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DRRR!!: Es läuft nicht immer alles wie geplant

von

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1
 

Es war ein relativ schöner Tag, als Honoka Yuriko beschloss, in ihre alte Heimat, Ikebukuro, zurückzukehren. Es war eine spontane Idee, die einfach aus einer Laune heraus entstand. Die fünfundzwanzigjährige zweifache Mutter wuselte also im ganzen Haus herum, um alles vorzubereiten, während ihre beiden Kinder in der Schule waren.

Vor sich hinsummend packte sie gerade ihren Koffer, als es an der Tür klingelte. Da es Sturm klingelte beeilte sich Honoka lieber mal. Sie strich sich eine Haarsträhne ihrer schulterlangen orangeblonden Haare aus dem Gesicht hinter das Ohr und lief dann zur Haustür.

Wie sich herausstellte, war es Satsuki Hio, ihre beste Freundin. Fast, als hätte sie es schon geahnt, stand sie in der Tür. Ihr Blick aus den blauen Augen war finster. „Honoka … du willst schon wieder umziehen? Du lebst doch gerade mal ein halbes Jahr hier“, brummte Satsuki und trat ein.

Honoka wirbelte dagegen durch den Raum. „Ja, klar, hier wird es mir aber zu langweilig“, stieß sie aus und ließ sich beim letzten, sehr lang gezogenen Wort auf die Couch plumpsen. Ihre grünen Augen funkelten Satsuki schelmisch an. „Na, komm, vertreib mir die Langeweile noch ein wenig, ehe die Kinder heimkommen“, grinste sie.

Satsuki seufzte und setzte sich neben Honoka auf die Couch. „Du bist immer noch wie ein Kind …“, bemerkte sie.

Bevor sie wusste, wie ihr geschah, saß auch schon Honoka auf ihr drauf. „Nana, du weißt doch, wie ich bin. Und du liebst mich dafür doch“, behauptete sie und fuhr mit dem Finger über Satsukis Wange.

Diese stieß nur die Luft aus und hob ihre langen braunen Haare im Nacken hoch. „Du weißt, dass das nicht stimmt“, meinte die ein Jahr jüngere Satsuki.

Honoka zog daraufhin einen Flunsch. „Eww, du liebst mich nicht? Ich will aber von dir geliebt werden!“, stieß sie aus, doch bevor Satsuki antworten konnte, sprang Honoka auf und wirbelte durch ihre Wohnung. „Ha, heute ist einfach ein herrlicher Tag zum Umziehen. Die Sonne scheint auf meine Haut und belebt mich richtig“, stieß sie aus und wirbelte vor dem Fenster mit ausgestreckten Armen herum.

Sie hielt abrupt mitten in der Drehung inne, als es erneut an der Tür klingelte. Und dann lief sie mit ausgestreckten Armen zur Tür. Diesmal waren es Chiaki und Katsu Yuriko, ihre beiden, siebenjährigen Kinder. Die beiden waren zweieiige Zwillinge. Während Chiaki, die gleiche Haarfarbe wie ihre Mutter hatte, ähnelten die braunen Augen eher ihrem Vater, während es bei ihrem Bruder Katsu umgekehrt war, der hatte die grünen Augen seiner Mutter und die schwarzen Haare seines Vaters.

Allerdings wussten die beiden nicht, wer ihr Vater war, da Honoka abgehauen war, bevor die beiden auf die Welt kamen.

„Hallo, Mutter“, meinte Chiaki. Sie war für eine siebenjährige ungewöhnlich intelligent, ebenso wie ihr Bruder. Sie unterschieden sich quasi in allem von anderen siebenjährigen Kindern.

„Halloho“, trällerte Honoka und hüpfte dann quasi zurück zu Satsuki. „Seht mal Satsu-chan ist auch da.“

Satsuki seufzte nur und stand dann auf. „Hallo“, murmelte sie. Obwohl sie schon oft auf die Kinder aufgepasst hatte, war sie mit den beiden nie wirklich warm geworden. Sie waren ihr irgendwie … unheimlich.

„Ziehen wir schon wieder um?“, fragte Chiaki ungerührt. Sie war das gewohnt, in den letzten zwei Jahren waren sie schon beinahe überall in Japan gewesen, sie waren so häufig umgezogen, einfach, weil es ihrer Mutter an diesem Ort zu langweilig wurde.

Das war einer der Streitpunkte zwischen Chiaki und Honoka. Die Kleine wollte nicht ständig umziehen, aber gegen ihre Mutter kam sie einfach nicht an. „Und wo ziehen wir diesmal hin?“, murmelte sie dann einfach nur.

Grinsend sprang Honoka auf ihre Tochter zu. „Dieses Mal ziehen wir nach Ikebukuro“, strahlte sie.

Als Satsuki das hörte, erstarrte sie. „Das meinst du doch nicht ernst!“, fuhr sie Honoka plötzlich an.

Danach lief sie auf ihre Freundin zu und packte sie am Arm, sie zog sie in Honokas Schlafzimmer und schloss die Tür.

„Du willst echt dahin zurückkehren? Da bist du doch regelrecht vor geflohen“, stieß Satsuki aus.

„Ach, Satsu-chan, das ist doch schon sieben Jahre her. Zudem weißt du doch, dass er auch da ist“, schwärmte sie.

„Genau deswegen halte ich es für eine schwachsinnige Idee“, fuhr Satsuki ihre Freundin an. Sie wusste nicht, dass es Honoka gewesen war, die den Vater der Kinder verlassen hatte, sie glaubte immer noch, dass es umgekehrt war, dass das der Grund war, weshalb Honoka Ikebukuro verlassen hatte. Sie war neben Honoka die einzige Person, die wusste, wer der Vater war.

„Ach, das wird schon. Ich werde ihn mit meiner tiefen Liebe, wieder auf meine Seite ziehen!“, schwärmte sie.

„Du spinnst total … Er hat dich damals schon nicht geliebt …“, knurrte Satsuki.

„Damals … er war damals sechzehn … ich nehme es ihm nicht übel“, murmelte Honoka.

„Dir ist doch echt nicht zu helfen. Du bist immer noch besessen von ihm. Das ist doch krank …“, fauchte Satsuki.

„Also, wirst du jetzt mitkommen? Komm schon, ich brauche doch jemanden, der auf meine Kinder aufpasst, während ich arbeite“, fragte Honoka nach, dabei sah sie ihre Freundin mit riesigen Augen an.

Diese ließ sich, wie immer, wenn Honoka diesen Blick aufsetzte, erweichen. „Ach, na gut, einer muss ja auf dich aufpassen“, brummte sie.

„Danke schön … Dann kann es ja jetzt losgehen, nicht wahr?“, grinste Honoka.

Widerwillig musste Satsuki sich eingestehen, dass es keinen Zweck hatte, gegen Honoka anzugehen, sie würde sowieso gewinnen, egal, was passierte.
 

Einige Stunden später waren sie drei Städte weiter gezogen, zum Glück hatte Honoka noch immer eine Wohnung in Ikebukuro, obwohl diese nach sieben Jahren, in denen es unbenutzt war, ziemlich übel aussah. Was Satsuki allerdings noch mehr wunderte, war, dass der Mieter es noch nicht wieder vermietet hatte, allerdings glaubte sie, dass Honoka ihre Finger im Spiel hatte.

„So, ihr Lieben, ich werde mich dann etwas in der Stadt umsehen, mal gucken, ob noch alles beim Alten ist“, grinste sie.

„Willst du nicht erstmal auspacken?“, rief Chiaki ihr nach.

„Auspacken kann ich später immer noch!“, kam es von Honoka, die gerade aus einer der Kisten einen Schirm gewühlt hatte. Danach ging sie zu der Fenstertür und öffnete diese, sie trat auf den Balkon und stieg auf das Geländer.

„Moment, du willst doch nicht …“, rief Satsuki, doch es war schon zu spät.

Honoka tat einen Schritt nach vorne und ließ sich fallen. Satsuki und Chiaki seufzten nur auf, während Katsu das Ganze still betrachtete, heimlich dachte er sich, dass seine Mutter einen an der Klatsche hatte.

2
 

Mikado Ryugamine sah erschrocken auf, als er auf einmal einen lauten Jubelschrei hörte. Bildete er sich dass jetzt ein, oder kam da tatsächlich ein Mädchen angeflogen? Was war nur mit dieser Stadt los?

Auch die anderen Personen hatten aufgesehen, Yoko und ihre Freundinnen schrien auf, als sie erkannten, was da runter gefallen kam.

Auch Shizuo Heiwajima sah auf, er war, genau wie alle anderen ungläubig. Warum fielen ganz plötzlich Mädchen vom Himmel?

Die Leute befürchteten schon schlimmstes, sie zückten vorsichtshalber ihre Telefone um im Falle des Falles gleich einen Krankenwagen rufen zu können, doch dazu kam es nicht.

Das Mädchen öffnete ihren Schirm und drehte sich so hin, dass sie mit den Füßen zur Erde zeigte. Danach landete sie in einer Markise, welche ihren Sturz bremste. Diese federte aber zurück und schleuderte sie wieder hoch. Doch diesmal kam sie elegant auf den Füßen auf.

„Ha“, seufzte sie. „Gut zu wissen, dass da unten so eine Markise ist, das wäre sonst wahrscheinlich nicht ganz so gut ausgegangen, ich hätte vorher mal runterschauen sollen“, murmelte das Mädchen.

Noch immer starrten die anderen sie fassungslos an. Honoka sah sich um. „Was ist denn los? Was starrt ihr denn alle so?“, wollte sie wissen.

„Woah, du bist aus dem Fenster gefallen und stellst dann noch solche Fragen, du bist gut“, kam es von Masaomi Kida.

„Gefallen? Ah, nein, ich bin doch nicht gefallen, sondern ich bin gesprungen“, antwortete sie fröhlich.

„Was? Gesprungen?“, schrie Yoko auf.

„Jap, ich benutze selten Türen, ich springe lieber aus dem Fenster“, grinste Honoka.

„Du hast nicht zufällig einen an der Klatsche? Warum springst du aus dem Fenster? Ist doch viel zu gefährlich“, fragte eine von Yokos Freundinnen.

Honoka zuckte nur mit den Schultern und wirbelte dann auf das Mädchen mit den rosafarbenen Haaren zu. „Jeder braucht doch ein Hobby, du schminkst dich gerne und machst zum Spaß die Leute fertig und ich springe halt aus Häusern, hast du schon mal von der Sportart Parkour gehört? Das macht echt Spaß …“, murmelte Honoka. „Wenn du dich in der Luft befindest, nachdem du gesprungen bist, und dann wirbelst du herum“, während sie das beschrieb, drehte sie sich tatsächlich, „und dann, drehst du dich ein letztes Mal und entweder du kommst auf den Füßen auf, oder nicht und wenn du nicht auf den Füßen landest, bist du eben Matsch …“, sie erzählte das Ganze in einem solch sorglosen Tonfall, als unterhalte sie sich über Mode oder das Wetter.

Yokos rosahaarige Freundin blinzelte. „Ähm, moment mal, hast du gerade gesagt, dass ich gerne Leute ärgere? Wie kommst du denn darauf?“, stieß sie aus.

„Na ja …“, fing Honoka an und wirbelte etwas weg, ehe sie wieder abrupt stoppte und mit dem Schirm auf das Mädchen zeigte. „Zum einen verrät mir deine Aufmachung schon viel über dich, dein ganzes Aussehen spricht Bände, zudem ist es wirklich leicht, deine Körperhaltung und deinen Gesichtsausdruck zu analysieren. Und das sagt mir nun mal, dass du jener Typ von Püppchen bist, die andere gerne fertig machen und sich selbst für was Besseres halten“, grinste sie.

Danach drehte sie sich um und tänzelte auf die Straße zu, danach hüpfte sie auf einen der Straßenabgrenzungspfosten und grinste das Mädchen an. „Na, hab ich Recht? Leugnen ist zwecklos. Und ihr beiden, ihr seid genauso“, meinte sie und deutete mit dem Schirm auf die anderen beiden Mädchen. Diese zuckten nur zusammen und erröteten.

„Woah, wer bist du eigentlich? Ich glaub, dich sehe ich hier zum ersten Mal“, rief Masaomi.

„Ich? Ich bin Honoka Yuriko, stets zu diensten“, stellte sie sich vor, wobei sie immer noch auf dem Pfosten stand. Danach drehte sie sich nach rechts und lief über die Eisenkette zum nächsten Pfosten.

„Das ist ja cool, bei dir sieht das so einfach aus“, stieß Masaomi erfreut aus.

Grinsend hüpfte sie von dem Pfosten, den Schirm dabei über die Schulter gelegt und lief auf Masaomi zu. „Danke sehr … aber ich kann noch mehr coole Sachen, du willst nicht zufällig mal mit mir aus dem Fenster springen?“, fragte sie wie beiläufig.

„Äh, nein, danke, ich passe“, lehnte Kida ab.

„Ähm, warum kleiden Sie sich wie ein Schulmädchen, so jung scheinen Sie doch gar nicht mehr zu sein“, kam es leise von Anri. Doch diese zuckte sofort zusammen, als sie realisierte, was sie gesagt hatte. „Tut mir leid, das sollte nicht heißen, dass Sie alt aussehen oder so“, stammelte sie.

