachlich von meiner menschlichen Krücke und auch aus nicht ganz uneigennützigen Gründen murmelte ich:

„Schon Ok... danke...“

Reita sagte nichts darauf, sondern manövrierte meine schwankende Gestalt zum Parkplatzgebäude, verfrachtete mich in den Fahrstuhl und fixierte mich förmlich in einer Ecke.

Er drückte einen der Knöpfe, doch nichts rührte sich.

Abermals probierte er es und wieder geschah nichts.

Nun hämmerte meine Begleitung leise fluchend alle Knöpfe durch, bis sich der Lift schloss und endlich in Bewegung setzte.

Ich hörte das tiefe Ein- und Ausatmen des vor mir Stehenden, welcher mit dem Rücken zu mir direkt vor der Tür verweilte.

Dann geschah es.

Der gottverdammte Aufzug ruckelte beängstigend stark und blieb dann einfach stehen.
 

„Oh nein!“

fiepte ich und geriet unweigerlich in Panik.

Ich klammerte mich am eisernen Griff fest und vernahm wie Reita erneut auf die Knöpfe eindrosch, sich anschließend mit unheilvollem Blick zu mir drehte und ich zu hyperventilieren begann:

„Oh Gott, oh Gott... oh Gooott!

Wir stecken... fest ... und wir werden... sterben...!“

Einen winzigen Augenblick später kam mein Kaffee-Kerl auf mich zu und ich fuchtelte mit einem Arm:

„Geh weg!

Ich... bekomme... Platzangst..!“

Hechelnd sah ich mich im nun viel zu engen Objekt nach einem Ausweg um und vernahm nebenher wie Reita mit mir sprach:

„Ruki, hör mir bitte zu!

Es ist alles gut, hier wird niemand sterben, Ok?“

„Wir stecken fest, man!“

entwich es mir ungehalten, doch mein Mitgefangener schien die Ruhe selbst:

„Ruki, ich will dir nur helfen, also bitte... setzt dich auf den Boden und schließ die Augen!“

„Ich kann nicht!

Die Luft... ich ersticke!“

hechelte ich angsterfüllt und bekam langsam einen Krampf in den den Händen, welche sich nun beide an dem Griff an der Seite festkrallten.

„Doch, du kannst, vertrau mir“

sprach Reita mit ruhiger Stimme weiter und setzte auch in leisem Ton fort:

„Setzt dich auf den Boden und konzentrier dich auf das, was ich sage.“
 

Wenn ich bis eben noch ziemlich besoffen war, jetzt fühlte ich mich umso nüchterner!
 

Durch mein schnelles geräuschvolles Atmen verstand ich kaum noch, was Reita mir mitzuteilen versuchte und dies zwang mich förmlich selbst das Atmen und den dadurch entstanden Lärmpegel zu reduzieren.

Es fiel mir schwer mich zusammenzureißen, auch weil ich mich in seiner Nähe sowieso nur schlecht beherrschen kann.

„Schön hinsetzen und die Augen schließen“

wiederholte der völlig gelassene Kaffee-Spender vor mir und so ließ ich vom Griff an der Seite des Lifts los, ballte die Hände zu Fäusten und ließ mich langsam zu Boden sinken.

Meine Atmung hatte sich nur mäßig beruhigt und zu allem Übel hörte ich auch noch meinen eigenen Puls in den Ohren hämmern, als wolle er mich anspornen, komplett die Nerven zu verlieren.

„Mach die Augen zu und denk an irgendeinen Ort, an dem du jetzt am liebsten wärst“

vernahm ich wieder den beruhigenden Klang von Reita's Stimme und warf einen letzten skeptischen und zugleich hoffenden Blick auf ihn, eh ich angespannt die Lider schloss.

Krampfhaft versuchte ich mich auf irgendeine Umgebung zu konzentrieren, die mir weitaus behaglicher wäre, als hier zu sein.
 

Eine Weile fiel kein Wort und mein Atem wurde noch ein wenig ruhiger.

„Und, wo bist du?“

wollte Reita nun wissen, was denn nun so meine Vorstellungen vom Paradies wären, doch ich musste ihn leider enttäuschen:

„Immer noch im Aufzug.... der auch noch immer klemmt...“

„Komm schon, Ruki... konzentrier dich auf einen schönen Strand oder so“

kam es von dem mir gegenüber Stehenden und ich öffnete misstrauisch ein Auge:

„Ich bin am Strand schon mal in einen Seeigel getreten... war nicht schön...“

„Na gut, dann stell dir eben einen tropischen Garten oder Regenwald vor“

probierte es mein eifriger Kaffee-Kerl erneut, nachdem ich wieder beide Augenlider geschlossen hatte und auch dazu fiel mir nichts Positives ein:

„Stechmücken, Malaria, noch wildere Affen als in der Fußgängerzone...“

„Ok, ich hab's kapiert... damit kann man dich offenbar nicht reizen.

Aber vielleicht sagen dir einsame Bergidylle eher zu?“

hakte Reita weiter nach und lieferte mir tatsächlich einen brauchbaren Gedanken.
 

Abermals herrschte einen Moment Stille, bis meine fast vergessene Begleitung diese durchbrach:

„Wo immer du jetzt bist, du siehst glücklich aus.“

„Ich wollte schon immer mal zum Fuji...“

flüsterte ich nun viel entspannter und hörte nur am Rande weiter zu, als er sagte:

„Ruki, ich komme jetzt ganz langsam zu dir.“

Demzufolge reagierte ich auch nicht groß auf diese Aussage und war erstaunt wie wenig ich mich erschrak, als ich berührt wurde.

Ganz vorsichtig setzte sich Reita zu mir und hauchte:

„Lehne dich zu mir, da hast du es wärmer.“

Ganz in meine Fuji-Welt versunken, ließ ich mich von ihm an seine Schulter ziehen und wehrte mich auch nicht als ich in seine Arme rutschte.

Kurz bevor ich wegdöste, vernahm ich noch einmal Reita's leise Stimme:

„War wohl ein anstrengender Tag für dich, mhm... meine kleine Giftkröte...?“

Irgendwann danach musste ich eingeschlafen sein und dies kam wohl einem Winterschlaf gleich, denn ich wachte erst wieder auf, als ich mich im lila Rennauto auf dem Beifahrersitz wieder fand und mit der Wange an der Scheibe klebte, was von außen sicherlich verdammt unästhetisch ausgesehen haben musste.

Peinlich berührt wischte ich den Sabber vom Mundwinkel und räusperte mich:

„Oh... wir sind ja schon Zuhause...“

Zugegebenermaßen war ich doch irgendwie etwas schockiert über eben jene Tatsache, als ich Eddy's Imbisswagen im Schein der Laterne stehen sah.
 

Scheiße...
 

Wieso nur bin ich unschlagbar darin mich daneben zu benehmen?
 

Ich hab kein bisschen davon mitbekommen, wie ich aus dem Fahrstuhl, ins Auto und dann hier her gelangt bin.

Oder ich hatte einen Filmriss.

Was immer es war, nun standen wir hier auf dem Parkplatz und mir war alles andere als gut.

In meinem Kopf drehte sich und wummerte vergleichsweise wenig, aber schwindelig war mir dafür umso mehr.

Nüchtern war ich definitiv noch nicht...

Ich öffnete die Wagentür und schon entwich mir ein Fluch:

„Fuck... sag mal... warum muss es eigentlich immer regnen, wenn wir uns treffen?

Ist das ein Omen?“

„Naja... es ist Herbst-Ende, ich schätze das ist einfach normal um diese Jahreszeit.

Kein Grund gleich die Tarotkarten auszugraben“

entgegnete Reita mir und als ich ihm dafür einen Spruch an den Kopf werfen wollte, merkte ich, wie trocken und kratzig sich mein Hals anfühlte.

Doch Gott sei Dank fand ich eine Flasche Saft in einer Halterung im Fußraum der Beifahrerseite, griff danach und trank in großen Schlücken, bis mir mein Nebenmann förmlich die Flasche aus den Händen riss:

„Nicht!“

Dann war es passiert.

Der merkwürdig schmeckende Orangensaft verteilte sich über den Kaffee-Kerl und ich blickte diesen mit großen Augen an.
 

Wie Koron, wenn er merkt, dass er Mist gebaut hat.
 

Der Apfel fällt halt nicht weit vom Birnenbaum...
 

„Na toll...“

kommentierte Reita seine mit Saft beschüttete Kleidung, die nicht nur die offene Jacke, sondern auch das Oberteil darunter mit einschloss und sich die Flüssigkeit nun den Weg zur Hose bahnte.

„Wollte ich nich...“

murmelte ich betreten, während der neben mir Sitzende hektisch nach etwas zu suchen schien, womit man mein Missgeschick abwischen könnte.

Auch wenn ich mir meiner Verfehlung bewusst war, so konnte ich es nicht unterlassen, noch ein wenig zu sticheln:

„Hat eh komisch geschmeckt, ich glaub der war nich mehr gut...“

„Da war ja auch Schnaps drin...“

brummte Reita und wischte mit einem Papiertaschentuch vergeblich über seine Klamotten:

„Scheiße...“
 

Schuldbewusst, und offensichtlich nicht bei klarem Verstand, bot ich ihm an:

„Kannst dich ja frisch machen, wenn'de willst...“

„Etwa bei dir?“

hakte der Typ nach und ich grummelte:

„Bei wem sonst...?

Eddy macht erst in ein paar Stunden auf...“

„Giftkröte...!“

zischte es von der Seite und ich zog die Augenbrauen hoch:

„Ich kann meine Meinung sehr schnell ändern, weißt du?“

Reita hielt brav die Klappe und so stieg ich mit Elan aus dem Wagen, doch der Schock war wohl zu groß, vom gemütlichen Sitzen plötzlich im kalten Regen zu stehen, der auch nicht weniger werden wollte – ganz im Gegenteil...

„Oh fuck, ist mir schummrig...“
 

„Warte, ich helf dir“

rief mir meine Begleitung zu und stieg ebenfalls aus, umrundete das Fahrzeug und legte sich ohne Vorwarnung abermals meinen Arm über die Schulter.

„Du tust ja so, als würde ich gleich zusammenbrechen...“

moserte ich relativ leise, doch Reita ließ sich davon kaum beeindrucken:

„Erstens, du meckerst zu viel und zweitens, mir ist es lieber, dass ich hierbei übertreibe, als das du es in deinem Zustand tust.“
 

In meinem Zustand...
 

Als wäre ich kurz vorm Abnippeln...
 

Diesmal gab ich nach und ließ den Kaffee-Spender mit dieser Bemerkung durchkommen, denn irgendwie war es mir auch viel zu wirr im Kopf, als dass ich ein passendes Kontra hätte geben können.

Und ein klitzekleines bisschen hatte ich auch ein schlechtes Gewissen, weil ich scheinbar wirklich ab und zu ziemlich giftig zu ihm bin, obwohl er sich doch irgendwie Mühe gibt.

Aber andererseits kennt er sich doch mit Giften aus...!
 

Gemeinsam eierten wir etwas unkoordiniert zu mir nach Hause und kommunizierten dabei eher dürftig miteinander.

Je länger wir unterwegs waren, desto mehr schien mir die Kontrolle über meinen eigenen Körper zu entgleiten.

Meine Beine fühlten sich irgendwie gummiartig an, aber ob das nur an meinem regen Cocktail-Konsum zuvor lag oder womöglich noch eine andere Kleinigkeit eine Rolle spielte, vermochte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu sagen.

Eines ist jedenfalls sicher, und zwar dass ich irgendwie total verunsichert war.

Zum einen konnte ich mich nicht entsinnen, dass ich schon mal so blau war - eine Nuance dunkler als dunkelblau und ich würde vermutlich schwarz vor Augen sehen.

Ich spürte mein Herz rasen und meinen Hals brennen, meine Beine knickten immer wieder weg und so wirklich wusste ich nicht, wie ich es dennoch schaffte den Weg zu finden.

Vielleicht muss ich auch zugeben, dass... ich ohne Reita an meiner Seite vermutlich irgendwo am Straßenrand schlapp gemacht hätte...
 

An einer Laterne hielt ich mich fest und versuchte alleine auf meinen Beinen stehen zu bleiben, wackelig beugte ich meinen Oberkörper runter und versuchte mich zu übergeben, doch irgendwie klappte auch das nicht so wie ich wollte.

„Geht's?“

sprach mich Reita an und ich schüttelte nur mit dem Kopf, während ich so an der Straßenbeleuchtung hing und überlegte ob ich mir den Finger in den Hals stecken sollte, wie all die essgestörten Models, doch meine Begleitung hielt mir plötzlich ein kleines Fläschchen hin und so brummte ich:

„Was'n das...?“

„Schnupper mal“

wies er mich an und so griff ich unbeholfen an sein Handgelenk und roch nicht gerade zurückhaltend an dem Ding.

Zum Glück hatte Reita es noch festgehalten, denn ich musste mich instant übergeben und das nicht zu knapp.

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis ich mich im wahrsten Sinne des Wortes ausgekotzt hatte und völlig geschafft krächzte:

„Was zur Hölle ist das?!“

„Ein synthetischer Geruchsstoff, der dem einer verwesenden Leiche nachahmt.

Das Zeug hat bisher noch Jeden dazu gebracht sich zu übergeben“

erklärte der Kaffee-Kerl und schraubte das müffelnde Fläschchen wieder zu, verstaute es in seiner Brieftasche und reichte mir ein weiteres Papiertaschentuch:

„Besser?“

Ich nickte, nahm das Tuch entgegen und wischte mir den Mund damit ab, bewegte mich anschließend von der Laterne weg und schon wurde meine labile Gestalt erneut gestützt.
 

Wozu der sowas Grässliches mit sich rumschleppt?
 

Oder trägt der jedes Wochenende 'ne Schnapsleiche heim, der er mit Leichenduft neues Leben einhaucht?
 

„Da vorne, das Haus an der Ecke...“

ließ ich ihn wissen und mich eben dahin über den Bürgersteig schleifen.

Mal wieder wurde ich an die Hauswand des Gebäudes gestellt, in dem sich mein Domizil befindet und bekam nun die Frage aller Fragen in solch einer Situation zu hören:

„Wo ist dein Schlüssel?“

Verpeilt starrte ich mein Gegenüber an und zuckte ahnungslos mit den Schultern.

„In irgendeiner Tasche?“

hakte Reita nach und begann mich abzutasten.

„Lass das...!“

fauchte ich halbherzig und der Angesprochene brummte:

„Wenn du nicht weißt, wo du deinen Krempel bunkerst, dann muss ich eben ein wenig Bulle spielen und dich durchsuchen.“

„Wehe, deine Hände landen da, wo ich bestimmt keine Schlüssel verstecken würde!“

drohte ich und löste bei ihm nur ein seichtes Grinsen aus.

In einer kleinen Tasche, relativ weit vorn an der Hose und gefährlich na an den Kronjuwelen, fand Reita das gesuchte Objekt und hielt es mir vor die Nase.
 

Ich spielte kurzzeitig mit dem Gedanken ihm das Ding aus der Hand zu reißen und die Nervensäge nach Hause zu schicken, doch würde ich ewig nicht das Schlüsselloch treffen und dann wäre da noch die kniffelige Kombination von Tür-aufschließen und Tür-heranziehen.

Und dann unfallfrei in den Aufzug und die letzte Wendeltreppe hinauf in meine Dachgeschosswohnung.

Wenn ich mir da die Gräten breche, dann ist Hishinuma sicherlich ein klein wenig angepisst.

Und bisher hat sich der Meuchler ja auch in Sachen Leben-retten ganz gut bewährt, obwohl er ja hauptberuflich eher Leben nimmt...
 

Im Hausflur angekommen verfrachtete Reita mich in den nächsten Lift.

Angesichts unseres kleinen Erlebnisses vorhin, wäre ich lieber die Treppe hoch gegangen, aber vermutlich war dieses Ding hier sicherer für mein Leben, als gefährlich schwankende Stufen.

„Wie weit müssen wir hoch?“

wollte Reita von mir wissen und ich dämpfte seinen Enthusiasmus sichtlich, als ich ihm antwortete und dabei noch immer ziemlich lallte:

„Ganz hoch... un dann noch die Wendeltreppe...“

„Kriegen wir schon hin“

versicherte er mir und so nahmen wir die nächste Etappe in Angriff.

Die Wendeltreppe stellte sich als das schwierigstes Stück dar, denn sie war verdammt eng und ich hatte das Gefühl, dass mein Helfer nicht so recht wusste, ob er mir so nah sein durfte, wie er musste, wenn er mich heil hierauf kriegen wollte.

Ich ertrug tapfer diese nicht zu umgehende Intimität.

Nicht, weil ich es in irgendeiner Form abstoßend fand, sondern eher weil mir dieser Typ unzählige kleine Herzkasper bescherte, welche wohl jeden Kardiologen in Alarmbereitschaft versetzen würde.

Es war jedenfalls alles nicht gerade einfach einzuordnen – gefühlsmäßig.
 

„Wir sin da...“

nuschelte ich und ließ mich ein weiteres Mal an die Wand stellen, bevor Reita meine Wohnungstür zu öffnen begann und mich anschließend in mein Apartment zu bugsierte.

„Wow, schick hast du's hier“

merkte mein persönlicher Eskort-Service an, als er sich umsah, um ein geeignetes Plätzchen zu finden, an welchem er mich ablegen konnte.

Geschafft plumpste ich auf meine Liege im Wohnzimmer und stöhnte abgekämpft.

Ich schloss die Augen, um einen Moment entspannen zu können, doch leider drehte sich dann alles nur noch mehr und ich hatte keinen Punkt mehr, den ich fixieren konnte.

„Oh fuck...!“

fluchte ich leise und legte meinen Unterarm auf meine Stirn, in der Hoffnung er wäre ein wenig kühler.

Dabei merkte ich, dass ich meinen Mantel noch an hatte und so schälte ich mich umständlich aus diesem hinaus.

„Bisschen kitschig, so mit dem ganzen Fellzeug, aber sonst... ziemlich edle Bude“

gab Reita von sich und warf einen Blick durch die Balkontür nach draußen, eh er schnurstracks zum Kühlschrank ging und eine Flasche Wasser raus nahm, damit zu mir hinüber kam und sie mir wortlos reichte.

„Danke...“

murmelte ich, als mir zum ersten mal so richtig bewusst zu werden schien, dass Reita – mein Stalker! – sich in meiner Wohnung befand.
 

Ich dämlicher.... Idiot....!
 

„Ähm ja... du hast gesagt, ich darf mich bei dir frisch machen?“

sprach mich der nun vor mir Stehende an und ich brummte leise:

„Hab ich das?“

„Japp, sagtest du, weil Eddy erst später auf macht und ich finde, ich hab es mir redlich verdient.

Also, wo ist dein Badezimmer?“

wollte er von mir wissen und ich seufzte schwer:

„Da, durch den Türbogen, gleich die Tür links...“

„Verbindlichsten Dank“

witzelte er und trat in mein Schlafzimmer, durch welches man gehen musste, wenn man ins Badezimmer wollte.

Ich sah dem Kaffee-Spender hinterher und stöhnte genervt aber leise, lehnte mich auf meiner Liege zurück und versuchte so gut es ging zu entspannen.

Doch meine Entspannung wich sehr abrupt einer enormen Spannung, als Reita oben-ohne im Türbogen stand und sprach:

„Wo hast du deine Handtücher?“

Hastig erhob ich mich mit weit aufgerissen Augen und stammelte:

„Du... du willst duschen?“

„Na klar, du hast mich doch... voll gespritzt“

konterte er mit frechem Grinsen und Betonung auf 'voll gespritzt'.
 

Das hat mir gerade noch gefehlt!
 

Ich dachte, der will nur'n bisschen... drüber putzen... oder so...
 

Scheiße...
 

Zögerlich setzte ich mich in Bewegung, um ins Bad zu gelangen, aber dieser Penner machte keine Anstalten sich aus dem Türbogen zu entfernen, sodass ich verdammt dicht an seinem entblößten Oberkörper entlang musste und mich dabei so weit weg wie möglich von ihm vorbei drängte.

Eiligst kramte ich ein Handtuch hervor und hielt es der Grinsebacke hin, blieb dabei mit gesenktem Kopf stehen und vernahm unfreiwillig wie Reita sich provokant langsam den Hosenstall öffnete.

Räuspernd drückte ich ihm das Tuch in die Hand, ergriff gleich darauf die Flucht und hörte den Depp auch noch schmunzeln, als dieser sich ins Bad zurück begab.

Ohne die Tür zu schließen!
 

Dieser blöde Wichser..!
 

Gerade hatte ich mich wieder auf meiner Liege niedergelassen und zur Wasserflasche gegriffen, als ich das Wasser nebenan rauschen und wenig später meinen Gast rufen hörte:

„Dein Duschgel ist alle!“

„Gott, verdammte Scheiße...“

fluchte ich vor mich hin und rappelte mich erneut unwillig auf und schon vernahm ich Reita abermals aus dem Bad brüllen:

„Kannst du mir ein Neues bringen?“

„Ja...“

knurrte ich genervt, doch besann ich mich sekundenschnell darauf zurück, dass dieser Typ nackig in meiner Wanne stand.

„Nein!“

schrie ich also sogleich hinter her und von drüben drang ein verwirrtes:

„Was denn nun?“

zu mir und ich wusste auf die Schnelle nichts besseres als:

„Ich weiß nich so recht...“

„Warum, was muss ich denn machen, damit du mir was bringst?“

kam es abermals von Reita und somit hatte er auch mich verwirrt:

„Ähm nichts...?“

„Nichts?

Das heißt, du bringst mir was?“

hakte er nach und ich grummelte:

„Ehh... wenn's sein muss...“

„Nein, ich kann auch selber suchen gehen, aber ich bin gerade... ziemlich nass, weißt du...“

teilte er mir unverblümt mit und ich wusste, dass ich es nicht soweit kommen lassen durfte, dass dieser Kerl hier frei rumläuft!

So nackig..

Und so feucht...
 

„Nein, bloß nicht!

Ich meine... ich... hole ja schon...“

verhaspelte ich mich mal wieder und flitze panisch zum Badezimmer, bis mir mit Schrecken bewusst wurde, dass der Penner auch da drinnen nackig und feucht sein würde, als er mit der Vorderseite zu mir in der Badewanne stand, das Wasser abstellte und sagte:

„Warum nicht gleich so?“

Überrumpelt hielt ich mir die Augen zu und ging zu meinen Schränken hinüber, holte ein neues Duschbad hervor und zwang mich mit geschlossenen Augen zurück zu Reita zu gehen, ihm das Gel hinzuhalten und beschloss möglichst schnell wieder zu verduften.

Seine nassen Finger berührte dabei nicht nur unwesentlich meine Hand, was mich dazu brachte das sich dort befindliche Objekt zu vergessen und fallen zu lassen.

„Uhh, der alte Trick mit der fallen gelassenen Seife“

schnurrte er und ich sah bedröppelt auf den Boden der Wanne, wo nun das Duschgel lag.

Noch bevor er dazu übergehen konnte, sich zu bücken, verließ ich fast schon fluchtartig das Bad und stürmte mit meinen Kippen vom Küchentisch auf den Balkon.
 

Wenn mich mein Besoffen-sein nicht erst in diese Lage gebracht hätte, dann würde ich mir spätestens jetzt irgendwas Alkoholisches einpfeifen!
 

Am liebsten meinen guten alten Amaretto mit Kirschsaft.
 

Mhmjamm!
 

Doch das löst das Problem in meinem Bad auch nicht...
 

Verdammt... der Typ macht mich extrem nervös...!
 

Sogar so nervös, dass ich meine Zigarette nicht mal mehr angezündet bekam und mir beinahe das Feuerzeug aus der Hand geglitten wäre.

Innerlich immer weiter fluchend, versuchte ich meine regelrecht zerfledderten Nerven zu sortieren und atmete tief durch.

Mehrmals.

Gaaanz tief... ein... und aus...
 

Als mit einem mal das Wasser abgestellt wurde, war es vorbei mit meiner versuchsweise meditativen Phase und meine sich im Ansatz aufbauende innere Ruhe war dahin.

Mit wummerndem Herzen wartete ich ab, was nun passieren würde.

Ob Reita aus dem Bad kommt und mich sucht?

Meine mit Mühe und Not entzündete Kippe hatte ganz schön zu leiden, denn so oft wie ich an ihr zog, glühte sie schon regelrecht im Inneren und auch der Qualm in meinen Lungen brannte verdammt heiß.

Oder brannte da womöglich noch etwas anderes in mir?

Neugierde?

Angst?
 

Ich konnte vom Balkon aus sehen wie das Licht im Bad ausgeschaltet wurde und Reita durch den Türbogen ins Wohnzimmer trat, sich dabei durch das nasse Haar fuhr und sich suchend umsah.

Er brauchte nicht lange, um mich hier draußen mitzubekommen und ging auf mich zu, blieb ganz dicht vor der Scheibe der herangezogenen Balkontür stehen und rief zu mir hinaus:

„Du solltest nicht solange in der Kälte bleiben, sonst holst du dir noch was weg!“

Kurz musste ich husten, da ich vergessen hatte den Rauch aus meinen Lungen zu entlassen und diese nun nach Sauerstoff verlangten.

Doch eh Reita auch nur einen Fuß zu mir nach draußen setzen konnte, winkte ich entschlossen ab, damit er mir ja nicht näher kommen würde.

Er verstand und setzte sich in Bewegung zurück in meinen Wohnraum.
 

Langsam wurde es wirklich kalt und ob ich wollte oder nicht, ich musste mich dem wohl stellen, was dort drinnen auf mich lauerte.

Gemächlich drückte ich meine Zigarette aus, um wenigstens noch ein paar Bedenksekunden dadurch zu ergattern, doch kein Weg führte daran vorbei – außer der über das Balkongeländer.

Aber soweit wollte ich dann doch nicht gehen.
 

Auf in den Kampf, Torero!
 

Mutig schritt ich voran, verrammelte die gläserne Tür hinter mir und lugte vorsichtig um die Ecke meines großen Raum-teilenden Regals.

Dort auf dem Sofa saß der Nackedei und ich wünschte mir, ich hätte ihm einen meiner Bademäntel gegeben, denn das rosa Handtuch mit den Magenta-farbenen Herzchen war doch irgendwie arg knapp bemessen...

Eigentlich war es mal ein weißes Tuch gewesen, aber ich hatte es irgendwann mal mit etwas zusammen gewaschen, was den gleichen Farbton hatte wie die Herzen, darum ist es jetzt rosa, statt weiß.

Doch Reita trug es fast schon mit Stolz um seine Hüfte.

Mittlerweile eifrig am Knabbern, schaufelte er sich immer mehr aus der Schüssel in den Mund und sprach:

„Guf, daff du kommft, ich wollfe dich waff fragem.“

„Ab 200 Gramm wird’s undeutlich...“

brummte ich, obwohl ich diese Sprache mehr als beherrsche und so schluckte mein Gast erst einmal, eh er zur Sache kam:

„Darf ich gleich mal deine Küche benutzen, ich hab da einiges bei dir im Kühlschrank gesehen, womit man ein super Anti-Kater-Drink basteln kann!“

Mehr als nicken konnte ich darauf hin eh nicht, doch vernahm ich noch Reita's letzte Bemerkung, bevor er aufstand, dass Handtuch zurecht zupfte und in die Küche schlenderte:

„Also deine Knabbereien da sind ein wenig trocken.“

„Das ist auch Hundefutter.

Aber das macht nichts, Koron hat die eh nicht so gemocht.

Waren ihm sicher zu öde und vertrocknet, er isst schließlich nicht alles, was man ihm vor die Nase stellt!“
 

Ich geb es zu, ich hab seelenruhig dabei zugesehen, wie der Kaffee-Kerl Koron's verschmähte Leckerli vernichtet hat und irgendwie war es auch sowas wie eine Genugtuung für die Sache mit der Seife und so!
 

Reita allerdings ließ sich so schnell scheinbar nicht aus der Ruhe bringen und so zuckte er gelassen mit den Schultern:

„Oh... schmeckt aber trotzdem!“

Seufzend lag ich einmal mehr auf meiner Liege und beobachtete mit scharfem Auge, was mein Gast in meiner heiligen Küche trieb.

Einige meiner Früchte mussten dran glauben, so wie ich es von hier aus beobachten konnte, aber leider war nicht alles zu sehen, von dem was er da so veranstaltete.

„Sorry, dass ich hier so rumspritze, aber Zuhause bin ich eine automatische Saftpresse gewohnt“

wandte er sich an mich und ich gab nur ein verhaltenes bejahendes Geräusch von mir, als Zeichen, dass ich seine Worte vernommen hatte.
 

Wenn man mal ein paar ruhigere Minuten hat, muss man durchaus feststellen, dass es kaum etwas gibt, was einen schneller nüchtern werden lässt, als ein nackter Reita.

So beschissen wie es mir bis zu diesem Zeitpunkt ging, umso schneller schienen alle Leiden verschwunden zu sein, sobald der Typ Haut gezeigt hatte.

Und es auch immer noch tut...
 

Dem Himmel sei Dank hatte ich meine Kontaktlinsen eingesetzt und konnte somit von hier aus den sehnigen Armen beim Arbeiten zusehen, was fast schon eine beruhigende Wirkung hatte.

Oder wie sie im Einklang mit den Brustmuskeln harmonierten, als sich der Mann mit meiner Saftpresse abmühte.

Bald schon schien sich der Kaffee-Spender einen neuen Spitznamen von mir verdient zu haben: Saft-Mixer!

„Das wird ein lecker spritziger Drink, und ganz ohne Alkohol, extra für Cocktail-Freunde wie dich!“

rief Reita mir zu, kurz bevor er sich zu mir begab und wissen wollte:

„Wo ist eigentlich deine Fußhupe?“

„Falls du Koron meinst, der ist in guten Händen, aber um die Zeit kann ich nicht bei älteren Leuten klingeln und sie aus dem Bett scheuchen.

Muss wenigstens bis morgen, fünf oder sechs Uhr warten“

erklärte ich ihm mit drohend hochgezogener Augenbraue, wegen der Bezeichnung 'Fußhupe'.
 

„Musst du eigentlich so nackt sein, verdammt?“

moserte ich, da ich im Moment nicht wusste worüber ich noch hätte meckern sollen, als Reita sich so halb entblößt über mich beugte, mir den Drink in die Hand drückte und sich anschließend zu mir auf die Liege setzte, als ich mich eben erst aufgerichtet hatte.

„Entschuldige mal, aber du hast mich doch bespritzt und du hast mir auch höchstpersönlich angeboten, dass ich mich frisch machen darf“

konterte der nun neben mir Sitzende und schien gespannt darauf zu warten, was ich zu seinem Saft-Mix sagen würde, doch ich brummte resigniert:

„Ja... ich weiß... aber könntest du dieses Wort wenigstens nicht so oft benutzen und wenn, dann nicht immer so komisch betonen...“

„Welches?“

fragte er scheinheilig und ich knurrte angefressen:

„Du weißt genau was ich meine...“

„Aahh, du meinst sicher 'bespritzt'?“

stichelte der Sack noch weiter und ich fauchte genervt:

„Ja, verdammt und nun lass es stecken...!“

„Also 'stecken lassen' klingt aber auch irgendwie schmutzig, findest du nicht?“

bemerkte mein Nebenmann spitz, dennoch riss ich mich zusammen und sagte nichts dazu.
 

Wundert mich echt, dass dem noch niemand den Hals umgedreht hat!
 

Ich nippte vorsichtig am Drink und vernahm im Augenwinkel, wie Reita ein paar vereinzelte Wassertropfen mit der Hand auf seiner Schulter verwischte und so musste ich meinem Ärger doch Luft machen:

„Könntest du dir endlich mal was anziehen?“

„Und was?

Meine be'piiieeep'ten Klamotten?“

hakte er belustigt nach und so sprang ich empört auf:

„Du machst mich fertig!“

Ohne den gemixten Saft wirklich probiert zu haben, stellte ich diesen auf den Tisch und verschwand in meinem Schlafzimmer, wühlte tief im Schrank nach ein paar Klamotten, die ich eh nie wieder anziehen würde und demnach wohl auch nicht vermissen.

Während ich so meinen Schrank umgrub, fiel mir ein weiteres Mal auf, dass Reita im Grunde meine Anweisung befolgt hatte und das Wort nicht mehr sagte, sogar extra ein neues Wort kreierte und ich dennoch wusste was er damit sagen wollte.
 

Manchmal bist du echt erbärmlich.. Matsumoto... so erbärmlich...
 

Jedes mal wegen sowas auszuflippen...
 

Mit den frischen Sachen auf dem Arm begab ich mich zurück ins Wohnzimmer und überreichte sie der Nervensäge.

Keine Sekunde verging, als Reita aufsprang sich mitten in den Raum stellte und sich das Handtuch von seinen Hüften riss.

Zum Greifen nah stand er da, bückte sich noch ein klein wenig und stieg umgehend in die Klamotten, bevor er sich wieder zu mir herum drehte.

Doch ich war gefangen.
 

Himmel, Arsch und Zwirn!
 

Im wahrsten Sinne des Wortes...
 

Das... ist definitiv der himmlischste Arsch, der je in Zwirn gehüllt wurde!
 

„Du guckst wie ein hypnotisiertes Kaninchen, so völlig weggetreten“

beschrieb mein Gegenüber meinen gegenwärtigen Zustand und reichte mir erneut den alkoholfreien Drink.

Noch immer nicht ganz bei mir, hatte ich Schwierigkeiten den Saft entgegen zu nehmen, da mein Hirn diese Bilder noch verarbeitete und feinsäuberlich einsortierte.

„Hö..?“

kam es noch irgendwie verpeilt von mir, als Reita schon wieder neben mir saß und ich langsam realisierte, was sich bis eben hier abgespielt hatte.

„Mu... musst... du... dich eigentlich... also... so dicht...neben mir... hin... tun.. ehh setzen..“

stammelte ich völlig überfordert und dieser Blödmann lächelte zuckersüß:

„Das hat aber schon mal besser geklappt, mich niedermachen zu wollen, Ruki.“

„Dadadas hat nichts mit dir zu tun!

Überhaupt nichts!“

stellte ich gleich klar und mümmelte in meiner Not am Drink.

Der Gemeinte nickte nur wissend und setzte sich auf das Sofa zurück, auf dem er vorhin schon gesessen hatte, schnappte sich die Schüssel mit den Hunde-Leckerli und fragte:

„Du hast doch nichts dagegen, oder?“

Nun war ich es, der mit dem Kopf schüttelte und nuschelte:

„Schmeckt gut... also der Saft hier...!“
 

Oh man...
 

Reiß dich zusammen!
 

„Hast du vielleicht noch etwas zum Trinken für mich da?

Das Zeug hier rutscht so schlecht die Kehle runter“

sprach mich Reita einen Moment später erneut an und auch jetzt konnte ich nur nicken, bevor ich nachhakte:

„Mit oder ohne Alkohol?“

„Mir egal, Hauptsache es 'piiieeept“

entgegnete er mir und ich seufzte:

„Na gut, dann mach ich dir mal mein Lieblingsdrink für Zuhause.“

Ein zustimmendes Geräusch meines verfressenen Gastes und so verschwand ich nun in meiner Küche, in der das reinste Chaos herrschte.

„Hier hast du aber ganz schön rumge'piiieeep't ...“

gab ich feststellend von mir und der Angesprochene entschuldigte sich mit vollem Mund:

„Dummerleid, ich machf gleich weg!“

„Passt schon...“

murmelte ich, zückte meinen Kirschsaft und den guten Amaretto.
 

Es gibt fast nichts herrlicheres, als Amaretto-Kirsch!
 

„Ich mach ma Mufik an!“

rief er mir undeutlich schmatzend zu und schon erklang Luna Sea, eine meiner absoluten Lieblingsbands, aus der Anlage.

Ich hatte Mühe diese zu übertönen, als ich hinüber plärrte und kompromissbereit vorschlug:

„Kannst ja auch was anderes reinmachen.“

„Nee, passt schon, gefällt mir!“

brüllte er zurück und als ich wieder im Wohnraum stand, drehte ich die Anlage etwas herunter, mit den Worten:

„Meine Nachbarn...“
 

Als Reita da so stand, mit seinem Hund-Snack in der Hand, musste ich unweigerlich zugeben, der Typ kann anziehen was er will, die Lumpen da... 'nen Jutesack... oder eben gar nichts, der sieht immer irgendwie heiß aus...
 

Lächelnd setzte sich mein Gast mit seiner Schüssel zurück auf meine Liege, da diese nicht allzu weit von der Soundanlage entfernt stand und klopfte neben sich.

Wie ferngesteuert kam ich dieser stummen Aufforderung nach und nahm neben ihm platz, übergab ihm mein mitgebrachtes Glas und dieses fand auch sofort den Weg an die umwerfenden Lippen des Neben mir Sitzenden.
 

Gott, ich liebe es zu sehen, wie sich seine Kehle beim Schlucken bewegt...!
 

„Mhmm, schmeckt geil, süß, aber geil!“

beurteilte Reita mein Getränk und ließ es sich offenbar nicht nehmen, dazu noch einen Nachtrag loswerden zu wollen:

„So wie du.“

Statt mich aufzuregen, drehte ich mich verlegen weg und nuschelte:

„Freut mich, wenn's schmeckt...“

„Was ist da noch drin, außer Kirschsaft?“

wollte er von mir wissen und ich antwortete kurz und knapp:

„Amaretto.“

„Dann willst du mich offenbar noch ein wenig hierbehalten“

kam es von ihm und mir entglitten schon fast die Gesichtszüge:

„Wie jetz?“

„Na, wenn du mich mit diesem süffigen Zeug anfixt, will ich mehr davon und wenn da Alkohol drin ist, sollte ich wohl besser nicht mehr hinters Steuer, oder?“

sprach er und trank fast das ganze Glas auf einmal aus.
 

Das hast du ja wirklich geschickt eingefädelt, Matsumoto...
 

Das macht dir so schnell keiner nach...
 

Los, lass dir was einfallen, verdammt!
 

Irgendwas halbwegs Vernünftiges.
 

„Ehh... was sind das eigentlich für kleine Narben?“

fragte ich das Erstbeste, was mir einfiel, auch wenn das wahrlich keine Glanzleistung war, aber immerhin nicht völlig bescheuert.

Reita zog das Schlabbershirt hoch und tippte auf die Stelle seitlich am Rücken, die mir vorhin schon aufgefallen war, als er noch halbnackt vor mir stand:

„Die da?“

Die hab ich seit ich klein war.

Bin in einer äußerst kampflustigen Hecke hängen geblieben und da waren kleine, frisch geschnittene Äste drin, die haben mich förmlich kreuz und quer aufgeschlitzt, als ich mich raus gekämpft habe.“

„Klingt fies“

merkte ich an und er zuckte nur gelassen mit den Schultern:

„Ich war ja selber schuld und wehgetan hat's nur beim Schlafen.

Es war brütend heißer Sommer und durch 's Schwitzen brannte es ziemlich.“

„Glaub ich...“

flüsterte ich kaum hörbar und strich gedanklich mit den Fingerspitzen über diese kleinen Narben.

Nur ganz hauchzart...
 

„Und du?“

sprach er mich an und riss mich somit aus den Gedanken:

„Hm..?“

„Hast du auch schon mal Bekanntschaft mit gefährlichem Gestrüpp gemacht?“

erläuterte Reita und ich schüttelte mit dem Kopf:

„Nee... mich hat nur mal 'ne beißwütige Limette angefallen, als ich meine Experimentierphase für Drinks hatte, die man Zuhause selber machen kann...“

„Hast dich geschnitten?“

hatte mein Nebenmann richtig geraten und so nickte ich peinlich berührt:

„Bin dann bei Amaretto-Kirsch geblieben, da kann nicht viel passieren, wenn man das zusammen schüttet...“

„Du könntest was daneben schütten, ausrutschen und dir das Genick brechen“

trug er mir nun eine mögliche Theorie meines Ablebens vor und legte gleich noch eine nach:

„Oder du lädst dir fremde Leute in die Bude ein, die dir dein Zeug vergiften.“

„Klingt irgendwie seltsam aus deinem Mund, findest du nicht?“

zischte ich und trank demonstrativ meinen Saft aus.

„Schon möglich“

kam es eher gelassen von Reita, bis mit einem mal sein Handy klingelte und er hochschreckte.
 

Mitten in der Nacht...
 

Halbwegs normale Leute schlafen um diese Zeit!
 

Verdutzt wühlte der Angerufene in seinen abgelegten Klamotten und ging dann an sein Telefon, nachdem ich inzwischen auch die Musik etwas herunter gedreht hatte.

Ohne jegliche Begrüßung schien der Anrufer gleich loslegen zu wollen, denn ich hörte ihn lauthals aus dem kleinen Gerät brüllen:

„Ich hab dir deine neuen Stoßdämpfer plus Federn besorgt!

Und ich hab endlich deinen alten Heckspoiler verkauft!

Also wie willst du es haben?

Pulver, Pillen oder Bargeld?“

„Sag mal, spinnst du eigentlich?“

zischte Reita in sein Handy und stand auf, begab sich in Richtung Küche und schimpfte weiter:

„Warum rufst du mich deswegen um diese Uhrzeit an?

...

Nein, ich hab nicht geschlafen... ich war... beschäftigt...

...

He he... ja... ähm...

...

Doch, natürlich freu ich mich, dass du die Teile bekommen hast, aber bitte ruf nicht mehr mitten in der Nacht an.

...

Ich will die Kohle bar oder auf eines meiner Konten, für Pillen und Pulver hab ich nichts übrig, das weißt du doch.

...

Ja, mach ich... hau rein!“

Das waren die Gesprächsfetzen, die ich noch von Reita's Seite aus mitbekam und dieser näherte sich mir nun wieder:

„Spinner gibt’s...“

„Krumme Geschäfte?“

hakte ich schmunzelnd nach, denn diese Materie war mir ja nun nicht fremd.

„Nicht wirklich, er sollte mir nur ein paar Teile für mein Auto beschaffen und ein anderes dafür los werden, aber er versucht's halt immer wieder gern, mir seine Disco-Pharmaka unterzujubeln“

antwortete der Gefragte und nahm wieder neben mir platz.
 

Ich lehnte mich grinsend zurück und sprach leise:

„Tja... Spinner gibt’s überall.“

„Da spricht die Erfahrung, was?“

fragte er mich und ich nickte zustimmend.

„Schieß los, mit was für Pappnasen musst du dich herum schlagen?“

wollte er von mir wissen und legte sich am Fußteil der Liege auf die Seite – wie die Typen auf diesen uralten Gemälden.

Es fehlten nur noch Weintrauben und kleine Engelsflügelchen...

Ich für meinen Teil, machte es mir am Kopfende bequemer und winkelte die Beine an, damit wir beide auf meiner Liege Platz fanden, eh ich zu erzählen begann:

„Abgesehen von dir?

Naja, da gibt’s diesen Typen, Asano... er war mein allererster Kunde.

Der Mann ist stinkreich, und zwar so stinkreich, dass er sich einen Butler leisten kann, der ihm unter anderem morgens die Zeitung gebügelt ans Bett bringt“

„Was?

Warum lässt er denn seine Zeitung bügeln?“

hakte Reita belustigt nach und ich erklärte ihm:

„Ich glaube, das war wegen der Druckerschwärze, damit die beim Umblättern nicht an den Fingern haften bleibt.“

„Oh man...“

kommentierte der vor mir Liegende mein Erlebnis und ich holte im Zuge dessen gleich noch eine Story hervor:

„Da gibt es auch so einen gutaussehenden Vietnamesen, der ist sowas von Schmerzpervers...

Chilisoßen, die mir schon fast den Mund wegfetzen, die will er auf dem Schwanz haben und er steht da sowas von drauf, sag ich dir!“
 

Auch wenn ich es lustig fand, war mein Gast offenbar anderer Meinung, denn er verzehrte sein Gesicht und schien zudem irgendwie... deprimiert?

„Und was kennst du noch so für irre Leute?

Außer dir selbst, natürlich“

probierte ich die ein oder andere Geschichte aus ihm raus zu kitzeln und er schien einen Moment zu überlegen, bevor er begann:

„Nujaaa.... ich fand da diesen einen Auftrag sehr skurril, als ich einem Mann in seinem Folterkeller auflauern musste, weil es keine andere Tageszeit gab, an der er allein sein würde.

