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Violence - diary of a lost soul -

(Ruki x Reita)
von

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Suff und Sünden

Es ist mal wieder einiges passiert, wovon ich dir berichten muss und ich hab das Gefühl, dass ich kaum noch nachkomme, bei den ganzen Ereignissen.

Abgesehen von der Transplantation des Chips in meinen Arm, wäre da Reita zum Beispiel, der treibt mich – wie nicht anders erwartet – in den Wahnsinn und erzählt mir haarsträubende Horrorgeschichten.

Und Sayuri hat mich geärgert!

Aber zunächst mal der Reihe nach...
 

Nachdem meine beste Freundin bei mir übernachtet hatte und wir am nächsten Tag in unserem Lieblingscafé saßen, kamen wir natürlich wieder auf die Gesprächsthemen vom gestrigen Abend zurück.

Als wäre das nicht schon genug des Guten gewesen, schaute sie mit einem Mal an mir vorbei und hob die Augenbrauen nachdenklich.

„Ist er das?“

wollte Sayuri von mir wissen, bevor sie sich etwas Essbares in den Mund schob und ich irritiert nachfragte:

„Hö?

Wer ist was?“

„Na der Blonde, der neben der Eingangstür am Tisch sitzt und wie ein Heckenschütze zu uns hinüber starrt“

antwortete sie und ich drehte mich möglichst unauffällig nach hinten, um im Augenwinkel nach besagtem Typen zu spähen.
 

Fuck!
 

Muss der mich ausgerechnet heute stalken?
 

Und wieso tut er das?
 

Ich dachte, ihm wär's mittlerweile vergangen, seit er von meinem Job erfahren hat...
 

„Ich weiß nicht, wen du meinst...“

brummte ich und schob mir ebenfalls einen Bissen in den Mund, doch Sayuri ist nun mal nicht blöd und wusste genau, dass sie die Situation richtig gedeutet hatte:

„Warum gehst du nicht zu ihm und dann klärt ihr eure Meinungsverschiedenheit?

Ich fühl mich nämlich beobachtet und wenn mich jemand beim Essen beobachtet, werde ich nervös und dann krieg ich schlechte Laune und-...“

„Ja doch ja, ich hab's verstanden...

Es ist... kompliziert...“

unterbrach ich sie und mümmelte an einem Stück Gemüse, bis Sayuri meine Hand samt Grünzeug vom Mund weg zog und nachhakte:

„Warum denn?“

„Ach, ich weiß auch nicht...

Er ist... süß, witzig, irgendwie charmant, sieht verdammt gut aus...“

schwärmte ich gedankenlos vor mich hin, doch nun fiel sie mir ihrerseits ins Wort:

„Ja, das klingt wirklich furchtbar kompliziert... wo ist denn nun das Problem?“

„Mein Job... und sein Job...“

nuschelte ich und nagte weiter an meinem Gemüse.

„Was soll ich nur mit dir machen...?“

seufzte sie und stibitzte ein Möhrchen von meinem Teller.
 

Eine Weile schwiegen wir und somit trat Reita wieder ein Stück weit in den Hintergrund.

Ich geriet mit der Zeit irgendwie ins Grübeln, was wohl in Zukunft sein könnte und sprach meine beste Freundin erneut an:

„Sayuri?“

„Hm?“

kam es aufmerksam von ihr und ich begann meine Gedanken in Worte zu fassen:

„Was denkst du, wie ist es in zehn oder zwanzig Jahren um uns bestellt?“

„Mhmm... wahrscheinlich das Übliche?“

kam es von ihr und so fragte ich verwirrt nach:

„Und was wäre das Übliche?“

„Naja... vermutlich steh ich mit sechs – sieben Kindern allein zu Hause am Herd, während Masato sich mit 'ner Jüngeren vergnügt“

antwortete sie und grinste leicht belustigt.

„Ach, das glaub ich nicht.

Der Mann wird immer nur nach dir verrückt sein und wenn's sein muss, werd ich ihn täglich daran erinnern!“

„Du bist süß.

Naiv, aber süß“

lächelte sie, wuschelte mir durchs Haar und nahm sich noch ein Möhrchen von meinem Teller.
 

Ich glaube wirklich daran!
 

Wenn es eine schicksalhafte Liebe gibt, dann ihre!
 

„Ich bin fest davon überzeugt!“

ließ ich sie wissen und fragte anschließend:

„Und wo siehst du mich?“

„Na was wohl?

Du liegst in den Armen eines Hollywoodstars und genießt dein Leben!“

trug Sayuri mir grinsend vor und ich spielte ihr kleines zusammen gesponnenes Szenario mit:

„Na klar, die warten ja auch Alle darauf, dass 'ne Hure vorbei kommt und aus ihrem Elend gerettet werden will.“

„Warum nicht?

Ich würde dich jeder Zeit retten!“

entgegnete sie und hielt mir ein Stück Gurke an die Lippen:

„Mund auf und futtern!

Irgendwie wird mir zur Zeit von Gurken schlecht...“

„Probier's doch mal mit sauren Gurken und Vanille-Eis!

Hab gehört, Deinesgleichen fahren voll auf diese Kombi ab!“

neckte ich sie und sie gab gespielt drohend von sich:

„Na warte, duuu ..!“

Sayuri bewarf mich mit einer Olive und als diese auf meinem Essen landete, schob ich sie angewidert an den Tellerrand:

„Irrr... musst du gleich die ganz harten Geschütze auffahren?

Ich hasse die Dinger...“

„Ich weiß, ich auch!“

kam es grinsend von ihr, dann aßen wir weiter.
 

„Weißt du, ich glaube dein Doc hat recht, du brauchst wirklich mal so Jemanden in deinem Leben“

gab meine Seelenverwandte nachdenklich von sich, als ich tatsächlich gerade wieder an Reita hinter uns denken musste.

Doch irgendwie wollte ich nicht schon wieder von dem Thema anfangen und seufzte:

„Wozu?

Ich hab doch dich und Koron...“

Sayuri sah mich vieldeutig an und so brummte ich resigniert:

„Ich weiß doch noch nicht mal, ob ich wirklich auf Männer stehe...

Ich meine... die Meisten, mit denen ich bisher zu tun hatte, waren nicht unbedingt das, was ich als anziehend bezeichnen würde...“

„Naja... also, wenn wir mal vom natürlichen Paarungsritual ausgehen, dann gibt es da-..“

begann sie und erneut unterbrach ich ihre Rede:

„Das mit den Bienchen und Blümchen kenn ich schon...“

„Ja, aber manche Bienchen merken irgendwann, dass sie mit Blümchen nichts anfangen können“

hörte ich es von ihr, dann biss sie von einem Stück gebratenen Fisch ab, als sie mich abwartend ansah.
 

Vielleicht hat sie ja recht...
 

Immerhin ist es ja nicht so, dass ich bisher das Bedürfnis hatte, irgendein Mädchen ansprechen zu wollen, außer um nach dem Weg zu fragen oder wie viel das Shirt kostet.
 

Und dann wären da noch mein scharfer Vietnamese und dieser irre Serienkiller, den ich einfach heiß finde...
 

Oh verdammte Scheiße...
 

Hoffentlich kann der Meuchler nicht auch noch Gedanken lesen...!
 

„Deine Rädchen rattern.

Ich kann es förmlich sehen, wie's aus deinem Kopf qualmt“

merkte Sayuri an und ich fühlte mich wieder einmal ertappt:

„Man ey!

Du machst mich fertig...“

„Ich hab noch nicht mal angefangen“

kam es gelassen von ihr und so moserte ich:

„Soll ich mich etwa gleich da drüben breitbeinig auf den Tisch servieren?

Bist du dann zufrieden?“

„Das habe ich nicht gesagt“

sprach sie ruhig und ich meckerte dennoch angefressen::

„Ich kenne den Typen kaum!“

„Hast ja recht, Vorsicht ist besser als Nachsicht und es ist vielleicht wirklich günstiger noch Abstand zu halten“

gab sie zu und da mein Puls mal wieder wegen Reita auf 180 war, blubberte ich sarkastisch weiter:

„Oh hört nur, die Stimme der Vernunft!

Wieso ist mir das nicht eingefallen?“

„Ok, ganz ruhig Ruki-Baby, mach bitte kein Fass auf!“

hörte ich es in gedämpftem Ton von Sayuri und ich atmete tief durch.
 

„Dich hat's voll erwischt“

verkündete sie und ich legte meine Stirn in Falten:

„Hö?“

„Na dein blonder Heckenschütze.

Ich hab dich noch nie so aus der Haut fahren sehen, wie bei diesem Kerl“

erklärte sie und ich verdrehte genervt vom Reita-Thema die Augen, bevor sie hinzufügte:

„Ok, das eine Mal in dem Geschäft, warst du auch schon haarscharf an der Grenze, als du unbedingt die Schuhe mit Nieten und Leo-Muster haben wolltest und dir jemand zuvor kam.“

„Na und?

Das sind meine Lieblingsschuhe!

Wenn ich etwas will, dann hol ich es mir auch!

