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Ach, du süßes Internatsleben

von

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Kapitel 20
 

„Hey Malik!“ Jonouchi winkte ihm, als Malik aufsah. Er hob die Hand zum Gruß, doch Jonouchi kam sowieso näher.

„Was gibt’s?“ Sie hatten seit einer Weile nicht mehr miteinander gesprochen und Malik fühlte sich etwas schlecht deswegen. Er wollte nicht, dass es den Eindruck machte, er habe Jonouchi und Honda nur ausgenutzt.

„Honda und ich gehen am Wochenende aufs Festival in der Stadt. Willst du mitkommen?“

„Oh, sorry, aber ich geh schon mit Ryou und so.“

„Ah, ach so.“ Jonouchi sah nicht aus, als würde es ihm viel ausmachen. „Du und Mariku habt euch also wieder vertragen?“

„Kann man so sagen.“

„Naja, aber man sieht sich dann ja trotzdem auf dem Festival.“

„Ja klar.“

Jonouchi schenkte ihm ein breites Grinsen. „Cool!“ Er gab ihm ein „Daumen hoch“ und verschwand dann wieder.

Malik schüttelte den Kopf. Jonouchi war schon wirklich ein komischer Vogel, aber Malik hatte ihn gern. Er war erleichtert, dass Jonouchi es ihm nicht übel nahm, dass er jetzt wieder mehr Zeit mit den anderen verbrachte.
 

*
 

Ryou ließ den Stift fallen, als die Schulglocke ertönte und streckte sich. „Endlich“, seufzte er. „Ich dachte schon, der Tag geht gar nicht mehr vorbei.“

„Ich auch“, murmelte Malik. Er hatte sich über seinen Tisch gestreckt und gähnte. „Ich will schlafen.“

Ryou lachte und räumte seine Sachen in die Schultasche. „Dafür würd ich dir aber nicht den Tisch empfehlen.“

Malik ließ sich in seinen Stuhl zurückfallen und begann ebenfalls langsam seine Stifte wieder einzuräumen. „Gut, das wir erst morgen aufs Festival gehen, sonst würd ich währenddessen echt wegpennen.“

„Aber es sieht so aus, als würden wir echt gutes Wetter kriegen.“ Beide Jungen sahen aus dem Fenster. Die Sonne schien schon die ganze Woche über und der meiste Schnee war längst geschmolzen. Nur an manchen Stellen hielt er sich hartnäckig, doch der Frühling kam inzwischen mit großen Schritten und war nicht mehr aufzuhalten. Es war immer noch kühl draußen, doch Malik hatte die dicke Jacke inzwischen gegen eine dünnere getauscht. Er konnte es kaum erwarten bis er die Jacken ganz weglassen konnte.

„Was braucht ihr eigentlich so lange?“ Bakura und Mariku standen an der Tür und Bakura tippte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden. „Ich bin am Verhungern!“

„Ich vermiss die Krücke, da hat er mich nie so gehetzt“, flüsterte Ryou und schulterte seinen Rucksack.

Malik lachte und nutzte den Tisch um sich hochzuhieven. Er hatte keinen großen Hunger und wäre am liebsten sofort ins Bett gefallen. Noch drei Wochen bis zu den Ferien und er konnte es kaum erwarten. Diesmal würde er beide Wochen zuhause verbringen und Nichts und Niemand würden ihn davon abhalten. Er vermisste sein eigenes Bett, die weiche Matratze und die kuschelige Decke.

Langsam trottete Malik den anderen hinterher. Er wusste auch noch gar nicht, wie es nach diesem Schuljahr weitergehen sollte. Isis hatte gesagt, er müsse nur ein Jahr hier verbringen, wenn sich seine Noten verbesserten und das hatten sie.

Ryou lachte über etwas, das Bakura gesagt hatte.

Wollte er überhaupt noch zurück an seine alte Schule um dort das letzte Schuljahr zu machen? Würde er dann nicht wieder in den alten Trott verfallen? Vielleicht wäre es wirklich besser, wenn er hier blieb. Isis hätte sicher nichts dagegen.

„Bist du in Ordnung?“ Mariku ging plötzlich neben ihm und Malik war nicht mal aufgefallen, dass er zurückgefallen war.

