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Die Trauerweide

von

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Zwei Gesichter

Zwei Gesichter
 

Nebel lag wie ein düsterer Schleier über dem Wald, verhüllte die Konturen der Bäume, ließ sie im schwachen Licht der junge Sonne verzehrt und schrecklich aussehen.

Sanft tropften die letzten Regentropfen der Nacht aus dem Geäst der Baumwipfel, flossen lautlos über das Blattwerk und suchten sich ihren Weg zurück in die Erde, zurück zu dem Ort aus welchem sie einst gekommen waren.

Ein leichter, kühler Wind war aufgekommen und bewegte die Nebelschwaden vorsichtig hin und her.

Stille herrschte und nur sehr langsam erwachte die Welt aus ihrem traumlosen Schlaf.

Ein friedlicher Schlaf, aus dem man sich nur ungern löste, da die Welt welche einen erwartete rau und gefährlich war.

Fröstelnd hüllte sich Ryan in ihren Umhang ein.

Die Kälte welche zu dieser frühen Stunde noch herrschte jagte ihr eine Gänsehaut über ihren Rücken.

Verschlafen wischte sie sich über ihre Augen, sie hatte nur wenig geschlafen in der letzten Nacht, über zu vieles hatte sie nachdenken müssen, zu viele Dinge waren ihr in ihrem Kopf umher gegangen und ließen sie immer noch nicht zur Ruhe kommen.

Still hatte sie neben Teleri gelegen und hinaus in die Nacht geblickt, hatte ihrem gleichmäßigen Atem gelauscht und war nicht in der Lage gewesen ihre Hand los zulassen.

Sie hatte den leichten Druck der Finger gespürt die sich mit den ihren verflochten hatten.

Sie hatte sich schuldig gefühlt.

Der Gedanke an Teleri versetzte ihr einen schmerzhaften Stich und sie zog scharf die kalte Luft ein, so das ihre Lunge schmerzten.

Sie erinnerte sich an die Augen Teleris an jenem Morgen. Sie hatte sie mit so einem seltsamen Blick angesehen.

Ryan war nicht imstande gewesen diesen Blick richtig zu deuten, noch nie hatte Teleri sie so angesehen.

Es war ihr noch nicht einmal möglich genau zu sagen, was sie bei diesem Blick empfand.

Er war forschend gewesen, abschätzend, vielleicht auch und ängstlich.

Immer noch glaubte Ryan die Wärme des anderen Körpers zu spüren, glaubte immer noch den Duft von Teleris Haar zu riechen, spürte immer noch diese Angst welche ihren Körper gelähmt hatte, als sie Teleri zum Abschied umarmt hatte.

"Ich komme zurück," hatte sie ihr zu geflüstert und sie auf die Stirn geküßt, doch die Antwort, welche sie erwartet hatte, trat nicht ein, nicht dieses Mal. Ein kaltes Lächeln war über die Lippen Teleris gehuscht und sie hatte ihre Augen niedergeschlagen.

"Versprich nichts was du nicht halten kannst," das waren ihre Worte gewesen, dann hatte sie Ryan geküßt und sie ziehen lassen.

Nachdenklich starrte Ryan in den Nebel, seine Feuchtigkeit durchdrang ihren Umhang und ließ sie ein weiteres Mal erschauern.

"Versprich nichts was du nicht halten kannst."

Immer wieder und wieder hallten diese Wörter in ihrem Kopf wieder, wie das Echo in einer Schlucht, dass von den Felsen zurück geworfen wird.

Sie spürte, wie sich tief in ihr etwas zusammen zog, alles was sie in diesem Moment empfinden konnte war für sie neu, war einfach nicht genau einzuordnen.

"Was hast du damit gemeint," dachte sie und ihr Blick schweifte kurz hinauf in den dunstigen Himmel.

"Was wolltest du mir nur sagen?"