Und diese Flachzange damals, hätte ich auch eigenhändig aus dem Laden gezerrt, um vor der Tür zu regeln, wer neuer Eigentümer dieser Schuhe wird!“

bekräftigte ich meinen damaligen Fast-Ausraster, aber es hatte sich ja gelohnt.

Der Typ hat den Schwanz eingezogen und mir das Feld geräumt, ohne dass ich die Fäuste schwingen musste.
 

Ein paar gut platzierte Argumente und die Sache war geritzt!
 

Sayuri grinste verräterisch und so hakte ich mit erhobener Augenbraue argwöhnisch nach:

„Was'n?

Noch nie was von 'Klein, aber Oho' gehört?“

„Doch doch, und von 'Liebe auf den ersten Blick'!“

kam es von ihr und ich murrte:

„Na, dann geh ich davon aus, dass das auch für Hishinuma's bordeaux-farbenes Hemd gilt?“

„Was ist mit dem Hemd?“

hakte sie unwissend tuend nach und ich tat, als wäre ich gelangweilt und mein Daumennagel wesentlich interessanter, als auf die Frage zu antworten.

„Muss ich erst wieder die Oliven nachladen, bevor du mich wissen lässt, was du damit sagen willst...?“

vernahm ich es gespielt drohend von meiner besten Freundin und so tat ich ihr den Gefallen:

„Ich erinnere mich da an eine äußerst blutige Szene voller roher Gewalt, als du das(!) perfekte rote Hemd für deinen Mann gefunden hast und die Frau neben dir offenbar die gleiche Idee hatte.

Ganz böser Bitch-Fight, sag ich dir... übel übel...“

übertrieb ich bewusst und Sayuri sah sich im Etablissement nach erklärenden Worten um.

„Eine Frau muss eben manchmal tun, was eine Frau tun muss“

war ihr nüchternes Statement dazu, dann lächelte sie wieder gewohnt liebreizend.
 

Das war bestimmt Hishinuma's Einfluss, dass seine sonst so zarte Verlobte damals dieses Hemd auf Leben und Tod verteidigt hat.
 

Ganz zu Anfang, als ich sie kennen gelernt hatte, wirkte Sayuri eher wie ein scheues Mäuschen, doch mein Boss muss mit der Zeit den Tiger in ihr geweckt haben.
 

Ich finde das gut, dass sie selbstbewusster geworden ist, durch ihn.
 

„Hast du ihm das mit dem Hemd eigentlich mal erzählt?“

fragte ich sie beiläufig mit breitem Grinsen, denn ich wusste, wenn mein Chef mitbekommen hätte, dass sich sein geliebter Augapfel wegen eines Stück Stoffs in solche Gefahren begeben hatte, dann würde er sie nie wieder ohne mindestens drei oder vier seiner Wachhunde auf die Straße lassen.

„Nö.

Muss ihm ja nicht jede Kleinigkeit mitteilen“

entgegnete sie mir daraufhin und meine Mundwinkel fanden schon fast bist zu den Ohren, als ich sagte:

„Jetzt beginne ich langsam zu verstehen, wieso Paare nicht miteinander reden.

Das ist reine Schadensbegrenzung!“

„Wenn dein Grinsen noch breiter wird, kannst du Spargel quer essen!“

sprach Sayuri und streckte mir die Zunge raus, nach welcher ich blitzschnell mit meinen Essstäbchen schnappte.

„Legt die Waffen nieder!

Ich ergebe mich, euer Gnaden!“

kam es dramaturgisch von meinem Gegenüber, eh ich meinen Sieg demonstrativ mit einem Holzspieß-Fähnchen in meinem letzten Möhrchen geltend machte.
 

Wozu der ganze Deko-Krempel in meinem Essen alles gut ist!
 

Dreist langte nun eine fremde Hand an selbiges Fähnchen und ließ meine Möhre in einen finsteren Rachen verschwinden.

„Hey, was soll das?!“

moserte ich selbstverständlich sofort los, dann pikste der Neuankömmling das Hölzchen in eine Traube:

„Ich möchte mit dir reden.“

„Keine Zeit, ich hab zu tun“

kam es kühl von mir und eh ich hoffen konnte, dass Reita wieder abziehen würde, flüsterte Sayuri:

„Oh oh, Feind im Anmarsch.

Der Verbündete zieht sich zurück, um seine Niederlage zu verkraften!“

„Hey, Moment mal!

Du kannst mich doch nicht mit dem Spinner alleine lassen!“

versuchte ich meine Freundin aufzuhalten, doch sie fiel mir eiskalt in den Rücken:

„Mir ist gerade eingefallen, dass ich noch ganz dringend wohin muss!“

Mit einem zu gehauchten Luftkuss verschwand die Verräterin eiligst aus dem Café und überließ mich dem blonden Trottel, der sich so eben auf Sayuri's Platz niedergelassen hatte.
 

Das darf doch nicht wahr sein...
 

Warum eigentlich immer auf die Kleinen..?
 

„Hi“

grinste der Blödmann vor mir, als ich ihm einen kurzen Blick würdigte und sofort wieder weg sah.

„Wenn du immer so grimmig guckst, dann laufen dir deine Freier davon“

ließ er mich wissen und ich fauchte gedämpft zurück:

„Schrei doch noch ein bisschen lauter, ich glaub die Familie da hinten in der Ecke, hat noch nicht ganz mitbekommen, dass ich 'ne Nutte bin.

Halt die Klappe, verdammt!

Und zisch am besten gleich wieder ab...!“

„Ich bitte dich nur darum, dass wir noch mal über alles reden“

sprach Reita und ich verschränkte die Arme, schaute in eine andere Richtung und zog unwillig eine Schnute.
 

Der Penner soll Leine ziehen!
 

Hab mich wirklich schon genug wegen dem aufgeregt.
 

„Bitte... Ruki“

bat er abermals und ich sah drohend zu ihm, eh ich leise sprach:

„Rutsch auf Knien, vielleicht überleg ich es mir dann.“

Ohne mit der Wimper zu zucken stand der Typ auf und warf sich vor mir auf den Boden.

Erschrocken darüber, dass Reita es wirklich tut, fuchtelte ich wild mit den Armen:

„Scheiße, man!

Hör doch auf mit dem Unsinn, du blamierst uns ja!“

„Ich wollte nur das runter gefallene Essstäbchen deiner Freundin aufheben, weiter nichts“

konterte er und hielt mir besagtes Objekt vor die Nase, erhob sich und setzte sich relativ unbeobachtet wieder auf den Stuhl zurück.
 

Es brodelte in mir!!
 

Dieser blöde Sack, lässt mich ständig auflaufen!
 

Ich schwöre bei Gott, ich poliere dem irgendwann die Fresse!!
 

„So, Schluss mit dem Spielchen.

Ruki wir sollten reden, jetzt!“

kam es fordernd von ihm, doch nach der Nummer dachte ich nicht im Traum daran:

„Du kannst mich mal!

Glaubst du wirklich, du bringst mich dazu, mit dir zu reden, wenn du sowas mit mir abziehst?“

„Nun ja... du bist bisher noch nicht weggelaufen und ich habe noch nicht dein Siegesfähnchen im Auge stechen, also... ja... irgendwie glaube ich schon, dass ich dich dazu kriege“

antwortete er mir und machte mich wieder einmal sprachlos.
 

„Das reicht jetzt!“

zischte ich und wischte mir mit einer Serviette den Mund ab, sprang auf und warf mir wortlos den Mantel über.

Gott sei dank muss man das Essen im voraus bezahlen, so musste ich mich nicht noch länger als nötig hier aufhalten und stürmte schon aus dem Café, während ich noch meinen Mantel richtig anzog und mir meinen Schal um den Hals wickelte.

„So ein Wichser!“

fluchte ich, als ich durch die Tür nach draußen trat und im Schnellschritt das Weite suchte.

Ich merkte erst einige Meter weiter, dass ich in die völlig andere Richtung ging, als zu mir nach Hause, aber eine Überlegung später beglückwünschte ich mich innerlich zu dieser spontanen Entscheidung, denn das letzte was ich nun wollte ist, dass mein mordender Stalker weiß wo ich wohne.
 

„Ruki, warte doch...!

Es tut mir leid... wirklich...!“

rief mir Reita hinterher, doch ich ignorierte ihn.

Zumindest solange, bis er mich eingeholt hatte und mich am Ärmel fest hielt:

„Flossen weg, sonst schrei ich so laut, dass dir die Ohren abfallen!“

„Echt jetzt?“

kam es verwundert von ihm und ich bekräftigte:

„'Ne Banshee is'n Scheißdreck gegen mich!“

Damit setzte ich meinen Weg durch die Menschenmassen fort und hörte den aufdringlichen Kaffee-Spender noch immer hinter mir:

„Ruki, ich weiß, ich bin manchmal ein Idiot!“
 

Manchmal..?
 

„Na gut, aber nicht hier...“

ließ ich Gnade vor Recht ergehen und hörte mir seinen Vorschlag an, wo wir unser Gespräch führen könnten:

„Wie wär's mit dem Night-Life?“

„Aber das ist eine Disco und die macht erst heute Abend um 21 Uhr auf.

