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Seitenschläfer

BL - Jean x Eren
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Vorneweg:
- Die Personen in der Fanfiktion gehören natürlich nicht mir.
- Der Plot ist von mir selbst er- und überdacht
- Ich verdiene hiermit kein Geld, sondern schreibe es nur zum Spaß.

! Diese Fanfiktion spielt in einem realen (alternativen) Universum, daher sind bestimmte Charaktereigenschaften überdacht worden - gewisse Eigeninterpretationen meinerseits sind daher vorbehalten ! Komplett anzeigen

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Seitenschläfer

„Danke, dass du mich fährst“, bedankte ich mich, auch wenn es an sich nicht nötig gewesen war, das Auto zu bewegen. Jean wohnte zwar am anderen Ende des Dorfes, doch mit dem Fahrrad waren es kaum zehn Minuten durch die Siedlung.

„Es ist ja bereits dämmrig, außerdem hast du zu viel Gepäck.“ Mein Onkel sprach wie immer nüchtern, doch ich erkannte die kleinen Schwankungen in seiner Tonlage. Er nahm meine Wertschätzung gerne an. Auch wenn er es nicht aussprach.

Wir hielten am Straßenrand gegenüber eines großen, weiß geklinkerten Hauses. Levi stellte den Wagen ab und schaltete den Motor aus.

„Du musst nicht mit aussteigen“, stellte ich schnell klar, „Ich hol nur kurz meine Sachen.“

Ich sprang aus dem SUV und lief herum, um meinen Schlafsack und die Iso-Matte aus dem Kofferraum zu holen. Schon hörte ich die Fahrertür zufallen und nach dem Schließen der hinteren Klappe, klickte die Zentralverriegelung.

Mein Onkel trug meinen Rucksack über einer Schulter und wir liefen über die Straße auf das Haus zu.

„Du kannst ruhig schon weiterfahren“, versuchte ich noch einmal der Peinlichkeit zu entgehen, dass mich mein Erziehungsberechtigter bis zur Tür begleitete.

„Bin ich dir peinlich?“, fragte mich Levi, ohne mit der Wimper zu zucken. Er durchschaute mich zu oft, sodass ich mir gelegentlich überlegte, ob er meine Gedanken lesen konnte.

„Ich bin schließlich keine Acht mehr und gehe auf keinen Kindergeburtstag.“

„Dann würde ich mir auch weniger Gedanken machen.“

Ich sah zu meinem Onkel. Für meine 17 Jahre überragte ich ihn bereits um gut zehn Zentimeter. Er unterließ es, zu mir aufzusehen, doch ich wunderte mich über seine Worte und fiel ein Stück zurück. Worüber brauchte man sich denn bei mir zu sorgen? Ich kannte Jean und die anderen bereits gut fünf Jahre. Wir hatten schon öfter zusammen übernachtet und gaben niemandem den Grund zur Annahme, wir würden etwas anstellen.
 

An der Haustür klingelte Levi und trat vom Treppenabsatz. Wir warteten einen Moment, bis jemand öffnete. Jean stand im Durchgang und grinste.

„Hey Eren. Guten Abend, Herr Jäger. Kommt doch rein“, er nahm mir die Schlafsachen ab und hielt die Tür mit dem Rücken auf. Levi gab mir meinen Rucksack.

„Alles Gute nachträglich, Jean“, sagte er und fragte beiläufig,„Wo ist dein Vater?“

Perplex starrte ich meinen Onkel an. Das konnte er jetzt nicht ernst meinen, oder? Würde das eines dieser ungemütlichen Elterngespräche werden, bei denen sich die Männer darüber unterhielten, was auf der Feier alles erlaubt war und was nicht? Und ob die Mädchen und die Jungen getrennt schliefen? Mir fiel ein, dass ich Levi nicht erzählt hatte, dass Herr Schmied heute Abend nicht anwesend war. Jean hatte klugerweise dafür gesorgt, seinen Vater auszuquartieren. Nicht, dass der große, blonde Mann ein ungemütlicher Zeitgenosse war, im Gegenteil. Doch einen Erwachsenen im Haus zu wissen, schmälerte die Stimmung doch erheblich.

„Er ist oben, glaube ich. Soll ich ihn rufen?“, die Gegenfrage wurde von Armin unterbrochen, der hibbelig neben Jean auftauchte.

„Hallo!“, rief er und kassierte für seine Unruhe einen mürrischen Blick meines Onkels. Ein weiterer Grund, weshalb ich nicht gewollt hatte, dass er mitkam. Er meinte es ja nicht böse, aber es gab zu viele Menschen, die seinen allgegenwärtigen Missmut falsch verstanden. Armin ließ sich davon zum Glück nicht abschrecken.

