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Das Relikt eines Traums

von

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Der Traum

Die Welt schien langsam zu verschwinden, sich zurückzuziehen, hinter einen dünnen grauen Schleier aus feinem Regen, der sich auf seine Augen legte.
 

Kuro...
 

Er versucht sich zu bewegen doch in seinem Körper hatte sich eine süße Taubheit ausgebreitet, die die Schmerzen nebensächlich werden ließ. Kälte kriecht näher, langsam, ganz langsam streckt der Tod seine eisigen Klauen nach ihm aus.
 

Kuroga...
 

Jemand ruft seinen Namen, doch seine Sicht verschwimmt. Er weiß nicht mehr, wem diese verzweifelte Stimme gehört. Wer...? Heiße Wassertropfen rinnen seine Wangen herunter....Tränen? Wer weint? Wer...?
 

Kuro...Kuro...
 

Der Kreis der Dunkelheit schließt sich um ihn herum. Nicht ein einziger Lichtstrahl, nicht ein winziger dringt durch die schwere, düstere Masse die sich immer dichter vor seinen Lidern drängt.

Doch plötzlich sind da zwei Augen in der Finsternis, leuchtend und in solch einem Blau, strahlender als der Himmel. Und ein Lächeln, ein vertrautes und liebenswürdiges kleines Lächeln, dass die Kälte verschwinden lässt. Ein Lächeln und ein Paar Augen, das ist alles...
 

KUROGANE!

Der Sturm beginnt

Kapitel 1: Der Sturm beginnt
 

Er schreckt aus seinem Schlaf, Augen weit aufgerissen und in die tiefe Finsternis starrend.

Sein Haar und seine Kleidung sind Schweiß getränkt. Das Blut rauscht durch seine Ohren, sein Herz pocht laut gegen sein Trommelfell...bathump, bathump, bathump. Atmen, ruhig atmen ist der einzige Gedanke der durch den Kopf des schwarzhaarigen Kriegers rauscht. „Jede Nacht, immer und immer wieder derselbe verfluchte Alptraum.“ Er rammt seine geballte Faust wütend mit aller Kraft in den Futon. Es ist noch tiefste Nacht, Stunden bis zum Sonnenaufgang, aber der Schlaf wird ihn heute nicht mehr übermannen, soviel ist sicher.
 

Denn es ist wie jede Nacht, jede unsägliche Nacht in welcher nur noch Fragen in seinem Kopf herumspuken und ihn nicht mehr zur Ruhe kommen lassen. Wer ist die Person von der ich träume? Warum kann ich mich nicht mehr an sie erinnern? Wann habe ich mich das letzte Mal so gefühlt, wie in diesem Traum? Und wie jede Nacht liegt er in der Dunkelheit und Stille seiner Kammer und sucht. Sucht überall in seinen Erinnerungen nach diesem Ereignis, nach diesen Augen. Doch er findet sie nicht, er weiß genau, dass er noch nie jemanden mit blauen Augen gesehen hatte. Eine Person mit so exotischen Merkmalen würde bestimmt sofort auffallen, hier in Nihon. Und ein Traumseher war er ganz sicher nicht, das war klar. Doch alles war so merkwürdig vertraut, auch der verzweifelte Ruf seines Namens, der sein Herz zerspringen ließ.

Aber wer, was, wann...?
 

„Eines Tages dreh ich noch durch.“
 

Die restlichen Stunden, bevor es Zeit wird zu frühstücken verbrachte er mit seinem täglichen Schwerttraining.
 

So weit er sich erinnern konnte, hatte er immer in Japan gelebt. Erst in der fälschlichen Sicherheit seiner Heimat Suwa unter dem behütenden Blick seiner Mutter und der strengen Hand seines Vaters. Und später am Hofe von Schloss Shirasagi, unter der Obhut der göttlichen Herrscherin Amaterasu und ihrer Schwester der Prinzessin. Auch konnte er sich nicht daran erinnern etwas anderes als der Leibwächter der zierlichen Traumseherin oder Ninja im Dienste des Hofes gewesen zu sein. Doch merkwürdiger Weise hatten sich Dinge, wie aus dem Nichts verändert.
 

Denn seit zwei Jahren schien ein merkwürdiger Frieden am Hofe eingekehrt zu sein. Und auch er, der das Jagen immer geliebt hatte, dem Moment in dem er die Angst in den Augen seines Opfers sehen konnte, egal ob Mensch, Tier oder Dämon, schien auf einmal weniger Gefallen daran zu finden. Und auch keine Notwendigkeit mehr, denn alle Gegner schienen geschlagen. Aber da waren auch noch andere seltsame Veränderungen, die ihm nach und nach ins Auge fielen.
 

Da waren einerseits die Äußeren, wie zum Beispiel die für das Alter der meisten Personen am Hof und auch für ihn untypischen Falten an bestimmten Stellen in ihren Gesichtern, die eigentlich erst Jahre später zum Vorschein kommen sollten. Dann sein linker Arm, der sich auf bestimmte Weise verändert haben musste, denn er konnte nicht mehr fühlen, weder warm noch kalt, weder sanfte Berührung noch Schmerz. Auch hatte er seit zwei Jahren keine Prophezeiungen von seiner Traumseherprinzessin Tomoyo mehr gehört, nicht wie früher, als sie vor jeder Mission oder Schlacht Ratschläge gab, um alle auf das Kommende vorzubereiten. Es war nun eher so, als hätte sie ihre Kräfte verloren, auf eine Weise, die ihm nicht bekannt war. Irgendetwas war hier definitiv faul, dass wusste er. Aber niemand schien mit ihm darüber reden zu wollen oder es war fiel mehr so, als wäre er der Einzige dem diese abrupten Veränderungen aufgefallen waren. Und jeder Versuch, die Ursache seines neuen Ichs zu ergründen, endete in stechenden Kopfschmerzen, die so schnell gingen, wie sie gekommen waren.
 

Jedoch am meisten entsetzt war er über eine Änderung, die ihn selbst betraf, sein Innerstes selbst. Denn plötzlich lachte er. Es war nicht nur sein düsteres Lachen oder sarkastisches Grinsen, nein, er lächelte. Entweder war es freundlich, amüsiert oder mitleidig, abhängig von der Situation natürlich. Doch er konnte gar nichts dagegen tun. Und anscheinend hatte sich mit diesem Lächeln sein ganzes Denken verändert. All die blutrünstigen Rachefantasien und verlorenen Gedanken an seine Eltern und Kindheit, all das wich einer helleren, zukunftsorientierten Denkweise. Also war es wohl eher so das sich mit diesem neuen Denken seine ganze Lebensweise verändert hatte.
 

Doch ein deprimierender Gedanke blieb: Er wusste nicht wer oder was ihn verändert hatte.
 

Allerdings hatte diese Veränderung so einige positive Auswirkungen mit sich gebracht und in diesen zwei Jahren waren viele neue Ideen und Bande entstanden. Viele glückliche Erinnerungen, mit strahlenden Gesichtern und hellen Gelächter. So zum Beispiel seine Beförderung in einen höheren Stand, er befehligte nun seine eigene kleine Armee von Ninja und Assasinen. Und der Tag an dem er seine Prinzessin um ihre Hand bat, denn nötigen Rang als Adliger besaß er immerhin. Er könnte und sollte nun eigentlich glücklich sein, wenn da nicht immer noch ein omniöser Schatten wäre, der über seinem Leben schwebte. Die meisten würden es für vollkommen hohles Geschwätz halten, aber er wusste das etwas ungewisses in seinem Leben war, wenn man so wollte die letzte Ungewissheit. Und das wurde alles noch verstärkt durch die seltsamen Träume, die ihn Nacht für Nacht verfolgten.
 

All diese Gedanken kreisten in seinem Kopf als er mit Amaterasu, Tomoyo und Souma anscheinend vollkommen abwesend zum Frühstück versammelt saß. Denn die kleine Prinzessin, in lilaner Seide gekleidet und mit kunstvoll hochgesteckten Haar, musterte ihn mit einem schelmischen Lächeln und auch den anderen schien seine weggetretene Haltung nicht entgangen zu sein. „Hat der große Krieger schlecht geträumt und sich in seinem Wandschrank verkrochen oder warum döst er am Frühstückstisch weg? Meine Schwester hat dir eine Frage gestellt, ungehobelter Klotz!“ Die strikten Augen der Mikado mustern ihn und ein sarkastisches Lächeln umspielt die Lippen der Frau ihm gegenüber. Er hatte nicht bemerkt, dass seine Verlobte, ja das war sie immer noch, da die Hochzeitsplanungen mehr als schleppend vorangingen, ihm eine Frage gestellt hatte. Er wandte sich ihr zu, tat den provozierenden Tonfall seiner zukünftigen Schwägerin mit einem Grummeln ab und ignorierte die Beschwichtigungversuche von Souma. Ja, er hatte sich eindeutig verändert.
 