Er hatte wohl immer eine halbe Stunde, bevor seine Gespielin kam, die ganze Einrichtung auf Funktionalität geprüft.

Ich will nicht wissen wie viele aalglatte Geschäftsmänner es gibt, die solche SM-Keller ihr Eigen nennen.“
 

Es war schon irgendwie merkwürdig, dass wir so offen über solche Dinge gesprochen haben, als wäre es etwas Alltägliches, was jeder eben Mensch tut.
 

Gerade als ich bei dem Gedanken vor mich hin grinsen musste, dass jeder Haushalt solch einen Spiel-Keller haben würde, sprach mich Reita erneut an:

„Wann musst du eigentlich wieder...?“

„Zum nächsten Termin?

Übermorgen“

antwortete ich ihm knapp und er stellte gekonnt fest:

„Aber es ist Weihnachten?!“

„Richtig“

nickte ich zustimmend und mein Gegenüber ließ den Blick durch den Raum schweifen, als er brummte:

„Und du wirst das Weihnachtsgeschenk von irgendeinem weiteren reichen Schnösel...“

„So sieht's aus“

bestätigte ich und so fragte mich Reita irritiert:

„Aber warum gerade an Feiertagen?

Ich meine, willst du da nicht lieber... feiern?

Oder so...“

„Mit wem denn?

Meine beste Freundin sitzt, wie jedes Jahr, morgen Abend mit ihrem Mann im Flieger nach Haiti und die kommen auch erst kurz vor Silvester wieder.

Für mich ist es ein Tag wie jeder andere, außer dass es bei weitem mehr Kohle gibt, für diesen Auftrag.“

„An Feiertagen ist selten jemand allein, also musste ich an diesen Tagen noch nie... etwas erledigen“

umschrieb Reita seine Taten und puhlte dabei nervös am Stoff der Polsterung meiner Liege herum.
 

Da ist doch was im Busch!
 

„Was hast du?“

fragte ich also mit dezenter Lautstärke nach und der Angesprochene druckste irgendwie hilflos herum:

„Na ja.. weißt du... ich bin Weihnachten auch allein... und da dachte ich... also wenn du jetzt auch nichts besseres zu tun hast... ähm... dann könnten wir ja zusammen... feiern... oder so...?“

Ich bin mir sicher, dass ich das spätestens morgen früh bereuen werde, aber...:

„Klar... warum nicht?“

„Echt jetzt?“

kam es fast schon erschüttert von Reita und so zuckte ich verunsichert mit den Schultern:

„Öhm... ja, ich denke schon...“

„Cool!“

lächelte der mir gegenüber Liegende zufrieden und setzte sich überschwänglich in den Schneidersitz auf.

Und schwupp, schon zweifelte ich wieder an meinem Verstand...
 

Wie konnte ich Trottel denn bitte Ja sagen?
 

Vielleicht lag es auch einfach an dieser Pose, in der er sich bis eben noch befand.
 

Zumindest, wenn man ihn sich noch im knappen Handtuch vorstellen würde...
 

Aber wenn ich mir das so anschaue... hätte er wirklich noch das Handtuch, also nur(!) noch das Handtuch gehabt... dann hätte man ja so untendrunter... zwischen den Beinen... gucken können...
 

Mmmrrrrhhh....
 

Ich hätte wirklich zu gern nachgesehen, wie Reita's bestes Stück so aus der Nähe aussieht, als nur einen flüchtigen Blick in Panik drauf zu werfen.

Ich versuchte mir eben diese Situation vorzustellen und schaute wohl unverblümt auf die spannende Hose zwischen seinen Schenkeln, rutschte sogar noch etwas tiefer auf der Liege, als könnte ich dort tatsächlich etwas sehen.

„Ruki?“

riss er mich plötzlich aus den Gedanken und ich schreckte hoch:

„Hm, was?“

„Ich hatte dich gefragt, wann du mit deinem Auftrag fertig bist und ich zu dir kommen kann“

wiederholte er sich, da ich es beim ersten Mal offenbar nicht mitgeschnitten hatte und so murmelte ich ertappt:

„Zu mir...?“

„Ja, dann brauchst du nicht noch mal raus, wenn du wieder kommst und du kannst deinen Hund hier behalten“

zählte er einige Dinge auf, die dafür sprechen würden, doch ich hatte da einen leisen Verdacht:

„Du willst doch bloß nicht, dass Koron bei dir alles zernagt!“

„Du hast mich durchschaut“

lächelte er engelsgleich mit geneigtem Haupt und hatte mich somit schon wieder eingewickelt:

„Na gut... ich denke, ich werde so gegen 18 Uhr wieder hier sein.

Das ist zwar unüblich, dass der Termin schon am Nachmittag ist, aber mir ist das prinzipiell egal.

Ich weiß nur, dass der Kunde gedenkt die Weihnachtsabende mit seiner Familie zu verbringen und nicht mit 'ner Hure.“

„Du hast nicht gerade 'ne sehr hohe Meinung von dir, Ruki...“

sprach Reita leise und legte seine Hand auf eines meiner Knie.
 

Diese so vertraut wirkende Geste, löste mal wieder eine Gänsehaut auf meinem gesamten Körper aus, selbst im Gesicht glaubte ich sie spüren zu können.

„Ähm... ich mach uns noch was zum Trinken!“

verkündete ich hektisch und riss meinem Gast das Glas aus der Hand.

Angesichts der Tatsache, dass ich mich nun wieder viel zu nüchtern fühlte, um die ganze Sache hier nervlich überstehen zu können, beschloss ich kurzerhand mir ebenfalls noch einen Amaretto-Kirsch-Drink zu machen.

Mit beiden Gläsern beladen kam ich zurück und Reita brachte mir ein:

„Merci beaucoup!“

Da ich nicht wusste was er von mir wollte, blinzelte ich verwundert und so er klärte er mir:

„Das war Französisch und hieß 'Dankeschön'.“

„Achso... ich hatte in der Schule nur Englisch als Fremdsprache“

brachte ich dem entgegen und setzte mich wieder auf die Liege.

„Dabei ist Französisch so eine geschmeidige Sprache, da klingen selbst die schlimmsten Flüche wie liebliche Poesie“

erklärte mein Gegenüber und brachte auch gleich noch ein Beispiel zur Veranschaulichung:

„Merde!

Siehst du?

Es ist, als ob man sich den Arsch mit Seide abwischt.“
 

Ratlos schaute ich zu dem vor mir Sitzenden und murmelte:

„Weißt du, ich beherrsche Französisch ja eher praktisch, wenn du verstehst.“

Wenn ich mich mein Blick nicht täuscht, könnte man meinen, der letzte Satz habe seine Wangen etwas rötlich färben lassen.

Er starrte mich eine ganze Weile schweigend an, bis er förmlich vor mir zu flüchten schien und sein Weg in mein Badezimmer führte.

Spätestens jetzt war mir auch bewusst, was sein plötzlicher Abgang zu bedeuten hatte und er auch eine ganze Weile brauchte, bis er wieder heraus kam.

Räuspernd setzte er sich wieder zu mir auf die Liege und vermied es in der nächsten halben Stunde mich anzusehen, trank angespannt den von mir gemixten Drink und schien sich nur schwer wieder zu 'erholen'.

Da ich ebenfalls keine Lust auf daraus resultierende Diskussionen hatte, hielt ich es auch für angebracht keine weiteren Sticheleien los zu lassen, bis auf eine:

„Hast du es dir überlegt?“

Reita schien nicht zu wissen wovon ich sprach und sah im Augenwinkel fragend zu mir.

„Ich meine, ob du Hishinuma kontaktierst.

Könnte dir die Nummer geben...“

murmelte ich in gedämpften Ton, mein Gegenüber seufzte ausgedehnt und brummte eben so leise:

„Man könnte meinen, du seist ganz scharf drauf, dass ich mit dir schlafe...“

Damit hatte ich nun nicht gerechnet und so senkte ich schweigend den Kopf.
 

Un wir schwiegen lange.
 

Sehr lange.
 

Niemand sagte ein Wort, obwohl es förmlich in der Luft knisterte, wie wir uns imaginär Für und Wieder von unseren Theorien über den jeweils Anderen an den Kopf warfen.

Aber auch das flaute langsam ab und so versuchte ich die Stimmung zu lockern:

„Ich hätte noch ein paar alte Kekse im Schrank stehen, die sind von letztes Jahr Weihnachten... falls du noch Hunger hast.“

„Viel lieber würde ich jetzt was ganz anderes vernaschen...“

ließ mich Reita kaum hörbar wissen und sah dabei auf die Uhr:

„Es ist gleich sechs Uhr, willst du deinen Fiffi nicht langsam holen?“

„Ähm ja, bin gleich wieder da...“

entgegnete ich dem und begab mich zur Tür, als ich noch einmal aufgehalten wurde:

„Schaffst du's alleine oder soll ich mitkommen?“

„Geht schon...“

antworte ich und machte mich auf den Weg ganz nach unten, zu der alten Dame.

Freudig begrüßte sie mich, die nette Omi, mit einem leckeren selbstgemachten Sandwich.

Woher sie wusste, wie sehr ich auf diese Dinger stehe, ist mir schleierhaft und Koron trug einen extra großen Hundekeks mit sich herum.

Die Kekse macht die Dame auch selbst, wie sie mir verriet und freut sich auch immer ganz doll, wenn mein Tierchen ihr deswegen zu Füßen liegt.
 

Ich bedankte mich artig fürs Aufpassen, nahm ein Päckchen weiterer Hundeleckerli entgegen und ging noch einmal mit meinem Vierbeiner vor die Tür.

Den einen Keks behielt mein Kleiner lieber gleich im Maul und ließ sich diesmal auch nicht allzu viel Zeit für seine Geschäfte – schließlich will er ja sein Leckerli in aller Ruhe verspeisen!

Als ich wieder oben in meiner Wohnung war, fand ich Reita auf meinem Sofa dösend vor und deckte ihn mit einer Decke zu.

Normalerweise würde Koron erst mal gründlich untersuchen, was sich da in seinem Revier befindet, doch der war zu sehr mit seinem Keks beschäftigt.

Die Restlichen versteckte ich vorsichtshalber vor der verfressenen Truppe hier und ließ mir mein Sandwich schmecken, während ich wartete, ob der Kaffee-Kerl noch mal aufwachen würde.

Von hier pennen, war schließlich nie die Rede.
 

Und nun sitze ich hier und schreibe dir von all den Vorkommnissen und wie du siehst, ist einiges passiert, von dem ich nicht so richtig weiß, was ich davon halten soll.

Hast du nicht einen Rat für mich?

Wohl eher nicht...
 

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Leute, es tut mir leid!

Ja ich weiß, es hat mal wieder ewig gedauert, aber was soll ich sagen...

Als erstes war da nicht allzu viel Motivation, da ich mir irgendwie nicht mehr so ganz sicher bin, ob euch allen noch gefällt was ich hier fabriziere...

Und abgesehen davon – Einige wissen es schon: Mein Bebü, mein über alles geliebter Kater hatte eine schwere Tumor-OP, die er beinahe nicht überlebt hätte und wieder belebt werden musste.

Nun musste ich ihn jeden Tag mit speziellem Katzenfutter-Brei aufpäppeln, den ich ihm über so eine Futter-Spritze einflößen muss, dazu Medikamente usw.

Ist nicht leicht für ihn und mich....

Nunja, jedenfalls habt ihr jetzt auch erst mal wieder etwas Lesefutter :)

Ich hab mich wirklich sehr beeilt und vorallem hab ich mich arg hier durch gekämpft, also seht mir Rechtschreibfehler bitte nach, bin dabei alles nach zu korrigieren.

Und weil der ein oder andere Leser ja schon sehnsüchtig drauf wartet, gibt’s beim nächsten Kapitel vermutlich endlich etwas mehr zwischen unseren beiden Schätzchen, na wie hört sich das an?

Das Weihnachtswunder

Vom vielen Schreiben an diesem frühen Morgen merkte ich schon bald, wie ich müde wurde und eigentlich nur mal kurz meine Augen entspannen wollte, doch dann offenbar auf meiner Liege eingeschlafen sein musste.

Als ich wieder aufwachte, war es bereits hell draußen und ich fuhr erschrocken hoch, als ich mich noch immer auf meiner Liege ruhend wieder fand... und als Reita plötzlich neben mir stand und mich zudecken wollte.

Völlig verwirrt und in Panik geraten fiepte ich:

„Fuck, wie bist du hier reingekommen?!?“

„Durch die Tür...“

kam es sichtlich irritiert von ihm und ich knurrte, dem Herzkasper nahe:

„Verarsch mich nicht!“

„Doch, jemand musste dich ja gestern nach Hause tragen“

konterte er und so fiel es mir nach und nach wieder ein: Cocktails.... zu viele Cocktails... der Aufzug, der stecken blieb und Reita's Dusch-Aktion bei mir...

„Bin eben aufgewacht und muss jetzt leider los... auch wenn ich dir viel lieber noch beim Schlafen zugesehen hätte“

sprach er mich mit sanfter Stimme erneut an, nachdem ich meinen ersten Schock hatte sacken lassen.

Der nächste Blick galt meinem Tagebuch, doch mein Gast schien es nicht weiter beachtet zu haben, also rappelte ich mich schwerfällig auf und brachte ihn zur Tür.
 

„Bis morgen“

hauchte der Kaffee-Kerl mir zu, warf sich seine Jacke mit dem inzwischen eingetrockneten Saft über und tippelte dabei mit Koron vor der Tür um die Wette.

Vermutlich weil es hier draußen nicht mehr so behaglich warm an den Füßen war, wie drinnen in meiner Wohnung und Reita sich nun schleunigst in seine Schuhe kämpfte.

Koron allerdings hüpfte mit ihm herum, weil's ihm scheinbar einfach Spaß machte, andere Leute nachzumachen.
 

Der kleine Schlingel...
 

Von wem er das nur hat, so frech zu sein?
 

Doch gerade als ich ihm ebenfalls eine verpennte Abschiedsformel zu nuscheln wollte, fiel mit etwas auf:

„Wie jetzt 'morgen'?“

„Ja, morgen“

nickte mein Gegenüber bestätigend und so geriet mein Hirn ins Rattern, was scheinbar nicht nur Sayuri einwandfrei erkennen kann, sondern offensichtlich auch Reita.

„Weihnachten?

Wir zwei, zusammen?

Bei dir?“

half er mir auf die Sprünge, bis es bei mir klickte:

„Ach ja... stimmt... hatte ich wohl... vergessen...“

„Oder verdrängt...“

murmelte der Kaffee-Kerl und seufzte tief.

Ich räusperte mich verlegen und sagte:

„Ja, also dann bis morgen... Abend?“

Mit einem weiteren Nicken stieg mein Gast die Wendeltreppe hinunter und ich ging in meine Wohnung zurück.

Schließlich wollte sich Sayuri noch ein mal melden, bevor ihr Flieger nach Haiti geht.
 

Während ich dir also noch ein paar Zeilen schrieb, klingelte auch schon bald mein Handy.

Abgesehen von den üblichen 'Gute Reise'-Floskeln, erzählte sie mir auch noch von ihrer neusten Idee: ein Schwangerschaftsprojekt.

Und sie möchte gleich nach dem Kurzurlaub damit beginnen, und zwar wollte sie Geige spielen lernen.

Wenn sie meint...

Gibt durchaus Schlimmeres.

Im gleichen Atemzug sprach sie auch davon, eventuell bei jeder noch kommenden Schwangerschaft ein neues Instrument zu lernen.

Wenn sie dann in zwanzig Jahren ein ganzen Orchester selbst spielen kann, dann Prost Mahlzeit...

Um ehrlich zu sein, habe ich ihr das auch so gesagt, aber irgendwie fand sie das witziger als ich es gemeint hatte...

Nun gut, ich hoffe ja, dass Beide gesund und munter zurück kommen und dann freue ich mich schon auf das gemeinsame große Fressen – dem Silvesteressen zur Jahreswende.

Man hat selten die Gelegenheit auch mal alle seine Kolleginnen zu sehen und irgendwie fühl ich mich da auch immer wie der Hahn im Korb.
 

Aber jetzt muss ich mir erst mal Gedanken darüber machen, was ich mir da mit Weihnachten und dem Saft-Mixer eingehandelt habe...

Nun entspanne ich heute noch ein wenig vor der Glotze und geh auch nicht allzu spät ins Bett, wenn der Termin morgen schon am Nachmittag ist.

Da sollte ich fit und ausgeschlafen sein, stimmt's?
 


 

Mein Termin, der sich vom frühen Nachmittag bis in den frühen Abend hinein zog, war doch sehr sonderbar.

So etwas hatte ich bisher noch nicht erlebt!

Pünktlich, wie immer, stand ich vor der luxuriösen Hoteltür und erwartete einen verschrobenen Mann mittleren Alters.

Ich klopfte und ging hinein, doch irgendwie war zunächst niemand im Zimmer zu sehen.

Unschlüssig trat ich im Eingangsbereich von einem Fuß auf den anderen und wartete ab, ob und was nun passieren würde.

Da sich eine Weile nichts tat, schlich ich leichtfüßig etwas tiefer in den großen Raum hinein und sah dort hinter einer Ecke jemanden auf dem Boden knien.

Er schien mit einem Kabel an einer Steckdose herum zu fummeln und richtete sich auch so gleich auf, als ich mich mit einem dezenten Räuspern bemerkbar machte.

Doch der Typ, der da stand, war weder ein kauziger alter Herr noch sah er nach einem Angestellten des Hotels aus.
 

Der sieht noch nicht mal volljährig aus!
 

Ob der mich hier solange beschäftigen soll, bis der eigentliche Kunde kommt?
 

Als dieser Kerl von der Stelle wegging, an der er eben noch gekniet hatte, erspähte ich dort auf dem Boden ein fast schon kitschig buntes Handy liegen, welches vermutlich gerade mit Strom versorgt wurde.

„Ähm, setz dich doch!“

bot er mir an und ich tat worum er bat, nahm ihm gegenüber platz und sah mich im Raum um, ob nicht doch noch irgendwo jemand daher kommen könnte.

„Also... ich heiße Ruka“

sprach er und verbeugte sich halbherzig, ich blinzelte überrascht und konterte:

„Ruki – freut mich.“

„Ich weiß“

entgegnete er mir schelmisch grinsend und so hob ich immer noch verblüfft eine Augenbraue.

„Unter anderem hab ich dich deshalb ausgewählt“

ließ er mich auf meinen fragenden Gesichtsausdruck hin wissen und dieser musste jetzt wohl sicherlich nicht weniger ratlos wirken.

„Du?

Ehh, Entschuldigung... sie, natürlich“

entwich es mir entsetzt, denn irgendwie hatte ich doch damit gerechnet, dass er mich hier vielleicht nur verarscht und er nur der Sohn von Jemandem ist, der mich tatsächlich gebucht hat.

„Bleiben wir beim Du, das ist völlig Ok“

kam es von ihm und mir blieb nur ein verhaltenes Nicken.
 

„Ähm ja... fangen wir an?“

fragte er mich und so stellte ich vorsichtig heran tastend eine Gegenfrage:

„Wir waren verabredet?“

„Ja... ich hab heute Geburtstag“

erklärte er mir und so hakte ich, mich der Sachlage vergewissernd, nach:

„Dann bin ich also … dein Weihnachts- und Geburtstagsgeschenk?“

„Sozusagen, ja“

hörte ich es von dem Jüngelchen und dennoch war ich mir hierbei alles andere als sicher:

„Sag mal, weiß deine Mutter oder dein Vater, was du hier treibst?“

„Mehr oder weniger... es war seine Idee...“

gestand der Junge und nun hob ich beide Brauen vor Verwunderung:

„Seine?“

„Ja, mein Vater hat mit deinem Chef telefoniert und nur den Preis ausgemacht.

Er hat gesagt, ich darf mir eine von den Hostessen aussuchen..

Und ich hab dich ausgewählt“

erläuterte er mir die Situation und ich murmelte:

„Verstehe...“
 

Uff.... mit sowas hab ich nun nicht gerechnet...
 

Dann weiß der Vater bestimmt noch nicht mal, dass sein Sohnemann sich keine Frau, sondern mich ausgesucht hat.
 

Und bisher hatte ich auch noch keinen Kunden, der jünger war als ich... nur welche, die deutlich älter waren.
 

„Darf ich fragen wie alt du geworden bist?“

wollte ich nun von ihm wissen und er antwortete ohne Zurückhaltung:

„17 Jahre.“

Ist das wichtig für dich, oder können wir dann beginnen?“

„Ehh ja, natürlich!“

bekräftigte ich sogleich und zog mein Jackett aus, als dieser Ruka sich nun neben mich setzte.

Sein Hand legte sich an meine Wange und strich zart darüber, seine Augen betrachteten eingängig mein Gesicht, eh er mich zu sich ziehen wollte, die Augenlider schloss und die Lippen öffnete.

Sachte stoppte ich ihn und beantwortete die unausgesprochene Frage, die mir sein Gesichtsausdruck nun stellte:

„Es...gibt da ein paar Regeln.“

„Die da wären...?“

flüsterte er ziemlich dicht vor mir und so begann ich die paar Punkte aufzuzählen:

„Ich mach's nicht ohne Kondom... ich trinke, wenn überhaupt, nur ein Glas Sekt... jegliche Drogen sind tabu und... ich küsse nicht...“

Die Lippen des neben mir Sitzenden waren nur noch einen Finger breit von den meinen entfernt und flüsterten auf die letzte Anmerkung hin:

„Mach für mich eine Ausnahme... ich hab sowas noch nie gemacht...“
 

Obwohl ich das sonst nicht tun würde, ließ ich ihn gewähren und mich küssen.

Etwas unbeholfen wirkte er, aber mir ging's da wirklich nicht besser.

Ich versuchte mich irgendwie an den einen Augenblick mit Sayuri zu erinnern, an welchem sie mir riet, es einfach auf mich zukommen zu lassen und so ließ ich den Jungen nun machen, wie er es wollte.

Zumindest er schien genauere Vorstellungen vom Rumknutschen zu haben, im Gegensatz zu mir.

In einer kurzen Pause sprach ich mit leiser Stimme:

„Du bist 17, du solltest auf den Richtigen warten, nicht auf mich...“

„Hast du auf den Richtigen gewartet?“

entgegnete er dem und mich brachte dieser Satz zum Nachdenken, was uns Beide für einen kurzen Moment schweigen ließ und offenbar war mein Schweigen ihm Antwort genug.
 

„Und du willst mir doch bestimmt nicht sagen, was ich zu tun habe, oder...?“

sprach er gerade so hörbar an meinen Lippen, kurz bevor er mir auffordernd, aber sanft in die Unterlippe biss und ich anschließend geringfügig mit dem Kopf schüttelte.

„Siehst du... und jetzt will ich, dass du mir zeigst wie's geht...“

teilte er mir mit und ich nuschelte nachgiebig:

„Also gut, also schön... wo willst du anfangen?“

„Von vorne, wenn's geht...“

hörte ich es gerade so hörbar von ihm, da seine Lippen schon meine Wange erkundeten.

„Weißt du...“

begann er und knöpfte dabei mein Hemd auf, bevor er fortsetzte:

„...ich hab schon immer gespürt... dass da was ist... in mir...“

Ich schwieg einfach nur und wartete ab, was er mir weiter erzählen würde.

„Etwas, dem es genau hier nach verlangt...“

flüsterte der Junge und strich dabei andächtig über meine Brust.

Langsam... zart... als wolle er das wirklich genießen, seine ersten Erfahrungen mit einer ihm völlig fremden Hure zu machen.

Nun... es ist und bleibt mein Job, ihm genau das auch zu bieten und mehr als an sein Herz zu appellieren, kann ich nicht für ihn tun.... und eigentlich hatte ich mir da auch schon zu viel heraus genommen.
 

Ich sollte meinen Kunden einfach nur ihre Wünsche erfüllen und nicht fragen, ob sie sich sicher sind und das wirklich wollen.
 

Auch mein Hemd streifte Ruka nun über meine Schultern hinab, fuhr andächtig mit den Handflächen über meine Oberarme, als er leise sprach:

„Ich finde dich wunderschön...“

Nach wie vor war da ein Gedanke in meinem Kopf, der sich hierbei zu sträuben versuchte, doch wie alle Gefühle, die ich nicht zulassen durfte, musste ich auch dieses verdrängen und endlich anfangen so zu tun, als würde es mir Vergnügen bereiten.

Erneut fühlte der Junge an meinem Oberarm entlang und blieb an einem Punkt stehen, tastete behutsam und fragte in mäßiger Lautstärke:

„Was hast du da?“

Mein Augenmerk richtete sich auf die gemeinte Stelle und ich erklärte ihm:

„Mir wurde da vor kurzen ein Chip implantiert, es ist nur noch ein wenig geschwollen und blau, aber das soll bald weggehen.“

„Wie bei einem Haustier oder was?“

hakte er geringfügig interessiert nach und ich nickte einfach nur.

Um was genau es sich dabei handelt, musste er sicher nicht wissen.
 

Die kleine OP war eh keine große Sache, mein Arm fühlte sich nur den ganzen Tag so schlapp an, auch nachdem die Betäubung nachgelassen hatte und der übrig gebliebene Schmerz nervte ein wenig, aber sonst nichts Wildes.

Doch auch das war bald vorbei, trotzdem verspürte ich an dem Tag keine große Lust das wenig spektakuläre Erlebnis aufzuschreiben.
 

Der Junge stellte mir dazu auch Gott sei dank nicht noch mehr Fragen und setzte sich ohne Weiteres auf meinen Schoß, bevor er nun mit seiner Zunge meinen Mund förmlich umpflügte.

Mich beschlich dabei das dumpfe Gefühl, dass er wirklich nicht nur einfach Sex von mir wollte, sondern eher das ganze Programm einer Beziehung im Schnelldurchlauf und alles ohne Verpflichtung und Streit.

Irgendwie machte mir sein Verhalten deutlich bewusst, dass auch ich selbst sowas nie hatte...

Das hier war also definitiv anders als andere Kunden.

Ich hatte ja schon den ein oder anderen recht jungen Mann, aber alle wussten sie was sie von mir wollten, aber der hier...

So sicher wie er vielleicht tun mag, aber... er wusste nicht so wirklich, was er tun wollte.

Oder besser gesagt: er wusste nicht, wie er das was er wollte mit mir umsetzen soll.

Deshalb blieb mir wohl nichts anderes als fragen und voran tasten, damit das Ganze nicht doch noch zu einem Fiasko werden würde.

„Soll ich dich ein bisschen mit dem Mund verwöhnen?“

kam es also mit aller Vorsicht von mir und Ruka schien die Frage einen Augenblick zu verinnerlichen, bevor er nickte und ich mich unter ihm hervor kämpfte.
 

Mir war es schon ein wenig unangenehm, ihn das zu fragen.

Normalerweise bekomme ich sofort gesagt, was ich zu machen hab und für geistreiche Gespräche bleibt da meist keine Zeit.

Es liegt mir wohl einfach nicht, die Führung übernehmen zu müssen...
 

„Oh Gott, das ist der Wahnsinn!“

schrie der Junge, zwischen dessen Beinen ich nun kniete und so erschrak ich förmlich, als er gar nicht lange brauchte, bis er zum Höhepunkt kam.

Ich wartete ab, bis er sich wieder gesammelt hatte und wurde dann mit einem mal stürmisch von ihm umgeknutscht.

Erschrocken kippte ich mit dem Rücken auf den teuren Perserteppich unter mir und auch Ruka verlor keine Sekunde und setzte sich auf mich drauf.

„Ich will mehr davon...

Ich will dich vögeln...“

schnurrte er mir angestachelt ins Ohr und begann meine Hose aufzuknöpfen, sich ebenfalls das Oberteil vom Leib zu reißen und sich an mich zu schmiegen.

Wieder einmal knutschte er was das Zeug hielt und war schier kaum noch zu bremsen.
 

Immerhin schien er an dieser Stelle endlich zu wissen, wie das hier weiter ablaufen sollte.
 

Im Großen und Ganzen musste ich ihm noch Vieles zeigen und erklären, aber er war dahingehend ziemlich wissbegierig und im Gegensatz zu meinen älteren Kunden, brauchte er nur ein paar Minuten, bis er für die nächste Runde bereit war.
 

Alles in allem, war dieser Nachmittag auch für mich eine neue Erfahrung, die mich auch noch eine Weile nach dem Geschehen beschäftigte und ich auf dem Heimweg darüber nach dachte.
 

Darum war ich auch im ersten Augenblick verwirrt, als ich Reita auf der Wendeltreppe sitzen sah und dieser mich ansprach:

„Da bist du ja endlich.“

„Was machst du hier?“

entgegnete ich ratlos, bis mir bei einem Blick auf seine vielen Tüten einfiel:

„Ach ja... Weihnachten...“

„Du siehst irgendwie... mitgenommen aus“

äußerte sich der Kaffee-Kerl, bei einem längeren Blick auf mich und stand nun von der vorletzten Stufe der Treppe auf, eh er seine Tüten schnappte und hinauf ging.

Ich gab nur ein bejahendes Geräusch von mir und folgte ihm.
 

Wenn ich ehrlich bin, hätte ich am liebsten meine Ruhe gewollt, um alles zu verinnerlichen, was vorhin mit dem Jungen lief, aber ich brachte es irgendwie nicht übers Herz Reita raus zu schmeißen und heim zu schicken.

Oben angekommen schloss ich meine Wohnungstür auf und bat meinen Besucher hinein, Koron hüpfte natürlich aufgeregt zwischen mir und meinem Gast hin und her, sodass wieder mal Stau an der Tür herrschte.

Offenbar konnte sich mein Pelztier nicht entscheiden, was ihn mehr interessierte, meine Rückkehr oder die Mitbringsel von Reita.

Könnte ja sein, dass dieser Beutelweise Leckerli für Koron dabei hat, ne...

Wobei... bei den kulinarischen Vorlieben, hätte der das wohl schon längst selber verspeist.
 

„Sorry, ich will nur nicht drauf treten...“

brummte der vor mir Stehende und versuchte gleichsam meinem Hund auszuweichen, um es irgendwie an die Küchenzeile zu schaffen.

Dort lud er alles ab und wurde auch so gleich mit scharfem Auge von einem Stuhl aus beobachtet, auf dem Koron immer sitzt, wenn ich am Herd stehe und er darauf lauert, dass etwas für ihn abfällt.

„Der weiß, wo der Frosch die Locken hat, höm?“

kam es fragend von Reita, der einen Blick auf meinen kleinen Liebling warf und dabei beobachtete wurde, wie er die Beutel auspackte.

„Klever, der kleine Racker!

Vom Küchenstuhl aus sieht er natürlich mehr, als vom Boden“

sprach mein Besucher und ich nickte zustimmend:

„Ganz der Papa eben!“

Doch dann fiel mir ein dunkles Objekt auf meiner Küchenzeile auf, das nicht von den Tüten kommen konnte:

„Was zum Geier ist das?“

Ich trat näher heran, nahm das Ding zwischen die Fingerspitzen und betrachtete es.

Auch Reita beäugte das Teil kritisch und gab feststellend von sich:

„Eine Fliege.“

„Jepp, aber warum ist sie tot?“

warf ich eine Frage in den Raum und bemerkte im Augenwinkel wie Koron sich auf seinem Stuhl duckte.

Dies ignorierend, drehte ich die Fliege und rätselte.
 

Als ich vorhin meine Wohnung verlassen hatte, schwirrte mir dieses Vieh noch quicklebendig um den Kopf!
 

„Vielleicht Selbstmord?“

äußerte sich Reita belustigt und ich wies diese Theorie energisch zurück:

„Nein, nein... das kann nicht sein, die dämlichen Viecher stürzen sich alle in meinen Kaffee, wenn sie sich umbringen wollen!“

„Dann war es Mord!“

kam es in verschwörerischem Unterton von meinem Gast, ich nickte und lauschte nebenher seiner nächsten Frage:

„Und Sherlock... was glauben sie, wie ist diese Person umgekommen?“

Mit erhobener Augenbraue blickte ich zu dem neben mir Stehenden und hielt ihm das Insekt vor die Nase:

„Siehst du diese Vertiefung da, in ungefährer Körpermitte?“

„Ja, sieht aus als... wäre sie gequetscht worden oder zerkaut“

vermutete Reita, das Spielchen mitspielend und so nickte ich abermals bestätigend:

„Brilliant kombiniert, Watson.

Doch wer... würde so etwas tun...?“

Auf diese Frage hin wanderte unser beider Augenmerk auf Koron, der leise fiepend vom Stuhl rutschte und sich in seinem Körbchen zusammen rollte.

„Aha!“

kam es von mir und unser Besucher legte seine Hand auf meine Schulter:

„Sie haben den Fall gelöst, bin zutiefst beeindruckt.“

Mein Herz blieb einen Moment stehen und auch mein Atem setze kurz aus, eh mir von dieser simplen Geste her verdammt warm wurde und ich das Mordopfer ins Spülbecken warf, mich hastig von dem Kerl entfernte und meinen Mantel öffnete.
 

Wo kam nur all die Wärme plötzlich her?
 

Ich entblätterte mich schleunigst, um nicht der nächste zu sein, der hier stirbt.

Reita packte schmunzelnd weiter seine Tüten aus und irgendwie interessierte es mich ja doch, was er da alles angeschleppt hatte, aber hingehen und meine Neugierde befriedigen kam zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in Frage!

Angespannt warf ich einen Blick hinüber in meine Küche, doch leider erkannte ich nicht viel, also blieb wohl nichts anderes, als sich doch wieder in Reita's unmittelbare Gegenwart zu trauen.

„Schick, sehr schick“

kommentierte Besagter mein Outfit und ergänzte mit leiser Stimme:

„Irgendwie beneide ich den alten Sack, der dich so vernaschen durfte...“

„So alt war der gar nicht...

Er war sogar ein ganzes Stück jünger als ich“

erklärte ich ihm und erspähte die vielen mitgebrachten Dinge auf meiner Küchenzeile.

Der Kaffee-Spender folgte meinem Blick und sprach:

„Hab ein paar Teigrollen besorgt, die müssen wir nur noch in Scheiben schneiden und backen, dann haben wir super Weihnachtskekse.

Ansonsten hab ich hier jede Menge Kalorienbomben mitgebracht damit wir einer sündhaften Völlerei verfallen können.“

„Sieht lecker aus... aber ich fürchte ich kann das nicht essen...“

ließ ich ihn wissen und so wurde ich fragend angesehen.

„Niemand will einen Fettsack ficken...“

zitierte ich meinen Chef und ergänzte wenig später:

„Ich geh duschen, wenn's dir nichts ausmacht.

Ich muss aus diesen Klamotten raus...“

Im selben Augenblick drehte ich mich herum und machte mich auf den Weg ins Bad, als ich Reita hinter mir grummeln hörte:

„Ich würde dich auch mit vier Zentnern noch ficken...“
 

Sicher doch...
 

Wer will keinen 200 Kilogramm Rollmops vögeln wollen...?
 

Ich hör sie alle 'hier, ich will den Fetten' schreien...
 

Die anschließende heiße Dusche tat gut, vor allem weil es heute verdammt kalt draußen war und mich zudem dieser plötzliche Hitze-Rausch eben ziemlich aus der Bahn warf.

Dummerweise kann man meine Badezimmertür nicht abschließen – war ja bisher auch nie nötig.

Ich hoffte nur, dass Reita nicht einfach die Tür aufreißen würde und mir irgendwas antut...
 

Frisch geduscht stand ich nun vor meiner Badezimmertür und überlegte, ob ich mich wieder in halbwegs schicke Klamotten werfen würde, oder ob ich meinen Gemütlichkeits-Look wähle.

Ein Mittelding musste her!

Ich wollte schließlich nicht den Eindruck erwecken, mich irgendwie für den Kaffee-Spender aufzuhübschen, aber andererseits hab ich mich noch nie im Gammel-Look unter die Leute getraut, nicht mal wenn es nur Sayuri war.

Leichtfüßig verließ ich den gefliesten Raum und tippelte zu meinem Schrank, wühlte eifrig nach Klamotten und erschrak dermaßen, als Reita hinterm Vorhang des Türbogens stand und wissen wollte:

„Ich hab Hähnchenteile zum Aufbacken mitgebracht, wie geht der Ofen an?

Der piept so komisch.“

Verkrampft watschelte ich mit meinem übergroßen, bis hoch zu den Achseln gezogenen Handtuch in die Küche und knurrte mit heißen Wangen:

„Bei dir piept's auch...“

Das Problem war schnell behoben, denn der Blödmann hatte am Timer herum gespielt und meine ganzen Einstellungen verstellt.

Und bevor er mir noch mehr durcheinander bringen konnte, schob ich das Blech lieber gleich selbst in den Ofen und grummelte:

„Wehe, wenn du noch mal an den falschen Knöpfen drehst..“

Plötzlich spürte ich Reita's Schritt an meinem Hintern und wie eine seiner Hände über den Frottee-Stoff meines Handtuch am Rücken entlang strich:

„Ich hoffe du zeigst mir auch welche Knöpfe ich bei dir drehen muss...“
 

What the fuck!
 

Sofort stand ich kerzengerade an meinem Gott sei Dank noch nicht allzu warmen Ofen gepresst und spürte mein Herz im Brustkorb pochen.

Ich wusste überhaupt nicht mehr was ich tun sollte; flüchten schien irgendwie unmöglich, meine Beine machten nicht mit.

Reita musste ein Stück an mich heran getreten sein, denn ich spürte ihn nun wieder verdammt deutlich direkt hinter mir und dass, obwohl er mich nicht einmal berührte.

Er roch mit einem langen Atemzug an meiner Schulter und flüsterte:

„Du machst es einem aber auch nicht leicht...

Ich würde da weggehen, sonst wird es gleich ziemlich... heiß...“

Ich schluckte nervös, doch versuchte ich trotz meines aufgewühlten Inneren auf cool zu tun und drehte mich langsam, aber mutig herum, blickte ihm direkt in die Augen und sprach eben so leise:

„Du weißt, wie du kriegst, was du willst...“

Damit wandte ich mich von ihm ab und schritt langsam zurück in mein Schlafzimmer, zog den Vorhang hinter mir zu und musste erst einmal meinen hämmernden Puls in den Griff kriegen.

Ich ließ mich auf mein Bett kippen und kämpfte mit meiner Atemfrequenz.
 

Moah... kein Thriller ist so nervenaufreibend wie dieser Kerl, der da in meiner Küche steht!!
 

Am besten wär's, ich würde mir jetzt erst mal etwas anziehen.
 

Ja, das ist seit langem meine beste Idee!
 

Während Reita also hörbar in der Küche beschäftigt war, stieg ich in alltagstaugliche Klamotten und wagte einen scheuen Blick durch den Vorhang hindurch.

„Da drüben steht eine Tüte mit deinen Sachen, die du mir letzte Nacht geliehen hast.“

Ertappt riss ich den dunkelroten dicken Stoff zur Seite und fragte verblüfft:

„Woher wusstest du...?“

„Was wäre ich für ein Auftragskiller, wenn ich nicht mitkriegen würde, wenn mich jemand beobachtet?“

kam es gelassen von ihm, eh er mir ein Glas Rotwein entgegen hielt und mich abwartend ansah.

Zögerlich trat ich auf meinen Gast zu und griff Abstand haltend nach dem Weinglas, setzte es an und hörte ihn sagen:

„Aber bitte... schieß dich nicht wieder ab.“

Augen verdrehend befeuchtete ich lediglich meine Lippen mit dem bitter-süßen Gesöff und stellte es demonstrativ auf den Küchentisch.
 

„Wenn die Hähnchenteile raus sind, dann stell ich die Plätzchen in den Ofen“

verkündete er thematisch neutral und warf einen Blick auf die Uhr:

„So, die brauchen jetzt erst mal eine Weile, lass uns rüber gehen.“

Ohne meine Reaktion abzuwarten, schnappte er sich mein Glas und schob mich einfach vorne weg in Richtung meiner Liege, dort nahm ich Platz und Reita setzte sich dicht neben mich:

„Also dann erzähl mal, wie war er?“

„Ehhh... wer?“

hakte ich verwirrt nach und so half er mir auf die Sprünge:

„Na dein Date vorhin.“

„Das sind keine Dates... das ist harte Arbeit!“

konterte ich daraufhin und begann nach einem Moment, in dem ich einfach nur wartend angestarrt wurde, mit meinem Bericht:

„Wie soll's schon gewesen sein...?

Er ist gerade erst 17 Jahre alt geworden und hatte keinerlei Erfahrung.

Traurig, dass er das alles an mich verschwendet hat...“

„Ich denke nicht, dass Zeit mit dir zu verbringen Verschwendung ist“

fiel er mir fast schon ins Wort und schien nun erneut abzuwarten, wie ich reagieren würde.
 

Tief durchatmend erzählte ich weiter:

„Ich glaube... er ist ein wenig wie ich damals in seinem Alter...“

„Du klingst als seist du 50“

merkte mein Nebenmann an und so räusperte ich mich energisch, eh ich mit Nachdruck fortsetzte:

„Jedenfalls war er viel netter und höflicher, als die meisten meiner anderen Kunden und irgendwie war er auch attraktiv... so auf seine unbeholfene Art.“

„Der Frischling muss es dir ja angetan haben...

Hat er dir etwa gefallen?“

vernahm ich es mit einer Mischung aus Eifersucht und Besorgnis in der Stimme von Reita und so rieselte ich noch etwas Salz in die kleine Wunde:

„Er war schon süß, und sein Arsch war knackig.“

Seufzend blickte mein Besucher in eine andere Richtung und kroch dann auf allen Vieren zu meinem CD- und DVD-Regal direkt vor uns.

Der Typ blieb auch unweit vor mir knien, als wolle er demonstrieren, wie knackig sein Hinterteil doch wäre, nur machte mein Pelztier ihm da einen Strich durch die Rechnung, denn Koron war sofort zur Stelle und witterte potenzielle Spiel-Beschäftigung.

Grinsend beobachtete ich das Schauspiel und verkniff es mir laut zu lachen, als mein kleiner Liebling mit dem Ball im Maul vor Reita hin und her wetzte.
 

Lange dauerte es nicht, da hatte mein schlauer Hund den gefährlichen Killer überlistet, denn dieser lag nun auf dem Bauch und fuchtelte mit den Armen, während mein Tierchen siegessicher auf seinem Rücken saß.

Ich konnte nicht mehr vor Lachen und der vor mir Liegende grummelte angefressen:

„Ja ja, leck mich am Arsch...“

„Du wärst verzaubert von meinen Leckqualitäten und im Moment hab ich sogar soviel Mitleid mit dir, dass ich es vielleicht sogar tun würde.

Aber helfen tut dir das gerade auch nicht“

sprach ich amüsiert und kramte eines meiner Lieblings Konsolen-Spiele hervor, legte es ein und erbarmte mich dann doch, das wilde Raubtier von meinem Gast zu entfernen, damit dieser sich wieder aus seiner Lage befreien konnte.
 

Zwar bin ich mir sicher, dass Reita durchaus auch alleine dazu im Stande gewesen wäre, aber er tat es nicht – entweder Koron zu liebe oder weil er mich zum Lachen bringen wollte.
 

Einige, eher schweigsame Minuten vergingen und wir waren alle Drei ins Spiel vertieft, denn selbst mein Pelztier scheint immer mitzufiebern, wenn ich mal etwas an der Konsole zocke.

Eine mehr als spannende Verfolgungsjagd für zwei Spieler stand kurz bevor und ich sollte dazu einen Wagen fahren.

Und natürlich musste der Kaffee-Kerl mich anfeuern:

„Jetzt fahr doch, der entwischt uns sonst noch!

Aber nicht zu dicht, sonst sieht er uns!“

Koron bellte bestätigend und legte sich angespannt auf den Boden zwischen uns, doch ich blieb völlig relaxt:

„Nur die Ruhe, ihr tut ja so, als hätte ich noch nie jemanden verfolgt.“

Reita schaute irritiert zu mir hinüber und dies verunsicherte mich so sehr, dass ich mit der Steuerung nicht mehr zurecht kam und verloren mit dem virtuellen Wagen herum eierte.

Aber auch dies konnte mein Mitspieler nicht unkommentiert lassen:

„Raffiniert, wenn wir rückwärts fahren, bemerkt er uns nie!“

„Klappe, ich muss mich konzentrieren!“

knurrte ich zurück und endlich hatte ich Erfolg, der Wagen rollte und das sogar in die richtige Richtung.