Willst du schon wieder ein Date mit mir?“

fragte ich misstrauisch nach und Reita lächelte schief:

„Wieso 'schon wieder'?

Ich dachte, wir hätten bisher kein Date gehabt?“

„Willst du schon wieder anfangen mit streiten?“

brummte ich und mein Gegenüber wollte so eben kontern:

„Aber ich hab doch gar nicht-...“

Er unterbrach sich selbst, da ihm offenbar bewusst wurde, dass ich das 'Date' hätte sofort platzen lassen, wenn er mir widersprochen hätte.

So seufzte er nur:

„Ich will einfach einen neutralen Ort, wo uns nicht jeder hören kann und der Schuppen serviert wirklich gute Cocktails.“
 

Cocktails!!
 

„Gut, dann bis heute Abend“

tat ich unberührt, als hätten die erwähnten Cocktails nicht den geringsten Einfluss auf meine Entscheidung gehabt und hielt ihm die Hand zum Einschlag hin.

„Soll ich dich abholen oder kommst du selber hin?“

fragte er noch und wartete auf eine Antwort.

„Du willst doch was von mir, also wirst du mich auch zum Night-Life karren!“

ließ ich ihn wissen, denn ich würde bestimmt nicht mein Geld in ein Taxi dort hin verschwenden, wenn ich schon meine Zeit dort verschwenden würde.

„Wieder beim Currywurst-Mann?“

wollte er wissen, ich nickte und ging in die andere Richtung zurück, während Reita stehen blieb und mir offenbar bis eben nachsah, bis ich mich noch einmal herum gedreht hatte.
 

Und schon wieder hat mich dieser Saftsack überredet...
 

Ich und meine Dummheit..!
 

Dann werde ich es wohl auch einfach verdient haben, ihn ertragen zu müssen.
 

Den Nachmittag und den frühen Abend verbrachte ich mit der einzigen Tätigkeit, die mich bisher immer aufzuheitern vermochte und womit ich mich stundenlang beschäftigen könnte.

Shopping!

Und zwar bei Ebay.

Während ich mich also so durch die Angebote arbeitete, fand ich auch im internationalen Bereich einen Goldschmuckhändler aus Indien, welcher eine passende Kette und Armband zu meinem Ring anbot.

Diesen hatte ich vor gut einem Jahr ebenfalls bei einer Auktion gewonnen, aber damals kam er aus Hongkong.

Der Startpreis war an sich schon hoch gesetzt, aber bei Gold ist das auch kein Wunder.

Das reißt natürlich wieder mal tiefe Wunden in mein Portemonnaie, aber hey... für wen bitte sollte ich mein Geld sparen?

Die Einzigen, denen ich meine Kohle vermachen würde, wären Sayuri und ihr Sohn und bis der mal Geld ausgeben kann, vergehen noch viele Jahre.

Außerdem, in wenigen Tagen ist Weihnachten und das wäre quasi ein Geschenk von mir, für mich, von Herzen!
 

Gegen 19:30 Uhr weichte ich gemütlich in der Badewanne und stieg auch erst wieder heraus, als meine Haut zu schrumpeln begann.

Ich zog, schon fast wie programmiert, die gleiche Prozedur durch, wie vor jedem Termin und das obwohl ich eigentlich nie vor hatte den Kaffee-Kerl irgendwie zu beeindrucken.

Muss wohl einfach Gewohnheit gewesen sein...
 

Kurz vor 21 Uhr war ich gestriegelt und auf Hochglanz poliert.

Rein vorsorglich gab ich Koron bei der netten alten Dame ab und verließ das Haus, lief einen großen Bogen um die umliegenden Häuser und stand pünktlich, wie geplant, eine viertel Stunde zu spät bei Eddie's Imbissbude.

Nirgendwo war der schwarze Mustang von Reita zu sehen und so spürte ich, wie das untere Lid meines rechten Auges genervt zu zucken begann.

Mit einem mal gingen unweit vor mir helle, leicht bläuliche Scheinwerfer an und ein mir unbekanntes Auto näherte sich langsam in meine Richtung.

Das Teil hatte eine pinke Unterbodenbeleuchtung und nachdem es nun nah genug an mich heran gefahren war, erkannte ich auch im Schein der Laterne die violette Farbe der Lackierung.
 

Ich hatte mir noch nie so sehr gewünscht, dass es Reita wäre, der jetzt da drinnen sitzt und nicht irgendein anderer Meuchelmörder, der mir an den Kragen will...!
 

„Du bist 15 Minuten zu spät“

bemerkte der Fahrer mit der mir sehr wohl bekannten Stimme und schaute mich durch die herunter gelassene Scheibe an.

Ich stand mit verschränkten Armen neben der aufgemotzten Kiste und zog beide Augenbrauen nach oben:

„Das warst du das letzte Mal auch, also beschwer dich nicht!“

„Komm, steig ein“

lächelte Reita fast schon liebenswürdig und so ging ich um den Wagen herum, setzte mich hinein und schaute unbeeindruckt tuend zum Fahrer dieses Vehikels.

„Na, Giftkröte“

wurde ich begrüßt und ich rang mit mir, nicht gleich in den ersten zehn Sekunden meine Fassung zu verlieren und beließ es bei einem simplen:

„Fick dich.. und fahr endlich, sonst steig ich gleich wieder aus!“

„Wie sie wünschen“

kam es seelenruhig von Reita und dann ging es auch schon los.
 

„Wem gehört die Karre?“

begann ich wenig später ganz unverfänglich ein neutrales Gespräch und der Kaffee-Kerl blickte entsetzt zu mir hinüber:

„Hey, nenn mein Baby nie wieder 'Karre'!“

„Mhm... sieht schnell aus.... und irgendwie kitschig“

merkte ich ausweichend an und der neben mir Sitzende bestätigte:

„Das sieht nicht nur schnell aus, sie geht ab wie ein Zäpfchen.“

„Sie?“

fragte ich verwirrt und die Antwort ließ mich ebenso stutzen:

„Ich hab meinen Wagen Violette getauft, passend zur Farbe.

Ich steh irgendwie auf pornöses Lila.

Und Blau natürlich.“

„Natürlich... Blau und Lila...“

murmelte ich und hörte wie mein Nebenmann sprach:

„Du solltest erst mal mein Schlafzimmer sehen!“

„Ahja... und wozu brauchst du die komischen Behälter da auf der Rückbank?

N O S oder so...“

buchstabierte ich, was auf den Flaschen geschrieben stand und er antwortete mir:

„Das ist Lachgas“

„Wen willst du denn zum Lachen bringen?“

kam es irritiert von mir und Reita schmunzelte:

„Niemanden.

Naja wobei... im besten Falle natürlich mich und mein Portemonnaie, aber nicht mit dem Gas, eher mit dem Gewinngeld.

Die Schätzchen lass ich nächste Woche hier einbauen, aber erst mal muss der Mustang wieder aus der Werkstatt.“

„Kaputt?“

hakte ich mehr oder weniger interessiert nach und so erklärte er:

„Nicht wirklich, aber das Verdeck war völlig durchnässt und hat Frost gekriegt, seit dem schließt es nicht mehr vernünftig.“
 

„Alles klar, und wozu braucht man nun Lachgas im Auto?“

wollte ich nun von ihm wissen und der Kaffee-Spender grinste breit:

„Wenn man Straßenrennen gewinnen will, sieht man ohne ganz schön alt aus.“

„Straßenrennen?

In Tokyo?“

fragte die Neugierde in mir weiter nach und Reita führte es näher aus:

„In Tokyo selbst eher weniger, dann schon mehr außerhalb.

Dafür gibt’s hier in der Stadt einfach keinen Platz, aber die großen Parkhäuser sind nachts sehr beliebt, da kann man ganz gut Drift-Rennen veranstalten.

Das erfordert allerdings einiges an Können und vor allem Übung, sonst wird’s verdammt teuer.

Die Ami's haben sogar einen Film darüber gedreht.“

„Ich frag lieber nicht...“

seufzte ich und lehnte meinen Hinterkopf an das Polster.
 

Kann ich mir gar nicht vorstellen...
 

Wenn ich in so einer Karre.. ähm Auto sitzen würde und mit 200 Sachen oder mehr, irgendwo lang brettern müsste, würde mir sowas von schlecht werden.
 

Geschwindigkeit und Höhe sind einfach nicht mein Fall...
 

Ein kurzer Blick zur Seite ließ mich auf der Fahrerseite einen weiteren Sicherheitsgurt entdecken, der allerdings über Kreuz zu schließen ist und irgendwie stabiler wirkt als die normalen Exemplare, wie sie jeder im Auto hat.

Ich überlegte hin und her, wo man solche Gasflaschen einbaut, denn irgendwelche Leitungen sah ich hier nicht.
 

Vermutlich hab ich auch ein ganz falsches Bild von der Sache...
 

So falsch, dass ich mir Reita gerade in engem Taucheranzug vorstellte, wie er statt Sauerstoff Lachgas einatmet und sich wortwörtlich totlacht.
 