„Nun es war mir nur ein dringendes Bedürfnis zu erfahren, ob du wieder von einem Alptraum geplagt wurdest. Langsam mache ich mir Sorgen um dich, Kurogane.“ Sie lächelte ihn zwar sanft an, aber irgendetwas an dieser Geste ließ ihn genauer hinsehen. Denn in ihrem Gesicht spiegelte sich nicht nur einfache Besorgnis wieder, da war auch ein Hauch von Melancholie, oder Bedauern, ein Gefühl das er nicht wirklich zuordnen konnte und das ihm Rätsel aufgab. Er sprach normalerweise nicht über seine Träume, mal abgesehen von der Tatsache, dass er bis vor zwei Jahren kaum welche hatte. Sein Schlaf war leicht, der eines Wächters der sofort in Alarmbereitschaft sein musste, normalerweise nicht ausreichend tief für Träume. Aber jetzt...Er hatte Tomoyo erzählt was ihn jede Nacht quälte und sie hatte damals genau den selben Gesichtsausdruck wie jetzt. Wieso nur?
 

Aber heute tat er ihre Frage mit einem einfachen „Es ist alles in Ordnung“ ab und kassierte dafür verächtliche Blicke seiner Herrscherin, für die es absolut unerhört war ihre Schwester so zu belügen. Doch Kurogane wollte seiner kleine Prinzessin nicht noch mehr Sorgen machen und so verbrachte er das restliche Mahl in Schweigen gehüllt, denn recht sinnlosen Wortgefechten der drei Damen folgend die seine Augenbrauen immer weiter nach unten sinken ließen.
 

Für heute hatte er beschlossen auf die Jagd zu gehen, denn im Schloss Shirasagi, dass war sicher, würde er es keine Viertelstunde aushalten können. Der Geburtstag der Herrscherin stand an und was das bedeutete war klar: Lange Wochen der Vorbereitung auf das kommende Fest, Tage an denen Musik oder Theaterstücke geprobt worden und endlose Stunden in denen der zeremonielle Ablauf der Empfänge und Festivitäten durchlaufen werden würde. Mit anderen Worten: Viele öde Wochen warteten auf ihn, die er lieber außerhalb des Palastes verbrachte. Egal wie sehr er sich auch verändert haben mag, große Menschenmassen, das entgegennehmen von Befehlen und hohles Nachahmen von Zeremonien gehörten immer noch nicht zu den Dingen, in die er sich mit Freuden stürzte.
 

Viel lieber durchstreifte er die noch unberührten Wälder, die einige Kilometer vom Schloss entfernt waren nach Herausforderung. Vor einiger Zeit zum Beispiel hatte er erfahren, dass sich in den Dickichten nördlich des Palastes ein riesiger Oni, in Form eines Drachens herumtreiben sollte. Also hatte er sich vor ein paar Stunden auf den Weg gemacht und durchstreift nun mit seinem treuen Gefährten Ginryuu die in herbstliches orange und rot gehüllten Wälder. Der wache Blick seiner carminroten Augen sucht den Boden nach Spuren ab oder hält durch die dichtgedrängten braunen Stämme Ausschau. Nur manchmal schweift er ab, um die sich langsam dem Erdboden nähernde Sonne durch die Blätter schimmern zu sehen. Er hat versprochen wieder zurück zu sein, wenn der Aufmarsch der Truppen geprobt wird.
 

Die Sonne nähert sich noch ein Stück dem Erdboden und so langsam beginnt seine Geduld sich dem Ende zu zu neigen. Außer ein paar Wildtieren hat er bis jetzt noch nichts gesehen und ein riesiger Drache kann sich wohl kaum komplett unbemerkt durch einen Wald schleichen, schon allein die Vorstellung wäre lächerlich. Anscheinend haben die Einheimischen sich einmal wieder Märchen ausgedacht, denkt er mit einem entnervten Schnauben und beginnt sich auf den Rückweg zu machen.
 

Doch da ist etwas, eine Präsenz im Himmel, etwas Lebendes. Es war ein Mensch wie er durch sein Gespür feststellt und als er sich irritiert nach oben wendet, denn seit wann können Menschen fliegen, fallen rote Tropfen auf seine Wangen, die sich dickflüssig und langsam anfangen einen Weg nach unten zu bahnen. Noch eh sein Gehirn registriert hat, dass es Blut ist was da seine Wangen entlangläuft, kommt etwas größeres auf ihn zu gefallen. Für einen kurzen Moment treffen sich rote und blaue Iriden, bevor alles schwarz wird.
 


 

Langsam kommt er zu sich, seine Sicht ist sehr verschwommen, aber in seinem Mund schmeckt er den metallischen Geschmack von Blut. Nach ein paar Sekunden registriert Kurogane, dass er umgefallen sein muss, denn sein Kopf ist auf dem weichen Laub gebettet. Noch ein paar Sekunden und er erinnert sich, dass er nicht einfach umgefallen ist, sondern umgerissen wurde. Nach unten gerissen von irgendetwas. Und kaum war sein Verstand zu dieser Erkenntnis gelangt, fühlte er den dumpfen Schmerz der seinen Körper durchzog und da war noch etwas. Auf seinem Torso lag ein Gewicht, ein Gewicht, wie von einem Mensch...Und schon kehrte seine Erinnerung zurück, an den menschlichen Körper, der vom Himmel gefallen war.
 

Um sich seiner Theorie zu vergewissern, versuchte er sich langsam aufzurichten. Doch der schwarzhaarige Mann zuckte unweigerlich zusammen, als ein stechender Schmerz durch seinen Kopf schoss und seine Sicht kurz verschwamm. Er war mit voller Wucht auf den Boden geknallt, vielleicht eine Gehirnerschütterung? Nichtsdestotrotz biss er die Zähne zusammen und blickte seinen Rumpf herunter. Und was er da sah, ließ kurz seinen Atem stocken. Es war tatsächlich ein Mensch, seine fremdartigen Klamotten, blau und weiß gefärbt, waren blutüberströmt und er hatte sicher etliche Wunde. Jedoch war es nicht das, was den kampferprobten Ninja erschreckte. Viel mehr war es der Kopf des Mannes von dem Strähnen, wie gesponnenes Gold herunterfielen. Und die sanften Gesichtszüge, die ihm auf seltsame Weise bekannt vorkamen, dass es ihm Schauer über den Rücken jagte.
 

Wer war das? Und warum war er vom Himmel gefallen, schließlich nicht das alltäglichste aller Dinge. So eine Haarfarbe hatte er noch nie gesehen, dass war schon der zweite seltsame Anhaltspunkt. Und so viele Verletzungen...Doch er sollte noch einmal überrascht werden. Denn plötzlich fing der vorher so leblos scheinende Körper an sich zu bewegen, nur eine langsame Kopfdrehung erst. Und dann fing er an, die Augen zu öffnen. Was die blassen Lider da enthüllten, ließ unseren Helden erschauern. Strahlend blaue Augen! Sie waren so hell und leuchtend, wie der Himmel, aber offenbarten eine Tiefe, die nur den Ozeanen zu eigen war. Und erneut lief ihm ein Schauer über den Rücken, denn es waren genau diese Augen! Diese Augen, die ihn Nacht für Nacht in seinen Träumen heimsuchten. Wer...?
 

Noch ehe er seine Gedanken weiterführen konnte, weiteten sich eben genannte Augen in Schock und die feinen Züge des Mannes erstarrten. Sein Mund öffnete sich weit und brachte einen unterdrückten Schrei hervor. Es war nur ein Keuchen, nur ein leises Flüstern das seine Lippen verließ, doch der Ninja hatte das Gefühl ein undeutliches Wort verstanden zu haben: Kurogane. So war es nun an ihm seine Augen ins Schock zu weiten. Woher...?

Er wollte gerade die unvollendete Frage, die in seinem Geist kreiste verbal zu Ende bringen, als der blonde Mann erschreckt aufkeuchte und sich auf die Unterlippe biss.