Zischend entwich ihr Atem ihrer Kehle und sich wischte sich einige lästige Haarsträhnen aus der Stirn. Sie war nervös, in ihren Finger begann es leicht zu kribbeln.

"Versprich nichts was du nicht halten kannst."

Wieder kehrten diese Wörter in ihr Bewußtsein zurück, hielten sie gefangen, verwirrten ihren Geist, brachten ihr Denken in einen Fieber ähnlichen Zustand.

War das ihre Straffe? Die Straffe dafür, dass sie den einzigen Menschen den sie zu lieben wagte im Stich ließ? Jedesmal von neuem kam und ging sie wie die Gezeiten.

Niemand wußte, wann und ob sie jemals wiederkehren würde, innerlich verfluchte sie sich selbst dafür, dass sie nun eben so war.

Doch man hatte ihr keine Wahl gelassen, sie war nicht aus freien stücken zu diesem Wesen geworden, man hatte sie zu dem gemacht was sie heute war, man hatte ihren Weg entschieden.

Wut befiel ihren Körper und ihr Blick wurde kalt.

"Du warst noch so jung."

Wieder glaubte sie Teleris sanfte Stimme in ihrem Kopf zu hören, wie sie versuchte ihr begreiflich zu machen, dass sie keine Schuld zu tragen hatte, doch Ryan wußte es besser.

Ja, sie war jung gewesen, fast noch ein Kind, doch selbst ein Kind kann entscheiden, kann den Unterschied zwischen Recht und Unrecht erkennen, sie war nicht in der Lage gewesen.

Selbst heute noch, nach all diesen Jahren verfluchte sie sich für ihre Blindheit, ihren Glauben an die Menschen.

"Eine Närrin bist du," flüsterte sie leise vor sich hin. "Eine verdammte Närrin."

Durch ihr Flüstern hob Loba, die neben ihr lief, vorsichtig den Kopf und sah sie verwundert an.

Ein flüchtiges Lächeln umspielte Ryans Lippen und sie streichelte der Wölfin beruhigend über ihren Kopf.

"Keine Sorge, altes Mädchen," sagte sie.

"Ich habe nicht dich gemeint."

Loba kläffte leise und Ryan lachte zum erstenmal an diesem Morgen. Sie war froh über die fast stille Anwesenheit der Wölfin, es war beruhigend zu wissen, dass dort jemand neben ihr lief ohne zu verstehen was sie sagte. Für einen kurzen Moment schaute Ryan über ihre Schulter um sicher zu gehen, dass Wido und Ayesha ihr folgten.

Sie blickte das Mädchen abschätzend an und ihr entging nicht, dass auch diese an ihr eine Art Musterung durchführte.

"Ein seltsames Mädchen," dachte sie und lief weiter.

"Warum sieht sie mich die ganze Zeit auf so eine eigenartige Art und Weise an? Ich habe es schon gestern bemerkt, sie fürchtet sich vor mir wie jeder andere auch."

Ihr Blick veränderte sich, wurde fast wehmütig. Sie wußte, dass sich das Mädchen fragte, ob sie die Mörderin einer ihrer Reisegefährten war, sie fragte sich, ob sich in Ryan nicht doch noch ein letzter Rest des Stummen befand.

Kurz ließ sie noch einmal ihren Blick über das Mädchen gleiten, versuchte in diesen Augen zu erkennen wie groß die Furcht war.

Erst jetzt fiel ihr auf, wie jung sie noch war.

Auch wenn es nur wenige Jahre zu sein schienen, welche sie trennten, so war sie selbst so viele Jahre älter als das Mädchen.

Nicht äußerlich, aber ihr Geist war durch all diese Dinge, welche sie erblickt hatte, gealtert. War abgestumpft, hatte sich verändert, der Glaube in andere war erloschen, bis auf wenige Ausnahmen.

Wido, dieser Name vermochte es jedes Mal ihr ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.

