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No soy nadie

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De vuelta en casa

Teil 2: De vuelta en casa
 

An einem warmen Sommertag im Jahr 2010 stand Santiago Álvarez auf der VIP Tribüne im Unterrang des Estadio Vicente Calderón und beobachtete das übliche Prozedere aus sicherer Distanz. Der Club, bei dem er schon Jahrzehnte als Teambetreuer arbeitete, stellte gerade einen neuen Spieler vor. Santiago hatte das Verfahren bereits etliche Male gesehen, so dass er schon vorher nur halb zugehört hatte, als der Clubpräsident Enrique Cerezo und später der Ex-Stürmer Jesús García Pitarch, der nun der Sportdirektor der rot-weißen war, den neuen Spieler im VIP-Raum vorstellte und seine Fähigkeiten anpries. Zusätzlich brauchte er sich die Einschätzung aller zu dem neuen Spieler dieses Mal auch nicht anzuhören, denn er kannte den knapp 1,90 m großen jungen Mann, der gerade in einer dunkelblauen Jeans und mit dem rot-weiß gestreiften Trikot in der Hand, auf dem Rasen und für die Fotos der Journalisten posierte, schon seit Jahren.
 

Santiago erinnerte sich noch gut daran, als der junge defensive Mittelfeldspieler, der jetzt dazu übergegangen war einen Ball auf seinem rechten Fuß zu jonglieren, mit 18 Jahren unter Trainer Carlos Bianchi debütiert hatte. Es kam ihm vor als wäre es gestern gewesen, dass der junge Mann sich an dem Novemberabend die Trainingsjacke auszog und von Fernando Torres, der damals der Kapitän des Teams war, angefeuert fünf Minuten vor dem Ende des Spiels gegen den FC Sevilla auf den Platz gelaufen war. Die Tatsache, dass das ganze jetzt schon vier Jahre her war und der Spieler inzwischen einiges von Spanien gesehen hatte, ehe er nun zurück zu seinem Jugendklub kam, erinnerte ihn daran, dass er mit seinen 63 Jahren auch nicht mehr der Jüngste war.
 

Als der Mannschaftsbetreuer des Teams war er stets ein wenig das Mädchen für alles und kümmerte sich darum, dass die rot-weißen Spieler auch keine Probleme hatten. Er war die helfende Hand im Hintergrund und kümmerte sich um alles abseits des Platzes. Das fing an bei banalen Sachen wie der Suche nach einem Handy oder einer Wohnung und ging bis dahin innerhalb von zwei Stunden ein Kindermädchen zu organisieren. Er musste zugeben, dass er so viel erlebt hatte, denn teilweise waren die Sachen aufgrund der exzentrischen Natur einiger Spieler sogar so ausgefallen, dass er sich sicher war sie eines Tages in einem Buch niederschreiben zu müssen. Santiago war in der Lage gefühlte 30 Sachen gleichzeitig zu machen ohne auch nur irgendein klitzekleines Detail zu vergessen. Das war auch der Grund warum er immer noch da war und unzählige Spieler, Trainer, Sportdirektoren und sogar Präsidenten überlebt hatte. Man vertraute ihm. Er war bereits so lange im Club, dass man ihn schon fast als Inventar des Clubs betrachten konnte. Über seine Nachfolge hatte man sich nie Gedanken gemacht und man hatte auch nie angedeutet, dass es irgendwann einmal gut sein sollte. Santiago blickte herüber in die vierte Reihe rechts von der Ersatzbank und driftete in Gedanken ab. Dort waren die Dauerkartenplätze seiner Familie. Er selbst hatte immer davon geträumt, dass eins seiner vier Kinder einmal in seine Fußstapfen treten würde, aber irgendwie war es dann doch anders gekommen.
 