Kurz darauf erschien, als wären die letzten Sekunden, Minuten - Wie lange war er überhaupt bewusstlos gewesen? - nie passiert, ein kleines, aber seltsam trauriges Lächeln auf den Lippen des Verletzten. Und als würde das unseren schwarzhaarigen Freund noch nicht genug verdutzen, fing er dann langsam an sich gequält zu erhaben und einige Sätze herauszupressen.
 

„Das muss ein ziemlich Auftritt gewesen zu sein! Ich meine, so einfach fällt doch keiner vom Himmel, oder? Entschuldigung, dass ich dich mit umgerissen habe. Huch, du blutest ja! Naja, bei dem Aufprall. Auf jeden Fall sollte ich mich erst einmal vorstellen: Ich heiße Fai de Flourite. Aber das ist viel zu lang, also nenn mich doch einfach Fai! Und wie heißt....“ Bei dieser Frage machte der schlanke Mann das erste Mal eine Atempause in seinem kleinen Monolog, biss sich wiederum auf die Unterlippe und ließ seinen Blick kurz senken. Bis das Lächeln wieder in Position gerutscht war und er fortsetzte: „...w-wie heißt du, Schwarzer?“ Nachdem dieser Spitzname gefallen war, stieg in Kuroganes Bauch ein altbekanntes, brennendes Gefühl auf. Es kroch langsam seinen Körper herauf, bis es seinen Hals erreichte und gegen seine geknirschten Zähne stieß. Und schließlich geschrien seinen Hals verließ: „Ich heiße nicht SCHWARZER!!! Mein Name ist Kurogane!“
 

Diese wutentbrannte Reaktion entlockt dem Blonden nur ein breites Grinsen, als hätte er sein Ziel erreicht, was den Krieger nur noch wütender macht. Abrupt fährt er hoch auf seine Füße, um aufzustampfen, was allerdings zu einem schreckliches Schwindelgefühl führte. Außerdem schmiss er den anderen dabei noch unsanft auf den Rücken, der bis dahin auf seinen Beinen gelehnt hatte, was diesem offenbar schlimme Schmerzen verursachte. Sein kurzes Aufjaulen brachte Kurogane wieder zur Vernunft und er besann sich auf die vielen Fragen, die diese Situation eindeutig noch offen ließ. So zum Beispiel: „Was ist dir...ähm...eigentlich passiert?“ beugte sich zu ihm hinunter und legte dabei so viel Mitgefühl in seine Stimme, wie ihm möglich war. Der blauäugige Mann richtet sich langsam wieder vom Waldboden auf und wandte sich mit einem schmerzverzerrten Lächeln dem glühend roten Blick zu. „Naja, weißt du...“
 

Noch bevor er seinen Satz beenden kann, spürt Kurogane eine neue Präsenz am Himmel erscheinen, oder besser die von mehreren Wesen. Sie kommen rasend schnell näher, aber nicht fallend. Sie fliegen und als sie sich weiter bewegen, beginnen die herbstlich angetanen Zweige langsam ihre Gestalt zu enthüllen. Grässliche missgestaltete Wesen, deren ausgebeulte Körper aus einer zähen schwarzen Masse bestanden. Man konnte gerade so die Umrisse von Armen und Beinen ausmachen, genau wie seltsam verzerrte Gesichter in denen violette Augen glühten. Monster, Dämonen oder was zum Teufel ist das? Ein kurzes Keuchen kommt vom Waldboden an seine Ohren und er wirft den Kopf nach unten. Nur um in Schock geweitete Augen zu blicken, die gen Himmel starren. Genau dies verrät ihm, was dem jungen Mann zu seiner linken, die Verletzungen zugefügt haben muss.

Eine harte Schlacht

Kapitel 2: Eine harte Schlacht
 

„Wieso musste ich ausgerechnet hierher zurückkehren? Wie konnten sie mir folgen?“

Kurogane mustert den geschockten Gesichtsausdruck seiner neusten Bekanntschaft, während dessen helle Augen sich resignierend zusammenkneifen. Der große Mann kann nur ein mürrischen „Was?“ zwischen seinen geknirschten Zähnen hervorbringen. Aber viel Zeit für Fragen bleiben den beiden nicht mehr, als der Ninja die seltsamen Kreaturen näher kommen spürt. Er zieht Ginryuu und bereitet sich auf einen Kampf vor, als schon das erste missgestaltete Wesen auf ihn zu kommt. Bereits mental eine Attacke vorbereitend, fängt das Wesen plötzlich an seine Form zu wandeln. Kurogane weitet seine Augen in Schock, als ein Stachel aus scheinbar soliden Material von der sonst so glibrig wirkenden Kreatur sich hinter ihn schlingt und versucht seinen Rücken zu durchlöchern. Duckend holt er in einer drehenden Bewegung zum Gegenschlag aus, nur um ins Leere zu treffen. Was ist dieses verdammte Ding?
 

Ein erschrecktes Keuchen lässt ihn herumfahren, nur um zu sehen das der andere Mann von mindestens sechs dieser Kreaturen umringt scheint. Aber zuallererst musste er sich um diesen Schleimbeutel vor ihm kümmern, der wieder attackierte.

Diesmal schießen gleich mehrere schwarze Stacheln aus der gallartartigen Masse hervor: Ducken links – rechts – unten – springen. Immer und immer wieder und immer schneller kommen sie angeschossen. Verdammt!!! Der andere wird derweilen gegen einen Baum gedrängt. Der Krieger macht eine schnelle Entscheidung springt nach oben, die Stacheln folgen ihm, eine schneidet kurz in sein Bein, bis er zur vernichtenden Attacke ansetzt: „Berstender Teufel- Königlicher Krigerdrachen“ Das Wesen scheint in den Lichtstrahlen zu zerfließen, die von seiner Waffe ausgesendet werden und ist völlig verschwunden.
 

Noch bevor er auf dem Boden aufkommt wendet er sich dem blonden Geschöpf zu, nur um erstaunt feststellen zu müssen, dass die Hälfte der Monster verschwunden ist. Die restlichen Wesen drängen ihn weiterhin gegen den massigen Baum. Zwei mit Stacheln attackierend, die auf seltsame Weise vor dem blonden Mann abgeblockt wurden, während eines, nunja, was tut es da überhaupt? Es hat sein Maul weit aufgerissen und...? Noch bevor er seine Observationen zu Ende führen kann, hebt der junge Mann, der sich als Fai vorgestellt hatte seinen rechten Arm und beginnt hellblau schimmernde Runen in die Luft zu zeichnen. Kurz darauf durchlöchern Dornen aus Eis eines der Monstrositäten und es verschwindet.
 

Trotz des alarmierenden Anblicks beschließt der Ninja, dass er nun genug vom bloßen Zuschauen hat und beginnt eine finale Attacke vorzubereiten, um die restlichen Wesen in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Gesagt getan und nach wenigen Sekunden sind die beiden Männer die einzigen Gestalten, die sich nun noch im etwas lichteren Wald befinden. Fai lässt seinen Kopf gegen die raue Rinde des Baumes fallen, rutscht zu Boden, schließt die Augen und beginnt heftig ein und auszuatmen. Er schwitzt und scheint stärker zu bluten als vorher. Ein erschöpftes, kleines Lächeln beginnt seine Lippen zu umspielen.
 

„Vielen Dank Kuro-macho, dass war wirklich in letzter Sekunde!“
 

Bei der Verstümmelung seines Namens brodeln Agressionen in ihm hoch und eine Vene an seiner Schläfe beginnt zu pochen. Doch noch ehe er ihm wütend etwas an den Kopf werfen kann, beugt sich der Mann nach vorne und erbricht einen Schwall Blut. Geschockt starrt Kurogane diesen an, aber viel Zeit für eine Fragestunde bleibt auch diesmal nicht, denn Lärm dringt aus der Entfernung an sein Ohr. Er kann die Alarmtrommeln von Schloss Shriasagi hören und wendet seinen Kopf erschrocken in Richtung seiner Unterkunft. „Oh nein, noch mehr von ihnen...“, stammelt der an den Baum gelehnte junge Mann, Kuroganes Blick folgend. Der Ninja trifft eine Entscheidung: Selbst wenn er von hier aus für derartige Verhältnisse ewig bis zum Schloss braucht und sein verletztes Bein sich nun schmerzlich bemerkbar macht, er muss so schnell wie möglich zurück.
 