Er sah Mariku an. „Ja, nur ziemlich müde.“

„Du wirst aber nicht krank, oder?“

Malik schüttelte den Kopf und lächelte. „Nein, nur müde.“

„Willst du dich dann nicht lieber hinlegen?“ Da war sie wieder; die Besorgnis in Marikus Stimme. Es war so ungewohnt und Malik fühlte sich etwas schlecht, dass sich ausgerechnet Mariku Sorgen um ihn machte.

„Nach dem Essen.“

„Gut, morgen musst du fit sein. Es wird großartig.“

„Hast du nicht erst noch gesagt, das Festival wär scheiße?“, fragte Malik mit einem Schmunzeln.

„Ich hab das Gefühl dieses Jahr wird’s richtig gut.“ Mariku zwinkerte ihm zu und holte dann rasch zu Bakura und Ryou auf.

Malik dagegen blieb kurz stehen. In letzter Zeit verspürte er das Kribbeln häufiger und es war inzwischen viel leichter es zu akzeptieren. War er in Mariku verliebt? Es fiel ihm schwer es abzustreiten.
 

*
 

Malik ließ sich aufs Bett fallen kaum war er nah genug dran. Er kroch unter die Decke und machte sich gar nicht die Mühe sich umzuziehen. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so erschöpft gewesen war.

Und er wusste noch nicht einmal warum. Er war einfach nur müde und schlapp. Malik hoffte wirklich, dass er nicht doch noch krank werden würde.

„Ich geh noch zu Ryou“, sagte Bakura und warf seine Tasche einfach aufs Bett.

Malik reagierte nur mit einem kurzen Winken darauf. Er wartete bis Bakura aus dem Zimmer war um sich aufzusetzen und auszuziehen. Die Klamotten waren doch zu unbequem um darin zu schlafen.

Seufzend ließ er sich wieder ins Kissen sinken und zog die Decke hoch. Aber würde er noch ein Jahr auf dieser harten Matratze aushalten? Malik rollte sich zur Seite. Noch drei Wochen bevor er sich in sein eigenes Bett fallen lassen konnte. Er gähnte. Er hatte Isis noch gar nicht Bescheid gegeben. Er würde sie am Sonntag anrufen.

Seit er hier war, hatte sich auch das Verhältnis zu Isis erheblich verbessert. Lag wohl daran, dass sie sich nicht jeden Tag sahen. Malik lächelte leicht. Er gähnte noch einmal. Obwohl er so müde war, gingen ihm trotzdem tausend Gedanken durch den Kopf, die ihn nicht einschlafen ließen.
 

Die Zimmertür öffnete und schloss sich leise. Malik hörte Schritte. Er drehte den Kopf und öffnete die Augen. „Mariku?“

„Oh hey, sorry.“ Mariku fasste sich verlegen an den Hinterkopf und setzte sich auf Bakuras Bett. „Ich will dich nicht stören, aber Bakura und Ryou sind mit rummachen beschäftigt und ich weiß nicht wirklich, wo ich hingehen soll. Wenn’s dich nicht stört, würd ich hierbleiben. Ich stör dich auch nicht beim Schlafen. Außer es ist dir unangenehm, dann geh ich wieder.“ Die Worte sprudelten regelrecht aus Mariku heraus.

Malik drehte sich in Marikus Richtung. „Ist okay, ich kann irgendwie eh nicht einschlafen.“