„Worauf wartet ihr?“, wollte er wissen und zwinkerte mir zu. Der Blonde war ein Jahr jünger als wir, doch wegen seiner liebevollen und aufgeweckten Art war er ein gern gesehenes Mitglied unserer Runde. Ich mochte ihn und ließ mich gerne von seiner Fröhlichkeit anstecken.

„Weißt du, wo mein Vater ist? Herr Jäger würde gerne mit ihm reden.“ Doch Jeans Frage erübrigte sich.

„Ich hol noch kurz die Karten!“, hörte man den Mann aus dem Inneren des Hauses. Er schien sich zu beeilen und keine Minute später stand Herr Schmied an der Garderobe. Er nahm seine Lederjacke vom Haken und lächelte uns an.

„Macht mal Platz, Jungs.“

Armin ging ein Stück zur Seite und ließ ihn vorbei.

„Hallo Eren“, erfreut mich zu sehen wuschelte er mir durchs Haar, „Du passt auf die Konsorten auf, nicht wahr? Ich hätte mein Haus morgen gerne in dem Zustand zurück, in dem es jetzt ist.“ Er lachte laut, aber harmonisch.

Verwundert sah ich zu Jean, der selbst die Schultern zuckte.

„Können wir dann?“ fragte Erwin meinen Onkel, der nur stumm nickte und sich vor dem Gehen noch an mich wandte.

„Mach keinen Unsinn, hörst du“, flößte er mir ein. Ich konnte nur nicken. Was sollte ich auch groß anstellen?

„Seid anständig, Männer.“ Nach einem letzten Wink liefen Levi und Herr Schmied gemeinsam zu unserem Auto. Sie stiegen ein, ohne sich noch einmal umzudrehen. Wir waren alle noch zu geschockt und warteten, bis der BMW die Straße hinabfuhr.

Mittlerweile waren auch Mikasa und Sasha zur Tür gekommen.

„Was war das denn?“, platzte es aus mir heraus, bevor die beiden Mädchen etwas sagen konnten. Ich wandte mich fragend wieder an Jean. Er konnte nicht anders, als erneut mit den Schultern zu zucken.

„Kommt doch endlich rein“, drängelte Armin und wir betraten alle das Haus.

Im Eingangsbereich stellte ich meine Schuhe ab. Ein paar Luftschlangen zierten die Gardinenstangen. Mikasa schubste mich und deutete auf meinen Rucksack. Ich gab ihn ihr ohne Widerreden und sie folgte Armin, der meinen Schlafsack trug, die Treppe hinauf zu den Schlafzimmern.
 

„Was die jetzt wohl machen? Wo hast du deinen Vater hingeschickt?“, fragte ich Jean. Mir war die Situation nicht geheuer, schließlich ging mein Onkel sonst nie aus dem Haus. Es hatte für mich lang genug gedauert einzusehen, dass er ein Stubenhocker war und jetzt ging er auf die Piste und dann auch noch mit dem Vater meines Freundes. Ein irrealer Zufall. Ich kannte Erwin gut genug, um zu wissen, dass er kein Mann von Einsamkeit war. Weshalb sollte er ausgerechnet Levi aussuchen, wenn er eine Begleitung brauchte?
 

„Ich hab meinem Dad zum Geburtstag mal einen Gutschein für eine Kinopremiere geschenkt. Wir haben uns dann einen Film ausgesucht und uns ist erst später aufgefallen, dass der Termin auf das Wochenende fiel, an dem ich feiern wollte. Irgendwie meinte er, ob es mich stören würde, wenn er jemand anderen mitnehmen würde, dann hätte ich das Haus für die Party für mich allein.“ Wir sahen uns an, irgendwie war die Situation lächerlich. Die beiden waren sich nicht fremd, im Gegenteil. Mein Onkel hatte einmal erzählt, sie würden sich aus ihrer Jugendzeit kennen, aber sie waren noch nie zusammen ausgegangen. Jean schmunzelte und ich gab ihm einen Stups mit der Faust gegen die Schulter.

„Was gibt’s da zu grinsen?“, wollte ich wissen, doch er wandte sich zur Küche. Langsam ging ich hinter ihm her und hörte ihn das Thema abschließen mit den Worten: „Lass die Alten doch n paar Weiber aufreißen, täte ihnen ja nicht schlecht. Alleinerziehende Männer tendieren in der Regel dazu, weich und sentimental zu werden, das kann ich nicht gebrauchen. Willst du was trinken?“

Jetzt musste ich lachen, das Bild von Jeans Vater – ein großer, gut aussehender, athletischer Mann – der sich bei einer Schnulze die Augen ausweinte, war zu komisch.