Seine beiden Söhne hatten mochten zwar Fußball und gingen gerne ins Stadion und frequentierten ihre Plätze dort ziemlich oft, hatten aber keinerlei Interesse daran den Job zu übernehmen und Santiago hatte sie auch nicht dazu gedrängt. Nun war sein ältester Sohn Arzt und sein jüngerer Sohn arbeitete als Lehrer. Und seine beiden Töchter waren für ihn aus Prinzip nie für den Job in Frage gekommen, obwohl seine jüngste Tochter gute Kontakte zu Innenverteidiger Álvaro Domínguez hatte, mit dem sie zusammen zur Schule gegangen war, und zu dem sie bereits eine lange Freundschaft pflegte. Im Haifischbecken des Profifußballs als Teambetreuer zu arbeiten, war seiner Meinung nach auch kein Job für eine Frau. Leider spielten, vor allem in den letzten Jahren, viel zu oft irgendwelche Interessen im Hintergrund eine Rolle. Auch wenn seine Kinder allesamt einen anderen Weg eingeschlagen hatten, war er stolz auf alle seine Kinder. denn alle hatten sie einen guten Job bekommen und teilweise sogar schon eine Familie gegründet.
 

Nur wenig später wartete der kleine, rundliche Spanier mit einer Zigarette in der Hand am Ausgang neben seinem Dienstwagen auf seinen neuen Spieler um ihn zum Trainingsgelände nach Majadahonda zu bringen, wo er sein erstes Training unter Coach Quique Sánchez Flores absolvieren sollte.
 

Der dunkelhaarige Fußballspieler blickte sich suchend um, als er den VIP Raum des Estadio Vicente Calderón verließ und die weiße Marmortreppe hinunter zur Mixed Zone des Stadions ging wo heute die Dienstwagen geparkt wurden. Er hatte sein Glück gar nicht so recht fassen können, als sein Berater ihm vor ein paar Tagen eröffnet hatte, dass Atlético Madrid seine vertraglich vereinbarte Rückkaufoption ziehen würde und ihn zurück an den Manzanares holen wollte. Sein Traum ein fixer Bestandteil des rot-weißen Teams zu sein, würde nun nach Jahren der harten Arbeit endlich wahr werden. Vorbei waren die Jahre in denen man ihn zum Sammeln von Spielpraxis an andere Clubs zunächst in die zweite Liga verliehen und ihn dann sogar mit Rückkaufoption verkauft hatte. Er musste zugeben, dass er nachdem er sich durch die Jugendkategorien des Clubs nach oben gearbeitet hatte, noch viel zu lernen hatte und ihm die Erfahrungen, die er außerhalb des Clubs sammeln konnte definitiv nicht geschadet hatten. Bei seinem letzten Club hatte er hervorragend gespielt, das wusste er, und nur das hatte ihm seine zweite Chance seinem Jugendclub beschert. Das hier würde seine letzte Chance sein und die wollte er nutzen.
 

Als er am Mittag in Madrid angekommen war, hätte er, hoch motiviert wie er war, am liebsten sofort angefangen mit dem Training und sich zu seinen Teamkameraden und dem neuen Trainer begeben, aber er hatte erst das übliche Prozedere mit Vertragsunterschrift und anschließender Präsentation im Stadion absolvieren müssen. Er merkte, dass er darin nach all den Jahren sogar schon eine gewisse Form der Routine hatte. Das hatte er nun aber erfolgreich hinter sich gelassen und nun konnte er endlich loslegen. Schon nach kurzem Suchen erblickte er den Teambetreuer Santiago Álvarez. Er lächelte. Manche Dinge in dem Chaos-Club änderten sich nie. Santiago gehörte definitiv dazu, denn er kannte den Club gar nicht ohne Santiago. Schon als er noch ein Junge war, war der Mann immer um die A-Mannschaft herum gewesen. Santiagos Haare waren seit dem letzten Mal etwas grauer geworden, aber ansonsten sah er noch exakt den gleichen Mann sich an den KIA Dienstwagen lehnen, der ihn damals aus Madrid verabschiedet und zu ihm gesagt hatte, dass er sicher sei, dass er eines Tages wiederkommen würde.
 