Wieviel hatte dieser Mann nur für sie getan? Er hatte ihr ein Heim gegeben, hatte sie bei sich aufgenommen, als wäre sie eines seiner Kinder, er brachte ihr eine Liebe entgegen, die sie noch nie in ihrem Leben erfahren hatte.

"Selbst dich enttäusche ich immer wieder?" dachte sie und ihre Kehle zog sich zusammen.

"Habe ich dich dir eigentlich jemals gedankt? Gedankt dafür, dass du mich liebst?"

Sie wußte, dass es keine Selbstverständlichkeit war geliebt zu werden. Weder von Teleri noch von Wido, es war ein Geschenk. Ein Geschenk, dass sie nie wirklich von anderen erfahren hatte.

Warum trat sie es jedesmal erneut mit ihren Füßen, wenn es doch so kostbar für sie war?

In ihrem Kopf vermischten sich plötzlich so viele Gefühle, Liebe, Haß, Verachtung, Traurigkeit und dieses Gefühl, dass sie nicht würdig genug für die Liebe dieser beiden Menschen war.

Immer noch waren tief in ihr diese Zweifel, wie konnte es sein, dass man sie lieben konnte?

War sie überhaupt in der Lage zu lieben? Wie sollte man etwas von sich geben, wenn man es nie selbst erfahren hatte?

Wie sollte man wissen was zu lieben bedeutet, wenn man es nie gespürt hatte? Vor Bitterkeit verzogen sich ihre Gesichtszüge, ließen sie hart und ausdruckslos werden, deshalb kamen ihr diese Worte so schwer über Lippen, nur aus diesem Grund hatte sie es all die Jahre weder zu Teleri noch zu Wido sagen können.

Sie wußte nicht, was es hieß zu lieben und geliebt zu werden.

Zaghaft stupste die kalte Schnauze Lobas gegen ihre Hand, die schwarze Wölfin blickte zu ihr hinauf.

Sie bellte leise und leckte ihr über die Hand, so als wolle sie die dunklen, schmerzhaften Gedanken vertreiben, so als wolle sie auf die Art Ryan ihre Liebe zeigen.

Zärtlich strich sie Loba über ihren Kopf und blieb stehen, sah in die grünen Augen der Wölfin. Sie wußte genau, dass das Tier nicht wissen konnte, was sie bedrückte und dennoch, in diesem Moment glaubte Ryan das Loba ihren Schmerz spüren konnte.

"Danke," sagte sie leise und die Wölfin legte ihren Kopf schief.

Grüne Augen trafen Bernsteinfarbene, und verbanden sich in einem freundschaftlichen Blick.

Ein leises Brummen drang an Ryans Ohren und sie wußte, dass Loba ihr auf diese Weise ebenfalls dankte. Sie hörte die Stimmen Widos und Ayeshas.

Sie lachten beide laut. Es war seltsam für sie ständig Stimmen um sich zu hören, zu lange lebte sie schon alleine.

Zu lange war sie nicht mehr in Begleitung gereist. Es war ihr nicht unangenehm, aber befremdend zu sehen, wie sich zwei Menschen nach nur wenigen Tagen schon so vertraut behandelten.

Sie selbst hatte Monate, wenn nicht sogar Jahre gebraucht um Wido völlig zu vertrauen. Dieses Mädchen tat es bereits nach nur wenigen Tagen. Ayesha erschien ihr noch so arglos, wie ein junger Welpe der die Welt um sich noch nicht kannte und noch nichts von den Dingen wußte welche ihm noch bevorstanden.

"Ich beneide das Mädchen."

Sie erinnerte sich an die Worte Teleris und wußte, dass sie recht gehabt hatte.

Dieses Mädchen war zu beneiden, nicht um die Dinge welche sie erlebt hatte, nicht darum, dass sie mit Ryan reiste. Sie war um ihre Arglosigkeit zu beneiden, um ihr Vertrauen.