Gerade als meine Gedanken weiter ab zu schweifen drohten, sprach mich der neben mir Sitzende an:

„Worüber denkst du nach?“

„Ich frage mich die ganze Zeit, wie zum Henker du mit Lachgas Rennen gewinnen willst“

entgegnete ich dem und abermals führte der Angesprochene seine Erklärung näher aus:

„Naja, das ist ganz einfach.

Unter deinem Sitz und im Handschuhfach sind ein Computer und ein kleiner Monitor, damit kann ich alle Abläufe steuern und unter der Sitzbank hinten, werden die Gasflaschen eingebaut.

Das hier vorn am Lenkrad waren ursprünglich Knöpfe für die Hupe, jetzt sind es die Auslöser für das Lachgas.

Wenn ich das aktiviere, dann zischt das Baby hier ab wie eine Rakete.

Aber man muss es timen, wann man es zündet und das kommt auch auf die Strecke an.

Wenn man viel Bremsen muss, weil es viele Kurven gibt und man die Strecke nicht kennt, dann ist es am schwierigsten einzuschätzen, wann der beste Zeitpunkt ist.

Man hat ja auch nicht unbegrenzt von dem Zeug an Board und billig ist es auch nicht.

Der Motor ist eine Bestie, der bringt das Benzin zum Kochen und selbstverständlich sind die wenigsten Teile noch original.“
 

Da ist aber jemand Stolz auf seinen fahrbaren Untersatz...
 

„Merkt man gar nicht so auf den ersten Blick, dass das hier so 'ne High-Tec Kar.. ähm Auto ist, sieht eher so aus, als wären es rein optische Gründe“

teilte ich ihm meine Eindrücke mit und Reita sagte:

„Das hat auch seinen Sinn und Zweck, ich hab nämlich keinen Bock, dass mir jemand mein Baby unterm Arsch weg klaut oder die Bullen es konfiszieren, und die Truppe kann ich am allerwenigsten gebrauchen.“

„Hat sicher 'ne Menge Kohle gekostet“

kam es von mir und der Fahrer des vermutlich teuren Spielzeugs bestätigte:

„Das hat es, ja.

Aber ich hab sonst keine Hobbys, also investiere ich mein Geld in das einzige, was ich habe.

Die beiden Schnuckel auf meiner Rückbank sind sozusagen mein Weihnachtsgeschenk.

Von mir, nur für mich...“

„Von Herzen...“

nuschelte ich in Gedanken versunken und hörte von Reita nur ein:

„Mhm?“

„Ach nichts... ich glaub nur, ich weiß was du meinst...“

flüsterte ich und auch mein Nebenmann sagte nun sehr ruhig:

„Gut, das freut mich.“
 

Vielleicht gibt es ja doch so etwas wie Gemeinsamkeiten bei uns Beiden...
 

„Wir sind da“

hörte ich ihn sagen und so bog er geradewegs in ein kleineres Parkhaus ein, bevor er weiter sprach:

„Da drüben, links von dir, ist eines der größten Parkhäuser und das viele bunte Licht dort, gehört zu einer Gruppe von Denen, die öfter mal solche Drift-Rennen fahren.

Aber heute scheinen sie sich nur zu treffen, um zu feiern.“

„Woher weißt du das?“

wollte ich von Reita wissen und er erklärte:

„Die halten sich in der Mitte auf.

Wenn Rennen sind, dann stehen sie ganz unten und ganz oben – Start und Ziel.“

„Verstehe“

murmelte ich und stieg aus, als wir zum Stehen kamen.
 

Komisch.
 

Stellt man dem Kerl Fragen zu seinem Auto und Rennen, dann macht er keine Mätzchen und redet wie ein Wasserfall, aber wehe dem, es geht um mich, dann kommt nur Schwachsinn raus!
 

„Is'n ziemlich edler Klunker da an deinem Finger, hm?“

ergriff der Typ wieder das Wort, nachdem ich ihm in den Fahrstuhl nach unten gefolgt bin und heil froh war, dass dieses Ding rundherum Blick-dicht ist und ich keine Panik, Platz- oder Höhenangst bekommen musste.

„Mhmm“

kam es zustimmend von mir, bevor ich ihn wissen ließ:

„Hab heute zwei Auktionen gefunden, die das passende Armband und die Kette dazu anbieten, aber es sind noch drei Tage bis Auktionsende.

Und nur dass das klar ist, wäre das heute Abend gewesen, dann wäre ich jetzt nicht hier!“

„Da hab ich wohl noch mal Glück gehabt“

säuselte Reita dümmlich grinsend und so murrte ich:

„Verdammtes Glück...“
 

Und noch mehr Glück wirst du haben, wenn ich dich heute nicht doch noch eigenhändig erwürge!
 

„Von hier aus ist es nicht mehr weit, bis zum Night-Life“

ließ er mich wissen und fügte noch hinzu:

„Und es wäre sicher angebracht, wenn du deinen Mantel diesmal gleich vorne am Einlass abgibst oder ihn zumindest ausziehst.

Da drinnen herrschen immer lauschige 25 Grad.“

„Meinetwegen zieh ich ihn aus, aber dass ich ihn abgebe, kommt nicht in Frage!“

bekräftigte ich noch einmal nachdrücklich und stiefelte meinem nervigen Kaffee-Kerl hinter her.

Eine Straße weiter prangte auch schon in großen türkis leuchtenden Lettern der Name des Clubs und dieses mal zog ich es vor, lieber gleich mit Reita gemeinsam hinein zu gehen, eh ich wieder mal auf meine Größe reduziert werde und man mich nach dem Alter fragt.

„Hast du auch brav deine Dolche eingepackt?“

scherzte er und so konterte ich frech:

„Immer!

Extra geschärft und poliert!“

„Etwa für mich?

Das wäre doch nicht nötig gewesen, du hättest mich auch mit 'nem rostigen Nagel piksen können“

vernahm ich es belustigt von der Seite und ich verdrehte seufzend die Augen:

„Spinner...“
 

„Wo bezahlt man hier Eintritt?“

wollte ich von ihm wissen und Reita sagte schulterzuckend:

„Ich hab für dich mitbezahlt, als ich meine Jacke abgegeben habe.“

„Hättest du nicht tun müssen, das hätte ich mir gerade so noch leisten können“

murmelte ich und trottete dem Typen wieder einmal hinterher.

Ich sah mich in dem großen Raum um und gab feststellend von mir:

„Ist ja die reinste Lasershow hier.“

„Komm mit, ich weiß wo wir ein ruhiges Plätzchen finden“

sprach er und nahm meine Hand, zog mich hinter sich her und bald schon, seitlich am Rand, in eine Art VIP- oder Chill-Out-Ecke hinein.

„Dürfen wir hier sein, oder schmeißen uns die wichtigen Leute gleich wieder raus?“

hakte ich skeptisch nach und meine Begleitung winkte beruhigend ab:

„Ich hab bei dem Sohn des Besitzers noch was gut, du kannst dich also vollkommen entspannt zurück lehnen.“

„In deiner Nähe werde ich mich wohl nie entspannen können...!“

brummte ich und angelte nach der Getränkekarte.
 

Woooaaahhh!
 

Das ist das Cocktail-Paradies!!
 

Hier gibt’s ja echt alles!
 

Sogar Welche, die ich noch nie probiert habe.
 

„Wo muss man hier bestellen?!“

wollte ich begeistert von Reita wissen und so drückte er in der Ecke der Sitzbank auf ein Gerät an der Wand und begann zu reden:

„Loge drei und wir hätten gern ein helles Bier und... was willst du?“

Das war meine Chance!

Ich rückte mit der Karte in der Hand dicht in die Ecke zu dem Gerät und sprach laut und deutlich hinein, damit man mich ja nicht missverstehen würde:

„Aaalso, ich nehme die 4, die 5, die 11, die 17 und die 23 von den Cocktails!

Das war's dann erst mal!“

„Da hast du dir aber was vorgenommen“

merkte der neben mir Sitzende an und ich tat gelassen:

„Wenn ich schon mal in einem Laden wie diesem bin, dann soll sich die Sache auch lohnen!“

„Die Einstellung gefällt mir; keine halben Sachen“

sprach Reita und nickte anerkennend.
 

Einen Augenblick herrschte Schweigen zwischen uns, was ich irgendwie als beunruhigend empfand.

„Nett hier“

begann ich deshalb wieder einmal ein unverfängliches Gespräch und mein Nebenmann antwortete:

„Ich freu mich, wenn's dir gefällt und... sobald unsere Getränke geliefert worden sind, komme ich auch gleich auf den Punkt, weshalb ich mit dir reden wollte.
 

Oh oh...
 

Will er mich etwa doch umlegen, weil er nun lieber nichts mehr von mir will und ich dummerweise jetzt schon zu viel weiß?
 

Sind die Cocktails meine Henkersmahlzeit?
 

Erneut herrschte betretenes Schweigen.

Die Stille zwischen uns hielt eine ganze Weile an, bis sich eine knapp bekleidete Dame unserer Loge näherte und ein recht großes Tablett mit vielen bunten Gläsern in der Hand hatte.