Dennoch... Reita schien das Ganze viel zu langsam zu gehen:

„Gib mir deinen Controller, ich mach das.

Wenn ich sehe, wie du hier rumgurkst... da kommt 'ne Schildkröte mit Arthritis rückwärts schneller voran als du...!“

„Das nimmst du zurück!“

fauchte ich, nachdem mir einen kurzen Moment die Luft wegblieb.
 

Der hat doch se doch nich mehr alle!
 

„Überlass das einem Rennprofi und gib her das Ding, los!“

kam es erneut von meinem Gast und nun langte er nach meinem Gamepad.

Ich hatte alle Mühe ihn davon abzuhalten und auch das Auto war mittlerweile vor eine Wand gefahren.

„Geh weg und nimm deine Griffel von mir!“

knurrte ich und versuchte Reita abzuwehren, doch dieser warf sich nun über mich und probierte weiter an den Controller zu gelangen.

„Jetz gib doch her!

Sonst ist das Level gelaufen und unser Leben verloren!

Irgendwann krieg ich das Ding sowieso, du hast viel kürzere Arme als ich!“

argumentierte er und lag nun halb auf mir drauf, Koron bellte erneut, als würde er mit uns mit raufen wollen, doch bot sich mir da eine klitzekleine Chance.

Mein Knie hatte in dieser Position sehr guten Zugang, um zwischen den Beinen des auf mir Liegenden ordentlich Schaden anrichten zu können.

„Runter von mir, oder ich lösche das Leben deiner potenziellen Nachkommenschaft aus... und dich gleich mit“

drohte ich in ruhigem, siegessicheren Ton und Reita brummte ganz dicht an meinem Gesicht:

„Das würde dir ähnlich sehen, den Rest meines Lebens zu ruinieren und dann nicht mal dran teilhaben wollen...“

„Kümmer dich lieber um deine Hähnchenteile... sonst verbrennen sie im Ofen“

flüsterte ich noch leiser und nur noch wenige Zentimeter von seinen Lippen entfernt.
 

Ich konnte es sehen.

Das Verlangen in seinen Augen.

Ich kenne solche Blicke...

Sie hätten mir beinahe die Klamotten vom Leib gerissen, so gierig waren diese Blicke.
 

Ich vernahm wie Reita's Mund sich dem meinen in Zeitlupe näherte und je weniger Distanz zwischen uns herrschte, desto mehr drückte mein Knie in seinen Schritt.

„Wie's aussieht haben wir wohl beide verloren, was...?“

säuselte er in gedämpften Ton und schaute hinüber zu meinem Bildschirm, wo groß und breit 'game over' prangte.

Anschließend sah er wieder direkt zu mir, deutete ein winziges Küsschen in der Luft an und erhob sich von mir.

Koron kam sofort zu mir getippelt und leckte mir übers Gesicht, was mich aus meiner kurzzeitigen Trance zurück holte.

Denn mein Hirn schien irgendwie auf Abwege geraten zu sein, als es sich ausmalte, wie Reita's Lippen mich küssten und zwar mit genau so viel Begehren wie es seine Augen eben taten.
 

Gott, jaaa... für einen kurzen Moment.. wollte ich ihn... ich geb's zu...
 

„Willst du's lieber scharf oder süß-sauer?“

sprach mein Gast offenbar mit mir und mir entkam natürlich nur wieder ein verpeiltes:

„Hö?“

„Na die Hähnchenteile.

Die sehen übrigens sehr saftig und zart aus, einfach zum Anbeißen!“

teilte er mir mit und ich versuchte meine verstreuten Hirnzellen zu sammeln, um auf seine Frage antworten zu können:

„Geht auch Beides?“

„Sicher doch“

brachte er dem entgegen und so sah ich, wie Reita das Geflügel auf einen Teller legte, während ich mich auch endlich mal aufrappelte und krampfhaft nach andersartiger Zerstreuung suchte, wie zum Beispiel:

„Wollen wir 'nen Film gucken?“

„Gerne, aber bitte keine dieser romantischen Komödien... die langweilen mich“

konterte der Kaffee-Kerl, schob die Fertigteig-Plätzchen in den Ofen und machte sich mit dem Essen auf den Weg zurück zu mir.

„Um Himmels Willen... nein.

Ich dachte da eher an ein wenig Gemetzel, das passt doch viel besser zu Weihnachten oder?“

überspielte ich meine Nervosität und kramte in meinem Regal vor mir nach meinen Chucky-Filmen.
 

„Überrasch mich“

hörte ich es hinter mir und abgesehen davon... könnte ich schwören, das der Kerl mir volle Kanne auf den Arsch starrt!

Hektisch pfriemelte ich eine der gesuchten DVD's heraus und nutze die Konsole auch gleich als Player.

„Mhmm... ich steh auf kleine mörderische Wichte“

kommentierte Reita meine Filmwahl, dippte eine Hühnerkeule in eine der Soßen und biss herzhaft davon ab.

Räuspernd griff ich zu einem der Brustteile und ließ mich nun meinerseits überraschen, welchen Dipp ich erwischt hatte.
 

Scharf.
 

Schön scharf!
 

Sehr gut!
 

„Gott, ich liebe es scharf!“

sprach der neben mir Sitzende exakt meine Gedanken aus, was mich einen Augenblick grübeln ließ.

„Was'n, schmeckt's nich?“

nuschelte Reita daraufhin, doch ich schüttelte nur den Kopf:

„Nee, alles bestens!“

Zum Glück startete nun endlich der Film und ich war – hoffentlich – nicht mehr Ziel seines Hauptaugenmerks.

Als ich mich allerdings wieder zurück setzte und ein weiteres dieser wirklich leckeren Hähnchenteile nahm, war nun dieses Stück Fleisch in meiner Hand für jemand Anderen sehr von Interesse.

Solch großen Kulleraugen kann doch niemand widerstehen!

Also gab ich meinem Pelztier das Hühnerbein und griff zum nächsten Stück, als der Kaffee-Spender anmerkte:

„Ich dachte, man soll Hunden keine Geflügelknochen geben.“

„Tu ich auch nicht wirklich.

Im Gegensatz zu dir, frisst Koron noch lange nicht alles.

Der nagt den Knochen blitzblank ab und bringt ihn mir wieder, wirst schon sehen“

ließ ich meinen Nebenmann wissen und dieser zuckte relativ unbeeindruckt mit den Schultern:

„Du wirst schon wissen was du tust.“
 

Eigentlich weiß ich gerade nicht so genau was ich tun soll...
 

Zumindest nicht wenn es um diesen Typen geht.
 

„Probier ma füf-fauer!“

sprach mich Reita abermals mit noch vollerem Mund an und hielt mir ein zartes Stück Hähnchenbrust vor die Nase.

Zögerlich biss ich ab und musste feststellen:

„Hey, daff fmeckt geil!“

„Fag ich doch!“

gab er mir recht und dippte gleich noch einmal nach, als ich undeutlich sagte:

„Mif vollem Mund fricht man nich!“

„Mufft du grad fagen!“

kam es genauso unverständlich zurück und diese ganze Situation löste bei uns beiden einen Lachkrampf aus.
 

Und jeder, der schon mal lachen musste, wenn er den Mund voll hat, der weiß wie sehr man Gefahr läuft, dass sich das umständlich gekaute Essen auf dem Boden oder gegebenenfalls auf der Kleidung wieder findet.
 

Während wir noch am Giggeln waren, versuchte Reita mich erneut zu füttern, doch ich kam vor lauter Lachen kaum zum Kauen und musste ihn halbherzig abwehren.

Am Ende hatte ich um den Mund herum süß-saure Soße und mein Bauch schmerzte vom Lachanfall.

Selbst als mich der mir nun gegenüber Sitzende ganz offensichtlich auslachte, konnte ich mich nicht wieder einkriegen und drehte den Spieß einfach um, schnappte mir ebenfalls solch ein Hühnerteil und tunkte es in die scharfe Soße.

Ich ging damit auf Reita los und wie zu erwarten, ließ auch er das nicht einfach ohne Gegenwehr über sich ergehen und versuchte mir auszuweichen.

Er packte mich an den Handgelenken und ließ sich nach hinten kippen, was dazu führte, dass ich nun meinerseits auf ihm lag und noch immer kichernd probierte mich mit der scharfen Soßenvariante an ihm zu rächen.
 

Dann allerdings führte er mit einem schnellen Ruck meine Arme links und rechts nach außen und sorgte dafür, dass ich auf ihn drauf plumpste.

Meine Gedanken im Kopf und mein Herz begannen augenblicklich zu rasen und mein Lachen blieb mir buchstäblich im Halse stecken.

Räuspernd versuchte ich brauchbare Worte zu finden und sagte:

„Ehh... du... du hast Kekse im Ofen...“

„Ich weiß, aber ich bin gerade verhindert“

lächelte er und ließ meine Handgelenke endlich los.

Sofort kam mir eine Idee, die ich auch gleich umsetzen musste, denn ich nutzte die Gelegenheit und schmierte ihm nun erst recht den Dipp um den Mund und türmte so schnell ich konnte aus Reita's Reichweite.

„Orrr!

Na warte!“

drohte er gespielt und sprang athletisch in Sekundenschnelle auf die Beine, verfolgte mich bis in die Küche und täuschte einen weiteren Angriff an, drehte jedoch vorher ab und widmete sich den Plätzchen, als sei nie etwas gewesen.

Irritiert schnappte ich mir die Küchenrolle, welche mir überreicht wurde und wischte mir damit übers Gesicht, beobachtete nebenher Reita, wie er die... ja... wirklich gut durch gebackenen Kekse aus meinem Ofen nahm und sich grinsend zu mir drehte:

„Extra knusprig!“
 

Der Mann ist wirklich nicht mehr ganz knusper...
 

Auch die Kekse landeten auf einem Teller, dann zückte er eine weitere seiner mitgebrachten Tüten und stellte einen Mini-Weihnachtsbaum neben meiner Liege im Wohnzimmer auf.

Dieser war auch schon mit winzigen Lichtern und kitschigem Schnickschnack geschmückt.

Argwöhnisch beäugte ich sein weihnachtliches Tun und fragte verunsichert:

„Sag mal... wie kommt's, dass du so auf den Weihnachten-Kram abfährst?“

„Meine Mutter hat als ich Kind war immer diese amerikanischen Sendungen geschaut und ich wollte seit dem auch mal so Weihnachten feiern wie diese Leute.

Sie wollte das immer nie und allein hatte ich keine Lust dazu“

erklärte er und ergänzte dann lächelnd:

„Aber heute hab ich ja dich und ich gedenke mir die volle Dröhnung zu geben!“

„Von mir aus... solange du mich nicht zwingst 'Stille Nacht' zu trällern...“

murrte ich mäßig begeistert und Reita schüttelte den Kopf:

„Aber nein.

Ich singe selber!“

„Was?!“

entkam es mir entsetzt und der Penner lachte:

„War ein Scherz, man!

Du hättest mal dein fassungsloses Gesicht sehen sollen.“

„Fieser... blöder... Sack!“

zischte ich leise, doch er hörte es:

„Giftkröte!“
 

Grrrrrrhhh!
 

Knurrend ließ ich mich im Wohnzimmer neben Reita auf meiner Liege fallen, auf welcher er eben platz genommen hatte und die Kekse futterte.

„Probier ma“

wandte er sich an mich und ich winkte ab:

„Nee, wenn ich noch mehr fresse, dann musst du mich nachher ins Bett rollen.“

„Mit Vergnügen, wehrlos hab ich dich am liebsten!“

konterte er frech grinsend und reichte mir abermals die Kekse.

Seufzend nahm ich mir eines der ziemlich dunklen Dinger und testete sie auf Genießbarkeit.

Und sie waren gut!

Erstaunlich gut...
 

„Hast du da irgendwelche Mixturen drüber geschüttet, dass die trotzdem Schmecken, obwohl sie verbrannt sind?“

wollte ich skeptisch von ihm wissen und Reita tat entsetzt:

„Die sind nicht verbrannt, die sind genau richtig!

Und nein, wie kommst du darauf, dass ich da irgendwas reinmixe?“

„Bei dir weiß man nie...“

murmelte ich und nahm mir wie ferngesteuert gleich drei oder vier der Plätzchen und knusperte sie.

„Siehst du, so schlecht können sie gar nicht sein, wie du sie hier machst“

gab der neben mir Sitzende feststellend von sich und nun war ich es, der desinteressiert tuend mit den Schultern zuckte.
 

Ohne dass ich es verhindern konnte, fielen mir noch viel mehr dieser Kekse zum Opfer.

Zusammen mit der geleerten Flasche Wein war ich nun wirklich vollgestopft bis oben hin, als der Film vorbei war und mir auffiel wie sehr mein Nacken schmerzte, sobald ich mich nach vorn lehnte.

Ich wollte mich eigentlich nur ein wenig unauffällig massieren, doch für Reita schien das eine lauthals schreiende Einladung zu sein, wieder seine Griffel nicht bei sich zu behalten und mich anzutatschen:

„Komm her, lass mich das machen.“

Noch eh ich protestieren konnte, war eine dieser göttlichen Hände schon am Werk und lösten eine Ganzkörpergänsehaut aus.

Meine Augen fielen wie von selbst zu, meine angespannten Schultern senkten und lockerte sich wie von Zauberhand.

Ich hätte am liebsten geschnurrt, so gut tat das!

Aber wer weiß schon, was das für fatale Auswirkungen haben würde, wenn ich dem stalkenden Kaffee-Kerl eben dies offen zeigen würde.

Ein leises Flüstern drang an mein Ohr:

„Besser?“
 

Ohh.. jaa... viieel besser!
 

„Geht so...“

antwortete ich und vernahm wie sich nun beide Hände um meinen Nacken und Schultern kümmerten.

„Du solltest dich mal auf die Massagebank legen, deine Muskeln in diesem Bereich sind total verhärtet“

merkte Reita an und leider lief ich Gefahr, dass sich bei soviel Entspannung und Wohlgefallen noch ganz andere Bereiche verhärten würden...

„Danke, ich... komme schon klar“

murmelte ich und schob eine seiner Hände von mir weg.

Dabei realisierte ich wie nah er mir eigentlich war und konnte mich nicht mehr daran hindern wegzusehen, geschweige denn mich aus dieser verfänglichen Situation zu manövrieren.
 

Da war es wieder.
 

Das Knistern in der Luft..
 

Die Spannung zwischen uns...
 

Mein wummerndes Herz.
 

Wie schon vor einiger Zeit, sah Reita auch jetzt wieder zwischen meinen Augen und meinen Lippen hin und her.

Ich wusste sofort, er würde es wieder probieren, nur war ich mir nicht mehr sicher, ob ich ihn noch einmal daran hindern wollte.

Die Hand in meinem Nacken änderte ihr Massieren in ein Streicheln um und auch die zweite legte sich mit leichtem Zittern an meine Wange.

Der Daumen strich wie damals auch, an meinem Mundwinkel entlang und wanderte über meine Unterlippe.

Ich war so unsäglich nervös...

Und irgendwie wusste ich, dass er es noch einmal tun würde.

Mich küssen...

Und er tat es.

Sehr viel langsamer, vorsichtiger und ohne jeglichen Versuch mich an Ort und Stelle zu halten, tupfte er seine Lippen auf die meinen.

Ich konnte und wollte mich nicht rühren.

Reita löste sich wieder einige Zentimeter von mir und betrachtete erneut mein vor Nervosität fast schon versteinertes Gesicht und hauchte kaum hörbar:

„Sorry... ich wollte dich nicht schon wieder bedrängen... ich... kann dir nur nicht...“

In diesem Moment wollte ich einfach nur, dass er die Klappe hält und mein überlastetes Hirn alles verarbeiten konnte, also fasste ich nach der Hand, die bis eben noch an meiner Wange ruhte und legte sie dorthin wieder zurück und presste unbeholfen meinen Mund auf den seinen.
 

Gott... ich hab es getan...!
 

Erst als ich einen Moment später wieder von ihm abließ, beendete er seinen zuvor begonnenen Satz mit einem ganz leisen Krächzen:

„Widerstehen...“
 

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Und was denkt ihr wird jetzt passieren?

Flippt Ruki wieder mal total und dazu unnötig aus, oder bleibt er – für seine Verhältnisse – cool und lässt die Sache auf sich zu rollen?

Ich habe mich echt beeilt um mein (mehr oder weniger) Versprechen einzuhalten und noch am heutigen Sonntag (23:56 Uhr) zu updaten.

Geschafft! – gerade so, würde ich mal sagen xD

Dafür muss ich mich nun erst mal wieder auf gründlichere Fehlersuche begeben, falls mir wieder welche entwischt sein sollten x.x

Ähm ja... jetzt aber nochmals vielen Dank für die lieben aufbauenden Worte nach dem letzten Kapitel, ihr habt mich wirklich motiviert und vor allem hat es mich gerührt, dass der Gesundheitszustand meines Katerchens Vielen so nah ging. <3

Meine Leser sind eben doch die besten :)

Gut, dann kommen wir mal zu einem weiteren Thema: nämlich, ich plane schon mal im Voraus eine neue FanFiction und diese wird auch wieder ein ernsteres Motiv haben.

Umfrage ist anonym und jeder kann teilnehmen, aber dazu mehr erklärt unter diesem Link:

http://animexx.onlinewelten.com/umfragen/84164/

Ich bitte um rege Teilnahme!

Gerne beantworte ich auch Fragen dazu per FF.de-Mail oder ENS, nur keine Scheu!

Bitte lest es euch gut durch und wählt euren Favoriten!

*Werbung Ende*

Ansonsten freu ich mich natürlich auch auf Feedback zum Kapitel!

Nochmals Danke und bitte sammelt die verirrten Fehlerchen ein und nehmt sie mit nach Hause, sie fürchten sich im Dunkeln.

Unbekannte Gefühle

„Halt einfach.. die Klappe...

Ich muss mich hier konzentrieren... und... ich will was probieren...“

knurrte ich leise nach diesem recht unsicheren und irgendwie auch nicht wirklich geplanten Kuss.

Bevor Reita auch nur den Hauch einer Chance hatte, etwas darauf erwidern zu können, presste ich meine Lippen auf die seinen und brachte ihn somit zum Schweigen.

Allerdings schien mein Gegenüber nicht ganz unbeteiligt bleiben zu wollen und war nun um einiges energischer bei der Sache, seine Lippen versuchten die meinen zu teilen und spätestens jetzt hatte er die Oberhand an sich gerissen.

Ich ließ mich zurück auf meine Liege drängen und das ganze mit deutlich spürbarem Adrenalinrausch über mich ergehen.

Von Genuss konnte noch keine Rede sein, ich war viel zu aufgeregt – auch wenn ich im Laufe meiner Karriere schon in deutlich verfänglicheren Situationen war.
 

Wenn da nur nicht diese Neugierde wäre, zu wissen wie es mit meinem stalkenden Auftragskiller ist... so im Bett und... als Partner... wie ganz normale Menschen...
 

Ich fühlte mich, als würde ich etwas Verbotenes tun.
 

Reita legte sich nun halb auf mir ab und probierte erneut auf sanfte Weise meinen verkrampften Mund zu erkunden, sein Daumen berührte mein Kinn und die Fingerspitzen ruhten an meinem Hals.

Er war zwar sehr vorsichtig, aber aufgeben schien für ihn jetzt keine Option mehr.

Da ich gleichermaßen aufgeregt, wie neugierig war, gab ich nun vollends nach und öffnete meine Lippen, spürte gleich darauf die vorwitzige Zunge und klammerte mich dabei an Reita's Klamotten fest.

Mein Herz raste...

So sehr, dass ich dachte, ich würde in meinen jungen Jahren schon kurz vor meinem ersten Herzkasper stehen.
 

Ich wusste es schon immer...
 

Dieser Typ bringt mich noch ins Grab!
 

Er lächelte... und sah dabei sehr zufrieden aus.

Das konnte ich so nicht stehen lassen und brummte leise:

„Hör auf so blöd zu grinsen..!“

Eigentlich eine klare Ansage, doch was tat dieser Kerl?

Der grinste noch breiter und noch verzückter...
 

Na warte...
 

Wenn du glaubst, dass du mich jetzt an der Angel hast, dann hast du dich aber gewaltig geschnitten, mein Lieber...!
 

Wir werden noch sehen, wer wen an der Leine hat!
 

Ich packte den über mir Liegenden fest an den Nackenhaaren, was ihn nicht im Mindesten zu beeindrucken schien, denn er versuchte mich weiterhin zu küssen.

Als ich Reita aber mit eisernem Griff daran hinderte, schauten mich seine Augen so an wie Koron's, wenn ich ihm das penetrant quietschende Spielzeug wegnehme, dass er so liebt.

Seufzend gab ich nach und ließ los, wurde daraufhin auch gleich wieder recht intensiv geknutscht und vernahm an meinem Bauch, wie sich eine Hand unter den Saum meines Shirt wagte.

Sofort unterbrach ich den Kuss und schüttelte wortlos, aber hoffentlich deutlich genug, mit dem Kopf, doch Reita hatte offensichtlich noch mehr vor als ich in diesem Moment, denn er begann ohne Umschweife meinen Hals zu küssen.
 

Ich wollte nicht, dass er mich einfach so berührt.

Ich wollte Derjenige sein, der entscheidet, was ich zulassen will und was nicht.
 

Leider fühlte es sich verdammt gut an, was er da mit dem Mund an meinem Hals machte und es entspannte mich allmählich.

Sogar so sehr, dass ich kaum mitbekam wie mein Shirt mal wieder hochgezogen wurde, bis Reita's Lippen tiefer wanderten und an meinem Bauch ihr Tun fortsetzen wollten, doch das ging mir zu weit.

Es war nicht so, dass ich nicht glauben würde, dass es sich nicht auch ebenso gut anfühlen würde, nein... eher im Gegenteil...

Ich wollte lieber nicht wissen wie es sich anfühlt... jedenfalls jetzt noch nicht.

Schleunigst dirigierte ich seinen Kopf wieder hinauf und sprach leise:

„Ich will das nicht.“

„Aber warum?“

fragte er verständnislos und ich grummelte:

„Ich sagte dir doch schon, nur weil ich 'ne Hure bin, lass ich mich nicht zu jeder Zeit besteigen.“

„Du siehst das viel zu eng, Ruki...“

brummte Reita und richtete sich auf.

Ich setzte mich ebenfalls wieder ein wenig aufrechter hin und schimpfte:

„Eng?

Du bist ein verdammter Killer und ich kenne noch nicht mal deinen richtigen Namen!

Und du beschwerst dich, wenn ich nicht gleich alles mit mir machen lasse?“
 

Ich finde, er kann froh sein, dass ich ihn mit nach Hause genommen habe und er mich küssen durfte!
 

„Akira...“

murmelte mein Gegenüber und da ich nicht wusste, was er nun von mir wollte, gab ich nur einen fragenden Laut von mir und so ergänzte er:

„Suzuki, Akira... das ist mein Name.“

Abwartend sah er mich an und ich stammelte überrumpelt:

„Ehh ja... freut mich... Akira.“

„Ruki, ich bitte dich, du darfst diesen Namen niemals irgendwo erwähnen!

Ich weiß nicht, was sie mit dir anstellen, wenn sie wissen, dass du meinen Namen kennst...

Mein Vater und seine Feinde haben ihre Vögelchen überall, die immer fleißig berichten, wer mit wem zu tun hat... und er wird keine Sicherheitslücken dulden...

Ich sage dir das alles nur, weil ich glaube dich mehr in Gefahr zu bringen, wenn du im Dunkeln tappst und außerdem würdest du mir sonst kein Stück über den Weg trauen“

kam es eindringlich von dem vor mir Sitzenden und ich flüsterte geringfügig eingeschüchtert:

„Ok, aber... übertreibst du da nicht ein bisschen?“

„Ruki, das ist kein Spiel, ich meine das verdammt ernst!

Ich hab zwar auch zwei Spione, die meinen Vater im Auge behalten, aber ich kann da lange nicht soviel erfahren, wie er oder seine Feinde über mich“

versicherte mir Reita mit Nachdruck und ich hob beschwichtigend die Arme:

„Fein, dann... wie soll ich dich nennen?“

Seine in Falten gelegte Stirn glätte sich und sogar ein lockeres Grinsen war nun stattdessen zu sehen:

„Joa..sonst darfst du mich nennen wie du willst... mein Honigbienchen!“

Als er sich zu mir neigte, um mich ganz offensichtlich küssen zu wollen, wich ich zurück und hob eine Braue:

„Also... Honigbienchen ist absolut inakzeptabel!“

„Wie du meinst... Giftkröte!“

konterte er frech lächelnd und holte sich flink den Kuss, den er eben schon wollte.

Diesmal setzte sich Reita aber schleunigst auf meinen Schoß und knutschte mich leidenschaftlich in das Polster meiner Liege, ließ mir dann einen Augenblick zum Luftholen und angelte währenddessen schon mal mit seiner freien Hand nach den Gläsern und einer neuen Flasche, ganz in unserer Nähe.
 

Der Mann ist echt multitasking-fähig...
 

Ist in seinem Job wahrscheinlich auch von Vorteil...
 

Mit dem Korkenzieher seines Taschenmesser, welches er so eben aus einer Hosentasche zauberte, öffnete er den Rotwein, schenkte ein und überreichte mir mein gefülltes Glas.

Wir stießen an und zumindest ich für meinen Teil schüttete mir den Inhalt des ganzen Glases auf einmal hinter, stellte es anschließend auf den Boden und mein wortkarger, aber immer noch grinsender Kaffee-Kerl tat es mir nach.

Sogleich überredete er mich zu weiteren Küssen und ich ließ es ohne Murren zu, während ich noch kurz über seine Worte nach dachte und hoffte, bei all diesen Feindseligkeiten der Mafiosi da draußen, bei Hishinuma in Sicherheit zu sein.

Doch diese Gedanken schwanden bald, als meine Hände sich angespannt an seine Oberschenkel legten und steinharte Muskeln fühlten.

Sie waren nicht üppig, aber sehr fest – und wenn ich ehrlich bin, mag ich es doch sehr, was es dort zu ertasten gab.

„Mhmmm, wer fummelt denn da?“

kam es neckend von dem auf mir Sitzenden, eh dieser nach meinem ertappten Stoppen hauchte:

„Mach ruhig weiter, ich nehm alles was ich von dir kriegen kann.“

Ein wenig peinlich berührt, ließ ich mich auch wieder aufs Knutschen ein und wurde zunehmend entspannter dabei, hatte bald auch den Dreh hierbei raus und erfühlte ab und an noch mal nach den Muskeln seiner Beine.
 

Kein Wunder, dass er damit in einem Satz auf den Füßen stehen konnte, als er vorhin auf dem Boden gesessen und mich nach meinem Soßen-Anschlag in die Küche verfolgt hatte.
 

Unsportlich wie ich bin, sieht das bei mir sicher besonders inadäquat aus ...
 

Ungefähr wie wenn sich ein alter Mann mühsam hoch hievt...
 

Kaum hatte ich den Gedanken zu Ende gedacht, schlichen sich mir die Bilder seiner Arme vor mein inneres Auge.

Auch Reita bekam meine kurze geistige Abwesenheit mit und blickte mich fragend an.

Zunächst mit mir hadernd, entschied ich mich nun doch dazu ihn um eine Kleinigkeit zu bitten:

„Kannst du dein Hemd ausziehen?“

Etwas irritiert schaute er mich daraufhin an und knöpfte das Stück Stoff auf, doch zum Vorschein kam zu meinem leisen Bedauern ein weiteres - wenn es auch nur ein dünner langärmliger Pulli war und so druckste ich verunsichert herum:

„Ähm... das da bitte auch...“

Ein wenig am gemeinten Kleidungsstück zupfend, wartete ich darauf, dass er meinen Wunsch erfüllen würde, doch dieser gewiefte Typ wusste natürlich sofort Bescheid:

„Meine Arme also...

Die haben's dir angetan, was?“

„Sag mal, kann man denn gar nichts vor dir verheimlichen?“

moserte ich mit heißen Wangen und schaute ausweichend zur Seite.

Grinsend machte sich Reita ans Werk, pellte sich aus dem enganliegenden Ding und präsentierte mir seinen nun unverhüllten Oberkörper.
 

Das is'n Witz oder..?
 

So dürr wie der Typ wirkt... aber unter der Schale ist das reinste Schlaraffenland.
 

Wie zum Henker soll ich da bitte stark bleiben?
 

Nickend und mit einem Hauch von einem Lächeln sprach der auf meinem Schoß Sitzende wissend:

„Dir gefällt, was du siehst.“

Vollkommen aus dem Konzept gebracht, wusste ich nicht so recht, wo ich hin schauen sollte.

Tja... blöd, dass wir Männer so visuelle Wesen sind...

Wegschauen ist einfach verdammt schwer, bei solch heißen Anblicken...

„Fass ruhig an, ist Alles ganz allein für dich“

flüsterte Reita, griff gleich darauf nach meinem Handgelenk und führte meine Finger an seinen Bauch.

Nervös zog ich meine Hand gleich wieder weg und hatte es echt schwer dieser Versuchung nicht doch zu erliegen.

Mal wieder mit einem sehr zufriedenen Gesichtsausdruck, beugte er sich über mich und setzte unsere Knutscherei fort.

Mir war das im Moment auch mehr als recht, denn dann kam ich mir nicht so ertappt vor.
 

Ich muss zugeben, ich mochte es sehr, wie... Akira... nun immer wieder meinen Hals liebkoste und sogar meinen Hemdkragen etwas beiseite zupfte, damit er auch an meine Schulter kam.

Ein kribbeliger Schauer jagte den nächsten und irgendwie machte es mir Angst, dass ich mich hierbei so unerwartet wohl fühlen konnte, weshalb ich einen Ausweg aus dieser unkontrollierbaren Situation suchte und probierte daher irgendwie ein Gespräch einzuleiten:

„Wir knutschen hier rum, wie zwei verliebte Teenager.“

„Verliebte Teenager, hm?

Zumindest eins davon trifft auf mich zu... wie ist es mit dir?“

fragte er mich und ließ gleich danach seine Zähne mit leichtem Druck in einem angedeuteten Biss über meine Haut am Hals fahren.

Und schon wieder stellten sich sämtliche Härchen auf, vor lauter wohligem Kribbeln und dieses Gefühl ließ einfach nicht zu gleichzeitig zu antworten.

Mühsam versuchte ich allmählich meine Gedanken zu sammeln und krächzte:

„Hmm... ich glaub, die Teenagerzeit, die ich hatte... hab ich damit verbracht meinen Eltern das Leben schwer zu machen.“

„So ein ungezogener Junge warst du also...

Erzähl mir von ihnen.. deinen Eltern“

flüsterte Reita mit den Lippen dicht an meinem Ohr und ich konnte leider kaum darüber nachdenken, was ich dazu sagen sollte.

„Da gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen... wir hatten nur unterschiedliche Vorstellungen davon, wie mein späteres Leben auszusehen hätte...“

murmelte ich widerwillig aber, dennoch nachgiebig und hörte auch gleich die nächste Frage:

„Ist das nicht immer so?“

„Eben, darum gibt’s ja nicht wirklich was zu berichten“

schlussfolgerte ich aus dieser Konversion und hoffte, dass sich nun ein besseres Thema finden würde, doch offenbar wollte der Kerl die Sache noch weiter ausbreiten:

„Hast du Kontakt zu ihnen?“

„Reita...“

knurrte ich unwillig und der Gemeinte erklärte:

„Ich will doch nur etwas mehr über dich wissen...“
 

War es nicht eigentlich ich, der mehr erfahren wollte...?
 

Seufzend beantwortete ich auch diese Frage:

„Nein, hab ich nicht.

Ich glaube sogar, sie denken, dass ich tot oder auf nimmer wiedersehen ausgewandert bin...“

„Vermisst du sie nicht?“

wollte er von mir wissen und setzte dann Tun an meinem Hals fort, da ihm offenbar aufgefallen sein musste, dass mich dies durchaus redseliger und vor allem kooperativer machte.

„Nein...“

erwiderte ich also und spürte gleich darauf ein seltsames Zwicken:

„Au!

Was machst du denn da?“

„Na 'n Knutschfleck... wie ein verliebter Teenager...“

nuschelte er und berührte dabei mit den Lippen weiterhin meine Haut, ich schob ihn von mir weg und grummelte leise:

„Lass das bitte, ich darf nicht entstellt sein.“

„Entstellt?

Du übertreibst mal wieder“

kam es wenig begeistert zurück und so hauchte ich:

„Bitte...“

„Ja, worum bittest du mich denn?“

entgegnete Reita grinsend und ich zischte gedämpft:

„Dass du mich mit Respekt behandelst... zum Beispiel.“

„Hmm... Respekt.

Ich empfinde Ehrfurcht...“

säuselte er zurück und schaute mich aus halb geschlossenen Lidern an, tupfte seine Lippen auf meine und so murmelte ich:

„Den Eindruck habe ich nicht...“

„Weißt du, welchen Eindruck ich habe?

Du bist ein komplexes Individuum mit sehr vielen Komplexen...“

ließ er mich wissen und ich war natürlich anderer Meinung, jedoch wollte ich nicht schon wieder diskutieren und brummte kaum hörbar:

„So so... findest du...“

Mit einem bejahenden Knurren bestätigte er seine Meinung und ich gab seufzend auf.
 

Was soll's...
 

Ich schenk ihm den Sieg, eh wir wieder sinnlos streiten.
 

Als wir wenig später einigermaßen wieder ins Rummachen vertieft waren und diese 'Anfälle' von extremer Gänsehaut und flauem Gefühl im Magen immer öfter und heftiger auftraten, beschloss ich dies anzusprechen:

„Akira?

Mir ist irgendwie so komisch...“

Der Angesprochene unterbrach sein Tun und hakte nach:

„Tut dir was weh, ist dir schlecht?“

„Nein, ich denke nicht...“

nuschelte ich, da ich nicht wusste wie ich es hätte beschreiben sollen, wie sich mein Körper anfühlte und so fragte er nach einem weiteren kurzen Augenblick:

„Geht’s wieder?“

„Ich denke schon...“

antwortete ich zurückhaltend, selbst noch nicht ganz davon überzeugt und auch Reita wollte offenbar keine weitere Zeit mehr verlieren:

„Darf ich weiter machen?“

Ich nickte zaghaft und kaum dass wir wieder voll beim Rummachen waren, ging es wieder los:

„Warte, da ist es wieder!“

„Hm... Ruki... darf ich etwas probieren?“

kam es fragend von dem inzwischen wieder halb auf mir Liegenden und mir entwich nur ein verpeiltes:

„Öhm sicher...?“

Doch statt mir zu erklären was er vor hat, setzte sich Reita wieder neben mich auf die Liege, zückte sein Handy und tippte teilnahmslos darauf herum.
 

Ehh... hö?
 

Hab ich was verpasst?
 

„Und was soll jetzt passieren?“

hakte ich noch verwirrter nach und der Kaffee-Spender klang fast schon gelangweilt, als er antwortete:

„Ich hoffe doch sehr, dass nichts passiert.“

„Öhm... und wieso?“

war ich immer noch nicht schlauer geworden von seinem Verhalten und der neben mir Sitzende sagte nun:

„Werde ich dir gleich erklären.“

Wieder geschah etwa zehn unendlich lange Minuten gar nichts und so langsam kam ich mir auch derb veräppelt vor.

Ich ließ mich schnaubend nach hinten kippen und wartete darauf, dass man mich endlich aufklären würde.

„Ruki... dir geht’s gut, ne?

Kein 'komisches Gefühl' oder sowas?“

sprach mich Reita nun eine halbe Ewigkeit später wieder an und erwischte mich gedankenversunken:

„Öh ja, nee... alles bestens.“

„Ok, dann würde ich gern da weiter machen, wo ich eben aufgehört habe.

Ich darf doch?“

fragte er und mir blieb nur ein irritiertes Nicken.
 

Der Typ ist mir ein Rätsel...
 

Er legte sich wieder an meine Seite und flüsterte:

„Tu mir einen Gefallen... wenn's gleich wieder im Bauch kribbelt, dann lass dich einfach fallen und gib dich diesem Gefühl hin.“

Kaum hatte er seinen Satz zu Ende gesprochen, küsste er mich voller brodelnder Leidenschaft und löste ein weiteres mal einen heftigen kribbelnden Rausch aus.

„Fuck... was machst du mit mir... hast du mir irgendwas ins Glas geschüttet?“

krächzte ich und kam mir irgendwie so hilflos vor; dem ausgeliefert, was immer hier mit mir geschieht.

„Nein... wie kommst du nur immer darauf, dass ich dir was unterjubeln will?

Das ist ganz allein dein Körper, er sehnt sich danach... nach dem, was wir hier machen und er zeigt es dir nur verdammt deutlich...“

erklärte er fast schon fachmännisch, doch ich war viel zu nervös, weil ich diese Empfindungen einfach nicht kontrollieren kann:

„Akira... das... das... macht mich völlig konfus...“

„Das ist Ok, ich weiß wie's dir geht... ist bei mir auch so... völlig normal...“

ließ er mich mit rauer Stimme wissen und ergänzte kaum hörbar:

„Das passiert von ganz allein, wenn man sich zu jemandem hingezogen fühlt und.... Sex aus purer Leidenschaft mit ihm haben will...“

„Aber ich will nicht-“

begann ich einen Satz, doch wurde ich mittendrin unterbrochen:

„Ich weiß...

Du brauchst Zeit.“
 

Das klingt, als wäre ich ein 14-jähriges kleines Mädchen...
 

Aber... hmmm...
 

Zeit...
 

Zeit?
 

Zeit!!!
 

Da war doch was!
 

„Fuck!

Meine verdammten Auktionen!!“

fiel mir etwas ein, was ich wohl irgendwie verdrängt hatte und so suchte ich aufgescheucht nach irgendeiner Uhr.

„Noch eine halbe Stunde laufen sie!

Oh Gott, hab ich ein Schwein!“

Reita konnte gar nicht so schnell gucken, wie ich ihn von mir runter befördert hatte und er auf dem Boden landete, ich im Affenzahn in die Küche an meinen Laptop stürmte und es gar nicht schnell genug gehen konnte, bis diese lahme Kiste endlich hochgefahren war.
 

Ich hätt's beinahe verpennt!
 

Alles nur wegen diesem Giftmischer!
 

Meine Finger trippelten ungeduldig auf der Tischplatte meines Esstisches, während ich mit halbem Auge registrierte wie Akira sich, ähnlich behäbig wie mein PC, zurück auf die Liege hievte.

Dann endlich hatte die lahme Schnecke vor mir Verbindung mit dem Internet aufgenommen und ich mich hektisch durch die Ebay-Anmeldung gekämpft, als ich wenig begeistert ein Auge auf die derzeitigen Gebote warf:

„Moah... mein Konto wird glühen bei den Preisen...“

„Was machst du da eigentlich?“

rief er als Antwort hinüber zu mir und ich grummelte:

„Mensch, meine Auktionen!

Ich hab dir doch von dem Goldschmuck aus Indien erzählt!“

„Ach der Schnulli...“

kam es wenig beeindruckt von Reita, welcher die Hände hinterm Kopf verschränkte und im Gegensatz zu mir jetzt sehr entspannt aussah.
 

Schnulli... pfff...!
 

„Leck mich!“

zischte ich zurück und selbstverständlich ließ es sich der Blödmann nicht nehmen dementsprechend zu kontern:

„Das würde ich mit Vergnügen tun, Honigbienchen.“

„Lass den Unsinn!

Ich muss mich hier konzentrieren und mental auf den bevorstehenden Krieg einstimmen“

ließ ich ihn wissen, hochmotiviert den Schmuck zu gewinnen.

Hörbar schmunzelnd griff er zum Weinglas und schlürfte lauthals die rötliche Flüssigkeit daraus.

Ich räusperte mich ebenfalls sehr deutlich, da ich wusste, dass der Penner es drauf angelegt hat, dass ich giftig reagieren würde, doch tat ich ihm den Gefallen nicht.
 

Eine knappe viertel Stunde vor Auktionsende dann die absolute Katastrophe!

„Scheiße!

Was ist mit dem gottverdammten Internet los?“

fluchte ich lautstark und sprang vom Stuhl auf, ruckelte an allen Kabeln und Steckern und startete letztlich sogar den Laptop noch mal.

Ich war gefühlt kurz vorm Nervenzusammenbruch und spürte schon die grauen Haare samt Stresspusteln nur so sprießen:

„Fuck, ey!

Das darf doch jetzt nicht wahr sein!

Saftladen, beschissener!!“

„Ganz ruhig, Brauner“

sprach Akira unangemessen ruhig und erhob sich von meiner Liege, kam zu mir in die Küche und schaute sich die Sache mit fachmännisch-kritischem Blick an:

„Wollen wir doch mal sehen.“

Völlig gestresst langte ich nach meinen Zigaretten, öffnete die Balkontür ein kleines Stück und rauchte angespannt nahe dem Türspalt.

Ich brauchte dringend Nikotin im Blut, aber ganz raus gehen und meinem PC samt Schmuck dem Schicksal überlassen, zu einem solch heiklen Zeitpunkt, das war einfach nicht drin!
 

„Und?“

fragte ich etwa alle 30 Sekunden nach, doch der neben mir Stehende blieb die Ruhe selbst, klickte und probierte herum, bis er mir die vernichtende Diagnose gab:

„Ich schätze, das Netz ist überlastet.

Das passiert in manchen Vierteln häufiger an Feiertagen; war bei mir früher auch so, bis sie die Leitungen erneuert haben.“

„Ehhh... das... das heißt, ich kann meine Auktionen knicken?“

„Sieht wohl so aus, ja“

bestätigte er das dumpfe Gefühl in meiner Magengrube und klopfte mir auf die Schulter.

Niedergeschlagen schnippte ich den abgebrannten Zigarettenstummel nach draußen und fiel dann auf meinem Küchenstuhl zusammen.

Kurz darauf hörte ich das vertraute Geräusch 'fitt fitt fitt fitt fitt', das Koron's Krallen immer auf meinem Parket machen, wenn er sich in Bewegung setzt.

Mein Arm hing schlaff hinunter und mein Pelztier schleckte meine labbrige Hand ab.

„Nich jetzt... Papi ist in tiefer Trauer...“

murmelte ich deprimiert und tippte hoffnungslos auf meiner Tastatur herum, bis mein Kopf auf diese sank.
 

„Du übertreibst maßlos“

kam es ohne jegliche Anteilnahme von Reita, welcher seine Jacke aus dem Wohnzimmer holte und sie über seinen nackten Oberkörper warf, bevor er fragte:

„Darf ich mir 'ne Kippe von dir leihen?“

„Hm... es ist eh alles sinnlos...“

nuschelte ich geknickt und kraulte meinem Tierchen halbherzig am Ohr.

Mein Weihnachtsgast verzog sich auf den Balkon und lehnte die Tür von außen an, mein Blick glitt jedoch immer wieder zu meinem Monitor, auf welchem man in einem der Browser-Fenster noch immer die Zeit ablaufen sah, sowie mein schon eingegebenes, aber noch nicht abgegebenes Gebot, und natürlich die karge Seite mit tollen Tipps zur Kontrolle, weshalb mein Internet nicht funktionieren könnte.

Die Sekunden vergingen und je weniger davon noch verbleiben würden, desto mehr ärgerte ich mich über die Inkompetenz des World Wide Webs.

Wie ein Psychopath starrte ich auf diese lautlos tickenden Zahlen und konnte gar nicht hinsehen, als beide Auktionen schließlich vorbei sein mussten.
 

Nicht nur, dass dieser blöde Sack da auf meinem Balkon mir nicht beisteht und auch kein Mitgefühl übrig hat, nein... jetzt steht der da draußen und telefoniert erst mal fröhlich...
 

Am besten ich schnapp mir gleich die Weinflasche und verzieh mich ins Bett...
 

Ich fühlte mich in dem Moment so breit gelatscht wie schon lange nicht mehr und schaffte es kaum mich vom Platz hoch zu hieven, als Akira auch schon wieder grinsend zur Tür hinein kam und kurz mit den Zähnen klapperte, eh er anmerkte:

„Hach, schön kuschelig hier.“

Er ging ohne Weiteres direkt durch in mein Wohnzimmer, öffnete unterwegs seine Jacke ein wenig und ließ sich auf das Polster meiner Liege fallen.