„Ja, du hast wohl recht. Ich trink Cola, wenn du hast.“

Jean nahm ein Glas aus dem Schrank und fragte: „Mit oder ohne Bier?“

„Bier? Es ist doch erst sieben.“ Abgesehen davon trank ich selten Alkohol. Nicht nur, weil mein Onkel es mir lange verboten hatte, sondern auch, weil ich wusste, dass ich es sehr schlecht vertrug.

„Du bist so wunderbar naiv“, bekam ich von Jean zu hören und er öffnete eine Flasche Coca Cola, um mein Glas zu füllen. Beleidigt zog ich eine Schnute. Das war nicht wahr, oder doch? Ich war einfach nicht darauf vorbereitet, dass wir so etwas trinken würden. Ich war zwar schon einen Monat vor Jean 17 geworden, doch offensichtlich war er bereits ein Stück weiter in seiner Entwicklung.

„Schau doch nicht so“, er kam zu mir herüber, drückte mir das Glas in die Hand und grinste, „Ich bekomme dich schon noch dazu, auch was zu trinken.“

„Hat dein Vater das erlaubt?“, bedächtig nippte ich an der Cola. Sie schmeckte normal.

„Ach Eren, jetzt hör aber auf.“ Die Antwort auf meine Frage fiel aus, da die anderen sich zu uns gesellten.
 

Gegen Acht Uhr bestellten wir uns eine große Pizza und schauten Filme, die wir teilweise in- und auswendig kannten. Unsere Gruppe war ein eingespieltes Team, diese groß angekündigte Geburtstagsparty war somit nicht viel mehr, als ein gewohntes, gemeinsames Beisammensitzen, bei dem am Ende niemand nach Hause ging. Irgendwann hatte Jean dann nochmal mit dem Bier angefangen und irgendwie waren auch alle bereit, eins zu trinken. Um nicht unnötig aus der Reihe zu fallen, trank ich auch eins. Ich würgte es schnell genug herunter, was mir allerdings eine zweite Flasche in die Hand spielte. Jeans Vater musste einen ganzen Kasten Mischbier gekauft haben, der Vorrat wirkte unerschöpflich. Das Zweite trank ich langsamer und war froh, viel von der leckeren Pizza gegessen zu haben.
 

Um halb elf verschwanden die Mädchen im Badezimmer, um sich umziehen. Armin, Jean und ich blieben in Jeans Schlafzimmer.

Ich öffnete meinen Rucksack und wühlte darin herum. Wo war mein Schlafanzug? Ich war mir sehr sicher, dass ich ihn bereitgelegt und kurz vor der Abfahrt alles in meine Tasche geschmissen hatte. Ich hatte mir extra den einzigen Pyjama herausgesucht, den ich besaß, da ich für gewöhnlich nur in Unterwäsche schlief. Mir war selten kalt, in den langen Baumwollhosen und geknöpften Schlafhemden wurde mir nur unnötig heiß und im Schlaf zu schwitzen war ungut. Aber das hier war eine Übernachtung und es hieß ja nicht umsonst Pyjama-Party. Traurig seufzte ich und musste zu meinem Pech auch feststellen, dass ich für den nächsten Tag ein Hemd eingepackt hatte, in dem ich schlecht schlafen konnte.

„Was ist los, Eren?“ Armin stand hinter mir. Er trug bereits einen hellblau gestreiften Schlafanzug und sah mit seinen blonden Haaren und großen Augen aus wie ein kleiner Junge aus einer Werbung für Kinderspielzeug.

„Ich hab meinen Pyjama vergessen“, gestand ich betroffen und ärgerte mich über meine Dummheit. Ich sah an mir herab und wollte ungern als einziger in voller Montur im Bett sitzen. In Unterwäsche herum zu laufen konnte ich mir nicht erlauben, schließlich waren Mikasa und Sasha ja hier. Wären wir unter uns Jungs geblieben, wäre es sicher kein Problem.

„Du hast was?“, Jean war noch dabei, eine Decke zu beziehen. Er sah mich an mit einer Mischung aus Enttäuschung und Belustigung, „Dann musst du wohl nackt schlafen.“

Ich wusste es war ein Witz, doch ich merkte, wie ich rot wurde. Ich hatte nur einmal nackt in diesem Haus übernachtet und das war eine Erinnerung, die ich nur selten in mein Gedächtnis rief. Nicht zuletzt, weil sie eine weitere nackte Person enthielt und mich der Gedanke daran verstörte, dass er sich wohl auch noch daran zu erinnern schien. Beschämt sah ich in meinen Rucksack und schloss diesen, schließlich fand ich darin ohnehin nichts.
 