„Soll ich dir ne Gute-Nacht-Geschichte erzählen?“

„Weißt du denn eine?“

„Nicht wirklich, aber ich kann mir eine ausdenken.“

„Ah ja? Ich bin ganz Ohr.“

„Okay“, Mariku räusperte sich, „es war einmal... ähm... ein Prinz und der hatte gläserne Schuhe und einen Wolf als Haustier. Er lebte in einem großen Palast, immerhin war er ja ein Prinz und sein Vater der König und Herrscher und so, aber der Prinz langweilte sich, weil seine Freunde waren alle Spießer.“ Malik lächelte. Er war wirklich gespannt in welche Richtung Marikus Geschichte gehen würde. „Deshalb ignorierte er den Befehl seines Vaters im Palast zu bleiben und schlich nach draußen. Sein Wolf war dabei um ihn zu beschützen. Er versteckte aber seine gläsernen Schuhe unter einer Hecke und ging barfuß durch die Stadt. Er trug natürlich einen Mantel mit Kapuze, damit ihn niemand erkennt, aber ich glaub sein Wolf ist ziemlich auffällig.“ Mariku legte nachdenklich die Stirn in Falten. „Darüber muss ich noch mal nachdenken... vergiss den Wolf, der ist im Palast geblieben. Also, der Prinz geht also durch die Stadt und ist ganz erstaunt von allem was er sieht, weil er ja sonst im Palast eingesperrt ist. Aber der Prinz hat Angst vor den Menschen, denn sie waren laut und mit weniger Manieren, also läuft der Prinz weg, aber er verläuft sich und obwohl er den Palast sehen kann, immerhin ist der ziemlich groß, findet er keinen Weg zurück.“ Mariku sah Malik an. „Schläfst du schon?“

„Nein, ich hör zu“, murmelte Malik.

„Plötzlich tauchen diese Typen auf. Finstere Kerle und sie wollen den Prinzen ausrauben. Der Prinz hat Panik und schreit um Hilfe. Die Typen lachen, aber es kommt wirklich Hilfe. Ein Junge taucht auf, vertreibt die Typen mit seiner ähm magischen Axt und rettet damit den Prinzen. Der Prinz fällt dem Jungen überglücklich und dankbar um den Hals, dabei rutscht seine Kapuze vom Kopf und der Junge ist sofort überwältigt von der Schönheit des Prinzen. Er nimmt den Prinzen mit nach Hause zu seiner Großmutter und gibt ihm was zu essen. Der Prinz sagt, er muss zurück in den Palast, auch wenn sein Vater sehr wütend auf ihn sein wird. Der Junge schlägt ihm vor, dass er für immer bei ihm bleiben kann und ähm...“ Mariku hielt inne und überlegte, wie es weitergehen könnte. Er sah Malik an, der die Augen geschlossen hatte und gleichmäßig atmete. „Malik?“ Malik gab keine Antwort. Er war eingeschlafen. Mariku lächelte. „Und der Prinz verliebte sich in den Jungen und sie liefen zusammen weg und wenn sie nicht gestorben sind, dann lieben sie sich noch immer“, flüsterte Mariku.
 

*
 

„Jetzt hab ich das Ende deiner Geschichte gar nicht mitgekriegt“, sagte Malik leise. Sie standen in der Eingangshalle und warteten auf Ryou und Bakura.

„Gab ein Happy End.“

„Ich will sie irgendwann nochmal hören.“

„Bis dahin hab ich mir was Besseres ausgedacht.“

Malik lächelte. „Bin gespannt.“ Er wandte den Blick von Mariku ab, als Ryou und Bakura endlich die Treppe runterkamen. „Ihr seid wie die Karnickel, wisst ihr das?“

Bakura hielt inne. „So nen Spruch hätt ich von Mariku erwartet, nicht von dir.“

Mariku legte einen Arm um Maliks Schulter. „Er ist ein guter Schüler.“

„Als ob ich für so was nen Lehrer bräuchte.“ Er boxte Mariku leicht in die Seite und Mariku ließ den Arm sinken. „Können wir dann endlich gehen?“ Malik zog seine Jacke an.

„Wegen euch haben wir schon den ersten Bus verpasst“, maulte Mariku. Er hatte seine Jacke über den Arm gelegt.

Bakura öffnete die Tür. „Wärst du an meiner Stelle, könnten wir den ganzen Abend vergessen.“

Mariku grinste. „Ich hab eben mehr Ausdauer als du.“

Malik schob seine Hände in die Jackentaschen. Er ging hinter Mariku und hörte mit schnell klopfendem Herzen zu. Das Thema machte ihn nervös.

„Du kriegst nur den Hals nicht voll genug.“

„Und das ist schlecht weil?“

„Das ist anstrengend.“

„Womit wir wieder bei der Ausdauer wären.“

Sie waren nicht die einzigen Internatsschüler, die in den Bus einstiegen. Mariku ließ sich auf den erstbesten Sitz fallen und war etwas überrascht, dass sich Malik neben ihn setzte. Es freute ihn, aber er hatte nicht damit gerechnet.

