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The chains that connect the world are in our hearts

~Holding the will to fight in our hands~
von

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Leute, es wird böse.

Wirklich böse.

Wer weiter liest tut es auf eigene Gefahr. Ich hab euch gewarnt!

Das Rating ist nicht umsonst so hoch!
 

Vielen Dank an die Kommentatoren und für die Favos! :)
 

Widmung wie immer,

liebe Grüße,
 

Sora
 

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„Levi, warte kurz!“

Er beschleunigte seine Schritte, bis er zu dem jüngeren Corporal aufgeschlossen hatte und nun bequem neben ihm herlaufen konnte. „Die letzten Unterlagen, die du mir gebracht hast, müssen wir gemeinsam noch einmal durchgehen, da bestehen einige Unstimmigkeiten, die ich gern mit dir klären möchte.“

Er wusste, Levi machte keine Fehler, also musste das Problem irgendwo anders liegen… und diese Fehlerquelle mussten sie ausfindig machen und eliminieren. Fehlerhafte Protokolle könnten ihnen zum Verhängnis werden, wenn ihnen jemand etwas anhängen wollte… und er kannte mindestens zwei Leute, die ihre Einheit lieber gestern als heute schließen und sie beide vernichten wollten. Sie durften ihnen keine Beweise für eine nicht vorhandene Unzulänglichkeit liefern, denn die daraus resultierenden Anschuldigungen würden sie viel Kraft und Zeit kosten, beides hatten sie nicht in dem Umfang, den sie brauchen würden, um das ohne Auswirkungen zu überstehen.

„Unstimmigkeiten? Was genau meinst du?“ Die Verwirrung in den Augen des Jüngeren war deutlich, doch Erwin ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Natürlich wusste er nicht, wovon er sprach, sonst hätte er die Fehler ausgemerzt, bevor die Unterlagen zu ihm gelangten. „Im Vergleich sind mir Dinge aufgefallen, die nicht möglich sein können… also wäre es gut, wenn du gleich in mein Büro kommen könntest.“ „Ja… sicher. Ich muss nur schnell noch selbst etwas nachkontrollieren, dann komme ich zu dir.“

Das Gesicht seines Partners war gewohnt gleichgültig, als er kurz den Kopf neigte und dann schnellen Schrittes davoneilte. Einen Moment blickte Erwin ihm noch hinterher, dann machte er sich selbst auf den Weg zurück in sein Büro, in welchem noch viel Arbeit auf ihn wartete.

Gerade saß er wieder an seinem Schreibtisch und beugte sich über seine Unterlagen, als es an seine Tür polterte. Er hob den Blick, runzelte verwirrt die Stirn und beobachtete, wie die Tür abermals unter dem lauten Pochen zu vibrieren schien. „Ja, bitte?“

Er legte das Papier aus seiner Hand zurück in die Mappe und schloss diese, verschloss seinen Stift und legte diesen darauf, als würde er die Unterlagen damit noch weiter schützen wollen, während die Tür aufgestoßen wurde und mehrere Männer vor ihm standen. Sie betraten sein Büro, welches ihm mit einem Mal viel zu klein vorkam und wichen schließlich zu beiden Seiten zurück, sodass sich zwischen ihnen ein kleiner Weg bildete, durch welchen sich eine ihm nur allzu bekannte Person in seine Richtung bewegte, den Blick fest auf ihn gerichtet, mit einem kühlen Ausdruck im Gesicht, welcher ihn beinahe zum Erschaudern brachte. Nur die Tatsache, dass er bisher noch immer am weitesten mit seiner Kontrolle gekommen war, ließ ihn ruhig bleiben. Statt sich aufzuregen erhob er sich langsam, um nicht weiterhin den Anschein der Unterwürfigkeit zu erwecken, musterte jeden einzelnen der anwesenden Männer ruhig, ehe sein Blick auf den fiel, welcher das alles hier scheinbar zu verantworten hatte. „Du?“

Er musterte den andern Mann und schüttelte den Kopf. „Was solltest du hier wollen?“
 

