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Kennenlernen

Genki/Meto
von

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Genki

24. August 2013
 

Genki
 

Ein Jahr wohne ich jetzt schon hier. Und ausnahmslos jeden Tag war er da. Er hat wahrscheinlich keine Wohnung. Er hockt immer im Hauseingang. Wahrscheinlich sein einziger Schutz vor Wind und Wetter.
 

Ich habe ihn noch nie sprechen gehört. Sein Kommunikationsmittel mit der Außenwelt sind kleine Schilder, auf die er kleine Botschaften kritzelt. Meistens steht darauf „Meto Hunger!“ Er tut mir dann immer leid. Aber ich habe ihm noch nie Geld gegeben. Nein, ich mache ihm lieber etwas zu essen und gebe es ihm dann. Das hilft ihm sicher mehr. Er lächelt dann immer und scheint sich sehr darüber zu freuen.
 

Meto hat langes, schwarzes Haar, welches ihm die meiste Zeit wirr über die Schultern hängt. Ein glatt geschnittener Pony verdeckt seine Stirn. Falls er das selber macht, kann er das wirklich sehr gut. Zwei Piercings zieren die rechte Seite seiner Unterlippe und eines die linke Seite seiner Oberlippe. Ich finde, das steht ihm gut. Es bringt seine vollen Lippen zur Geltung.

Er trägt immer die gleiche zerschlissene Jeans, ein schwarzes T-Shirt und eine schwarze, ihm viel zu weite, Baumwolljacke.
 

Wie jeden Tag, muss ich auch heute an ihm vorbei, als ich das Haus verlasse. Er klammert sich an einer Wasserflasche fest und starrt auf die Straße. Als er mich jedoch bemerkt, kramt er schnell in seinen Schildern herum. Ich muss leicht schmunzeln. Er weiß einfach genau, dass er immer etwas von mir bekommt.

Schnell hat er das richtige Schild gefunden und hält es mir entgegen. „Meto Zigarette!“, steht darauf. Ohne viel darüber nachzudenken, fasse ich in meine Hosentasche und ziehe meine Schachtel Zigaretten daraus hervor. Ich gebe ihm eine und zünde sie ihm an. Er lächelt und nickt dankend mit dem Kopf.

Es würde mir irgendwie etwas fehlen, wenn er nicht mehr da wäre.
 

Doch genau das passiert. Als ich an diesem Abend von der Arbeit komme, ist Meto nicht da. Er hockt nicht im Hauseingang mit seinen ganzen Schildern um sich verteilt. Komischerweise mache ich mir sofort Sorgen. Das ganze Jahr, welches ich jetzt schon hier wohne, kam es nicht einen Tag vor, dass er nicht da war.
 

Stundenlang hocke ich jetzt schon auf meiner Couch und grüble darüber wo Meto sein könnte. Irgendwie ist es dumm. Trotzdem kann ich nicht verhindern, dass meine Gedanken an ihm kleben bleiben. Wo kann er nur sein? Ob ihm etwas passiert ist? Wieso mache ich mir überhaupt Gedanken darüber?
 

Plötzlich höre ich laute Stimmen im Haus. Ich stelle fest, dass ich auf meiner Couch liege. Ich muss eingeschlafen sein. Mich aufrichtend, sehe ich an die Uhr. Es ist bereits 3 Uhr morgens. Wieso zum Teufel ist es um diese Uhrzeit so laut im Haus?

Langsam gehe ich zu meiner Wohnungstür und sehe durch den Spion. Mein Nachbar ist in heller Aufregung. Ich runzle die Stirn und sehe weiter nach draußen. Auf einmal sehe ich, dass jemand vor ihm auf dem Boden kauert. Langes, schwarzes Haar…Meto!

Ich reiße meine Tür auf und gehe zu den beiden. Sofort zetert mein Nachbar weiter. Meto scheint bei ihm geklingelt zu haben. Aber wieso? Noch nie hat er jemanden aus dem Haus belästigt. Wieso sollte er ausgerechnet heute damit anfangen?

Ich sehe zu Meto. Wie ein kleines Häufchen Elend hockt er da. Ich hocke mich zu ihm und spreche ihn an. In einem ruhigen Ton möchte ich von ihm wissen, was los ist. Er sagt nichts, sieht mich nur verstört an. Irgendetwas ist anders als sonst.

Überrascht sehe ich ihn an, als er auf einmal Schluckauf bekommt. Jetzt kann ich es auch ganz deutlich riechen…Alkohol! Meto hat eine Fahne. Noch nie zuvor habe ich ihn trinken sehen.