„Ich hoffe dieses Jahr gibt’s was Spannendes.“ Mariku legte den Arm auf die Rückenlehne und drehte sich halb zu Bakura um.

„Es werden dieselben alten Fressstände sein und derselbe abgefuckte Autoscooter.“

„Du bist so negativ.“

„Ich nenne es realistisch.“

Malik lächelte, während er Marikus und Bakuras kleinem Streitgespräch lauschte. Er war ein bisschen neidisch. Obwohl er immer viele Freunde gehabt hatte, hatte er nie einen besten Freund gehabt. Als Kind war er zu oft umgezogen und in den letzten Jahren hatte er auch keine wirklich tiefgehenden Freundschaften entwickelt. Er mochte die Freunde, die er zuhause hatte, aber die Freundschaften waren alle nur oberflächlich. Er war sich sicher, keiner von ihnen vermisste ihn wirklich. Er seufzte leise.

„Alles klar?“ Mariku veränderte seine Sitzposition, sodass er wieder nach vorne schaute. Dabei streifte seine Hand die von Malik.

Malik sah auf ihre Hände und anschließend Mariku an. „Ja, alles gut.“
 

*
 

„Wir müssen den Bus um halb elf zurücknehmen“, sagte Ryou, als sie ausstiegen. „Das ist der letzte, sonst sitzen wir hier bis morgen früh fest und wir kriegen sicher Ärger.“

„Ach Ryou“, Mariku legte einen Arm um seine Schulter, „du machst dir zu viele Gedanken darüber.“

Ryou schob Mariku von sich. „Bakura hat mir schon erzählt, dass ihr vor zwei Jahren den Bus verpasst und dann Megaanschiss gekriegt habt.“

„Ihr solltet mehr Sex haben und weniger reden.“ Mariku lachte, als Bakura nach ihm trat.
 

Es waren viele Menschen auf dem Festival unterwegs, die es nutzten, dass das Wetter endlich besser geworden war. Sie hatten Schwierigkeiten durch die Menge zu kommen, doch auch Mariku machte es ihnen nicht einfach, denn er schien an jedem zweiten Stand etwas essen zu wollen.

„Ah, ich wünschte, ich hätte meinen Kimono an“, seufzte Ryou und betrachtete mit glänzenden Augen eine Gruppe traditionell gekleideter Frauen.

„Sähe sicher süß aus.“

„Ziemlich süß sogar.“ Ryou streckte das Kinn in die Höhe. Schließlich lachte er. „Habt ihr auch welche?“

Mariku und Bakura schüttelten den Kopf.

„Meine Schwester hat mir mal einen Yukata gekauft, aber ich hatte ihn noch nie an.“ Mariku ließ das Takoyaki-Bällchen sinken, dass er gerade essen wollte und starrte Malik an. Malik entging der Blick nicht. „Was ist?“

Mariku schüttelte nur den Kopf und stocherte mit dem Piekser in dem Bällchen herum.

„Sag’s mir.“

Mariku grinste leicht. „Besser nicht.“

„Seit wann so schüchtern?“

„Seit wann willst du meine dummen Sprüche hören?“

„Seit jetzt!“

Mariku winkte Malik näher zu sich und beugte sich schließlich nach vorne zu seinem Ohr. „Ich stell’s mir nur ziemlich heiß vor, wenn du nichts trägst außer einem Yukata, am besten so einen kurzen.“

Malik stieg die Hitze ins Gesicht. Er trat einen Schritt von Mariku weg und drehte ihm den Rücken zu. Er wusste genau, dass Marikus Fantasie noch weiter ging. Er schluckte. Vielleicht wäre es wirklich besser gewesen, Mariku hätte es ihm nicht gesagt, aber wenn er wirklich mit Mariku zusammen sein wollte, dann musste er auch wissen, welche Fantasien er hatte.

„Hätt ich nur nichts gesagt“, murmelte Mariku und schob sich das Takoyaki-Bällchen in den Mund.