Ayesha besaß etwas, dass Ryan selbst schon vor vielen Jahren verloren hatte, wenn nicht sogar nie besessen hatte.

Sie besaß die Fähigkeit zu vertrauen, auch wenn ihr die Menschen fremd waren. Ein leiser Seufzer entfuhr ihrer Kehle, sie fragte sich warum sie gerade jetzt überall diese Dinge nachdachte.

Warum gerade jetzt?

War es durch die Worte Teleris?

Durch das Mädchen? Sie wußte es nicht, nie zuvor hatte sie sich darüber Gedanken gemacht, hatte nie einen Gedanken daran verschwendet was sie zurück ließ wenn sie ging.

Ryan spürte die Blicke auf ihrem Rücken, abschätzend, musternd und mit diesem Gefühl behaftet, dass das Mädchen nicht wußte, ob sie auch ihr vertrauen konnte.

Leise streifte der Wind das Blattwerk und ihr Gesicht, wehte einige Haarsträhnen in ihre Stirn und kühlte ihre erhitzen Gedanken.

Kurz schloß Ryan die Augen und hörte dieser Musik zu, für die meisten Menschen war es nichts besonderes.

Sie hörten nur das leise Rauschen, waren nicht in der Lage zu verstehen, was sie eigentlich hörten.

Für Ryan war es wie ein Wiegenlied, wie die liebevollen Worte einer Mutter, die sie ihrem Kind, bevor es einschlief, ins Ohr flüsterte.

Viele Jahre lang war diese Melodie ihr Wiegenlied gewesen, hatte sie in den Schlaf eintauchen lassen und ihr auch wenn es nur für einen kurzen Moment war, das Gefühl vermittelt, dass sie nicht alleine war.

"Einsamkeit," dachte sie und starrte vor sich hin ohne genau zu wissen was sie mit ihrem Blick fixierte.

"So leicht ist es in sie einzutauchen, so schwer ist es sie wieder zu verlassen.

Bei allen Götter, was denke ich da?"

Ryan schüttelte diesen Gedanken von sich, als wäre dieser ein paar lästige Regentropfen.

Hinter sich hörte sie wie Ayesha laut auflachte, unwillkürlich zuckte sie zusammen, als habe ein Schlag sie getroffen.

Es klang so unbeschwert in ihren Ohren, so fröhlich, ihr wurde bewußt, dass sie selbst schon lange nicht mehr auf diese Art und Weise gelacht hatte.

"Selbst das habe ich verlernt," dachte sie bitter und beschleunigte ihren Schritt.

Sie wollte das nicht hören, versuchte ihren Geist davor zu verschließen...doch tief in ihr hallte das Lachen Ayeshas immer noch ebenso wie die Worte Teleris.

"Versprich nichts was du nicht halten kannst."
 

Laut begann das Holz zu knacken, gab seinen Widerstand gegen die Flammen auf und ließ die Glut durch seine Fasern gleiten.

Still war es geworden, leise heulte eine Eule im Geäst der Bäume, die nächtlichen Bewohner des Waldes begannen sich zu regen um auf Beutefang zu gehen.

Müde streckte Ayesha ihre Glieder, sie fühlten sich steif und taub an. Sie waren lange gelaufen, länger als sie es von Ryan gewohnt war. Für einen Moment schloß Ayesha ihre Augen.

Sie hörte das Knacken in der Glut, hörte die nächtlichen Geräusche des Waldes und den gleichmäßigen Atem Widos, der sich neben ihr zusammen gerollt hatte und schlief.

Auch ihn hatte das Laufen angestrengt und er war kurz nach dem sie einen Lagerplatz gefunden hatten eingeschlafen.

Loba hatte ihren Kopf auf Ayeshas Knie gelegt und sie hörte auch den leise pfeifenden Atem der Wölfin.

Beruhigend strich Ayesha Loba über ihr Fell und die Wölfin zuckte kaum merklich mit ihrem Kopf.