Doch Honoka lachte nur auf und patschte Anri ein paar Mal auf die Schulter, ehe sie wieder wegwirbelte. „Kleines Mädchen, du hast recht, ich bin steinalt, ich bin schließlich schon fünfundzwanzig. Die Hälfte meines Lebens ist schon vorbei“, sie seufzte theatralisch und hielt sich dabei ihren rechten Handrücken an die Stirn. Zudem stütze sie sich auf dem Schirm ab. „Aber ich kleide mich nun mal gerne wie ein Schulmädchen. Schließlich ist das die beste Zeit überhaupt“, grinste sie und umschlang ihren Oberkörper mit den Armen, sie erschauderte.

Sie trug eine weiße, an den Ärmeln halb hochgekrempelte Bluse, dazu noch einen gelben Rock und eine rote lockere Krawatte, zudem hatte sie schwarze Kniestrümpfe an und Turnschuhe. Alles in allem sah sie ziemlich wie ein Schulmädchen aus.

„Na, ich würde fünfundzwanzig jetzt nicht unbedingt alt nennen“, stotterte Mikado.

„Ah, danke schön“, stieß Honoka aus und umarmte ihn stürmisch. Aber beinahe sofort hielt sie ihn auf Abstand und betrachtete ihn. „Hmhmhm … hab ich’s mir doch gedacht … Du erinnerst mich an meinen Ex, als der noch jung war, sah er fast genauso aus wie du“, meinte sie. „Aber ich mag dich trotzdem“, fügte sie noch hinzu.

„Hey, Honoka“, rief da Shizuo. Diese drehte sich zu ihm um und legte den Kopf schief.

„Und du bist?“, fragte sie, wobei sie auf ihn zu ging und um ihn herum streifte.

„Shizuo Heiwajima“, antwortete er nur.

Sie hielt wieder von ihm an. „Shizuo!“, quiekte sie und umarmte ihn ebenfalls. „Lang, lang ist’s her“, meinte sie dann noch.

Die umstehenden Leute wichen alle zurück. War sie verrückt geworden? Na gut, war sie noch verrückter geworden, in der Zwischenzeit? Sie umarmte gerade Shizuo Heiwajima … Sie musste verrückt sein.

„Du bist aber riesig geworden, bist du immer noch so stark wie damals? Hehehe?“, wollte sie wissen.

„Ja, hat sich nichts geändert“, antwortete er.

„Sehr schön, das freut mich“, grinste sie breit, ehe sie wieder mal davon wirbelte.

„Ich hab so das Gefühl, Sie sind etwas überdreht“, fing Mikado vorsichtig an.

„Ja, ja das kann sein, ich hab heute meine Tabletten noch nicht genommen“, antwortete sie. „Die sollte ich vielleicht mal nehmen …“, sie überlegte. „Das werde ich auch gleich mal tun!“ Danach rannte sie auf die Fassade zu und sprang kurz davor ab. Sie hielt sich mit einer Hand am Regenrohr fest, in der anderen Hand hatte sie noch immer den Schirm, sie kletterte flink bis zum fünften Stock hoch, doch da rief jemand nach ihr.

„Honoka, kommt da runter!“, fauchte Satsuki sauer.

Angesprochene ließ sich schnell wieder hinunter gleiten. Sie kam vor Satsuki zum Stehen.

„Hier sind deine Tabletten und ich sage dir eins, ich hab auf so eine Scheiße keine Lust mehr, benutz das nächste Mal gefälligst die Tür und hör auf, hier die Leute zu erschrecken, weil du vom Himmel gefallen kommst“, fuhr Satsuki sie an.

„Ah, Satsu-chan, du erlaubst mir ja gar nichts mehr, Türen sind so langweilig“, brummte Honoka, während sie ihre Tabletten nahm.

„Mir egal, aber sie sind sicher … Und du erschreckst damit niemanden zu Tode. Außerdem, du bist kein gutes Vorbild! Stell dir mal vor, deine Kinder machen das nach und es passiert was, was dann?“, meinte Satsuki.

„Moment mal … Kinder?“, stieß Shizuo aus. „Seit wann hast du Kinder?“

„Na ja, seit sieben Jahren“, antwortete Honoka.

„Sieben Jahre … Also zu der Zeit, in der du spurlos aus Ikebukuro verschwunden bist“, stellte Shizuo fest.

„Jap, so ist es“, lächelte sie ihn an.

„Wow, du hast echt schon Kinder?“, fragte Masaomi noch mal nach. „Der Kerl kann sich echt glücklich schätzen, so eine heiße Frau zu haben“, seufzte er.

„Hm, der Vater weiß nicht mal, dass die beiden existieren“, erklärte sie. „Ich lebe nicht mit ihm zusammen.“

„Was? Ist der bescheuert? Wenn ich er wäre, wäre ich mega glücklich, so eine heiße und erotische Frau zu haben“, stieß Kida aus.

„Awww“, machte Honoka und umarmte ihn ebenfalls. „Ich mag dich.“

Mikado und Anri sahen ziemlich verwirrt aus.

„Mutter, musst du das wirklich jedes Mal machen? Das ist ja so was von peinlich“, knurrte Chiaki. Sie und Katsu waren auch unten angekommen. Sie waren natürlich mit dem Fahrstuhl runter gefahren.

„Hey, lass mir meinen Spaß, ja!“, brummte Honoka.

„Weißt du, manchmal ist mir das richtig unangenehm, Mutter, am liebsten würde ich dich gegen eine normale Frau umtauschen“, seufzte Chiaki.

„Werde ich hier gerade von meiner Tochter fertig gemacht?“, fragte Honoka.

„Weißt du, ich beginne langsam wirklich zu glauben, dass unser, uns unbekannter Vater, uns die Intelligenz vermacht hat, von dir können wir sie ja wohl kaum haben …“, fuhr Chiaki weiter fort.

„Ich glaubs nicht, sie macht mich echt fertig …“, brummte Honoka.

Katsu zuckte plötzlich zusammen, als Shizuo neben ihm hockte. „Du kommst mir irgendwie bekannt vor …“, knurrte er.

„Ich bin sieben … und ich hab dich noch nie im Leben gesehen … was mich angeht, ich bin zum Ersten Mal in Ikebukuro“, antwortete Katsu desinteressiert.

„Sicher?“

„Total.“

Shizuo stand wieder auf. „Die sind wirklich merkwürdig, dafür, dass sie erst sieben Jahre alt sind“, brummte er.

„Ja, sie sind mir schon zu intelligent“, murmelte Honoka.

„Das kommt dir nur so vor, weil du da selbst nicht mithalten kannst“, kam es von Chiaki.

Plötzlich ertönte eine neue Stimme alle drehten sich zu ihr um. „Wirklich amüsant, die Kleine macht dich ja wirklich fertig“, meinte Izaya Orihara.

„I-za-ya“, stieß Shizuo sofort aus. „Was machst du hier?“

„Ich kam nur zufällig vorbei und war neugierig. Na, wie heißt du denn, Kleine?“, fragte er dann Chiaki.

„Chiaki Yuriko … und das ist mein Bruder, Katsu Yuriko“, antwortete sie.

Izaya zog die Augenbrauen hoch, als er Katsu betrachtete. Dieser starrte ihn seinerseits an. Doch Katsu wandte sich zuerst ab, da es ihn langweilte. Was das anging, war er wie Honoka, sie langweilte sich auch so schnell.

„Na, Honoka, warum bist du wieder hierher gezogen?“, wollte Izaya wissen.

„Langeweile. Das war eine spontane Entscheidung aus die aus lauter Langeweile heraus entstanden ist“, antwortete sie.

„Sie nervt uns mit ihrer ständigen Umzieherei“, meinte Chiaki nur monoton.

Honoka seufzte auf. „Ah, Gott, meine Kinder sind so langweilig“, seufzte sie.

„Dann tausch uns doch aus, oder bring uns zu unserem Vater, dann wärst du uns auch los“, schlug Chiaki vor, dabei klang ihre Stimme aber sehr gleichgültig.

„Hm, geht nicht“, seufzte sie.

„Und warum nicht?“, fragte Izaya.

Honoka sah ihn einige Momente an. „Nun ja, der Vater weiß nicht mal, dass die beiden existieren“, antwortete sie.

Izaya hob wieder die Augenbrauen an. „Okay …“

„Aber Moment, Honoka, ist …“, fing Satsuki an, es wunderte sie, da sie ja nur die andere Version kannte.

Halbwegs panisch wirbelte Honoka zu ihrer Freundin herum. Sie sprang auf Satsuki zu und küsste sie, um sie zum Schweigen zu bringen. Nicht nur Satsuki war überrascht, auch die anderen waren ein wenig verwirrt. „Bist du wohl still?“, fiepte Honoka.

Satsuki war knallrot angelaufen. Das war für sie mehr als peinlich. „Was soll denn das?“, keuchte sei auf.

„Wenn du still wärst, müsste ich das nicht machen“, knurrte Honoka.

„Du bist unmöglich, ich gehe“, fauchte Satsuki und verschwand.

Chiaki seufzte auf. „Super gemacht, Mama“, grummelte sie. „Jetzt hast du Satsuki vergrault und wir sind heute gerade erst hierher gekommen.“

„Du kennst mich, Chiaki, du weißt, wie ich unter Panik reagiere“, seufzte sie.

„Du hast definitiv einen an der Klatsche. Auch wenn du in Panik bist, gibt dir das noch lange nicht das Recht, andere sexuell zu belästigen“, murmelte Katsu dazwischen.

Honoka seufzte auf. „Ja, ja, schon gut …“, grummelte sie.

„Warum hast du sie eigentlich abgeknutscht? Was wollte sie denn sagen?“, fragte Masaomi.

„Das geht dich nichts an!“, knurrte Honoka zurück. „Wenn es für die Öffentlichkeit gedacht wäre, hätte ich sie ja jetzt eben nicht so belästigen müssen.“

Abwehrend hob Kida die Hände. „Schon gut, war ja nur eine Frage.“

„Himmel, ich glaub, ich zieh gleich wieder um …“, brummte Honoka vor sich hin.

„Vergiss es, wir sind heute erst hierher gezogen, jetzt bleiben wir auch hier, fürs erste!“, fauchte Chiaki.

„Ist ja schon gut, wir bleiben“, antwortete Honoka. Danach drehte sie sich um und hüpfte wieder auf einen der Pfosten am Straßenrand. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt und sah sich um.

Plötzlich piepte ihr Telefon und sie holte es aus ihrem BH heraus. Sie sah auf das Display und stöhnte auf. „Ich dachte, das könnte bis morgen warten, na, war wohl nichts“, seufzte sie auf.

„Äh, Chiaki, Katsu, ich muss noch arbeiten, vielleicht ist Satsuki ja nicht vollkommen abgehauen, wenn nicht, ihr wisst ja, wie man Telefon und Telefonbuch benutzt. Bestellt euch eine Pizza, oder so. Ich muss los“, verabschiedete sie sich, sprang dann auf die Straße und rannte davon.

„Hey, jetzt warte doch … Ach, Mist!“, fluchte Chiaki …

„Wow, sie lässt echt zwei siebenjährige Kinder alleine …“, murmelte Anri.

Chiaki seufzte nur auf. „Ich dreh noch durch mit dieser Frau … Ich wünschte, sie würde uns erlauben, unseren Vater zu sehen …“, grummelte die Kleine.

„Vergiss es, Chiaki, das erlaubt sie uns niemals … zudem, mich interessiert es auch gar nicht. So toll kann er ja auch nicht sein, wenn er sie einfach hat gehen lassen“, murmelte Katsu.

„Ach, weißt du es? Zudem kann ich ihn verstehen, dass er sie nicht aufgehalten hat. Die Frau ist furchtbar“, nuschelte Chiaki.

„Hm, du scheinst deine Mutter ja nicht wirklich zu mögen, Kleine“, stellte Shizuo fest.

„Nein, ich mag sie auch nicht sonderlich, was vielleicht ungewöhnlich für ein Kind meines Alters ist, aber gut, du hättest sie mal die letzten Jahre erleben müssen … furchtbar, du würdest es verstehen, wenn du dabei gewesen wärst“, seufzte sie.

„Glaub mir, ich kenne ihre Art nur zu gut, ich war mit ihr zusammen in der Schule, sie war eine Klasse über mir …“, antwortete Shizuo.

„Oh, verstehe, deswegen hat sie also noch ein Bild von dir stehen“, sagte Chiaki.

„Was?“

„Ja, sie hat ein Bild auf ihrem Schreibtisch stehen, da sind wohl eigentlich vier Personen drauf, allerdings wurde die letzte Person raus geschnitten. Jetzt bist nur noch du, ein Typ, der aussieht, wie ein Arzt und unsere Mutter darauf …“, erklärte Chiaki.

Shizuo hob die Augenbrauen hoch und sah dann zu Izaya. Dieser runzelte ebenfalls nur die Stirn und betrachtete die beiden Kinder. „Ihr kommt wirklich nicht sehr nach Honoka“, merkte er an.

„Warst du auch mit ihr auf einer Schule?“, wollte Katsu wissen.

„Ja, war ich.“

„Und wer bist du? Du hast uns nach unseren Namen gefragt, dich aber gar nicht selbst vorgestellt“, wies Katsu ihn darauf hin.

„Oh, hab ich das nicht? Nun, ich bin Izaya Orihara“, stellte sich Izaya vor.

Ein Ruck ging durch Chiaki und sie starrte Izaya mit weit aufgerissenen Augen an. „Izaya Orihara?“, murmelte sie leise, kaum hörbar.

„Ja, hat sie mich mal erwähnt oder warum starrst du jetzt so?“, wollte er wissen.

Chiaki schüttelte den Kopf. „Nun ja, sie hat mal mit Satsuki über ihre alten Schulfreunde geredet und da fiel dein Name auch, deshalb …“, log sie.