Leicht grinsend drehte Malik sich um. „Nein, war in Ordnung.“

„Was hat er dir gesagt?“, wollte Ryou wissen. Er hatte versucht zu lauschen, doch es war zu laut um sie gewesen.

Malik sah ihn an. „Geheimnis.“
 

Der Autoscooter machte keinen vertrauenserweckenden Eindruck auf Malik. Bakura hatte ihn „abgefuckt“ genannt und hatte damit mehr als nur Recht. Mariku schien das aber nicht zu stören. Er rutschte unruhig auf dem Sitz hin und her, die Plastikmünze zwischen den Finger drehend. Malik war nervös. Er wusste nicht, ob er Mariku wirklich traute, was die Steuerung des Scooters anging.

Der Zweifel schien ihm ins Gesicht geschrieben zu sehen, denn Mariku sagte: „Keine Sorge, ich bin ein Profi.“

Malik hielt sich trotzdem an der Seite fest. Bakura und Ryou saßen in einem Scooter auf der anderen Seite und man musste nicht Hellsehen können um zu wissen, dass sich Mariku und Bakura über die ganze Fahrfläche jagen würden.

Mariku drückte die Plastikmünze in den Schlitz, als das Startsignal erklang und trat das Pedal voll durch. Der Fronttalzusammenstoß mit Bakura ließ nicht lange auf sich warten. Die beiden Freunde lachten, während Ryou nur schmunzelnd die Augen verdrehte.

Mariku und Bakura waren komplett aufeinander fixiert, während Malik den Blick kaum von Mariku abwandte. Er hatte ihn noch nie so ausgelassen erlebt und auch noch nie so herzhaft lachen sehen. Der Anblick ließ sein Herz ein bisschen schneller schlagen.

Plötzlich wurde Malik gegen Mariku gedrückt, als sie ein anderes Auto von der Seite rammte. Sie wandten beide den Kopf. Zwei Jugendliche grinsten sie dumm an. Einer von ihnen zeigte ihnen den Mittelfinger, während der andere rückwärts lenkte.

Mariku knurrte. Die gute Stimmung von zuvor war verflogen und Marikus Aufmerksamkeit schwankte von Bakura zu den Beiden, die sie angefahren hatte. Energisch riss Mariku das Steuer herum.

„Diese Bastarde!“

„Mariku, beruhig dich.“ Malik legte ihm die Hand auf den Arm, doch Mariku schüttelte sie ab. Er steuerte auf die jungen Männer zu, doch bevor er sie erreichte, kam das Auto zum Erliegen. Wütend schlug Mariku gegen das Lenkrad. Die zwei Jungen lachten und deuteten mit dem Finger auf sie. Mariku sprang regelrecht aus dem Wagen. „Mariku!“ Malik folgte ihm sofort und warf einen hilfesuchenden Blick zu Bakura, der ihn alarmiert erwiderte.

Die Zwei hatten sich einer Gruppe Jugendlicher angeschlossen und Malik wurde immer unwohler zumute. Das gab nur Ärger, doch seine Versuche auf Mariku einzureden brachten nichts.

Bakura hatte zu ihnen aufgeholt, tat jedoch noch nichts, sondern wartete ab. Mariku blieb vor der Gruppe stehen. „Hey! Was sollte das?“

Einer der Jungen trat vor. Es war der Fahrer des Scooters. „Das ist Autoscooter, Mann, da rammt man andere, das gehört dazu.“

Malik wunderte sich ebenfalls schon die ganze Zeit darüber, warum Mariku so wütend war. Sie waren ständig von anderen gerammt worden, also warum flippte er bei ihnen so aus?

„Oder bist du so ne Pussy, dass du jetzt gleich heulend zu Mama rennst, weil wir dich ein bisschen geschubst haben?“ Die Gruppe lachte und Mariku ballte die Hände zu Fäusten.

Malik stellte sich vor Mariku und legte ihm die Hände auf die Brust. „Beruhig dich bitte“, murmelte er. Der Abend hatte bisher so viel Spaß gemacht, Malik wollte nicht, dass er durch eine Schlägerei versaut wurde.

„Ja Kumpel, hör auf deinen Freund.“ Der Sprecher spuckte auf den Boden.