„Komm ich leih dir einen“, sagte Jean versöhnlich, er musste gemerkt haben, das ich auf seinen Kommentar keine schlagfertige Antwort finden konnte. Ich stand auf und wir gingen hinüber zu der Tür zu Jeans begehbarem Kleiderschrank. Er schaltete das Licht an und suchte in einem der hinteren Regale. Warum musste er mich auch ausgerechnet heute daran erinnern? Die Röte auf meinen Wangen wollte einfach nicht verschwinden. Ich beobachtete ihn und schluckte schwer. Mir kamen wirre Gedanken. Betroffen schob ich es auf den Alkohol. Schließlich fragte ich mich zum ersten Mal, wie Jean in ein paar Jahren aussehen würde. Er war nicht einmal volljährig, doch seine Gesichtszüge waren bereits sehr männlich, etwas kantig. Er hatte breite Schultern und trieb viel Sport. Er war zwar noch nicht so groß wie sein Vater, doch es war unverkennbar, dass er nach ihm kam.

„Hier. Den kannst du nehmen, der ist noch recht neu, aber die Farben stehen mir einfach nicht.“ Ich stand halb im Kleiderschrank und sah Jean auf mich zu kommen. Er hatte einen lila karierten Pyjama in der Hand und reichte ihn mir. Eine kleine Falte lag zwischen seinen Augenbrauen. Er war nicht viel größer als ich, gerade mal ein oder zwei Zentimeter, doch er beugte sich vor, um auf Augenhöhe zu sein.

„Alles okay? Du bist so rot.“

„Es geht schon, danke“, murmelte ich, nahm ihm etwas arg ruppig den Schlafanzug ab und drehte mich weg. Sollte er doch denken, was er wollte. Dieser Idiot. Mich erst so vor den Kopf stoßen und dann tun, als wäre nichts gewesen.

Im Schlafzimmer zog ich mich rasch um. Bedacht darauf, dass die anderen beiden beschäftigt waren, Armins Schlafsack aus der Verpackung zu holen. Ich knöpfte gerade den letzten Knopf, als die Mädchen zurück kamen. Ihre Schlafanzüge hatten teilweise kältere und kräftigere Farben als der, den ich nun trug. Aber was sollte mich das kümmern. Wir kannten uns lange genug und waren in einem Alter, da machte man sich nicht mehr über Freunde lustig – bis auf Jean vielleicht; Aber auch er meinte es normalerweise nicht böse.

„Dein Pyjama ist etwas groß, Eren“, stellte Mikasa in ihrem gewohnt trockenen Tonfall fest. Sie kam zu mir herüber und fing an, mir die Ärmel hoch zu krempeln.

„Ist ja auch nicht meiner“, erklärte ich ihr wahrheitsgemäß und ließ es über mich ergehen.

„So was passiert nur dir, Dummkopf. Lass dir von deinem Onkel das nächste mal beim Packen helfen, wenn du schon zu einer Pyjama-Party den Pyjama vergisst.“

„Er hat auch auf einem Wochenendausflug in der 10ten seine Socken vergessen und musste alle drei Tage das gleiche Paar tragen“, erklärte Jean von seinem Bett aus.

„Das ist ja ekelig“, beschwerte sich Sasha und hielt sich die Nase zu.

„Ich erzähl jetzt lieber nicht, was du auf dem Ausflug vergessen hattest“, konterte ich, froh meine Stimme wieder gefunden zu haben. Anstößig tippte ich auf meinen Oberschenkel und formte mit dem Mund das Wort „Unterhose“.

Entsetzt starrte Mikasa Jean an und Armin lachte. Er wusste, dass es stimmte.

Unerwartet traf mich ein Kissen beinahe im Gesicht.

„Hey!“ Ich hob das Kissen auf und warf es zurück.

Eine nicht all zu stürmische Kissenschlacht entbrannte, die meist daraus bestand, dass Jean und ich uns mit seinen Kissen direkt verprügelten und die anderen lachend dabei zusahen. Allerdings führte unser abermaliges ungestümes Verhalten dazu, dass sich Jeans Hand etwas zu tief an meiner Hüfte befand. Die anderen bekamen es zum Glück nicht mit, ich versuchte es auch zu vertuschen und drehte mich einfach weg und gab mich geschlagen. Doch ich konnte schlecht verhindern, dass mein Körper diese Berührung gespürt hatte. Auf dem schnellsten Weg flüchtete ich in meinen Schlafsack und vergrub mich Oberkörper abwärts darin.
 