„Verstehe.“

„Hm, nun ja, ich denke, Katsu und ich gehen dann mal wieder nach drinnen. Wir müssen uns ja noch Pizza bestellen und bis Honoka nach Hause kommt, kann es schon mal etwas dauern …“, man merkte, dass Chiaki es jetzt eilig hatte.

„Oh, ähm, soll nicht lieber jemand bei euch bleiben, bis sie zurück ist?“, kam es von Anri.

„Nein, nein … Sie hat uns zwar nie gesagt, dass wir Fremde nicht reinlassen sollen, aber wir wissen das auch von alleine. Und mal ehrlich, ihr seid alles Fremde für uns. Und wir müssen jetzt gehen. Bye-bye“, verabschiedete sich Chiaki und packte dann die Hand ihres Bruders, sie zog ihn mit sich.

Die anderen Anwesenden blickten ihnen nach. „Hm, die Kinder sind wirklich schlau“, murmelte Mikado.

„Aber ich hab trotzdem ein ungutes Gefühl, wenn sie so alleine sind. Sie sind immerhin erst sieben“, gab Anri zu bedenken.

„Tja, da können wir wohl nichts machen …“, seufzte Masaomi.

Izaya starrte den Kindern auch einige Zeit hinterher, die Reaktion von Honoka war nur zu verdächtig gewesen, vor allem, da Satsuki ihn die ganze Zeit angestarrt hatte. Auch Chiakis Verhalten war merkwürdig. Er würde sich in naher Zukunft noch einmal mit Honoka unterhalten müssen …

Bevor einer der anderen, vor allem Shizuo, wieder auf ihn aufmerksam wurde, zog er sich zurück.

Er ging die Straße entlang, die er gekommen war und überlegte. Was könnte es wohl damit auf sich haben?

Er hörte hinter sich ein Wiehern. Celty Sturluson tauchte neben ihm auf und er blieb stehen. „Guten Abend“, meinte er.

Celty nickte ihm zu und legte dann den Kopf schief. Sie holte ihr Telefon hervor und tippte. «Was ist los? Ich hab gehört, jemand Neues wohnt jetzt hier, jemand ziemlich Verrücktes.»

„Hm, die Nachricht verbreitet sich ja schnell … Ja, eine alte Bekannte aus der Schulzeit ist wieder aufgetaucht. Shinra müsste sie auch noch kennen“, erzählte er ihr.

«Ist sie wirklich aus dem Fenster gesprungen?»

„Ja, ist sie. Das hat sie, so weit ich mich erinnern kann, schon immer gemacht“, Izaya seufzte auf. „Sie war schon damals unglaublich energiegeladen …“

«Wie würdest du sie einschätzen?»

„Hm, schwer zu sagen, ich muss sie erst noch eine Weile beobachten, um genaueres sagen zu können, sie hat sich in der Zwischenzeit schon etwas geändert … Aber bei dem, was ich bisher gesehen habe … nun ja, chaotisch wie immer …“, murmelte er.

Celty legte den Kopf schief. «Ich werde ihr bestimmt irgendwann begegnen.»

„Todsicher … Ich würde ihr an deiner Stelle nicht verraten, dass du keinen Kopf hast … Wenn sie immer noch so ist wie früher, wirst du sie nie wieder los … Shizu-chan hat schon Ewigkeiten gebraucht, damit sie endlich aufhörte, ihn zu stalken, nachdem sie gesehen hatte, was für eine Kraft er besitzt“, erzählte er. „Und du bist ohne Zweifel noch interessanter für sie.“

Celty erschauderte. «Wirklich?»

„Definitiv … du kannst Shinra ja mal nach ihr ausfragen. Ihr Name ist Honoka Yuriko“, teilte Izaya ihr mit.

«Werde ich bei Gelegenheit mal tun. Bis später.» Damit steckte sie ihr Telefon wieder weg und startete ihr Motorrad. Mit einem lauten Wiehern zischte sie davon.

Izaya seufzte auf und machte sich auch auf den Heimweg. Als er bei sich angekommen war, ließ er sich auf seinem Drehstuhl nieder und starrte den PC an. Er fing nach einer Weile an, sich im Kreis zu drehen. Doch als ihm auch das zu langweilig wurde, öffnete er die unterste Schublade und zog ein Bild hervor. Es war wohl das Bild, welches Chiaki beschrieben hatte.

Es war das einzige Bild, auf dem sowohl er, als auch Shizuo drauf waren. Es waren vier Personen darauf, er ganz links außen, danach Honoka, Shizuo und zum Schluss Shinra. Hm, sie hatte ihn tatsächlich aus dem Bild geschnitten …

3
 

Es war fast drei Uhr morgens, als Honoka von ihrem Job zurückkehrte, noch immer war sie voller Energie. Sie kletterte schnell die Fassade des Hauses bis zu ihrer Wohnung hinauf. Sie schwang sich über das Geländer des Balkons. Zum Glück hatten die Kinder die Balkontür aufgelassen. Sie schloss sie hinter sich. Mit einem Seufzen ließ sie sich auf die Couch plumpsen.

Es war ein anstrengender Job außerhalb der Stadt gewesen. Ihr Boss wusste nicht, dass sie schon wieder umgezogen war. Das hatte sie ihm erst heute mitteilen können.

Sie zog ihre Krawatte aus und streifte auch die Schuhe ab. Sie hatte heute einige ihrer alten Freunde getroffen. Shizuo war auch immer noch so, wie er früher einmal war. Und auch Izaya hatte sich nicht geändert … „Izaya“, murmelte sie leise vor sich hin.

Langsam erhob sie sich von der Couch und ging gezielt auf eine der Kisten zu. Sie zog das Foto, von dem Chiaki ersten gesprochen hatte heraus. Tatsächlich fehlte Izaya auf dem Bild. Sie öffnete den Rahmen und zog dann das Bild heraus. Jetzt konnte man erkennen, dass sie das Bild lediglich so geknickt hatte, dass er nicht mehr zu sehen war.

Als sie ihn auf dem Bild betrachtete, musste sie schwer lächeln. Es war so lange her, dass sie ihn gesehen hatte … Aber als er heute auf der Straße aufgetaucht war, wäre sie beinahe ausgerastet. Dass sie ihn endlich wieder sah, erfüllte sie mit Freude. Es war Ewigkeiten her, so kam es ihr zumindest vor.

Sie überlegte sich, was sie wohl mit Satsuki machen sollte, sie hatte sie mal wieder ausgenutzt und gedemütigt. Es war nicht so, dass sie das wirklich bewusst tat, aber es passierte nun mal. Sie hatte vielleicht etwas überreagiert, aber sie wollte auf keinen Fall, dass sich Satsuki verplapperte. Niemand sonst, sollte wissen, wer der Vater der beiden war. Das würde sie nur in Schwierigkeiten bringen.

„Zudem hätte er eh nichts für sie übrig“, meinte sie traurig.

Sie steckte das Bild zurück, so wie es vorher war und stellte es dann auf den Couchtisch. Danach ging sie zum Bad, sie duschte schnell, ehe sie ins Bett ging. Morgen musste sie wieder arbeiten … es würde wahrscheinlich sehr anstrengend werden.
 

Chiaki wachte auf, als sie ihre Mutter hörte, die nicht gerade leise bei ihrer Rückkehr war. Und da Chiaki einen sehr leichten Schlaf hatte, wurde sie regelmäßig von Honoka geweckt.

Sie schlich aus dem Zimmer und versteckte sich, sie lauschte und als Honoka Izayas Namen murmelte, verengten sich ihre Augen zu Schlitzen. Honoka glaubte noch immer, Satsuki sei die einzige, die wusste, wer ihr Vater war, aber da täuschte sie sich, sie, Chiaki, wusste es ebenfalls.

Und es erfüllte sie immer wieder von neuem mit Wut, dass sie ihn nicht sehen durfte … Sie würde diesbezüglich etwas unternehmen müssen.

Honoka verschwand im Bad, nachdem sie das Foto betrachtet hatte und auch Chiaki ging zurück. Sie musste definitiv etwas tun, so konnte das nicht weitergehen …
 

Am nächsten Morgen wachte Honoka wie immer zeitig auf. Noch etwas verschlafen streckte sie sich und gähnte. Als sie auf ihr Telefon sah, stöhnte sie auf, drei Nachrichten … wer schrieb ihr mitten in der Nacht?

Zwei waren von ihrem Boss, die andere von Izaya. Woher hatte er … sie schüttelte den Kopf, es wunderte sie nicht mehr, er fand alles irgendwann heraus.

Sie öffnete die SMS und las. Sie konnte kaum glauben, dass er so etwas zu ihr schrieb.

«Hey, hast du Lust bei mir vorbeizukommen? Oder soll ich bei dir vorbeischauen? Lass uns ein wenig reden. Izaya»

Machte er das extra? Honoka ließ sich aufs Bett zurücksinken, sie hielt das Telefon über sich und las immer wieder die SMS. Warum schrieb er ihr so was? Er wusste doch, was er für sie war.

Sie drückte auf ‹Antworten› und tippte dann ihren Text ein. «Sorry, aber ich muss erstmal auspacken, zudem hab ich schon wieder zwei Jobs … Vielleicht später. Honoka», mit einem Seufzen drückte sie auf ‹Senden›. Sie biss die Zähne zusammen, wie gerne hätte sie ihn wieder gesehen, aber sie konnte nicht, noch nicht.

Wenige Sekunden später vibrierte ihr Telefon. Sie öffnete die SMS. «Das ist sehr schade, na, vielleicht ein anderes Mal. Izaya».

Sie klappte ihr Telefon zu und stand auf. Schnell machte sie sich fertig. Sie kritzelte einige Zeilen auf einen Notizblock und verschwand dann.
 

Izaya musste schmunzeln, sie hatte seine Einladung tatsächlich abgelehnt, früher hätte sie sofort zugesagt, aber anscheinend hatte sie sich wirklich geändert. Blieb nur noch herauszufinden inwiefern und was sie wohl für Jobs hatte?

„Was grinst du so?“, wollte Namie Yagiri wissen.

„Eine alte Bekannte ist wieder in die Stadt gezogen, das wird ein Spaß werden“, antwortete er.

Namie hob die Augenbrauen an. „Diese Verrückte, die aus dem Fenster gesprungen ist?“

„Das verbreitet sich wirklich schnell … Ja, genau die“, Izaya sah aus dem Fenster, noch immer musste er leicht grinsen.

4
 

Chiaki erwachte einige Stunden später, sie war weniger gut gelaunt, als sie Honokas Notiz sah. «Bin an der Arbeit, wird spät heute. H.»

Sie seufzte nur auf und ließ sich dann auf die Couch plumpsen. Was könnte sie heute wohl tun? Sie waren wieder den ganzen Tag alleine. Ihr Bruder war wahrscheinlich auch schon wach, aber er verkroch sich in seinem Zimmer.

Noch immer standen Honokas Kartons im Raum, sie hatte noch immer nicht ausgepackt … „Was soll man nur mit ihr machen?“, murmelte Chiaki zu sich selbst. Danach ging sie auf einen Karton zu und öffnete ihn. Sie runzelte die Stirn, das waren ja die Sachen, die ihre Mutter normalerweise nur hinter verschlossenen Türen aufbewahrte …

Vorsichtig zog sie ein sehr dickes Buch hervor und schlug es auf. Es war anscheinend ein Buch aus ihrer Schulzeit. Es klebten Fotos darin. Einige von ihr, andere von Shizuo, dem Arzt, der noch mit auf dem Foto war und einigen anderen Personen. Sie blätterte weiter hinter, auf die letzte Seite, doch da weiteten sich ihre Augen. Sie blätterte wieder etwas vor. Das durfte doch nicht wahr sein.

Izaya … überall, auf jeder Seite war Izaya zu sehen. Manchmal hatte sie etwas dazugeschrieben, aber es war schon zu verwischt, als das man es noch hätte lesen können. Einige Fotos hatte sie anscheinend auch ohne sein Wissen geknipst …

Sie klappte das Buch zu und steckte es zurück, sie nahm ein anderes Buch hervor, wieder zeigten die letzten Seiten Izaya Orihara. Auch bei den folgenden Büchern dieses Kartons war das der Fall, sie schien ja regelrecht von ihm besessen zu sein. Zumindest war sie es gewesen …
 

Izaya erreichte einige Stunden später ein Anruf, es war Chiaki. „Hallo?“, meldete er sich.

„Hallo, Izaya-san. Kann ich dich mal treffen?“, fragte sie.

„Hm, ich hätte eher gedacht, dass deine Mutter mich anrufen würde … aber hast du nicht gestern gesagt, dass du dich nicht mit Fremden triffst?“, erinnerte er sie.

„Ich lasse Fremde nicht ins Haus, aber ich denke, das ist wichtig. Ich muss dich nämlich was Fragen“, meinte sie.

„Fein, wie du willst, ich hole dich ab, bis gleich“, er legte auf, noch ehe Chiaki was sagen konnte. Das könnte interessant werden.

Er zog sich seine Jacke über und machte sich auf den Weg. Zehn Minuten später hatte er das Haus erreicht, Chiaki wartete schon draußen auf ihn. Sie nickte ihm zu ehe sie nach seinem Arm griff und ihn mitzog. „Komm, lass uns was essen gehen. Ich hab Hunger“, murmelte sie.

„Was ist mit deinem Bruder?“

„Der hat sich in seinem Zimmer verkrochen, bis ich den da rausgeholt habe, bin ich verhungert … Honoka ist abgehauen, obwohl sie wusste, das nichts zu essen im Kühlschrank ist“, Chiaki seufzte.