„Deine gute Laune möchte ich mal haben...“

murrte ich und Reita rief zu mir hinüber:

„Och, Honigbienchen...!“

„Lass das!“

zischte ich zurück und der Blödmann neckte mich natürlich weiter:

„Was hat er denn?“

Ich schwieg eisern und versuchte es mit vehementer Ignoranz, blieb wie ein nasser Sack auf meinem Stuhl hängen und vernahm erneut die Worte meines Gastes:

„Schau doch mal deine Emails durch, sobald das wieder geht, mein giftiges Honigbienchen.“

„Was soll'n das bring'n...?“

nuschelte ich mit dem Kiefer auf meine Hand gestützt und Akira entgegnete dem:

„Och... ich könnte mir denken, dass was dabei ist, was deine Laune hebt.“

„Glaub ich kaum...“

grummelte ich wenig überzeugt und so half Reita noch ein Stückchen nach:

„Lass es doch auf einen Versuch ankommen.“

Unmotiviert gab ich nach und probierte, ob es funktionieren würde:

„Geht nich...“

„Dann warte noch ein Weilchen, solche Abbrüche am Abend sind meist nicht von langer Dauer“

ließ er mich wissen und ich brummte genervt:

„Na toll... warum musste das gerade jetzt zusammen brechen?“
 

Mag sein, dass ich wirklich übertreibe, aber... man, dass war doch mein Weihnachtsgeschenk von mir... für mich... von Herzen...
 

Seufzend richtete ich mich gänzlich auf und drückte erneut gelangweilt auf den Tasten meines PC's herum, als sich mein Mauszeiger auf dem Monitor änderte und ich mitbekam, wie der Rechner sich mit dem Internet verband.

Ich drückte mit zweifelnd hochgezogenen Augenbrauen auf meine Emails und mir fiel die letzte Nachricht auf, die vor wenigen Augenblicken eingetroffen sein musste.

Skeptisch klickte ich auf den mir unbekannten Namen eines offensichtlichen Ersatzteil-Shops und las eine augenscheinlich weitergeleitete Mail, als ich mit großen fragenden Augen nach dem Kaffee-Spender suchte:

„Was soll das hier bedeuten?“

„Erklärt sich das nicht von selbst?“

hakte er lächelnd nach und ich, in meinem leicht schockierten Zustand, konnte nur nicken, während ich stammelte:

„Ich.. will... nur sicher gehen, dass... ich nicht träume... oder halluziniere...“

„Freu dich Ruki, du bist neuer Besitzer indischem Goldschmucks“

bestätigte Akira mir und ich konnte es noch immer nicht fassen:

„Das ist... wie hast du... ich meine... wieso und... überhaupt...“

„Sieh es als kleine Aufmerksamkeit zu Weihnachten“

entgegnete mir mein Gast und so sprang ich vom Stuhl auf, flitzte zu ihm hinüber und warf mich, ohne auch nur einen Moment darüber nachzudenken, etwas übermütig in die Arme meines Wohltäters.

„Ohaaa, immer langsam mit den jungen Pferden, wir wären beinahe mit der Liege umgekippt!“

kam es von Reita und ein wenig peinlich war mir der Ausdruck meiner Freude nun schon.

Es musste ja sicher an einen kleinen ungestümen Jungen erinnern...

Räuspernd setzte ich mich auf und fragte schüchtern:

„Wie und vor allem warum hast du das gemacht?“

„Naja, ich konnte dich ja schlecht da rumhängen lassen, also hab ich meinen Kumpel angerufen, der mir immer mal wieder ein paar Teile fürs Auto besorgt und auch jede Menge andere Dinge beschaffen kann..

Et voilà, da haben wir jemanden glücklich gemacht.

Sobald der Kram bei meinem Bekannten eintrifft, was aus Indien ja 'ne Weile dauern kann, bring ich ihn dir vorbei“

erklärte der unter mir Liegende und so knutschte ich ihn ohne jede Hemmung nieder.

„Mhmmm, ich glaub sowas mach ich jetzt öfter...“

schnurrte Akira zufrieden und ich betrachtete sein erwartungsvolles Gesicht aus der Nähe.
 

Ich kann im Nachhinein nicht mal sagen, wieso ich es getan habe, aber ich hatte das Bedürfnis mich umgehend zu revanchieren und... begann seinen Bauch unter der Jacke zu streicheln, beugte mich fast schon automatisch in Richtung seines Schoßes und ließ meine Hand an seinen Hosenbund gleiten.

Gerade wollten meine FInger den Gürtel seiner Hose öffnen, doch wurde ich nun sanft gestoppt:

„Hey... deswegen hab ich es nicht getan und du musst dich in keinster Weise verpflichtet fühlen, das jetzt zu tun..“

Erneut sah ich in Reita's Gesicht und spürte wie meine Wangen heiß wurden, wie ich Scham empfand und dem Blick nicht mehr stand halten konnte.

Behutsam brachte er mich dazu ihn wieder anzusehen und seine Stimme redete beruhigend auf mich ein:

„Nein... ich möchte, dass du nur das machst, was du machen willst und nicht, weil du glaubst es tun zu müssen...“

Ich schwieg einen langen Augenblick, bis ich wieder in der Lage war zu sprechen und krächzte:

„Wieso bist du so nett zu mir...?“

Akira lächelte und hauchte kaum hörbar:

„Schätze, ich bin hoffnungslos verliebt... Ruki...“

Abermals wusste ich nicht was ich nun tun sollte und schmiegte mich an seinen Körper, tupfte zarte kleine Küsschen auf seine Wange und flüsterte ganz leise:

„Takanori...“

Der unter mir Liegende drehte langsam seinen Kopf zu mir und schaute mich unsicher an, also wiederholte ich noch einmal genauso leise wie eben:

„Ich heiße Takanori...“

Auch Reita schien genau wie ich nicht damit gerechnet zu haben, dass ich ihm das nun doch so schnell verraten würde und so formten seine Lippen lautlos meinen Namen.
 

Es folgte ein langer gefühlvoller Kuss, von dem ich in diesem Moment einfach nicht genug bekommen konnte.
 

Akira schälte sich wieder aus seiner Jacke und dirigierte mich sachte zwischen seine Beine, presste mich an sich und ließ es kaum zu, dass sich unsere Lippen dabei auch nur einen Spalt trennen konnten.

Der Grund, weshalb ich mich eigentlich erst zu ihm begeben hatte, war irgendwie gerade vollkommen nebensächlich geworden und ich war einfach nur froh, dass mein Kaffee-Kerl hier bei mir war.

Ich fühlte mich gut in seiner Gegenwart.

Verdammt gut.

Normalerweise schwingt im Beisein Anderer immer irgendwie eine gewisse Distanz mit, aber mit ihm fühlte sich Zweisamkeit plötzlich ganz anders an.

Als müsste es so sein...
 

Die Stimmung konnte entspannter nicht sein, als ich Reita's Finger spürte, wie sie vorsichtig unter meinem Oberteil an meinem Rücken auf und ab strichen, während ich einfach nur auf ihm lag und die Ruhe genoss.

Auch in mir selbst herrschte erholsame Ausgeglichenheit, als würde nur für uns die Welt heute Nacht stehen bleiben.
 

Der Friede wurde allerdings jäh unterbrochen, als ein Handy klingelte – und es war nicht meines.

Murrend wühlte Akira in seiner Jacke nach dem nervigen Ding, sah aufs Display und fluchte:

„Scheiße...“

Er rappelte sich unter mir, stand auf und nahm das Gespräch an:

„Vater...“

Sein Weg führte ihn erneut auf den Balkon, während er sich umständlich abermals die Jacke überwarf und hinaus trat.

Ich beobachte mit mulmigem Gefühl das Geschehen hinter der Glasscheibe und hoffte, dass unser Abend jetzt kein jähes Ende nehmen würde.

Wenige Minuten später kam Reita wieder rein und zog ein genervtes Gesicht, während er zu mir kam und seine verteilten Klamotten zusammen suchte.

„Was ist los, musst du weg?“

fragte ich, auf ein 'Nein' hoffend, doch der Angesprochene setzte sich zu mir und seufzte:

„Ich muss dringend was erledigen...

Es lässt sich nicht verschieben, aber... ich würde dann gerne wieder zu dir kommen... wenn ich darf.“

Ich nickte zustimmend und fragte mit belegter Stimme:

„Ein Auftrag...?“

Mein Weihnachtsgast schien einen Moment zu überlegen, bevor er ebenfalls nickte und sich anzuziehen begann.
 

Ich mochte das Gefühl überhaupt nicht, was sich nun in mir breit machte, bei dem Gedanken, dass Akira jetzt gehen würde.
 

„Ich versuch mich zu beeilen, Ok?“

sprach der nun vor mir Stehende, inzwischen voll bekleidet und sah mich mit einem Blick an, der keinen Zweifel daran offen ließ, dass es ihm so ging wie mir.

Tief durchatmend erhob ich mich, legte meine Arme um Reita's Nacken und wollte ihn am liebsten nicht hergeben.

„Ich komme wieder, sobald ich fertig bin... ich versprech's dir... Takanori...“

Als er meinen Namen ins Ohr flüsterte breitete sich mal wieder eine enorme Gänsehaut auf mir aus und diese machte es mir nicht leichter ihn los zu lassen.

„Bis nachher“

hauchte er und ich versprach mit kaum noch hörbarer Stimme:

„Ich warte auf dich...“
 

Ein kurzes liebevolles Lächeln... dann verschwand er.
 

Ich fühlte mich, als hätte man mich in der Mitte durchgerissen...
 

Was ist nur mit mir los?
 

Woher kommen plötzlich all diese Emotionen?
 

Was passiert da mit mir...
 

In mir...
 

Ich hörte meinen eigenen Herzschlag – ein dumpfes schweres Wummern.

Und ich begann dieses Gefühl von Leere zu hassen...

Als ich mich zurück auf die Liege setzte, spürte ich noch die leichte Wärme im Stoff.

Wie in Zeitlupe legte ich mich darauf ab und roch Akira's Duft.
 

Wie lange ich dort lag, kann ich absolut nicht einschätzen, aber irgendwann begann ich wie in Trance die ganzen Essensreste und die leeren Flaschen wegzuräumen, den Chucky-Film aus der Konsole zunehmen und diese zu verstauen.

Ich merkte zwar, dass ich gedanklich nicht ganz bei mir war, aber ändern konnte ich es dennoch nicht.

Im Gegenteil, ich realisierte auch erst als Koron's Pfötchen gegen mein Bein drückten und er leise fiepte, dass wir unten vorm Haus standen und es inzwischen ein wenig zu schneien begann.
 

Warum steh ich jetzt auf ein mal so dermaßen neben mir?
 

Wie kann das sein?
 

Das passiert mir doch sonst nie...
 

Ich plane doch immer alles so gut...
 

Wieso kann ich das nicht kontrollieren?
 

Nun ertönte das helle Bellen meines Hundes, was mich nun doch veranlasste endlich mit ihm zurück ins warme Haus zu gehen.

Wieder in meiner Wohnung angekommen, schnappte ich mir den angefangen Rotwein und schlürfte gedankenversunken direkt aus der Flasche, starrte an die Decke und konnte mich nicht einmal mehr über Koron's nervig quietschendes Spielzeug aufregen.
 

Bin ich... verliebt?
 

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Huhu Alle miteinander... eigentlich wollte ich vor einigen Wochen mit dem diesem Kapitel eine Schnapszahl auf FF.de feiern... nämlich 111.111 Leser, aber kurz nach dem Erreichen dessen, schlug mir das Schicksal in die Fresse... kann man nicht anders beschreiben...

Damit nun auch Alle Bescheid wissen, wieso ich so lange nichts von mir hab hören lassen: meinem Kater... meinem Bebü ging es plötzlich immer schlechter, statt dass es besser wurde und das rapide.

Am Ende hockte er nur noch apathisch in der Ecke und blutete dann auch noch aus dem Maul.

Ich bin gleich an dem Montag nach dem Wochenende mit ihm zum Tierarzt und der hat mir gesagt, dass man nichts mehr machen kann, nur erlösen.

Tja... ich konnte es erst nicht glauben, was ich da hörte....

'Ich muss ihn umbringen lassen...' 'Ich muss mein Bebü gehen lassen... das kann nicht sein'... sowas ging mir im Kopf rum... bis die Spritze ziemlich schnell zu wirken schien und mein Herzchen sein Leben aushauchte.

Nun wisst ihr was passiert ist und es dauerte einfach, bis ich irgendwie Muse fand weiter zu machen.

Sorry fürs Warten, aber das... hat ein ziemlich großes Loch in mir aufgerissen und mir fiel es schwer mich in einen zickigen aber irgendwie doch voll verliebten Ruki zu versetzen.

Aber eine andere, eher humorvolle FF hat mir ein wenig aus meinem Loch geholfen – wer es noch nicht mitbekommen hat: ich habe AOIeo & REITulia (http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/583945/339132/) veröffentlicht und ich würde mich freuen, wenn ihr auch da mal vorbei schaut.

So, dass war's erst mal und ich freu mich natürlich, wenn ihr mir ein paar Wort Feedback da lasst und meine übersehenen Fehlerchen sortier ich später noch mal aus :)

Vllt. möchte ja der ein oder andere Leser mutmaßen, was bei unseren Schwerverliebten nun pasieren wird.

Zieht sich Ruki zurück? Und was ist mit Reita, was passiert ihm in der Zwischenzeit?

Erwartungen

Die Stunden vergingen nur äußerst mühselig und mein Wein leerte sich nur allzu schnell... mein Zeitgefühl schien völlig durcheinander.

Ich würde definitiv kein Auge zu tun können, bis Reita wieder hier wäre – das war mir ziemlich bald klar, doch erklären konnte ich es mir nicht.
 

Schon lange hatte ich keine so schlaflose Nacht mehr wie diese.

Gegen drei Uhr morgens blickte ich auf mein seelenruhig schlummerndes Tierchen, welches auf dem Rücken lag und im Schlaf sein Spielzeug im Maul hielt.

Draußen schneite es noch immer mäßig stark und so warf ich mir meinen Mantel um, trat auf den Balkon und rauchte geistesabwesend eine Kippe.

Mein Gedanken drehten sich fast ausschließlich um Akira, während ich vor lauter Grübelei meine Lippe zerkaute.

Ich stand eine ganze Weile hier draußen in der Kälte, sah den Schnee beim hinab Rieseln zu und kaum, dass er langsam in Regen überging schaute ich mich wie von selbst auf der Straße um, ob irgendwo der blonde Schopf meines Stalkers auffallen würde.
 

Dass ich mich mal ausgerechnet nach dem Typen sehnen würde...
 

Wenig später goss es immer heftiger und gerade als ich hinein gehen wollte, tauchte eine Gestalt im Schein der Laternen auf.

Er hatte eine Kapuze auf, die Hände in den Taschen und... einen merkwürdigen Gang, wirkte aber dabei nicht hektisch.

Der Kerl blieb stehen und sah zu mir nach oben.

Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, doch ich war mir hundertprozentig sicher: das ist Reita!

Nun setzte er sich wieder in Bewegung und lief schnellen Schritten in Richtung des Hauseinganges, ich stürmte in meine Wohnung zurück und flitzte gleich weiter zur Tür.

Die Schritte im Treppenhaus waren zunächst nur sehr leise zu hören und ich bemerkte Koron zu meinen Füßen, wie er völlig verpennt mit seinem Spielzeug die Stufen beobachtete und horchte, wer da kommen würde.

Mein Herz raste und machte einen Satz, als ich schon einen Schatten erkennen konnte, doch dann endlich sah ich ihn, Akira in seiner ganzen triefend nassen Pracht.

Er verlangsamte seinen eben noch schnellen Schritt und trat langsam auf mich zu.

Die Klamotten die er an hatte, waren definitiv andere als vorhin und sie waren vor allem klatschnass.

„Hey...Giftkröte... hast du mich vermisst...?“

flüsterte er, doch sein leises Sprechen hallte dennoch dezent durch den Vorraum.

„'N bisschen...“

antwortete ich ihm gerade so hörbar und griff nach seinem Arm, zerrte ihn in meine Wohnung und knutschte ihn.

Das war nicht geplant, das war im Affekt.
 

Reita schaute mich an und ich wusste, dass ihm irgendwas beschäftigte, wenn er da steht wie ein Schluck Wasser in der Kurve.

Ich zog ihm ohne Umschweife den Kapuzenpullover aus und auch das darunterliegende Shirt war ebenfalls nass – mehr hatte er zu meinem Entsetzen nicht an, bis auf eine abgetragene weite Jeans.

Daher zog ich meinen Mantel aus und übergab ihm den vorgewärmten Stoff.

Ein leises 'Danke' nuschelte Akira, dann setzte er sich auf mein Sofa.

„Willst du einen Tee oder Kaffee zum Aufwärmen?“

fragte ich mit unsicherer Stimme nach und er schüttelte den Kopf:

„Ich hätte gern dich zum Aufwärmen.“

Mein nächtlicher Gast machte es sich auf dem Sofa halbwegs gemütlich, während ich meinen Amaretto holte und mich dann zu ihm begab.

Da ich nicht wusste wie ich Reita besser wärmen könnte, setzte ich mich vorsichtig ihm zugewandt auf seinen Schoß und es schien ihm mehr als recht zu sein, denn sogleich schlossen sich seine Hände, um meinem Rücken.

Seine feuchten Haare kühlten meine heiße Wange und ich spürte auch seine Daumen, wie sie einige Wirbel abfuhren.
 

Soll ich ihn fragen was passiert ist, oder wird er von alleine reden?
 

Ich beschloss es ihm zu überlassen, ob und wann er reden will oder nicht.

Doch wie es aussah musste ich da nicht mal lange warten.

„Da war dieses Kind... ein kleines Mädchen... vielleicht fünf oder sechs Jahre alt...“

hörte ich Akira mit brüchiger Stimme sagen und so schaute ich ihm fragend ins Gesicht, doch der unter mir Sitzende brauchte scheinbar noch einen Moment, bevor er weiter sprechen konnte:

„Mein Vater hatte mit dem Mann von heute Nacht ein paar Geschäfte am Laufen... aber wie sich heraus gestellt hat, wollte der Typ mit dem Gewinn das Land verlassen.

Er wollte ohne seine Familie abhauen und war gerade still und heimlich am Packen, als ich bei ihm zu Hause eintraf.

Die Sache war riskant für mich, denn normalerweise werden solche Dinge sorgfältiger geplant...

Der Mann hatte aber wenig Sicherheitsvorkehrungen... es war leicht dort einzudringen.

Als er still stand und ein Foto mit einem kleinen Mädchen von seinem Schreibtisch betrachtete... hab ich zugeschlagen...

Er verkrampfte sofort in meinen Armen, als das Gift in seinem Körper war und ließ das Bild fallen... es ging kaputt.

Als ich den Puls geprüft hab, ging die Tür auf... und da stand sie... das Kind... mit einem Teddy im Arm... und fragte wo ihr Papa sei...“

Reita klang ziemlich mitgenommen, doch so richtig wusste ich nicht wie ich ihm nun helfen konnte.

Er nippte am Amaretto und schwieg, ich streichelte sein feuchtes Haar und hakte behutsam nach:

„Hat sie dich irgendwie erkannt?“

Der Angesprochene schüttelte mit dem Kopf:

„Ich hatte schwarze Klamotten an, 'ne Maske und Handschuhe... sie kann mich gar nicht wirklich gesehen haben.

Bin auch gleich durchs Fenster abgehauen.“
 

Ich wollte wirklich nicht herzlos klingen, denn höchstwahrscheinlich wächst dieses Kind ohne ihren Vater auf und dennoch bin ich froh, dass es nicht Akira war, der tot hinterm Schreibtisch lag.

Aber ich denke das sind solche Momente im Leben, die kann man nur wirklich dann nachvollziehen, wenn man sie selbst mit erleben musste und es auch nicht viel bringen würde, wenn man vor heuchelt, dass man wisse wie es dem Betroffenen geht – denn das weiß man eben nicht.

Aber man kann, so weit es einem möglich ist, für ihn da sein!

Und genau das hatte ich nun vor.
 

Es fühlte sich gut an, hier zu sitzen und zu merken, dass ich nichts in mir fand, was sich widersprach und ich in dieser Situation hier mit ihm einfach selig war.

Eine ganze Weile saßen wir so Arm in Arm, bis sich die seinen von mir lösten und Reita den Amaretto in seiner Hand erneut zu seinen Lippen führte.

„Mh... ist das Zeug süß...“

knurrte er und verzog dabei das Gesicht.

Er kräuselte dabei die Nase, weshalb ich schmunzeln musste und so fragte er gespielt vorwurfsvoll:

„Ey... du lachst mich doch nicht etwa eiskalt aus?!“

„Nur an...“

erwiderte ich grinsend, während der unter mir Sitzende den Blick nicht von mir abwendete.

Normalerweise würde ich an dieser Stelle wegsehen, doch ich konnte irgendwie nicht und prägte mir stattdessen einzelne Details seines Gesichts ein.

Die Form seiner Lippen... seine Augen... der Haaransatz...
 

Komisch... früher hab ich nie so wirklich auf solche Dinge geachtet, wieso tu ich es also jetzt?
 

Reita schien aber genug davon zu haben sich anstarren zu lassen und so probierte er mich zu küssen, doch es brauchte zwei drei Anläufe, bis ich dies erwiderte.

Nicht weil ich es nicht wollte, sondern eher deshalb, weil irgendwie alles was gerade passierte genießen und nichts von dem verpassen wollte.

Doch als ich mich aufs Küssen einließ, beugte Akira sich wenig später vor, um den Amaretto auf den Boden stellen zu können und er nutzte auch gleich die Gelegenheit mich mit dem Rücken auf die Couch zu manövrieren, um sich gleich darauf einnehmend auf mich zu legen.

Zugegebenermaßen ging es mir etwas zu schnell, aber dennoch unterbrach ich ihn nicht in seinem Tun – vorerst.

Es dauerte natürlich nicht lange, bis er mit Fummeln anfing und seine Flossen schier überall nach meiner nackten Haut zu suchen schienen.

Von seinem Erlebnis vorhin war in seinem Kopf scheinbar nicht mehr viel übrig, oder er hat's verdrängt.

Doch selbst ich, als eingefleischter Pessimist, versuchte es positiv zu sehen: es ist Ok für mich, wenn Reita im Gegenzug nun nicht mehr an das Kind und dessen Vater denken muss.

Als sich jedoch eine seiner Hände unter meinem Shirt intensiver an meinem Oberkörper zu schaffen machte, musste ich ihr Einhalt gebieten.

Ihr Besitzer knurrte missmutig und ließ den Kopf an meine Schulter sinken.

„Tut mir leid... das überfordert mich total...“

murmelte ich und Akira nuschelte an meinem Hals:

„Schon gut... ich war eben zu voreilig...“

Innerlich wollte ich dem sowohl zustimmen, als auch gleichsam erklären, wie wichtig mir hierbei absolute Kontrolle über das Geschehen ist, aber ich war mir sicher, dass er es auch so wusste.
 

Nachdem wir abermals einige Zeit relativ reglos verblieben, flüsterte ich ganz leise:

„Ich bin müde.

Wenn du hier bleiben möchtest, dann leg ich dir eine Decke und Kissen aufs Sofa...“

Mit diesen Worten schlängelte ich mich unter dem auf mir liegenden Körper hervor und verharrte einen Moment vor dem Sofa stehend, als Reita sich aufrichtete und sprach:

„Ich würde gerne bleiben, wenn es dir wirklich nichts ausmacht.“

Mit dem Kopf schüttelnd holte ich das Schlafzeug zum Sofa und hatte dabei so ein Gefühl, dass Akira eigentlich noch etwas hätte sagen wollen, er aber nun genauso wortkarg war wie ich und so hauchte ich nur kaum hörbar:

„Nacht...“

bevor ich mit Koron in meinem Schlafzimmer verschwand und die Vorhänge zuzog.

Etwas mulmig war mir bei der Sache schon, immerhin hatte bisher nur Sayuri die Ehre bei mir übernachten zu dürfen.

Als Reita vorige Nacht hier geschlafen hat, geschah das ja nicht wirklich mit meinem Einverständnis.

Er blieb ja einfach, nachdem erst er und dann auch ich eingeschlafen war.
 

Dementsprechend unruhig war diese Nacht für mich, mit dem Wissen, dass ich direkt neben an einen Killer auf dem Sofa liegen hatte und der womöglich sonst was mit unbescholtenen Bürgern wie meine Wenigkeit anstellen könnte.

Zu allem Überfluss habe ich dann auch noch einen Haufen unsinniges Zeug geträumt, unter Anderem, dass Akira mich abmurkst.

Phasenweise war ich auch wach und vernahm wie Koron immer mal wieder vom Bett sprang und sich in Richtung Wohnzimmer in Bewegung setzte.

Ich vermute mal, er wollte einfach ab und an mal gucken, was unser Gast so treibt.

Kann ich verstehen, mir lässt es ja auch keine Ruhe!

Kurz darauf kam er jedenfalls wieder an getippelt und räkelte sich auf meiner Bettdecke.
 

Am nächsten Morgen ließ ich es ruhig angehen, zudem hatte ich mal wieder für eine kurze Weile verdrängt, dass ich noch Besuch hatte, bis dieser sich durch ein Räuspern nah am Vorhang bemerkbar machte:

„Hab gehört, dass du schon wach bist.“

Koron bellte und ich überlegte einen Moment was ich nun tun würde, doch entschloss ich mich relativ schnell zu:

„Komm rein...

Und mach die Tür zu.“

Reita schmunzelte, als er merkte, dass er ins Leere griff und mir somit auf den Leim ging, da ich ja nur die Vorhänge hab.

Er wirkte verhältnismäßig unsicher, als er da so verloren vor meinem Bett stand und mit der Hand in seinem Nacken rieb.

„Macht's dir was aus, wenn ich gleich bei dir duschen geh?“

kam nach einer sich ewig lang anfühlenden Schweigeminute und so war ich doch etwas verdutzt darüber.

Schließlich würde Akira sich sonst nicht so haben und schon gar nicht wenn's darum geht nackt in meinem Bad herum zu springen.
 

„Gern, aber deswegen stehst du da nicht rum wie ein Dreijähriger, der mal dringend aufs Klo muss, oder?“

hakte ich also irritiert nach und Reita seufzte:

„Nein... eigentlich wollte ich mit dir reden...“

„Na gut, dann warte einen Augenblick, ich hol eben ein Handtuch für dich“

ließ ich ihn wissen und robbte aus dem Bett.

Ich wühlte gar nicht mal solange, doch wie immer hatte Akira die Zeit genutzt und saß plötzlich nur noch in seinen locker anliegenden Jeans und oben ohne am dem Fußende meines Bettes, sorgte demnach für einen winzigen Herzkapser meinerseits.

Doch so langsam ist man's ja gewohnt...
 

Räuspernd überreichte ich ihm das tiefschwarze Frotteetuch und nahm hinter ihm in meinem Bett wieder Platz, denn im Gegensatz zu Reita war mir ein wenig frisch.

Der vor mir Sitzende schien nun nach den richtigen Worten zu suchen und begann dann merklich nervös:

„Takanori... ich weiß, dass wir über manches unterschiedlicher Ansicht sind und ich will auch keinen falschen Eindruck erwecken, wenn ich dich das jetzt frage, aber... siehst du eine Möglichkeit, dass wir irgendwann normal miteinander umgehen können?“

„Was verstehst du unter 'normal'?“

entgegnete ich daraufhin und er seufzte leise:

„Ich suche deine Nähe, aber ich will nicht, dass du dich gedrängt fühlst und um ehrlich zu sein, weiß ich so manches Mal nicht was ich tun oder lassen sollte.

Man... ich will einfach nicht das Gefühl haben, dass ich irgendwie machtlos da stehe und keine Ahnung hab, ob ich dich einfach nur zu sehr überrumpelt hab, mit meiner...“

Akira brach mitten im Satz ab, doch ich vollendete diesen:

„Offenherzigkeit?“

„Ich wollte sagen: Penetranz, aber ich bin froh, dass du es so siehst“

ließ er mich wissen und so rückte ich etwas näher an ihn heran:

„An der Stelle wünschte ich mir, ich könnte einfach sagen: es liegt nicht an dir, aber das tut es.

Auch wenn ich das jetzt nicht so meine, wie es vielleicht klingen mag.

Weißt du... ich hab ein gespaltenes Verhältnis zu Nähe, vor allem der körperlichen... zumindest ist das das Urteil meines Psycho-Doc's.

Ich will das mit uns nicht als Pflicht oder als meinen Job sehen... aber ich brauche die Zeit, bis es sich verinnerlicht hat.

Bis gestern wollte ich dir das eigentlich gar nicht mal sagen, aber... ich... ich muss zugeben, dass ich dich anfangs einfach nur für total blöd hielt und nervtötend und... und ich fand dich sogar richtig peinlich...!“

„Du schmeichelst mir, Giftkröte“

unterbrach Reita meine Ausführung und so räusperte ich mich:

„Ehh ja... was ich sagen will ist.... irgendwie... mag ich dich inzwischen... ziemlich doll sogar und ich weiß einfach nicht damit umzugehen.

All dieses verwirrende Gefühlszeug... und so...“

„Verwirrendes Gefühlszeug... also... willst du damit sagen, dass du Gefühle für mich hast?“

brachte Akira mein Gebrabbel auf den Punkt und ich eierte mal wieder rum:

„Ja.. nein... ach was weiß ich denn, es ist einfach so... ungewohnt... und ich kann's nicht kontrollieren... aber ich muss(!) es irgendwie beherrschen!

Also die Situation.. nicht dich... wobei, dich auch... irgendwie... aber...

Gott ist das immer so kompliziert in Beziehungen?“

„Hab ich das jetzt richtig gehört?

Redest du von Beziehungen?

Von uns Beiden?“

hakte Reita sofort nach und wirkte... naja... irgendwas zwischen leicht schockiert und hochgradig irritiert.
 

Ich sag's ja... kompliziert... der ganze beschissene Beziehungskram...!
 

„Schon gut, musst nichts dazu sagen...

Aber ich würde gern noch etwas zum Thema Kontrolle los werden“,

warf Akira ein und wartete einen Augenblick, bevor fortsetzte:

„Auch wenn ich womöglich nicht danach aussehe... aber... ich bin durchaus bereit dir bis zu 'nem gewissen Grad Kontrolle über mich zu lassen.

Ich lieg dir doch eh schon zu Füßen, Takanori.“

„Ich... öhm... weiß grad ehrlich nicht was ich sagen soll...“

antwortete ich ihm mit leiser Stimme und rutschte etwas dichter an den vor mir Sitzenden..

Nur zögerlich legte ich meine Hand auf Reita's Schulter.

Er drehte seinen Kopf ein Stück in meine Richtung, sah mich jedoch nicht direkt an und auch seine Hand ruhte nun auf der meinen.
 

In mir tobte derweil ein Kleinkrieg.

Auch wenn man dies bei dem beklemmenden Schweigen, welches nun in meinem Schlafzimmer herrschte, kaum bemerken würde.

Einerseits wollte ich auf mein Herz hören, denn dieses suchte auch nach Akira's Nähe.

Aber andererseits wusste ich auch nicht so richtig, wie er das auffassen würde, wenn ich nun doch wieder von mir aus auf ihn zu gehe.

Ich musste es einfach probieren und sehen was passieren würde!
 

Mit gespreizten Schenkeln schmiegte ich mich eng an die Kehrseite meines Kaffee-Kerls und legte meine Arme von hinten um seinen Oberkörper.

Reita blieb ruhig und tat somit genau das was ich mir erhoffte, dass er tun würde.

Erst einige Augenblicke später begann er meine überkreuzten Arme vor seiner Brust zu streicheln und schmuste seinen Kopf an den meinen.

Ich bekam eine Gänsehaut... und das Bedürfnis ihn noch einmal zu küssen.

Nur ganz vorsichtig pirschte ich mich heran und legte meine Handfläche auf Akira's Wange, hielt seinen Kopf still und tupfte schüchtern ein Küsschen auf seine Lippen.

Mein hitzköpfiger Gast allerdings nahm sich gleich wieder viel mehr als er eigentlich kriegen sollte und erwiderte meinen Kuss umso heftiger.

Daher wich ich ihm sehr bald aus und vernahm ein resigniertes Seufzen direkt neben meinem Ohr.

In diesem Moment wurde mir allmählich klar, dass ich hier appetitliches nacktes Fleisch mit meinen Armen umschlang und dies nun umso mehr danach brüllte von mir berührt zu werden.

Behutsam tastete ich mich mit den Fingerspitzen heran, stets bereit Reita zu bremsen, wenn er zu wild werden sollte und meiner Kontrolle entweicht.

Doch entgegen meiner Erwartungen schien er sich zusammen zu reißen und verzichtete darauf selbst tätig zu werden, als ich ihn intensiver am freigelegten Oberkörper streichelte.

Wohlig knurrend schmolz Akira wie warmes Wachs in meinen Händen dahin.
 

Es war völlig Ok, so wie es jetzt war – zumindest für mich.

Denn der in meinen Armen Liegende kämpfte sich widerwillig frei, als meine Finger in südlichere gefilde vordringen wollten und stand nun vor mir:

„Takanori... verdammt...“

fluchte er und wich meinem Blick aus, ich schaute ihn verständnislos an und wollte wissen:

„Was ist?

Hat es dir nicht gefallen?“

Die Beule in seiner Hose war nur schwer zu übersehen, deshalb konnte ich mir kaum vorstellen, dass es ihn nicht angemacht hätte.

Der Angesprochene lachte knapp und wuschelte sich durchs Haar, während er sprach:

„Ganz im Gegenteil...

Ich bin gerade verdammt scharf auf dich.

Und eigentlich wollte ich dir das auch nicht sagen, aber... ich hab darüber nachgedacht vielleicht doch mal mit deinem Boss zu reden... “
 

Hmm... er scheint sich ja doch sehr nach einer Nacht mit mir zu sehen...
 

Aber wieso will er jetzt auf einmal dafür zahlen?
 

Das hatte er doch bisher rigoros abgelehnt...
 

Und warum hat er eben abgebrochen, wenn er doch eigentlich genau das Gegenteil will?
 

So ganz verstand ich die ganze Situation nicht, denn für mich war es kein Problem weiter zu machen, solange Reita sich nicht dran beteiligt und alles mir überlässt.

Vielleicht dachte er auch, ich würde es nicht zu Ende bringen und hätte generell Spaß dran, ihn leiden zu sehen.

„Ich glaube, ich sollte jetzt einfach duschen gehen...“

murmelte Akira und ging ins Bad, nachdem von mir keine Antwort kam.

Diesmal schloss er sogar die Tür hinter sich und ließ meinen neugierigen Koron verdutzt davor sitzen.

Mein Kleiner hatte scheinbar auch nicht so ganz gerafft, weshalb sein Leckerli-Konkurrent nun plötzlich verschwand und so schaute er nach hinten, um sich gleich darauf zu mir gewandt auf den Boden zu setzen und fragend den Kopf schief zu legen.

„Du hast recht, Papi sollte jetzt da rein gehen und handeln, eh es zu spät ist!“

redete ich mit meinem Pelztier und dieses saß noch immer mit erwartungsvoller Haltung neben der Tür.

Eilig huschte ich ins Badezimmer und überraschte Reita am Rand der Badewanne stehend.

Zwar hatte ich meinen im Schnellverfahren gefassten Plan bis hier her ganz gut umgesetzt, allerdings war der auch noch nicht weiter ausgereift, weshalb ich nun irgendwie überfordert im Raum stand und nun ebenfalls die Tür hinter mir ins Schloss gleiten ließ.
 

Akira schaute an mir hinunter und wieder rauf, eh er leise murmelte:

„Hab ich dir schon gesagt, dass dir dein Schlafanzug verdammt gut steht?“

Ohne noch länger auf irgendetwas zu warten, ging ich auf ihn zu und schob ihn mit dem Rücken an die noch kühle Fliesenwand.

Ein kurzes Zischen seinerseits ertönte, bevor ich nun auf seine Bemerkung von eben antwortete:

„Nein...“

Reita rührte sich kein bisschen, als ich ihn zu küssen begann, jedoch behielt er seine Finger nicht allzu lange bei sich, weshalb ich ihn an den Handgelenken packte und diese ebenfalls an die Wand drückte.

Irgendwie fühlte es sich verdammt gut an, wie mir mein Gegenüber gehorchen musste.

Ich vernahm wie er kurzzeitig den Atem angehalten hatte und abzuwarten schien, was ich als nächstes tun würde.

Da ich mir meiner Sache alles andere als sicher war, hielt ich einen Moment lang inne und versuchte nachzudenken; einfach etwas noch etwas Zeit zu schinden und einen klaren Gedanken zu fassen.

Meine Schläfe berührte dabei nur verschwindend gering seinen Unterkiefer, doch mein Grübeln schien eh völlig zwecklos und irgendwie wohl auch nicht angebracht, angesichts der Situation, die ich selber herbei geführt hatte und dabei wusste ich nicht mal, ob mich klare Gedanken eher in meinem Vorhaben bestärkt oder mich davon abgehalten hätten.
 

Wir verharrten deshalb in diesem Augenblick ganz still, bis ich mit meiner Nase sein Kinn höher stupste und sehen konnte, wie Akira langsam schluckte.

Ich tupfte nur ein zartes Küsschen auf seinen Kehlkopf, bevor er mich wieder ansah und ein zuerst harmlos anmutendes, fast schüchternes Lippenspiel zu leidenschaftlichem Rummachen ausartete.

Jetzt befreite er auch seine Hände aus meinem Griff und packte besitzergreifend an meinen Arsch, hob mich auf seine Hüfte und küsste mich weiterhin feurig.

„Ich spüre deine Latte...“

flüsterte ich, doch von Reita kam nur ein bejahendes Geräusch, dann setzte er mich wieder ab und fummelte an den Knöpfen meines Schlafanzugoberteils herum.

Flink glitten fremde Finger darunter und sorgten für eine massive Gänsehaut überall an mir.

Wenigstens dieses eine mal wollte ich ihn gewähren und seine Ungestümtheit durchgehen lassen.

Akira seufzte zufrieden in den Kuss, tastete intensiv an meinem nackten Rücken entlang und schnaufte lusterfüllt:

„Ich liebe deine glatte weiche Haut...“

Von eben dieser schien er nicht genug zu kriegen, doch mit einem mal ebbte sein hastiges Tun ab und er lehnte seine Stirn an mein Brustbein, als er hauchte:

„Takanori... ich bin total heiß auf dich....“
 

Oh ja... das war er, im wahrsten Sinne des Wortes...
 

„Du glühst richtig...“

bestätigte ich und fasste gleichsam einen Entschluss, nachdem auch mein liebestoller Kaffeespender bekräftigend ergänzte:

„Ich koche, verdammt...“

Ich überlegte einen Moment lang, ob ich es wirklich tun sollte und trat einen kleinen Schritt zurück, schob meinen nahezu wehrlosen Reita an die Wand zurück und zögerte nur einen kurzen Moment, eh meine Hand an die Hose des vor mir Stehenden fand und diese öffnete, hinein glitt und in der weiten Boxershorts nach seinem harten Ziel suchte.

„Du... du... musst nicht...

Oh fuck..!“

stöhnte er rau und klammerte sich an mir fest, während ich sein bestes Stück zu massierten begann.

Jemandem einen runter holen war nun wirklich nichts neues für mich, aber es war neu, dass sich seine empfundene Leidenschaft irgendwie auf mich übertrug, sodass ich ihn währenddessen am Hals küsste und ein wenig knabberte.

Mit jedem Biss stöhnte Akira und auch sein Atem wurde immer rasanter.

Ich vernahm dabei den zunächst bitteren Geschmack seines durchaus gut riechenden Parfums, doch sehr bald schmeckte seine Haut leicht salzig und sie schimmerte im Licht.

„Wusste gar nicht... dass du so... romantisch bist...“

krächzte er und ich entgegnete dem grinsend:

„Das nächste mal organisier ich vorher ein Picknick im Park... neben einem Ameisenhügel, damit es nicht zu kitschig wird.“

Reita stöhnte hin und wieder mit mäßiger Lautstärke und sein unregelmäßiger Atem verriet mir, dass er wohl nicht mehr lange aushalten würde.
 

Das ganze hier verschaffte mir außerdem einen gewissen Kick, weshalb ich lächeln musste, als ich ihn so zappeln sah.

„Was... grinst... du so...“

hauchte er und ich griff mit der anderen Hand fest in sein blondes zerzaustes Haar, zog ein wenig daran und flüsterte:

„Ich hab 'nen gefährlichen Killer in meinen Händen... da kann man sich schon mal freuen.“

„Der... gefährliche Killer... kommt gleich...“

brachte Akira dem, in einem abgehackten Satz, entgegen und ließ mich damit erneut schmunzeln.

„Dann zeig mal was du drauf hast...“

gab ich frech von mir und veränderte ein klein wenig meine Massagetechnik, sodass Reita sich noch fester an mich klammerte.

„Verflucht, Takanori... arrrgh!“

knurrte er und kam kurz darauf zum Höhepunkt.

Und wie er kam!
 

Der 'gefährliche Killer' sackte zusammen und rang nach Luft.

Ich ließ mich mit ihm nach unten in die Hocke gleiten und entfernte dabei meine Hand aus seiner Hose, schmierte die glibbrige Substanz daran an Akira's unbedeckten Oberkörper ab und wiederholte mit leiser Stimme seinen Satz von vor einigen Minuten:

„Ich glaube... du solltest jetzt wirklich duschen gehen.“

Damit ließ ich meinen Gast im Bad zurück und verzog mich in mein Schlafzimmer, um sowohl für mich, als auch für ihn ein paar Klamotten raus zu suchen und das so eben Geschehene zu verarbeiten.

Gerade war ich dabei mir selbst etwas Alltags-tauglicheres anzuziehen und dem Rauschen des Wassers nebenan zu lauschen, als ich mein Telefon läuten hörte und schon am Klingelton erkannte, dass das nur mein Boss sein konnte.

Ich nahm das Gespräch also an und begrüßte den Anrufer in einer gewohnt kurzen Formulierung, bevor dieser auch direkt zu seinem Anliegen kam:

„Hör zu, Ruki... ich hab einen Auftrag für dich, aber mach dir keinen Stress, das wird erst im Januar etwas.

Mr. Mackanzie ist ein Nachfahre der ehemaligen Besitzer der Dalmore-Brennerei in Schottland und auch heute noch kriegt er den guten Stoff günstiger.

Wir kennen uns von meinem Studiengang an der technischen Uni, als er ein Jahr lang hier lebte und er besucht mich im neuen Jahr mit solch einem edlen Tropfen im Gepäck.

Du musst bei ihm absolut keine Bedenken haben, er ist ein äußerst umgänglicher Mensch... nur seinen Humor habe ich nie so richtig verstanden...“

„Die Schotten eben...“

murmelte ich mit Begeisterung die sich in Grenzen hielt.

Nicht, weil ich keine Schotten mögen würde – schließlich kenne ich ja keinen von denen, aber so' n Ausländer hat meist einen Nachteil...

Und eben diesen Sprach Hishinuma nun auch an:

„Allerdings ist sein Japanisch nicht die Wucht und ihr müsstet euch auf Englisch unterhalten.

Falls das nicht so klappt... versuchts mit Händen und Füßen, ihr werdet das schon schaffen.

Dann schick ich dir den genauen Termin später noch und komme gleich zum nächsten Punkt und zwar das Silvesteressen.

Gleiche Zeit, gleicher Ort wie jedes Jahr.

Du kommst doch, oder?“

„Ehh... ja... das mit dem Schotten geht klar und das Essen natürlich auch“

bestätigte ich und wurschtelte mir eiligst mein Oberteil über den Kopf, als ich Reita hinter mir im Rahmen der Badezimmertür gelehnt sah.

„Sehr schön!

Meine Frau lässt dich grüßen und ausrichten, wenn du deinen kleinen niedlichen Arsch nicht zum Essen schaffen solltest, wird sie dich persönlich holen kommen“

kam es noch von meinem Chef, ich nickte und stammelte:

„Alles klar, ich werd da sein!“

Kaum hatte Hishinuma aufgelegt, setzte ich mich auf den Bettrand und wandte mich an den Spanner, nun vor mir:

„Musst du mich so erschrecken?“

„Ein schöner Rücken kann auch entzücken“

lächelte der nur in dem dunklen Tuch gewickelte Kaffee-Kerl und setzte sich neben mich aufs Bett.
 