Bei dem Schluckauf bleibt es leider nicht. Meto muss sich übergeben, was meinen Nachbarn nur noch mehr zum Schimpfen bringt. Ich besänftige ihn und sage, dass ich mich um das Problem kümmern werde. Daraufhin verschwindet er wieder in seiner Wohnung. Ich wende mich wieder Meto zu. Sein Erbrochenes hat sich auf seiner Jacke und in den Haaren verteilt. Jetzt tut er mir noch mehr leid, als sonst. „Komm Meto, wir gehen in meine Wohnung.“, sage ich leise. Ich schiebe meine Arme unter seine Achseln und ziehe ihn langsam hoch. Er tut nichts. Aber als wir stehen kommt er ins Wanken und hält sich dadurch automatisch an mir fest. Jetzt werde ich meine Sachen wohl auch mit waschen müssen.
 

Es kostet mich ziemliche Mühe ihn in die Wohnung zu bekommen. Er schwankt sehr stark. Und er hilft mir auch kein bisschen, ihn von der Stelle zu bekommen. Auf einmal höre ich etwas. Verwirrt sehe ich Meto an. „Meto leid.“, flüstert er ganz leise. Das ist das erste Mal, dass ich seine Stimme höre. Er sieht mich leicht ängstlich an und in seinen Augen glitzern Tränen. Immer wieder flüstert er diese zwei Worte. Das soll wohl bedeuten, dass es ihm leidtut. „Ist schon gut.“, sage ich besänftigend.
 

Er scheint mit dem ganzen Alkohol, in seinem Blut, vollkommen überfordert zu sein. Wahrscheinlich hat er das erste Mal in seinem Leben getrunken. Aber wieso? Vielleicht bekomme ich das noch aus ihm heraus.

Langsam schiebe ich ihn in mein Badezimmer. „Du solltest baden.“, erkläre ich ihm knapp. Ich stelle Meto neben dem Waschbecken ab, damit er sich festhalten kann. Dann lasse ich meine Wanne voll Wasser. Ich sehe zu ihm, doch er regt sich nicht. „Du musst dich ausziehen.“ Einen Moment lang sehe ich ihn an. Keine Reaktion.
 

Als genug Wasser in der Wanne ist, drehe ich den Hahn zu. Ich sehe wieder zu Meto. Er regt sich immer noch nicht. „Soll ich lieber rausgehen?“, will ich von ihm wissen. Keine Reaktion. Nicht einmal ein Kopfnicken, oder ähnliches. Ich seufze schwer und gehe einfach zur Tür, aber er schnappt sich den Ärmel von meinem Hemd. Unser Blick trifft sich. „Nicht gehen…“, murmelt er.

Ich trete vor ihn. „Meto, du musst dich ausziehen und dann in die Wanne. Ich werde deine Sachen mit waschen.“, erkläre ich ihm. Einen Moment lang steht er wieder nur regungslos da. Dann nimmt er meine Hände und führt sie zu seiner Jacke. „Meto ausziehen.“, murmelt er. Soll ich ihn jetzt etwa ausziehen?

Langsam öffne ich den Reißverschluss seiner Jacke. Plötzlich sieht mich ein kleiner Teddy aus seinen Knopfaugen an. Meto hat ihn mit in seinen Hosenbund gesteckt. Ich habe den Bären noch nie bei ihm gesehen. Vermutlich versteckt er ihn immer unter seiner Jacke. „Ruana-chan…“, flüstert Meto leise und sieht mich an. Der Bär heißt also Ruana. „Er ist wirklich süß.“, sage ich lächelnd. Und jetzt lächelt auch Meto.
 

Als ich den Teddy aus seiner Hose ziehe und ihn auf die Toilette setze, beobachtet Meto mich genau. Das Stofftier scheint sehr wichtig für ihn zu sein. Der Bär wirkt schon sehr alt. Das Fell ist schmutzig und abgegriffen. Zum Glück hat Meto ihn nicht noch aus Versehen angekotzt.

Nachdem ich den Bären sicher verstaut habe, wende ich mich wieder Meto zu. Ich helfe ihm aus seinen Klamotten und dann dabei in die Wanne zu steigen. Da er wieder keine Reaktion zeigt, nehme ich meinen Badeschwamm und beginne Meto zu waschen. Er schließt die Augen und scheint das zu genießen. Es ist sicher schon sehr lange her, dass er richtig gebadet hat. Er wird sich sonst sicher auf öffentlichen Toiletten waschen.

Zum Schluss befeuchte ich vorsichtig sein Haar und gebe dann etwas Shampoo hinein. Ich reibe sein Haar damit ein und massiere etwas seine Kopfhaut. Jetzt fällt mir auch zum ersten Mal auf, dass sein linkes Ohr ebenfalls gepierct ist.