„Ja, man hat es wirklich nicht leicht mit ihr“, antwortete Izaya und ließ sich mitziehen.

„Du hast gut reden, ich glaube, sie wird jedes Jahr schlimmer. Wenn das so weiter geht, gebe ich mich selbst zur Adoption frei“, brummte sie. Izaya musste schmunzeln. „Lach nicht!“

„Tut mir Leid … ist es wirklich so schlimm mit ihr?“, wollte er wissen.

„Du hast ja keine Ahnung, sie hat so gar kein Talent für Erziehung. Ihr Job ist ihr anscheinend auch wichtiger“, meinte Chiaki.

Ehe Izaya weiter fragen konnte, kamen sie schon bei einem Restaurant an. „Burger zum Frühstück?“, fragte er.

„Jap, ich ernähre mich hauptsächlich von Junkfood. Was bleibt mir anderes übrig“, sie zuckte mit den Schultern. „Was nicht heißt, dass ich willenlos alles in mich reinstopfe, ich esse auch gesunde Sachen“, fügte sie noch hinzu. Sie stellten sich an. „Zudem gibt’s momentan eh noch die Sandwiches, von daher.“

Als sie an der Reihe waren, stellte sich Chiaki auf Zehenspitzen, denn noch konnte sie nicht ganz über den Tresen gucken. Sie war zwar intelligent, aber noch etwas klein geraten.

„Ihre Bestellung bitte?“, sprach die Angestellte.

Izaya sah zu Chiaki, er seufzte schließlich und hob sie hoch. „Ein Sandwich bitte, das einfache“, bestellte sie.

„Und für Sie?“ Die Verkäuferin richtete ihren Blick auf Izaya.

„Los, such dir was aus, ich lade dich mit dem Geld meiner Mutter ein“, meinte Chiaki.

Izaya hob die Augenbrauen. Er bestellte sich schließlich das gleiche wie sie.

Die Bedienung machte ihre Bestellung fertig und Chiaki bezahlte. Danach setzte Izaya sie wieder ab und nahm das Tablett. Sie setzten sich an einen der freien Tische.

„Sag mal, was arbeitet Honoka eigentlich? Ich hatte ja noch keine Zeit, mich richtig mit ihr zu unterhalten“, fragte Izaya dann, um das Gespräch von ersten aufzugreifen.

Chiakis Blick verdunkelte sich und sie sah aus dem Fenster. Einige Zeit kaute sie schweigend auf ihrem Sandwich herum, ehe sie sich wieder Izaya zuwandte. „Nun ja, eigentlich darf das keiner wissen, aber egal … Du darfst es nur nicht weitersagen … Sie arbeitet für die Mafia. Honoka glaubt, ich wüsste nicht bescheid, aber das tue ich … Ich weiß vieles über sie“, murmelte sie.

Izaya hielt in der Bewegung inne. Für die Mafia also … „Hm, was ist mit ihrem Wunsch, einmal eine Prinzessin zu werden?“, hakte er nach.

Chiaki schmunzelte. „Prinzessin? Wann wollte sie denn das werden?“

„Vor sieben Jahren und davor auch schon …“

„Hm, also vor meiner Zeit, kein Wunder, dass ich davon nichts weiß … Aber nein, sie hat nicht mehr vor, eine Prinzessin zu werden … Sie hat sich voll und ganz ihrem Boss verschrieben“, seufzte Chiaki.

„Kennst du ihn?“

„Nun ja, nicht wirklich, ich hab ihn erst einmal gesehen, er war einmal bei uns, als ich vier war. Ich war damals neugierig … Äh ja … ich hab gelernt, so was nie wieder zu machen. Das war verstörend … Er scheint nicht nur ihr Boss, sondern auch ihr Liebhaber zu sein“, murmelte sie, wobei sie ein wenig traumatisiert wirkte.

Izaya unterdrückte ein Lachen. „Ach wirklich …“

„Ja, glaub mir, solche Szenen sind für eine Vierjährige zu verstörend …“, sie stieß ein langes Seufzen aus.

„Kann ich mir sogar vorstellen … Aber sag mal, warum wolltest du dich jetzt mit mir treffen?“, fragte Izaya.

Chiaki aß ihr Sandwich auf und betrachtete ihn dann eine Weile. „Weil es da etwas gibt, was du möglicherweise wissen solltest … Aber das kann ich dir nicht hier sagen“, teilte sie ihm mit.

„Jetzt werde ich aber doch neugierig. Dann lass uns doch zurückgehen“, schlug er vor.

Chiaki verzog die Lippen, nickte aber. „Klar.“

Wieder griff sie nach seiner Hand, als sie den Laden verlassen hatten. „Ach, übrigens danke für ersten“, meinte sie. „Dafür, dass du mich hochgehoben hast.“

„Kein Problem.“

Die beiden gingen wieder zurück, doch Izaya stoppte plötzlich, etwas kam auf sie zu geflogen. Schnell zog er Chiaki beiseite.

„Izaya!“, brüllte Shizuo.

„Ist der verrückt?“, grummelte Izaya. Er nahm Chiaki auf den Arm und drehte sich zu Shizuo um. „He, du, würdest du bitte keine Automaten nach mir werfen, während Chiaki hier ist?“, fuhr er Shizuo an.

„Was macht sie bei dir?“, wollte Shizuo wissen.

„Tja, sie hat mich zum Essen eingeladen, Shizu-chan. Und jetzt will sie mir noch etwas zeigen … Also heute habe ich leider keine Zeit für dich, man sieht sich“, meinte er und drehte sich dann um, er lief die Straße entlang.

Doch Shizuo dachte nicht daran, ihn in Ruhe zulassen. Er verfolgte sie durch die halbe Stadt, er warf zwar nicht mehr mit Sachen, aber trotzdem war es nervig und gefährlich.

Erst gegen Abend hatten sie ihn abgeschüttelt. Izaya und Chiaki saßen auf einer Bank unter einem Baum. „Wow, der hat vielleicht eine Ausdauer … Ist der immer so?“, wollte sie wissen.

„Ja, so ist Shizu-chan eigentlich immer“, antwortete Izaya. „Aber gut, dass er noch nicht mal Rücksicht auf dich nimmt, das hätte ich ihm eher nicht zugetraut …“

Da hörten sie ein Wiehern. „Ah, da ist der kopflose Reiter“, meinte Izaya.

„Kopfloser Reiter?“, wiederholte Chiaki und sah Izaya an.

„Ja, warte es ab, sie müsste gleich hier auftauchen“, murmelte Izaya und grinste.

Wenige Sekunden später tauchte Celty tatsächlich auf. Sie hielt vor den beiden an. Chiaki versteckte sich dabei leicht hinter Izaya. Sie gruselte sich ein wenig. Katsu wäre bestimmt begeistert gewesen, aber sie hatte eher Angst.

Celty sah Izaya an, ehe sie den Kopf zu Chiaki wandte. Sie zog ihr Telefon. «Wer ist das denn?»

„Oh, das ist Chiaki. Honokas Tochter“, antwortete Izaya.

«Und was macht sie bei dir?»

„Nun ja, ihre Mutter ist wieder arbeiten und da hat sie mich angerufen. Sie hat mich zum Essen eingeladen und wollte mir dann noch was Wichtiges sagen, aber Shizu-chan hat uns bis eben aufgehalten“, erklärte er.

«Er hat dich angegriffen, obwohl du ein Kind dabei hattest?!»

Chiaki lugte hinter Izaya hervor und betrachtete Celty.

„Ja, hat er“, Izaya seufzte.

Celty sah wieder zu Chiaki. «Hallo», tippte sie zu ihr.

„Hallo …“

«Du brauchst keine Angst vor mir zu haben, ich tu dir nichts», versicherte Celty, da sie bemerkte, dass Chiaki noch immer Angst hatte.

Doch die Kleine nickte nur, dann sah sie Izaya an. „Kannst du mich nach Hause bringen? Ich muss dir doch noch was zeigen“, meinte sie und zog am Ärmel seiner Jacke.

„Klar, kann ich machen“, antwortete er.

Celty sah Izaya an. Dieser grinste sie nur an. Dann stand er auf und hielt Chiaki eine Hand hin. Sie ergriff sie und stand ebenfalls auf.

«Dann bis bald», schrieb Celty an Chiaki gewand.

Diese nickte nur. Während Celty sich auf den Weg machte, gingen auch Izaya und Chiaki fort. Doch er merkte sofort, dass sie langsamer war als vorher. Er drehte sich zu ihr um und bemerkte, dass sie fast einschlief.

„Was ist denn, warum bleibst du stehen?“, fragte sie.

„Soll ich dich wieder tragen? Du schläfst ja fast ein“, meinte er.

„Wenn ich dir nicht zu schwer bin“, nuschelte sie müde.

„Soll das ein Witz sein, eine Feder ist schwerer“, bemerkte Izaya nur, während er sie hochnahm.

Er trug sie zu ihrem Haus zurück, unterwegs merkte er, dass sie tatsächlich eingeschlafen war. ‚Super‘, dachte er sich. ‚Was soll ich denn jetzt machen? Schlafen lassen oder wieder aufwecken, immerhin wollte sie mir noch was sagen‘, er seufzte auf, entschied sich dann aber, sie schlafen zu lassen. Sie kamen endlich an und er fuhr mit dem Fahrstuhl in den zwanzigsten Stock.

Er klingelte einige Male, er glaubte sogar schon, dass keiner aufmachen würde, doch dann ging Katsu endlich an die Tür. „Chiaki, da bist du ja … Oh“, meinte er und starrte Izaya an. „Komm rein.“

Izaya trat ein und Katsu führte ihn zu Chiakis Schlafzimmer. Er legte die Kleine ins Bett und deckte sie zu.

„Hm, du machst das gut, besser als unsere Mutter“, bemerkte Katsu.

„Hinlegen und zudecken ist ja wohl nicht schwer“, murmelte Izaya.

„Einige sind selbst damit überfordert …“, seufzte Katsu nur und verschwand.

Doch da hörten sie ein Geräusch vom Balkon. Wenige Sekunden später stand Honoka im Zimmer. Sie erstarrte, als sie Izaya sah. „Was machst du hier?“, wollte sie wissen.

„Ich hab dein Kind nach Hause gebracht, nachdem sie mich angerufen und zum Essen eingeladen hat“, antwortete er.

„Was? Hat sie irgendwas gesagt?“, hakte Honoka sofort nach.

„Nein, nur belanglose Sachen“, sagte er.

„Gut, dann kannst du ja jetzt gehen.“

„Warum so feindlich auf einmal, wir haben uns doch früher so gut verstanden“, er grinste sie breit an.

„Früher war früher, heute ist das anders. Und jetzt raus!“, fauchte sie. Von ihrer lauten Stimme wurde allerdings Chiaki aufgeweckt.

„Mutter, du bist wieder da?“, fragte sie.

„Ja, bin ich.“

Die Kleine wandte sich an Izaya und griff erneut seine Hand. „Hast du morgen wieder Zeit?“

„Äh, mal schauen“, antwortete er ausweichend.

„Izaya, geh jetzt!“, knurrte Honoka.

Chiaki drückte noch einmal Izayas Hand, ehe sie ihn losließ, er ging zur Tür und wollte verschwinden.

„Wage es ja nicht noch mal, dich mit ihr zu treffen“, kam es da von Honoka. Sie sah ihn aus dunklen Augen an, gefährliche Augen.

Izaya grinste. „Warum bist du so feindselig … was ist schon dabei, wenn ich mich mit ihr treffe? Hast du Angst, ich könnte ihr was antun? Würde ich niemals machen, du weißt, ich liebe die Menschen“, meinte er.

„Tsh, du liebst die Menschen also noch immer. Wenn das so ist, dann verschwindest du jetzt besser und lass dich nie wieder hier blicken.“

„Warum hast du mich aus dem Foto raus geschnitten, hm?“

„Das geht dich nichts an, ich hab dafür meine Gründe gehabt.“

„Du verhältst dich wirklich anders, Honoka. Was arbeitest du eigentlich? Hast du immer noch den Traum, Prinzessin zu werden?“

„Nein, hab ich nicht und was ich arbeite geht dich überhaupt nichts an“, sie wirkte bei jeder Frage weniger erfreut. „Und Prinzessin will ich schon lange nicht mehr werden.“

„Warum dürfen die beiden ihren Vater eigentlich nicht sehen?“

„Weil der nichts für sie übrig hätte, zudem weiß er nicht, dass er Kinder hat. Ich bin schließlich abgehauen“, teilte sie ihm mit.

„Ah, verstehe, ist er ein Arsch, oder warum bist du abgehauen?“

„Nein, das waren andere Gründe. Ich will dir nur sagen, dass die Kinder Wunschkinder gewesen sind, auch wenn es jetzt nicht so aussieht“, antwortete sie. „Und jetzt geh, bitte.“

Wieder musste er grinsen. „Wie du willst. Gute Nacht“, er verschwand und zog die Tür zu.

Honoka biss die Zähne zusammen und ballte die Hände zu Fäusten. Sie drehte sich um und lief zu Chiakis Zimmer.

„Warum hast du ihn angerufen?“, wollte sie von ihr wissen.

„Das geht dich nichts an“, blaffte Chiaki nur. Worauf sie sich gleich eine Ohrfeige einfing.

„Du wirst dich nicht wieder mit ihm treffen, er ist nicht gut für dich“, meinte Honoka nur, ehe sie das Zimmer verließ.