Ich legte mein Handy zur Seite und drückte Akira wortlos die für ihn rausgesuchten Sachen in die Hände.

Wir schwiegen mal wieder einen Augenblick, bis mein Nebenmann die Stille durchbrach:

„Ein Schotte also..."

„Mhm...“

brummte ich und Reita seufzte:

„Warum... hörst du nicht auf damit...?“

„Womit denn?“

fragte ich irritiert und er antwortete:

„Na... dass du das Sexspielzeug für jeden daher gelaufenen... Kerl bist...“

„Was sollte ich denn deiner Meinung nach stattdessen tun?

Ich hab die Schule abgebrochen, keinerlei Ausbildung oder etwas Dergleichen.

Soll ich auch in dein Geschäft einsteigen und wir murksen die Leute zusammen ab?“

keifte ich leicht angepisst zurück und Akira stand abrupt von der Matratze auf:

„Was weiß ich denn!

Irgendwas würde sich sicher finden lassen... irgendwie...

Ich will halt nur nich...“

Er brach ein weiteres Mal mitten im Satz ab und wich meinem Blick aus.

„Was willst du nich, hm?“

zischte ich gedämpft und Reita wurde ziemlich deutlich, als er sagte:

„Ich will nicht, dass du diesen... diesen Dudelsack da fickst, diesen Schotten!

Ich will nicht, dass überhaupt noch mal irgendwer seine Wichsgriffel an dich legt!

Ich will...“

und wieder stoppte er und so beendete ich fragend:

„...mich für dich allein...?“
 

Gesagt hatte Akira zwar nichts, aber sein Verhalten bestätigte meine Vermutung.

Tief durchatmend versuchte ich ihm in wenigen, aber nötigen Worten klar zu machen, wie ich die Sache sehe:

„Hör mir mal zu... ich habe und kann nichts anderes, als mich von 'diesem Dudelsack' oder sonst wem vögeln zu lassen!

Ich verdiene gute damit und ich kann mir davon einiges leisten.

Als Schulabbrecher werde ich nirgendwo einen Job finden, der da auch nur annähernd mithalten kann und bei dem ich auch noch soviel Freizeit habe.

Und ich bin nicht bereit das aufzugeben, nur damit du kriegst was du willst.

Tut mir leid, wenn dich das stört, aber mich gibt es nur mit diesem Job oder gar nicht!“

Reita wischte sich übers Gesicht und wirkte dabei ziemlich verzweifelt.

Er nahm wieder platz und flüsterte mir etwas zu:

„Ich hab nur so wahnsinnige Angst um dich...“

„Ich hatte heute Nacht auch Angst um dich und mir wäre es auch lieber, du würdest niemanden umnieten, aber ich nehme mir nicht das Recht heraus, über das was du tun oder lassen sollst zu entscheiden“

versuchte ich ihm meine Ansicht darzulegen und Akira seufzte nur resigniert.
 

Da reicht man ihm den kleinen Finger und er verlangt gleich die ganze Hand...
 

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Sonderlich lang ist es dieses mal zwar nicht geworden, aber immerhin hab ich es noch vor Samstag geschafft, denn ab morgen hab ich mal wieder 'ne Weile kein Internet und es tut mir wirklich leid Leute, dass es wieder so arg lang gedauert hat, aber ich muss zugeben, dass ich mich in letzter Zeit kaum mehr aufraffen kann, die Motivation fehlt und vor allem kann ich mich nicht konzentrieren.

Das liegt aber nicht am Schreiben direkt oder an den Storys selber...

Es gibt nämlich Leute im Leben, die haben einfach nichts, aber auch gar nichts besseres zu tun, als anderen das Leben schwer zu machen und deswegen bin ich gerade ein psychisches Wrack...

Ich kämpfe täglich damit weiter zu schreiben, aber wenn mein Kopf voller Sorgen und absolut unnötiger Scheiße ist, dann frustriert es immer mehr, dass ich einfach nicht weiter komme.

Nachts brauche ich immer Stunden bis ich schlafen kann, wenn ich es überhaupt schaffe...

Ich bin teilweise echt verzweifelt und am Ende, weil ich mich frage, warum mir sowas immer wieder passiert und wie es andere Menschen schaffen einfach abzuschalten.

Wie geht das?

Hat jemand Tipps?

Nun... auch wenn das Kapitel wieder etwas kürzer war, aber allein bis hierher war ein wochenlanger Krampf und das obwohl mir meine Storys alle am Herzen liegen, darum macht es mich umso trauriger, dass ich derzeit dahingehend nichts mehr zustande kriege.

Aber: egal wie lange ich brauche oder wie sehr ich zu kämpfen habe, es wird auf jeden Fall zuende gebracht – sofern mich nicht noch jemand vor 'nen Lastwagen schiebt...

Mittlerweile rechne ich immer und überall mit dem Hass der Menschen...

Ach ja... liebe Freunde... im nächsten Kapitel wird der Name dieser FF wieder mehr als nur Programm sein, denn unser Ruki wird noch sehr viel mehr leiden, als nach seinem letzten Zwischenfall sieser Art.

Ein wohlbekanntes Geräusch

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

... dass endlich etwas zusammen gefügt wurde, was zusammen gehört

Das nächste woran ich mich erinnern konnte war, dass ich völlig verwirrt und orientierungslos aufwachte:

„Was... wie... warum bin ich hier...?“

nuschelte ich vor mich hin, denn mir war so als müsste ich gerade ganz woanders sein, doch ich lag in meinem Bett.

„Und was zum Henker machst du schon wieder hier?“

fragte ich den neben mir am Bett sitzenden Akira, welcher aus seinem leichten Schlaf aufschreckte und mich ebenso irritiert anblinzelte, eh er nachhakte:

„Du bist hier, weil ich dich hergebracht habe.

Erinnerst du dich was da drinnen passiert ist?“

Koron hatte sich am Fußende zusammen gerollt und schaute mich mit seinen Kulleraugen genauso wartend an wie der Kaffeespender.

Mein Kopf tat tierisch weh, was den Versuch zu rekonstruieren, was geschehen sein musste, nicht gerade angenehm gestaltete und auch meine Hand legte sich an meine Stirn, sie schien verdammt heiß zu sein.

„Ja, du hast Fieber und du solltest was trinken.

Du hast ziemlich geschwitzt, als du hier geschlafen hast.

Ich denke, dass du dehydriert bist und deshalb auch einen noch dickeren Kopf hast, als es hätte sein müssen... also wirst du mir jetzt sicher erklären, warum zum Teufel du nicht wolltest, dass ich dich ins Krankenhaus bringe?!“

klang er ziemlich angesäuert und so musste ich erst einmal durchatmen.

„Langsam langsam...“

winkte ich schmerzerfüllt ab und versuchte mich irgendwie aufzurichten.
 

Oh Scheiße...
 

Mir tut alles weh!
 

„Fuck...“

stöhnte ich und Reita murrte:

„Bleib lieber liegen... ist besser für uns Beide.“

Seufzend probierte ich eine Position zu finden, die weniger Schmerzen bereitete und wälzte mich schwerfällig auf die Seite, eh ich wirklich darüber nachdenken konnte, was eigentlich geschehen ist.

„Da... da waren diese Typen... glaub ich...“

begann ich und Akira nickte:

„Ja... die hab ich gesehen...“

Seine Kiefer bissen heftig aufeinander, bevor er fortsetzte:

„Diese Drecksäue... sobald ich weiß wer die waren und wer dafür verantwortlich ist -“

„Auch wenn du weißt wer's war, wirst du dich da nicht einmischen, Ok?“

fiel ich ihm sogleich ins Wort und der neben mir im Sessel Sitzende stand verärgert auf:

„Sobald(!) ich weiß wer's war, liegt er tot in der Gosse und darauf kannst du Gift nehmen!“

„Du hältst dich da raus!

Hishinuma wird das schon machen...“

zischte ich und Reita raufte sich schnaufend die Haare:

„Das diskutieren wir später aus, wenn es dir besser geht.“

„Von meiner Seite gibt’s da nichts mehr zu diskutieren...“

brummte ich unnachgiebig, doch er schien genauso dickköpfig zu sein:

„Oh doch, Takanori!

Die kommen nicht so einfach davon und ich werde all die feinen Dinge an denen ausprobieren, die ich in meinem Folterkurs mit anschaulich Filmmaterial gesehen habe.

Und weißt du was?

Ich freu mich drauf!“

„Elender Mafioso...“

kam es von mir, da ich eigentlich nicht weiter über dieses Thema reden wollte und Akira unterstrich seine Meinung noch einmal:

„Ich kann eben nicht aus meiner Haut, mein Vater ist schließlich ein hohes Tier in dieser Gesellschaft und das hat er bestimmt nicht durch Nettigkeiten erreicht!“

„Gott... dann tu was du nicht lassen kannst!

Ich kann dich eh nicht aufhalten!“

regte ich mich auf und musste anschließend furchtbar husten.

Das Husten wiederum ließ mich erneut jede demolierte Stelle an meinem Körper spüren.
 

„Schon gut... ich denk noch mal drüber nach... Ok?“

gab mein Kaffeekerl zähneknirschend nach, klopfte mir dabei beruhigend auf den Rücken und reichte mir anschließend ein Glas Wasser.

„Aauu!

Scheiße... was zur Hölle...?“

fluchte ich und tastete nach der schmerzenden Stelle an meiner Schulter, als mir etwas auffiel:

„Wieso hab ich meinen Schlafanzug an?“

„Weil ich ihn dir angezogen hab... Takanori... deshalb...

Du bist noch ziemlich durch den Wind, bist du sicher, dass ich dich nicht doch lieber ins Krankenhaus bringen soll?“

wollte Reita von mir wissen und ich schüttelte den Kopf:

„Nein... Hishinuma kümmert sich um einen Arzt...“

„Und wann soll das mal werden?“

fauchte er aufgebracht und ich zuckte mit den Schultern:

„Weiß nich... sowas ist mir bisher noch nicht passiert...

Wie lange sind wir denn schon wieder hier?“

„Keine Ahnung, vielleicht fünf bis sechs Stunden?“

antwortete er und ich fuhr erneut hoch:

„Was?!?

Er muss jeden Moment hier sein!

Mein Bodyguard hat ihm bestimmt schon Bescheid gesagt.

Wobei, auf den ist scheinbar sowieso kein Verlass... oder der blöde Chip in meinem Arm funktioniert nicht.

Irgend so ein verdammtes Gerät bei ihm im Auto hätte Alarm schlagen müssen, als die mich angegriffen haben...“
 

Ich sah wie sich Akira's Kopf senkte und fragte daher nach:

„Was ist jetzt schon wieder..?“

Er hob seinen Kopf an und seufzte:

„Erstens: ich kann nicht glauben, dass sie dir so einen Scheiß einpflanzen und zweitens...“

„Jaa?“

hakte ich abwartend nach, als er seinen Satz abgebrochen hatte und diesen nun fortsetzte:

„Zweitens... dein Chip hat funktioniert.

Da war tatsächlich so ein komischer Kasten, der ist fast explodiert, als ich an deiner Limo stand und hinein sah.“

„Und mein Bodyguard war nicht da?“

fragte ich skeptisch und Reita sagte:

„Doch... er war da... aber den hat jemand filetiert bevor ich am Auto war.

Und ich kann mir auch denken, wo ich suchen muss, um den zu finden, der deinem Bodyguard ein solches Ende beschert hat.

Da gibt’s so 'nen Typen, von dem hat mir mein Vater mal beiläufig erzählt und der hat wohl ein paar Jungs unter seinen Leuten, die sich die 'Assassins' nennen.“

Da ich diesen Begriff schon aus diversen Videospielen kannte, versuchte ich einfach mal zu raten:

„Das sind die Meuchler mit den Dolchen, oder?“

„Richtig.

Nur in dem Falle war die Waffe wohl der persönliche Brieföffner deines Bodyguards, denn der steckte noch in seinem Auge...

Die Assassinen hinterlassen immer einen Dolch, oder Wahlweise eben 'nen Brieföffner im rechten Auge ihrer Opfer.

Was mich stutzig macht ist, dass sich die meisten Brieföffner zwar gut zum Stechen eignen, allerdings haben sie keine scharfe Klinge, was wiederum sehr viel Schmerz für den Betroffenen bedeutet hat und Derjenige, der das gewesen ist, hatte mit Sicherheit sehr viel mehr Kraft als ich, um so einem großen Kerl die Eingeweide so hübsch zu drapieren“

erklärte Akira mit einer besorgniserregenden Falte auf der Stirn.

„Wundervoll...

Da stellt sich mir die Frage... wer gibt sich soviel Mühe, um so ein Zeichen zu setzen?“

sprach ich meinen Gedankengang aus, denn langsam hatte ich das Gefühl, dass es hier um weit mehr geht, als nur ein wenig Angst und Schrecken zu verbreiten.

„Jemand, der mächtig sauer gewesen sein muss...“

bestätigte Reita meine Vermutung und ergänzte bestimmend:

„Wie auch immer.

Wir Zwei packen unsere Sachen, sobald es dir besser geht und dann verlassen wir Tokyo!

Oder besser gleich das Land, und gehen nach Australien oder Neuseeland... oder was weiß ich wohin, Hauptsache weg!“

„Seit wann bestimmst du darüber, was ich tue oder lasse?“

keifte ich zurück und wollte gerade weiter wettern, als mein Handy klingelte.
 

„Mein Boss...“

nuschelte ich und starrte auf den Klamottenhaufen neben meinem Bett, aus dem das Piepsen drang.

Sofort wühlte Akira das Ding hervor und übergab es mir:

„Geh rann und bestell dir einen Arzt – für sofort!“

Augen verdrehend nahm ich das Gespräch an und eh ich dazu kam, auch nur einen Ton zu machen fragte Hishinuma hörbar in Aufruhr:

„Ruki wo bist du?“

„Zuhause...“

antwortet ich leise und der Anrufer entgegnete dem:

„Gut, leg dich hin und bleib liegen, wir sind sofort da!“

Auch eine Verabschiedung wartete er nicht ab, sondern legte sofort auf.

„Kommt er hier her?“

wollte Reita von mir wissen und ich nickte:

„Japp, ist unterwegs.“

„Hat er einen Schlüssel?“

hakte der neben mir Sitzende nach und ich schüttelte den Kopf:

„Nein, aber einen äußerst talentierten Einbrecher...

Aber... was war das eben für'n Scheiß von wegen irgendwohin abhauen?“

„Das ist mein vollster Ernst!

Wenn du nicht freiwillig mitkommst, entführ ich dich lieber als zuzusehen, wie sie sich alle um dich herum bekriegen.

Das ist wie beim Schach: jeder König hat seine Gefolge und die Bauern werden gnadenlos für das große Ganze geopfert.

Dein Boss mag in dem Spiel vielleicht ein Turm oder Läufer sein, aber du und dein Bodyguard, ihr seid für die Obrigkeit nichts weiter als Bauern!“

verdeutlichte Akira seine Ansicht erneut und lief aufgebracht in meinem Schlafzimmer auf und ab.
 

Netter Vergleich mit 'nem Schachspiel, dummerweise hab ich keine Ahnung davon...
 

„Du solltest lieber verschwinden, noch eh er hier ist...“

knurrte ich und spielte mit Koron's Ohr, nachdem dieser sich an meine Seite gelegt hatte.

Reita antwortete nicht weiter darauf, sondern sah ausweichend aus dem Fenster.

Das Funkeln in seinen Augen verhieß jedenfalls nichts Gutes, denn das war definitiv Blutdurst und ich hatte schon meine Bedenken, dass er jetzt wie ein Berserker durch die Welt marschieren würde.

Langsam rappelte ich mich auf, einen neuen Versuch zu starten von der Matratze hoch zu stehen, doch der Schmerz streckte mich wieder einmal nieder.

„Was machst du?

Bleib liegen, verdammt!“

schimpfte Akira und deckte mich wieder zu, während ich moserte:

„Man, ich will an meine Schmerztabletten, mir tut alles weh, verdammt!

Ich will mir nur zwei drei Schachteln ein pfeifen und dann bin ich ruhig, versprochen.“

„Bei zwei drei Schachteln bestimmt...“

knurrte Reita und setzte seine Belehrung fort, nachdem er wieder neben mir saß:

„Du wartest jetzt erst mal ab, was der Wunderdoktor von deinem Chef sagt und dann kannst du immer noch was einwerfen.“

Kaum hatte er den Satz beendet hörte man ein Klopfen an der Wohnungstür und Hishinuma's Stimme, die von draußen rief:

„Bleib wo du bist, ich lass jetzt das Schloss aufbrechen!“
 

Fuck!
 

„Scheiße, du musst hier weg!“

geriet ich in Panik und wollte in meiner Hektik wieder aus dem Bett springen, schmerzerfüllt jaulte ich auf und kam kaum vom Fleck.

Akira stand abrupt vom Sessel auf, stellte ihn flink und leise an die Wand zurück und flüsterte:

„Wenn die weg sind, erzählst du mir endlich was da vorhin passiert ist!“

„Ich dachte, das könntest du mir vielleicht sagen“

zischte ich leise zurück, eh Reita leichtfüßig in meinem Badezimmer verschwand.

Wirklich weiter gekommen sind wir ja noch nicht, das Geschehen von vorhin zu rekonstruieren... und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass eben das unangenehm wird.
 

Koron hatte schon die ganze Zeit die Ohren misstrauisch gespitzt und knurrte, während man an meiner Tür zugange war, doch als diese mit einem lauten Knall aufflog verkrümelte er sich fluchtartig unterm Bett.

Hishinuma kam schnurstracks in mein Schlafzimmer gestiefelt, obwohl er sonst den Anstand besaß, so etwas zu unterlassen, aber angesichts der Situation blieb uns allen wohl nichts anderes übrig.

Mit einem Mal standen da drei Männer in dem heiligsten meiner Räume und ich fühlte mich an etwas erinnert, weshalb ich zusammen zuckte und mich an meiner Bettdecke festkrallte.

Alle Drei starrten auf mich hinab, was mir verdammt peinlich war.
 

„Jo... also ich wechsel noch das Schloss aus, dann ist mein Job ja erledigt und ich verzieh mich wieder“

tat der Eine kund und zog mit seinem Werkzeugkoffer von dannen, während mein Boss leidend das Gesicht verzog, als er mich so betrachtete.

Aus seiner Mimik ging nicht so ganz hervor, was ihm mehr schmerzte, mein missgestaltetes Äußeres oder seine Brieftasche, die wohl jetzt einige Zeit ohne meine Einkünfte aushalten muss.

„Diese Wichser...!“

fluchte Hishinuma, bevor er sich an seinen mitgeschleppten Arzt wandte:

„Sieh zu, dass der Kleine wieder wird!

Ich muss muss noch ein paar Telefonate führen...“

Nachdem er mein Schlafzimmer verlassen hatte, stellte sich nun der Doc kurz vor und begann mich auszuziehen, auch jetzt schlich sich eine unangenehme Erinnerung in meine Gedanken und ich verkrampfte zunehmend.

„Bitte lassen sie mich ihnen doch helfen.

Die Sachen müssen weg, sonst kann ich sie nicht untersuchen“

sprach er auf mich ein und ging nun etwas sanfter vor, doch ich schob seine Finger von mir weg und nuschelte:

„Ich mach's selbst...“

Der Mann nickte und wartete geduldig, bis ich mich mühsam vom Bett gehievt und von eigener Hand entblättert hatte.

Dass auch er währenddessen ständig das Gesicht verzog machte es nicht einfacher, also knurrte ich:

„Wenn sie mir was gegen die Schmerzen geben würden, würde das vielleicht auch etwas schneller gehen, denn mir tut verdammt noch mal alles weh!“

Er sagte nichts dazu, sondern wartete einfach noch einen Moment, bis ich mich geschafft – nur vom nackig machen, aufs Bett setzen wollte und vor Schmerz wieder hochsprang:

„Oh verfluchter Dreckmist...“

„Schön langsam, wir haben Zeit.

Können sie stehen?“

fragte er und ich probierte mich einigermaßen aufrecht hinzustellen, doch das misslang.
 

Moah... wieso hab ich eigentlich immer die Arschkarte..?
 

Ich stützte mich nach vorn gekrümmt am Bett ab und spürte das vorsichtige Tasten des Arztes an meinen Rippen, bevor er sich zu einer ersten Aussage hinreißen ließ:

„Also... ohne es geröntgt zu sehen, kann ich nicht sagen, ob die Rippe hier angebrochen oder nur geprellt ist und daher die Schwellung kommt.

Wenn es eine Fraktur ist, scheint es zumindest kein Durchbruch zu sein, dabei sind oftmals innere Organe betroffen und dann würde es ihnen weit schlechter gehen als jetzt.“

„Wie beruhigend...“

murmelte ich mit zusammen gebissenen Zähnen, denn das herum Gedrücke an meinen lädierten Stellen war keineswegs angenehm.

„Bleiben sie bitte noch kurz in dieser gebückten Haltung stehen“

wies er mich an, dann hörte ich das äußerst beunruhigende Klatschen eines Gummihandschuhs und verkrampfte automatisch.

„Entspannen sie sich bitte, ich bin vorsichtig“

redete der Typ auf mich ein, doch viel Wirkung schienen seine Worte nicht auf mich zu haben und so brummte ich abermals:

„Hatte ich schon erwähnt, dass mir alles verdammt doll weh tut?“

„Ja, sie bekommen auch gleich ein Schmerzmittel von mir“

versprach der Mann und so entspannte ich ein wenig.

„Ohhhja, hast du gehört Koron?

Papi bekommt was gegen die Schmerzen!“

sprach ich mit meinem Pelztier, welches so eben unter Bett hervor rutschte und mit großen Augen zu sah, was der Doc an meinem Hintern trieb.
 

Schmerzmittel!!!
 

„Und für später ein paar Tabletten, womit sie bitte auch verantwortungsvoll umgehen“

ergänzte er, nachdem er endlich fertig war und meinen Hintern in Ruhe ließ.

„Wenn ihnen an den Beinen nichts weiter fehlt, können sie ihre Hose wieder anziehen, sobald ich das Schmerzmittel gespritzt habe und dann kann ich mich in Ruhe um ihre Wunden am Kopf und an der Schulter kümmern.

Sie haben Risse im Rektum, dass sollten sie wissen und man müsste das beobachten.

Wenn sich das nicht verschlimmert sollte es von allein abheilen, das heißt, sofern es nicht überbeansprucht wird oder sich sogar entzündet.

Fürs erste gebe ich ihnen dafür aber ein Antibiotikum und eine milde Salbe.

Die Hämatome überall verschwinden auch mit der Zeit, das kann eine Weile dauern, aber ich kann ihnen auch eine Creme dafür hier lassen“

sprach er weiter und ich krächzte schwerfällig:

„Ich nehm alles was ich kriegen kann...!“

Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so sehr auf eine Spritze gefreut wie jetzt, denn diese bedeutete: endlich weniger Schmerzen!

„Seien sie ruhig großzügig mit dem Stoff“

wandte ich mich an den Mann und als dieser die Schmerz-lösende Flüssigkeit endlich in meine Pobacke pikste entwich mir ein Aufatmen der Erleichterung und auch die alarmierenden Gummihandschuhe wurden ausgetauscht.
 

Jetzt wird es gleich endlich besser!
 

Der Arzt fummelte noch hier und da an mir herum, tastete nach irgendwelchen Brüchen und bog an meinen, Armen, Beinen und Füßen herum, als ich endlich wieder auf meinem Bett lag und die Wirkung der Spritze herbei sehnte.

„So, ich werde jetzt die noch die Wunden desinfizieren und gucken, ob was genäht werden muss, dann nehme ich ihnen noch Blut ab.

Ich würde sie und Masato allerdings bitte in zwei bis vier Wochen noch mal einen Bluttest machen zu lassen, manche Infektionen lassen sich erst nach einiger Zeit nachweisen“

ließ er mich wissen und ich nickte zustimmend, aber völlig unwissend.

Während der Mann an meinem Kopf zugange war, betrat Hishinuma abermals mein Schlafzimmer und erkundigte sich:

„Und wie sieht's aus?“

Der Arzt wandte sich von Neuankömmling wieder zu mir um und sagte:

„Er hat ganz schön was abbekommen, der Kleine.“

„Danke Doc.. was wäre ich nur ohne ihre großartigen Diagnosen...“

brummte ich sarkastisch und so drehte sich der Angesprochene zu Hishinuma zurück:

„War der schon immer so frech?“

„Nur manchmal, du weißt doch, klein aber oho... wie der kleine Krepel da!“

konterte mein Boss und zeigte unverhohlen auf meinen Koron.

„Hee, ich muss doch sehr bitten, ich bin anwesend und höre wie ihr mein Baby schlecht macht!“

moserte ich leicht angepisst, denn wenn jemand mein Pelztier beleidigt, weckt das meinen Beschützerinstinkt.

„Na, wenn der Kurze noch so wettern kann, dann ist er zumindest mal nicht kurz vorm Aussterben“

witzelte Dr. Lustig und packte die versprochenen Tabletten aus.

„Sieh nur Koron, Papi's guter Stoff!“

kam es von mir, als mein aufgeplusterter Vierbeiner mutig an meine Seite aufs Bett sprang und den kleinen Pillen-Karton beschnüffelte.

„Aber übertreiben sie's wirklich nicht damit.

Mit einer Packung kannste 'nen Gaul lahm legen“

bekräftigte der Arzt noch einmal und ich entgegnete dem:

„Ein bisschen Verantwortung können sie mir schon zutrauen, auch wenn ich gerade etwas indisponiert bin.“
 

Ich bin schließlich kein Kleinkind mehr!
 

„Naja, vorerst wirst du schön im Bett bleiben und dich erholen“

mischte sich nun auch wieder mein Chef ein und ich sagte:

„So zerbeult kannst du mich eh nicht auf meine Kundschaft los lassen.“

„Da hast du wohl leider recht... aber um eines würde ich dich gern bitten und zwar: früher oder später wird meine Frau rauskriegen was passiert ist und ich möchte gern, dass sie sich nicht zu sehr aufregt, also... bitte erwähne ihr gegenüber bitte keine allzu detailreichen Begebenheiten“

bat Hishinuma und beflügelt vom Schmerzmittel sprach ich:

„Wenn das das Einzige ist was ich tun kann, während ich hier so unnütz rumliege...“

Das Mittelchen, was mir der Doc gespritzt hat, ist echt der Hammer!

Sogar so hammermäßig, dass ich mich scheinbar kaum bremsen konnte irgendwas Unbrauchbares von mir zu geben und mein Boss schien das wohl ähnlich zu sehen:

„Hör auf mit dem Mist, Ruki!

Ich bin nur froh, dass ich dich nicht ins Krankenhaus bringen muss...“
 

Ja und 'nen Schönheitschirurgen musste auch nicht blechen, der mich wieder halbwegs ansehnlich zurecht schnippelt.

Na wenn das kein Grund ist um nicht vor Freude zu eskalieren.
 

„Nun denn, ich muss nun einige Sachen regeln und du ruhst dich aus.

Bestell dir was vom Lieferservice oder so, aber überfriss dich nicht und wenn was ist, du hast meine Nummer!“

damit machte sich Hishinuma mit seiner Begleitung vom Acker und ich atmete mehrmals tief durch.

„Deine neuen Schlüssel liegen auf deinem Wohnzimmertisch!“

ließ mich mein Chef noch wissen, eh die Wohnungstür ins Schloss fiel und neben mir still und leise die Tür zum Badezimmer aufging.

Wie eine Katze auf leisen Pfoten schlicht Akira hinaus und prüfte, ob wir alleine sind.

„Die Luft ist rein, sie sind weg“

sprach ich und der Serienkiller in meinem Schlafzimmer legte den Finger auf den Mund, blieb dicht hinterm Vorhang stehen und regte sich kaum.

Ich beobachtete sein Tun, sagte jedoch nichts dazu, bis er im Flüsterton erklärte:

„Sie standen noch im Flur, aber jetzt sind sie gerade die Treppe hinunter.“

Eine meiner Augenbrauen wanderte skeptisch in die Höhe:

„Bist du sicher, dass du menschlich bist und kein übernatürliches Wesen?“

Der Gemeinte lächelte:

„Ganz sicher, ich nutze nur meine naturgegebenen Fähigkeiten.“

„Irgendwie klingt das verdammt sexy“

bemerkte ich und sogleich rückte Reita den Sessel wieder an mein Bett heran und sprach in ruhigem Ton:

„Das hör ich gern, aber wir sollten unser Gespräch von vorhin fortsetzen.“

„Meinetwegen, mir geht’s immer besser!

Ich hoffe nur die Pillen wirken genauso gut wie die Spritze“

entgegnete ich dem und Akira drehte und wendete die Tabletten neben mir.
 

„Kannst du mir einen Gefallen tun?“

wandte ich mich an den nun wieder neben mir Sitzenden und dieser nickte:

„So ziemlich jeden.“

„Könntest du Koron füttern, ich schätze ein knurrender Magen hat ihn aus seinem Versteck gelockt“

vermutete ich und Reita blickte zu meinem Pelztier hinüber:

„Ok, wo finde ich den Kram?“

„In der Küche über dem Tisch is'n Schrank, da stehen Schälchen drin, er bekommt das ganze Ding.

Die Näpfe stehen in der Küche in der Ecke“

erklärte ich und der Kaffeespender setzte sich in Bewegung.

Mein Kleiner wetzte aber erst hinterher, als er gehört haben muss, wie Akira den Deckel gelöst hatte und so rief ich hinüber:

„Spätestens jetzt bist du sein bester Freund!“

„Dann kann ich ihm also gefahrlos die Kekse wegfressen?“

kam es zurück und ich grinste:

„Sooo weit würde ich dann doch nicht gehen!“
 

Einen Augenblick später kam er zurück zu mir und fragte:

„Wollen wir uns was zum Essen bestellen oder soll ich mich in der Stadt auf die Jagd begeben?

Ich könnte auch versuchen was zu kochen, aber das endet immer in 'ner mittleren Katastrophe, also würden am Ende eh nur Pommes bei raus kommen.“

„Nee lass mal, ich hasse es, wenn ich und meine Wohnung nach Frittenbude stinken...“

antwortete ich und Reita schmunzelte:

„Also ich glaube, ich fände so einen Ruki-Rösti ganz lecker.“

„Bestellen wir einfach was, Ok?“

schlug ich also von dieser Bemerkung ablenkend vor und schon holte Akira sein Telefon und wählte.

„Warte doch mal, du weißt doch gar nicht was ich will?!“

meckerte ich und der Angesprochene wippte mit den Augenbrauen:

„Ich bin mir sicher, dass ich weiß was du willst und was dir fabelhaft schmecken wird!“
 

Man, soviel Selbstvertrauen möchte ich auch mal haben...!
 

Einige Minuten später klappte mein Kaffee-Kerl sein Handy zu und nahm wieder neben mir platz.

„So, meine Giftkröte, dir scheint's ja nun besser zu gehen, demnach kannst du was im Magen vertragen und ich verspreche hoch und heilig, dass es dir schmecken wird!“

wollte Reita mir weiß machen, doch ich blieb der Sache noch misstrauisch gegenüber.

„Und während wir auf das Essen warten, erzählst du mir was im Hotel vorgefallen ist und ich sag dir was draußen abging“

schlug er vor und legte seine Füße auf meinem Bettrand ab, nachdem er es sich im Sessel bequem gemacht hatte.

Räuspernd brachte ich mich in eine halbseitig liegende Position und rückte mein Kissen zurück, um mich besser an das Kopfende des Bettes lehnen zu können und räusperte mich kurz, eh ich zu erzählen begann:

„Also.. was soll ich großartig dazu sagen?

Die haben mich... mich...“

Ich geriet ins Stocken und konnte die Worte, die ich sagen wollte nicht mal aussprechen.

Denn das allein, würde das Geschehen so wahrhaftig machen, so zum greifen nah... als wäre ich wieder da.

Plötzlich schien es mir, als hätte ich diese Worte vergessen... vergessen wie sie hießen, was sie bedeuten und was sie in mir auslösen.

„Takanori?“

riss mich Akira aus den Gedanken und ich stammelte:

„Ich... ich weiß nicht...“

Vor meinen Augen lief der gesamte Film ab, einzelne Fetzen davon schienen besonders deutlich und ich verzog mein Gesicht, während ich daran dachte.

Mit einem Mal waren da wieder die Tränen und ich wischte sie hastig weg.

Ich wollte sie nicht schmecken und schon gar nicht wollte ich ausgerechnet vor Reita heulen.
 

Der Film, der vor meinen Augen ablief, ließ sich einfach nicht mehr stoppen und ratterte immer wieder runter, mein Herz begann zu rasen und mein Atem ebenfalls, bis ich Akira's Arme um mich spürte und ich deshalb erschrak, mich heftig zu wehren versuchte und zu hyperventilieren begann.

„Takanori, ich bin's, bitte beruhig dich... ich frage dich nicht mehr“

redete eine Stimme auf mich ein, die nur nach und nach zu mir durchdrang und ich meine Gegenwehr aufgeben konnte.

„Du bist zu Hause, dir passiert nichts“

flüsterte er und strich über mein Haar.

Es brauchte einige Augenblicke bis ich mich beruhigt und meine Emotionen wieder im Griff hatte.
 

Ist das Schmerzmittel daran schuld, dass ich so überreagiert habe?
 

„Scheiße... was war das...?“

krächzte ich und Reita sprach mit ruhiger Stimme:

„Ich glaube das musste raus, es wäre nicht gut gewesen diese Gefühle wegzusperren.“

Darauf konnte ich nichts antworten, denn im Moment fand ich es schlimm, so wie ich mich fühlte und ich wollte nicht mehr dran denken müssen.

„Ich bin zwar kein Experte für Psychologie, aber ich denke ich sollte dir dennoch erzählen, was vor dem Hotel passiert ist, damit du das verarbeiten und damit abschließen kannst – irgendwann.“

„Haben sie euch das auf der Meuchel-Schule beigebracht...?“

hakte ich – bemüht witzig zu sein – nach und Akira antworte hörbar schmunzelnd:

„Ja, sowas ähnliches.“

In einem Moment der Ruhe blieb er noch in meinen Armen und löste sich dann langsam von mir, als es an der Tür klingelte und er wenig später mit lauter wirklich lecker aussehenden Köstlichkeiten zurück kam.

„Normal esse ich nicht im Bett... aber nun ist es eh schon besudelt“

murmelte ich und schnappte mir eines dieser Appetit-anregenden Häppchen:

„Mhmmm!

Das schmeckt ja echt?!“

„Warum so überrascht?

Denkst du ich erzähl den ganzen lieben langen Tag nur Mist oder was?“

kam es amüsiert von Reita und ich schüttelte nachgebend den Kopf, sicherte mir noch ein Häppchen dieser Sorte und futterte eifrig.
 

Fiese Flashbacks machen eindeutig hungrig.
 

Während wir so am Essen waren dachte ich über mein weiteres Vorgehen nach, ich fühlte mich noch immer dreckig und deshalb empfand ich auch mein Bett nun als beschmutzt.

Ich würde mich sonst nie direkt nach einem Kunden in mein Bett legen, sondern erst duschen – egal wie kaputt ich bin.

Aber Akira konnte das ja nicht wissen und ich bin ja schon froh, dass er mich nach Hause gebracht hat und...

Hey, Moment mal!

„Sach ma, wie hast'n du meine Tür aufgemacht?!?

Meine Schlüssel liegen doch immer bei meinem Bodyguard!“

entwich es mir vor Schreck mit vollem Mund und der Angesprochene sah mich an:

„Naja, ich hab mir von der netten alten Dame unten deinen Ersatzschlüssel geben lassen.

Die Gute war ganz hysterisch, als sie dich auf meiner Schulter hängen sah und wollte die Bullen rufen.

Ich hab ihr dann mit Mühe und Not weiß gemacht, ich sei von der Polizei, da hat sie deinen Schlüssel raus gerückt.“

„Gott, die arme Frau...

Die war bestimmt kurz vorm Herzinfarkt!“

„So flattrig wie sie war, ist das schon möglich“

gab Reita gelassen mit spitzbübischem Grinsen von sich und ich versuchte ihm klar zu machen, dass ich ohne sie aufgeschmissen wäre:

„Die Omi ist ein ganz wichtiger Teil in meinem System, wenn sie nicht mehr da ist, dann muss jemand anderes auf Koron aufpassen, während ich bei meinen Terminen bin und ich vertrau mein Juwel doch nicht irgendwem an!“

„Dann trifft es sich doch bestens, dass wir Zwei sowieso in naher Zukunft auswandern, dann hast du den ganzen Tag Zeit für ihn und- ..“

begann Akira und ich fiel ihm ins Wort:

„Und du legst in der Zeit doppelt so viele Leute um, damit wir über die Runden kommen und hübsch Familie spielen können?“
 

Bei dem hakt's doch!
 

„So bescheuert finde ich diese Vorstellung gar nicht, wie du hier tust!“

knurrte der neben mir im Sessel Sitzende und legte die Stirn in Falten.

Seufzend mümmelte ich an meinem letzten Bissen, rollte mich voll gefuttert auf den Rücken und schwieg.

Der geringfügig schmollende Reita allerdings begann nach einiger Zeit des Schweigens leise zu erzählen:

„Ich hab gesehen, wie diese Typen dich einfach vor der Tür in den eiskalten Schnee geschmissen haben...

Deine Klamotten waren völlig zerrissen, du hast dich nicht mehr bewegt und... und ich dachte...“

Akira holte tief Luft und konnte erst einen Augenblick später weiter erzählen:

„Ich dachte du wärst tot...“

Er sah zu mir und ich blickte ihm in die Augen, in denen man förmlich ablesen konnte, wie er sich das Allerschlimmste ausmalte und auch wie sich die Wut abermals zusammen braute.

„Aber... ich lebe“

hauchte ich leise und er nickte:

„Ja.. aber das hätte auch ganz anders enden können...

Verstehst du, deshalb will ich nicht, dass du dich weiter dieser Gefahr aussetzt!

Verdammt noch mal!

Wieso hörst du eigentlich nie auf mich?“
 

Wie oft soll ich's ihm noch erklären, dass ich sonst zurück auf die Straße muss?
 

Und dass ich eben da wieder verwahrlose und so oder so sterbe.
 

Da sterb ich lieber in Reichtum und Schönheit, als in der Gosse kriechend...
 

Dennoch biss ich mir auf die Zunge und sagte nichts dazu, überlegte stattdessen was ich nun tun könnte, um aus dem Thema wieder raus zu kommen, ohne wieder platzen zu müssen.

„Ähm... könntest du mir einen Gefallen tun?“

fragte ich vorsichtig und Reita blickte wartend zu mir:

„Ich möchte.. nein, ich muss baden, ich fühl mich dreckig...

Könntest du mir bitte Wasser einlassen?“

Der Gefragte knurrte bestätigend und machte sich auf ins Badezimmer.

Auch Koron gesellte sich derweil wieder zu mir ins Bett und beschnüffelte die restlichen Häppchen vor mir.

Er ging einen großen Bogen herum, und steuert direkt auf Akira's Papierteller zu und mopste ihm den angebissenen Happen, fraß diesen in Windeseile auf und tat anschließend so als wäre nie etwas der gleichen vorgefallen.

Und als mein Kaffee-Spender zurück kam und sich hinsetze, ins Leere griff und sich verpeilt umsah, konnte ich mir ein Kichern aus Schadenfreude absolut nicht verkneifen.

Sofort fiel Reita's Blick auf meinen Liebling, welcher Hilfe suchend zu mir schaute und ich ahnungslos tuend mit den Schultern zuckte.

„Mhmm... ihr Pappnasen!

Wenn's wenigsten einer von euch zugeben würde!“

„Wir wissen nicht wovon du redest“

gab ich gelassen von mir und sah zu wie er nun den Rest des Essens vom Bett räumte.
 

Mit aller Vorsicht kroch ich nun von der Matratze herunter, denn auch wenn die Spritze mir schon den gröbsten Schmerz nahm, so ganz war er nicht weg, also machte ich lieber etwas langsamer, als das noch irgendwas passieren würde.

Gekrümmt und irgendwie buckelig schlürfte ich in mein Bad und wollte eben die Tür schließen, als mich irgendwas daran hinderte.

Ich drehte mich herum, da ich dachte womöglich meinen Hund eingeklemmt zu haben, doch weit gefehlt...

„Nich dein Ernst oder..?“

murrte ich, bevor Akira sich durch den Türspalt schlängelte und sagte:

„Oh doch, ich werde dir beim Ausziehen helfen.“

„Raus!

Ich kann das!“

schimpfte ich und der hinter mir Stehende schien sich nicht im Mindesten davon beeindrucken zu lassen.
 

Das darf doch nicht wahr sein...
 

Will er mir nicht vielleicht auch noch 'nen Pass für Schwerstbehinderungen und 'ne Gehhilfe besorgen?
 

„Stell dich nicht so an... ich weiß wie du nackt aussiehst!“

bekräftigte Reita und manövrierte mich in Richtung Badewanne, während ich unter Mosern hinüber humpelte:

„Aber... aber ich kann das wirklich..!“

„Das hab ich gehört, als der Doc da war.

Da hast du in einer Tour gestöhnt vor Schmerz und hast eine halbe Ewigkeit gebraucht.

Bis dahin ist das Wasser kalt.“

„Moaahh... du geht’s mir gerade so auf den Keks, weißt du das?“

meckerte ich und ließ es dennoch zu, dass Akira mir das Schlafanzugoberteil über den Kopf krempelte und belustigt sagte:

„So ist's brav, meine kleine Giftkröte.“
 

Eingeschnappt ließ ich ihn auch den Rest machen und wollte dann den Umständen entsprechend eiligst in die Wanne, statt weiter nackt und lädiert hier rumzustehen.

Ist eh schon peinlich genug und je länger er meine demolierten Stellen sieht, desto mehr schürt das vielleicht auch wieder seine Rachegedanken.

Das Wasser lief noch, also probierte ich kurz die Temperatur und sie war annähernd perfekt.

Ich biss die Zähne zusammen und stieg ohne auch nur ein schmerzerfülltes Stöhnen von mir zu geben hinein und konnte dann endlich Stück für Stück entspannen.

Ein wenig Badezusatz landete noch im Wasser, bis dieses zu schäumen begann und ich die Augen schließen konnte.

Den Geräuschen nach zu urteilen war Reita nun dabei meine noch hier herum stehenden Kerzen im Fensterbrett zum Brennen zu bringen – zumindest schien er es vor zu haben, denn er nörgelte:

„Du solltest deine Streichhölzer nicht im Bad bunkern, die ziehen Feuchtigkeit, weißt du und dann kann man sie nicht mehr richtig entzünden.“

„Red doch keinen Quark, vor ein paar Tagen funktionierten die noch wunderbar“

entgegnete ich dem und Akira hakte skeptisch nach:

„Und wie viele Tage ist das jetzt her?“

„Was weiß ich... vielleicht einen Monat oder so...“

war meine Antwort und er brummte:

„Na toll... das reicht doch schon...“

Damit stiefelte er aus meinem Bad und kam wenige Augenblicke später wieder.

Dieses mal hatte er hörbar ein Feuerzeug in der Hand und bekam nun offenbar auch die Kerzen an.

Als ich nach einer kleinen Weile nichts mehr hörte, entschloss ich mich doch mal einen Blick zu riskieren und öffnete ein Auge.
 

Was zur Hölle?
 

Reita saß neben der Wanne und hing an deren Rand, baute aus meinem Schaum Burgen und betrachtete mich scheinbar ausgiebig.

Ich öffnete nun beide Lider und spürte wie mein Kopf heiß wurde.

Deshalb schob ich eine große Menge Schaum vom Rand in die Mitte, um brisante Körperstellen damit zu bedecken.

„Kannst du nicht irgendwas anderes machen, als mir hier zuzusehen?“

wollte ich von ihm wissen, nichts ahnend, was ich damit ins Rollen bringen würde und Akira fragte nun:

„Und was?“

„Kein Plan, lass dir was einfallen, niemand zwingt dich bei mir zu bleiben“

gab ich, zugegebenermaßen ziemlich schroff von mir, doch einen stalkenden Kaffee-Kerl würde das schon längst nicht mehr abschrecken!
 

Ohh nein...!
 

Nicht dieses Exemplar...
 

Reita stand wortlos auf, entledigte sich komplett seiner Kleidung und baute sich nun völlig nackt vor mir auf.