Neben mir lag Armin. Seine Pupillen groß, seine Lider müde. Ich glaubte einen Moment, er sei mit offenen Augen eingeschlafen, doch er grinste mich an.

„Wir haben schon lange nicht mehr zusammen irgendwo übernachtet“, säuselte er melodramatisch, als wäre es bereits Jahrzehnte her. Er drehte sich auf den Bauch und umklammerte sein Kissen wie ein Kuscheltier. Über seinem Schlafsack lag noch eine bezogene Wolldecke. Der arme Junge fror unglaublich schnell, ganz im Gegensatz zu mir. Ich kochte schon wieder in dem Pyjama. Die Hosenbeine waren ein Stück hochgerutscht und ich fühlte mich wie in einer Pelle.

„Wehe, Sasha schnarcht wieder“, sagte er laut, hatte die Augen aber schon geschlossen. Das Mädchen stieß einen Laut des Entsetzens aus und saß aufrecht im Schlafsack.

„Dann rollen wir sie die Treppe runter“, fügte Jean hinzu und schaltete das Deckenlicht aus.

„Das Sofa unten ist gar nicht unbequem“, beruhigte Mikasa ihre Freundin, die verwirrt schien.

„Ich schnarche überhaupt nicht, oder doch?“, wollte sie wissen. Mikasa schüttelte den Kopf und deutete der anderen sich wieder hinzulegen.

Ich drehte mich auf die Seite. Ich schlief immer so. Hingegen Armin immer auf dem Bauch und Mikasa immer auf dem Rücken schlief, hielt ich es nur aus, wenn ich mich seitlich in mein Kissen drückte. Dazu zog ich die Beine an, was in dem engen Schlafsack weitaus schwieriger war, als in einem Bett.

Nur das behagliche Licht der Leuchte auf Jeans Nachttisch erhellte noch das Zimmer und warf einen langen Schatten an die Decke.

Ruhe war eingekehrt.

Armin fing an, lange Ein- und Auszuatmen, das beste Zeichen dafür, dass er keine Sekunde länger mehr wach bleiben konnte. Wir wünschten uns gegenseitig gute Nacht. Ich drehte mich noch einmal um, mit dem Rücken zu Armin.
 

Auf der anderen Seite war das Bett. Jean wollte gerade das Licht ausschalten.

Wir sahen uns direkt in die Augen.

Schalt das verdammte Licht aus, fluchte ich in Gedanken, da ich bereits wieder die Hitze in meinem Gesicht aufsteigen spürte. Er schaute mich noch immer an. Ohne zu Grinsen, ohne zu Zwinkern, ohne irgendetwas, das er normalerweise tat. Jeans Gesichtszüge waren zwar entspannt, aber in seinen karamellfarbenen Augen stand ein sichtlich vertiefter Blick. Als wolle er etwas sagen, dass nur ich hören sollte und es nun aus seinem Starren herauslesen müsste.

Ich streckte ihm die Zunge raus und vergrub mich tiefer in mein Kissen.

Ich hörte nur den Lichtschalter und das Rascheln seiner Decke.
 

Einen Moment wartete ich, bevor ich die Augen wieder öffnete und mich an die Dunkelheit gewöhnte. Mit einem Kribbeln in der Magengegend betrachtete ich Jeans freien Nacken. Ich wusste, dass er dort empfindlich war. Allerdings würde ich es niemals gegen ihn verwenden. Herausgefunden hatte ich es nämlich in einem weitaus intimeren Moment, als ihn so manch andere beste Freunde hatten. Es war nicht besonders lange her. Ich erinnerte mich an alles. Seine Bewegungen, sein Flüstern, sein...ich holte tief Luft und presste meine Beine im Schlafsack eng zusammen. Einige Male wollte ich ihn darauf ansprechen, doch offensichtlich bestand ein ungeschriebenes Gesetz unter Jungs, über solche Dinge niemals zu sprechen. Wenn ich an jene Nacht dachte, wurde mir heiß. Ich vergaß es tagsüber, konnte mit Jean ganz normal reden und herumalbern. Aber Abends, allein in meinem Bett überkam es mich, genau wie jetzt. Nur war es schlimmer. Immerhin war er jetzt anwesend.

Ich hielt es nicht mehr aus. Meine Schulter schmerzte von der Härte des Bodens. Mein Herz raste wie verrückt und ich verlor die Kontrolle über ein gewisses Körperteil.