Ayesha war dankbar für die Anwesenheit dieser zwei, es beruhigte sie nicht mehr mit Ryan alleine zu sein.

Immer noch war diese Angst in ihr nicht verschwunden, immer noch versuchte sie Ryan abzuschätzen und immer noch glaubte sie, dass diese Frau etwas geheimnisvolles an sich hatte.

Vorsichtig öffnete Ayesha wieder ihre Augen und blickte zu Ryan hinüber die dicht am Feuer saß und ihren Blick in die Glut gerichtet hatte.

Den ganzen Tag über hatte sie kein Wort gesprochen, war wieder so stumm geworden, wie Ayesha sie kennengelernt hatte. Sie glaubte zu wissen, an welchem Ort ihre Gedanken waren.

"Sie denkt bestimmt an Teleri," dachte sie und blickte verstohlen zu Ryan hinüber.

Immer noch fragte sie sich wie Ryan so einfach gehen konnte, und warum Teleri das auf sich nahm. Sie hatte an jenem Morgen den Schmerz in Teleri's Augen gesehen.

Wido und sie hatten in einiger Entfernung auf Ryan gewartet, es war beiden klar, dass sie in diesem Augenblick störten.

Dennoch war es Ayesha nicht entgangen auf welche Art und Weise Teleri Ryan angeblickt hatte, es war ein flehender, ängstlicher Blick in ihren Augen gewesen, so als wollte sie auf diese Weise Ryan verdeutlichen, dass sie bei ihr bleiben sollte

"Sie würde für Ryan sterben," erinnerte sich Ayesha an die Worte Widos. Sie fragte sich, wie es wohl sein mußte einen anderen Menschen so zu lieben.

Sie kannte diese Art von Liebe nicht, noch nie in ihrem Leben gab es einen anderen Menschen als ihren Vater den sie geliebt hatte.

"Warum starrst du mich so an," die Stimme Ryans riß sie aus ihren Gedanken, und Ayesha schüttelte leicht ihren Kopf.

Sie senkte ihren Blick, ihr war nicht bewußt gewesen, dass sie Ryan die ganze Zeit angestarrt hatte.

"Es tut mir leid," sagte sie leise.

"Ich wollte dich nicht beleidigen."

"Wer hat gesagt, dass du mich beleidigt hast?" fragte Ryan und stocherte mit einem Stock in der Glut.

"Ich wollte nur wissen, warum du es tust, aber beleidigt hast du mich deshalb doch nicht, Kleine."

Ayesha hörte wie Ryan leise lachte und aus ihren Muskeln wich die Anspannung. Sie lächelte freundlich, hob den Kopf Lobas vorsichtig an, um die Wölfin nicht zu wecken und rückte näher an Ryan heran.

"Wie lange werden wir noch brauchen?" fragte sie und sah, wie Ryan nachdenklich den Kopf hin und her wiegte.

"Das kann ich dir nicht genau sagen. Es hängt zum einen davon ab, wie schnell wir voran kommen, und zum anderen können wir nicht auf den befestigten Wegen gehen."

"Warum?" fragte Ayesha und hob eine Augenbraue.

"Zu gefährlich," war die knappe Antwort die sie erhielt.

Stille kehrte zwischen ihnen ein, eine seltsame Anspannung lag auf Ayesha und sie ließ zischend die Luft aus ihren Lungen entweichen, sie spürte, dass sie nervös war.

So nah war sie Ryan bis jetzt noch nie gewesen, sie hörte ihren Atem, der ungleichmäßig aus ihrer Kehle entrann.

"Ist sie auch nervös?" fragte sie sich und blickte kurz zu ihr hinüber.

Das Feuer tauchte ihr Gesicht in einen warmen Schein und in ihren Augen blitzte es auf.

In diesem Moment erschien sie ihr gar nicht mehr wild und gefährlich.