„Guten Abend, ich bringe ihnen ihre Getränke.

Bitte zögern sie nicht, auch unsere anderen Angebote zu probieren“

trug sie uns ihren vermutlich jahrelang einstudierten Text vor und verschwand mit einer Verbeugung leichtfüßig um die Ecke.

Während Reita so gleich nach seinem Bier griff, fragte ich ihn kleinlaut:

„Ähm... lässt du mich wenigstens so lange leben, bis ich das alles ausgetrunken habe oder schnetzelst du mich gleich nieder...?“

Angesprochener stellte sein Glas wieder auf den Tisch und seufzte:

„So ein Blödsinn, Ruki...

Noch mal zum Mitmeißeln, wenn(!) ich das vorhaben würde, dann würdest du weder was ahnen, noch vorher etwas mitkriegen und... verflucht noch mal, ich will dir nichts antun!

Warum denn auch?“

Ich zuckte mit den Schultern und rutschte tiefer auf der gemütlichen Sitzbank, nahm meinen ersten Cocktail in die Hand und schlürfte am Strohhalm.
 

Mhmm.
 

Mhhhmmmmmm!!
 

„Geil!“

entwich es mir begeistert und Reita schaute verblüfft zu mir:

„So gut, ja?“

„Der absolute Wahnsinn!

Wieso hast du mich eigentlich nicht schon viel früher hier her verschleppt?“

brabbelte ich weiter und gönnte mir einen ganz großen Schluck vom süffigen Getränk, während mein Nebenmann sprach:

„Naja, bei meinen 'Verschleppungsversuchen' hast du dich nicht gerade kooperativ verhalten, das hat die Sache etwas erschwert.“

„Dafür lohnt es sich definitiv zu sterben!“

verkündete ich zufrieden und hielt Reita mein Glas samt Strohalm vor die Nase:

„Koste!“

Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er fragend zu mir und so verdeutlichte ich noch einmal mit einem Zupfen am Strohhalm, dass er probieren sollte, doch er zierte sich noch immer:

„Bist du sicher?

Ich meine, nicht dass noch etwas von Gift an meinen Lippen hängt und du-...“

Meine drohend zusammen gekniffenen Augen würgten ihn scheinbar ab und nun tat er auch was ich wollte.
 

„Mhmm, ist wirklich... sehr... bunt“

eierte Reita um den heißen Brei herum und so versuchte ich ihm mit Hilfe meines erzürnten Gesichtsausdrucks zu vermitteln, dass ich 'bunt' nicht als Geschmackstestergebnis akzeptieren würde.

„Ok, ich geb's zu, die Dinger sind einmalig und einfach die besten Cocktails, die ich kenne.

Aber ich wollte einfach noch mal deine Schmollschnute sehen.“

„Du bist und bleibst ein Blödmann!“

ließ ich ihn wissen, doch das schien ihn nicht mehr sonderlich zu stören, denn er lächelte und sagte mit rauer Stimme:

„Ich weiß...“
 

Mit heißem Kopf zog ich mich zurück und schaffte Abstand zwischen uns, stocherte nervös mit dem Strohalm im Glas herum und begann zögerlich das Thema zu wechseln:

„Weißt du, was ich nicht verstehe?“

„Was denn?“

kam es von Reita und ich setzte fort:

„Wie kann es sein, dass so ein Trottel wie du, so einen Job macht und noch nicht irgendwo 'verunglückt' ist?“

„Ich nehme an, das ist ähnlich wie bei dir.

Wenn ich einen Job mache, dann bin ich quasi ein anderer Mensch und erledige meine Aufgabe gewissenhaft.

Wenn ich, wie jetzt, ich selbst bin, dann kommt so schnell niemand auf die Idee, dass ich ein Schattentänzer bin“

erzählte mir Reita und auf mein fragendes Gesicht hin erläuterte er:

„Die Schattentänzer... so nennen sie uns, die, die uns jagen.

Weil wir wie aus dem Nichts auftauchen und unbemerkt wieder im Schatten der Nacht verschwinden.“

„Wer jagt euch und warum?“

hakte ich gebannt nach und der neben mir Sitzende sprach:

„Die Meisten wohl aus Rache-Gründen, aber Einige verfolgen uns aus Spaß, weil sie unsere rechten Hände mit der Tätowierung als Glücksbringer wollen.“
 

Da wird der Jäger zum Gejagten...
 

„Je mehr Aufträge ein Schattentänzer erledigt hat, umso wertvoller ist er.

Ich wäre für die schon sowas wie ein Jack-Pott, aber es gibt weit gefährlichere Schattentänzer als mich, die schon viel länger dabei sind und noch ganz andere Tricks drauf haben.

Aber es ist schwer diese Jungs und Mädels zu finden und leisten kann sich das auch nicht jeder.

Wenn jemand einen von uns erwischt, gilt er als gefährlich und wenn man als gefährlich gilt, hat man Macht, und mit Macht kannst du in diesem Land mehr kaufen, als mit Geld“

führte Reita das Thema näher aus und ich lauschte beeindruckt dem, was er zu sagen hatte.

Irgendwie klang das, was er da erzählte, wie ein Film oder wie ein Krimi-Roman von Edgar's Mutter.

Irgendwas, was ganz sicher nicht real sein konnte.
 

Da mein erster Cocktail nun geleert war, schnappte ich mir gleich den nächsten, mümmelte am Halm und fragte ein wenig undeutlich:

„Wie schafft man es da am Leben zu bleiben?

Ich meine, da sind ja zum einen deine... ähm... Opfer, die bestimmt nicht alle ganz und gar wehrlos sind und dann diese Leute, die dich umlegen wollen, um Hasenpfoten zu sammeln.“

„Der Trick zum Überleben ist, selbst zu wissen was man kann und was man nicht kann.

Und Anderen eben dies nicht wissen zu lassen, denn deine Stärken sind automatisch auch deine Schwächen“

antwortete Reita und dann griff er zu seinem Bier, trank mehrere große Schlücke und behielt das Glas in der Hand.

„Würde dich eine Beziehung nicht auch schwächen?“

wollte ich von ihm wissen und mein Kaffee-Kerl schaute mir einige Sekunden ins Gesicht, bevor er antwortete:

„Nur wenn ich mich um dich Sorgen machen müsste.

Aber bei dir weiß ich nun, dass du gut beschützt wirst, also hoffe ich einfach, dass du mich stark machst.“
 

Ich bin aber nicht stark...
 

Da hast du dir den Falschen ausgesucht...
 

Ich haderte mit mir, ob ich ihm das so sagen würde und tat es dann doch nicht.

Stattdessen wollte ich versuchen das Gespräch wieder von mir ab und auf ein anderes Thema zu lenken.

„Hmm... ich kenne das zwar vom Hören und Sagen, aber ich wusste nicht, dass der Kult doch so beliebt ist, anderen Leuten irgendwelche Körperteile ab zu säbeln oder es sich gar selbst anzutun...“

äußerte ich meine Gedanken über diese merkwürdige Schlachterei und Reita erklärte es mir fast schon besser, als es mein Geschichtslehrer damals hätte vermitteln können:

„Das Abtrennen von Fingergliedern ist ein uralter Brauch aus der Zeit der Samurai und nennt sich Yubitsume.

Wie du ja weißt, waren die Samurai Schwertkämpfer und wenn sie einen Fehler begannen haben, dann musste ein Fingerglied abgetrennt werden, beginnend mit dem kleinen Finger der linken Hand, um den Fehler wieder gut zu machen.

Ein Schwert oder Ähnliches, liegt aber mit jedem Verlust einer Fingerkuppe immer schlechter in der Hand und wenn alle fehlen, konnte Derjenige sein Schwert buchstäblich an den Nagel hängen.

Aber ein Samurai hatte damals mehr Ehrgefühl, als die ganzen Loser, die sich heute von ihrer Schuld und ihren Sünde reinwaschen wollen.

Wenn ein Samurai richtig Scheiße gebaut hatte, dann hat er sich nicht in irgendeinem finsteren Loch verkrochen und gehofft, dass ihn keiner entdecken würde, bis er sich irgendwo absetzen konnte, sondern er hat sich mit einem Tantou aufgeschlitzt – Seppuku.

Damit war auch die Ehre seiner Familie wieder hergestellt.

Bei mir und den anderen Schattentänzern ist das aber ein klein wenig anders.

Wir machen keine Fehler und wenn doch, dann war es definitiv der erste und letzte.“

Ich schluckte ziemlich beeindruckt und merkte erst jetzt, dass ich vor lauter Spannung auch den zweiten Cocktail ohne Mühe vernichtet hatte.
 

Oh Gott, oh Gott, oh Gott!
 

Ich hoffe, ich muss sowas nie erleben oder selber machen...
 

Das ist ja grauenhaft..!
 

„Kennst du eigentlich noch Andere wie dich, also persönlich?“

hakte ich eingeschüchtert nach und Reita schüttelte den Kopf:

„Wir arbeiten immer allein und wir treffen uns auch nie zu irgendwelchen Kaffeekränzchen, falls du das meinst.