„Nicht gut für mich, oder nicht gut für dich“, nuschelte Chiaki bloß. Sie zog ihr Telefon hervor und schrieb eine SMS an Izaya. «Wir müssen uns morgen unbedingt noch mal sehen, ich muss dir das dringend sagen. Tut mir Leid, dass es heute nichts mehr geworden ist, da ich eingeschlafen bin … Und danke, dass du mich nach Hause getragen hast. Chiaki», sie drückte auf ‹Senden›. Hoffentlich würde sie morgen dazu kommen, es ihm zu sagen.

Es dauerte gar nicht lange, ehe er antwortete. «Okay, schreib mir, wenn sie weg ist, dann komme ich vorbei. Und keine Ursache. Izaya»

Chiaki grinste leicht, sie würde ihrer Mutter einen gewaltigen Strich durch die Rechnung machen. Sie schlief schließlich ein.
 

Izaya kam zuhause an, Namie war noch immer wach. „Na, hats Spaß gemacht?“, fragte sie sarkastisch. „Ich wusste gar nicht, dass du den Babysitter spielst.“

„Tue ich auch nicht, sie wollte mir eigentlich was sagen, aber dank Shizu-chan, ist das nichts geworden“, seufzte Izaya.

Namie grinste. „Verstehe.“

Izaya setzte sich auf die Couch und legte den Kopf auf die Lehne, er schloss die Augen. Honoka arbeitete tatsächlich für die Mafia, dass das mal aus ihr werden würde … Er hatte es an ihren Augen gesehen, sie waren kalt und düster geworden. Die freundliche Wärme war komplett verschwunden gewesen. Er hatte gespürt, dass sie vollkommen verändert gewesen war.
 

Honoka hatte sich in ihr Zimmer zurückgezogen. Sie hasste es, so fies zu Izaya sein zu müssen, aber sie wollte ihn hier nicht haben. Sie zog die Beine an und umschlang die Beine mit den Armen. Sie musste das stoppen und das würde sie auch.

5
 

Es war der nächste Tag und Honoka ging wieder sehr früh zur Arbeit, Chiaki wartete nur darauf. Schnell tippe sie Izaya eine Nachricht, dass die Luft rein war. Keine halbe Stunde später klingelte es, es war Izaya.

„Hallo“, murmelte Chiaki und umarmte ihn.

„Hallo“, antwortete er, er war überrascht, dass sie ihn so selbstverständlich umarmte. Sie zog ihn allerdings gleich mit sich.

„Ich hab es gestern gesehen, ich kann nur hoffen, dass sie es noch nicht weggepackt hat“, meinte sie. Sie kamen im Wohnzimmer an, allerdings musste Chiaki feststellen, dass ihre Mutter die Bücher sehr wohl weggepackt hatte. „Mist.“

„Was war es denn, dass du mir sagen wolltest?“

„Nun, Izaya, wie hat sich Honoka früher dir gegenüber verhalten? War sie sehr aufdringlich?“, fragte sie.

„Nun ja, sie war am Anfang eigentlich normal, so wie man sich Fremden gegenüber eigentlich verhält, doch ja, später war sie sehr, sehr aufdringlich“, antwortete er.

„Hm, wie weit ging die Aufdringlichkeit?“

„Ich würde es schon als Stalking bezeichnen“, informierte er sie.

„Das heißt, sie hat eine Beziehung mit dir angestrebt?“ Izaya nickte. „Und hattet ihr eine Beziehung?“

„Nun ja, Beziehung würde ich jetzt nicht direkt sagen. Ich kann so etwas nicht“, sagte er.

„Was soll das heißen?“

„Nun ja, ich liebe alle Menschen, allerdings kann ich mich dabei nicht nur auf eine Person beschränken, das geht einfach nicht, ich kann diese Art von Liebe nicht erwidern“, erklärte er.

„Hm, verstehe … Eine letzte Frage und bitte beantworte sie ehrlich, denn davon hängt es ab … Habt ihr euch jemals körperlich geliebt?“

Izaya hob die Augenbrauen an, doch er sah, dass es für Chiaki ernst war. Schließlich stieß er die Luft aus. „Ja, haben wir, einmal … Warum willst du das wissen …“ Er wurde plötzlich ganz still.

„Izaya, setz dich lieber, ich denke nicht, dass dir das so unbedingt gefallen wird, was ich dir jetzt sage“, schlug Chiaki vor.

Izaya setzte sich lieber hin, denn er ahnte schon, was sie sagen würde und es gefiel ihm wirklich nicht … Chiaki setzte sich neben ihn. „Ähm, also ich bin natürlich nicht zu einhundert Prozent sicher, aber sagen wir zu fünfundachtzig Prozent … Jedenfalls aus dem, was ich gesehen und gehört habe. Izaya, ich schätze, du bist mein Vater …“, teilte sie ihm mit.

Sie konnte sehen, dass Izaya erschauderte, er war auch ein wenig bleich geworden. „Verdammt …“, murmelte er. „Gibt es da echt keinen Anderen?“

„Ich fürchte nein, denn es würde zeitlich passen. Sag, wann ist sie abgehauen, direkt, nachdem ihr miteinander geschlafen habt, oder erst später?“

„Ähm, ich glaube sie ist einige Wochen später abgehauen … aber genau weiß ich es nicht mehr.“

„Hm, verstehe, ich hab zudem immer mal wieder den Gesprächen zwischen Honoka und Satsuki gelauscht und es ging daraus hervor, dass unser bis dato unbekannter Vater, hier in Ikebukuro lebt, und das er Izaya Orihara heißen sollte. Tja, bevor wir hier her gezogen sind, haben die beiden auch noch mal geredet und Satsuki meinte, wir sollten nicht hierher ziehen“, erzählte Chiaki.

Izaya stützte den Kopf in eine Hand. „So ein Mist …“, brummte er leise vor sich hin.

„Tut mir Leid …“, entschuldigte sich Chiaki.

Er schielte sie an und tätschelte ihr dann den Kopf. „Du kannst am Wenigsten dafür“, seufzte er.

Chiaki verzog den Mund und rutschte zu Izaya, sie umarmte ihn wieder. „Wirst du jetzt mit Honoka reden?“

„Muss ich ja wohl. Ich will wissen, warum sie das vor mir geheim gehalten hat …“

„Wer hält hier was geheim?“, fragte da Katsu.

„Nichts, geh in dein Zimmer!“, brummte Chiaki. Katsu sah sie noch einige Zeit an, ehe er mit den Schultern zuckte und verschwand.

„Du hast ihn gut trainiert“, meinte Izaya.

„Eine muss sich ja um uns kümmern, wenn Honoka das nicht macht, dann muss das eben übernehmen …“, seufzte Chiaki.

Izaya lachte leicht und setzte sich weiter zurück, er legte den Kopf auf die Rückenlehne der Couch.

„Willst du hier warten, es könnte aber wieder spät werden“, teilte Chiaki ihm mit.

„Ja, warum nicht, ich hab heute nichts weiter vor gehabt …“, nuschelte er.

„Gut, dann gucken wir zum Zeitvertreib einen Film. Ich suche aus“, meinte sie bestimmt.

„Von mir aus …“

Sie kramte in dem DVD-Regal herum, welches sie gestern noch eingeräumt hatte, bevor Honoka aus dem Fenster gesprungen war.

Sie zog einen Film hervor und lief dann zu Izaya. „Hast du damit ein Problem?“ Sie zeigte ihm den Film.

Izaya hob die Augenbrauen. „Nein, ich bestimmt nicht, aber ist der überhaupt was für dich?“, wollte er wissen, als er ihr den Ju-on Film abnahm.

„Klar, den hab ich schon zweimal gesehen … auch die anderen Filme, aber wir haben gerade nichts Neues da. Mein Bruder mag solche Filme zwar lieber als ich … aber den will ich nicht dabeihaben, der würde nur nerven …“ Sie zuckte mit den Schultern.

„Hm, wenn du meinst …“

Izaya legte die DVD ein und der Film startete. Er setzte sich wieder zu Chiaki und diese legte ihren Kopf an Izayas Arm. Sie sahen sich den Film an, zwar zuckte Chiaki einige Male zusammen, aber sonst schien es sie nicht weiter zu interessieren.

„Deswegen mag ich keine Katzen“, teilte sie ihm nebenbei mit.

Izaya betrachtete während des Films eher Chiaki, er konnte und wollte sich nicht vorstellen, dass sie sein Kind sein sollte. Das passte doch einfach nicht, er betete innerlich, dass ein anderer der Vater war …

6
 

Es war schon sehr spät, als Honoka endlich wieder kam. Sie war überrascht und sauer zugleich, dass Izaya schon wieder hier war. „Hab ich dir nicht gesagt, du sollst nicht wiederkommen?“, fauchte sie sogleich. Doch ein Blick von Izaya genügte, um sie zum Schweigen zu bringen.

„Chiaki, würdest du uns beide bitte alleine lassen?“, bat Izaya die Kleine.

„Natürlich …“, sie stand auf und berührte noch einmal Izayas Schulter, ehe sie in ihrem Zimmer verschwand.

Izaya stand auf und ging auf Honoka zu. „Wer ist der Vater?“, fragte er direkt nach.

„Das geht dich nichts an …“, versuchte sie ihn abzuwehren.

„Sag es mir, ich will es wissen!“

„Nein … du kennst ihn nicht …“

Er packte sie an den Schultern und sah ihr direkt in die Augen. „Bin ich es? Honoka, sag mir die Wahrheit!“, es klang sehr bestimmt, er wollte es unbedingt wissen.

Honoka war nur erstarrt, sie konnte es nicht fassen, sie sah ihren Fehler in dem Moment, in dem er es aussprach. Satsuki hatte recht, sie hätte niemals hierher zurückkehren sollen.

„Ja, du bist es. Es sind deine Kinder“, gestand sie schließlich.

Izaya ließ sie los und trat zurück, es war also tatsächlich wahr … Er konnte es noch immer nicht fassen. „Warum bist du abgehauen, ich meine, du wusstest es doch bestimmt, als du weggegangen bist, oder?“, fragte er sie.

„Ja, ich wusste es. Und warum ich weggegangen bin … Was hättest du denn gemacht, wenn du erfahren hättest, dass ich schwanger bin, hm?“, wollte sie wissen.

„Du hättest es wegmachen lassen können, was weiß ich.“

„Siehst du und genau da lag das Problem. Ich wollte das Kind haben! Von ganzem Herzen wollte ich es haben“, gestand sie ihm. „Ich hab dich ausgetrickst, ich wollte ein Kind von dir haben. Das war alles geplant gewesen!“, verriet sie ihm noch.

Izaya riss die Augen auf. „Was?“

„Ich wusste, dass du niemals eine ernsthafte Beziehung mit mir anfangen würdest. Da du alle Menschen liebst, war es mir schon klar, dass das nichts werden wird, das hast du mir ja auch einmal selbst gesagt. Ich weiß nicht, ob du mitbekommen hast, was für Gefühle ich für dich hatte! Ich habe dich geliebt und ich liebe dich immer noch“, sagte sie. „Aber ich wusste vom ersten Moment an, dass da nichts zwischen uns sein wird … Deswegen hab ich einen Beschluss gefasst, wenn ich schon nicht mit dir zusammen sein konnte, dann wollte ich wenigstens etwas von dir haben, etwas was mir gehörte. Also kam ich an jenem Abend zu dir und bat dich, mit mir zu schlafen. Ich wollte ein Kind von dir haben, wenn ich schon nie eines zusammen mit dir haben würde, da du das nie akzeptiert hättest … Und ich war sehr froh, dass es gleich beim ersten Mal geklappt hatte … Als ich es wusste, schnappte ich mir Satsuki und verschwand mit ihr. Ich lief weg, einfach, weil ich nicht wollte, dass du mir mein Glück kaputt machst“, sie wirkte mit einem mal unendlich traurig. „Und mal ehrlich, du hättest es zerstört, ich kenne dich“, seufzte sie.

Izaya ließ sich wieder auf die Couch sinken. Diese Frau war doch echt unglaublich. Er schüttelte den Kopf. „Du spinnst, du spinnst echt“, nuschelte er. „Und warum bist du hierher zurückgekommen?“

„Weil ich dich wieder sehen wollte. Ich hab es nicht mehr ausgehalten, meine Sehnsucht nach dir war gigantisch“, sie seufzte auf und setzte sich ebenfalls. „Aber keine Angst, ich werde dich natürlich nicht dazu zwingen, die beiden als deine Kinder anzuerkennen. Ich werde auch nichts von dir verlangen, schließlich wollte ich diese Kinder haben. Du musst gar nichts tun. Du kannst genauso weitermachen wie bisher, du brauchst sie nicht mal als deine Kinder zu akzeptieren.“

„Du hast vielleicht Vorstellungen, glaubst du wirklich, das geht so einfach. Selbst jemand wie ich kann nicht so einfach ignorieren, das er Kinder hat“, knurrte er.

„Es tut mir Leid“, entschuldigte sie sich.

Izaya stand schließlich auf. Honoka sah ihn an. „Und was nun?“, wollte sie wissen.

„Nun werde ich gehen. Ganz ehrlich, ich will dich am Liebsten nie wieder sehen … allerdings habe ich nicht vor, auch Chiaki nie wieder zu sehen, sie sagt mir, im Gegensatz zu dir, die Wahrheit“, meinte er.

Honoka riss die Augen auf. Das durfte doch nicht wahr sein. Izaya ging auf die Tür und als er sie öffnete stand Satsuki davor.

Sie bekam große Augen, als sie ihn sah. „Was bitte schön machst du hier?“, wollte sie wissen.

„Ich wollte gerade gehen“, brummte Izaya.