„Steig auf meinen Rücken, schnell!“, befiehlt er dem anderen, Ginryuu in seine Scheide zurück befördernt. Rasch kniet er sich vor ihn, bevor der andere, erst zögernd und dann schwerfällig seinen Rücken erklimmt. Als Kurogane sich mit dem zusätzlichen Gewicht hochstemmt, schreit sein Bein kurz auf und er taumelt, die Kopfverletzung von früher hatte er schon wieder ganz vergessen. Dennoch war das Gewicht des anderen überraschend leicht auf seinen Rücken, zu leicht für einen Mann seiner Größe. Und eigentlich hätte er gut auf den zusätzlichen Ballast verzichten können, aber dieser Kerl wusste etwas über diese Monster und das konnte durchaus wichtig sein.

Als er sich nun in Bewegung setzte, ignorierte er das Winseln des anderen auf Grund seiner Schmerzen. Seine Gedanken waren nun völlig bei seiner Prinzessin.
 

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Als er nun nach einem knapp einstündigen Marsch das Schloss erreicht, ist der Kampflärm und das verzweifelte Geschrei verstummt. Die massiven Holztore stehen weit offen und schon vor Erreichen des Schlosses war Kurogane auf seinem Weg entsetzten Flüchtlingen und Leichen begegnet. Der Innenhof des Schlosses bot ein dementsprechend grausiges Bild: Tote Körper säumten den Boden und ihr Blut bedeckte die Kieselerde. Es waren Soldaten, Ninja und auch Bedienstete, einige von ihnen erkannte Kurogane als seine persönlichen Untergebenen. Verletzte lehnten an den getünchten Mauern, die den Hof definierten, bewusstlos oder vor Schmerzen keuchend und schreiend. Das Schloss des Silberreihers selbst schien kaum zerstört zu sein, auch die Mauern waren voll intakt. Also stürmte der Ninja die Treppen zur Eingangshalle des Schlosses hinauf, wo sich kaum überraschend, dasselbe Bild bot. Den freien Arm, den er nicht brauchte um den nun scheinbar bewusstlosen Körper auf seinem Rücken zu halten, benutzte er um die Türen zu allen möglichen Zimmern aufzuschieben.
 

Immer wieder das gleiche Bild auf jeder Etage, die er durchquert. Hinter jeder Schiebewand Tod und Leid. Und immer weiter ruft er den Namen seiner Prinzesin ohne Antwort zu erhalten. Bis er die privaten Gemächer der Mikado erreicht aus denen er eindeutig die Präsenz lebendiger Menschen spürt. Harsch schiebt er die mit goldener Farbe und dem Abbild eines Reihers verzierte Wand in der dritten Etage zur Seite und schreit „Tomoyo!“ Und harsch kommt eine Antwort: „Schrei hier doch nicht so rum! Wir sind zwar verletzt, aber doch nicht taub!“ Amaterasu sitzt auf einem Podium ein Bein auf dem Boden und das andere darüber gelegt, ihr Schwert in den Boden gerammt und sieht Kurogane mit einem sarkastischen Grinsen und entschlossenen Augen erschöpft an. Sie ist in ihre Rüstung gekleidet und ähnlich dem Blonden an Armen und Beinen verletzt, wenn auch nicht so stark. Neben ihr auf den Fußboden kniet Souma, ebenfalls sichtlich verwundet und etliche verbleibende Diener und Berater wusseln hektisch um sie herum. Der Raum ist mit Kerzen erhellt, natürlich, es war bereits Abend geworden.
 

Am wichtigsten für Kurogane ist allerdings die kleine Prinzessin, die zur linken der Herrscherin auf dem Podium platziert ist, wenn auch nicht verletzt, so doch eindeutig erschöpft und schwer atmend. Genau wie...? Kurogane atmet erleichtert aus.

„Was denn Kurogane? Dachtest du etwa meine Leute und ich selbst wären nicht genauso fähig wie du das Schloss und meine kleine Schwester vor diesen...diesen Dingern zu beschützen?“ Als sie „diese Dinger“ erwähnte fiel Kurogane der Mann auf seinem Rücken wieder ein, der hoffentlich noch atmete. Amaterasu sah ihn fragend an und sagte: „Wie es scheint hast du Besuch mitgebracht Kurogane. Wer...?“
 

Noch bevor sie ihre Frage beenden konnte wurden ihre schwarzen Augen größer und auch die Tsukuyomi hielt erschrocken eine Hand vor ihren Mund. Er hatte den fremdländischen Mann von seinem Rücken gleiten lassen und vor seinen Körper gehalten. Er war nun wirklich bewusstlos. Tomoyo sprang schnell von ihrem Platz auf und kam auf ihn zu. Eine Hand sacht auf die Stirn des Blonden legend hauchte sie sanft den Namen Fai in das Gesicht des Schlafenden.
 

„Schnell! Breitet einen Futon aus und holt mir die besten Ärzte her, die wir noch haben!“ und fügte leise hinzu „...Er darf nicht sterben...“ All das desorientierte Kurogane doch sehr und als der Mann seinem Griff entnommen wurde, spürte er Kopfschmerzen in sich heraufsteigen. Prompt wurde er an die wahrscheinliche Gehirnerschütterung und sein schmerzendes Bein erinnert, dass nun bei genauerer Betrachtung von oben bis unten aufgeschlitzt war. Ja, auch er konnte ein wenig Ruhe wohl gut gebrauchen.
 

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Die ersten Sonnenstrahlen kitzeln sacht über sein Gesicht. Eine Hand fährt mit langsamen, sachten Bewegungen durch sein Haar. Er wird von einem starken Arm umschlungen, der ihn sanft und doch bestimmt gegen den warmen Körper hinter ihm drückt. Seine Augen öffnen sich, erst nur einen Spalt und kämpfen gegen die Sonne an. Goldene Strähnen fallen in sein Gesicht, als er sich langsam in der Umklammerung dreht.

Intensive, rote Augen blicken ihn mit einem Lächeln an. Er liegt da, genau neben ihm. Jetzt und hier und er ist so nah und greifbar und real. Alles ist einfach nur wundervoll. Er bringt ihre beiden Gesichter näher zueinander, ihre Nasenspitzen berühren sich, nur ganz leicht. Und er kann es fühlen, wie hundert kleine Vögel in seinem Bauch, die aufgeregt mit ihren Flügeln schlagen. Das Gefühl, kurz bevor sich ihre Lippen treffen.

Er presst ihre Lippen aufeinander. Es ist nur ein kurzer, unschuldiger Kuss, aber er ist ehrlich und hinter ihm steckt so viel mehr. Genau wie es nur ein kleines, unschuldiges Lächeln ist, das er ihm danach schenkt, doch es bedeutet soviel mehr. Dahinter stecken all die Worte, die er nie fähig sein wird zu sagen. All die Worte die bereits gesagt wurden und all das was sie in ihrer begrenzten Zeit zusammen nie sagen könnten.

„`Tschuldige, wollt dich nicht wecken...“
 

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Er schlägt erschrocken die Augen auf und starrt an eine komplett weiße Decke. Der altbekannte Schmerz kehrt in seinen Körper zurück und er kann einen süßen Duft in dem Raum wahrnehmen. Weicher Stoff umschmiegt seinen Körper, aber was war eigentlich passiert? Er muss ohnmächtig geworden sein, aber wo war er? Alles fühlt sich so verschwommen an. Er dreht seinen Kopf ein wenig zur Seite, um in die sanften Augen von Prinzessin Tomoyo zu blicken. Sie lächelt ihn wohlwissend an und ein kleines „Guten Morgen, Fai“ entschlüpft ihren Lippen. Der blonde Magier versucht sich langsam aufzusetzen, er weiß sehr wohl um der Schmerzen, die das bereitet. Er atmet gequält aus, als er die gewünschte Position erreicht und übertrifft die kleine, zarte Prinzessin, die neben seinem Krankenbett kniet, nun um einiges an Höhe. Er befindet sich in einem der spärlich eingerichteten Gästezimmer, die er von früher kennt und ist auf einem Futon gebettet. Ein einfacher Kimono aus hellblauer Seide ist um ihn geschlungen und unzählige Verbände zieren seinen Körper. Langsam aber sicher kehrt seine Erinnerung zurück: Er war in Japan.
 

„Guten Morgen, Tomoyo!“ Sie lächeln sich an.
 

„Wie lange war ich eigentlich bewusstlos?“ Sie schließt kurz die Augen und schluckt.
 

„Vier Tage...Wir haben deine Wunden versorgt, sie werden bald verheilen.“ Sein Magen macht sich bemerkbar.
 