„Ey, sind die nicht vom Internat?“ Malik blickte über die Schulter. Es war der größte der Gruppe, der gesprochen hatte.

„Bestimmt Schwuchteln.“ Wieder lachte die Gruppe.

Malik erstarrte. Das war der Moment, vor dem er die ganze Zeit Angst gehabt hatte. Ein Kloß bildete sich in seinem Hals und ihn überkam das Bedürfnis wegzulaufen, doch seine Beine verweigerten ihm den Dienst. Wie angewurzelt stand er da, die Finger leicht in Marikus Sweater gekrümmt.

„Ey, voll abartig, aber kein Wunder, dass er so ne Pussy ist, lässt sich bestimmt von allem möglichen durchficken.“

Malik wollte etwas sagen und diesen Typen so richtig Konter geben, doch seine Kehle war wie zugeschnürt. Er starrte auf seine Hände und schaffte es nicht mal Mariku anzusehen. Die Beleidigungen, die sie ihnen zuwarfen, widerhallten in seinem Kopf und am liebsten hätte er alles abgestritten.

Er war nicht so.

Er war nicht so.

Er war nicht so.
 

Plötzlich war Mädchengekicher zu hören und Malik hob doch den Blick. Nicht weit von ihnen standen drei Mädchen, die die ganze Szene beobachteten, lachend und kichernd und mit dem Finger auf sie zeigend. Malik presste die Lippen aufeinander und senkte den Blick erneut. Er fühlte sich wie im Zoo. Die ganze Welt schien ihn anzustarren und mit dem Finger auf ihn zu zeigen.

„Verpisst euch“, schnauzte Mariku die Mädchen an, welche überrascht fiepten und schnell weitergingen. Mariku legte seine Hände an Maliks Oberarme und drückte sie leicht. Malik sah auf, doch Mariku starrte die Jugendlichen an. Er schob Malik zur Seite und packte den erstbesten von ihnen am Kragen. „Ich zeig dir gleich, wie ich Schwuchtel dir die Fresse poliere, sodass dich deine Mama nicht mehr erkennt.“

Das war der Moment, in dem Bakura eingriff. Er legte Mariku den Arm um den Hals und zog ihn von der Gruppe weg. „Wir gehen!“

„Lass mich los! Ich schlag ihnen die Zähne aus!“, maulte Mariku und wollte Bakuras Arm wegziehen, doch plötzlich war auch noch Ryou da, der seinen Arm packte und gemeinsam zogen sie ihn von den Jugendlichen weg. Diese machten keine Anstalten ihnen zu folgen, doch ließen es sich nicht nehmen ihnen Beleidigungen hinterher zu rufen.

Malik ging ihnen langsam hinterher, doch beschleunigte dann seine Schritte um den Anschluss nicht zu verlieren.
 

Erst als sie ausreichend Abstand zwischen sich und die anderen Jungen gebracht hatten, ließ Bakura den, immer noch schimpfenden, Mariku los.

„Ich hätt’s diesen Bastarden gezeigt!“

„Ich denke, du hast jetzt jemand anderen um den du dich kümmern solltest“, erwiderte Bakura leise und nickte in Maliks Richtung.

Das Nicken wäre jedoch nicht notwendig gewesen. Mariku hatte zuvor schon gemerkt, dass die Worte Malik sehr getroffen hatten. Letztendlich war er froh, dass es zu keiner wirklichen Auseinandersetzung gekommen war.

Bakura nahm Ryou an der Hand und führte ihn weg, während Mariku die kurze Distanz zwischen sich und Malik überbrückte.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Mariku mit ruhiger Stimme. Seine Wut war verflogen, er musste sich auf Malik konzentrieren.

„Klar“, sagte Malik sofort, doch seine Stimme war dünn und zitternd und das Lächeln gequält.

„Sorry“, flüsterte Mariku und legte ihm seine Hand erst auf die Schulter, bevor er ihm in den Nacken strich. „Ich hätt nicht so ausflippen sollen.“ Malik zuckte nur mit den Schultern. Er sehnte sich ins Internat zurück. Er wusste nicht, wie er mit der vorhergehenden Situation umgehen sollte oder ob er überhaupt damit umgehen konnte. Er konnte das nicht...