Bangend, dass die anderen schon schliefen, schälte ich mich so leise wie möglich aus dem Stoffkokon und stolperte aus dem Zimmer. Das Bad war am anderen Ende des Ganges. Ich ging hinüber und schloss leise die Tür hinter mir ab. Der Stoff der Schlafhose war weit genug, um einiges zu verdecken, doch irgendwie musste ich meiner wieder Herr werden. Mit kaltem Wasser vielleicht.

Ich ging zum Waschbecken und stellte den Wasserhahn auf kalt. Ich wusch mir das Gesicht, kühlte meine Wangen und die Handgelenke.

Allerdings musste ich mir eingestehen, dass ich mit etwas Derartigem gerechnet hatte. Ich schlief zum ersten Mal nach dem Vorfall hier. Dass es jedoch ein solches Ausmaß annehmen würde, hatte ich nicht gedacht.

Ich war so verwirrt, dass ich mir wünschte, zu Hause geblieben zu sein. Es wäre besser gewesen, erst mit Jean darüber zu reden und nicht zu tun, als könne man solcherlei Intimitäten vergessen. Eine Kummerfalte legte sich auf meine Stirn. Ich betrachtete sie im Spiegel, ebenso wie meine zitternde Unterlippe.

Verdammt Eren, wies ich mich in Gedanken zurecht, du wirst jetzt nicht anfangen zu heulen, du bist doch kein kleines Mädchen.

Meine Beine waren zu müde, um mich zu tragen. Beklommen wankte ich zur Badewanne, setze mich davor auf den Teppich und lehnte den Rücken dagegen. Ich wiederholte Jeans Worte, kurz bevor es vor zwei Wochen passiert war. Sogar die Art, wie er dabei meine Wange und gleichzeitig meinen Oberschenkel berührt hatte, war in meinen Erinnerungen so präsent, als sei es erst gestern passiert.

„Machst du es dir manchmal selbst? So erregt wie du bist, scheinbar nicht oft. Lass dich einfach fallen, Eren. Dann geht es ganz von selbst. Denk dabei an etwas, das dich reizt. Etwas, das du gerne berühren würdest.“ Wie von allein wanderten meine Hände an die Stellen, an deren er mich berührt hatte. Unter dem Bund der Hose hindurch, ein Stück über meine Lenden. Meine eigene Erregung zu fühlen war beschämend.

Denk an etwas, das dich reizt, das du gerne berühren würdest.

Ich legte den Kopf in den Nacken. Ein feines Keuchen verließ meine Lippen.

Ich dachte an Jeans Nacken, seinen Rücken, die festen Oberarme. Seine Muskeln, die sich anspannten und die Sehnen an seinem Unterarm. Ich dachte an seine helle Haut und seine kräftigen Hände. Finger – Die mich berührten, wie ich mich berührte.

Etwas ungeduldig drängte ich die Schlafhose in meine Kniekehlen, hielt aber die Augen geschlossen und winkelte die Beine an. Meine Zehen gruben sich in den weichen Teppich. Ich bemühte mich, den Rhythmus nicht zu verlieren und gleichzeitig all die Laute herunter zu schlucken, die meiner Kehle entrinnen wollten.

„Das machst du gut“, bildete ich mir Jeans Flüstern ein, „Hör nicht auf. Du kannst ruhig kommen.“

Ich begann zu schwitzen. Mein Atem beschleunigte sich.

„Du bist verdammt heiß.“

„Halt die Klappe“, keuchte ich hilflos, obwohl niemand dort war. Einige Sekunden lang suchte ich nach dem Grund für das alles, doch als ich jenes Verlangen spürte, war es zu spät um aufzuhören. Sehnsucht nach etwas, das mir wohlbekannt und fremd zu gleich war.

Mein Atem stockte. Ich hielt die Luft an. Mein Körper zuckte. Wimmernd öffnete ich die tränenden Augen und starrte auf meine Hand. Mein Brustkorb bebte nach. Ich hielt mir die saubere Hand vor den Mund, als hätte ich etwas Entsetzliches getan.

Dazu kam, dass es in jenem Moment an die Tür klopfte.
 

„Eren, bist du da drin? Alles in Ordnung bei dir?“ Der Grund allen Übels stand vor der Tür. Jean klopfte erneut: „Eren?“

„Ja, ja, ich bin hier“, stotterte ich, verwundert über meine eigene, recht feste Stimme, „Es geht mir gut.“ Hektisch blickte ich mich um. Ich stand auf und hinkte zum Klo, wischte mich ab, zog die Hose hoch und drückte die Spülung. Dann wusch ich mir die Hände und erneut das Gesicht. Ich war rot wie eine Tomate. Ich konnte nur hoffen, dass es dunkel genug war, damit Jean es nicht sah. Aber ich war klarer im Kopf. Ein Glück.