„Vier Tage...kein Wunder, dass ich so hungrig bin.“ Die Erinnerung von vier Tagen blitzt erschreckend in seinem Kopf auf und er blickt sie entsetzt an.
 

„Geht es allen gut? Was haben sie angerichtet? Verzeih mir, bitte vergib mir! Ich wollte nicht...Ich...“ er blickt kurz zu Boden „...Es tut mir unendlich leid! Und Kuro...“
 

Sie senkt ihren Blick und das kleine Lächeln beginnt zu schwinden.
 

„Sie haben großen Schaden angerichtet, wir haben viele tapfere Männer und Frauen verloren. Die Schäden am Schloss selbst sind gering und schnell gerichtet, aber unser Verlust wiegt schwer...“ Eine bedauernde Pause schleicht sich in ihren Monolog.
 

„Keine Sorge, Kuroganes Verletzungen sind bereits fast verheilt. Es war nicht deine Schuld, dass sie wiederkamen. Wäre mein Bannkreis nur stärker gewesen...“
 

Er ergreift ihre Hand und drückt sie sacht. „Du solltest nicht damit hadern, es nicht vorher gewusst zu haben. Sie sind stärker geworden, als beim ersten Mal.“
 

Kurz nachdem diese Worte seinem Mund entschlüpft sind, leuchten die Erinnerungen an den ersten Besuch dieser Wesen in seinem Gedächtnis auf. Ihre Reise war endlich vorüber und der Aufenthalt in Nihon schien etwas Ruhe und Halt in ihr Leben zu bringen. Doch kaum drei Tage nach ihrer Ankunft brachen sie wie schwarze Gewitterwolken über dieses Land hinein, verursachten Chaos und Zerstörung. Sie suchten nach ihnen, nach ihm und der Prinzessin, starken Magiern. Und Kurogane, der sie versuchte zu beschützen...da war soviel Blut, sein Blut.
 

Eine sanfte Berührung an seinem Arm holte ihn zurück in die Realität. Sie schenkte ihm ein kleines trauriges Lächeln.
 

„Vor zwei Jahren, nachdem sie das erste Mal hier waren, bist du wieder auf die Reise gegangen. Du wolltest etwas über diese Wesen herausfinden, sie daran hindern wiederzukommen. Was hast du herausgefunden? Ich muss es wissen, Fai“
 

Er atmet kurz aus und setzt sich schließlich dem bohrenden Blick ihrer Augen aus.
 

„Ich fürchte, da gibt es nicht viel zu erzählen. Außer das sie die magische Kraft von Menschen aussaugen, was wir bereits wussten und das sie stärker geworden sind, gibt es nicht viele neue Erkenntnisse. Ich war in einigen Welten und überall fand ich das gleiche Bild: Zerstörung und Tod. Wer sich ihnen in den Weg stellt wird ausradiert, Zauberer werden ausgesaugt und Unbeteiligte bleiben am Leben. Auch richten sie kaum Schaden an Gebäuden oder Umwelt an. Nur wusste niemand, in keiner dieser Welten woher sie kamen. Nur, dass sie so plötzlich wie sie kamen, auch wieder verschwunden waren.“
 

Damit war sein Bericht über die fremdartige Bedrohung beendet. Es war deprimierend zwei Jahre lang, oder im Prinzip mehr, da der Strom der Zeit überall ein anderer war, zu suchen und schlussendlich nur eine so magere Ausbeute vorzubringen. Die Prinzessin sah dies wohl ähnlich, denn sie konnte nur kurz ausatmen und zu Boden blicken.
 

„So etwas hatte ich befürchtet, deswegen habe ich in den letzten Tagen die Bannkreise, die uns vor Bedrohungen aus den anderen Welten schützen noch einmal verstärkt. Glücklicherweise haben sie mir nur einen Bruchteil meiner Magie stehlen können.“
 

Anders bei Fai. Er hatte Pech gehabt, als sie in die Welt einfielen, in der er sich gerade befand. Dieses Land war technisch unterentwickelt, sie hatten keine Armee und Zauberei gab es auch nicht, nur Bauern. So sah er sich einer Masse von Kreaturen entgegen gestellt, deren ungeteilte Aufmerksamkeit er genoss. Sie umringten ihn, griffen ihn von allen Seiten an und verschlangen einen riesigen Teil seiner Energie. Alle anderen konnten nur hilflos mit ansehen, was geschah. Sie waren gutmütig, aber keine Krieger. So blieb ihm nur übrig die Dimension zu wechseln, er hatte keine Zeit sich auf ein bestimmtes Ziel zu konzentrieren. Aber seine Gedanken mussten zu dem grummeligen Ninja zurückgekehrt sein, dem schwarzen Fleck in seinem Herzen. Deswegen war er hier gelandet, Glück für die anderen Welten, sie wären mit diesen Monstern nicht klar gekommen. Glück für ihn, dass es hier noch andere Magienutzer gab. Und doch großes Pech, denn sie waren ihm gefolgt und er musste ausgerechnet in die Arme von Kurogane fallen.
 

Tomoyo wendete sich ihm nun wieder mit einem süßen Lächeln zu. „Du solltest hier nun erst einmal sicher sein, durch die verstärkten Bannkreise. Also kannst du mir ja in der Zeit in der die Wunden heilen von den anderen Welten erzählen. Und was du mit deinen Ohren gemacht hast.“
 

Er wusste Tomoyo würde neugierig sein, sie konnte die anderen Dimensionen nicht mehr in ihren Träumen besuchen. Aber seine Ohren...?
 

„Ach, du meinst die Piercings!“ Sie nickte ihn übermotiviert an. Er hatte sich in einer Welt seine Ohren stechen lassen, fünf Löcher rechts und drei links, die nun silberne Ringe und funkelnde Steinchen zierten. Er hatte es damals bei anderen gesehen und sofort selbst machen lassen, es gefiel ihm.
 

„Naja, weißt du in einer Welt war es wahnsinnig beliebt seinen Körper auf diese Art und Weise verzieren zu lassen. Ich kann dir vielleicht auch die Ohren stechen.“
 

Auf einmal wurden ihre Augen ganz groß und sie schaute ihn erwartungsvoll an. Sie war zwar schon lange eine Erwachsene, aber wenn sie sich freute, dachte sich Fai, sah sie immer noch aus wie ein junges Mädchen.
 

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Er erzählte ihr von diesen zwei Jahren, fünf Jahren...zwölf Jahren, er war sich nicht sicher wie viel Zeit wirklich für ihn vergangen war. Er erzählte von den verschiedenen neuen Welten in denen er war. Und erzählte was es neues in Piffle Country gab oder auch in Tokyo. Er berichtete von Sakuras und Shaolans Hochzeit. Fai ließ auch die Zeit nicht aus in der ein Cafe in Hedonis Country eröffnete oder die Zeit in der er mal kurz ein Rockstar in Hanshin war, deswegen auch die Piercings. Und er fragte sie, wie sein Japanisch jetzt wäre, dass er viel geübt hätte und ohne Mokonas Hilfe auch noch viele andere Sprachen gelernt hatte. Er wusste das es eigentlich viel wichtigere Gesprächsthemen gab, zum Beispiel was sie von nun an tun wollten oder wie sie Nihon wieder aufbauen könnten. Aber er war einfach darüber erleichtert endlich mit jemanden über seine Reise reden zu können, jemanden der auch über die Existenz der anderen Welten wusste, ein Eingeweihter. Er hatte zwar immer mal wieder jemanden getroffen, der ebenfalls dazu gehörte, Fuma oder seinen Bruder, Watanuki oder Shaolan und Sakura. Aber Tomoyo freute sich besonders über die Berichte und hörte die ganze Zeit gespannt zu.
 

Allerdings ließ er eines aus: Die unzähligen Nächte in denen er in seinem Bett gekauert, die Sterne betrachtete und langsam warme Tränen seine Augen verließen. Die Nächte in denen er an die Menschen dachte, die er nicht mehr treffen könnte. Eigentlich nur an den einen Menschen dachte, den er nie mehr sehen konnte. Sein Lächeln schwankte leicht bei diesen Gedanken.
 