„Ich bin immer da.“ Plötzlich fand er sich in Marikus Umarmung wieder. „Vergiss diese Idioten.“ Er spürte Marikus Atem an seinem Ohr. „Ist doch egal, was die sagen.“

Ja, das hatte Isis auch gesagt. Für sie war es in Ordnung, wenn er mit Mariku zusammen wäre. Für Rishid auch. Für Bakura und Ryou ebenfalls. Es war alles in Ordnung... oder? Wieder hörte er das Lachen und sah die Mädchen mit dem Finger auf ihn zeigen.

Malik presste die Augen fest zusammen und erwiderte Marikus Umarmung.

„Ich bin da“, flüsterte Mariku und legte eine Hand auf Maliks Hinterkopf. „Soll ich dir was Süßes zur Beruhigung kaufen?“

Malik sah ihn an und schmunzelte. „Musst du dich nicht auch beruhigen?“

Mariku grinste. „Okay, ich kauf uns beiden was, warte hier.“
 

Malik atmete tief durch, nachdem Mariku ihn allein gelassen hatte. Er musste wirklich lernen, sich weniger um die Meinungen anderer zu kümmern. Er ließ den Blick schweifen bis sein Blick den von Ryou traf. Er sah besorgt aus, weshalb Malik lächelte und ihm ein „Daumen hoch“ gab. Ryou erwiderte die Geste.

„Ich hab gar nicht gefragt, was du magst.“ Mariku hielt ihm einen kandierten Apfel hin.

„Passt schon.“ Malik nahm ihm die Süßigkeit ab.

„Geht’s dir etwas besser?“

Malik nickte schwach. „Muss mich nur dran gewöhnen.“

„Nein, musst du nicht. Du musst solchen Typen auf die Fresse hauen, dann vergehen denen die dummen Sprüche!“

Malik lachte. „Die sind den Ärger doch gar nicht wert.“

„Das ist auch ne gute Einstellung. Lass uns mal wieder zu den anderen beiden gehen.“

Malik zögerte kurz, doch dann griff er nach Marikus Hand. Verlegen sah er zur Seite und sein Herz klopfte aufgeregt. Mariku hob überrascht die Augenbrauen, sagte jedoch nichts. Er drückte Maliks Hand und lächelte.
 

*
 

„Nur noch fünf Minuten“, jammerte Mariku, als Ryou sie schon zum zweiten Mal darauf aufmerksam machte, dass sie zur Bushaltestelle gehen mussten.

Doch Ryou blieb unnachgiebig. „Dann fahren halt nur Malik und ich zurück und ihr könnte hier in der Kälte schlafen.“ Malik stimmte ihm nickend zu.

„Dein Freund ist echt knallhart.“

„Wem sagst du das“, sagte Bakura seufzend. „Ich dachte auch, er wäre süß.“

Ryou zog eine Grimasse. „Nix da mit süß! Und jetzt kommt endlich.“ Ryou drehte sich auf dem Absatz um, Malik folgte ihm. Bakura und Mariku sahen sich kurz an, zuckten mit den Schultern und gingen ihnen schließlich hinterher. Der Gedanke in der Kälte zu schlafen war wirklich nicht sehr ansprechend.
 

Malik rutschte tiefer in den Sitz und lehnte den Kopf gegen die Scheibe. Trotz des anfänglichen Ärgers war es doch noch ein schöner Abend geworden. Sie hatten Lose gezogen, doch außer Taschentüchern und Kugelschreibern nichts gewonnen. Mariku war ständig mit einer anderen Süßigkeit angekommen, weshalb Malik jetzt etwas schlecht war. Das war genug Zucker für die nächsten Wochen gewesen. Sie hatten mehrere Mitschüler getroffen, darunter auch Jonouchi und Honda, doch waren nie lange in deren Gesellschaft geblieben.

Malik fühlte sich ausgelaugt, nicht nur körperlich, sondern auch emotional. Auch wenn sich die anderen viel Mühe gegeben hatten, ihn abzulenken, waren seine Gedanken doch hin und wieder zu den Bezeichnungen gewandert, die man ihnen an den Kopf geworfen hatte. Er konnte es einfach nicht vergessen und es fiel ihm schwer „drüberzustehen“. Er bewunderte die anderen dafür, dass sie das scheinbar so leicht wegsteckten und es sie gar nicht zu berühren schien.