Lächelnd ging der Spieler zu Santiago herüber und begrüßte ihn mit einer freundschaftlichen Umarmung. Santiago erkundigte sich direkt nach seinem Wohlbefinden und dem Verlauf des Fluges und der Präsentation. Er antwortete nur kurz. Eigentlich wollte er nur so schnell es ging zum Trainingsgelände nach Majadahonda um mit dem Training anzufangen.
 

Auf der gut zwanzig minütigen Fahrt in den Vorort von Madrid wo Atléticos Trainigsgelände beheimatet war, hielt Santiago ihn mit Fragen nach seiner Zeit bei seinem vorherigen Club bei Laune. Ja, er hatte es dort gemocht. Er hatte super Mitspieler, einen netten Trainer und eine gute sportliche Perspektive gehabt, aber dieses Angebot hatte er echt nicht ausschlagen können, denn egal wie sehr er seinen Ex-Club mochte, Atlético bot ein anderes Kaliber. Der Club hatte schließlich die Europa League gewonnen und stand nun in ein paar Wochen in Monaco im Finale des UEFA Super Cups, wo sie auf Inter Mailand treffen würden.
 

Um nicht die ganze Fahrt über nur über sich zu reden, lenkte der Fußballspieler das Thema schließlich auf den Teambetreuer und ließ sich berichten, was in seiner Abwesenheit denn alles so passiert war. Seine Eltern und seine Geschwister lebten zwar auch in der Nähe von Madrid, aber den internen Fußballer-Flurfunk, den bekamen sie logischerweise nicht mit. Erwartungsgemäß hatte Santiago dem Spieler so einiges zu erzählen.
 

Auf dem Trainingsgelände in Majadahonda angekommen sah der Spieler sich zunächst einmal um. Viel hatte sich hier nicht verändert. Am Eingangstor stand ein anderer Sicherheitsmann als früher, aber der Rest sah noch komplett identisch aus. Das Gebäude in dem sich die Kabinen befanden benötigte immer noch mindestens einen Anstrich. Er lächelte, denn er fühlte sich direkt als wäre er nie fort gewesen. Santiago brauchte ihm den Weg in die Kabinen gar nicht zu erklären und der defensive Mittelfeldspieler eilte zielstrebig auf direktem Weg in die Kabine um sich umzuziehen, denn seine Teamkameraden trainierten bereits seit einer knappen dreiviertel Stunde auf dem Trainingsplatz zwei.
 

In der Kabine erwartete ihn einer der Physiotherapeuten des Teams mit bereitgelegten Trainingssachen. Santiago hatte am Vormittag schon bei der örtlichen Niederlassung seines Schuhausrüsters ein paar Fußball- und ein paar Laufschuhe für ihn abgeholt. Die restlichen Dinge würde sein Ausrüster in den nächsten Tagen vorbeibringen. Eilig zog der Fußballer eine kurze Trainingshose und ein ärmelloses Trainings-T-Shirt an, schnürte seine Laufschuhe und nahm seine Fußballschuhe in der Hand mit herüber zum Trainingsplatz.
 

Als er den Rasen des Trainingsplatzes zwei betrat, wandten sich alle Spieler und das Trainerteam zu der Neuankunft um, um ihn zu begrüßen. Neben einigen ihm nur aus Spielen gegen Atlético bekannten und neuen Gesichtern blickte er zu seiner Zufriedenheit auch in einige altbekannte Gesichter von Spielern die er aus dem Jugendkategorien kannte bzw. die schon beim Club waren als er damals ging, die er dann allesamt mit einer freundschaftlichen Umarmung begrüßte. Aber er war nicht zum Smalltalk hier, entsprechend war er ganz froh, dass der Trainer schon nach einigen Minuten das normale Training wieder aufnahm.
 

Nach dem Training blieb der defensive Mittelfeldspieler noch auf dem Trainingsplatz um sich mit dem Trainerteam zu unterhalten, während die anderen sich bereits duschen und umziehen gingen. Sein neuer Trainer setzte sich mit ihm zusammen auf eine Treppe um ein paar Dinge zu erklären und ihm darlegte was er von ihm erwartete und wie er arbeitete.
 