Schamhaft drehte ich mein Gesicht weg und nuschelte:

„Was wird das?“

„Mach mal ein bisschen Platz“

konterte er und ging an das Ende der Wanne hinter mir, ich richtete meinen Oberkörper auf und eh ich mich versah, ließ Akira sich dicht an meinem Rücken ins Wasser gleiten.

Kurz kam mir der Gedanke, dass ich dies durchaus hätte verhindern können – wenn ich denn gewollt hätte...
 

Mist!
 

Und jetzt?
 

Wer soll denn da bitte entspannen?
 

„Kannst dich ruhig anlehnen“

kam es von dem hinter mir Sitzenden und irgendwie bleib mir auch keine andere Wahl, denn das aufrechte Sitzen, tat selbst im Wasser noch weh.

Seufzend tat ich wie mir geheißen und versuchte zurück zur Entspannung zu finden, nur war das unter diesen Umständen gar nicht so leicht.

Es machte mich extrem nervös, dass da jemand hinter mir war und diese innere Unruhe wollte sich auch nicht so schnell verflüchtigen.

Akira schien das mitzukriegen und begann mit seinen Händen an meinen Oberarmen massierend auf und ab zu fahren.

Er ertastete sehr bald den Chip und brummte grade so hörbar:

„Wenn wir hier weg sind kommt als erstes dieses Ding raus...“

Es lag mir auf der Zunge etwas wie 'zu Befehl mein Herr' zu sagen, doch das würde ja auch irgendwie heißen, dass ich mit dem Plan auszuwandern einverstanden wäre.

Darum verkniff ich mir erneut jeglichen Kommentar und atmete tief durch.
 

Wie stressfrei war mein Leben, bis der Kerl darin aufgetaucht ist?
 

Kaum zu glauben, aber das stete Streichen über meine Arme war doch sehr beruhigend, weshalb ich fast schon einnickte, doch ein leises Scharren an der Tür riss mich aus dem Halbschlaf, bevor er beginnen konnte.

Nun wollte ich eigentlich gar nicht mehr aus der Badewanne, aber irgendwie schien mir das Wasser ein Stück kühler zu sein als eben noch... und der Schaum war weg.

„Sag mal... wie lange sind wir jetzt schon hier drin?“

fragte ich Reita und dieser räusperte sich:

„Ich schätze, du vierzig Minuten und ich dreißig.“

Total überrascht fuhr ich hoch:

„Was?

So lange?

Mein Haut schrumpelt!“

Doch der Schmerz machte sich auch gleich wieder bemerkbar und ich zischte deswegen, bevor ich in einem neuen Anlauf heraus steigen wollte.

„Was'n jetzt schon wieder?“

wollte Akira wissen und ich entgegnete dem:

„Mein Bett muss neu bezogen werden und mein Baby muss Gassi geführt werden!“

„Es ist mitten in der Nacht...?“

kam es von Reita, welcher mir nun aus der Wanne half und ich knurrte:

„Umso schlimmer!

Ich will nicht, dass ich 'ne Pfütze an meiner Wohnungstür vorfinde!

Das letzte mal, als ich wegen einer Grippe flach lag und nicht aus dem Bett kam, hat Koron gejammert, weil er vor die Tür gemacht hat.“

„Ok ok, ich geh mit dem Hund raus und du legst dich aufs Sofa.

Wenn ich wieder da bin, kümmere ich mich um dein Bett“

schlug Akira vor, doch mir war das peinlich so bemuttert zu werden, dass konnte ich schon bei Sayuri nicht ab, wenn ich nur'n Schnupfen hatte...
 

Kaum hatte ich es unfallfrei in meinen Bademantel geschafft, fragte ich mit hochgezogener Augenbraue und Blick auf den Stapel Handtücher neben dem Schrank:

„Hast du dich etwa da drinnen versteckt?“

„Lach nicht, irgendwas musste ich doch tun, für den Fall das einer rein kommt!“

verteidigte sich mein Kaffee-Spender und nahm mir eines der Frotteetücher aus der Hand, welches ich ihm reichte, bevor ich in gekrümmter Haltung ins Wohnzimmer schlürfte.

Etwas später, ich hatte mich grade zu meiner Liege vor gekämpft und meinen Laptop samt Tagebuch vor gekramt, stand Akira angezogen im Türbogen und fragte nach der Leine.

Wenige Augenblicke danach entschwand er samt meines Augapfels durch die Tür.
 

Endlich etwas Ruhe!
 

Meine Gliedmaßen streckend und anschließend eine möglichst schmerzfreie Position suchend, begann ich dir also zu schreiben, was mir widerfahren ist.
 

Allerdings merkte ich schnell wie müde und kaputt ich eigentlich war, denn nach knapp vier Sätzen döste ich mal wieder weg.

Aufgewacht bin ich auch erst als Reita meine Wange streichelte und mich somit weckte:

„Geh ins Bett.“

„Aber...“

wollte ich mein Veto einlegen, doch schien mir Akira inzwischen völlig immun gegen meine versuche des Widerstands.

Geschlagen und viel zu müde um mich herum zu streiten, folgte ich ihm brav und staunte im Türbogen stehend nicht schlecht, als dort meine Lieblingsbettwäsche glänzte – im Leo-Look!
 

„Ich roll mich auf dem Sofa zusammen, wenn's dir recht ist...“

flüsterte Reita neben mir und war gerade im Begriff sich umzudrehen, als mich ein furchtbar schlechtes Gewissen packte und daraufhin meine Hand die des neben mir Stehenden:

„Warte...“

Der Gemeinte verharrte nun reglos und so murmelte ich ganz kleinlaut:

„Es tut mir leid...“

„Was denn?“

hakte Akira nach und so legte ich im Zeitlupentempo meine Arme um seinen Nacken, eh ich kaum hörbar murmelte:

„Das ich mich noch gar nicht bedankt habe... fürs Retten... fürs Essen... fürs Bad einlassen...dafür das du hier bist und mir auf den Keks gehst...“

„Und dass du nie auf mich hörst, und dass dein Vieh mein Essen auffrisst und das ihr Beide verdammt giftig und stachelig seid?“

kam es als Antwort von ihm zurück und ich nickte:

„Das auch...“
 

Wenn es etwas gibt, was ich kaum aushalten kann, dann ist es ein schlechtes Gewissen.
 

Das macht mich fertig; mehr noch als ein besserwisserischer Stalker.
 

Als eben Jener sich erneut von mir lösen und den Weg in in Richtung Wohnzimmer einschlagen wollte, hielt ich ihn fest und bat:

„Bleibst du hier... bei mir?“

„Im Bett?“

fragte Reita, fast schon ungläubig und ich nickte zögerlich.

Er schien einen Moment zu überlegen und trat dann doch näher ans Bett heran, stellte sich daneben und sagte:

„Gern, aber du solltest wissen, dass ich ausschließlich nackt schlafe.

Ich wäre gern Nudist geworden, aber das ließ sich beruflich nicht vereinbaren, also beschränke ich meine unerfüllten Gelüste aufs Bett.“

Ein fast schon fieses Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, eh er sich langsam entblätterte.

Seufzend kramte ich einen neuen Schlafanzug aus der Kommode und stieg hinein, selbstredend alles in Zeitlupe.

Akira lag derweil wartend und sichtlich mit sich zufrieden in den Federn und sah mir mit hinterm Kopf verschränkten Armen genüsslich zu, wie ich mich abkämpfte.

Als ich es endlich geschafft hatte und unter die Decke kroch, war da wieder das Problem mit dem 'wie lege ich mich hin, ohne dass es allzu weh tut'.

Es brauchte seine Zeit und viel Maßarbeit, bis ich eine Position gefunden hatte und zu Reita's Begeisterung schloss das seinen Körper mit ein.
 

Gott, er war so herrlich warm!
 

Es fühlte sich wirklich gut an, nicht irgendwie erzwungen oder bedrohlich.. wie es sonst meistens der Fall ist.

Nur Koron war ganz und gar nicht damit einverstanden, dass da jemand auf seinem Platz lag.

Beleidigt drehte er sich drei mal im Kreis, eh er sich theatralisch schnaubend am Fußende fallen ließ.

Nachdem auch das Licht gelöscht wurde schloss ich meine ohnehin schon nur noch schwer offen zu haltenden Äuglein und genoss die Stille, die Wärme und.... ich glaube man nennt es gemeinhin Geborgenheit.
 

„Akira?“

sprach ich in die Dunkelheit meines Schlafzimmers und der Angesprochene meldete sich:

„Ja, Takanori?“

„Danke...“

murmelte ich leise und Reita antwortete mit ruhiger Stimme:

„Hab ich wirklich gern gemacht.“

Erneut war es einen Moment lang still, bis nun Akira das Wort ergriff:

„Takanori?“

„Ja?“

kam es von mir und so wurde ich gefragt:

„Darf ich jetzt Schatzi zu dir sagen?“

„Bitte nicht...“

brummte ich wenig begeistert und schon kam der nächste Vorschlag:

„Wie wär's mit Hasi?“

„Wehe!“

versuchte ich nun deutlicher zu werden, dass ich überhaupt kein Fan von derartiger Betitelung bin und so hörte ich von ihm daraufhin:

„Dann eben weiter Giftkröte.“

„Moah... gute Nacht...“

grummelte ich, hörte gleich darauf wie der unter mir Liegende Luft holte und unterband sofort jegliche Äußerungen seinerseits mit:

„Halt die Klappe und penn' einfach!“
 

Er spurte.
 

Gut so!
 

Ich schlief wie ein Stein in dieser Nacht, doch als ich am frühen Morgen aufwachte, hallte ein Aufschrei des Schmerzes durch mein Schlafzimmer, was sowohl Reita als auch meinen Hund entsetzt wie eine Eins im Bett stehen und beide so völlig planlos drein schauen ließ.

„Ooohhaa diese Schmerzen!!!“

fluchte ich lauthals drauf los und begann mich schwerfällig herum zu wälzen, nach den Tabletten vom Doc Ausschau zu halten und als ich eben Jene nicht fand fauchte ich ärgerlich:

„Wo sind sie?“

Als ich keine Reaktion vernahm knurrte ich nachträglich:

„Mein guter Stoff, wo ist er hin?

Ich brauch ihn!

Jetzt sofort!“

„Da ist aber wer schlecht drauf morgens“

bemerkte der Angeschriene und setzte sich in Bewegung.

„Du solltest mich mal erleben, wenn ich nicht bald meine Pillen habe!“

zischte ich mit zusammen gebissen Zähnen zurück, bereit die Dinger auch selbst zu holen, doch da kam Akira schon mit dem begehrten Objekt zurück.

„Da, hast du's“

wollte er mich mit einer einzigen Tablette abspeisen und so keifte ich:

„Ich brauch mehr davon!“

„Aber der Arzt hat gesagt-..“

wollte mein Gegenüber gerade erklären, als ich ihn in Ermangelung eines Kragens, direkt an den Nackenhaaren packte und ihn zu mir, ganz nah vors Gesicht zog:

„Gib... mir... die verdammten... Schmerzmittel!

Sonst werden wir Beide ganz fürchterlich leiden!“
 

Sogleich ließ ich ihn wieder los und statt die Packung zu holen, neckte er mich vollkommen unbeeindruckt von meiner Aktion:

„Also... irgendwie find ich es ja sehr sexy, wenn du so abgehst.“

Mir fiel absolut nichts mehr dazu ein, also war ich kurzerhand dabei selbst aufzustehen, als ich zurück geschoben wurde und zu hören bekam:

„Schon gut, schon gut... ich hol's dir, aber ich nehm sie dir wieder weg, wenn du damit übertreibst und in deinem Zustand hast du nicht mal den Hauch einer Chance gegen mich.“

Stöhnend ließ ich mich wieder auf die Matratze sinken und lauerte auf die feinen Dinge, die da kommen mögen.

Kaum hatte ich die Schachtel in der Hand kramte ich möglichst unauffällig noch zwei weitere Pillen aus der Packung und spülte sie schnell mit dem ebenfalls mitgebrachten Wasser runter, eh Reita sich neben mich gelegt hatte und sich von mir wegdrehte.

Und schon wieder spürte ich, wie mich dieses blöde schlechte Gewissen piesacken wollte, doch dafür war im Moment der Schmerz noch zu groß, also legte ich mich ebenfalls von ihm abgewandt hin.

Trotzdem dauerte es nicht lange, bis ein leicht kühler nackter Körper unter der Decke an meine Kehrseite rutschte und sich anschmiegte.

Im ersten Moment empfand ich es als sehr unangenehm, doch ich entspannte mich mit der Zeit und ertrug Akira's Ersuchen nach Nähe tapfer, auch wenn alles in mir schrie, dass ich ihn nicht hinter mir haben wollte.

Dass er allerdings so ruhig liegen blieb machte es einfacher damit klarzukommen und den unangenehmen Gedanken zu verdrängen.
 

Es gelang uns offenbar Beiden noch ein Weilchen Schlaf zu finden, bis mich letztlich doch eine volle Blase aus dem Bett zwang.

Auch dieses mal biss ich die Zähne zusammen, um den neben mir Liegenden nicht zu wecken, während ich mich von der Matratze hievte.

Zwar taten auch die Schmerzmittel inzwischen wieder was sie sollten, aber aufrecht oder schmerzfrei konnte ich mich noch nicht fortbewegen.

Als ich meine Notdurft im Bad verrichtet hatte und nach dem Händewaschen zum Spiegel hinüber trat, betrachtete ich meine wirklich erbärmliche Erscheinung.

Ich hob mein Oberteil an und krempelte die Ärmel hoch, zählte die zahlreichen Blutergüsse und tippte am Pflaster meiner Kopfwunde herum.

Zischend verzog ich das Gesicht und trat noch etwas näher heran, stützte mich auf den Unterschrank und betrachtete mein Antlitz genauer.

Während ich mich so ansah driftete ich zurück in diesen unwirklichen Film, welcher vor meinem geistigen Auge ablief und war wieder mitten im Geschehen.

Die drei Typen... was sie taten... wie ich mich fühlte...

Mein Herz begann ein weiteres Mal zu rasen und ich musste erst mal tief durchatmen.
 

Kopfschüttelnd riss ich mich von dem Elend im Spiegel los und warf mir noch eine Ladung kaltes Wasser ins Gesicht, eh ich das Badezimmer wieder verließ und mein Blick auf Reita fiel.

Wie er da quer über das Bett ausgebreitet lag und seine Morgenlatte unter der Decke ein Zelt bildete.

Ich musste schmunzeln bei dem Anblick und so drängelte ich mich ebenso mühsam wieder in die Federn zurück, wie ich mich zuvor raus gekämpft hatte, nur musste ich nun auch noch Akira's Extremitäten beiseite räumen, um Platz zu finden.

Doch ich bekam kein Auge mehr zu.

Zu groß war die Angst, jetzt noch mal davon träumen zu müssen.
 

Vorsichtig rollte ich mich zusammen und grübelte über allerhand Dinge nach.

Wann ich wieder einen Kunden haben werde, oder ob dieser penetrante Kaffee-Spender die Sache mit der Auswanderung wirklich ernst meint... was es heute zum Futtern geben würde...

Alles, nur um nicht an den gestrigen Vorfall denken zu müssen.
 

Mit einem Mal tauchte eine Hand an meiner Wange auf und streichelte sie, Lippen pressten sich auf meinen Kopf und eine raue Stimme sprach zu mir:

„Geht's dir jetzt besser?“

Ich blickte zu Reita hinauf und überlegte kurz was ich dazu sagen sollte, eh ich in gedämpften Ton antwortete:

„Naja, so'n richtig guter Kaffee, das wär's jetzt.“

„Na dann mach ich dir Einen“

kam der Vorschlag von ihm und ich murmelte:

„Ich hab keine Kaffeemaschine... hab's irgendwie immer versiebt mir eine zu kaufen.“

„Tja dann muss ich wohl los gehen“

entgegnete Akira daraufhin und verließ das Bett, doch bevor er wieder in seine abgelegten Klamotten steigen konnte bot ich an:

„Wenn du magst, nimm dir ruhig Sachen von mir, falls du was passendes findest.“

„Geht schon, ich fahre einfach Zuhause vorbei und bringe was mit“

konterte er und war schon verschwunden.
 

Ich für meinen Teil blieb noch liegen und ärgerte Koron, indem ich ihn am Fuß kitzelte, als er wieder eingeschlafen war.

Als auch das keinen Spaß mehr machte und ich in meinem Kühlschrank nach was Essbarem suchen wollte, musste ich wohl oder übel wieder aus dem Bett kriechen und eben dies tat ich, zuvor warf ich allerdings noch mal Schmerzmittel nach.

Sicher ist sicher!
 

Mit den restlichen Häppchen von gestern verzog ich mich auf meine Liege im Wohnzimmer und ließ mich vom Fernsehprogramm berieseln, bevor ich einen weiteren Versuch startete ein paar Zeilen zu schreiben.

Reita ließ aber nicht lange auf sich warten, im Gepäck hatte eine Tasche und in der Hand zwei Becher Kaffee und zwei Stück Kuchen – wie damals.

Irgendwie süß, dass er sich das gemerkt hat.
 

„Ich schmeiß meine Tasche ins Schlafzimmer, dann steht die nicht im Weg rum und danach seh ich zu wie wir an was zu richtiges Essen kommen“

teilte mir Akira mit und ich brummte:

„Ok, ich revidiere: du bist eindeutig noch schlimmer als Sayuri!“

„Wer ist das und worin bin ich schlimmer?“

brachte er mir darauf entgegen und ich erklärte:

„Im Bemuttern und Sayuri ist-...“

In diesem Moment klingelte es, wie gerufen, an meiner Wohnungstür regelrecht sturm.

„Das... ist Sayuri...“

Während es also im Sekundentakt läutete, verschwand mein Kaffee-Spender hinterm Vorhang und ich eierte zur Tür.

Kaum war diese entriegelt platzte meine beste Freundin hinein, knorkelte mich – meinen Schmerzensschrei ignorierend – und stellte mir in mütterlich besorgtem Ton allerhand Fragen:

„Ruki-Baby, geht’s dir gut?

Was haben die mit dir gemacht?

Orrr, wenn ich den erwische, der dafür verantwortlich ist...

Dem schnippel ich sein kleines verschrumpeltes Y-Chromosom ab!“

„Mir geht’s gut...“

nuschelte ich, an ihre Schulter gepresst, bevor ihr aufzufallen schien, dass das überbesorgte Umarmen eher schmerzhaft als tröstend für mich ist.

„Sorry, mein Großer!“

kam es daraufhin von ihr und sie strich mir die zerzausten Haare glatt.

„Sayuri, beruhige dich!

Es ist alles bestens, ich bin nur etwas... müde und kaputt“

versicherte ich noch einmal und nun endlich schien es bei ihr angekommen zu sein:

„Es tut mir leid...“
 

Seufzend klappte ich meinen PC zu und schnappte mir erst einmal einen der Kaffeebecher, als sie fragte:

„Oh... hattest du Besuch?“

Ich überlegte kurz was ich darauf sagen sollte und entschied mich zu:

„Sayuri, ich möchte dir jemanden vorstellen.“

Räuspernd führte ich sie im Schneckentempo zu meinem Schlafzimmer und selbstredend fand ich dort niemanden vor.

Natürlich konnte ich mir denken wo Reita steckte und brüllte gen Badezimmertür:

„Komm aus dem Schrank raus, das geht in Ordnung!“

Keine Reaktion, bis mein Handy eine Nachricht empfing.

Verwundert kramte ich es hervor und lass:

'Ist sie vertrauenswürdig?'

Seufzend rief ich hinüber:

„Ja, jetzt komm endlich raus, man!“

'Nein, lieber nicht'

stand in der nächsten Massage von Akira und ich brummte leise:

„Wer nicht will...“

„Ist Er das?“

wollte Sayuri geheimnisvoll tuend wissen und ich nickte:

„Der hat einen an der Waffel, das darfste nicht persönlich nehmen.“

'Das habe ich gehört!'

stand in der prompt folgenden Nachricht und ich rief zurück:

„Na hoffentlich!“
 

Manchmal übertreibt er's...
 

„Er ist schüchtern, hm?“

fragte Sayuri, als wir zusammen zum Couchtisch gingen und uns Beide recht umständlich hinsetzten – ich konnte nur auf der Seite und halb liegend verbleiben und sie hatte reichlich Probleme mit ihrem ordentlich gewachsenen Bauch.

„Eigentlich ist er das ganz und gar nicht...

Aber jeder hat so seine Meise...“

erzählte ich ihr und sie nickte verständnisvoll:

„Ja, da hast du recht.“

Fragend hob ich meine Augenbraue und so begann sie zu stammeln:

„Najaa, eigentlich sagte mein Arzt, ich solle mich schonen und es ruhig angehen lassen...

Aber als ich gehört hab, wie zwei von Masato's Männern über... dich und die Sache gesprochen haben, da musste ich einfach vorbei kommen!“

„Das heißt, dein Mann weiß gar nicht dass du hier bist?“

hakte ich skeptisch nach und sie schüttelte betreten den Kopf:

„Nein.. deshalb muss ich auch gleich wieder los, eh er merkt das ich weg bin...“

„Na dann, husch husch!

Im Moment bin ich eh nicht besonders unterhaltsam und geschafft bin ich auch“

erklärte ich, obwohl es mir gerade, dank der Schmerzmittel, ganz gut ging.

Aber es wäre für Sayuri besser, wenn sie sich zu Hause ausruht.
 

Wir hievten uns also Beide wieder stöhnend hoch und dieses mal war ihre Umarmung zum Abschied viel sanfter.

Kaum war sie außer Sicht und meine Wohnungstür wieder zu, trat ein Schatten hinterm Vorhang hervor und ich murmelte:

„Sie hätte dich schon nicht gebissen...“

„Darum geht’s nicht.

Es ist nur besser, wenn niemand sonst weiß, dass ich hier bin“

sprach er, ich sagte nichts weiter dazu und widmete mich wieder meinem Kaffee, während Reita den Kuchen aus der Küche holte.

Nun auf zwei Tellern serviert, stellte er eben Diesen zu mir auf den Sofatisch und ich grinste:

„Dir ist schon klar, dass du um Haaresbreite deinen Erdbeerkuchen eingebüßt hättest?

Sayuri ist gerade auf 'nem ganz finsteren Erdbeertrip und ich schwör dir, wenn sie den gewittert hätte, sie wäre gnadenlos drüber hergefallen.“

„Dann hätte ich wohl doch aus dem Schrank springen müssen“

gab Akira wieder relativ gelassen von sich und vertilgte sein Stück, während ich nach dem Schoko-Kuchen langte.
 

Die nächsten Tage vergingen auch ganz friedlich – naja, was man bei uns Beiden eben als friedlich bezeichnen kann...

Ich für meinen Teil konnte mich, dank der freien Zeit, endlich mal wieder ausgiebig dem Schreiben widmen – wie du vielleicht gemerkt hast – und Reita arbeitete sich durch meine Spiele- und DVD-Sammlung.
 

Nach einer knappen Woche ging es mir auch schon etwas besser.

Ich konnte wieder halbwegs sitzen, wenn auch nicht sonderlich lange und die Wunde am Kopf kam auch schon ohne Pflaster aus.

Nur die blauen Flecken schillerten in allen Farben und meine Rippe tat noch ziemlich weh.

Weshalb ich es auch vorzog im weichen Bett zu schreiben, da mir die Liege oder das Sofa für einen längeren Aufenthalt noch zu hart und unbequem erschienen.

Akira ist in der Zeit kaum von meiner Seite gewichen, nur einmal war er nachts für ein paar Stunden unterwegs.
 

Eines Tages grub er mit knurrendem Magen meine Küche nach Konserven um, die ich irgendwo dort in einem der Schränke vermutete.

„Bist du sicher, dass du noch was zum Essen da hast?“

rief er zu mir hinüber und ich brüllte zurück:

„Ganz sicher!“

Und ich war mir wirklich sicher, dass da noch was war, nur hatte ich keinen Schimmer mehr was das gewesen sein könnte...
 

„Sag mal... in welchem Jahrhundert hast du denn das erworben?“

fragte Reita mich und stand nun plötzlich mit einer Dose in der Hand im Türbogen.

„Hö?“

entwich es mir daraufhin und der vor mir Stehende hakte nach:

„Weißte wie alt das Zeug ist?“

„Nö, wann läuft es denn ab?“

stellte ich eine Gegenfrage, nichts ahnend, was gleich für ein Unding zutage treten würde.

„Du bist lustig... 'abgelaufen' ist schlichtweg eine Untertreibung.

Das Zeug ist schon solange verfallen, da steht kein Datum drauf, sondern: Wir greifen im Morgengrauen an! - Napoleon“

witzelte Akira und reichte mir die Konserve.
 

Oh.. und das bei meiner Ordnung...
 

Wie um alles in der Welt konnte mir das nur entgehen?
 

„Süß“

vernahm ich es mit einem halben Ohr und wiederholte:

„Süß..?“

„Ja, wie du da mit dem Museumsstück in den Fingern sitzt, es drehst und wendest und so ratlos drein blickst.

Ich find das süß!“

erläuterte Reita seine Aussage und ich drückte ihm das Ding wieder in die Hand:

„Das ist nicht süß, dass ist mein Grübler-Blick!“

„Ouh, das klingt gefährlich!“

sprach er amüsiert und verzog sich wieder in die Küche, während er mir zu rief:

„Mehr haben wir nicht da!“
 

Was mag da noch alles kommen?
 

Erst dieser Stalker, in den ich mich dummerweise , aber höchst wahrscheinlich voll verknallt habe und dem ich es absolut nicht zeigen kann, dann diese Sache im Hotel vor einigen Tagen, von der ich schon ein paar mal geträumt habe, aber nicht mit Akira drüber reden kann, wenn er mich danach fragt und nun gerät auch noch mein penibel aufgebautes Ordnungssystem wegen einer Dose aus den Fugen...
 

Als ich wenig später gerade wieder auf meiner Bettdecke im Schlafzimmer ruhte und vollends ins Schreiben vertieft war, pirschte sich mein Kaffee-Kerl langsam an mich heran und parkte sich direkt neben mir.

Da ich auf dem Bauch lag, platzierte er seinen Kopf vorsichtig auf meine Pobacken und begann meinen Rücken zu streicheln, als er leise fragte:

„Was schreibst du da eigentlich immer?“

„Das ist geheim!“

ließ ich ihn gleich deutlich wissen, doch Reita schien das wenig zu stören, er kraulte mich einfach weiter und verteilte hier und da ein Küsschen auf meinem Steiß.

Mich machte das aber so was von nervös!
 

Als ich seine Zähne spürte moserte ich:

„Sag mal... muss das sein?“

„Was denn?“

nuschelte er an meinem Hintern und so entgegnete ich daraufhin genervt:

„Na, dass du die hier die ganze Zeit an mir rum frisst...“

„Muss sein.

Du bist eben zum Anbeißen und ich hab Hunger.

Mach einfach weiter da“

hörte ich es hinter mir von ihm, weshalb ich protestierte:

„Ich kann mich aber nicht konzentrieren...“

„Das ist aber blöd für dich“

feixte der Penner, zupfte meine Hose ein Stück hinunter und knabberte weiter eifrig an meinem nackten Hintern herum.

„Hör auf mit dem Mist!“

zischte ich erneut und drehte mich dabei auf die Seite.

Zum Glück die Seite, die weniger weh tat und Arschbacken anspannen war auch noch nicht das angenehmste Gefühl.
 

Akira grinste breit und verteidigte sein Tun:

„Ich kann nicht anders.“

„Und wieso nicht...“

knurrte ich und es war nicht wirklich eine Frage, denn ich wusste, dass da jetzt nichts Gescheites von ihm kommen würde.

„Ich bin jetzt seit Tagen bei dir... und ich bin ein Mann mit Bedürfnissen... die ich seit Tagen nicht stillen konnte..“

erklärte er mir und ich zupfte indes meine Hose wieder richtig, bevor ich sprach:

„Dann sieh zu, wie du deine Bedürfnisse in den Griff kriegst.“

„War doch eben dabei“

kam es von ihm, während seine Finger schon wieder nach meinem Hinterteil gierten.

„Ohne mich einzubeziehen!“

wollte ich dem Ganzen noch einmal Nachdruck verleihen und nun endlich schien Reita aufzugeben:

„Och man... was soll ich denn sonst machen?“

„Geh kalt duschen, putz meine Wohnung, murks jemanden ab oder geh einkaufen, und wenn du schon dabei bist, nimm Koron mit, der freut sich wenn er wieder grasen darf“

schlug ich möglicherweise wieder mal etwas schroff vor und doch schien sich mein Kaffee-Spender darauf einzulassen:

„Wenn's sein muss...“

„Muss sein!“

brachte ich ein Zitat seinerseits von vor wenigen Minuten an und nun war ich es, dessen Mundwinkel zu den Ohren fanden, als Akira von dannen zog.
 

Kaum waren die Beiden zur Tür hinaus schwand mein Grinsen und mein Kopf krachte auf die Tastatur meines Laptops.

Am liebsten könnte ich mich selber schlagen und treten, dass ich einfach nicht damit klar kommen kann, auf diesen Kerl zu stehen.

Das ich ihn immer wieder ankeife, obwohl ich mich am liebsten in seine Arme werfen und nie wieder die Augen auf machen will.
 

Aber warum zum Teufel bin ich bei ihm so?
 

Sonst bin ich doch eigentlich ganz umgänglich...
 

Und wieso lässt er sich das überhaupt gefallen?
 

Da bleibt doch die Frage: wer von uns Beiden ist eigentlich der größere Trottel...?
 

Wie oft liege ich nachts wach und denke darüber nach, wie ich das alles hinkriegen soll und seit Reita jede Nacht hier schläft, hab ich umso mehr das Gefühl irgendwas richten zu müssen.

Dieses Gefühl war zum verrückt werden und vor allem dann so überaus penetrant, wenn Akira gerade weniger präsent war oder gar nicht da.

Es ist echt belastend, wenn einerseits solche eine innere Unruhe herrscht und andererseits man alles tut, um dagegen anzukämpfen, dass das Chaos aus einem raus platzt.

Und auch wenn ich mir wirklich Mühe gebe zu verstecken, dass dieser Mann einfach absolut sexy ist und ich eigentlich schon gern mehr mit ihm machen wollen würde, so stand da noch der Gedanke im Weg: was passiert, wenn ich mich erst drauf einlasse und ich dann doch einen Rückzieher mache, weil ich es einfach nicht schaffe.

Weil ich Panik bekomme angefasst zu werden...
 

Mühsam hob ich meinen sich viel zu schwer anfühlenden Kopf an und rubbelte über den Abdruck der Tasten auf meiner Stirn.

Es wurde auch Zeit für meine Schmerztabletten, also hievte ich mich mal wieder vom Bett hoch und begab mich samt meines Computers in die Küche, um auf dem Balkon schnell noch Eine zu rauchen.

Gerade als ich draußen stand, mich rücklings ans Geländer lehnte und in den winterlich eisblauen Himmel starrte, schien Reita wieder zurück zu sein und er hatte einen großen Karton unterm Arm, statt der erwarteten Lebensmittel.
 

Doch was war da los?
 

„Was hast du getan?“

fiepte ich aufgebracht, als ich einen schrecklich keuchenden Koron hinter der Wohnungstür zusammenbrechen sah und warf ohne weiteres meine Kippe über Bord.

„Ich?

Gar nichts!

Wir waren dabei durch den Park zu rennen und bei der dritten Runde macht der plötzlich schlapp und fällt um!“

versuchte sich mein Dauergast aus der Sache raus zu reden und ich musste schimpfen:

„Fuck, Akira!

Man, Koron ist mein Hund, und demzufolge ist er genauso eine miese Sportskanone wie ich!

Bin in der Schule auch immer als Erster umgefallen...“

„Na dann bin ich ja beruhigt“

kam es gelassen von dem neben mir Stehenden, welcher den Karton abstellte und sich in aller Ruhe die Jacke auszog.

Wie man da so ruhig bleiben kann entzog sich nun vollsten meinem Verständnis und so fragte ich noch immer etwas hysterisch bei dem Anblick meines leidenden Lieblings in meinen Armen:

„Weshalb das denn??“

„Na, wenn er dein Hund ist, ist er demzufolge auch genauso ein zäher Brocken wie du.

Der wird wieder wie neu!“

erklärte Reita zuversichtlich und ich zischte:

„Wehe, wenn nich...!

Dann mach ich dich alle!“
 

Ich trug mein schnaufendes Herzchen in sein Körbchen und stellte ihm die Wasserschale daneben, eh ich mich noch einen Moment zu ihm hockte.

„Sorry, ich wusste ja nicht, dass der nix aushält“

war die dürftige Entschuldigung und so seufzte ich:

„Es ist nur...

Er und ich... das war Schicksal...“

Im Folgenden erzählte ich ihm, wie ich zu Koron kam und Akira hörte mir dabei aufmerksam zu.

Als ich meine Geschichte beendet hatte, spürte ich wie ich von hinten umarmt wurde:

„Die kleinsten Wesen haben oft die größten Herzen...“

„Sprichst du von Koron?“

hakte ich nach und er flüsterte an meinem Ohr:

„Genau das meine ich, du denkst an Andere, bevor du an dich selbst denkst.“

Damit entließ er mich wieder aus der Umarmung und auch wenn ich mich im ersten Moment damit überfordert gefühlt hatte, so fühlte ich mich nun regelrecht nackt und verlassen.

Mein Kaffee-Kerl ging hinüber zu seinem mitgebrachten Karton und verkündete:

„Schau mal was ich dir feines mitgebracht habe!

Das ist Kaffeeautomat und Espresso-Maschine in einem, mit eingebauter Mühle für die Bohnen und Tee kannst du auch damit machen!“

„War bestimmt schweineteuer“

war mein Kommentar dazu, den Reita Augen-verdrehend missachtete und den üppigen, aber scheinbar nicht allzu schweren Karton zur Küchenzeile trug, während ich mich zu meinem Rechner an den Tisch begab.
 

Eifrig schraubte er an dem Haufen aus blechernen Einzelteilen herum; er werkelte und fluchte dabei auch hin und wieder.

Selbst jetzt konnte ich ein kleines bisschen Schadenfreude nicht unterdrücken und giggelte leise, bis Akira sprach:

„Du könntest mich wenigstens anfeuern!“

„Wie hätten sie's denn gern?“

Wollte ich amüsiert von ihm wissen und er murmelte:

"Was weiß ich, lass dir was einfallen, du bist doch kreativ.“

Irgendwie herrschte nun verdrehte Welt, da sonst immer ich Derjenige bin, der zu kämpfen hat, während Reita sich einen abfeiert.

Also überlegte ich kurz und begann dann zu singen:

„Dsching Dsching Dischingis Khan, hey Reita, ho Reita, immer weiter!“

Im Gegensatz zu mir, der wahrscheinlich hoch gegangen wäre, reagierte der Gemeinte so rein gar nicht darauf, weshalb ich mich bald wieder meinem PC widmete und die News durch klickte.
 

Bald schon hatte er den Blechhaufen zusammen gezimmert und begann damit lautstark Kaffeebohnen zu mahlen, während ich einen Artikel las, der mich den Krach völlig vergessen ließ: 'Ausgesetzter Hund erfroren aufgefunden'.

„Boaahh solche Mistschweine!“

tat ich meinen Unmut kund und so las auch er was dort stand.

Meine Hände bildeten sich zu Fäuste und meine Kiefer pressten aufeinander, während der nun neben mir Stehende meine Nackenhaare glatt strich:

„Ganz ruhig... du kannst sie nicht Alle töten...“

Mir war aber überhaupt nicht nach abregen, weshalb ich zischte:

„Wenn ich sowas lese... dadada könnte ich... arrrghh... zu Kleinholz...!

Ohh Akira, meine Pillen!“

verlangte ich nach den Schmerzkillern, da ich bisher noch immer keine eingenommen hatte.

Es ging gerade nicht anders und der Angesprochene sagte:

„Nur unter Protest!“

Mir war schon klar, dass er die Tabletten mir nur deshalb ungern gibt, weil er Angst hat,dass ich zu viele nehmen könnte – er weiß aber auch nicht, dass mein Körper schon ein Stück weit an diverse Analgetika gewohnt ist.
 

Er gab sie mir, Gott sei dank ohne weitere Bemerkungen und Belehrungen.

Reita's Ansicht nach sollte ich die nämlich schon längst nicht mehr nehmen, aber wenn man mich kennt, dann weiß man auch, dass ich mir schon längst Nachschub gesichert hatte, indem ich bei Hishinuma's Arzt ein wenig auf die Tränendrüse drückte und mein ihm Leid klagte.

Kaum waren die Pillen auf beruhigende Art und Weise meine Speiseröhre hinab gewandert merkte ich an:

„Kannst du nicht mal einen von den Sackgesichtern da umschnetzeln?“

und zeigte auf den Bildschirm, dort wo die Schlagzeile stand.

„Jetzt trink erst einmal, dann geht’s dir bestimmt gleich besser“

kam es von Akira, der das lärmende neue Gerät in meiner Küche abstellte und mir einen großen Becher Kaffee vor die Nase stellte.

Natürlich kann man so kochendheißes Zeug nicht einfach die Kehle runter schütten, also wartete ich noch etwas und pustete, während ich weitere Nachrichten las.

Etwas ähnlich Mieses wie das mit dem erfrorenen Hund kam zwar zum Glück nicht mehr, dafür entwich mir aber ein äußerst ungeplantes:

„Babbeldibabbel – was ist das denn – schüttel-schlotter!?!“

als ich an dem braunen Gesöff nippte, welches Reita mir hier kredenzte.

„Das ist Kaffee, oder vielmehr Espresso“

erklärte er und ich fiepte mit recht herbem Geschmack auf der Zunge:

„Mit 'ner Priese Rattengift oder hast du vielleicht fünf oder sechs Löffel zu viel dran gemacht?“

„Das ist einfach ein.. naja.. ziemlich großer Espresso.

Ein fünf-facher Espresso sozusagen... aber ich hab die Bohnen sogar selbst mit der eingebauten Mühle gemahlen!“

verteidigte er sein bittere Brühe und ich murmelte:

„Nimm das nächste mal 'ne Bohne weniger.. oder zwei...“

„Sag mal... Takanori... warum bist du eigentlich immer so grätig?“

fiel die Frage aller Fragen und ich seufzte schwer.

„Ich weiß es nicht... Akira.. ich weiß es nicht...“

antwortet ich niedergeschlagen, obwohl ich mir schon denken konnte woran es lag.

Nämlich an ihm – Er war und ist des Rätsels Lösung...

Auch Reita seufzte und streckte die Hand nach mir aus:

„Komm mal mit, meine Giftkröte.“

„Wohin willst du?“

entgegnete ich dem und bekam nur eine mäßig zufrieden stellende Antwort:

„Komm einfach.“

„Wenn du mich nicht in dunkle Ecken verschleppst..?“

kam es kleinlaut von mir, doch ließ ich mich von meinem Stuhl hoch ziehen.

Der Gemeinte schüttelte den Kopf und so hakte ich leise nach:

„Wirklich nicht?“

„Können diese Augen lügen?“

wollte er von mir wissen, als er stehen blieb und mich mit wippenden Brauen ansah.

„Ich weiß nicht... wenn ich mir deine Knopfaugen so ansehe.. würden die mir so einiges versprechen, wenn sie mich dafür ins Bett kriegen“

murmelte ich und dennoch wurde ich in genau diese Richtung gezerrt.
 

Was hat er vor?
 

Akira legte sich auf die Matratze und bat:

„Komm, leg dich zu mir und dann reden wir – offen und ehrlich, hoffentlich.“

„Reden wir da über dich oder über mich?“

fragte ich skeptisch nach und krabbelte zu ihm, während er sprach:

„Über uns, hatte ich gehofft.“

Mit mulmigem Gefühl tastete ich mich heran und legte mich vorsichtig ab.

Wir lagen irgendwie ziemlich lange da, ohne das einer von uns Beiden ein Wort sagte und das änderte sich auch erst als sich mein Atem völlig beruhigt hatte.

„So und nun erzähl mir mal wo dein Problem liegt“

sprach Reita ganz ruhig und als ich Luft holte zum Antworten, unterband er dies mit:

„Sag mir bitte nicht, du hättest kein Problem.“

Blöderweise wollte ich aber genau das darauf erwidern, weshalb ich nun drüber nachdachte was ich stattdessen antworten sollte.

„Ich weiß nicht...“

versuchte ich letztlich doch wieder drumherum zu kommen, doch bei meinem Kaffee-Spender schien das nicht zu ziehen:

„Ich bin mir verdammt sicher, dass du es weißt.“
 

Es war mir schlicht unangenehm.

Ich wollte nicht, dass er so nach bohrt, aber irgendwas sagte mir, dass ich hier nicht rauskommen würde.

„Akira... ich.. weiß nicht, was ich sagen soll...“

murmelte ich und der neben mir Liegende sprach:

„Lass dir Zeit, denn ich glaube, dass du 'ne Menge zu sagen hast, du weißt nur noch nicht wie.“

Ich schwieg, eisern.

Nicht, weil ich mich nicht mitteilen wollte, es war nur einfach zu viel.

Reita wartete geduldig neben mir und begann mit meinen Händen zu spielen.

„Dann erzähl mir was von deinen Träumen.

Was wünscht du dir, was wolltest du schon immer mal machen“

flüsterte er bald und diese Frage war doch einfacher zu beantworten:

„Als ich noch zur Schule ging, wollte ich immer Klamottendesigner werden, oder für Schuhe.

Ich hatte mal so halbhohe Chucks-Stiefel in knallrot.

Hab da lauter Totenköpfe drauf gemalt; ich fand es sah hammermäßig aus.

Meine Eltern fanden das nicht so prickelnd, die wollten weder das ich meine Sachen verunstalte, noch dass ich meine Zeit mit so unnützem Kram wie Design vergeude.“

„Du wärst bestimmt ein großartiger Designer.

Aber weißt du was?

Das kannst du immer noch werden...“

„Nicht schon wieder das Thema Auswandern...“

brummte ich, da seine Anspielung mehr als offensichtlich war.
 

„Na gut, weiter, wovon träumst du noch?“

wollte Akira von mir wissen und ich überlegte abermals einen Moment, eh ich lächelnd antwortete:

„Der Fuji...“

„Hm?“

hörte ich es von ihm und so erklärte ich:

„Ich möchte einmal auf den Fuji-Yama, ich will von da ganz oben hinunter sehen.

Ich will sehen wie Tokyo in einem einzigen großen Lichtermeer verschwimmt und ich will den Sternen zum Greifen na sein.“

„Wow..“

entgegnete Reita dem und ergänzte dann:

„Du kannst ja wirklich romantisch sein.“

„Und du hast doch gar keine Ahnung von Romantik!“

neckte ich ihn, aber leider sprang mein friedlich gestimmter Stalker kein Stück drauf an, weshalb ich meinen Kopf auf seine Brust legte und dem langsamen Herzschlag lauschte.
 

Dieses Geräusch war so beruhigend und entspannend, dass ich leise sprach:

„Ich hab Angst Akira...“

„Wovor?“

vernahm ich es eben so leise von dem neben mir Liegenden, bevor ich antwortete:

„Vor der Zukunft...

Und was das mit uns hier ist oder werden wird...“

„Was möchtest du denn, dass werden soll?“

hakte er nach und ich überlegte kurz:

„Ich bin froh, dass du da bist... aber ich weiß absolut nicht wie ich mit dir umgehen soll...

Selbst wenn ich mir vornehme, nicht so bissig zu sein, ich krieg es einfach nicht hin...“

„Mach dir darüber nicht so viele Gedanken, ich hab ein dickes Fell.

Ich will eigentlich nur wissen, ob es Sinn macht, dass wir Beide uns hier durchkämpfen.

Wenn du mich nicht willst, dann kann ich es nicht ändern, aber ich halte es nicht aus bei dir zu sein und du lässt mich nicht wirklich an dich heran, oder mich irgendwie anders wissen, ob ich nicht doch chancenlos bin und es immer bleiben werde-“

begann Reita sich ausführlich zu äußern, doch ich unterbrach ihn mit einem Kuss auf die Lippen.

Einen kurzen Augenblick schien Akira sprachlos und überrumpelt, doch versuchte er gleich mich noch mal zu küssen, ich ließ es mit heftig wummerndem Herzen zu.
 

Offenbar kam meine Botschaft an.
 