Als er fertig damit war ihr alles oberflächlich zu erzählen, sagte er: „Weißt du, es würde mich auch interessieren, wie es euch in der ganzen Zeit ergangen ist.“
 

Diese Aussage brachte ihre Mundwinkel zum fallen. Sie blickte sich im Raum um und begann nach Worten zu suchen „Naja, es ist so...“
 

Sie wurde allerdings unwillkürlich unterbrochen, als die beiden jemanden stampfend und zeternd den Holzkorridor entlangkommen hörten. Unverkennbar war das Kuroganes Stimme, die leise grummelte und Fais Herz kurz zum Stillstand brachte. Mit einem Ruck wurde plötzlich die Tür aufgeschoben und er stand in einen simplen schwarzen Kimono gekleidet da, mit seinen Augen wütend in den Raum starrend.
 

„Ich warte jetzt schon seit Tagen auf eine Antwort darauf, was hier eigentlich passiert ist. Ich habe ein dutzend meiner besten Männer verloren und ständig heißt es ich soll warten, bis er aufwacht. Nun schön, jetzt ist er ja aufgewacht und kann mir endlich die Frage beantworten, wo er herkommt. Und wer zum Teufel dieser Kerl überhaupt ist!“
 

Typisch Kurogane, dachte sich Fai zuerst. Aber bei dem letzten Satz musste er sich unwillkürlich auf die Lippe beißen und abwenden. Er wusste das es hart werden würde diese Frage aus seinem Mund zu hören, er kannte es ja von Shaolan. Und er hatte sich mental darauf vorbereitet, dennoch konnte er gegen den Schmerz in seiner Brust und die Tränen nur schwer ankämpfen.
 

„Kurogane, du solltest nicht so unhöflich gegenüber unseren Gästen sein. Du solltest warten, bis du gerufen würdest.“
 

„Schon gut Tomoyo-chan! Wenn Kuro-tan seine Antworten will, dann soll er sie haben. Komm her und setz dich Mister Black!“
 

Der Ninja starrte ihn mit einem glühendroten Blick an, der wohl sagen sollte:“Ich schlag dir gleich deinen Kopf ab, zum Denken scheint er ja nicht in der Lage zu sein!“ Nur war Fai nicht ganz klar, ob die Spitznamen ihn so reizten oder die Art, wie er mit der Prinzessin sprach. Die Spitznamen waren für Fai allerdings überlebenswichtig, den vollen Namen des Ninjas hatte er früher nur in den vertrauten Momenten der Zweisamkeit verwendet, wenn er ihm süße Worte ins Ohr flüsterte. Jetzt waren sie sein Schutzschild.
 

Auch wenn er sich von dem Befehl eindeutig angegriffen fühlte, tat er wie gehießen und ließ sich neben dem Futon gegenüber Tomoyo nieder. „Also?“ Ein strahlendes falsches Lächeln erschien, sicher wurde es durchschaut, aber Annäherung wäre fatal.
 

„Wie ich bereits sagte, mein Name ist Fai. Und ich komme aus einer anderen Dimension“ Nun schaute ihn der Ninja verdutzt an und dachte sicher schon über eine entsprechende Beleidigung nach, um die Lächerlichkeit dieser Aussage zum Ausdruck zu bringen. „Es stimmt, Kurogane! Er sagt die Wahrheit.“ ,war allerdings das rettende Kommentar der Prinzessin. Jetzt wurden beide mit einem Blick gemustert, der zwischen Belustigung und Schock schwankte. Doch erneut wurde der schlechtgelaunte Riese unterbrochen, bevor er zur Antwort ansetzte. Tomoyo-hime begann ihm nun in allen Einzelheiten die Existenz anderer Welten zu erläutern, wie sie sie durch ihre traumseherischen Fähigkeiten entdeckt hatte und wie sie den blonden Magier kennengelernt hatte, der nun als Gast im Schloss logierte. Der letzte Teil war natürlich glatt weg gelogen und so verdutzte es eben genannte Magier doch, wie leicht und kunstfertig die kleine Prinzessin ihren Untergebenen einen Bären aufbinden konnte. Immerhin hatte er auch einige Erfahrung in diesem Gebiet, doch Kurogane würde ihre Geschichte nicht so einfach in Frage stellen, immerhin konnte er sich nicht mehr erinnern. Dieser Gedanke ließ Fai unmerklich zusammen zucken, war es doch schmerzlich darüber nachzudenken.
 

Nach einem recht langen Gesprächsanteil der Prinzessin, in dem Fai sich nur stellenweise einmischte, um ein Kommentar beizutragen, war seine Erklärungszeit gekommen. Tomoyo hatte Kurogane erzählt, dass eines Tages ein blonder Mann in ausländischer Kleidung vom Himmel gefallen war und ihnen in gebrochenen Japanisch versuchte klar zu machen, wo er herkam. Und nach was er suchte, nämlich diesen Dämonen und ihrem Ursprung. Und so schnell wie er kam, war er auch wieder weg. Kurogane hatte von alle dem nichts mitbekommen, weil er gerade auf einer Mission gewesen sei und er war auch der bis jetzt einzige Besucher aus einer anderen Welt. Zugegebener Maßen, ohne Ausschmückung klang das alles etwas unrealistisch, aber Kurogane hatte einen Mann vom Himmel fallen sehen, der nun gebrochen japanisch sprach, welche andere mögliche Erklärung dafür gab es noch? Gut das er nichts von Flugzeugen wusste.

Fai wandelte seine Version daher nun auch ein wenig ab und erzählte, die Monster seien ursprünglich in seiner Welt aufgetaucht und er habe sich daraufhin auch mit seinen eigenen Kräften auf die Reise gemacht. Der Rest blieb so, wie er es Tomoyo erzählt hatte und so konnte er schon bald seine Geschichte abschließen. Das Verschweigen der Realität fiel ihm schwer, am liebsten hätte er dem rotäugigen Mann entgegen geschrien: „Erinnere dich doch an mich und unsere Reise, verdammt!“ Doch die Erinnerung an Watanukis Preis brannte noch zu allgegenwärtig in seinen Gedächtnis.

Der Ninja hatte während der ganzen Erzählungen mir geschlossenen Augen gelauscht, man hätte meinen können er sei eingeschlafen. Doch plötzlich richtete er seinen Kopf auf und seine Lider wurden aufgerissen. Mit den glühend roten Augen starrte er in den Raum und sein erster Satz nach langer Zeit ließ Fais Augen und Mund in einer Schockstarre geweitet.
 

„Diese Viecher haben meine Land zerstört, meine Leute getötet und die verletzt, die ich geschworen habe zu beschützen! Ich werd mich persönlich um diese Bastarde kümmern!“

Eine neue Reise beginnt

Kapitel 3: Eine neue Reise beginnt
 

Alle schreien und laufen durcheinander. In der Dunkelheit der Nacht sind sie nur als Schatten zu erkennen, unklar ,verschwommen. Es sind viele und sie sind überall. Die Pferde in ihren Ställen sind unruhig, wiehern, sie brechen los. Schwerter werden gezogen und Pfeile bereit gemacht, Befehle geschrien. Niemand weiß wo sie sich gerade befinden, denn der kalte Luftzug, den sie bei ihrer Ankunft mitbrachten hat alle Fackeln im Schloss gelöscht. Immer wieder hört man schrille Schreie, Todesschreie, wenn wieder ein Mensch in den Schatten verschwindet.

Du steht in der großen Halle, immer noch in deine einfachen Schlafgewänder gehüllt. Der Blick deiner wachen, blauen Augen sucht verzweifelt den Raum ab und du schreist immer wieder nur den einen Namen. Er war gegangen, um seine Prinzessin zu beschützen, als der Sturm losbrach. Doch die Prinzessin und er sind fort, du kannst sie nicht finden und hast doch schon das ganze Schloss abgesucht. Du weißt er ist stark, aber das heute ist anders, denn ihr kennt sie nicht . Du spürst sie nicht, siehst sie nicht, du kannst nur die Kälte fühlen, eine seltsame Kälte.

Auf einmal werden die Schreie lauter, sie kommen näher. Menschen um dich herum fallen, verschwinden und dein Herz schlägt höher. Deine Hände zittern, dein ganzer Körper zittert, du atmest schneller. Sie sind hier, in der Dunkelheit, doch du kannst sie nicht sehen. Noch nie hast du dir das Vampirblut so sehr zurück gewünscht, wie gerade eben. Du gehst in eine Abwehrstellung, aber dir ist schmerzlich bewusst, dass du keine Waffe hast, außer deiner Zauberkraft, aber du weißt nicht einmal was vor dir steht.