„Aha, ist ja schön, aber was hast du bei Honoka zu suchen? Hast du ihr nicht schon genug angetan?“, fauchte sie.

Izaya sah sie verständnislos an. „Wie bitte?“

„Na, immerhin hast du …“, setzte Satsuki an, doch sie wurde von Honoka unterbrochen. „Satsuki, sei still …“

Izaya und Satsuki sahen Honoka an. Diese blickte zu Boden und seufzte schließlich auf. „Jetzt bin ich einmal dabei, die Wahrheit zu sagen, da kann ich auch diese Lüge aufklären … Satsuki, ich hab dich damals angelogen“, murmelte Honoka.

„Inwiefern?“

„Das Izaya mich verlassen hätte, das war gelogen. Ich war nie mit ihm zusammen und er wusste bis eben nichts von den Kindern. Das war mal wieder nur ein Trick von mir, eine Lüge, damit du mit mir kommst. Es tut mir Leid“, erklärte sie.

„Was? Du hast ihr gesagt, ich hätte dich wegen der Schwangerschaft verlassen? Du tickst doch echt nicht mehr ganz richtig“, knurrte Izaya. Momentan war er wirklich sehr wütend.

„Ich fasse es nicht, Honoka, du bist echt das Letzte!“, stieß Satsuki aus.

Sie machte auf dem Absatz kehrt und verschwand wieder. „Echt, dass du dich mal dazu entwickeln wirst, das hätte ich nie vermutet und sie hat recht, du bist das Letzte“, murmelte Izaya, ehe auch er verschwand.

Honoka ließ sich auf die Couch sinken, sie stützte den Kopf in die Hände, sie konnte und wollte nicht mehr, sie hatte ja gewusst, dass es irgendwann, irgendwie auffliegen würde, aber so schnell …

7
 

Izaya erreichte seine Wohnung, er schloss die Tür und legte sich danach auf die Couch … Er war immer noch ungläubig. Er konnte es nicht fassen, dass Honoka so etwas gemacht hatte. Er dachte daran zurück, wie er sie kennengelernt hatte …
 

Es war im Jahr 2001 gewesen, als er das erste Mal Bekanntschaft mit Honoka Yuriko gemacht hatte, sie war damals schon total verrückt gewesen und hatte alle möglichen Leute damit erschreckt, dass sie aus dem Fenster sprang.

Sie war eine alte bekannte von Shinra und dieser stellte sie ihm, Izaya, schließlich vor.

„Izaya, darf ich vorstellen, das ist Honoka Yuriko. Honoka, das ist Izaya Orihara“, stellte Shinra sie gegenseitig vor.

Honoka grinste und umarmte Izaya dann schließlich stürmisch. „Hi!“

Izaya sah sie ein wenig überrumpelt an. „Keine Sorge, das ist normal bei ihr“, meinte Shinra.

„Verstehe …“, nuschelte Izaya nur.

Doch plötzlich hörten sie es krachen. „Ohoh, Shizuo ist schon wieder aktiv“, seufzte Shinra.

„Wer ist Shizuo?“, wollte Honoka wissen.

„Komm mit, ich zeig ihn dir“, meinte Shinra, was wohl ein Fehler war, denn das war der Beginn einer seltsamen Freundschaft. Honoka hing wie eine Klette an Shizuo da er ja unglaublich stark war und das schien ihr zu gefallen. Zu dem Zeitpunkt ahnte Izaya auch noch nichts.

Denn dass sie so an Shizuo hing war nur eine Tarnung. Izaya merkte, dass sie immer Fotos von ihm machte, es nervte ihn, aber erstmal sagte er nichts. Doch nach einiger Zeit wurden ihre Absichten immer deutlicher, es war beinahe unerträglich.

Es war an einem Samstagabend und in Ikebukuro war gerade eine Feier. Izaya hielt nicht allzu viel davon, weshalb er früh wieder ging. Er war gerade zuhause und las etwas, als es plötzlich klingelte. Es stellte sich heraus, dass es Honoka war. Sie war ziemlich angetrunken und sah sehr niedergeschlagen aus.

„Izaya!“, heulte sie. „Diese Typen waren so gemein zu mir“, nuschelte sie und zog einen Schmollmund. Sie hing halb auf Izaya, sie konnte zwar noch stehen, allerdings schwankte sie.

Izaya seufzte und führte sie zur Couch. Er wollte sie einfach nur hinsetzen, damit sie sich ausruhen konnte, aber nichts da. Sie zog Izaya zu sich. „Bleib doch bei mir“, lallte sie. „Halt mich fest.“

Izaya hob die Augenbrauen, legte sich dann aber zu ihr. Sie schlief an seiner Seite schließlich ein.

Es dauerte einige Stunden, ehe sie erwachte. „Izaya …“, murmelte sie und starrte ihn an. Sie kuschelte sich plötzlich ganz fest an ihr zwei Jahre jüngeres Gegenüber, dieser wachte davon allerdings auf.

„Was denn?“, brummte der Sechzehnjährige.

„Kannst du mich nicht ganz doll lieb haben? Du liebst doch die Menschen, kannst du mich nicht ein einziges Mal mehr lieben?“, fragte sie und sah ihn mit großen traurigen Augen an.

„Nein, du weißt, das kann ich nicht“, antwortete er.

Plötzlich drehte sie ihn komplett auf den Rücken und setzte sich auf ihn drauf. „Dann liebe mich eben nicht, aber lass uns etwas Spaß haben, ja?“, meinte sie.

„Was? Nein!“, wehrte er sich.

Sie zog ihr Oberteil aus. „Ach komm schon, Izaya … Ich hab doch gesagt, du muss mich nicht lieben. Aber glaub mir, das macht Spaß. Da kann überhaupt nichts passieren. Komm schon, lass uns Spaß haben“, schnurrte sie.

Izaya wusste nicht, weshalb er schließlich doch zustimmte, ob es jugendliche Naivität war, oder die Tatsache, das eine halbnackte Frau auf ihm saß, vielleicht beides, aber er ließ sich überreden.

Sie landeten irgendwie in Izayas Bett, denn beide empfanden die Couch als zu unbequem.

Schnell zog Honoka sich weiter aus, während auch Izaya sich seiner Sachen entledigte. Honoka ließ sich von ihm in die Laken drücken, sie machte alles, was er von ihr wollte. Es war für Honoka der beste Tag ihres Lebens, was sie eigentlich geplant hatte, sollte Izaya erst viele Jahre später erfahren.

Er küsste sie, in diesem Moment war er ganz von ihr gefangen. Er liebte sie tatsächlich nicht, aber es machte Spaß sie zu berühren, sie zu küssen. Solche Gefühle hatte er in der Tat noch nie gehabt.

Es dauerte mehrere Stunden, ehe sie schließlich fertig wurden. Honoka war überglücklich, endlich hatte sie bekommen, was sie sich so sehr gewünscht hatte. Sie lag neben ihrem Objekt der Begierde im Bett. Sie konnte nicht anders, sie musste ihn betrachten.

Sie lag weiter neben ihm, doch schließlich musste sie irgendwann gehen, was sie traurig machte, denn sie wusste, dass so eine Gelegenheit vielleicht nie wieder kommen sollte.
 

Es dauerte einige Wochen, ehe Honoka sich traute, den Test zu machen. Die Rede war von einem Schwangerschaftstest. Was sie Izaya verschwiegen hatte, war, dass sie eben nicht die Pille genommen hatte, wie sie es gemeint hatte. Sie hatte ja die Absicht gehabt, von ihm schwanger zu werden. Nachdem sie den Test gemacht hatte, machte sie fast Luftsprünge, denn er war positiv. Positiv! Das bedeutete, sie würde ein Kind von Izaya haben.

Schnell machte sie sich auf den Weg zu Satsuki, sie wollte sie überreden, mit ihr zu kommen, denn schließlich würde es irgendwann auffallen, dass sie immer dicker wurde. Es dauerte lange, doch irgendwann ließ sich Satsuki überreden. Das würde sicherlich eine wunderbare Zukunft werden, wenn auch ohne Izaya …
 

Honoka lag in ihrem Bett, sie fühlte sich mies, sie war sich bewusst, dass sie etwas Schlimmes getan hatte, allerdings wollte sie auch nichts bereuen. Sie hatte es sich doch nun mal sosehr gewünscht …

Müde schloss sie die Augen, was die nächsten Tage noch bringen sollten, würde sie schon noch sehen …

8
 

Die nächsten zwei Monate vergingen und Honoka und Izaya sahen sich recht häufig, da er sich nach wie vor mit Chiaki traf. Katsu blieb nach wie vor in seinem Zimmer, obwohl er mittlerweile auch wusste, dass Izaya sein Vater war. Er hockte lieber weiterhin in seinem Zimmer.

Chiaki hingegen genoss die Zeit, die sie mit Izaya verbringen durfte. Sie machten ganz unterschiedliche Sachen, wie ins Kino oder Essen gehen, ab und zu wurden sie auch von Shizuo gejagt und einmal sind sie mit Celty mitgefahren. Celty als Fahrer, Chiaki in der Mitte und Izaya hinten drauf.

Selbst Namie ließ Izaya mittlerweile in Ruhe, zu Anfang hatte sie noch spitze Kommentare übrig gehabt, doch nun war sie still.

Doch die friedliche Zeit sollte bald zerstört werden, denn Honoka traf weitere Entscheidungen, die ihr Leben komplett verändern sollten, zum Schlechteren, versteht sich.
 

Eines Abends erreichte Izaya ein Anruf, er hatte Chiaki vor circa drei Stunden wieder zu Honoka gebracht, deswegen wunderte er sich ein wenig, warum sie jetzt schon wieder anrief.

Er nahm das Gespräch an und war schockiert. „Izaya … hilf mir“, zischte Chiaki ins Telefon.

„Was ist los?“, wollte Izaya wissen, er sprach auch leise, er wusste ja nicht, was auf der anderen Seite los war.

„Männer sind bei uns im Haus, sie scheinen Leute von der Mafia zu sein. Sie sind sauer und verprügeln gerade Honoka“, stammelte sie, pure Angst lag in der Stimme der Kleinen.

„Was?“, stieß er aus.

„Ja, sie sind stinkwütend, weil Honoka nicht mehr das machen wollte, was ihr Boss gesagt hat. Sie haben uns zum Glück noch nicht gefunden, hilf mir, Izaya … ich hab Angst … Ich-“, plötzlich ertönte ein Schrei, es war eindeutig Chiaki, ehe die Verbindung abbrach, er hatte zuvor noch undeutlich Männerstimmen im Hintergrund gehört.

Schnell sprang er auf und zog sich seine Jacke über, ehe er nach draußen verschwand. Das durfte doch nicht wahr sein, was hatte Honoka jetzt schon wieder gemacht, dass die Männer so verärgert hatte?

Er rannte durch die dunklen Straßen auf das Haus zu. Er kam gerade rechtzeitig an, denn er hörte einen weiteren Schrei und sah, wie einer der Männer Chiaki über das Balkongeländer warf.

Izayas Augen weiteten sich, das konnten sie doch nicht tun! Er sprintete los und schaffte es gerade noch rechtzeitig, Chiaki aufzufangen, dabei fing er ihren Aufprall ab. Sie landeten beide auf dem Boden und Izaya stöhnte auf, das würde blaue Flecken geben, doch daran konnte er nicht denken.

Chiaki weinte, als sie Izaya sah. „Izaya. Die haben Katsu mitgenommen … Ein Teil der Männer ist schon weg und sie haben Katsu mitgenommen!“, heulte sie. Sie war total aufgelöst und weinte bitterlich.

Doch plötzlich ertönte ein Schuss und eine zweite Person wurde über das Balkongeländer geworfen. Ungebremst schlug sie auf dem Boden auf. Izaya konnte es unschön knacken hören, als sämtliche Knochen im Körper der Person brachen.

Sofort breitete sich eine Lache Blut aus und Izayas Augen weiteten sich, als er erkannte, wer da vor ihnen auf dem Boden lag.

Chiaki wollte gerade hinsehen, doch Izaya presste ihr Gesicht an seine Brust. „Sieh da bloß nicht hin!“, schrie er sie an.

Sein Atem ging hektisch, während er versuchte, seine Tochter zu beruhigen. Er selbst starrte nur die zerquetschte Leiche von Honoka an. Sie war schon tot gewesen, bevor sie auf dem Boden aufgeschlagen war, denn ein großes Loch war in ihrer Stirn. Das war der Schuss gewesen.

Izaya bemerkte, wie stark Chiaki zitterte, sie war nur in einem dünnen Schlafanzug und obwohl noch Sommer war, war es ziemlich frisch. Zudem hatte es angefangen, wie aus Eimern zu schütten. Schon vorher war der Himmel dunkel und unheimlich gewesen und Izaya hatte ein schlechtes Gefühl gehabt. Dass es jetzt soweit kam …

Er zog seine Jacke aus und legte sie Chiaki um, darauf bedacht, dass sie nicht die Leiche ihrer Mutter zusehen bekam.

Er sah ihr tief in die Augen. „Hör zu, ich bringe dich jetzt zu einem Freund von mir, klar. Bei dem bleibst du und ich werde mich um deinen Bruder kümmern, okay?“, wies er sie an.

Noch immer verheult sah sie ihn an, nickte aber. Izaya nahm die Kleine auf den Arm und rannte dann los. Er wollte sie nur schnell hier wegbringen. Er rannte zu Shinra, er musste sich so lange um die Kleine kümmern. Er erreichte das Haus und klingelte Sturm. Celty öffnete die Tür und war erschrocken, einen völlig durchweichten Izaya mit einer noch aufgelösteren Chiaki zu sehen. Die Kleine weinte noch immer bitterlich.