So wirklich geplant war das zwar nicht, aber die Gelegenheit drängte sich förmlich auf.

„Davor hab ich auch Angst...“

gestand ich, nach unserem Kuss und Reita sagte kaum hörbar:

„Ich spür's, dein Herz hämmert gegen meine Brust.

Aber warum vor mir?

Ich tu dir doch nichts.

Oder bin ich nicht lieb zu dir?“

Verschämt nickte ich und murmelte:

„Das ist es nicht...

Irgendwie krieg ich Panik, wenn du mich berührst...

Und wenn ich mich dran gewöhnt hab, dann...“

„Dann..?“

wollte Akira von mir wissen, weshalb ich seinem Blick auswich und nuschelte:

„Dann will ich mehr, aber dann hab ich Angst, wieder aufhören zu müssen, weil ich mich wieder unwohl fühle...“

„Es freut mich zu hören, dass ich offenbar doch eine Chance bei dir habe.

Aber wie stellst du dir das denn bitte vor, wenn du hier bleiben willst und deinen Job weiter machst, dann musst du dich von diesen Kerlen anfassen lassen und nicht nur das.

Die werden dich alle nicht mit dem Respekt behandeln, den du verdienst“

führte Reita aus und ich stellte eines klar:

„Ja, es gibt richtige Arschlöcher und manche haben echt komische Vorlieben, aber respektlos sind deshalb noch lange nicht Alle!“

„Nicht jeder, der dich ausnahmsweise nicht beschissen behandelt, ist auch dein Freund, Takanori“

fiel ein Satz, der mich zum Nachdenken anregte, aber ich hatte keine große Lust jetzt darüber zu dikutieren.

„Ich denke wir sollten das Thema lassen, wir kommen da wohl nie auf einen gemeinsamen Nenner“

brummte ich, doch Akira ließ es sich nicht nehmen abschließend noch etwas zu sagen:

„Mag sein, aber du wirst dich von Allen anfassen lassen müssen und die wollen nichts davon wissen, ob es dir schlecht geht oder nicht.“
 

Fuck, er hat ja recht, aber... man..!
 

„Ich hab Hunger...“

murrte ich kleinlaut und rappelte mich schwerfällig hoch.

Reita schwang die Beine auf den Boden, blieb aber noch sitzen und fragte:

„Was möchtest du essen?“

„Da du ja verpennt hast einkaufen zu gehen und stattdessen Kaffeemaschinen shoppen warst, würde ich gern mal wieder bei Eddie vorbei schauen“

antwortete ich und er hob irritiert die Augenbrauen:

„Wir, zwei, zusammen?“

„Jepp, oder hast du Bedenken dich mit mir blicken zu lassen, wenn ich so demoliert bin?“

konterte ich nun ebenfalls skeptisch und Akira sagte dazu nur:

„Das ist es nicht, ich halte es nur seit dem Vorfall für klüger, wenn wir draußen nicht zusammen auffallen.

Ich will dich nicht auch noch mit reinziehen, wenn ich Schwierigkeiten kriegen sollte.“

„Was denn bitte für Schwierigkeiten?

Du hast mir doch versprochen nichts zu unternehmen!?“

brachte ich dem entgegen und Reita senkte schuldbewusst sein Haupt.

„Wehe!“

drohte ich und der Angesprochene erhob sich mit Schwung vom Bett:

„Ja doch ja, ich werde sie nicht suchen, aber falls ich zufällig einem von Denen über den Weg laufe, dann war's das für ihn!“
 

Missmutig knurrend ging ich ins Wohnzimmer und warf einen Blick auf meinen tief und fest schlummernden Koron, eh ich mir Mantel und Schuhe anzog und die Wohnung verließ.

Zwar bekam ich mit wie auch Akira sich zu seiner Jacke begab, doch holte er mich – sicher vollkommen beabsichtigt – nicht ein und so traf ich allein beim Stand von Eddie's Imbisbude ein.

„Ruuuki, mein Bester!“

begrüßte mich der Inhaber gutgelaunt, bevor der Wind mein Haar zur Seite wedelte und meine Wunde am Kopf freilegte.

„Was ist denn mit dir passiert?“

fragte er besorgt und ich murmelte:

„Bin da in was rein geraten...“

In dem Moment tauchte Reita auf und setzte sich an den Stand.

Eddie lehnte sich zu mir und hielt die Hand vor, als er flüsterte:

„Wegen dem da?“

„Er hat mich quasi gerettet... sonst wär's noch schlimmer geworden.

Er ist'n Freund“

ließ ich ihn wissen und setzte mich neben Akira.
 

Als erstes schaute ich mir die Karte an – nicht, dass ich Edgars Menütafel nicht liebend gern auswendig lernen würde, aber er wechselt öfter mal das Sortiment und probiert sich an neuen Dingen.

Kurzer Hand bestellte ich mir:

„Also erstmal möchte ich einen Kaffee!

Einen richtigen, echten, meisterlich gebrühten Kaffee!“

„Mein Kaffee war mit Liebe gemacht!“

verteidigte Reita seine Brühe, doch ich war noch nicht fertig mit meiner Bestellung:

„Ich möchte wie immer meine Suppe, dann eine von diesen Currywurst-Dingern und dann nehm ich noch dasda!“

Mit dem Finger auf dem Dessert-Teil drehte ich die Karte herum und blickte in Eddie's leuchtende Augen:

„Ahh, kommt sofort.

Und was kann ich dir anbieten, Freund vom kleinen Ruki?“

„Ähm... ich nehme das Gleiche wie er hat...“

murmelte Akira in mäßiger Lautstärke und schien sich sichtlich unwohl zu fühlen.

Ständig sah er sich um und zog die Kapuze seiner Jacke immer tiefer ins Gesicht.
 

Und ich dachte schon, ich würde von Zeit zu Zeit unter Verfolgungswahn leiden...
 

„Wo ist denn heute mein kleiner Freund?“

wandte sich Edgar an mich, während er die Würste garen ließ und kurz darauf die Suppe in Teller verteilte.

Ich wusste natürlich sofort wen er meinte und antwortete:

„Koron wurde heute ziemlich ausgepowert, der befindet sich gerade in einer Tiefschlafphase, da kann selbst die Erde beben und der pennt.“

„Da musst du das arme Kerlchen aber gescheucht haben“

kommentierte Eddie meine Erklärung über die seltene Abwesenheit meines geliebten Vierbeiners, eh er eine Extrawurst in eine Tüte verpackte und sie mir mit einem Augenzwinkern überreichte.

„Na da wird er sich aber freuen, wenn er doch noch zu einer von deinen Würsten kommt“

entgegnete ich ihm daraufhin und der lustige Imbissbuden-Mann posierte wie Adonis, als er mit verstellter Stimme sprach:

„Edgar's – wenn's um die Wurst geht!“
 

Manchmal vergess ich wie amüsant es bei diesem Typen sein kann!
 

„Ach, Mensch Ruki, ich wollte dir ja noch was zeigen und wissen was du davon hältst!“

kam es plötzlich von Eddie, während er mich zu sich hinein winkte und einen Flyer auf seiner Theke ausbreitete:

„Sie mal hier!

In der Innenstadt verkaufen sie schwarze Hotdogs!

Die gehen da wohl weg, als gäb es keinen Morgen und ich dachte mir, dass ich die vielleicht auch anbieten könnte.

Also was denkst du?“

Ich besah mir die Bilder und war doch etwas verwirrt... schwarze Hotdogs?

„Sind die verbrannt oder warum schwarz?“

hakte ich ratlos nach und so erklärte er mir:

„Um Himmelswillen nein!

Da ist nur Kohle mit eingemischt.

Essbare Kohle, wie die medizinische, die man einnehmen soll, wenn man 'nen Flotten hat.

Keine Heiz- oder Grill-Briketts oder so.“

„Ahh, also im Prinzip nur schwarz gefärbt?“

hakte ich nach und Edgar nickte eifrig:

„Ganz genau!

Ketchup und Senf bleiben aber in der üblichen Farbe.“
 

Was es nicht alles gibt?
 

„Ja, wenn das in dem Laden da der Renner ist, warum solltest du es nicht auch probieren?“

gab ich mein Urteil kund und scheinbar war das genau das, was Eddie hören wollte.

Mit einem Mal räusperte sich Reita und zeigte auf die Currywürste:

„Also, wenn die da jetzt noch länger drin bleiben, sind die auch schwarz.“

In Windeseile stürzte Edgar zu den besagten Objekten, holte sie auf seine Arbeitsplatte und begann sie zu schneiden, während wir nun unsere Suppe löffelten.

Wirklich viel hatte Akira im Allgemeinen nicht gesagt und so beschloss ich sehr bald nach dem wir aufgegessen hatten, wieder aufzubrechen.

Der verrückte Imbissbuden-Besitzer war indes auch eifrig dabei Ideen für neue Werbeschilder zu kritzeln.

Mein Kaffee-Spender trottete ein Stück neben mir her, als er mit einem mal sagte:

„Ich fahr noch schnell Einkaufen, dann haben wir für die nächsten Tage wenigstens was und da wir unser Date ausfallen lassen mussten, wollte ich für uns kochen.“

„Oh bitte nicht!“

entwich es mir erschrocken, denn mir fiel sofort das flüssige Desaster ein, dass er Espresso nannte.

„Jetzt hab dich nicht so!“

knurrte Reita und zerwuschelte mir die Frisur.

Gerade als ich mich darüber beschweren wollte bog er ab und ging auf seinen Mustang zu.
 

Ich ahne Fürchterliches...
 

Den Rest des kurzen Weges stapfte ich allein Nachhause und wie so oft, hüpfte Koron schon aufgeregt hinter der Tür herum, er bekam sein obligatorisches Leckerli und den Kommentar:

„Naa dir scheint's ja wieder blendend zu gehen, oder hat dich die Aussicht auf einen Keks gelockt?“

Mit eben jenem Hundekeks verzog er sich schmatzend in sein Körbchen und ich nutzte ein weiteres Mal die Gelegenheit in aller Ruhe eine Kippe zu rauchen und ein Nickerchen zu machen.
 

Am Abend des darauffolgenden Tages fegte Akira wie ein Tornado durch meine Küche, denn er machte Hähnchen Teriyaki.

Misstrauisch beäugte ich den ganzen Abend über immer mal wieder das Geschehen in meiner Küche und wollte bis zum Schluss nicht glauben, dass das essbar sein sollte.

Dementsprechend skeptisch saß ich nun auf meinem Platz in der Küche und blickte mäßig begeistert auf das mir vorgesetzte Essen.

Die Optik war Mittelmaß, doch vorm Geschmack hatte ich zugegeben Respekt.

„Nicht glotzen, rein hauen!“

spornte mich der Hobby-Koch mir gegenüber an und schob sich die erste Gabel in den Mund.

Wider erwarten speite er weder Feuer, noch würgte er es hoch.

Nicht mal mit der Wimper zuckte er und so kratzte ich meinen Mut zusammen und probierte zögerlich.

„Woah!

Wie krass ist das denn?

Das schmeckt ja!“

entwich es mir begeistert und Reita lächelte:

„Ein bisschen was kannst du mir schon zutrauen, Takanori.

Ich hab mich immerhin genau an das Buch gehalten.“
 

So 'n Meuchelmörder der auch noch ganz passabel kochen kann, der ist schon praktisch, ne?
 

Zum Nachspülen gab es edlen Sekt, den wir Beide bei einem heißen Bad zusammen genossen.

Eine weitere Flasche hatte Akira schon ans Bett gestellt, wo wir den Abend ausklingen lassen wollten.

Ich spielte gerade ein wenig mit dem Schaum, als ich spürte wie der mir gegenüber Sitzende meine Beine zu streicheln begann.

„Ich weiß, ich werde langsam stachelig...“

brummte ich, denn ich hatte mich schon länger nicht mehr epilieren müssen, was ja sonst meine Pflicht ist in diesem Beruf und ich nun mal so jung und unschuldig wie möglich aussehen soll.

Auch tastete ich mein Gesicht ab und spürte die Bartstoppeln:

„Fuck.. ich hab mich doch erst rasiert.. wie die Zeit vergeht...“

„Ich find dich auch mit Stoppeln sexy“

betonte Reita und warf mir einen verdammt lüsternen Blick zu, während seine Hand an der Innenseite meines Oberschenkels hinauf fuhr und ich zischte:

„Wehe, dann erlebst du dein ganz persönliches Waterloo, Napoleon!“

„Entgegen meiner Befürchtungen scheint es dir ja wieder recht gut zu gehen, zumindest meckern wie ein ganz Großer kannst du schon“

brachte mein Gegenüber dem entgegen und ich murrte leise:

„Das ist immerhin das einzige was ich im Augenblick kann.“

„Nicht grantelig werden, Takanori, denk an die Falten.

Sonst nenn ich dich ab jetzt König Grantelbart!

„Das wagst du nicht!“

fiepte ich entsetzt und brachte das Wasser fast zum Überschwappen, mit meiner Bewegung.

„Ich bin kein Grantelbart...“

murmelte ich leise, als Akira aus der Wanne stieg und breit grinsend sprach:

„Stimmt, du bist eindeutig die Queen unter den Grantelbärten!“

damit flitzte er splitterfasernackt aus meinem Badezimmer und krallte sich sein Handtuch, welches er zuvor in meinem Schlafzimmerteppich fallen lassen hatte.

„Orrr, wenn ich dich erwische, dann zeig ich dir mal was es heißt, wenn ich wirklich bösartig werde!“

rief ich hinterher und von draußen brüllte es zurück:

„Das will ich sehen!“

„Wie denn?

Du bist schließlich der Einäugige unter den Farbenblinden!

Wenn ich seh wie oft du das Spiel heute Nachmittag verkackt hast, weil du Rot von Lila nicht unterscheiden kannst!“

wetterte ich lauthals und ließ mich dann in die Wanne zurück gleiten.
 

Ich hab schon wieder gemeckert...
 

„Fuck...“

kam es kaum hörbar über meine Lippen, eh ich den Rest der Flasche austrank und sie auf den gefliesten Boden stellte.

Einen Moment lang blieb ich noch liegen und widmete mich dann anschließend trotz mangelnder Notwendigkeit der Haarentfernung.

Wenn man es einmal schleifen lässt tut's umso mehr weh, wenn man wieder damit anfängt...
 

Seidigglatt und eingecremt, aber mit einer Menge kleiner roter Pünktchen auf der Haut schob ich die Badezimmertür auf und staunte nicht schlecht.

Mein Kaffee-Kerl hatte meinen Vorrat an Kerzen geplündert und sie im Schlafzimmer verteilt.

Er selbst lag auf dem Bett und hielt die nächste Sektflasche hoch:

„Ich hab vergeblich nach Gläsern gesucht, um etwas mehr Stil in den Abend zu zaubern, aber ich fürchte ich muss das Blubberwasser aus deinem Bauchnabel schlürfen.“

„Hatte noch nie richtige Sektgläser...

Sayuri und ich haben immer Kaffeebecher oder Saftgläser genommen, oder gleich aus der Flasche getrunken“

erzählte ich fasziniert vom Anblick des Ambientes, welches in meinem Schlafzimmer herrschte.

„Gefällt's dir?“

hakte Akira nach, der übrigens noch immer mit nicht mehr als seinem Handtuch bedeckt war.

Er richtete sich anschließend auf und wies auf die freie Fläche neben sich.

Schnell schlang ich meinen Bademantel fest um mich und gesellte mich zu ihm aufs Bett.
 

Mein Gesicht wurde schlagartig heißt, als ich mich fast schon automatisch an diesen warmen, leicht muskulösen Körper schmiegte und so fragte ich mit leiser Stimme:

„Und was machen wir jetzt?“

„Was möchtest du denn machen?“

stellte Reita eine Gegenfrage, mit der ich irgendwie schon gerechnet habe, aber eine Antwort hatte ich nicht wirklich parat.

„Ich überlege noch...“

murmelte ich und der neben mir Liegendes schmunzelte:

„Ist gut, ich labe mich derweil am Champus.“
 

Während mein Kopf heiß lief, bei dem Kopfkino, welches vor meinem geistigen Auge ablief, summte Akira gut gelaunt einige Melodien nach, von diversen Songs die im Hintergrund leise dudelten.

Dann riss mich ein Vorschlag von ihm aus den Gedanken:

„Soll ich dich ein wenig massieren, damit du dich besser entspannen kannst?“

„Ich weiß nicht... meine Rippe... und so...“

krächzte ich mit glühenden Wangen, was sich auch nicht besserte, als ich diesen tiefen Ton in Reita's Stimme hörte, als er sagte:

„Nun, ich kann dich auch ganz woanders massieren...Takanori..“
 

Verdammt!
 

Wie gern würde ich mich jetzt einfach ausbreiten und ihn an sämtlichen Körperteilen herum kneten lassen, blöderweise war nur nicht jede Lage angenehm, wegen der Schmerzen und ein bisschen schämte ich mich auch bei diesem Kerl.

„Du guckst so verbissen, als hätte ich dir Folter angedroht“

bemerkte Akira und ich konnte mir nur meinen Teil dazu denken, nämlich, dass es gewissermaßen ja auch so war.

Einerseits war ich ganz heiß drauf mich von diesen Händen massieren zu lassen, auf die nun mein Blick fiel.

Aber andererseits... ja... es gäbe so vieles, was dagegen sprechen würde...

„Na komm, ich massiere dir die Füße und dabei kannst du ja noch weiter überlegen, ob du es in Betracht ziehen würdest den Rest deines Körpers auch in meine Hände zu geben“

schlug er vor und so willigte ich ein.
 

Was kann an den Füßen auch schon groß passieren?
 

Nach kleinen Anlaufschwierigkeiten, bei denen ich mich zunächst zusammenreißen musste, es nicht als kitzelnd zu empfinden, war es doch sehr angenehm und vor allem entspannend.

Doch eh ich wegnicken konnte, war Reita plötzlich über mir und wollte mir ein paar Küsschen aufdrücken.

Wieder war da dieser innere Konflikt aufgetaucht.

Ich wollte, aber ich konnte nicht und wenn ich es nicht zulasse, dann fühl ich mich schlecht.

Lass ich es doch zu, bekomme ich Panik und der Abend ist womöglich gelaufen.

„Denk nicht soviel nach, mach einfach was dein Herz dir sagt...“

säuselte Akira an meinen Lippen und so konterte ich mit zittriger Stimme:

„Wenn ich auf mein Herz hören würde, müsste ich dich wegbomben...

Das macht nämlich immerzu boom boom boom...“

Der über mich Gestützte lächelte Kopf-schüttelnd und begann meinen Hals zu liebkosen.

Es fiel mir anfänglich schwer ihn gewähren zu lassen, aber es legte sich mit der Zeit.

Ich sagte mir einfach immer wieder selbst, dass ich keine Angst haben bräuchte und das er niemals etwas machen würde was ich nicht will.

Reita zupfte meinen Bademantel auseinander und mein Herz fühlte sich so an, als würde es den Takt einer Nähmaschine nachahmen wollen.

Ganz vorsichtig tupfte Akira seine Lippen auf meine unbedeckte Brust und versuchte nebenher meine Finger aus dem Bettlaken zu lösen, in welches sie sich hinein krallten.
 

Ich beschloss mutig und tapfer zu sein und das ganze hier als Übung zu sehen, um die ganzen fremden Männer bald wieder an mich heran lassen zu können.

„Du riechst so verdammt gut...“

raunte er nun an meiner Ohrmuschel, eh seine Lippen wieder weiter unten zugange waren und seine Hand nun wieder zur Flasche griff.

Achtsam ließ er etwas vom Blubberwasser in meinen Bauchnabel tropfen und leckte es sogleich wieder weg.

Es kitzelte und lockerte mich nur geringfügig, weshalb ich irgendwas sagen wollte:

„Das schon ziemlich abgedroschen.“

„Wenn das so ist, hätte ich noch was anderes geplant..“

schnurrte Reita, welcher sich behutsam in meinen Schoß tastete und sich an mein bestes Stück heran machte.

Ich war tierisch nervös... so nervös war ich noch nicht mal vor meinem aller ersten Kunden Asano.

Wagemutig ließ ich es dennoch über mich ergehen und merkte bald, dass wirklich nichts Schlimmes passierte.

Als mein Stresspegel langsam abnahm, fand sich auch mehr Blut in meinen unteren Regionen an, was zumindest Akira zufrieden lächeln ließ.
 

Mit zunehmender Entkrampfung fielen auch die ersten Hemmungen und ich packte zum ersten mal nach dem gutaussehenden Kerl über mir, statt nach dem mittlerweile arg zerknautschten Betttuch.

Eben jenen Kerl schien dies sehr zu gefallen und er legte sich ein klein wenig auf mich drauf, wohlbedacht, nicht die kaputte Rippe dabei zu erwischen.

Es ging nun leichter als ich es zunächst geglaubt hätte, mit Reita rumzumachen, weshalb ich mich auch den Umständen entsprechend fallen lassen wollte.

Dass mein Verführer schon von Anfang an recht spitz auf mich war, war kaum zu übersehen, denn sein Handtuch lag schon seit einer Weile neben uns.

Ich hatte auch irgendwie die Befürchtung mich würde es irgendwie anekeln jemanden nackt zu sehen, aber dies blieb aus.

Eher das Gegenteil traf zu, würde ich sagen...
 

Wir waren Beide schon ziemlich wild mit Fummeln und Knutschen beschäftigt und da ich meine Bedenken weitgehend zur Seite geschoben hatte, war ich auch richtiggehend heißt auf Reita, als dieser leise fragte:

„Willst du...?“

Diese Frage brachte mich kurz zum Grübeln, dennoch nickte ich und spürte wieder den zunehmenden Herzschlag in meiner Brust.

„Hast du Gummi's hier?“

fragte er und sah mich mit ungewohnt unsicherem Blick an.

„Da, im Schrank...“

nuschelte ich verlegen und fühlte mich ein weiteres mal schlagartig nackt, als Akira sich von mir wegbewegte und eines der Kondome holte, die ich sonst immer vorsichtshalber bei meiner Kundschaft dabei habe.

Kaum, dass er wieder bei mir war atmete ich noch einmal tief durch und animierte mich selbst das hier durch zu ziehen.

„Du oder ich?“

wollte er von mir wissen und ich zögerte nicht lange, streifte meinen Bademantel von den Schultern und nahm ihm das rote Ding aus den Händen, öffnete es und witzelte:

„Schau mal, lila!“

Mein Scherz kam offenbar an und irgendwie schien es uns Beide zu lockern.

Mit zittrigen Händen rollte ich ihm das farbige Präservativ über und angelte nach dem Gleitgel in meiner Schublade.

Nicht, dass ich schon jemals in diesem Bett Sex gehabt hätte, aber wenn man ab und an mal das Verlangen verspürt selbst Hand an sich zu legen, dann war so ein Gel-Spender doch eine feine flutschige Sache.

Auch das glibbrig-kühle Zeug verteilte ich selbst und Akira schien nur brav abwarten zu wollen.
 

Dann kam der Moment auf den es ankam.

Ich brachte sowohl mich als auch ihn in Position und biss die Kiefer aufeinander.

Auch wenn Reita sich wirklich sehr viel Mühe gab und mit aller Vorsicht eindrang, ich war wieder völlig verkrampft und musste wohl auch heftigst den Rücken des über mich Gestützten malträtiert haben, denn er sprach mich an:

„Takanori?

Wenn ich dir weh tue sag das bitte!“

Ich bekam es nur am Rande mit und wollte mich eigentlich durchbeißen, weshalb ich nicht darauf reagiert und einfach weiter wie eine Schraubzwinge an Akira klemmte.

„Lass mich los und ich geh runter von dir“

probierte er es erneut im Flüsterton zu mir durchzudringen und nun endlich konnte ich mich von ihm lösen.

Beschämt presste ich mein Gesicht an den nun neben mir Liegenden und dieser nahm mich in den Arm:

„Alles ist gut.

Vielleicht sollte es einfach nicht klappen.

Das ist kein Drama.“

„Ich wollte es!

Ich wollte es wirklich...

Nur...“

begann ich daraufhin zu erwidern und Reita fragte nach:

„Nur was?“

„Ich hab mich auf einmal so... begraben gefühlt oder als ob mich jemand unter Wasser drückt und ich mit aller Macht oben bleiben muss“

antwortete ich und Akira flüsterte:

„Möglicherweise ist das die Lösung.“
 

Verwirrt schaute ich ihm ins Gesicht und er begann zu erläutern:

„Ich leg mich jetzt hier hin, auf den Rücken und du tust oder lässt was immer du willst.

Du musst dich zu gar nichts zwingen und wenn du nichts weiter machst als auf mir rum zu liegen, dann bin ich auch damit vollkommen zufrieden.“

„Ok..“

kam es kleinlaut von mir, bevor er sich auf seine Kehrseite begab und die Arme hinter den Kopf legte.

Noch irgendwie wackelig kletterte ich auf seinen Schoß und legte mich erst einmal auf seinem wundervoll warmen Oberkörper ab.

Reita blieb einfach reglos liegen und kraulte nur meinen Hinterkopf, bis ich wieder den Mut fand mich ihm zum Küssen zu nähern.

Bald darauf nahm ich einen neuen Anlauf, nur ließ ich mich diesmal unter Eigenregie auf seinem Schoß nieder und das Eindringen klappte wesentlich besser.

Akira's erregtes Seufzen erklang durch den Raum und es löste eine Gänsehaut auf mir aus.

Ich verharrte noch eine Weile so, denn ich hatte im Gegensatz zu sonst etwas zu kämpfen, doch das leichte Streicheln von ihm lenkte mich davon ab vergessen zu wollen, dass ich hier bei ihm sicher sein würde und niemand mir irgendwas antut.

Ganz langsam und vorsichtig führte ich meine Bewegungen aus, denn ich wollte nur knapp zwei Wochen nach dem Vorfall im Hotel nicht doch wieder Verletzungen davon tragen, auch wenn der Arzt meinte, dass alles gut verheilen würde.
 

Es brauchte eine Weile bis ich voll in Fahrt kam, aber als es soweit war, hörte ich auch Reita immer öfter schnaufen, bis er nun erregt knurrte:

„Ich will dich anfassen...!“

Ich nickte nur und lehnte mich etwas nach hinten, während Akira seinen Oberkörper anhob und seine Arme um mich schlang.

Für einen langen friedlichen Moment drückte er mich einfach an sich, als wolle er mich nie wieder los lassen und so flüsterte ich ihm zu:

„Du bist gerade dabei eine Bordsteinschwalbe zu ficken...“

„Nein... ich bin dabei die schönste Nacht meines Lebens zu haben...“

krächzte er zurück, presste seine Lippen auf mein Kinn und ließ mich dann wieder los.

Unter dem stetigen Streichen seiner Hände, die jede erreichbare Stelle meiner Haut berührten, nahm ich meinen Rhythmus wieder auf und erfüllte meinem Stalker vermutlich den größten Wunsch.
 

Geschafft und außer Atem ließ ich mich auf ihm nieder, nachdem wir nacheinander zum Höhepunkt kamen, auch wenn Reita sich in den Kopf gesetzt zu haben schien, dass wir gleichzeitig kommen würden.

Es schien ihn aber im Nachhinein nicht allzu sehr zu stören und so waren nun seine Hände mit meinem Rücken beschäftigt.

Als mir mein Mund ein wenig trocken erschien, wollte ich nach der fast leeren Sektflasche auf dem Nachtschrank greifen, als mich zwei runde Kulleraugen schief ansahen.

„Koron!

Guckst Papi etwa zu, wie er...“

mir fiel nicht das passende Worte ein und so half der unter mir Liegende amüsiert auf die Sprünge:

„Hoppe hoppe Reita spielt?“

Dreist zwickte er mir in einen Nippel und mir entwich es zum Teil entsetzt und zum Teil überspielend witzig:

„Akira!

Nicht vor den Kindern!“
 

Das 'Kind' hüpfte zu uns aufs Bett, als wolle es um keinen Preis in der Welt noch irgendwas von Papi's Pony-Show verpassen.

Seufzend stieg ich von meinem 'Pony' runter und legte mich neben ihn, zupfte die Bettdecke zurecht und blieb zum ersten mal aus freien Stücken an der Seite des Mannes liegen, mit dem ich gerade geschlafen hatte.

Schlafen war allerdings auch das Stichwort.

Ich war so fertig davon, mich selbst fertig zu machen, bis es hierzu kam und ich fühlte mich zum ersten mal fast schon so wohl, dass ich gleich hätte einpennen können.

Seufzend schloss ich die Augen und Reita fragte leise nach:

„Geht's dir gut?“

Statt ein simples 'Ja' zu antworten, erklärte ich:

„Weißt du...ich hab mich immer irgendwie zerrissen gefühlt... aber bei uns Beiden, da hatte ich das Gefühl, dass endlich etwas zusammen gefügt wurde, was zusammen gehört.“

„Das hast du aber schön gesagt“

entgegnete Akira mir daraufhin und versuchte mich auch gleich wieder zu necken:

„Aber wen soll ich denn jetzt ärgern, wenn du plötzlich handzahm wirst?“

„Mir egal, ich denk mir morgen was aus...“

nuschelte ich verpennt und war schon selbst ein wenig überrascht, wie gelassen ich bleiben konnte.
 

Geschlafen hab ich wie ein Murmeltier, auch wenn mich am nächsten Morgen wieder Schmerzen heimsuchten.

Entspannt schlich ich auf leisen Sohlen in de Küche und warf meinen guten Stoff ein, schlich wieder zurück ins Bett und tat so als würde ich tief und fest schlummern, als Reita sich regte.

Dieser rollte sich nur auf die andere Seite und schlief weiter, so wie auch ich die frühen Morgenstunden noch als viel zu früh und praktisch noch mitten in der Nacht empfand.
 

Zu dritt lagen wir also noch eine ganze Weile im Bett, eh mein Hund so langsam unruhig wurde und die Nacht wohl ein Ende haben musste.

Unwillig hievte ich mich auf Akira drauf, welcher sich mit einem Stöhnen unter dem Kopfkissen hervor kämpfte.

„Koron muss Gassi...“

murmelte ich schlaftrunken und der Angesprochene brummte nur.

„Er macht sonst ins Bett“

bekräftigte ich noch einmal, in der Hoffnung mein Kaffee-Kerl würde sich erbarmen, doch der schien kaum empfänglich dafür:

„Soll er doch..“

„Nur über meine Leiche!“

konterte ich und zwickte Reita in die Seiten, dieser jedoch antwortete ganz gelassen:

„Och, dass lässt sich einrichten.“

Vermutlich schaute ich ziemlich dumm aus der Wäsche, bis ich aufgeklärt wurde:

„Du vergisst wohl, dass du gerade auf einem der gefährlichsten Killer der Stadt liegst.“

„Stimmt.

Mhmm... das hat was!“

entgegnete ich dem und knutschte Akira wach, welcher nun auch endlich etwas Aktion zeigte.
 

In den nächsten Tagen kam ich kaum zum Schreiben, denn zum Einen wollte ich meine Finger nicht von Reita lassen und zum anderen beschäftigte mich das unerwartete Aufkreuzen meines Chefs sehr, denn er sagte: Die Zeiten sind unruhig, es ist besser wenn ihr, die Mädels und du, die Stadt für eine Weile verlasst; ich will euch in Sicherheit wissen.

Die Bosse in meinem Clan bereiten sich auf irgendwas Großes vor, nur weiß keiner so genau was eigentlich Sache ist.

Viele wichtige Unternehmen und Gebäude wurden von verfeindeten Clans überfallen und es gab einige Schießereien.

Mir ist es lieber, ihr macht irgendwo Urlaub, denn ich weiß nicht wo sie als nächstes zuschlagen werden.
 

Zwar war Akira nicht mit im Raum, als Hishinuma hier war, aber seine Luchsohren hatten das natürlich mitgeschnitten und er war eifrig dabei Reiseziele zu planen.

Nur Rummachen konnte ihn zeitweise davon abhalten.

Aber nun, einige Tage später, hatte er die Tickets organisiert und war gerade im Schlafzimmer die Klamotten packen.

Letztlich hab ich mich doch breitschlagen lassen mit ihm zu gehen, aber nur bis sich die Sache hier beruhigt hat.

Ich stell mir das Leben mit ihm zusammen sogar schon richtig schön vor – weiß der Geier, was mit mir los ist, dass ich seit unserer ersten Nacht so ausgeglichen bin.

Er versucht mir jetzt sogar was über Autos beizubringen und die neue Kaffeemaschine ist auch schon fast ohne Unterbrechungen am Rattern.

Aber seit meine nun mehr bessere Hälfte mit Reisevorbereitungen beschäftigt war, hatte ich auch mal wieder Zeit zum Schreiben.
 

Allerdings hat es im Flur gerade mächtig gescheppert und Reita fragte alarmiert:

„Was war das?“

„Ich weiß nicht, ich guck mal nach“

antwortete ich und er befahl regelrecht:

„Nein, du bleibst besser hier und schreibst deinen Kram da weiter!“

Zunächst hab ich ja gemacht was er wollte, aber meine Neugierde ist einfach zu groß.

Wenigstens einen Blick in den Flur will ich werfen, nur um sicher zu sein, dass das Haus morgen früh noch steht.

Also bis gleich!
 

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Das waren Ruki's letzte Worte.

Das nächste Kapitel wird Reita schreiben und sein Herz wird voller Trauer und Wut sein.

Er wird unserem kleinen Helden in dessem Tagebuch erklären was an diesem Abend passiert ist.

Aber hier an dieser Stelle erst einmal ein riesen großes Dankeschön an alle meine Leser, vor allem den zahlreichen Kommentatoren möchte ich meinen Dank aussprechen, sowie den Favo-Nehmern und den Empfehlern – gerne dürfte ihr das weiter so handhaben, ich würde mich jedenfalls freuen :)

Wie man vllt. gemerkt hat ist dieses Kapitel recht gigantisch geworden ö.ö

Rekordverdächtig mit über 16.750 Wörtern (ich korrigier wie immer noch mal drüber..)

Das hat unter anderem folgende Gründe: erstens, wollte ich sozusagen noch mal alle (für Ruki) wichtigen Personen auftreten lassen bzw. ein paar Ereignisse einbauen, die noch rein mussten und das kann man einfach nicht in 5 – 6000 Worten verfassen, ohne dass es gehetzt wirkt.

Zweitens wollte ich den Fans von Happy-Ends damit einen Gefallen tun, dass sie noch mal eine ausschweifend lange Zeit des 'friedlichen' Beisammenseins von Ruki und Reita genießen dürfen, eh es hart auf hart kommt und drittens, will ich damit auch unterstreichen, dass Ruki auch selbst mehr Zeit hatte zum Schreiben und deshalb auch solange Texte entstehen konnten.

Neben privaten Problemen, die mich derzeit wieder zum heulen bringen könnten, war unter anderem die Länge das Kapitels ein Umstand, weshalb es mal wieder etwas dauerte.

Wen es interessiert: Der Unfall-Fahrer kommt mit allem davon, meine Versicherung hat bezahlt und wieder kann ich kopfschüttelnd auf die Menschheit blicken, die immer dreister, egoistischer (und... noch allerhand mehr solcher Dinge) wird – nur nicht besser.

Darum noch eine Bitte an meine Leser: bevor ihr das nächste mal Dinge tut oder sagt, die jemanden sehr verletzen, kränken, einschränken oder schaden, denkt wirklich mal ganz intensiv darüber nach, aus welchem womöglich völlig banalem Grund ihr das tun wollt und was euch dieser Mensch eigentlich wert ist, wenn ihr ihn doch womöglich noch 'Freund' nanntet.

Und all Diejenigen, die sich aus blinder Loyalität nur eine Seite eines Konflikts anhören und daraufhin entscheiden, dass die andere Seite ja wohl absolut beschissen ist, denen möchte ich nur sagen: es gibt einen Grund weshalb ihr die andere Seite nicht wissen sollt, denn meist steckt da sehr viel mehr hinter dem Großen und Ganzen, als es zunächst den Anschein haben mag.

Soviel zu meinen Weisheiten und bitte denkt drüber nach... denn kaum einer weiß was er wirklich damit anrichtet und sowas zu sehen oder zu erleben macht mich wirklich sehr traurig und wütend.

Reita's Abschiedsbrief

Takanori...
 

… Du hättest einfach nicht gehen dürfen...

Du hättest auf mich hören müssen und nicht Deine Neugierde befriedigen sollen!

Vielleicht hätte ich Dich auch aufhalten müssen, oder ich hätte Dich schon viel früher aus Japan wegbringen können...
 

Aber es bringt nichts, Dir oder mir jetzt noch Vorwürfe zu machen. Nach über einem Jahr...
 

Scheiße, verdammt!

Ich weiß nicht mal wie ich hier mit dem Anfang anfangen soll. Du warst soviel besser im Schreiben als ich.
 

Seitdem Du nicht mehr bei mir bist, weiß ich irgendwie gar nichts mehr.

Ich glaube, ich weiß nicht mal mehr wer ich eigentlich bin. Auch nicht wer ich sein will oder hätte sein sollen.
 

Eigentlich wollte ich Dir jetzt schreiben, dass es mir gut geht und Du Dir keine Sorgen zu machen brauchst.

Aber ich will ehrlich zu Dir sein und gestehe, dass es mir überhaupt nicht gut geht.

Zwar ist es mittlerweile nicht mehr ganz so schlimm, wenn ich das selbst überhaupt richtig beurteilen kann, aber es stand schon schlechter um mich. Versteh mich nicht falsch. Dass ich Dich verloren habe, dass werde ich wohl nie verkraften, aber es gab eine Zeit, da war mir alles, wirklich alles, scheiß egal. Ich hab nur noch rot gesehen. Ich wollte Rache und... ich habe sie bekommen.

Aber würde ich behaupten, dass es mir nun wirklich gut ginge... Ich würde Dich belügen.
 

Ich schreibe Dir deshalb, damit Du weißt was damals passiert ist und wenigstens Du die Ruhe finden kannst, die ich wohl gar nicht finden will.

Frieden zu finden hieße für mich, dass ich verzeihen könnte, was man Dir antat.

Was man uns antat..

Nie werde ich vergeben, nie werde ich vergessen!
 

Und ich schreibe Dir auch deshalb hier in Dein Buch, weil es das letzte war, was Du getan hast und worin Du immer mal wieder etwas hinterlassen hattest, als wir damals das bisschen Zeit, die wir haben durften, gemeinsam verbringen konnten.

Es schien Dir sehr wichtig zu sein, darum wählte ich genau diesen Weg, um ein paar letzte Worte direkt an Dich zu richten. Und glaube mir, kaum eines meiner Worte kann ich schreiben, ohne mit den Tränen zu kämpfen.

Scheiße, klingt das kitschig...

Aber diese Tränen gehen einher mit Wut. Eine Wut die ich wohl nie in den Griff kriegen werde.

Bis hier her hab ich schon drei Mal abbrechen müssen, weil mich diese Wut überkam.
 

Ja, ich hab Dein Tagebuch gelesen. Jeden Tag. Immer wieder von vorne und immer wieder mit der irrsinnig träumerischen Hoffnung, dass wir noch mal von vorne anfangen könnten... und ein Happy-End bekämen.

Es tut mir auch nicht leid es gelesen zu haben, denn es war das Einzige was ich von Dir noch hatte.

Hier drin stehen all Deine Gefühle und Erlebnisse, Deine Ängste und Sorgen, Deine Ärgernisse und Deine kleinen Unsicherheiten. Worüber Du Dich freuen konntest und was Du geliebt hast. Wen Du geliebt hast.

Alles was Dich ausmachte und was ich so an Dir liebe.

Und da wären wir schon bei dem ersten und wichtigsten Punkt, für den ich mich bis an mein Lebensende selbst verfluchen werde.

Nämlich, dass ich Dir nie gesagt habe, wie sehr ich Dich geliebt habe. Es immer noch tue.

Dabei habe ich mich nie für den Typ gehalten, der diese berühmten drei Worte aussprechen kann, und will.
 

Weißt Du, damals, als ich Dich das allererste mal dort im Regen stehen und Dir dabei zu sah, wie Du mit Deinem Fahrradschloss gekämpft hast, da war mir das viele Wasser reichlich egal, welches an diesem Abend schier endlos vom Himmel prasselte.

Dabei hasse ich Regen. Er ist einfach nur nass und kalt und kann einem ganz schön die Stimmung verderben.

Doch da standest Du und es war mir egal. Ich sah Dir gebannt zu und dachte gar nicht erst darüber nach, als ich zu Dir hinüber ging und Dir einfach helfen wollte.
 

Takanori... immer wenn es regnet, muss ich an Dich denken.

Wie Du klatschnass vor mir standest.

Man sah Dir an, wie sehr Du eben diesen Umstand gehasst haben musst, aber ich hatte noch nie etwas gesehen, was anziehender war als Du in diesem Augenblick.
 

Mir war damals schon klar, dass das einer dieser Momente im Leben sein musste, die etwas zu bedeuten hatten, also tat ich mein Möglichstes, um an Dir dran zu bleiben.

Ich musste wissen wer Du bist und was verdammt noch mal mich an so 'nem Giftzwerg wie Dir so verzaubert hat.

Und Du warst mit Abstand die härteste Nuss, die ich je zu knacken hatte und zeitweise hab ich wirklich daran gezweifelt, ob unter der rauen Schale überhaupt noch ein weicher Kern zu finden ist.

Du hast es mir echt nicht leicht gemacht und ich verstand damals auch noch nicht, wieso es so war und was ich Dir getan haben könnte. Und das wusste ich noch sehr lange nicht.

Eigentlich wusste ich es auch erst so richtig, als ich das erste mal Dein Tagebuch las.
 

Ich konnte fast schon so etwas wie lächeln, als ich dort gelesen habe, wie sehr auch Du den Regen verabscheut hast.

Aber Takanori... jedes einzelne Mal wenn es regnet, kann ich nicht mehr aufhören an Dich zu denken. Wie wir uns begegnet sind. Wie wir immer und immer wieder im Regen einige unserer bedeutendsten Erlebnisse hatten.

Dann kann ich meine Gedanken nicht mehr stoppen und all diese Szenen in meinem Kopf laufen Amok. Es ist ein totales Chaos von Gut und Böse. Da sind Bilder, wie wir uns zum ersten mal küssen und anschließend seh ich Deine panisch aufgerissenen Augen, dann sind da wieder Erinnerungen an unsere erste gemeinsame Nacht und danach seh ich, wie Du zu Boden gehst und mich für immer verlässt.

Oder die Pannenserie, als wir das erste mal bei mir in der Wohnung waren.

Als ich Dich nach Hause trug, nachdem sich dieser Abschaum an Dir vergangen hatte.

Unser gemeinsames Baden in der Wanne...
 

Jedes mal regnete es.

Und es zerreißt mir immer wieder aufs Neue das Herz und auch jetzt beim Schreiben tut es so beschissen weh.
 

Mittlerweile sind fast ein Jahr und sechs Monate vergangen.

Und es ist soviel passiert und doch fühlt es sich so an, als würde die Zeit nicht vergehen und die Wunden auch nicht heilen.
 

Ich glaube Du würdest es wissen wollen, was in dieser Nacht und in dem Jahr danach geschah und ich werde Dir hier alles erzählen. Alles. Auch die Dinge, auf die ich nicht sonderlich stolz bin, aber die ich einfach tun musste. Ich hoffe Du wirst mich eines Tages verstehen können, wieso ich so gehandelt habe.
 

Der Winter ist zwar bald nach Dir gegangen, aber es blieb noch sehr lange kalt.

Vielleicht fühlte es sich auch nur für mich so an.
 

An diesem unsäglichen Abend, als Du unbedingt nachsehen musstest, was im Treppenhaus für ein Lärm war, da sind diese Typen gewesen. Überall... Sie hatten den Auftrag die Inagawa-kai, den Clan von Hishinuma, also auch den Deinen, auszudünnen. Wie ich später heraus fand. Sie gehörten zum Clan meines Vaters, somit auch irgendwie zu mir, auch wenn ich mich nie so wirklich richtig dazu zählen wollte und mein Vater auch nicht den Auftrag dazu gegeben hatte.

Du standest nicht mal auf der Liste, aber Dein Boss schon. Sie wussten nicht genau wo sie ihn suchen mussten. Nur wen sie zu suchen hatten und sie durchkämmten die ganze Stadt. Sie haben Hishinuma nur wenige Stunden nach Dir erwischt. Es waren Scharfschützen, mehr konnte ich nicht heraus finden, nur noch dass Sayuri nicht bei ihm war.