Ich schloss die Tür auf und rieb mir die Augen, obgleich ich nicht müde war.

„Bist du dir sicher? Du siehst ein bisschen fertig aus.“ Dieser Mistkerl hatte eine unglaublich schnelle Auffassungsgabe und wollte mir ins Gesicht sehen, doch ich wandte mich ab. Ich begann wieder zu zittern. Nicht wegen Kälte. Es war die Hitze, die mir noch unter der Haut lag.

„Ist sicher nur das Bier“, etwas besseres fiel mir nicht ein.

„Aber du hast doch fast nichts getrunken.“ Jean fixierte mich mit seinem Blick. Ich konnte nicht an ihm vorbei, ohne ihn zu berühren.

Mit nachdenklichem Tonfall sagte er: „Ich hab mir schon gedacht, dass du auf dem Boden nicht schlafen kannst. Das hättest du mir auch früher sagen können. Komm mit.“ Er nahm meine Hand, ausgerechnet jene mit der ich diese unsagbaren Dinge getan hatte, und brachte mich in sein Zimmer. Etwas grob schob er mich zum Bett und nickte.

„Leg dich schon hin“, flüsterte er. Ich wollte keinen Streit anfangen und mir fiel auch nichts ein, was ich hätte sagen können, also krabbelte ich in sein Bett und vergrub mich darin. Fast erwartete ich, dass er sich in meinen Schlafsack legte, da hob er schon die Decke an und legte sich zu mir.

„Gut, dass du Seitenschläfer bist, sonst wäre es echt eng“, murrte er und legte eine Hand um meine Hüfte. Ich fühlte mich vollkommen von Jean umgeben. Der Bettbezug roch nach ihm. Seine angewinkelten Beine lagen in der selben Position wie meine. Sein Bauch berührte meinen Rücken. Ich spürte die Bewegung seiner Brust und seinen Atem in meinem Nacken. Wie ruhig er war. Gleichmäßig wie ein lauer Sommerwind und doch kühlend gegen meine glühende Haut.

Ich wurde schläfrig. Ließ mich fallen, doch bevor ich einschlief, hörte ich Jean hinter mir nuscheln: „Wenn du das das nächste Mal tust, sagst du mir aber Bescheid.“ Seine Hand war tiefer gerutscht und lag nun fast zwischen meinen Schenkeln. Ich konnte nicht anders, als sie zusammenzupressen.

„Keine Angst. Nächstes Mal, hab ich gesagt. Schlaf jetzt.“ Er legte seine Finger auf meinen Bauch, unter mein Hemd, und streichelte mich dort sanft. Die Berührung war beruhigend. Ich wusste nicht, was sie bedeutete, aber sie machte diese Nacht erneut unvergesslich.
 

Ich erwachte am nächsten Tag als letzter und quälte mich nur ungern aus der Wärme.

„Wie spät ist es?“, fragte ich Armin, den einzigen, der noch im Zimmer war.

Mit einem Lächeln sagte er: „Kurz vor Zehn. Mikasa ist schon um halb neun nach Hause und Sasha wurde gerade abgeholt. Wir haben dich schlafen lassen. Jean meinte, es ging dir gestern nicht besonders gut.“

Ich überlegte, was ihn zu dieser Aussage bewegt hatte und ein Geistesblitz ließ mich peinlich berührt husten.

„Ja, irgendwie lag mir wohl was im Magen. Aber jetzt hab ich Hunger“, ich bemühte mich das Thema zu wechseln und war froh, dass es Armin war, mit dem ich sprach. Er nickte nur und gab mir meinen Rucksack.

„Unten gibt es Frühstück, ich geh schon mal vor, okay?“

„Ja klar, ich zieh mich nur kurz um.“

Der Blonde verschwand. Eine Minute atmete ich ruhig durch. Wehmütig betrachtete ich das Bett. Ich hatte davon geträumt neben Jean aufzuwachen, in seinem Arm zu liegen und eine Art Zweisamkeit zu genießen, die sich anderes anfühlte als Freundschaft. Ich fragte mich, ob er diese Gedanken ebenfalls hatte, als er mir gestern diese Dinge zugeflüstert hatte. Es blieb mir nichts anderes übrig, als ihn darauf anzusprechen. Morgen vielleicht oder Übermorgen.