«Was ist passiert?», tippte Celty auf ihrem Telefon.

„Das erkläre ich gleich, bitte lass mich rein“, meinte Izaya. Celty machte Platz und Izaya trug Chiaki ins Wohnzimmer. Es interessierte ihn noch nicht mal, dass Shizuo da war.

„Shinra, du musst dich um Chiaki kümmern!“, kam Izaya gleich zur Sache.

„Was? Wieso? Was ist passiert?“, wollte der junge Arzt wissen.

„Sie wurde gerade aus dem zwanzigsten Stock geworfen und ihre Mutter wurde umgebracht. Die Leute von der Mafia waren bei ihnen. Zudem haben sie Katsu entführt!“, erzählte Izaya knapp. Noch immer hatte er Chiaki auf dem Arm, die sich nicht beruhigen konnte.

„Ach du meine Güte … weißt du, wo sie hin sind?“, fragte Shinra.

Izaya setzte sich mit Chiaki auf die Couch. Sie presste sich an ihn. Izaya schüttelte nur frustriert den Kopf. „Ich weiß es nicht. Ich weiß es absolut nicht“, antwortete er. „Aber ich werde es herausfinden.“

„Izaya, was ist da dem Fenster gefallen? War das Honoka?“, wollte Chiaki wissen. Sie sah ihn an, er sah, wie ernst es ihr war.

Schwach nickte Izaya „Aber keine Angst, ich werde Katsu retten, das verspreche ich dir“, sagte Izaya fest.

„Was ist los, Izaya, wirst du auf einmal menschlich?“, wollte Shizuo wissen. Er wusste nicht, dass Katsu und Chiaki Izayas Kinder waren. Er hatte sich zwar gewundert, dass Chiaki immer bei Izaya war, aber er hatte geglaubt, das Kind hänge sich nur an den Informanten ran.

„Shizu-chan, ich würde das nicht für jeden tun, aber Chiaki und Katsu sind meine Kinder“, offenbarte er. Auch Celty und Shinra hatten das nicht gewusst.

„Was?“, stießen die beiden Männer aus, auch Celty tippte «Was?» ein.

„Ja, das stimmt, ich hab es auch erst vor einigen Monaten erfahren. Aber das ist doch jetzt egal, ich muss Katsu retten“, kam er aufs Thema zurück.

„Aber wie willst du ihn finden?“, wollte Shinra wissen.

„Nun ja, ich hatte gehofft, die ‚Dollars‘ würden helfen, schließlich haben sie schon mal dabei geholfen, einen Menschen zu retten“, meinte Izaya.

„Izaya …“, kam es von Chiaki. Izaya sah sie an. „Ähm, sie haben Honoka gedroht, dass sie, wenn du nicht vor Sonnenaufgang bei ihnen bist, Katsu töten werden“, murmelte Chiaki.

Izaya biss die Zähne zusammen, das durfte doch nicht wahr sein. „Dann muss ich mich eben beeilen. Keine Sorge, ich werde ihn finden“, versicherte er ihr, ehe er sie absetzte und aufstand.

Er zog sein Telefon hervor und loggte sich bei den ‚Dollars‘ ein.
 

-- Kanra ist online --
 

Kanra: Ich brauche dringend Informationen. Ein Junge wurde von der Mafia entführt und soll bei Sonnenaufgang getötet werden. Er ist sieben Jahre alt, hat schwarze Haare und grüne Augen.
 

Es dauerte einige Minuten doch dann meldeten sich einige Leute.
 

Unbekannt: Ich hab vor einer viertel Stunde einige Männer gesehen, die hatten ein Kind dabei, das sich gewehrt hat. Sie sind nach Osten gerannt!
 

Unbekannt: Oh nein, solche Fieslinge, einfach ein Kind entführen. Ich werde helfen, sie zu suchen!
 

Unbekannt: Genau, ich auch. Suchen wir also im Osten!
 

Unbekannt: Mir sind gerade eben einige Männer über den Weg gelaufen! Sie sind in Richtung der Lagerhäuser gerannt.
 

Izaya las noch einige weitere Mittelungen, als immer mehr darauf hindeutete, dass sich die Mafia in den Lagehäusern versteckte, beschloss er loszugehen.

„Ich mache mich jetzt auf den Weg, Chiaki. Ich glaube, ich habe deinen Bruder gefunden. Ich werde ihn zurückbringen“, versprach er noch einmal und strich ihr über die Haare. Chiaki nickte schwach, sie stand unter Schock.

Izaya wandte sich an Celty. „Kannst du mich hinbringen?“

«Ja, werde ich. Beeilen wir uns!», tippte sie.

Izaya und Celty machten sich auf den Weg. Shizuo überlegte noch einige Zeit, doch dann seufzte er und lief hinterher. Auch wenn er damit Izaya half … aber er würde auch nicht zulassen, dass die Mafia noch mehr Schaden anrichtete …

9
 

Es dauerte mit Celtys Pferd nur knapp fünfzehn Minuten, ehe sie ankamen. Sie hatten noch mal angehalten, um Shizuo mitzunehmen, wenn er sich schon freiwillig anbot … Izaya war es momentan egal, er wollte einfach nur Katsu retten, zudem hatte er mit der Mafia sowieso noch ein Hühnchen zu rupfen, immerhin hatten sie Honoka umgebracht. Auch wenn er sie nicht mochte, sie hätten sie nicht gleich töten müssen …

Izaya stieß die Tür der Lagerhalle auf und erstarrte, was er sah, war unglaublich. Er sah Katsu, er war an einen Stuhl gefesselt und sah übel zugerichtet aus, zudem war er viel zu still … Doch was ihn noch mehr schockierte war, dass Honoka auf einem Podest hinter Katsu thronte.

„Hallo, Izaya …“, grinste sie, wobei sie sich enger an den anscheinend toten Mann neben ihr schmiegte.

„Honoka, was machst du hier? Ich dachte, du seiest tot! Ich hab deine Leiche gesehen!“, stieß Izaya aus.

Honoka lachte erneut, es klang widerlich und fies. „Wirklich? Bist du ganz sicher, dass es meine Leiche war? Immerhin war es dunkel, es hat geregnet und du warst aufgeregt, bist du ganz sicher, das du dich nicht verguckt hast?“

„Was hat das hier zu bedeuten? Was hast du mit Katsu gemacht? Und warum hast du Chiaki aus dem Fenster geworfen?“, Izaya verstand momentan gar nichts mehr.

Honoka erhob sich und schritt auf den Rand des Podestes zu, sie sprang herunter und landete neben Katsu.

„Hm, wie schade, willst du nicht mal raten, was passiert ist? Nein, dann werde ich es dir wohl erklären müssen“, sie seufzte tief auf.

„Das war nicht ich, die aus dem Fenster gefallen ist, das war Satsuki, wir haben ihr die Haare abgeschnitten, sodass es so aussieht, als wäre ich es, die gestorben ist. Wie gesagt, es war dunkel und es hat geregnet und du weißt sicherlich, wenn meine Haare nass sind, sind sie nun mal fast braun. Das hab ich mir zu nutze gemacht. Zudem, ich hab gesehen, dass du da unten bist, sonst hätte ich Chiaki nicht runter geschmissen“, meinte sie im Plauderton.

„Du hast Chiaki aus dem Fenster geworfen? Tickst du noch ganz richtig?“, fauchte Izaya.

„Tickst du noch ganz richtig? Du warst es doch, der das alles hier angefangen hatte. Du wolltest mir mein Kind wegnehmen … ich musste es dir heimzahlen. Nun ja, dafür musste Satsuki sterben, aber egal …“, sie zuckte mit den Schulter. Ihre Stimme klang kalt und abweisend, keinerlei Reue war darin zu hören. Sie interessierte sich nicht dafür, das Satsuki tot war.

„Sie war mir sowieso zu nervig geworden und da sie mich beleidigt hatte, landete sie auf meiner Liste. Und du bist der Nächste Izaya. Du wirst heute Nacht hier sterben, du darfst dich geehrt fühlen, ich bringe dich höchstpersönlich um“, versprach Honoka.

„Aber warum? Warum tust du das?“

„Nun ja, mein Boss hat mich wachgerüttelt. Ich kann nicht mehr ich selbst sein, solange du noch am Leben bist, also werde ich dich töten. Aber keine Angst, ich liebe dich nach wie vor, ich werde deine Leiche präparieren, sodass ich dich immer ansehen kann und dann wirst du immer bei mir sein, für immer und immer und immer und ewig“, sie lachte schrill.

„Keine Sorge, Izaya-chan ich werde dich gut behandeln, ich werde dich schnell töten, du wirst nicht länger leiden müssen und dann werde ich auch Katsu und Chiaki töten und dann werden wir wieder zusammen eine Familie sein, so wie ich mir das vorgestellt hatte.“

Izaya schnaubte. „Du bist krank, weißt du das? Honoka, absolut durchgedreht. Ich weiß nicht, auf welchem Trip du bist, aber du solltest mal ganz schnell wieder runterkommen. Dafür, was du Chiaki und Katsu angetan hast, werde ich höchstens dich töten“, meinte Izaya.

Honoka grinste noch immer breit, danach hob sie die Hand und schnippte mit dem Finger, sofort tauchten Scharen von Männern auf. „Ach ja, du willst dich mit dem Boss der Mafia anlegen? Zu süß, Izaya-chan, der ehemalige Boss ist inzwischen auch tot und nun habe ich das Kommando. Mal sehen, ob du an mich rankommst“, forderte sie ihn heraus. Während die Männer den Weg zu ihr verbauten, schnappte sie sich Katsu und lief zur Hintertür.

„Scheiße“, stieß Izaya aus. „Kümmert ihr euch um die Typen hier, ich halte Honoka auf!“, rief er Celty und Shizuo zu.

Er öffnete sein Messer und machte sich auf den Weg, allerdings musste er immer wieder Schlagstöcken und ähnlichem ausweichen. Doch Celty kam ihm zur Hilfe, mit ihrem Schatten drängte sie die Männer zurück, sodass Izaya durch konnte. „Danke!“, rief er, ehe er verschwand.

Er rannte hinaus in den Regen und hinter Honoka her. Allerdings war ihr Vorsprung gewaltig.

Aber es nutzte ja nichts, Izaya legte noch einen Zahn zu, wenn er wenigstens wüsste, wohin sie wollte …

Er rannte fast eine halbe Stunde hinter ihr her, ehe er sie in einem kleinen Park fand. Sie saß auf einer Bank und sah ihn an. Sie hatte die Arme auf der Lehne ausgebreitet und Katsu lag bewusstlos auf ihrem Schoß.

„Ha, du hast mich gefunden, wie schön“, grinste sie.

„Honoka, hör auf damit! Lass ihn in Ruhe“, knurrte Izaya. Er war wütend, warum hatte er es nicht vorher bemerkt, dass sich Honoka verändert hatte?

„Das ist alles nur deine Schuld“, seufzte Honoka auf, sie sah in den, noch immer düsteren Himmel, nach wie vor schüttete es wie aus Eimern. Ihre weiße Kleidung war vollkommen durchweicht und sehr durchsichtig. Das hatte sie wohl extra gemacht.

„Warum meine?“

„Weißt du, Izaya-chan, ich hasse die Menschen … ich hasse sie abgrundtief, weil du sie liebst. Du liebst jeden Menschen und das macht mich eifersüchtig … Ich will dich für mich alleine haben, verstehst du das nicht, ich will dich haben und wenn ich dich schon nicht bekommen kann, dann soll dich eben gar keiner haben. Ich war selbst auf Chiaki eifersüchtig …“, Honoka sah ihn an. In ihren Augen lag der Wahnsinn.

„Weißt du, Honoka, das ist selbst für mich krank … Du widerst mich an, das ich überhaupt mit dir damals geschlafen hab … ich frage mich bis heute, was da in mich gefahren war. Hätte ich es nicht gemacht, wäre es wahrscheinlich nie so weit gekommen“, meinte er.

„Dann hätte ich dich dazu gezwungen, es gibt genügend Drogen auf dieser Welt, eine hätte dich sicherlich gefügig gemacht, ich hätte keine Skrupel gehabt mir das zu nehmen, was mir zusteht“, fauchte sie. „Ich hätte dich schon damals töten sollen, dann hätte ich dich ganz für mich alleine gehabt.“

„Dann hättest du aber niemals Kinder gehabt, Honoka, ich dachte, das hast du dir so sehr gewünscht“, er durchbohrte sie mit seinen Blicken.

„Nun ja, nicht ganz … Hätte ich dich bei mir gehabt, hätte ich mir keine Kinder anschaffen müssen, wärst du bei mir geblieben, wäre ich mir nicht mal sicher gewesen, ob ich überhaupt Kinder wollte. Ich hasse Kinder, musst du wissen, ich hasse sie, sie nerven. Ich wollte lediglich dich, alles, was ich jemals wollte, war Izaya Orihara. Seit dem Moment, in dem ich dich das erste Mal gesehen habe, wollte ich dich haben, dich und niemand anderen. In welcher Form war mir egal, tot und tiefgekühlt wärst du mir genauso recht gewesen, Hauptsache, du wärst bei mir. Aber da du nicht wolltest, brauchte ich eben deine Kinder“, sie zuckte mit den Schultern und stand auf. „Da ich jetzt eh schon fast alles verraten habe, kann ich ja auch sagen, dass dieses Überdrehte auch nur gespielt war. Ich habe mich jedes Mal innerlich zu Tode gelacht, wenn die anderen mich so schräg anguckten. Ich habe mich wirklich jedes einzelne Mal gefragt, warum die Menschen so bescheuert sind, warum sie so sind, wie sie sind“, sie zuckte mit den Schultern und ging auf Izaya zu.