Und plötzlich spürst du es: Ein widerliches Gefühl, als würde dir jemand die Seele aussaugen. Du bekommst Schüttelfrost und ein Gefühl der Übelkeit steigt in dir hoch. Deine ganze Kraft verschwindet auf einmal und du sinkst auf deine Knie, natürlich sind es sie, aber was kannst du dagegen tun? Es wird noch schlimmer und du fällst auf den Boden, deine Wange berührt hart den kalten Holzbelag. Du spürst wie der Tod nach dir greift, schließlich ist es nicht das erste Mal.

Eigentlich willst du nicht so sterben, nicht jetzt, nicht hier, nicht ohne ihn. Er hatte es doch versprochen. Doch die Gedanken treten langsam hinter einen dünnen Schleier zurück, als du dich der Ohnmacht näherst. Lebwohl...
 

„FAI!!!“
 

Du schlägst die Augen auf als du seine Stimme hörst. Er stürmt in die Halle, gefolgt von anderen, aber du achtest nur auf ihn. Er stellt sich vor dich, sein Schwert bereit und wirft dir einen besorgten Blick zu. Du kannst sehen, dass er bereits verletzt ist, dennoch kämpft er für dich. Langsam und deine letzten Reserven aufbrauchend setzt du dich auf, siehst wie er den unsichtbaren Schlägen der Gegner ausweicht und einen nachdem anderen zu Fall bringt. Deine Sicht verschwimmt, als du dich aufgerichtet hast und den Kampflärm nimmst du auch nur undeutlich wahr, alles dreht sich. Alles wird gut, Kurogane ist hier, mit ihm wird alles gut, denkst du dir.

Doch dein Herz bleibt kurz stehen, dein Atem stockt und deine Augen weiten sich in Schock, als der Schatten seinen Oberkörper durchbohrt.
 

„NEEEEEIIIIIIIN!!!!!!!!“
 

Alle restlichen Worte bleiben in deinem Hals stecken, heiße Tränen rinnen deine Wangen hinunter, als er vor dir zu Boden fällt. Die Monster existieren nicht mehr, alles beginnt in sich zusammen zu stürzen, als du langsam auf ihn zu kriechst. Er atmet kaum noch und da ist überall Blut, soviel Blut, sein Blut. Du legst seinen Kopf in deinen Schoß, ganz sacht und Tränen fallen auf sein verzerrtes Gesicht. Es gibt nur eine Möglichkeit ihn noch zu retten, dass weißt du. Also nimmst du all deine verbleibenden Kräfte zusammen und rufst Watanuki, immer noch in dem Laden.

Das Bild flackert vor dir auf und er starrt dich aus traurigen Augen an.
 

„Bitte, du musst ihn retten!!“ Deine Stimme zittert.
 

„Er darf nicht sterben, nicht er, nicht Kurogane!“ Du wusstest nicht, dass du so verzweifelst klingen kannst.
 

„Du weißt, dass der Preis sehr hoch sein wird.“
 

„Nimm alles von mir, wenn du musst! Ich gebe dir alles!“
 

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Er schreckt mit einem kleinen Schrei aus seinem Alptraum auf. Der weiße Seidenkimono und der Futon sind komplett durchnässt. Schon wieder diese Erinnerung, an diese Nacht in der sie das erste Mal kamen. In der er zu schwach war, sich und andere zu beschützen. Die Nacht in der er den höchsten Preis bezahlt hatte, den er geben konnte. Die Nacht in der er Kurogane verlor. Er erhebt sich, Schlaf würde heute bestimmt nicht mehr über ihn kommen. So zieht er die Schiebetür nach außen hin auf und lässt sich auf das kalte Holz gegen ihren Rahmen sinken. Die kühle Luft tut ihm gut, sie beruhigt sein Gemüt. Lang dauert es nicht mehr bis die Sonne aufgeht.
 

Eine gute Woche ist es her seit er wieder aufgewacht ist. Eine gute Woche seit Kurogane verkündet hat, dass er mit ihm kommen würde, um die Dämonen zu erledigen. Also eine gute Woche in der er sich darauf vorbereiten konnte, durch die Hölle zu gehen. Er würde wieder reisen, mit der Person, die ihm am meisten bedeutete in allen Welten, die er aber am wenigsten sehen wollte. Eigentlich nie wieder. Er würde Fragen stellen, er würde Dinge sagen und Tun, die schmerzen werden, dass wusste der Magier. Ausreden ließ der strenge Krieger wie üblich nicht zu. Wenn er durch so viele Dimensionen reisen konnte, dann wird seine Zauberkraft wohl groß genug sein, zwei Personen zu transportieren, hatte der Ninja behauptet. Und tragischerweise hatte er recht, nachdem er beide Augen wieder hatte, stiegen nun seine Zauberkräfte bei jeder Benutzung an. Worst case scenario, so bezeichnete es Fai gerne.
 

Sicher hätte er auch einfach eines nachts verschwinden können, aber da gab es einen kleinen Fleck in seinem Herzen, der Kurogane nicht wieder verlassen wollte. Einen Fleck, der daran festklammerte, dass alles wieder wie früher werden konnte. Er musste es nur versuchen, immerhin hatte es bei Syaoran und Sakura auch funktioniert, bevor sie sich trennen mussten. Es würde wehtun, keine Fragen, aber er kannte Schmerzen und Trauer. Und wie konnte er die Person zurücklasse, die er über alles …
 

Er seufzte. Tomoyo-hime hatte drauf bestanden, dass er solange in Japan blieb bis seine Verletzungen verheilt waren. Durch die magischen Kräfte und Salben der Prinzessin war es jetzt soweit, dass hatten sie so beschlossen. Bis jetzt war er Kurogane aus dem Weg gegangen, sie hatten sich nur bei den Mahlzeiten gesehen und auch da nur kurz. Konnte er wirklich wieder seine ganze Zeit mit dem Krieger verbringen? Als er sich gerade bewusst wurde, wie sehr seine Gedanken einer Seifenoper ähnelten, ging die Sonne auf.

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Sie frühstückten in aller Stille, bevor die letzten Vorkehrungen für die Reise getroffen wurde, was im Prinzip bedeutete, dass Fai nicht viel zu tun hatte. Er brauchte nichts weiter, als seine alten Reiseklamotten aus Ceres und seine Magie. Kurogane hingegen war noch damit beschäftigt, seinen Untergebenen Befehle für seine vorübergehende Abwesenheit mitzuteilen und seinen letzten Besuch bei seiner Prinzessin zu tätigen. Der Magier kannte das, also machte er sich in der Zwischenzeit auf, um sich von Souma und Amaterasu zu verabschieden und der Herrscherin für ihre Gastfreundschaft zu danken.
 

Er stattete der Mikado in ihren privaten Gemächern seinen Besuch ab, ihre treue Beschützerin an ihrer Seite. Nachdem sie sich über dies und jenes über die verschiedenen Welten ausgetauscht hatten, wünschte sie ihm kurz Glück auf ihrer Reise und meinte, dass er sich ja gut um ihren besten Krieger kümmern sollte. Souma begleitet ihn auf den Flur, all das und der Ausdruck, der im Gesicht der jungen Herrscherin während ihres Gesprächs lag, verwirrten ihn. Irgendetwas war hier definitiv faul, er kannte diese Menschen. Und er wusste, wenn sie versuchten etwas vor ihm zu verbergen.
 

„Souma, was willst du mir sagen?“
 

Die Wächterin blickte ihn kurz erschreckt an, bevor sie ihre Augen zu Boden wandern ließ und auf ihre Unterlippe biss.
 

„Weißt du, es gibt da etwas, dass du wissen solltest, bevor eure Reise beginnt...“
 

Die übliche Einleitung vor schlechten Nachrichten. Auf eine Art wollte der blonde Reisende einfach nur die Wahrheit erfahren, auch wenn es sich so anfühlen würde, als ob er in eiskaltes Wasser geworfen wird. Wie tausend kleine Nadeln, die seinen Körper durchbohren, da war er sich sicher. Besser konnte sein Leben nicht werden. Er könnte auch eingehüllt in einer süßen Lüge leben, aber all das hatte er satt. Irgendwann würde die Wahrheit ans Licht kommen, gnadenlos und es würde noch mehr schmerzen.
 

„Was gibt es?“ Er schluckte und setzte sein brilliantes Lächeln auf. Gleich kommt es.
 

„Also...es ist...Kurogane...und zwar...“ Sie stotterte, ihr viel es anscheinend schwer.
 

Bitte, sag es!
 

Sie schluckte, riss sich am Riemen und der Ozean schloss sich um ihn herum.
 