Marikus Hand wanderte in seinen Nacken und strich leicht darüber. Malik schloss die Augen. Mariku hatte das den ganzen Abend über öfter getan und Malik empfand es als angenehm und auch irgendwie entspannend.

Malik beteiligte sich nicht am Gespräch der anderen Drei. Er bekam noch nicht einmal mit, über was sie sich überhaupt unterhielten. Er döste vor sich hin und konnte es kaum erwarten sich hinzulegen.
 

Malik schreckte hoch, als Mariku leicht an seiner Schulter rüttelte. „Wir sind da.“

Malik streckte sich und gähnte. Die frische Nachtluft sorgte dafür, dass er sich wieder etwas frischer fühlte, doch er hörte sein Bett schon nach sich rufen.

Mariku und Malik gingen mit einem leichten Abstand hinter Bakura und Ryou, bis Malik Mariku am Arm packte und damit zum Stehenbleiben zwang.

„Was ist los?“, wollte Mariku wissen. Bakura drehte sich um, doch Malik winkte ihm weiterzugehen. Er wollte kurz mit Mariku allein sein. „Alles in Ordnung?“

„Ja, schon, es ist nur...“ Malik wusste nicht, wie er es ausdrücken sollte. Er war noch nie gut darin gewesen seine Gefühle zu zeigen, besonders nicht die, die er im Moment empfand. Mariku sah ihn abwartend an, drängte ihn aber nicht weiterzureden. „Es war schön heute“, sagte Malik leise, „abgesehen von diesen Idioten.“ Wieso klangen seine Worte in seinen Ohren nur so dumm? „Es war schön heute“, was für ein Mist.

„Fand ich auch“, stimmte Mariku zu.

Malik atmete tief durch, lehnte sich vor und küsste Mariku. Der Kuss war kurz, doch länger als der, den er ihm in den Ferien gegeben hatte. Sein Herz raste und von der vorherigen Müdigkeit merkte er gar nichts mehr. Er hoffte nur, dass es okay gewesen war Mariku zu küssen. Sie hatten nicht mehr darüber gesprochen, ob sie jetzt so weit waren oder nicht, aber Malik fühlte sich langsam bereit dazu. Obwohl das heutige Erlebnis einen bitteren Beigeschmack für ihn hatte, hatte es seinen Gefühlen keinen Abbruch getan.

„Sorry“, murmelte Malik, nachdem Mariku nicht reagierte.

Mariku lachte. „Das ist bestimmt das Letzte für das du dich entschuldigen musst.“ Diesmal war er es, der Malik küsste. Es war ebenfalls nur ein kurzer Kuss, doch für den Anfang war das ausreichend. „Aber jetzt lass uns reingehen, weil es ist echt kalt.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  KarliHempel
2014-09-09T10:45:14+00:00 09.09.2014 12:45
Huhu.

Ich bin so mitgenommen und begeistert. Ich weiß gar nicht, was ich alles sagen soll.
Jedenfalls ich die Spannung auf den nächsten Teil groß. Ich hoffe ja, dass die beiden noch ganz zu einander finden.
Liebe Grüße.
Von:  jyorie
2014-09-02T15:14:55+00:00 02.09.2014 17:14
Hey ◠‿◠

Ich find es cool von Joey, das er Malik
nicht böse war, wenn er jetzt wieder mit
Mariku abhängt, vielleicht hat er das ja
auch schon vorher gewusst ...

Das Fest war toll, ich denke die Erfahrung,
das wenn er sich auf Mariku einlässt, er auch
Negatives wie Spott erfährt, war wichtig für
Malik, weil es sicher nicht nur rosig wird, ich tippe
war mal darauf, das sein Herz das schon entschieden
hat, was er möchte, aber sein Kopf noch nicht ganz.

Schön das ersters einen kleinen Sieg errungen hat,
mit dem Kuss am Ende des Kapitels. Scheint so, als
wenn Mariku wieder hoffen darf und das Märchen mit
dem Wolf doch noch wahr wird :D

CuCu, Jyorie



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