Der andere Mann sah ihn an, dann legte sich ein Grinsen auf seine Lippen. „Was ich hier will? Dich. Gegen dich liegt ein Haftbefehl vor, Smith. Ich habe ihn gleich hier, falls du mir nicht glaubst. Du wirst unverzüglich unter Arrest gestellt und mich in die Zellen begleiten. Ich bin befugt, dich bei Missachtung des Befehls mit den notwendigen Mitteln dazu zu bringen, also solltest du lieber gleich mitkommen.“

„…ein Haftbefehl? Und was sind die Anschuldigungen?“ „Einiges. Missbrauch deiner Position, Verschwendung von Geldern und Ressourcen, Fälschung von Berichten und Irreführung der Justiz. Darüber hinaus noch einiges mehr, allerdings ginge es wohl jetzt zu weit, all deine Verfehlungen aufzuführen und noch mehr Zeit zu verschwenden. Dank dir befinden wir uns in einer wirklich angespannten Situation und ich bin nicht gewillt, dich länger als nötig auf freiem Fuß zu behalten. Du bist von nun an unter Arrest gestellt und wie ich schon einmal sagte: Solltest du dich weigern uns zu begleiten und deine vorläufige Inhaftierung behindern, werden wir zu den entsprechend notwendigen Maßnahmen greifen. Verstehen wir uns?“

Noch immer war der Blick des Commanders gelassen, auch wenn er innerlich hart schluckte. Er wusste nicht, wovon sie da sprachen oder was ihr Beweis sein sollte, aber wenn er sich jetzt widersetzte, würden sie ihn nicht nur dafür bestrafen, dies würde auch seine Chance auf Aufklärung stark beeinträchtigen. Was auf ihn zukommen würde, konnte er jetzt natürlich ebenfalls noch nicht vorhersehen, doch er hoffte einfach, dass sich dieser riesengroße Irrtum aufklären würde, noch bevor schlimmeres geschah.

„Das wird nicht nötig sein. Natürlich werde ich die Anschuldigungen respektieren und mich entsprechend benehmen, auch wenn ich versichern kann, dass nichts an den Vorwürfen dran ist. Ich habe mich nicht falsch verhalten und all meine Aktionen sind abgesegnet, sodass ich mir auch selbst nichts vorzuwerfen habe. Doch bis dieser Irrtum aufgeklärt ist, werde ich mich natürlich nicht einer Verhaftung entgegen setzen.“

Er durfte ihnen nicht zeigen, dass er sich den Befehlen widersetzen und damit tatsächlich das tun würde, was sie ihm vorwarfen.

„Sehr schön, mit nichts Anderem habe ich gerechnet.“

Mit ruhiger Stimme rief sein Gegenüber einen seiner Männer zu sich, ehe er sich erneut an ihn wandte und ihn nun mit einem fiesen Grinsen auf den Lippen musterte.

„Dann bitte ich dich, jetzt zu mir nach vorn zu kommen, damit wir dir die Fesseln anlegen können. Natürlich können wir nicht riskieren, dass du trotz deines Wortes versuchen solltest, die Flucht anzutreten. Stell dich bitte hier her und verschränke die Arme auf dem Rücken.“

Wieder tat Erwin, wie ihm geheißen, langsam trat er um den Tisch herum und drehte dem Mann den Rücken zu, verschränkte die Hände hinterm Rücken und konnte kurz darauf das raue Seil spüren, welches sich eng um seine Handgelenke schloss. „Bequem? Gut, dann können wir ja gehen!“

Scheinbar sah der Andere es gar nicht ein, sich diesen Triumph entgehen zu lassen… der Tag, an dem er ihn festgenommen hatte, schien ihm viel zu bedeuten, wie Erwin mit nur einem Blick in das spöttisch verzogene Gesicht erkennen konnte, nachdem man ihn herum gezerrt hatte.

„Und nun, führt ihn in die Kerker!“

Die Männer salutierten, während Er erneut durch das Spalier schritt und die Hände hinter seinem Rücken verschränkte. „Folgt mir. Ihr Idioten wisst sicher nicht einmal, wohin ihr gehen müsst.“, erklang nach kurzem Zögern abermals die Stimme ihres Anführers, woraufhin zwei der Männer sich ihm direkt anschlossen. Dann folgten die Beiden, welche den Gefangenen vor sich her führten, beide mit je einer Hand auf der Schulter des Kommandanten, wobei ihr eiserner Griff bewies, dass sie nicht einen Moment zögern würden, ihn für einen Fluchtversuch zu bestrafen.
 