„Kurogane und die Prinzessin sind...verlobt!“
 

Und die Welt versank.
 

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Er wusste nicht genau, was ihn dazu gebracht hatte, diesen blonden Trottel begleiten zu wollen, er wusste es einfach nicht. Irgendetwas in seinem Inneren wollte es einfach, wollte ihn nicht allein lassen, seit er diese blaue Augen gesehen hatte. In den letzten Tagen, oder besser Nächten, war ihm bewusst geworden, dass er den Menschen aus seinen Träumen gefunden hatte. Eindeutig. Und er wollte das Geheimnis der blauen Augen lüften, die letzte offene Frage für ihn. Auch wenn das bedeutete seine Prinzessin und Herrscherin zu verlassen, aber er wusste, sie konnten für sich kämpfen. Die Bannkreise um Nihon waren stark genug und er hatte eindeutig noch ein Hühnchen mit diesen Finsterlingen zu rupfen. Heute Nacht würde ihre Reise beginnen, so wurde es beschlossen.
 

Alle Vorkehrungen wurden getroffen, letzte Instruktionen an seine Untergebenen gemacht, er hatte den Segen empfangen und sich von seiner Schwägerin in spe mit einigen Anstrengungen verabschiedet. Er trug seine Kampfausrüstung, ganz in schwarz, mit dem Schulter- und Gesichtschutz, in der er in den großen Kirschbaumsaal trat. Ginryuu natürlich an seiner Seite. Von hier sollte die Reise beginnen, ins Ungewisse. Er konnte vor ihm selbst nicht verbergen, dass er etwas nervös war. Die Prinzessin und der Magier hatten ihm alles über das Dimensionsreisen erzählt, dennoch würde er Dinge sehen, die so vollkommen neu und anders waren, als er es kannte. Und er konnte außer seiner eigenen keine weiteren Sprachen, sicher würde es nicht leicht werden. Dennoch, für die bloße Chance auf Wahrheit würde er alles tun.
 

Als er nun in die große Halle trat, waren sie versammelt, die Eingeweihten. Ihre Gesichter waren ernst und in ihren Augen spiegelte sich ein für Kurogane undefinierbares Gefühl. Vor dem riesigen Sakurabaum stand der blonde Mann, ins Leere starrend. Irgendetwas an seiner sonst so aufgeweckten Art hatte sich verändert. Und der große Ninja kannte diesen Anblick. Den Baum, Fai in dem blau-weißen Mantel und der Schmerz. Er spürte Kopfschmerzen in sich aufsteigen, ausgerechnet jetzt. Diese Tatsache ignorierend schritt er an den Hoheiten vorbei und trat auf den leeren Platz neben dem Magier. Hier war es, hier gehörte er hin, irgendwie wurde ihm dies in dieser Sekunde schmerzlich bewusst.
 

Der andere wendet sich ihm zu, mit einem kleinen, traurigen Lächeln. Er sieht schwach und müde aus, zerbrechlich und in dem Krieger flammte das undefinierbare Gefühl auf den Kleineren beschützen zu wollen. Ja, er hatte die richtige Entscheidung getroffen. Er schloss kurz die Augen, atmete tief durch und ohne ein weiteres Wort nickte er den anderen zu.
 

„Es kann losgehen.“
 

Unser blonder Freund lächelte die anderen zustimmend an, bevor die blauen Runen wieder aus seiner erhobenen Hand erschienen und begann beide zu umkreisen. Kurogane wurde in einen Kreis aus Licht eingehüllt und in seinem Magen breitete sich ein flaues Gefühl aus. Er schloss die Augen, bevor Ohnmacht sich seiner bemächtigte. Aber Tomoyos letzte Worte würden noch lange in seinen Ohren nachringen.
 

„Möge die Reise erneut beginnen.“
 

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Schon kurz bevor er überhaupt einen Fuß auf den sandigen Boden setzt, spürt er die Hitze, die auf seine Haut trifft. Diese Landung ist ihm wesentlich besser gelungen, als die letzte, denkt er mit einem kleinem, selbstbewussten Lächeln. Clow Country, wie geplant. Er hatte schon lange keinen Zwischenstopp bei seinen Freunden mehr eingelegt. Aber jetzt hatte er es dringend nötig, denn er musste so einiges loswerden und Sakura war die einzige mögliche Ansprechpartnerin. Es ging um den Mann, der bewusstlos neben ihm auf dem Boden lag, Kurogane war wohl nicht mehr an das Reisen per Dimensionstor gewohnt. Er beugte sich zu ihm hinunter mit der festen Absicht ihn wachzurütteln, verwarf den Gedanken jedoch kurz darauf.
 

Er vermisste dieses schlafende Gesicht, er vermisste alles. Die Augen, die jeden Morgen aufs neue in der Lage waren ihn zu fesseln, ihn zu durchdringen, sein Innerstes bloß zu legen. Und seine Lippen...noch manchmal träumte er von ihren gemeinsamen Nächten und von den verbalen Gefechten, die er sich mit dem größeren Mann geliefert hatte. Aber auch von jedem einzelnen Wort, mag es noch so unwichtig gewesen sein, dass diesen Mund verlassen hatte. Er wollte ihn nicht wecken, viel lieber wollte er noch ein wenig in der Illusion verharren, dass die Lippen des Mannes vor ihm wieder für ihn lächeln würden. Süßes Gift.
 

Den letzten Flecken Hoffnung in seinem Inneren eiskalt von hinten erstechend, rüttelte er den Ninja sanft wach und setzte sein herrlichstes Lächeln auf, seine beste Maskerade.
 

„Guten Morgen, Kuro-Schlafmütze! Spürst du wie die Sonne lacht?“
 

Alarmiert fährt der andere auf, wirft ihm einen mörderischen Blick zu und bellt ihn wegen des blöden Spitznamens an. Klar, nicht einer seiner besten. Aber der blonde Magier nimmt all das nicht wirklich war, ist das Abtöten jeglicher Gefühle im Moment doch wichtiger. Er würde sich nicht mehr auf ihre Hetzjagden einlassen, nein, alle Kommentare wird er von jetzt an nur noch abblocken. Er musste diese Reise irgendwie überstehen, er musste sich noch rächen, bevor sein Leben endlich enden konnte.
 

„Wo sind wir hier überhaupt?“
 

Die Worte des Ninjas holten ihn zurück in die Realität. Immer schön lächeln.
 

„Das hier ist das Wüstenland Clow. Ich möchte ein paar alte Freunde treffen, sie könnten wichtige Information für uns haben.“
 

Er streckte dem größeren Mann eine Hand aus, die dieser mit einem etwas grummeligen Gesichtsausdruck und einem „Tch“ annimmt. Eigentlich wäre es Fai lieber gewesen jemand würde ihm die Hand reichen, ihn aus dem Tiefen des Ozeans ziehen, der ihn verschluckt hatte. Seine Luft wurde allmählich knapp und es war so kalt, so kalt...
 

Während der Ninja sich noch den Sand von seinen Kleidern klopft und sich über die Hitze beschwert, beginnt er sich in Richtung des letzten Rettungsreifens zu machen, den er noch hatte: Seine Prinzessin.
 

„Los geht`s, Kuro-nyao!“



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  KuroFye-fangirl
2013-09-24T14:37:49+00:00 24.09.2013 16:37
Hallo!

Das ist eine geniale Geschichte, die viel zu wenige Kommentare hat.
Sie verdient weitaus mehr!
Ich finde es eine coole Idee, dass Kurogane ein Gedächtnisverlust hat!
Fye tut mir super leid. Er leidet so sehr. *Ihn knuddeln wollen.*
Du hast einen sehr angenehmen Schreibstil und deine Geschichte ist spannend.
Ich würde mich extrem freuen, wenn du deine Geschichte auch auf fanfiktion.de online stellen würdest.
Ich bin sicher, dass du dort viel mehr Echos zu deiner tollen Geschichte erhalten würdest.

LG und ich kann das nächste Kapitel kaum noch erwarten,
KuroFye-fangirl
Von:  -ReiChan-
2013-09-02T17:24:15+00:00 02.09.2013 19:24
Hey das klingt schon echt Spannend, ich mag die art wie du Schreibst und die Idee scheint sehr interessant zu sein, mich würde brennend interessieren wie es weiter geht x3
Antwort von:  missbubblefish2-0
03.09.2013 20:11
Danke sehr :3 nächsten zwei Kapitel sind fast fertig...bin auch schon gespannt wies weitergeht ^^


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