Du bist der Einzige, der das von mir weiß und ich geh das Risiko ein, falls du mich verraten solltest.“

„Ehh... das hab ich nicht vor...“

nuschelte ich kleinlaut und der neben mir Sitzende flüsterte:

„Gut, dann bin ich beruhigt.“

„Und... was ist das für ein Anhänger an deiner Kette da?“

wollte ich von ihm wissen und er nahm besagtes Objekt in die Hand:

„Das ist eine leere Patronenhülse.

Da drinnen ist eine Kapsel und wenn man darauf beißt, tötet ein starkes Nervengift innerhalb von wenigen Minuten.

Wenn ich erwischt werde, ist das meine letzte Rettung, um einer Folter zu entkommen, falls man mich ausfragen wollte.“
 

Das wird immer schauriger...
 

„Und wenn das Gift nicht wirkt?“

krächzte ich kleinlaut und Reita versicherte mir:

„Es wird wirken.

Das ist das tödlichste Zeug, was du derzeit kriegen kannst.

Botulinumtoxin – die Meisten kennen es aber eher als 'Botox'.

Nur ein wenig davon kann die ganze Erde komplett ausrotten, aber sehr stark verdünnt wird’s für Faltenstraffung eingesetzt.“

„Ist das... das gleiche Zeug, wie das, was du deinen Opfern verabreichst?“

hakte ich mit großen Augen nach und der neben mir Sitzende nickte:

„Zum größten Teil ja, aber manchmal bekomme ich auch anderes Gift geliefert.

Du glaubst gar nicht was alles für giftiges Viehzeugs auf unserem Planten herum kreucht und fleucht.

Würfelquallen, Pfeilgiftfrösche, Krustenanemonen, Kugelfische und einmal hatte ich auch Taipoxin, das ist Schlangengift.

Das haut selbst den stärksten Elefanten aus den Latschen.“

„Hehe he... ein Elefant mit Latschen... he he“

murmelte ich und wusste nicht mal warum ich das witzig fand, als Reita bemerkte:

„Ruki.. ich glaube, du bist schon betrunken.“

„Nein, ich bin nur manchmal auch gut drauf, weißt du?“

bestritt ich den Vorwurf vehement und griff zum nächsten bunt-dekorierten Glas.

„Wenn du das sagst“

hörte ich es von ihm, dann wandte er sich wieder dem Gerät an der Wand zu und bestellte ein weiteres Bier.
 

Wie das wohl ist, durch solch ein Gift zu sterben?
 

Wie das wohl ist, jemanden durch solch ein Gift sterben zu sehen...?
 

„Was... würde passieren, wenn du deinen Vater umlegst?“

fragte ich in Gedanken versunken und lauschte der relativ leisen Antwort:

„Nichts...

Was soll auch passieren?

Man müsste mich dabei sehen, um zu wissen, dass ich es war und das würde ich zu verhindern wissen.

Schließlich bin ich dafür ausgebildet worden.

Außerdem müsste ich dann wieder einen Auftraggeber finden, der mir die gleichen hübschen Sümmchen bezahlt wie er.

Das wäre echt stressig.“

Es klang irgendwie alles sehr gleichgültig...

Darum fragte ich Reita nun:

„Vertraut er dir?“

„Nein“

antwortete er und verzog keine Miene dabei, weshalb ich nun noch etwas wissen wollte:

„Du ihm?“

„Nein“

kam es wieder ohne Zögern von ihm und so blickte ich wieder auf die fruchtige Dekoration in meinem Cocktail:

„Dann versteh ich's nicht...“
 

Wie kann man dann zusammenarbeiten?
 

Vielleicht ist mir dieses verworrene Vater-Sohn Ding auch einfach zu hoch...
 

„Ich bin nicht zu Loyalität verpflichtet, genau wie alle Anderen, die wie ich sind.

Man zählt mich allerdings zum Sumiyoshi-kai, weil das der Wunsch meines Vaters war.

Alle seine Kinder, ob ehelich oder nicht, gehören mehr oder weniger zu diesem Clan.

Die Tätowierung hab ich damals mit zwölf Jahren bekommen und seitdem trage ich die Schweißbänder, damit es weniger auffällt“

erklärte Reita und ich hakte weiter nach:

„Und in der Schule oder deinen Kampfsportvereinen ist das nicht aufgefallen?“

„Doch sicher, aber in der Schule will Keiner was gesehen, gehört oder gesagt haben und im Verein geht es nicht darum, wer zu wem gehört, sondern um die hohe Kunst des jeweiligen Kampfsports und wie wir sie im Einklang mit unserem Gewissen nutzen.“
 

Dabei dachte ich immer, ein Gewissen ist eher hinderlich für Auftragskiller...
 

Mittlerweile hatte ich den letzten Drink angefangen und beschloss mir gleich noch mehr zu bestellen, schnappte mir die Karte und versuchte die schon leicht verschwommenen Buchstaben zu entziffern.

Blinzelnd las ich die verdammt schwer auszusprechenden Worte und warf mich förmlich über Reita's Schoß, um an die Sprechanlage zu reichen.

Ich konnte spüren wie er nur sehr selten atmete, als ich so über ihm hing und darauf wartete, dass sich jemand am anderen Ende melden würde.

Anschließend gab ich meine Bestellung durch, rutschte zufrieden auf meinen Platz zurück und fragte ganz unverfänglich:

„Sach ma, hast du eigentlich auch solche Tricks drauf, wie diese Film-Agenten?

Oder wie Jason Statham in 'Transporter'?

Ich liebe Jason in den Transporter-Filmen!“

Ich brabbelte einfach drauf los, ohne mir wirklich einen Kopf darüber zu machen, was da von mir gab und Reita entgegnete mir:

„Nein, ich bin nicht zum Kämpfen da, Ruki...

Ich soll möglichst unauffällig und leichtfüßig Leute beseitigen, da kommt 'ne kräftige Statur nicht so gut.

Außerdem wäre mir das Krafttraining viel zu zeitraubend, da kann man sehr viel schöneres mit der Zeit anfangen.

„Hmm schade...“

murmelte ich, weniger wegen der nicht-vorhandenen Muskelberge, als mehr wegen der lustigen Tricks, die diese Film-Agenten immer aus dem Ärmel schütteln.

Das fand ich schon immer am spannendsten!
 

„Naja.. ein bisschen kann ich schon.

Jemanden mal eben umtreten, wenn er nicht damit rechnet, ist jetzt nicht das Problem, aber mit mehr als zwei Typen gleichzeitig nehm ich es nicht auf.

Mein Vorteil liegt eben in Schnelligkeit, Geschick und Beweglichkeit... und natürlich Treffsicherheit.

Wenn der erste Schlag nicht sitzt, hab ich schlechte Chancen auf einen weiteren Versuch“

sprach Reita und irgendwie machten mich die letzten Sätze an, sodass ich mich blöderweise zu ihm lehnte und fragte:

„Soso... wie schnell, geschickt und beweglich bist du denn..?“

„Du wärst überrascht, glaub mir“

säuselte der Gefragte und ich spürte wie mein Kopf heiß wurde, als ich hauche:

„Beweise...“
 

Oh Gott, hab ich das jetzt wirklich gesagt?
 

Zum Glück brachte man uns nun die Getränke und ich konnte einen Moment durchatmen.

Nachdem die Kellnerin wieder weg war, suchte ich krampfhaft nach irgendeinem Gesprächsthema und haute so ziemlich das Bescheuertste raus, was sich auf die Schnelle finden ließ:

„Warst du schon mal.. verliebt?“

„Ich denke schon... ein oder zwei mal vielleicht... so'n bisschen“

antwortete er mir, während ich mich innerlich schon für die nächste Frage ohrfeigte, die mir raus rutschte:

„Und, was geworden?“

„Nein...“

kam es kopfschüttelnd von Reita und er schaute mich an, als ich fragte:

„Wieso nicht?“

Der neben mir Sitzende schwieg einen Moment, in welchem er mich noch immer so merkwürdig ansah und dann seinen Blick auf den Boden richtete, bevor er nuschelte:

„Sie standen wohl nicht so auf mich...“

„Kann ich verstehen“

gab ich mit hochgezogenen Augenbrauen von mir und meinem Nebenmann schienen ganz leicht die Gesichtszüge zu entgleisen:

„Hey, wieso das denn?“

„Naja, du bist ja auch 'n komischer Vogel, das musste schon zu geben!“

kam es von mir und Reita konterte entsetzt:

„Du wohl nicht oder wie?“

„Niemals!“

bekräftigte ich und verschränkte unnachgiebig die Arme.
 

Als ob ich seltsam wäre...
 

Pöhh!
 

Der Spinner ist ja wohl viel seltsamer als ich!
 

„Süß“

vernahm ich es neben mir und weil ich damit nicht gerechnet hatte, entkam mir nur ein verwirrtes:

„Hö?“

„Wenn du dich aufregst“

ergänzte er und ich brummte:

„Spinner...“

„Wir sind wohl Beide komische Vögel...“

hörte ich Reita noch sagen, doch brachte ich dem nichts weiter entgegen und widmete mich lieber wieder meinem süffigen Getränk, welches ich auch ziemlich schnell leerte.