Da war etwas an ihr, was Ayesha bis jetzt noch nicht bemerkt hatte. Auch in Ryan schien eine Seite zu existieren, die nicht rauh zu sein schien, sondern auf eine besondere Weise verletzlich wirkte.

Sie konnte nicht ergründen woran es lag, aber in diesem Moment glaubte sie etwas zu sehen was Ryan sonst vor allen versteckte.

Sie zeigte ihr etwas an sich, von dem Ayesha nie geahnt hätte, dass es auch diese Seite in ihr gab.

"Sie ist gezeichnet," dachte Ayesha und konnte ihren Blick nicht von Ryan's Gesicht nehmen.

"Ich würde gerne wissen was ihr passiert ist."

Unter dem forschenden Blick der auf ihr lag wurde Ryan nervös, sie spürte, dass Ayesha versuchte sie zu verstehen.

Ihr gefiel dieser Blick nicht mit dem das Mädchen sie ansah.

Nervös strich sie sich einige Haarsträhnen aus der Stirn und versuchte nicht in ihre Richtung zu blicken.

Mit jeder Faser ihres Körpers spürte sie diese Spannung, die über ihnen lag.

Sie wußte, dass das Mädchen sie etwas fragen wollte, und sie fürchtete sich davor.

"Warum fürchte ich mich vor ihr?" fragte sie sich und wagte nun doch kurz Ayesha anzusehen.

Ihre grünen Augen blickten sie nachdenklich an, einige ihrer schwarzen Haarsträhnen wurden ihr von dem Nachtwind in die Stirn geweht und sie strich sich die Strähnen hinter ihr Ohr.

Erst jetzt fiel Ryan auf, dass das Mädchen schön war.

Nicht auf die gleiche Weise wie Teleri, aber sie hatte etwas an sich, was sie schön aussehen ließ.

Je länger sie in die Augen Ayeshas blickte, um so unruhiger wurde sie, es kribbelte in ihren Fingern, sie ballte sie zu Fäusten und schlug ihre Augen nieder.

"Ich werde dich schon nach hause bringen," sagte sie und verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust.

"Das weiß ich," sagte Ayesha und lächelte.

"Wido hat es mir auch gesagt, dass ich niemanden besseres als dich finden würde."

Ryan lachte leise und trank einen Schluck Wasser.

"Wido redet zuviel," sagte sie und schaute kurz zu ihrem schlafenden Freund hinüber.

"Das hat er schon immer getan, er hält zu große Stücke auf mich."

"Ist dir das unangenehm?" fragte Ayesha und sah sie durchdringend an.

"Er hat mir nur soviel erzählt, wie ich seiner Meinung nach wissen darf."

Ryan hob ihren Kopf, in ihren Augen blitzte es gefährlich auf und Ayesha mußte hart schlucken.

"Und? Hast du alles erfahren was du wolltest?" fragte sie und in ihrer Stimme schwang ein seltsamer Unterton mit.

Nicht gefährlich, aber irgend etwas hatte sich in ihrer Stimme verändert, sie war kälter geworden.

"Nein, ich würde gerne mehr über dich wissen," sagte Ayesha, doch ihre Stimme kam ihr mehr wie ein Flüstern vor.

Wie die Augen einer Katze glühten Ryans Augen auf, sie kam näher an Ayesha heran.

Am liebsten wäre Ayesha aufgesprungen und davon gelaufen, doch ihr Körper gehorchte ihr nicht. Sie kämpfte die Angst die langsam in ihr hoch kroch nieder und blieb wo sie war.

Ryan suchte die Augen von Ayesha und blickte sie an, in den grünen Augen ihres Gegenübers sah sie Angst auflodern.

Sacht flackerte sie auf, glühte und versuchte das sich Ayesha's Augen zu weiten begannen. Fest blickte Ayesha sie an, versuchte nicht ihrem Blick auszuweichen sondern ihm stand zu halten.

"Stärker als ich glaubt hatte," dachte Ryan.