Sobald sie den Kerker erreicht hatten, wurde Erwin in eine der dunklen, feuchten und recht kühlen Zellen geschmissen. Kitts Vermans Blick richtete sich auf den Gefesselten, während er einen seiner Männer zu sich heran winkte. „Ich will, dass ich der Einzige bin, der zu ihm gelassen wird. Bis ich wieder komme, bleibt immer wenigstens einer von euch hier stehen und bewacht ihn. Niemand wird zu ihm durch gelassen und erst recht spricht niemand mit ihm, klar soweit?“

Ein eindeutiger Salut war seine Antwort. Schließlich nickte er und wandte sich ab. „Ach… bevor ich es vergesse, Erwin. Du kannst deinem hübschen Bettwärmer danken. Es war Levi, der uns die entscheidenden Dokumente zugespielt hat.“

Das erste Mal, seitdem sie in sein Büro getreten waren, konnte er Unglaube und Verwirrung im Gesicht des Blonden erkennen. „Du glaubst mir nicht, hm? Soll ich ihn her schicken? Willst du dich selbst davon überzeugen? Er ist dir schon längst nicht mehr treu… wie auch. Jemand wie du… Nun, ich brauch das wohl nicht auszuführen, richtig?

Nun… ihr könnt ihm die Fesseln nehmen.“

In aller Ruhe wandte er sich nun endgültig ab und verschwand aus dem Kerker. Erwin sah zu, wie die Männer, welche ihn hier hinab begleitet hatten, so etwas wie einen Plan aufzustellen, wer ihn wann bewachen würde. Schließlich schienen sie zu einer Einigung gekommen zu sein, woraufhin sich die Gruppe auflöste und lediglich zwei von ihnen zurück blieben. Sie zogen einen Tisch und zwei Stühle heran, welche ein wenig weiter hinten in einer Ecke gestanden hatten und setzten sich gemütlich darauf, nachdem sie ihm tatsächlich die Fesseln gelöst hatten. Scheinbar glaubten sie nicht, dass er hier drinnen etwas anstellen konnte und die Wahrscheinlichkeit, dass er floh, war sowieso sehr gering. Davon abgesehen, dass er bei der Bewachung sicherlich auch nicht die Möglichkeit bekommen würde. Die Männer begannen, sich über ihre Familien zu unterhalten, während sie ab und an einen Blick zu ihrem Gefangenen warfen.

Erwin allerdings wusste nicht, was er von der ganzen Sache halten sollte. Levi sollte ihn verraten haben? Das konnte er sich nicht vorstellen, gerade, weil er wusste, dass der Jüngere ihn liebte. Richtig? Weshalb auch nicht?

Stumm schüttelte er den Kopf, erhob sich und setzte sich dann auf die schmale Pritsche, welche ihm als einzige Sitzfläche neben dem Boden blieb. Und nun? Jetzt war er erst einmal hier gefangen und musste sehen, dass er hier schon bald wieder heraus kam. Doch wem konnte er trauen und wer würde ihm helfen? Dass Verman einer der Ersten sein würde, die ihn hinter Gittern sehen wollten, das war ihm schon immer klar gewesen, aber dass er Levi da mit hinein zog, das gefiel ihm gar nicht. Er hoffte nur, dass sich das alles als der Unsinn herausstellen würde, der es immerhin auch war.

Er lehnte den Kopf nach hinten gegen die kalte Wand, schloss die Augen und versuchte, den seltsamen Geruch auszublenden, doch es war einfacher gesagt als getan. Je mehr er sich darauf konzentrierte, die Umgebung vergessen zu wollen, desto näher schienen die Wände zu kommen, es wurde immer kälter und der Geruch setzte sich schon innerhalb weniger Sekunden so tief in seinen Poren und in seiner Nase fest, dass er daran zu ersticken glaubte. Seine Finger zitterten und seine Beine zuckten unruhig, er zog sie an den Körper und legte die Arme darum, machte sich klein und versuchte, seine Ruhe zurück zu erlangen. Gar nicht so leicht, denn nun schienen auch die Gespräche außerhalb der Zelle lauter zu werden und das Gelächter der beiden Wachen drohte, ihm die Ohren zu sprengen.