Erst eine halbe Stunde später macht der Spieler sich dann auf zurück vom Trainingsplatz zwei zur Kabine, die auf dem Gipfel eines kleinen Hügels lag. Kurz bevor er oben ankam blieb er stehen, drehte sich um, lehnte sich an den Zaun und beobachtete aus der Entfernung das Training der B-Mannschaft auf einem anderen Platz für ein paar Minuten. Das waren noch Zeiten gewesen als er selbst auf diesem Platz trainiert hatte, immer in der Hoffnung eines Tages einmal ein richtiger Profi zu sein und für die A-Mannschaft zu spielen. Vor einem Jungen, den er nicht kannte, kniete eine dunkelhaarige Frau und tat irgendwas an seinem Fuß. Er konnte es nicht genau erkennen, vermutete aber dass sie Tape an seinem Fuß anbrachte. Es gab also doch eine Veränderung hier. Er war sich nicht ganz sicher, aber irgendwie kam ihm die Frau in dem Trainingsanzug bekannt vor. Er wusste nur nicht wieso.
 

Wohlwissend, dass er schon früh genug herausfinden würde was ging er zurück in die Kabine um zu duschen. Er überlegte kurz einen seiner Mitspieler nach ihr zu fragen, entschied sich dann aber dagegen, zog sich aus und ging duschen während seine Teamkameraden schon damit beschäftigt waren sich anzuziehen.
 

Eine gute Stunde später verließ er zufrieden die Kabine des Teams. Er hatte viel gelacht. Seine neuen und alten Teamkameraden schienen allesamt ein sympathischer Haufen zu sein. Er würde sicher keine Probleme haben sich hier wieder einzugewöhnen. Suchend sah er sich nach Santiago der ihn zurück in die Stadt bringen wollte, da er seinen Dienstwagen erst morgen kriegen würde. Sein Teambetreuer war jedoch weit und breit noch nicht zu sehen. Er überlegte kurz in der Bäckerei auf der anderen Straßenseite einen Kaffee zu trinken oder etwas zu essen, entschied sich dann aber dazu Santiago einfach zu suchen. Aus der Vergangenheit wusste er, dass der Teambetreuer gerne das Training der anderen Mannschaften guckte. Vermutlich war er also irgendwo in der Nähe der Trainingsplätze.
 

Der Fußballer machte sich entsprechend auf den Hügel wieder herabzusteigen und passierte das Gebäude der medizinischen Abteilung, welches ein wenig unterhalb der Kabinen lag.
 

Als er um die Ecke neben dem Gebäude bog, spürte er, wie er gegen jemanden prallte und dieser jemand ins Stolpern geriet. Geschickt fing er die Person auf. Das nächste was er hörte war eine Frauenstimme die „Entschuldige“, murmelte. Er sah hinab zu seinem gegenüber und blickte in ein paar bekannter grüner Augen die von Sommersprossen eingerahmt waren. Er blinzelte zweimal um sicherzugehen, dass er nicht halluzinierte aber auch nach dem zweiten Blinzeln war sie immer noch da und sah ihn an. Ihre braunen Haare waren zu einem Zopf zurück gebunden und das blaue Kleid hatte sie gegen einen Trainingsanzug und Turnschuhe getauscht aber sie war es definitiv. Nun wusste er, warum sie ihm bekannt vorgekommen war.
 

„Ah. Wie ich sehe seid ihr euch schon über den Weg gelaufen.“ Kam eine Stimme von hinten. Er wandte sich um und blickte das Gesicht seines Teambetreuers und merkte dass er sie immer noch festhielt und half ihr auf. „Mario, ich denke du erinnerst dich an meine Tochter Maria Graciela. Graciela, das ist Mario Suárez, unser neuer, alter defensiver Mittelfeldspieler.“
 

To be continued



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