Zwar merkte ich an der Stelle schon selbst, dass der Alkohol im Blut seine Wirkung zeigte, doch dass hielt mich nicht davon ab, von der Sitzbank zu springen und zur Musik zu tanzen.

Ob ich mich nun mit meinem Rumgehampel blamieren würde oder nicht, hier war ja keiner außer uns Beiden und der Blödmann da, kennt sich schließlich damit aus, sich und Andere zu blamieren.

Jener schüttelte lächelnd den Kopf und rief mir zu:

„Du bist echt ein Knaller!“

Ich streckte ihm frech die Zunge raus und hüpfte weiter in der kleinen Loge herum.

„Gift-Kröte!“

vernahm ich es von Reita, woraufhin ich mich mit dem Rücken zu ihm wandte und demonstrativ mit dem Hintern wackelte – als Zeichen, dass er mich mal an selbigem lecken dürfe.
 

Nachdem ich mich bei dem Lied Hüfte-schwingend verausgabt hatte, ließ ich mich wieder neben meiner Begleitung fallen und stellte fest, dass mein Cocktail-Nachschub schon wieder zur Neige ging und so warf ich mich ein weiteres Mal über Reita's Schoß und hing an der Sprechanlage für eine nächste Bestellung.

Nur leider hatte ich die Getränkekarte erst dann aufgeklappt, als ich schon da lag und jemanden an der Strippe hatte.

Dummerweise konnte ich nun gar keine Buchstaben mehr vernünftig lesen und eierte irgendwie verloren herum:

„Ich glaube.... ich nehm... den da.... nein, dasda!“

Mit einem Mal spürte ich eine fremde Hand an meinem Hintern.

Mir fiel vor Schreck gar nichts mehr ein und so lautete meine Bestellung:

„Ach... überraschen sie mich einfach...“

Anschließend legte ich sofort auf und wollte eiligst von Reita's Schoß hinunter rutschen, als dieser sagte:

„Du hast vergessen die Logen-Nummer anzugeben.“
 

Die war mir gerade verdammt egal, denn mein Puls hatte sich bei der letzten Berührung so sehr beschleunigt, dass mir schlagartig verdammt warm war und ich nun total überfordert fiepte:

„Denkste, nur weil ich 'ne Nutte bin, lass ich mich bei jeder Gelegenheit besteigen?“

„Nein, dass ist es wirklich nicht... ich kann dir nur einfach nicht widerstehen“

sprach er gedämpft, während ich Mühe hatte auf meinen Beinen stehen zu bleiben.

Nicht nur, dass sowieso schon alles schwankte, jetzt fühlten sich meine Knie auch noch wie Pudding an.

Dennoch ließ ich es mir nicht nehmen, noch etwas dazu zu sagen:

„Auch wenn man's jemandem in meiner Position nich zutraut... aber ich möchte mir eigentlich noch ein wenig Restwürde bewahren un nich nur als leblose Hülle geseh'n werden...

Nich von dir...“

Beim letzten Satz wusste ich nicht, ob Reita ihn noch verstanden hatte so leise wie ich sprach.

Und warum der mir rausgerutscht war, konnte ich mir ebenfalls nicht erklären.
 

Am Tisch gestützt blieb ich stehen und versuchte das Gleichgewicht zu halten.
 

Seufzend beugte sich Reita vor und streckte die Hand nach mir aus:

„Na komm schon, Dancing-Queen... setz dich besser wieder hin, eh du umkippst.“

Ich schlug die Hand von mir weg und nuschelte:

„Ich komme bestens alleine klar...!“

Dabei trat ich einen Schritt nach vorn und stolperte über meinen eigenen Fuß, landete natürlich in den Armen des vor mir Sitzenden und wäre am liebsten im Boden versunken, nach dem Auftritt.

Ich rappelte mich schwerfällig auf und krabbelte neben ihm auf die Bank zurück, atmete tief durch.

Dann nahm ich das leere Cocktailglas in die Hand und nuckelte erfolglos am Strohalm, als es mir wieder einfiel:

„Ach ja... leer...“

Ein erneuter Versuch von mir, an die Sprechanlage zu gelangen, wurde von Reita unterbunden, welcher mich festhielt und bestimmend sagte:

„Ich bestell dir nur noch Wasser, Alkohol gibt’s heut nicht mehr!“

Daraufhin sah ich ihm möglichst drohend in die Augen, griff anschließend demonstrativ an sein Bier und trank es aus, eh er es hätte verhindern können.
 

Reita wich meinem kampflustigen Blick aus und seufzte schwer, bevor er sprach:

„Ruki... warum machst du das?“

„Weil ich's kann!“

konterte ich prompt, denn solch eine Frage ließ schon fast keine andere Antwort zu.

Doch statt irgendwie böse auf mich zu sein, kraulten seine Finger mich nun im Nacken und ich genoss es sogar einen kurzen Augenblick, bevor ich meinen Kopf gegen seine Schulter kippen und ihn mit angeschlagener Stimme wissen ließ:

„Wenn du mich willst, dann zahl für mich un ich mach die Beine breit.

Musst nur mit Hishinuma 'nen Termin ausmachen un ich gehör dir....“

Irgendwie tat es weh, das zu sagen und ich fragte mich, wie es sich wohl in Reita's Ohren anhören musste.
 

„Ich werde nicht dafür zahlen, um mit dir schlafen zu können...“

vernahm ich es einen Augenblick später ganz nah an meinem Ohr und der kleine zarte Kuss auf meiner Ohrmuschel tat so unglaublich gut, dass ich mich nur mit aller Gewalt zu wehren wusste und mit brüchiger Stimme hauchte:

„Entweder du bezahlst für mich... und fickst mich... oder du kannst mich mal am Arsch lecken...“

Für wen von uns Beiden die Worte härter waren, konnte ich nicht sagen, aber mir kullerte in diesem Moment eine Träne über die Wange, weil ich es innerlich lieber gar nicht gesagt haben wollte.
 

Zu einer anderen Zeit, ein anderer Ort... ein anderes Leben... wäre die Situation vielleicht um einiges leichter als jetzt...
 

_____________________________________________________________________________________________________________
 

Ja, so schnell kann die Stimmung kippen.

Vor allem im Suff.

Ist leider nun mal ein schwieriges, kompliziertes und trauriges Thema, an dem Beide sehr zu knabbern haben.

Diesmal auch einiges an Theorie bzw. Frage/Antwort-Spielchen dabei und ich hoffe, ich hab euch nicht zu sehr gelangweilt.

Übrigens: Die Sache mit den Transporter-Filmen hatte ich aufgegriffen, weil Ruki vor einiger Zeit mal im Twitter fragte, was er sich für denn so für Filme reinziehen könnte und da sprach er wohl davon, wie gut er Transporter fand – Angaben ohne Gewähr.

Jaaa also, eigentlich wollte nur ein paar lose Bilder von Reita's Wohnung reinwerfen, aber es ist dann doch zu 'nem Video ausgeartet:

http://streamcloud.eu/tl0qw8myntbr/Wohnung-Reita-Video.mp4.html

Viel Spaß beim Gucken!

Der Song ist diesmal nicht von the GazettE und ich hab ewig an der Soundspur gebastelt, hoffe euch gefällt's!

Ach und... den Namen des lila Autos von Reita spricht man englisch aus ;)

Und was wohl beim nächsten Mal passiert?

Ich sag nur soviel: Ruki ist leider zu betrunken und zu deprimiert, dass er nicht daran denkt, dass er eigentlich niemanden mit Nachhause nehmen wollte (außer Sayuri eben).

Fehler und ausstehende Re-Kommi's werden noch beantwortet und ich freu mich wie immer ganz doll über Feedback <3



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Arisa-Yuu
2014-07-20T17:30:02+00:00 20.07.2014 19:30
Überrasch mich~

Ja, das war mal wieder nicht vorherzusehen und ich entschuldige mich für das späte Kommi..
Ich war im Urlaub und hatte keine Gelegenheit das neue Kapitel zu lesen, aber das habe ich heute natürlich gleich nachgeholt ^.^

Und es war wieder sehr emotional!
Ruki lässt seine Gefühle für seinen 'Stalker' immer mehr zu, was ihn leider nicht sonderlich glücklich macht. Denn er weiß, dass eine Beziehung beinahe unmöglich ist. Trotzdem wünsche ich es den beiden soooooo sehr.
Reita scheint ja auch schon einen Kosenamen für Ruki zu haben, den sehr zutreffend ist. Manchmal zumindest.

Sehr bewegend fand ich auch, als Ruki ihn gefragt hat, ob er schon einmal verliebt war. Da hat Reita richtig verletzlich gewirkt und ich hoffe, dass es dieses Mal klappt und sie zumindest eine zeitlang zusammen sein können. Ein richtiges Hapy End wird es ja nicht geben, was mich jetzt schon traurig macht. Trotzdem werde ich weiter lesen. Denn das Leben ist selten gerecht..