Erwin atmete tief durch, die Erinnerungen an die letzten Jahre kamen in ihm hoch und er versuchte, damit die Trostlosigkeit seiner Situation ein wenig zu überspielen. Seufzend zog er die Decke von der viel zu schmalen Pritsche hoch, um sie sich über die Schultern zu ziehen, hoffte, so wenigstens ein bisschen Wärme zurück zu erlangen, auch wenn es im ersten Moment nicht zu funktionieren schien.

„Verflucht…“ „Hast du was gesagt, Gefangener?“ Einer seiner Bewacher hob den Kopf, während der Andere eine Hand vor den Mund schlug und sich eindeutig ein Prusten verbieten musste. „…nein, natürlich nicht.“, gab der Blonde zurück und fixierte seine Wachen, schüttelte den Kopf leicht, während er die Hände bewegte, damit sie wieder wärmer wurden. „Mit wem sollte ich auch sprechen.“, fügte er dann leise an, lehnte den Kopf wieder in den Nacken und gegen die kalte, feuchte Wand. Der Kerker war ungemütlich und irgendwie ekelig… hah, wäre Levi hier unten, wahrscheinlich hätte er um einen Eimer mit Wasser und einen Lappen gebeten, um wenigstens den Anschein zu wahren, dass es hier doch sauber sein könnte. Leider würde der Kleinere damit nichts erreichen… nicht hier, wo alles vermodert und verrottet war und stank, als würden sie die Leichen gar nicht erst wegbringen… ob sie in Scheibchen in das Essen der Gefangenen gesteckt wurden? Ein unwohles Gefühl stieg in ihm auf, sein Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken und er würgte trocken, vergrub das Gesicht in den Händen, während er die Ellenbogen fest gegen die Beine presste.

Verflucht, er drehte ja jetzt schon durch, dabei befand er sich gerade einmal ein paar Minuten, höchstens eine Stunde hier… wie sollte er es aushalten, bis er hier wieder heraus kommen würde? Mit geschlossenen Augen konzentrierte er sich auf seinen Atem, doch das mit dem Beruhigen funktionierte nicht so, wie es eigentlich sollte. Was genau warf man ihm eigentlich vor? Und was sollte das alles überhaupt? Als würde er davonrennen, nur weil man ihm sagte, dass angeblich gewisse Verdachtsmomente gegen ihn vorlagen?

„Levi… bitte klär das. Sonst komme ich hier nie wieder raus.“

Aus dem Gefängnis heraus war es bekanntlich schwer, sich irgendwie zu verteidigen oder Beweise zu finden, dass er nichts getan haben konnte… im Gegensatz dazu würden sie dort draußen ohne Probleme auch Nachweise fälschen und ihn immer tiefer in den Dreck ziehen können.

„Halt die Klappe, Großmaul, ich will nichts von dir hören!“

Und Erwin schwieg.
 

Die nächsten drei Tage schienen in Zeitraffer vorbei zu gehen. Immer wieder wachte er auf, wurde von Alpträumen geschüttelt oder spürte den kalten Schweiß auf seiner erhitzten Haut. Hätte er es nicht besser gewusst, er hätte vermutet, dass der Schimmel an den Wänden ihn langsam zermürbte… doch es machte keinen Sinn, paranoid zu werden, denn er wusste doch genau, dass der grün-gräuliche Belag alles konnte… aber er war nicht dazu in der Lage, sein Bewusstsein oder seine Wahrnehmung zu verändern.

Schritte näherten sich, klappernd wurden die Tabletts vor die Gittertüren gestellt und die Männer entfernten sich wieder- Zeit für ihr Mittagessen- seit zwei Tagen war die Zelle direkt neben ihm ebenfalls bewohnt.