Ich zog mich an, packte meine Sachen zusammen und ging die Treppe hinunter. Ein eigenartiges Gefühl beschlich mich. Ich stellte alles am Treppenansatz ab und ging in die Küche, aus der ich die Stimme von Jeans Vater vernahm.

Und tatsächlich. Am Esstisch saßen nicht nur Jean und Armin. Zu ihnen gestellten sich Erwin und – zu meinem Entsetzen – mein Onkel. Levi saß auf einem etwas vom Tisch weggerückten Stuhl, hatte wie immer die Beine adrett übereinander geschlagen und hielt eine Tasse Kaffee in der Hand.

„Guten Morgen, Eren!“, begrüßte mich Erwin und stand sofort auf, „Magst du Kaffee?“

„Ähm, hallo. Was?“, ich war zu verwirrt, als das ich hätte alles auf einmal verarbeiten können.

„Er verträgt keinen Kaffee, Erwin. Gib ihm ein Glas kalte Milch“, sagte mein Onkel, als gäbe es nichts Natürlicheres für ihn als an diesem Tisch zu sitzen.

„Komm her, Eren, setz dich“, Jean deutete auf den Stuhl neben sich. Ich ging zu ihm herüber, wie ein scheues Tier. Ich neigte mich zu ihm und flüsterte: „Was macht der hier?“

„Die waren schon da, als ich aufgestanden bin“, zischte er und reichte mir den Korb mit Brötchen. Ich nahm eines heraus. Es war schon aufgeschnitten.

„Hier, deine Milch“, Erwin gab mir das Glas, „Du bekommst aber auch Kaffee oder Tee, wenn du möchtest.“ Er zwinkerte, doch ich lächelte dankend: „Ist schon okay. Danke, Herr Schmied.“

„Sag ruhig Erwin. Sonst fühle ich mich so alt.“

„Das bist du, Pa“, warf Jean ein und kassierte eine liebevolle Kopfnuss von seinem Vater.

„Du musst es ja wissen, nicht einmal volljährig, aber eine große Klappe.“

Ich lachte. Ihre familiäre Harmonie war ansteckend. Obwohl sie nur zu zweit waren und ich noch immer nicht wusste, warum ihre Familie sich getrennt hatte, schien es, als könne die beiden nichts erschüttern.

Ich sah zu meinem Onkel und hielt inne. Er..., nein, das konnte nicht sein, er lächelte, jedenfalls etwas in der Art. Er versteckte es hinter seiner Kaffeetasse und der Blick, den er mir schenkte, war ein anderer als sonst, es war fast warm, wenn man das von Levis Augen behaupten konnte.

Wir verbrachten noch eine ganze Weile im Haus der Schmieds, bevor wir nach Hause zurückkehrten und selbst als wir bereits im Auto saßen und das Radio wie gewöhnlich die Stille zwischen uns überbrückte, glaubte ich, dass diese Nacht nicht nur mich verändert hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Palmira
2015-09-13T15:19:57+00:00 13.09.2015 17:19
Ich hab eigentlich wegen dem Eruri-Tag reingelesen... Aber dann war ich voll drin. Das ist zwar spät (in dem Sinne, dass die Fanfiction schon älter ist, ich aber erst jetzt drauf komme), doch ich muss das echt kommentieren.
Ich fand die Art, wie du die Charaktere so unaufgeregt und natürlich in einem (natürlich) weniger traumatischen Umfeld beschrieben hast, wirklich schön. Es war mein erster Ausflug in Eren/Jean, aber das so zu lesen, ohne dass einer der beiden charakterfremd oder gezwungen wirkt, hatte seinen Reiz. Auch Levi, der sich mit seinem Gefühlsausdruck schwer tut (ich fand es ziemlich super, als er Eren fragte, ob er ihm peinlich ist) passte da einfach gut rein.
Eigentlich möchte ich wissen, welchen Film sie zusammen gesehen haben. Und was sonst noch. Die Qual der Neugier und so.
Also - verspätet gesagt, aber wirklich schön gelungen!
Von:  ichigawa_hikari-chan
2014-08-02T20:52:21+00:00 02.08.2014 22:52
Wann kommt der nächste tiel das ist voll spannend einer der besten ff die ich gelesen hab 💗💗💗
Von:  lennilein
2014-04-19T21:23:04+00:00 19.04.2014 23:23
süß *-*
Von:  Pibu-san
2014-01-18T12:17:10+00:00 18.01.2014 13:17
okaaaay ^^ was haben ersten erwin und levi getrieben *hust hust* ich find du hast jean eine ganz liebevolle art gegeben wie er sich um eren kümmert :3


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