In diesem Sinn, bis zum nächsten Kapitel.
Ich freue mich schon sehr darauf, was in Rukis Wohnung alles passiert und, ob sie sich noch ein bisschen näher kommen ^.^

LG
AY
Antwort von:  -Sian-
26.07.2014 21:47
Womit ö.ö?
Ja auch großes Sorry, dass es mal wieder solange dauert...
Aber es kam was wichtigeres dazwischen: Mein Kater hatte einen Tumor im Maul und wäre beinahe bei der OP gestorben, er braucht jetzt viel PFlege und Liebe, da hatte ich einfach nicht wirklich den Kopf frei für ein neues Kapitel.
Nein, glücklich macht ihn das nicht, er weiß nicht so richtig ob er sich noch weiter wehren soll oder ob er gegen sein rebellierendes Herz sowieso nichts ausrichten kann.
Och, ich denke Reita liegt mit seinem Kosenamen schon gold richtig, zumindest kriegt er immer wieder die volle Breitseite ab :P
Reita versucht ja so offen wie möglich zu sein, mit der Hoffnung Ruki würde merken wie ernst es ihm ist - wäre er verschlossen, dann würde er sicher ganz und gar an Ruki abprallen.
Nicht traurig sein ö.ö
Aber ja, das Leben ist wirklich nicht gerecht und meisten kriegen die noch eins drauf, die eh schon am Boden kriechen...
Ich versuche mich wirklich durchzubeißen mit dem neuen Kapitel, aber versprechen kann ich es nicht :(
Ganz lieben Dank für dein Revi <3

*verbeug*
Von:  YuiMadao
2014-07-13T17:06:38+00:00 13.07.2014 19:06
Hier werde ich eher auf den letzten Teil zu Sprechen kommen. Ruki und die Cocktails...mal wieder ein Indiz, dass er ein Problem mit dem Alkohol schon hat oder nicht mehr weit davor steht eins zu bekommen. Mit seinen Aussagen, hat er definitiv alle Beide verletzt nicht nur sich selber...was wird das bloß mit den Beiden geben...

Ich bin wahrlich echt gespannt wie es weiter gehen wird, denn ich denke, wenn Reita wirklich auf Ruki fliegt, wird er Ihm ordentlich den Marsch blasen, für seine Aussagen...

Liebe Grüße Yui <3
Antwort von:  YuiMadao
13.07.2014 19:08
Ach ja vielleicht noch eins...Sayuri ist wirklich eine tolle Person, und sie weiß immer einen Rat um Ruki beizustehen..., das macht sie zu einer guten Freundin oder im dem Fall seine Seelenverwandte...
Antwort von:  -Sian-
19.07.2014 00:38
Ich denke in dem Falle ist Ruki einfach ein Cocktail-Fanatiker und das noch mit der pseudo-Reita-Allergie gepaart, das ergibt mächtig Chaos im Hirn.
Aber wie schon geschrieben, Ruki macht sich da wenig Gedanken wie er was konsumiert, solange ihm es nicht weiter auffällt, wie bei den Kopfschmerzen.
In erster Linie wollte er Reita wehtun, aber er merkte ja selber, dass es auch ihm schmerzte <.<
Oder Reita versucht der Agression auszuweichen, die Ruki ihm entgegen bringt.
Sie versucht es zumindest, sie weiß aber auch, dass Ruki nicht immer einfach ist, sowie auch Ruki weiß, dass es in Zukunft nicht nicht mit ihr einfach wird, Zeit mit ihr zu finden, wegen dem Kind.
Nochmals ganz lieben Dank für die Kommis <3! :)

*verbeug*
Von:  chibi-desu
2014-07-08T14:30:28+00:00 08.07.2014 16:30
hmm, blonder Heckenschütze... süß! :D

ahaha ich bin genauso aufgelaufen wie Ruki bei der auf-Knien-rutsch-Aktion XDD

ich weiß, ich hab's dir schon gesagt, aber ich finde es SO super, dass Reita nicht aufgibt bei Ruki! der braucht das denk ich auch mal, einfach gezwungen zu werden, weil der andere sonst nich aufhört zu nerven. so kommt er wenigstens zu ein bisschen Glück! <3

hmmm getunte Autos, Straßenrennen, Gewinngeld .... ich glaub ich bin verliebt! *o* es gibt nix geileres als Autorennen! *o* (natürlich nur im Film/Spiel/Geschichte!)

wie geschickt Ruki darin ist, vom Thema abzulenken o_o erst recht, wenn er das Gefühl hat, dass es ihm an den Kragen geht, so wie er Reita die ganze Zeit über seinen Job ausfragt.

„Wenn du mich willst, dann zahl für mich un ich mach die Beine breit. Musst nur mit Hishinuma 'nen Termin ausmachen un ich gehör dir....“ <-- das tat nich nur Ruki weh q__q uns allen auch...und Reita bestimmt auch. ich hoff ja so sehr, dass Reita ihn im nächsten Kapitel ein bisschen wegen der Worte tröstet >.< also nich körperlich (außer ein bisschen kraulen/streicheln oder ein kleines Küsschen <3), sondern eher seelisch. haaaaach ich lieb die zwei einfach so!! *_____*

meine Meinung zu Reita's Wohnung kennst du ja bereits XD aber ich find sie trotzdem geil ^__^
Antwort von:  -Sian-
18.07.2014 23:43
Chib-chib! :P
Nun, blond fällt ja in Japan doch noch etwas mehr auf, als in unseren Gegenden :P
Dann weißte ja ansatzweise, wie es dem armen Ruki dabei ging x)
Ich glaube auch, dass es ganz gut ist für Ruki's Selbstwertgefühl, wenn jemand trotz der Umstände so um ihn kämpfen will!
Und vllt. haben sie ja doch ein bisschen Glück zu zweit.
Ja irgendwie hab ich mich dazu verleiten lassen ein wenig anderen Wind reinzu bringen :P
Aber ich finde so ein Typ wie Reita, da passt das schon ganz gut.
Ruki musste sich im Laufe seiner Karriere sicher öfter mal aus unangenehmen Situationen manövrieren, da ist man eben geübt v.v!
Selbst mir als Autor tat es weh, Ruki wusste sich in dem Moment sicher nicht so richig wie er sich sonst aus dieser Sache herauswinden kann, als den Angriff nach vorn.
Vllt. braucht Reita aber auch selbst Trost wegen dieser Worte, immerhin dürfte ihn das wenig kalt lasssen @.@
Ich hatte einen privaten Rückschlag, deswegen hatte ich nicht die Konzentration viel zu schreiben <.<
Aber ich geb mir Mühe, jetzt wieder ein wenig nachzuholen!
'trotzdem geil' das klingt irgendwie wie: och naja ... mich stört die Hälfte davon, aber is trotzdem geil x)
Oder bezog sich das auf das Mickey-Maus Regal?
Ganz lieben Dank für dein Kommi <3!

*verbeug*
Von:  -Tamashii-
2014-07-06T14:33:37+00:00 06.07.2014 16:33
ERSTEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEE *____*

Das hatten wir schon lange nicht mehr *.* *Flasche Champagner öffnet*

Also die Gespräche zwischen Ruki und Sayuri finde ich immer wieder sehr erheiternd XD
Aber sie vergibt schon ganz gute Tipps :)

Und der Schatten Reita überwacht mal wieder sein Opfer :)
Es ist sehr interessant, etwas über Reitas Leben zu erfahren! Ist wirlich keine einfache Sache! Vorallem wenn auf einen selber ne Jagd evranstaltet wird...wegen der Glückspfote -.-

Ich würde ja gleich den ganzen Kerl als Glücksbringer nehmen XD Aber lebendig versteht sich :P

Das Kapi fand ich toll. Es ist schön zu sehen, wie ich die "Beziehung" zwischen den beiden entwickelt *.*

ABer das Ende hat was trauriges. Sein letzter Satz ist so wahr!
Das gilt leider nicht nur für diese FF, sondern für einige unter uns.

Bin gespannt, wies weitergeht!

Das Video finde ich toll <3 Möhte da zusammen mit Reita einziehen...also nur mal so am Rande XD

LG Tamü :*
Antwort von:  -Sian-
18.07.2014 23:32
Erste zu sein ist leider heut keine Seltenheit mehr <.<
Darum *dir den Champus aus den Fingern reiß* muss es auch ein stinknormaler Sekt tun :P
Ich glaube in letzter Zeit stressen den armen Ruki diese Gespräche eher x)
Selbstverständlich muss Reita ein Auge auf sein pers. 'Opfer' halten v.v!
Als würdest nicht sein Pfötchen haben wollen :D
Nur eben mit dem ganzen Kerl drann...
Naja so richtig kann mans ja noch nicht 'Beziehung' nennen, aber Reita arbeitet ja daran, diesen Umstand zu seinen Gunsten zu ändern!
Dieser Satz gilt wohl auch für viele weitere Themen und Umstände x.x
Du würdest auch in jede Bruchbude oder Märchenschloss ziehen, wenn Reita da wohnen (wollen) würde!!
Dann nochmals vielen lieben Dank Tamülü! :)

*verbeug*


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