Der Commander erhob sich langsam, streckte die müden Muskeln und begab sich dann langsam zur Tür, um sein Tablett zu sich heranziehen zu können. Während er danach angelte- es war eine Farce, denn nie stellten sie es nah genug, als dass man tatsächlich ohne Probleme herankommen könnte- lauschte er den Worten der Wachen, die sich mittlerweile ein wenig weiter entfernt postiert hatten… sie hassten es, wenn einer von ihnen ihre Gespräche mit sinnlosen Satzfetzen oder Schreien unterbrach… dabei konnte man doch nicht anders, als in diesen kalten, unheimlichen Gemäuern schlecht zu träumen.

„Ich hab gehört, sie werden heiraten.“ „Tatsächlich? Ich dachte immer, er wäre viel zu kalt… das passt überhaupt nicht zu ihm!“ „Aber sie scheinen sich wirklich… zu mögen. Zu lieben… was weiß ich. Bah, allein der Gedanke ist schon irgendwie…“

Erwin konnte die Männer nicht sehen, aber allein der Tonfall des Soldaten ließ ihn glauben, dass er sich sicherlich vor Ekel geschüttelt hatte.

„Naja… ist es nicht egal? Vielleicht ist er dann ausgelasteter… in letzter Zeit war er wirklich unausstehlich.“ „…ich hab gehört, das liegt daran, weil er ihm die ganze Zeit vorspielen musste, er würde ihn lieben. Und jetzt muss er es nicht mehr… vielleicht geht es ihm deshalb wirklich bald besser. Ich meine, ich kanns schon verstehen… allein der Gedanke mit diesem Kerl…“

Etwas in ihm zog sich zusammen. War das…? Nein, das konnte nicht sein. Sie sprachen nicht über Levi. Immerhin liebte dieser ihn wirklich, man sah es in jeder seiner Bewegungen, er spürte es in jedem Wort, in jedem Blick… aber die Zweifel waren gesät.

„Und wann findet die Hochzeit statt?“ „In fünf Tagen… gleich nach der Hinrichtung, damit er das Fest nicht ruinieren kann. Sie haben schon alles gegen ihn gesammelt… eigentlich ist die gesamte Verhandlung eine Farce. Glaub mir, das geht jetzt alles ganz schnell und dann können wir wieder hier weg. Wer will schon in so einem muffigen Loch verrotten?“

Sein Magen schlug Kapriolen, er spürte, wie ihm übel wurde. Es konnte nur er gemeint sein. Nur wegen ihm waren sie hier… normalerweise befanden sich keine Wachen hier unten, vor allen Dingen nicht so viele und nicht in solch einem kurzen Wechsel, dass auch keiner von ihnen Müde werden und einschlafen konnte, bevor die Ablösung kam.

Aber das war nicht möglich… immerhin war Levi ihm vollkommen treu… loyal… aber… weshalb… er war mit Verman gemeinsam aufgetaucht… hatte gegrinst, als sie ihn hier herab gebracht hatten… und er war bisher nicht einmal hier aufgetaucht… Erwin schluckte, zog leise die Hand vom Tablett zurück und wich bis an die Wand, ließ sich in der dunkelsten Ecke daran hinab rutschen und ihm war egal, wie kalt es war, wie feucht und schmierig sich die Wand hinter ihm anfühlte… denn sein Innerstes war so kalt, dass er befürchtete, einfach erfrieren zu müssen. Levi…
 

„Aufstehen! Du wirst vor Gericht erwartet!“

Erwin schreckte aus seinem Dämmerschlaf. Verwirrt und mit trockenem Hals blickte er sich um, räusperte sich und versuchte sich zu erheben, doch das war schwieriger, als er es zu Beginn erwartet hätte. Nicht ein Wort kam über seine spröden Lippen, als er versuchte nach dem Sinn zu fragen. Sie hatten ihn doch längst verurteilt… aus welchem Grund sollte er sich vor Gericht auch noch verantworten müssen?

„Hoch mit dir! Sonst müssen wir dich zerren, aber vorher wirst du mit einem Schlauch abgespritzt, sowas wie dich fass ich nicht freiwillig an!“

Der Soldat stemmte die Hände in die Hüften und wartete genervt, die beiden Männer die ihn flankierten richteten ihre Hellebarden auf ihn und machten damit leicht ruckartige Bewegungen nach oben. Er wusste, dass sie nachdrücklich sein würden, sollte er es nicht schaffen, sich wirklich aufzurichten.