„Ich verstehe nicht, warum du die Menschen liebst, sie sind doch so widerlich und schmutzig und einfach nur abscheulich …“, seufzte Honoka.

„Tja, aber die menschliche Natur ist für mich nun mal interessant. Und ich kann dir sagen, ich liebe alle Menschen, das heißt aber nicht, dass ich dich persönlich mag. Du bist auch eine dieser widerlichen Menschen … Ich mag dich überhaupt nicht“, sagte er.

„Verletze mich nicht noch weiter, du hast mir schon alles genommen …“, knurrte sie.

„Nein, das warst du selbst, du hast dein Leben kaputt gemacht. Das warst ganz alleine du selbst“, entgegnete er.

„Lügner, das ist deine Schuld, weil du mich nicht liebst, ist das aus mir geworden. Dieses Monster … dieses widerliche Monster“, fuhr sie ihn an. „Weißt du, was mir die Stimme befielt, sie sagt mir, dass ich töten soll und damit sie aufhört, mit mir zu sprechen, töte ich eben“, meinte Honoka schulterzuckend.

„Du weißt sicher gar nicht, wie einfach es mittlerweile für mich ist, Menschen zu töten, ich habe Satsuki ohne das geringste Zögern erschossen und sie runter geworfen, ich war es auch, der ihr die Haare geschnitten hat. Ich war es, der die Mafia dazu angeheuert hat, in meine Wohnung zu kommen, sie haben mich wirklich verprügelt, allerdings empfinde ich so gut wie nie körperliche Schmerzen …“, erzählte sie. Sie machte mit ihrem rechten Arm eine ruckartige Bewegung und ein Messer schnippte aus ihrem Ärmel, sie öffnete es und grinste Izaya an. „Wollen wir sehen, wer besser in Form ist? Na?“, fragte Honoka.

Auch Izaya klappte sein Messer auf. „Von mir aus doch … ich werde es dir sowieso nie verzeihen, dass du Chiaki und Katsu so etwas angetan hast. Verrecke in der Hölle“, knurrte er.

„Ah, Izaya, egal wie abweisend deine Worte sind, sie erfüllen mich immer noch mit Freude, das ist deswegen, weil ich dich liebe … und ich werde dir jetzt mal zeigen, wie groß meine Liebe ist“, kicherte sie, ehe sie auf ihn zu rannte.

Er konnte ihren Angriff abwehren, doch er konnte dem zweiten Messer, welches aus ihrem linken Ärmel schnippte, nicht mehr ausweichen. Sie stach es ihm in den Bauch. Er knurrte auf, denn anders, als Honoka konnte er noch körperlichen Schmerz empfinden.

„Ohoh, wenn ich es herausziehe, könnte es passieren, dass du durch den Blutverlust stirbst“, sie schnalzte ein paar Mal mit der Zunge.

Izaya sprang zurück, das Messer steckte noch immer in seinem Bauch. Honoka kam grinsend auf ihn zu. „Mein lieber, süßer Izaya, wie schön du aussehen wirst, wenn ich dich erstmal konserviert und bearbeitet habe, du wirst lebendiger aussehen als jetzt. Ich werde dich selbst dann noch lieben, wenn du kalt und erstarrt neben mir liegst …“, säuselte sie.

„Weißt du, das klingt selbst in meinen Ohren pervers. Bist du nekrophil, oder was?“, keuchte er.

„Hm, irgendwer sagte mal, dass Kannibalismus die größte Form der Liebe sei … vielleicht sollte ich dich … aufessen?“, sie legte den Kopf schief. „Aber nein, dann hätte ich ja nicht viel von dir …“

Izaya war weiter zurückgewichen, doch zu allem Überfluss hatte sie auch noch eine Schusswaffe dabei … Das war wohl die Waffe von ersten.

„Damit habe ich auch schon Satsuki getötet …“, bestätigte sie seine Vermutung. Sie kam Izaya immer näher. Er würde nicht schnell genug ausweichen können, wenn sie schoss, dazu hatte er schon zu viel Blut verloren … er musste sich beeilen. Seit wann war sie nur so stark?

Doch durch diese Gedanken, verlor er wertvolle Zeit, denn Honokas Finger war bereits am Abzug.

Ein ohrenbetäubender Schuss hallte durch den Park. Izaya ging auf die Knie, sie hatte ihm in den Oberschenkel geschossen. Er musste aufpassen, dass er nicht umkippte, das würde das Messer nur noch tiefer in seinen Bauch drücken.

„Weißt du, mein toter Boss hat mich im Töten ausgebildet, er war ein Ex-Terrorist, er hatte es richtig drauf …“, erzählte sie ihm. Sie nährte sich Izaya immer weiter. Er konnte nicht weiter zurückweichen, denn er spürte einen Baum im Rücken. Er kam auch nicht so schnell an sein Messer heran, als sie ihn angeschossen hatte, war es ihm aus der Hand gefallen und weggerutscht.

„Ich werde dich jetzt töten … ganz schnell, du wirst nicht mehr leiden müssen“, hauchte sie.

Izaya versuchte es ein letztes Mal, er glaubte nicht, dass sie zur Vernunft kam, aber er musste es versuchen … Er brauchte eine Chance um sie zu töten …

„Honoka, ich will … dich ein letztes Mal küssen, komm bitte her“, murmelte er.

Das schien sie aus dem Konzept zu bringen. Sie lief rot an und es schien ihr peinlich zu sein. „Du willst wirklich?“, stammelte sie, jetzt wirkte sie wieder wie die Honoka, die er kannte.

„Ja, natürlich“, antwortete er. Ohne zögern trat sie an ihn heran und beugte sich zu ihm herunter. Sie nahm sein kaltes Gesicht zwischen die Hände und drückte ihre Lippen auf seine. Das nutzte Izaya aus und zog das Messer aus seinem Bauch.

Honoka spürte, dass etwas ihren Körper durchbohrte. Sie spürte einen Druck, aber keinen Schmerz. Sie sah an sich herab und entdeckte das Messer in ihrer Brust. Izaya hatte es ihr direkt durchs Herz getrieben.

„Izaya“, hauchte sie. „Ich kann dir nicht böse sein, ich liebe dich … immer noch“, waren ihre letzten Worte, ehe sie nach vorne kippte. Sie landete auf Izaya, doch dieser schob sie nur weg. Er betrachtete sein Bein, es sah übel aus, die Kugel steckte noch immer darin und es blutete wie sau. Aber sein Bauch machte ihm mehr sorgen, denn da floss das Blut in Strömen heraus.

Trotzdem rappelte er sich auf und hievte sich zu der Bank, auf der Katsu lag. Katsu war noch immer bewusstlos, aber er lebte.

Mit einem letzten Blick auf seinen Sohn brach Izaya schließlich bewusstlos zusammen.

10
 

Izaya erwachte nach einer gefühlten Ewigkeit endlich wieder, er fühlte sich wie gerädert, sein Bauch und sein Bein schmerzten. Obwohl er sich seltsam benebelt fühlte, er schien wohl Schmerzmittel zu bekommen.

Er spürte, wie seine Hand gedrückt wurde. „Izaya, du bist endlich wach“, kam es von Chiaki. Sie heulte vor Erleichterung.

„Chiaki …“, murmelte Izaya schwach. „Was ist mit Katsu?“

„Dem geht’s auch wieder besser, er hat sich schon wieder in seinem Zimmer verzogen … Na ja, ich wollte lieber bei dir bleiben … Celty-san hat mir erzählt, was passiert ist. Du musstest Honoka töten, nicht wahr?“, wollte sie wissen.

Izaya nickte. „Tut mir Leid.“

„Nein, nein! Das muss es nicht, sie war eine schreckliche Person, du hast das richtige getan“, versuchte sie ihm zu versichern, aber sie weinte dabei unaufhörlich. Mit einer schnellen Bewegung krabbelte sie zu ihm aufs Bett und schmiegte sich an ihn. „Sie war so furchtbar, du konntest gar nichts anderes tun …“

Izaya schloss sie in seine Arme und blieb stumm, er konnte nichts sagen, was es besser machen würde, denn egal, wie sehr Chiaki es auch abstritt, Honoka war ihre Mutter gewesen, man konnte sie einfach nicht so sehr hassen, dass es einem gar nichts ausmachte …
 

Es verging fast ein weiteres halbes Jahr, in dem Izayas Verletzungen abheilten und auch die seelischen Schmerzen von Chiaki nachließen. Sie würde noch länger damit zu kämpfen haben, aber es wurde schon langsam besser. Die Zwillinge wohnten jetzt bei Izaya, welcher sich von nun an um sie kümmerte.

Chiaki ging es bei Izaya besser, sie lebte nach einiger Zeit wieder richtig auf, die beiden gingen wieder zur Schule und auch so lief alles super. Izaya überraschte es allerdings am meisten, schließlich hatte er nie damit gerechnet, irgendwann mal Vater spielen zu müssen, allerdings machten die Zwillinge es ihm relativ einfach, da sie durch Honoka mehr als selbstständig waren.
 

Es war eines Abends, als er sich mit Celty unterhielt. Sie hatte ihn nun endlich gefragt, was in jener Nacht passiert war und Izaya antwortete ihr auch. Als sie ihn vorher mal gefragt hatte, wollte er nicht antworten. „Ich glaube, Honoka war hochgradig schizophren. So sehr, wie selbst ich es noch nie gesehen habe. Sie hatte wirklich zwei Personen in sich … obwohl die zweite war viel mehr eine Stimme, die ihr immer wieder einredete zu töten. So hat sie es mir auch selbst gesagt … Aber sie war schon immer psychisch gestört, auch wenn sie es versteckt hat. Sie war eine Stalkerin, eine von der gefährlichsten Sorte. Sie hat geglaubt, sie würde mich lieben, aber diese Liebe war nichts weiter als eine sehr ausgeprägte Besessenheit …“, erklärte er. „Sie war ein Soziopath, ich habe natürlich weiter über sie geforscht und aus allen unterlagen ging hervor, dass sie starke Probleme hatte, und auch diese Stimme wurde über die Jahre immer schlimmer.“

«Das muss schrecklich gewesen sein, ich meine, eine Stimme, die einem befielt zu töten … Selbst ich würde mich davor gruseln.»

„Hm, ich denke, es war auch schrecklich für sie. Denn die Tabletten, die sie genommen hat, waren nicht nur dazu da, um sie ruhig zu stellen, sondern auch um Halluzinationen zu unterdrücken. Sie litt, laut Chiaki an sehr heftigen Alpträumen. Die Stimme soll ihr eingeredet haben, dass sie die beiden töten soll und dann mich und schlussendlich sollte sie sich selbst töten … sie hat verzweifelt versucht, das nicht zu tun, aber schlussendlich ist sie vollends dem Wahnsinn verfallen“, Izaya schaute aus dem Fenster.

«Hoffentlich ist der Spuk jetzt vorbei … Die Frau war wirklich gruselig … Dass sie sogar ihre eigenen Kinder verletzen würde … Hoffentlich ist das nicht vererbbar!» Obwohl sie keinen Kopf hatte, konnte Izaya ihre Panik sehen.

Er schmunzelte leicht über Celty. „Kein Angst, ich werde dafür sorgen, dass das schon nicht passiert …“, murmelte er vor sich hin.

Das Leben war schon interessant, die Menschen waren interessant. Ihre Taten, die manchmal vorhersehbar waren und manchmal selbst für ihn unerwartet kamen, aber das war ja das schöne daran. Er hasste Honoka nicht mehr dafür, dass sie ihn damals reingelegt hatte, denn jetzt hatte er etwas, auf das er Acht geben konnte, denn erstaunlicherweise gefiel es ihm, sich um die beiden zu kümmern, sofern sie das wollten.

„Izaya!“, rief Chiaki. Sie nannte ihn nicht Vater, das tat sie nie, sie meinte einmal zu Namie, dass sie sich dabei irgendwie komisch fühlen würde, aber Izaya machte es auch nichts aus, er legte keinen Wert darauf, wie sie ihn nannte. Sie setzte sich auf seinen Schoß und lehnte sich an ihn. „Was machen wir morgen?“, wollte sie wissen.

„Hm, ich weiß nicht, lass dir doch mal was einfallen. Celty ist übrigens auch da, vielleicht fährt sie auch mal eine Runde mit dir“, meinte Izaya und legte seine Arme um Chiaki.

„Celty-san, fährst du morgen wieder mit mir?“, fragte Chiaki sogleich.

«Aber gerne doch. Soll ich dich morgen früh gleich abholen, dann fahren wir mal eine große Strecke», schlug sie vor.

„Ja, gerne. Ich freu mich schon drauf“, strahlte Chiaki. Mittlerweile war Celty ihr richtig ans Herz gewachsen und sie hatte keine Angst mehr vor der kopflosen Frau.

Celty lachte, auch wenn man das nur erahnen konnte. Chiaki wechselte den Platz und setzte sich auf Celtys Schoß. Izaya beobachtete die Kleine. Ja, sie war ihm auch ans Herz gewachsen, und er würde tatsächlich nicht zulassen, dass sie so wie ihre Mutter wurde.

Er legte den Kopf zurück und grinste. Das Leben lief halt nicht immer so, wie von ihm geplant, aber manchmal war das auch ganz gut so. Er würde sehen, was ihm die Zukunft mit seinen zwei Kindern sonst noch so bringen sollte. Allerdings war er davon überzeugt, dass es gut werden würde.



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