Sie spürte, dass das Mädchen sich fürchtete, ihr Körper war angespannt. Ihr Atem, welchen sie auf der Haut spürte, war schneller geworden. Dann drehte Ayesha abrupt ihren Kopf weg.

Ryan hatte gewonnen.

Sanft drehte sie Ayeshas Kopf in ihre Richtung und zwang sie erneut in ihre Augen zu sehen.

"Siehst du, du fürchtest dich vor mir," sagte sie und das Blitzen in ihren Augen verlosch so schnell wie es gekommen war.

"Glaub mir, Kleine. Du willst bestimmt nicht mehr von mir wissen, denn dann, würdest du mich erst richtig fürchten."

"Und woher nimmst du die Erkenntnis, dass ich mich vor dir fürchte?" fragte Ayesha.

Sie versuchte es fest und selbstsicher klingen zu lassen, doch sie wußte, dass sie in diesem Moment sich selbst belog.

Ryan lächelte kalt und verstärkte den Druck um ihr Kinn.

"Ich weiß es, jeder fürchtet sich vor mir," sagte sie bestimmt.

"Ich merke es durch die Art wie du mich anblickst, dass du zurück schreckst wenn ich mich in deiner Nähe aufhalte.

Du hattest bis jetzt noch nicht einmal den Mut mit mir zu sprechen. Deine Augen verraten dich."

Ryan ließ ihre Hand sinken und nahm den Blick von Ayesha, sie verstummte und richtete ihren Blick wieder auf die Flammen.

Vorsichtig berührte Ayesha die Stelle an welcher Ryan sie berührt hatte, sie fühlte sich heiß unter ihren Fingerspitzen an, nur langsam löste sich Ayesha aus ihrer Starre und blickte Ryan gefaßt an.

Sie hatte so etwas erwartet, war vorbereitet auf diese Reaktion gewesen und dennoch, es hatte sie spüren lassen, dass Wido Recht hatte.

"Sie haßt es wenn Mensch in sie hin ein blicken können."

Aber hatte sie das wirklich? Hatte sie eben gerade die Person gesehen welche Ryan wirklich war?

Oder war auch das nur eines ihrer Spielchen gewesen mit denen sie sich andere vom Hals hielt?

Zaghaft, als wolle sie ein wildes Tier berühren, streckte Ayesha ihre Hand aus und legte sie auf Ryans Unterarm. Sie spürte, wie erschrocken Ryan über diese Geste war, doch sie machte keine Anstalten Ayeshas Hand weg zu schlagen.

"Auch wenn du es nicht hören willst," flüsterte sie.

"Ich vertraue und ich fürchte mich jetzt nicht mehr vor dir."

Sanft drückte sie zu, plötzlich legte sich eine weitere Hand auf die ihre und erwiderte den Druck.

"Geh jetzt schlafen," sagte Ryan und nahm ihre Hand fort. "Wir haben Morgen einen langen Weg vor uns."

Schweigend nickte Ayesha, erhob sich und legte sich neben Loba nieder. Die Wölfin blinzelte leicht und rutschte näher an Ayeshas Körper heran.

Ayesha spürte die Wärme Lobas und schlang einen Arm um den Körper der Wölfin.

"Gute Nacht, Ayesha," hörte sie Ryan leise sagen und sie lächelte.

"Ja, gute Nacht," sagte sie und blickte noch einmal kurz zu ihr hinüber.

Ihr Gesicht war verschlossen, doch für einen kurzen Augenblick, kaum länger als der Schlag eines Herzens, glaubte Ayesha zu sehen, dass Ryan lächelte.

"Wer bist du wirklich?" dachte sie noch bis ihr Körper der Müdigkeit und der Anstrengung nach gab.

Sanft schlugen die Schwarzen Schwingen des Schlafes über ihr zusammen und ließen ihren Körper in einen traumlosen Schlaf gleiten.
 