Vorsichtig hob er eine Hand und hielt sie ihnen mit der Handfläche voraus hin, wollte ihnen so bedeuten, ihm einen Moment zu geben, während er sich an der Wand entlang tastete, nach dem kleinen, in das Mauerwerk eingelassenen Ring griff. Schließlich konnte er die klammen, zitternden Finger hinein haken und zog sich langsam daran hoch. Seine Muskeln protestierten, seine Beine wollten ihn zuerst nicht tragen, denn er hatte sich die letzten Tage nicht bewegt, weder gegessen noch annähernd ausreichend getrunken… hatte nur zur Tür gestarrt und gehofft, dass sein Levi doch noch auftauchen würde, dass das alles nur ein schrecklicher Scherz war, dass sie es alle nicht so gemeint hatten… dass man ihm einen Streich hatte spielen wollen.

Doch den hätte man sicher längst aufgelöst, denn Erwin war vollkommen am Ende und jeder der ihn sah konnte genau erkennen, dass er wirklich nicht mehr länger in der Lage war, so weiter zu machen.

„Schaut ihn euch nur an… vielleicht tut er uns den Gefallen und stirbt, noch bevor wir den Henker kommen lassen müssen? Ich frag mich schon die ganze Zeit, wie sies machen wollen. Hängen? Erschießen? Ihn von den Mauern den Titanen zum Fraß vorwerfen? Köpfen? Oder doch vergiften?“

„Jetzt sei doch leise, du verdirbst uns noch den gesamten Spaß, wenn er es erfährt!“

„Pfft… schaut ihn euch doch an, als würde er es überhaupt noch bis zur Verkündung machen! Der krepiert uns doch hier schon fast!“

„Na, is doch egal. Wir haben nur den Auftrag, ihn hoch ins Gerichtsgebäude zu bringen. Was da mit ihm passiert interessiert mich nicht. Und wenn er da krepiert dann spart sich die Einheit wenigstens das Geld für den Exekutor. Das wär doch auch was… der Typ ist echt nicht billig.“

„Stimmt schon… na los, lasst ihn uns raus holen.“

Eine der Hellebarden wurde gegen die Eisengitter gelehnt, dann kam ein Schlüssel zum Vorschein und der Soldat öffnete die Tür, ehe sie zu Zweit herein traten und seine Hände grob hinter seinen Rücken zwangen. „Beweg dich, alter Mann. Zum Krepieren hast du gleich genug Zeit. Ich geb dir da auch gern Nachhilfe, aber ich hab keine Lust, denen zu erklären, weshalb du schon jetzt abgekratzt bist! Hoch mit dir!“

Die Griffe unter seine Arme waren unnachgiebig und zwangen ihn auf die Beine. Auch, wenn sie unter ihm nachgaben, wurde er einfach weiter geschleift und man nahm keine Rücksicht darauf, dass sie zwei Mal gegen die Treppenstufen schlugen.

Erwin selbst nahm den Schmerz kaum noch wahr. Der Schmerz in seinem Inneren war schlimmer und er war wirklich dankbar für die willkommene Ablenkung.

„So.“

Er wurde zu Boden geschmissen, landete dort, wo Eren und viele Andere vor ihm gekniet hatten. Eine Eisenstange würde sein Davonkommen verhindern, doch auch so hätte er es nicht aus eigener Kraft auf alle Viere, geschweige denn ganz auf seine Füße geschafft. Er konnte nur dort liegen, zusammengerollt, da selbst das Anheben des Kopfes schon ein beinahe unmögliches Unterfangen für ihn war.
 

Stille erfüllte den Raum. Dann betrat der oberste Richter erneut sein Podest, stellte sich vor seinen thronartigen Stuhl und sortierte die Unterlagen auf seinem Tisch. Es war nicht notwendig, was er brauchte, lag klar leserlich vor ihm, trotzdem erhöhte es die Spannung und der Effekt war unweigerlich gut. Ein paar Minuten zögerte er so den Abschluss der Verhandlung und den Urteilsspruch heraus, bis er sich schließlich räusperte.