Es müssen Dutzende, vielleicht sogar Hunderte gewesen sein, die in dieser Nacht ihr Leben verloren, nicht nur die Gesuchten. Schuldig – unschuldig, jung – alt, Täter – Opfer... spielte alles keine Rolle. So nach dem Motto: was weg, ist ist weg.

Dass ich noch lebe, verdanke ich einzig und allein dem Zufall, dass mich diese Männer irgendwoher zu kennen schienen. Ich wusste nicht wer die waren. Sie trugen Masken.
 

Kaum, dass Du gesehen hattest was im Treppenhaus weiter unten vor sich ging, bist Du zurück gekommen und hast die Tür hektisch verrammelt. Du wolltest sogar nachsehen, ob man über den Balkon fliehen könnte. Erst als ich die Panik in Deinen Augen sah, wurde mir klar, dass die Sache mehr als nur ernst war, doch da trat man schon Deine Tür ein. Sie zielten mit ihren Waffen auf uns. Nachdem man mich als 'Einer von ihnen' identifizierte, sagte einer der anderen Kerle: "Der da, der gehört dazu" und zeigte auf Dich.

Ich hab es sonst immer innerlich verflucht, wenn Du diese langärmeligen Oberteile getragen hast, weil man da so gut wie nichts von Dir sah. Eben auch dieses Tattoo auf Deinem Arm nicht. Aber an dieser Stelle wünschte ich, Du hättest auch an diesem Tag nicht darauf verzichtet. Doch Du tatest es, mir zu Liebe...
 

Ich werden Deinen Blick nie mehr vergessen.

So voller Todesangst...

Es vergingen nur wenige Sekunden, in denen keiner dieser Drecksäcke darüber nachdachte, ob es wirklich sein musste...

Dir... Uns... so etwas anzutun.

Dann fiel der Schuss.

Das Glas der Balkontür hinter Dir zerschmetterte in tausend Stücke.

So wie mein Herz...

Es ging alles so wahnsinnig schnell. Ich hab das, was da gerade passierte, absolut nicht begreifen können, so schockiert war ich. In einem Moment war man der glücklichste Mensch auf Erden und wenige Augenblicke später liegt die ganze herrliche Welt in Trümmern.
 

Noch immer hast Du zu mir gesehen, doch Deine Augen waren weit aufgerissen.

Ich konnte mich nicht bewegen, dass durfte alles nicht wahr sein.

Nach all dem, konnte das nur der beschissenste Albtraum sein, den man sich kaum vorzustellen vermochte. Noch nie war ich so dermaßen unfähig irgendetwas zu tun. Nicht mal atmen konnte ich.

Die Männer zogen ab und Du sankst auf die Knie. Erst dann konnte ich meine Starre lösen und bin zu Dir hinüber gerannt. Zusammengekauert hast Du Deine Hände auf Deinen Bauch gelegt. Als ich bei Dir war, hast Dir Deine blutgetränkten Handflächen angesehen. Sie zitterten, Dein ganzer Körper zitterte und ich hörte Dein Flüstern: "Akira, ich habe Angst". Deine Körperspannung ließ nach und bist einfach gegen mich gekippt.

Als mein Hirn endlich aufgearbeitet hatte, was für ein Grauen sich hier abspielte, drückte ich ein Handtuch, welches ich vom Küchentisch greifen konnte auf die Wunde und verständigte den Notarzt, doch alles was die mir gesagt haben war, dass die ganze Nacht schon derartige Anrufe eingingen und alle Wagen der umliegenden Krankenhäuser im Einsatz wären.
 

Dein Atem ging so schwer...

Ich war so unglaublich hilflos und hab nach allem gesucht, was uns irgendwie helfen könnte. Ich spürte wie Dein Herz immer langsamer und schwächer schlug. Die Kugel muss sehr nah an diesem vorbei gegangen sein.

Den Gedanken Dich zu verlieren, konnte ich immer weniger verdrängen.

Dir fiel es immer schwerer die Augen offen zu halten, doch mit einmal konnte ich Dich ganz leicht lächeln sehen und Du sagtest: "Ich dachte nicht, dass ich Dich mal weinen sehen würde".

Ich gab Dir zu verstehen, dass Du Deine Kräfte sparen solltest, bis ein Arzt kommen kann.

Doch es kam Keiner...

Nur wenige Augenblicke später hast Du schwach Deine Hand auf meine gelegt und kaum noch verständlich gesagt: "Bring mir 'nen Kaffee mit, wenn du gehst".

Dein leidender Anblick schnürte mir regelrecht die Kehle zu und ich konnte noch immer kaum atmen.

Kurz darauf spürte ich den letzten Schlag Deines Herzens, dann schwand jegliches Leben aus Dir.
 

Du warst es, der gegangen ist...
 

Selbstverständlich hab ich alles Mögliche versucht Dich irgendwie zu reanimieren, doch als ich das viele Blut um uns sah... hörte ich auf. Ich hörte einfach auf. Da war weder Blut noch Leben in Deinem Körper. Weggehen konnte ich trotzdem nicht. Ich wollte Dich nicht los lassen.

Es dauerte ewig, bis ein Rettungswagen zu hören war und sie dann auch in Deiner Wohnung standen, Deinen Tod feststellten und Dich in einen Leichensack steckten. Man brachte Dich auf einer Trage die Treppe runter und schob Dich dann in den Transporter. Ich wollte mit, doch man ließ mich nicht, da ich nicht mit Dir verwandt bin.

Sie fuhren weg und ich stand da, im strömenden Regen und sah dem Wagen hinterher.
 

Sehr lange stand ich da, auch wenn die Lichter Deines Krankenwagens schon lange nicht mehr zu sehen waren. Der Regen wandelte sich inzwischen zu dichtem Schneefall.

Nur langsam drang die Gewissheit zu mir durch, dass Du höchstens eine Chance gehabt hättest, wäre die Kugel nicht durch Dich hindurch gegangen und hätte die Arterie im Inneren nicht zerfetzt, sondern versiegelt. Bei dem vielen Blut, das Du verloren hast, hätte man Dich nie lebend auf den OP-Tisch bekommen.

Ich kann Dir nicht mal wirklich erklären warum, aber das erste was ich tat war, in Erfahrung zu bringen, wo man Deinen Körper hinbringen würde und wie es weitergehen sollte.

Es konnte ja sonst niemand weiter Verwandte angeben, die für Dich entscheiden, also tat ich alles was nötig war, um Deine Asche doch noch wieder zu bekommen. Man hatte ursprünglich vor Dich als No-Name in einer Urne auf der grünen Wiese zu verbuddeln. Die kostengünstigste Beerdigungsvariante.

Ein kaltes Loch in der Erde, nicht mal ein richtiges Grab. Das war Deiner absolut unwürdig. Das konnte ich nicht zu lassen, also habe ich zurück geholt, was mir gehört.
 

Drei Tage nach dieser Nacht kam ich auch zurück in Deine Wohnung. Ich wollte nach etwas suchen, dass mir weiterhelfen könnte, an Deine Asche zu gelangen. Die Tür war nur angelehnt. Der erste Blick fiel natürlich auf die Stelle, an der Du zusammengebrochen bist. Die Blutlache war inzwischen komplett getrocknet und bildete einen riesigen dunkelroten Fleck. Die Fußabdrücke der Sanitäter hinterließen ebenfalls blutige Spuren in deiner Wohnung. Mein Herz raste, als ich näher trat. Der Wind pfiff durch das Einschussloch in der Scheibe, sie war nur halb herausgebrochen. Doch da war noch ein anderes Pfeifen. Mehr ein Winseln. Ich drehte mich herum, in die Richtung, aus der das Geräusch kam und sah Deinen Hund. Er hockte unter Deiner Liege und schaute mich mit diesen fragenden Augen an. Ich hatte ihn völlig vergessen...

Ich näherte mich ihm und er kam tatsächlich vor, ließ sich von mir auf den Arm nehmen und auch er zitterte. Kein Wunder, es war saukalt.

Auf der Liege lag noch Dein PC und Dein Tagebuch. Ich beschloss Beides ebenfalls mitzunehmen und diesen Ort zu verlassen. Nicht mal meine Klamotten, die ich bei Dir hatte, nahm ich mit.

Ich bin sehr lange nicht mehr hier her zurück gekehrt. Heute das erste mal wieder, nach anderthalb Jahren. Alles steht noch genauso da wie damals, nur völlig verwahrlost und verdreckt. Es gab keinen Strom mehr, kein Wasser und das Blut am Boden war von einer dicken Staubschicht bedeckt. Rund um das Loch in Deiner Balkontür lag verrottendes Laub vom letzten Herbst. Deine Pflanzen waren komplett vertrocknet. Nichts war mehr da, von dem Glanz, den Du dieser Wohnung einst verliehen hast. Dennoch sitze ich heute hier auf deinem Sofa und schreibe Dir diese Zeilen auf die letzten Seiten Deines Tagebuchs.
 

Wahrscheinlich klingt bis hier hin alles sehr plausibel für Dich, doch kaum dass ich Deine Asche ausgehändigt bekam und wusste wohin mit Koron, hatte meine Vernunft ein jähes Ende. Ich habe deinen Hund der alten Dame überlassen, die ein paar Stockwerke unter Dir wohnte. Du sagtest mal, sie wäre die Einzige, der Du Deinen Augapfel anvertraust. Sie wohnt schon lange nicht mehr da unten. Das ganze Haus steht mittlerweile leer. Kein Wunder, nachdem was hier passiert ist. Ich hab auch herausgefunden, dass sie zu ihrer Tochter gezogen ist und es dort ältere Kinder gibt, die Deinen Koron gut behandeln. Ich glaube ihm geht’s dort prächtig.

Es tut mir leid, Takanori, aber ich konnte ihn nicht behalten. Nicht bei den Lebensumständen, wie sie sich für mich entwickelt haben. Das wäre nicht gut für ihn gewesen. Ich wäre nicht gut für ihn gewesen...
 

Lange habe ich mit mir gerungen Dein Tagebuch zu lesen oder Deinen PC anzuschalten. Aus Angst, dass Du plötzlich wieder so nah wärst und ich Dich wieder gehen lassen muss, sobald ich alles wieder zuklappe. Zurecht, wie sich herausstellte. Als ich einmal angefangen hatte zu lesen, tat ich dies ohne zu essen oder zu schlafen, in einem Rutsch, wie im Rausch. Es war, als wäre ich komplett in Deine Welt eingetaucht, in der Du noch lebst. Als wäre der Kaffee-Kerl, den Du da beschreibst, nur ein entfernter Schatten von dem Akira, der ich heute bin.
 

All das von Dir zu lesen und zu wissen, was dich beschäftigt hat, wo du herkommst, wie du zu deinem scheiß Job gekommen bist. All dass hat mich viel mehr mitgenommen als ich gedacht hätte.

Ich habe mich währenddessen und vorallem danach komplett gehen lassen. Der Tag war nur mit Alkohol zu überstehen. Das ging einige Wochen, wenn nicht gar Monate und fand erst seinen Höhepunkt, als ich irgendwann sturzbesoffen die U-Bahntreppe hinunter fiel und mir das Schlüsselbein brach. Ausgerechnet eine so blöde Stelle am Körper, die man nicht eingipsen kann und man verschrieb mir Schmerzmittel. Die Selben, wie Du sie bekommen hattest. Ich war nie ein Verfechter davon tonnenweise Schmerztabletten zu konsumieren, aber vielleicht hatte ich innerlich gehofft, damit auch meinen seelischen Schmerz betäuben zu können und hab mir die Pillen nur so reingezogen.

Vollgedröhnt von den Dingern, hab ich mich in irgendeine Kneipe gesetzt, meistens der Goldene Zylinder, auch wenn hier Erinnerungen mit Dir lauerten. Ich musste nur genug trinken, bis ich nicht mehr fähig war zu denken. Selbst wenn ich es schaffte, die Schmerzen wenigstens für ein paar Stunden wegzuspülen, am nächsten Morgen rächte sich das und trotzdem nahm das Spiel bald wieder seinen Lauf. Ich wollte das nicht mehr, doch je mehr ich es nicht wollte, umso heftiger tat ich es doch und wusste, ich musste einen anderen Weg finden. Ein Ziel, dem ich mich widmen konnte.
 

Ein solches Ziel war schnell gefunden. Rache. Unbarmherzige Rache.

Dafür musste nur der Bruch ausheilen und bis dahin hatte ich genug Zeit so viele Namen wie nur irgend möglich ausfindig zu machen, die mit dieser Nacht und Deinem Mord zu tun hatten. Ich schwor mir, ich würde auf meine Weise dafür sorgen, diese Leute dafür büßen zu lassen. Und genau das tat ich. Die Spur, die ich hinterließ, war nicht minder blutig. Ich tötete sie nicht mit Gift, wie früher, ich beschaffte mir Dolche. Schließlich bekam ich damals das Gift immer gestellt und hatte es nie selbst zahlen müssen, außerdem waren es diese Leute in meinen Augen auch nicht wert, auch nur einen Yen in Gifte zu investieren. Jedes meiner Opfer litt wie wir Beide zusammen. Sie bekamen den einen Dolch direkt unters Herz und den anderen stach ich ihnen in den Hals, damit auch sie spüren konnten, wie es sich anfühlt nicht mehr atmen zu können. Ich drang mit meinem Feldzug soweit in die oberen Riegen vor, wie ich nur konnte. Leider waren die Obersten auch für mich nicht zu erreichen. Doch ich machte vor niemandem Halt, der auch nur geringfügig mit der Sache zu tun hatte und ich zögerte auch nicht Jeden mitzunehmen, der sich mir in den Weg stellen wollte.
 

Ja, das war hochriskant, aber was hatte ich schon zu verlieren? Mein Leben? Hatte ohne Dich nicht mehr den selben Wert. Sie nennen mich nun den Verräter und den Schlächter der Sumiyoshi-kai. Wenn ich vor all dem schon eine begehrte Trophäe war, bin ich jetzt wohl so was wie der Hauptgewinn.

Als ich ganz am Anfang mitbekam, dass so ziemlich Alle und Jeder in diesem Milieu hinter mir her sein würde, musste ich meine Wohnung aufgeben und auch meine Autos. Zu leicht könnte man mich über meinen Besitz aufspüren, bevor ich fertig gewesen wäre. Fertig damit, Sie alle umzubringen.

Verstehst Du jetzt, warum es Zeiten gab, in denen weder Du noch ich mich selbst wiedererkannt hätten? Du hättest mich sicher verabscheut. Du warst ja sowieso immer dagegen, dass ich mich in Deine Angelegenheiten mische. Doch Du bist nicht mehr da, um mich davon abzuhalten.

Auch heute gibt es noch einzelne Ziele, die ich nicht davon kommen lassen werde, sollte sich mir die Gelegenheit bieten.

Der Verkauf meiner Besitztümer erleichtert es mir auch enorm die Motel-Rechnungen zu begleichen, denn seitdem lebe ich in solchen Motels, bleibe nie lange in dem selben und checke auch nur unter falschen Namen ein. Die ganze Zeit über bewahrte ich diesen Behälter mit der Asche bei mir auf. Erst wusste ich nicht wohin mit Dir und dann hätte jede Beerdigungsmaßnahme zu viel Aufsehen erregt. Doch eines Tages, als ich Dein Tagebuch zum unzähligsten Male gelesen hatte, wusste ich wohin Du gehörst. Ich buchte eine Bergsteig-Tour zum Fuji - Deinem Berg. Sie lassen Touristen aber nicht bis ganz hoch, also musste ich noch einmal herkommen. Auch dabei hätte ich draufgehen können. Bergsteigen hab ich schließlich nie irgendwo gelernt, aber schwerer als Gebäude von außen zu erklimmen, konnte es auch nicht werden. Als ich soweit oben war, wie es ging, blieb ich bis es Nacht wurde. Und glaube mir eines, es ist arschkalt da oben. Vor allem Anfang Februar. Denn ich war an Deinem Geburtstag dort. Als Du das letzte Mal Geburtstag hättest haben sollen, wollte ich mit Dir schon längst das Land verlassen haben, oder wenigstens aus dieser verdammten Stadt raus sein. Doch dazu sollte es nie kommen...

Aber Du hattest recht, Tokyo sieht von da aus wie ein gigantisches Meer aus Lichtern und man sah sogar ganz viele Sterne am Himmel. Es ist ruhig und irgendwie sehr meditativ. In dieser Kulisse habe ich Deine Asche verstreut.

Lange konnte ich damals aber nicht in der Kälte aushalten, um diese Aussicht zu genießen, mir drohte alles abzufrieren. Dennoch, es ist das Sinnvollste, aber wahrscheinlich auch Gefährlichste, was ich seit jener Nacht getan habe.

Ich geh dennoch oft dahin, wenn ich nicht weiter weiß.

Und rede mit Dir...
 

Das kam jedoch nicht einfach so. Von jetzt auf gleich, vom Meuchelmörder, wie Du mich gern genannt hast, zum spirituellen Hobbybergsteiger. Nein, das brauchte erst einen Denkanstoß. Ich saß damals mal wieder im Goldenen Zylinder an der Bar und war schon recht gut dabei mit dem Alkohol, als ich dieses Lied hörte. Keine Liveband, es war nur Radio, da es noch früher Nachmittag war und zu dieser Zeit nur die Bar zum Biergarten offen hatte. Das Lied hieß „Sorrow“ und ich hatte das Gefühl, der Sänger würde aus meinem Leben erzählen. Nicht nur, dass mir dieses Stück den Anreiz dazu gab selbst Musik zu machen, auch wenn ich mich nie zuvor als Musiker sah, regte es zur Abwechslung auch mal die Regionen in meinem Hirn an, die für Vernunft zuständig waren und nicht nur die für Vergeltung.
 

Es gibt aber noch einen Grund, aus dem ich heute sehr oft im Goldenen Zylinder bin. Zumindest so oft es die Umstände zulassen. Wie ich Dir bereits erzählt habe: um ein Ventil für meine Gefühle zu haben, versuche ich mich nun als Musiker. Aber nicht allein. Doch fange ich am besten am Anfang dieses Kapitels an und mache es spannend, weil ich weiß, wie gern sich meine liebste Giftkröte auf die Folter spannen lässt.

Ich saß also, wie so oft, in besagtem Musik-Schuppen und wollte mich voll laufen lassen, als meine Pläne durchkreuzt wurden. Es waren trotz der Tageszeit recht viele Menschen da, um welche ich mich aber nur am Rande kümmerte. Bis irgendwelche zwielichtig aussehenden Typen das Etablissement betraten und jemanden zu suchen schienen. Ich wollte aber nicht auf die Weise heraus finden, ob ich der Gesuchte sein würde, indem ich einfach sitzen bleibe und abwarte, bis sie mir die Sweater-Kapuze vom Kopf reißen. Unauffällig ging ich darum nach hinten in den Personalbereich und traf glücklicherweise niemanden, der mich wieder nach vorn scheuchen wollte. Mein Ziel war der Keller, denn ich würde mich, wie Du Dir ja sicher denken kannst, nicht länger in öffentlichen Gebäuden aufhalten, wenn ich nicht die örtlichen Fluchtmöglichkeiten ausgelotet hätte. Ein Bauplan aus dem Neunzehnten Jahrhundert offenbarte mir vor einiger Zeit schon, dass es hier einen alten Schacht nach draußen gab, durch welchen früher Kohle und Brennholz geliefert wurde, als dieses alte Gebäude noch eine Art Gasthof war.

Ich hörte ein beunruhigendes Geräusch im Gang, nachdem ich das vor dem Schacht stehende Regal weggeschoben hatte, um die provisorische Platte aus Holz zu zertreten, welche sich vor dem Loch befand. Ja, mehr als ein Loch, wo gerade so ein Mensch hindurch kam, war das nicht. Plötzlich hörte ich auch noch Schritte und so versteckte ich mich schnell hinter einem anderen Regal voller Konserven in der Ecke. Die Tür ging auf und eine Frau kam herein. Ihrer Hektik nach zu urteilen, musste sie ebenfalls auf der Flucht gewesen sein. Als sie meinem Versteck zu nahe kam, konnte ich nicht riskieren, dass sie sich wegen mir erschrecken und schreien würde, also hielt ich sie schnell am Arm fest und ihr den Mund zu. Sie erschrak zwar, schrie aber nicht. Ich gab ihr zu verstehen, sie möge sich einfach ruhig verhalten, dann würde niemandem was passieren. Sie nickte. Nachdem ich sie skeptisch losließ und sie auch nicht hysterisch wurde, wollte ich von ihr wissen, ob sie vor jemandem wegrennen würde und ob die Typen da draußen hinter ihr her wären. Sie wusste es nicht genau und wollte es offenbar genauso wenig wie ich heraus finden. Sie hatte echt schräge Klamotten an, wie die einer Achtzigjährigen, mit langem weiten Mantel in grau und Kopftuch in Blümchenmuster. Eben Jenes hielt sie an zwei Zipfeln an sich gepresst fest. Nicht-wissend wer ich bin und ob ich ihr nicht doch etwas tun würde.

Dabei sah ich es. Das Medaillon um ihren Hals. Ich kannte es. Ich hatte es schon einmal gesehen. Eigentlich sogar mehrmals. Du hast es in Dein Tagebuch gekritzelt, das 'Stumme Versprechen'. Nun musste ich es genau wissen und fragte sie: „Sayuri?“ Sie sah mich mit einer Mischung aus Schock und ahnendem Gedanken an. Sie antwortete zwar nicht direkt, aber zog meine Kapuze weg, fasste in meine Haare und lächelte, als sie sagte: „Du hast ja keine blonden Haare mehr.“ „Zu auffällig“- war meine Antwort, doch nachdem wir von einander wussten, mit wem wir es zu tun hatten, blieb keine Zeit mehr für Smaltalk. Wir mussten hier weg. Ich versuchte so lautlos wie möglich die Verdeckung von der Wand zu lösen, die das Loch halbwegs verschloss, aber nun doch lieber ohne unnötig viel Lärm vom Zertreten. Ich konnte nicht einschätzen, wie lange es dauern würde zwei Leute nacheinander durch diesen Schacht zu kriegen, ohne entdeckt zu werden.

Zwar hörte man keine weiteren Schritte vor der Tür, aber nun meldete sich eine andere Zeitbombe, die zu ticken begann. Ich hatte gerade die Holzplatte ab, als ich Sayuri fluchen hörte und so schaute ich zu ihr hinüber. Sie hatten den Mantel offen und man sah ihren kugelrunden Bauch unter dem Kleid und auf dem Boden unter ihr eine Pfütze.

Ganz offenbar hatte sich ihr Baby den unpassendsten Zeitpunkt ausgesucht, um sich anzukündigen. Durch Dein Tagebuch wusste ich zwar von der Sache, aber erst an diesem Punkt wurde mir bewusst, in welcher Gefahr wir deswegen jetzt waren, vor allem sie.

Irgendwie hatten wir es dann umständlich durch diesen Schacht nach draußen geschafft, ohne dass uns jemand bemerkte und versuchten anschließend ein Taxi zu kriegen.

Eines kann ich Dir sagen Takanori, ich habe schnell verstanden, was Du und Hishinuma an dieser Frau fanden. Trotz der Schmerzen, die sie zu haben schien, kam kein Mucks über ihre Lippen, bis wir in dem Taxi saßen. Ich habe selten etwas so Starkes und unglaublich Mutiges gesehen.

Der nächste Weg führte uns in ein Krankenhaus. Selbst dies ist ein gefährlicher Ort für jemanden, der wie wir auf der Flucht ist. Aber was sollten wir tun? Was sollte ich tun? Sie hatte keine Ahnung, was zu machen ist und ich wollte diese Beiden nicht auf dem Gewissen haben. Glücklicherweise ist aber auch Krankenhauspersonal bestechlich, nicht nur die Bullen. Es dauerte einige Stunden, bis es endlich soweit war und der Kleine zur Welt kam.

Du willst sicher wissen, welchen Namen er bekam. Ich wollte, dass er Takanori heißt und Sayuri schien intuitiv zu erahnen, dass es nur Dein Name sein konnte. Sie wählte im Gegenzug meinen Nachnamen für das Kind. Ich war überrascht, dass sie den überhaupt kannte, aber das spielt jetzt auch keine Rolle mehr. Sie begründete ihre Wahl damit, dass Hishinuma's Baby unter diesem Namen nicht so leicht zu finden wäre, da es Suzukis wie Sand am Meer gäbe. Was soll ich sagen, sie hat wohl recht und sobald der Kleine adoptiert wird, bekommt er eh einen neuen Namen und ist damit hoffentlich endgültig sicher. Er wäre in unserer Welt niemals sicher gewesen und hätte nie ein normales Leben führen können.
 

Siehst Du Takanori, Du hast Dich einmal bei mir beschwert, dass Deine Lehrer damals in der Schule es missbilligten, wenn Du Deine Hefte und Blätter mit Bildchen bekritzelt hast. Aber wer konnte schon ahnen, dass Du damit wohl einmal zwei Leben retten wirst. Nur weil ich das Medaillon auf Grund des Bildes erkannt habe. Sonst wäre es mir zu gefährlich gewesen einer, zu dem Zeitpunkt noch, Fremden zu helfen.
 

Wir stehen heute immer mal wieder gemeinsam auf der Bühne im Goldenen Zylinder. Das geht natürlich nicht oft und wir sind auch immer auf der Hut. Aber wusstest Du, dass Sayuri nicht nur eine gute Violinistin ist, sondern auch singen kann? Wir covern meistens Songs, die uns melodisch und textlich aus der Seele sprechen. Nur manchmal wagen wir uns an etwas Eigenes. Durch Deine Freundin habe ich einen Teil von Dir immer bei mir, weshalb man wohl sagen kann, das Sayuri sich somit revanchiert und mein Leben gerettet hat. Ich saufe weniger, lass die Finger von den Pillen und plane sorgfältiger jede Aktion. Zwar morde ich auch etwas weniger, aber das liegt mehr daran, dass die Meisten auf meiner Liste bereits einen Haken hinterm Namen haben. Es kam jedoch eine neue Liste hinzu. Ihre Liste. Denn auch sie will Hishinuma und ihr zerstörtes Lebensglück rächen. Ich weiß, das ist sicher nicht in Deinem Sinne, aber eine andere Art der Gerechtigkeit gibt es hierfür nicht.

Nicht für uns.

Also gebe ich mein Wissen und meine Erfahrungen an Sayuri weiter und wie sich herausstellte, ist sie ein Naturtalent. Wenn man uns schon jagt, dann sollen sie wenigstens einen Grund haben und uns fürchten.

Irgendwie wie Batman und Robin.

Was meinst Du, sollte ich mir ein Cape zulegen? Irgendwie sehr skurril, oder?
 

Übrigens kam auch Dein klobiger Goldschmuck aus Indien an. Ich hab ihn umarbeiten lassen und Sayuri geschenkt. Das Armband enthält jetzt einen Hohlraum, indem sich zwei Kapseln befinden. Ein schnell wirkendes Zwei-Komponenten Gift. Einzeln eingenommen harmlos, doch zusammen äußerst tödlich. Wenn ihr also etwas passiert und sie gefangen wird, hat auch sie jetzt diesen letzten Ausweg, um einer Folter zu entgehen. Hoffen wir, dass es nie dazu kommen wird.
 

Es ist schon komisch, Dir zu schreiben und dabei das Gefühl zu haben, wirklich mit Dir reden zu können. Als wärst Du in Fleisch und Blut hier bei mir und ich könnte Dir wie damals, ganz ungezwungen einfach was erzählen. Doch wenn ich mich hier so umsehe, in Deiner Wohnung, wirkt das jetzt alles wie aus einem anderen Leben. Einer längst vergangen Zeit.
 

Heute ist es brütend heiß und ich wette mit Dir, dass es trotzdem noch regnen wird, einfach weil meine Gedanken wieder mal nur um Dich kreisen. Was gäbe ich darum noch einmal Deine weiche Haut zu streicheln, Deine sanften Lippen zu küssen, oder in Deine Augen zu sehen, die mich so fasziniert haben. Denn egal wie sich der Rest Deines Körpers sträubte, aber Deine Augen, Deine Blicke, sie sprachen die Wahrheit.
 

Ich denke so langsam sollte ich Abschied nehmen. Zumindest was diesen Brief an Dich betrifft. Von Dir kann und werde ich mich nie verabschieden können. Es stimmt wohl, wenn die Leute sagen, dass nicht unerfüllte oder erloschene Liebe am meisten weh tut, sondern die, die nie richtig gelebt wurde. Ich werde Dich bald wieder auf dem Fuji-Yama besuchen und wünsch Dir den Frieden, den Du mehr als jeder Andere verdient hast, bis uns die Zeit oder das Schicksal irgendwann wieder vereint.
 

In Liebe, Akira.
 

______________________________________________________________________
 


 

Ja elend lange hat's gedauert, bis ich das hier mal hinbekommen habe und es tut mir auch wirklich leid! Probleme hin oder her... Man hat ja als Autor auch eine gewisse Verantwortung seinen Lesern gegenüber und ich hab euch ganz schön zappeln lassen. Einige haben sich vor kurzem an meinem One-Shot erlaben können und wer's noch nicht wusste, der kann das ja gern noch nachholen ;)

Mit Aoi und Reita geht’s dann auch bald mal weiter, was auch wieder etwas fröhlichere Stimmung verbreiten wird. Denke ich mal...

Nun wie ich schon in Revi-Antworten erwähnte: es gibt auch hier zu Violence ein kleines Abschieds-Video und man hört im zweiten Teil des Videos auch den Song 'Sorrow' zusammen mit einer Dia-Show! Hier der Link: http://streamcloud.eu/fe8hf9gqvv3b/Violence_Abschied___Sorrow.wmv.html

Joar ich hoffe, das Kapitel hat trotz seiner erdrückenden Last, 'Spaß' gemacht es zu lesen und auch wenn nicht, ich freu mich über ein paar aufmerksame Worte hierzu :)

Und... lasst mich nach der harten Nummer bloß mit Fehlern in Ruhe x)! Die ganzen Du's, Dich's, Deine's ect. rauszusuchen und großzuschreiben, das war schon abartig.



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Von:  Becci_heresy
2019-04-22T18:57:39+00:00 22.04.2019 20:57
Es dauert verfluche lange bis ich wegeb einer Geschichte heule. Aber verdammt, dieses mal liefen die Tränen in Wasserfällen !
Selten so eine Geschichte gelsen.
So gut .. Jetzt brauche ich Defintiv was mit Rosa Glitzer Herzchen zum Schluss ! 😱😂❤
Von:  Ruki-Vocal122
2016-10-19T14:32:01+00:00 19.10.2016 16:32
Ich musste heulen ich las das Ruki stirbt Ruki😭😭😭😭 aber toll geschrieben kmpliment❤️❤️❤️
Von:  -Tamashii-
2016-10-03T16:47:52+00:00 03.10.2016 18:47
Ok, ich muss erstmal Worte finden...

ein wirklich trauriges Ende. Aber definitiv gelungen! Es kann ja nicht immer alles rosa-pink glitzernd am Ende sein.

Ich konnte mir beim Lesen ein Tränchen nicht verkneifen. Und dabei bin ich nun wirklich nicht der super emotionale Mensch. Aber ein wirklich passendes und emotionales Ende!

Das Video gefällt mir sehr. Hilft mir aber nicht wirklich dabei, dass gelesene zu verarbeiten. *Taschentuch zück*

Ich glaube, ein Happy End häte nicht wirklich gepasst. Von daher sehr gute Wahl und ein würdevolles Ende geschaffen :*

LG Tamü
Antwort von:  -Sian-
18.10.2016 19:26
Nun Tamilein, da weißte ja wie schwer es mir fiel, die richtigen Worte zu finden...^^
Auch wenn ich Ruki wirklkich sehr gern in Pink und Glitzer packe, aber ich wollte eben einfach ein Sad-End schreiben und nun hab ich eins - und alle sind böse auf mich xD...
Und das du (und andere sicher auch) heulen musstest, das wollte ich auch so! :D
Ich musste auch heulen als ich das Video zum ersten mal nachm groben Zusammenschnitt ansah... v.v
Ganz lieben Dank für deine Worte <3

*verbeug*
Von:  chibi-desu
2016-09-25T19:53:02+00:00 25.09.2016 21:53
Q_Q allein schon der Titel....

krass, dass Reita so lang gebraucht hat... mein Hirn hat ab und zu die Story immer weiter gesponnen und iwie dacht ich immer, er geht spätestens nach 3 Wochen oder so nochmal in die Wohnung. Eineinhalb Jahre sind echt ne lange Zeit q.q

um ehrlich zu sein, hab ich des Kapitel schon vor n paar Tagen gelesen.... wobei 'schon' gut gesagt ist, nachdem des Kapitel schon seit über 2 Monaten herausen is... dedimm. aber da hab ich nur zufällig gesehen, dass du die Story zu Ende geschrieben hast und war so neugierig, dass ich die vorm Spätdienst noch gelesen hab >.< wär fast zu spät gekommen~

Gott, er is so.... emotional >___< ich will ihn in den Arm nehmen und durchknuddeln >.< er tut mir so wahnsinnig leid... und dass er so gar nix dagegen machen konnte, Ruki zu beschützen... ich glaub das macht ihn auch am fertigsten ._.
man, das schnürt einem selber die Luft ab, wenn man das liest, wie Reita schreibt .__.

Koroooooooooooon..... scheiße, ok jetzt heul ich endgültig! Q_________Q
ich hätte echt nicht gedacht, dass er ihn der Oma gibt... für mich wars iwie klar, dass er ihn behält, um wenigstens etwas Lebendiges von Ruki bei sich zu haben, außer dem Tagebuch ._. auch wenns Koron bei der Omi ja gut geht und ich es auch iwie nachvollziehen kann, dass er ihn weggibt, aber trotzdem hätte ich drauf schwören können, dass er ihn behält ._. find ich iwie sehr sehr traurig. vllt weil ich selber das nie könnte...
Omg o-o Hishinuma auch D: Wenigstens Sayuri is geblieben... die tut mir auch so leid >-< und dann auch noch ihr Baby wegzugeben.... die Arme ._.


Q____Q so traurig.... aber wenigstens können wir jetzt glaub ich alle damit abschließen... auch wenn die meisten hier - wie ich - wahrscheinlich auch auf n klitzekleines bisschen Happy End gehofft hatten, trotz alledem. Aaaber du hast das ja schon von vornerein angesagt und du hast dich dran gehalten. Respekt.
Ich freu mich trotzdem, mal wieder von dir zu hören!!! Und dass das hier jetzt alles abgeschlossen ist! Werd mich gleich nochmal an die nächste FF kleben, um wieder reinzukommen.
Danke danke danke!!!! <3
Antwort von:  -Sian-
18.10.2016 19:23
Naja, ich sag mal so... ich (böööser Autor!) hab ja auch geraume Zeit vertreichen lassen, eh ich es hingekriegt habe, aber es war auch keine leichte Sache, da dachte ich, es käme vllt. auch ganz gut wenn man Reita selbst auch die Zeit gibt. Ich meine wer verkraftet es schon gut 'Die Liebe seines Lebens' in den eigenen Armen sterben zu sehen und dann auch noch so.
Aber nicht dass ich dann schuld bin, wenn du mal zu spät kommst x)
Ich denke zu bestimmten Zeitpunkten wäre es eher lebensgefährlich Reita knuddeln zu wollen. :(
Ja da wirst du recht, haben, dass ihn dieses nichts-tun-können am meisten getroffen hat...
Ich hab auch ein paar meiner Emotionen in Reitas Text gebracht die mir kamen wenn ich jemanden wichtiges verlor.
Reita hat ja erklärt wieso er ihn nicht behalten hat, einfach weil er selbst kaum in der Lage war sich um sich zu kümmern statt nur jeden Tag zu verfluchen, Korons wärs bei ihm nicht gut gegangen und das war für Ruki das wichtigste - das wusste auch Reita.
Ja Hishinuma war sozusagen eines der großen Ziele die 'weg mussten', Ruki war sozusagen Kolleteralschaden.
Bei Sayrui war es mit dem Baby ähnlich wie mit Koron, sie wusste mit dem Kind wäre weder das Kind in Sicherheit, noch könnte sie sich gut genug damit verstecken, mit oder ohne Reitas Hilfe. Ein ruhiges Leben fernab der Gefahr, war eben das beste.
Nun wie ich schon sagte: es war ja von Anfang an der Hinweis da, dass es ein Sad-End werden wird, nur weil ich sowas schreiben wollte, entstand diese Gesichte so auch.
Nun bei Aoi und Reita gehts seit heute auch weiter und falls du da liest wünsche ich viel Spaß dabei <3
Danke für deinen Kommentar!!

*verbeug*
Von: abgemeldet
2016-08-03T15:17:38+00:00 03.08.2016 17:17
musste voll weinen ;-; das ist sooo traurig :(
armer reita und ruki .__.
mag sad ends eigentlich nicht aber,war neugierig
mag happy ends mehr da wein ich wenigstens selten :3
war trotzdem ne tolle ff <3
Antwort von:  -Sian-
24.09.2016 00:37
Das lag in meiner Absicht ò.ó! Fies, aber absolut gewollt x)
Nein im ernst, ich als Autor will ja Emotionen wecken, auch wenn man dabei tief ins Herz schneidet, das macht doch ein Drama erst so richtig dramatisch oder?
Leider bietet das Leben nciht immer Happy-Ends und ich wollte eben auch mal ein trauriges Ende verfassen um zu gucken ob ichs drauf habe.
Ich bedanke mich für dein KOmmi und wenn bedarf nach etwas Amüsanteren besteht AOIeo und REITulia ist gerade frisch geupdatet!

*verbeug*
Von:  xXSaKuSaKuXx
2016-07-27T20:29:50+00:00 27.07.2016 22:29
Es ist schön, mal wieder was von dir zu hören, bzw zu lesen, auch, wenn ich ja noch immer in der Hoffnung war, wenigstens ein Fünkchen Happy End zu bekommen. Nur ein klitzekleines bisschen. Aber das war mir und anderen wohl nicht wirklich vergönnt. ;^;
Ich hab die ganze Zeit versucht mich zusammen zu reißen, aber der letzte Absatz hat mir dann doch die Dämme weg gerissen. Ganz böse Falle.
Antwort von:  -Sian-
24.09.2016 00:34
Ja ich mache mich in der letzten Zeit ziemlich rar ich weiß und es tut mir leid x.x
Gerade habe ich ein Revi beantwortet indem das Baby als das Fünkchen Happy-End empfunden wurde, aber das sieht sicher jeder anders - ein Sad-End bleibt nun mal ein trauriges Ende :(
Auch wenn es vllt. nicht dass ist was du hören willst, aber wenn meine Storys Emotionen wecken (auch weinen) dann ist das ein Erfolg für mich und eine Bestätigung!
Zumindest wenn sie nicht deshalb heulen, weil sie wertvolle Minuten ihres Lebens mit dem Lesen meines Schunds verschwendet haben ö.ö
Aber jetzt mal ganz lieben Dank für dein Statement und bei Bedarf geht es bei Aoi und Reita nun weiter.

*verbeug*
Von:  Nerona-chan
2016-07-25T21:05:31+00:00 25.07.2016 23:05
So. Unter mir ist alles nass.
Irgendwie war ich davon ausgegangen, dass ich Sad-Ends besser vertrage ^^"
Ich liebe diese Story und ich liebe dieses Ending, aber bitte lass nie wieder einen Takanori oder wen auch immer sterben. Wie verstörend muss es für Akira gewesen sein, das Wichtigste in seinem Leben einfach so zu Boden gehen zu sehen... So ein plötzliches und irgendwie irreal wirkendes Ende, als könne so etwas Triviales wie ein einfacher Schuss niemals einen so perfekten Moment zerstören.
Das führt einem die Vergänglichkeit des Seins deutlich vor Augen. Ich meine, manchmal ist es nur ein Augenblick, eine Unachtsamkeit, die ein ganzes Leben verändert. Und wenn man dann nur hilflos daneben stehen kann...

Ich werde dieses Tagebuch ihn Ehren halten, es sicherlich immer und immer wieder lesen. Und immer wieder heulen wie ein Schloßhund. Aber ich werde weitergehen und deine Geschichten weiter suchten ^__^
Antwort von:  -Sian-
24.09.2016 00:30
*Küchenrolle reicht*
Es hat etwas gedauert, das ich hier antworte - vergib mir x.x
Zumindest sagst du mir nicht dass du mich hasst oder die Story xD
Sagen wir so, im Moment habe ich nicht vor noch mal jemanden sterben zu lassen, bei Aoi und Reita zumindest (wo ein neues Kapi raus ist) findet die 'Dramatik' eher zu Anfang statt und dass auch in ner anderen Richtung x)
Für jemanden der mit dem Tod eines Geliebten (Menschen, Tiere, oder eben Charakters) konfrontiert wird, für den ist der Tod nie sofort real und begreiflich, sowas braucht Verarbeitungszeit. Ein Trost ist es vllt. das Ruki geistig (aufgrund des Bluverlustes) am ende seinen eigenen Tod nicht mehr ganz so bewusst wahrnahm (darum der Satz mit dem Kaffee).
Manchmal ist man auch einfach zur falschen Zeit am falschen Ort...
Wenn das so ist: bei AOIeo und REITulia gibts jetzt was neues, vllt. ist das auch was zum suchten :)
NUn aber erstmal vielen lieben Dank für deine Kommis und hoffentlich bis bald <3

* noch mal verbeug*
Von:  Nerona-chan
2016-07-25T20:29:15+00:00 25.07.2016 22:29
Verdammt, da freut man sich, von dir zu lesen und dann fängt man auf den ersten drei Absätzen schon das Heulen an T^T
Ich versuch dann mal, mich bis zum Ende vorzuarbeiten XD
Antwort von:  -Sian-
24.09.2016 00:22
Klingt das fies, wenn ich sage, dass ich das so will? ö.ö
Du hast es ja offensichtlich geschafft, also mach ich mal oben weiter!

*verbeug*
Von: abgemeldet
2016-07-22T14:36:38+00:00 22.07.2016 16:36
Ich habe vor kurzem erneut die Story gelesen und muss zugeben das es mich genau so vom Hocker gehauen hat wie beim ersten mal. Schade dass es nicht weiter geht denn
ich würde mich freuen .

Antwort von:  -Sian-
22.07.2016 16:41
Doch doch doch! Wenn ich was verspreche dann halte ich es auch xD *meine Storys grad selbst stalkt*
Also ich hab das Kapi fast fertig! Fehlt echt nimmer viel, nur muss ich erstmal ein Bild zeichnen was zum Diamantenen Hochzeitstag verschenkt werden soll, übermorgen. Das hat noch vorrang, DANN gehts hier weiter und ich bastel auch noch ma an nem Video! Hoffe das hilft :)

*verbeug*
Von:  Nerona-chan
2016-03-25T15:56:15+00:00 25.03.2016 16:56
Ich mach grad nen reread deiner storys und bin unendlich traurig, dass du momentan nicht zum weiterschreiben kommst... das bezieht sich natürlich auch auf die weniger nervenaufreibenden kapitel
Dabei schreibst du so toll und deine storylines sind unheimlich gut und realistisch nachvollziehbar. Leider komm ich sonst nicht so zum kommentieren, weil ich vor allem unterwegs lese und mir dann immer vornehm das abends zuhause nachzuholen - aber du weißt ja wie das dann so ist ^_^"

Deshalb einfach jetzt mal so ein kleiner allroundkick zur aufmunterung und vielleicht für ein bisschen motivation *liebe lob und kekse verteil*
Antwort von:  -Sian-
22.07.2016 16:45
Reread, das Wort habe ich noch nie gehört (notiert*). Man lernt nie aus! Ja wie ich oben schon schrieb, ich bin fast fertig, doch leider lässt mir das Leben kaum Frieden für meine Fantasie bzw. diese nieder zu schreiben. Ich freu mich natürlich unendlich über dein Kompliment und.. eigentlich weiß ichs nicht xD Nur wenn du es auf das 'sich was vornehmen, aber dann es nicht schaffen' beziehst, ansonsten kann ich nicht von unterwegs lesen ^^ Nurn normales Handy ohne I-net. Wenn ich mal reich und berühmt bin gönn ich mir auch son Ding :D!
Die Motivation kam an, aber wie gesagt... das Leben und seine Tücken <.<
Danke noch mal!

*verbeug*


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