„Du solltest in Zukunft die Finger vom Alkohol lassen. Dann passiert so etwas auch nicht wieder.“ Meto sieht mich schuldbewusst an. „Wieso hast du getrunken?“, möchte ich von ihm wissen. Er denkt einen Moment nach. „Andere Männer…Meto trinken.“, sagt er dann. „Andere Männer?“, frage ich verwirrt nach. Meto nickt. Ich überlege, was das bedeuten könnte. Wahrscheinlich haben ihn ein paar Penner oder irgendwelche andere Typen dazu animiert zu trinken. „Aber dir hat keiner weh getan?“ Er schüttelt mit dem Kopf. Das beruhigt mich etwas. Andererseits macht es mich auch etwas wütend, weil sie ihn sicher nur abgefüllt haben, um sich über ihn lustig zu machen.
 

Nachdem ich ihm die Haare ausgespült habe, helfe ich Meto wieder aus der Wanne. Er bekommt sofort eine Gänsehaut. Wirklich warm ist es in meinem Bad auch nicht, stelle ich jetzt fest. Ich wickle Meto in ein großes Handtuch. Als ich mit ihm den Raum verlassen will sträubt er sich und sieht zu seinem Teddy. „Wir nehmen ihn mit.“, sage ich und nehme den Bären in die Hand. Jetzt lässt Meto sich auch problemlos in mein Wohnzimmer führen. Es scheint ihm jetzt auch schon um einiges besser zu gehen.

Ich drücke ihn auf die Couch und setze den Bären neben ihn. „Warte kurz.“, sage ich und gehe in mein Schlafzimmer. Dort ziehe ich auch erst einmal mein Hemd aus. Ich streife mir ein Shirt über und suche für Meto ein Shirt und eine Boxershorts aus dem Schrank. Vor kurzem habe ich mir erst ein paar neue gekauft. Eine davon nehme ich mit ins Wohnzimmer.
 

Ich gebe Meto die Sachen in die Hand. Er lächelt mich dankbar an. Meto steht auf und zieht sich langsam an. „Du kannst in meinem Bett schlafen, wenn du willst. Ich nehme die Couch.“, sage ich zu ihm.

Er zupft ein bisschen an dem Shirt herum und sieht mich dann an. „Meto Bett.“, sagt er. Ich lächle leicht und nicke. „Genki Bett.“, sagt er dann plötzlich. Ich sehe ihn verwirrt an. „Nein, du kannst das Bett haben.“, erkläre ich ihm noch einmal. Er sieht mich an und scheint nachzudenken. Dann stellt er sich direkt vor mich. Als er spricht, zeigt er erst mit dem Finger auf sich und dann auf mich. „Meto...Genki...Bett.“, sagt er. „Wir sollen beide im Bett schlafen?“, frage ich ihn erstaunt. Meto nickt. „Okay, wenn das für dich in Ordnung ist.“ Wieder nickt er.
 

Es ist 4 Uhr morgens, als wir endlich im Bett liegen. Ich werfe einen kurzen Blick zu Meto. Er kuschelt sich mit seinem Teddy in die Decke. Ich muss schmunzeln. „Schlaf gut.“, sage ich zu ihm. Er sieht mich an und nickt.

Ich spüre, wie er sich an mich kuschelt, als er denkt, dass ich schlafe. Aber das ist schon okay.
 

Langsam schlafe ich dann auch wirklich ein. Frustrierend ist nur, dass ich in 3 Stunden bereits wieder aufstehen muss.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2013-08-25T21:48:46+00:00 25.08.2013 23:48
eine sehr gefühlvolle Geschichte, die schon sehr neugierig auf die Erzählung von Meto macht...
also bitte lass uns nicht so lange warten...
hat eben kurz vorm schlafen gut getan, sie zu lesen...
so bin ich etwas runter gekommen von den letzten hektischen Tagen...

Lieben Gruß Aya-chan60 ^_^
Von:  yuura
2013-08-25T20:51:10+00:00 25.08.2013 22:51
Oh Gott was ist das süß? Wie unschuldig und unbeholfen Meto wirkt? Oh nein der arme kleine o.o Es ist echt total rührend wie sich Genki um Meto kümmert. Schöne Idee, bin echt auf Metos Sicht gespannt. Ich finds echt gut geschrieben so mit der Ich Perspektive.
Oh man ich hätte so wie Genki Meto wohl auch irgendann zu mir genommen. Auf jeden Fall total süß, freu mich auf die Fortsezung ^.^
Lg yuura


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