„Die Beweise gegen Erwin Smith sind erdrückend. Neben der Anklage des Hochverrats und der Hinterziehung von Geldern wurden hier auch illegale Geschäfte mit Militäreigentum, Hehlerei, Menschenhandel und ein Pakt mit den Titanen nachgewiesen. Obwohl er seine Schuld nicht eingesteht geht aus den uns vorliegenden Beweisen eindeutig sein Vergehen hervor.

Mit der mir vom König übertragenen Befugnis verurteile ich ihn zum Tod durch Hängen von der Mauer. Vielleicht bekommt Hanji auf diese Art einen neuen Titanen für ihre Experimente… das ist uns nützlicher als ihn dafür zu nutzen… Menschen bringen einfach nicht genügend Ergebnisse… wir unterscheiden uns ja doch ein bisschen zu sehr von ihnen.“

Die Schaulustigen klatschten und jubelten. Der ganze Prozess hatte ihnen die Augen geöffnet und gezeigt, was dieser Mann tatsächlich getan hatte… es war seine Schuld, dass die Titanen damals die Dörfer überfallen und die Mauern niedergerissen hatten… und es war seine Schuld, dass so viele Menschen auf den Missionen gestorben waren. Er hatte die Titanen absichtlich mit Nahrung versorgt, denn er wusste durch sein Bündnis mit ihnen genau, wann sie wo auftauchen mussten. All diese Dinge waren aus den gefundenen Protokollen hervorgegangen, sodass kein Zweifel aufkeimte, dass er tatsächlich unschuldig sein könnte.

Und wenn selbst seine rechte Hand sich gegen den ehemaligen Commander richtete, musste man doch eindeutig glauben, was einem erzählt wurde, richtig?

Erwin spürte, wie ihm die Galle hoch kam und er spuckte auf den spiegelglatten und bisher noch glänzenden Boden aus, kleine Blutschlieren zeigten sich in seinem Erbrochenen, er hatte sich während dieser ganzen Sache nicht nur einmal auf die Lippen oder die Zunge gebissen… außerdem mochte sein Magen den Nahrungsentzug auch nicht wirklich.

Man packte ihn erneut unter den Armen, nachdem die Verankerung gelöst worden war, zerrte ihn hoch und er wurde abermals durch die Gänge gezerrt. Von allen Seiten brüllten die Menschen auf ihn ein, bewarfen ihn mit Abfall, spuckten auf ihn und spotteten über den einstmals so stolzen Mann… während Erwin keine andere Wahl hatte, als das alles über sich ergehen zu lassen. Er hatte längst aufgegeben. Im Gerichtssaal hatte er ein letztes Mal versucht zu kämpfen, auch wenn seine Zunge am Gaumen geklebt hatte und jedes Wort ihm Mühe bereitete, doch es hatte nicht geholfen… sie hatten ihn verurteilt und in wenigen Tagen würde er als lebendiges Titanenfutter von der Mauer hängen… man würde ihn Stück für Stück herunter lassen, bis sie einen an der menschlichen Angel hängen hatten… vielleicht noch einen zweiten oder einen dritten. Dann würde man den Titanen mit neu entwickelten Waffen das Bewusstsein- oder wie man es bei ihnen auch nennen wollte rauben und sie für die Experimente der jungen, etwas verrückten Wissenschaftlerin ins Innere der Mauern transportieren.

Vielleicht konnte er so einen letzten Dienst an der Menschheit verrichten…

Der Blonde betete dafür, dass er es bis dahin schon überstanden hatte… einen, vielleicht zwei weitere Tage ohne Wasser und er konnte es schaffen.

Verdursten war sicherlich nicht die erste Wahl für ihn, aber alles war besser, als bei klarem Verstand gefressen zu werden.
 

Man löste die Schläuche der Infusionen und die festen Ketten, die ihn die letzten Tage am Bett fixiert hatten, dann zog man ihn von der Unterlage auf die Beine. Sein Bewusstsein war scharf wie noch nie. Erwin wusste, dass man ihm Drogen gegeben hatte, dass die Flüssigkeit, die man ihm verabreicht hatte um sein Vorhaben zu vereiteln mit irgendetwas versetzt gewesen war, doch er hatte sich nicht wehren können. Der Schlauch in seinem Arm hatte zu hoch gesteckt, als dass er ihn mit den Händen erreichen konnte, zu tief, als dass er mit dem Mund heran gekommen wäre. Er hatte keine Chance gehabt, sich das Leben vorzeitig zu beenden, denn man hatte ihn in weiser Voraussicht so gefesselt, dass er sich kaum bewegen konnte.