Nervös atmete Ryan aus, fuhr sich mit allen zehn Fingern durch ihr Haar, als könnte sie so das Chaos das in ihrem Kopf herrschte ordnen.

Über den Schein des Feuer hinweg blickte sie Ayesha an. Sie sah wie sich ihr Brustkorb leicht hob und senkte und sie friedlich schlief.

"Warum vertraust du mir, Kleine?" dachte sie und glaubte immer noch den sanften Druck auf ihrem Arm zu fühlen.

"Du hast doch keine Ahnung, keine Ahnung."

Sie stützte ihr Kinn auf ihre Handflächen und blickte in das Feuer, sie fragte sich, ob sie in der Lage war Ayesha zu vertrauen?

Sie fragte sich, ob sie ihr vielleicht nicht doch alles erzählen sollte.

Nein, das war unmöglich, sie würde das Mädchen in Gefahr bringen, in die gleiche Gefahr, mit welcher Teleri und Wido schon so viele Jahre lang lebten.

"Aber ich würde ihr gerne vertrauen können," dachte sie und blickte noch einmal zu Ayesha hinüber.

"Glaub mir," flüsterte sie leise. "Ich würde es gerne können, doch ich kann es nicht, noch nicht..."
 

Nachwort:

So, das war dann also das sechste Kapitel. Ich hoffe, es hat euch Spaß gemacht auch dieses Kapitel zu lesen. Dieses mal wollte ich, dass man mal etwas mehr von Ryan erfährt und sie als Person näher kennenlernt. Hoffe mal, ich habe euch jetzt nicht noch mehr verwirrt... ich glaub ich mach mir um zu viele Dinge einen Kopf ^^.

Ich bedanke mich wieder dafür, dass einige meine Geschichte lesen und grüße an dieser Stelle meine "treuen" Leser. DANKE an euch!!!

Ich hoffe, ich kriege das nächste Kapitel vor meinem Urlaub hin, wenn nicht, wird es dann leider etwas dauern bis ich weiterschreiben kann...

Tja, ich sag noch mal DANKE an alle.

Bis bald, wir lesen uns

Adios seen



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Igel242002
2003-07-19T21:10:53+00:00 19.07.2003 23:10
Hi!
Und wieder ein klasse Kapitel. Es gefällt mir gut, dass du dir Zeit nimmst die Landschaft ausführlich zu beschreiben, und das auch noch auf sehr schöne Art. Dadurch wirkt die Szene noch eindringlicher, und es passt auch gut zur Stimmung der Charaktere. Ich hoffe das nächste Kapitel schaffst du noch vorher, aber wenn nicht ist es auch okay. Schliesslich gibt es Dinge auf die zu warten sich lohnt.
Jedenfalls viel Spass im Urlaub!
Von:  Dokkaebis_Wife
2003-07-19T20:12:53+00:00 19.07.2003 22:12
Hallöchen! ^^

Wow, man das Kapitel war schnell gelesen, kaum hab ich angefangen, hab ich es richtig verschlungen und war fertig... ^^
Tjaja, Ryan wird mir immer symphatischer.
Ich mag deinen Stil einfach und ich schließe mich bighole an, ich glaube auch, Metaphern bemerkt zu haben ^____^
Bin mal wieder riesig gespannt, wie es weiter geht ^^

Hdl Mi ^^
Von: abgemeldet
2003-07-19T19:58:19+00:00 19.07.2003 21:58
Tach!
Wieder einmal sehr gut geschrieben! Man kann die Gefühle und Gedanken von Ayesha und Ryan ziemlich gut nachvollziehen, denn du hast auch Metaphern verwendet (oder hab ich mir das nur Eingebildet??), was ziemlich zum Verständniss der Situationen und Gefühle beigetragen hat (jedenfalls bei mir).
Wiedereinmal ein großes Lob an dich! Mach weiter so!

Mata ne
bighole

PS: Wo geht's denn hin im Urlaub?


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