Deshalb musste man ihn nun auch mehr oder weniger tragen. Denn allein schaffte er es nicht, sich auf den Beinen zu halten.

Sie schleppten ihn durch die einst so vertrauten Gänge und er spürte, wie sein Herz wie ein Besessener anfing zu schlagen, wie es immer wieder hart gegen seine Brust pochte.

Der Blonde schloss die Augen, ließ sich stützen, tragen, schleifen, die Treppe hinab, hinaus auf den Hof, in welchem die heiße Sonne unbarmherzig auf ihn herab strahlte, vorbei an wütenden Menschenmassen… sicher hatte jeder von ihnen mindestens ein geliebtes Familienmitglied an die Titanen verloren… kein Wunder dass sie ihm ausbuhten, wenn er doch angeblich an alldem Schuld trug.

„Seht ihn euch ruhig an!“ „Dieses Dreckschwein!“ „Werft ihn da endlich runter!“ „Soll er sehen, was er uns angetan hat!“ „Soll er verrecken, wie sie verreckt sind! Er hat es verdient!“

Die wütenden Worte wurden schlimmer, je näher sie der Mauer kamen.

Wieder trafen ihn Worte und Gegenstände, faules Obst, er spürte, wie es gegen seine Haut klatschte, an ihm herab lief, einen fürchterlichen Gestank verbreitete und Galgenhumor meldete sich in seinem Kopf. /Vielleicht fressen die Titanen dich so nicht… sie sind immerhin auch wählerisch… auf sowas Stinkendes haben sie sicher keine Lust!/

Erwin presste die Lippen zu einem Strich zusammen, spürte, wie man seine Hände erneut fixierte, dann zog man sie über seinen Kopf, bis er mit gestreckten Armen an einem kleinen Kran hing. „Mit dem heutigen Tag wird die Existenz des Verräters endgültig ausgelöscht. Ein letzter Dienst an der Menschheit, über die er so viel Leid gebracht hat, wird ihm noch gewährt, vielleicht reicht es, um seine Sünden zu mildern… aber wollen wir hoffen, dass die Götter erkennen, was er getan hat und ihn dafür bestrafen, dass er auf ewig im Fegefeuer gefangen ist! Ich verkünde hiermit feierlich die Vollstreckung des Urteils über Erwin Smith, ehemaligen Commander und verurteilter Verräter!“

Die jubelnde Menge beobachtete von den eigens errichteten Podesten aus, wie seine Füße den Grund verließen, dann wurde er langsam an der Außenmauer herab gelassen. Es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, seine Arme wurden länger, seine Schultern knackten, als die Gelenke aus den Pfannen sprangen, die Handgelenke bluteten schon nach wenigen Metern, weil sie das Gewicht einfach nicht tragen wollten. Er stöhnte auf, presste die Lippen zusammen und schloss die Augen, spürte den Ruck, jedes Mal wenn ein Zahnrad einhakte, damit die Winde nicht zu schnell heruntergelassen wurde. Immerhin sollte er ja etwas davon haben… es war seine Strafe. Er sollte sie genießen können… der Jubel von den Mauern hallte in seinen Ohren selbst dann noch wieder als die Titanen damit begannen, nach seinen Füßen zu greifen, an ihm zu zerren und schließlich in die Höhe zu springen, um einen Bissen von ihm abzubekommen. Der erste Biss schmerzte. Er schrie. Der Zweite ebenfalls. Den dritten spürte er kaum noch.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Pibu-san
2013-12-13T18:17:15+00:00 13.12.2013 19:17
oh mein gottt...das alles kannnur ein ganz schlimmer alptraum sein!
Antwort von:  sora-linn
13.12.2013 20:14
Hey!
Danke für den Kommentar :D
Jah... es KANN natürlich ein Traum sein... aber vielleicht ist es auch die Realität?
Schauen wir, wie es weiter geht :)

Liebe Grüße,
Sora


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