Zum Inhalt der Seite

Sarus Sastre und der Krüstal der Ehwigkeyt

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Eine kleine Vorgeschichte (überarbeitet)

Pöh, mit einem leisen Knall schloss Sarus sein Schulbuch "Kräuterkunde im ersten Schuljahr" war das langweilig! Sehnsüchtig schaute er aus dem weitgeöffneten Fenster raus in den Garten und den nahen Wald. Er hasste es, hier eingesperrt zu sein. Blöde Regel, die es den Schüler verbot, alleine das Schulgelände zu verlassen. Sein guter Kumpel Choko war in England und Karat (über die Beziehung zu ihm dachte er im Moment besser net nach) war seit einigen Tagen unauffindbar. So ein paar freie Tage mitten im Semester waren schon net schlecht, dumm nur, dass er nicht auch Hause fahren konnte. Nein, er saß hier allein auf seinem Zimmer der Salurischen Universität für Zauber-, Kampf- und Heilkunde fest.
 

Mißmutig stapfte Sarus in die Cafeteria, um sich mit einem Cappuccino zu trösten.

*snüf* Irgendwas roch hier anders. Nicht unangenehm, aber fremd. Wie hm, Wald und Wiesen und Wasser und viel frische Luft. Suchend schaute er sich um. Viel los war hier ja nicht, bei dem Wetter, nur dort in der Ecke hockten zwei Lehrer. Den einen kannte er, Geschichte in den oberen Klassen. Angenehmer Typ, der einem nicht dauernd seine Zauberkünste vorführen wollte. Und dazu Schwarm aller Oberklässler. Und der andere? Sarus guckte nochmals hin. Nöh war kein Lehrer, war'n Mädchen. Na, das würde einige gebrochene Herzen geben ^^ Sarus zuckte mit den Schultern, ging ihn eh nix an.
 

Er schlurfte zum Automaten, um endlich an seinen Cappuccino zu kommen. Aber das blöde Ding wollte nicht so recht. Wütend trat Sarus dem Automaten in die Seite. Rumms. Öh, peinlich, die beiden schauten vom Tisch herüber und dann stand das Mädchen auf und kam rüber.

"Ist ein Problem mit der Wasserleitung," erklärte sie und legte eine Hand an die Seite des Geräts. Plötzlich fauchte und prustete es los und durch den Raum wehte ein köstlicher Cappuccino-Duft. Grüne Augen zwinkerten vergnügt und dann ließ sie ihn mit seinem Capuccino stehen...
 

Aus purer Gewohnheit nahm sich Sarus einen Glückskeks. Selbstverständlich glaubte er nicht an die Dinger. Trotzdem brach er ihn ordentlich entzwei. Und während er sich einen Teil in den Mund steckte, las er, was auf dem Zettel stand: "Eine unerwartete Reise steht ins Haus". Na bitte, da haben wir's! Als er die Cafeteria verließ, warf er seinen ,Glückskeks' zu einem ordentlichen Ball zusammengeknüllt in den Mülleimer.
 

Langsam schlappte er durch die große Halle. Was konnte er jetzt unternehmen? Mal seh'n, ob was Neues am schwarzen Brett stand. Das schwarze Brett hieß nur noch so, denn eigentlich war es eine megagroße, silbermattlackierte Magnetwand, aber von dem Begriff kam man einfach nicht los

Die üblichen Sachen hingen da, Schulordnung, Stundenpläne, Reinigungsdienst, Ferienjobs ....

Moment mal, Ferienjobs, was war denn das?
 

WALDELFE SUCHT HILFE FÜR INVENTUR.

UNTERKUNFT UND VERPFLEGUNG KOSTENLOS, KLEINES TASCHENGELD, NACHMITTAGS FREI.

INTERESSENTEN MELDEN SICH BITTE BEI AYDEN GRAY
 

DAS hörte sich irgendwie gut an. Waldelfe = Wald? Und nachmittags frei? Ein so genannter Teilzeitjob also.
 

Das könnte doch was sein, hier war ja nix los, waren alle in den Ferien. Warum nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden, oder geht der Spruch anders rum?
 

Sicherheitshalber nahm er den Zettel vom schwarzen Brett. Schließlich sollte ihm keiner zuvorkommen. Hm. Ayden Gray, war das nicht der Lehrer von vorhin?
 

Sarus machte sich auf den Weg zum Büro von Ayden. Je näher er kam, desto fester entschlossen war er, den Job zu bekommen. Nicht nur wegen dem Geld, sondern auch, um hier raus zukommen (Sarus hatte absolut nichts gegen die Schule, aber allein hier rumzuhocken könnte einem schon auf den Wecker gehen).
 

Klopf, klopf, höflich pochte er an die Tür. Dieser Ayden musste direkt dahinter gestanden haben, denn er öffnete sofort.
 

Ups war der groß! Sarus musste fast den Kopf in den Nacken legen, um ihn anschauen zu können. Wow, was für tolle Augen! Kein Wunder, dass die ganze Oberklasse für ihn schwärmte. Dunkelgraue Augen mit goldenen Sprengeln, die ihn ansahen. IHN! Freundlich aber auch irgendwie fragend. Äh, was wollte er denn hier? Der Zettel in seiner Hand fiel ihm ein.
 

"Ich möchte mich für den Ferienjob bewerben," sagte er entschlossen. Hoffentlich war er noch frei, also der Job.

Ayden legte den Kopf zur Seite und schaute Sarus nachdenklich an. Dann lächelte er.

"Du bist Sarus Sastre, nicht war? Na dann komm mal rein."
 

Der erste Eindruck von Ayden's Büro war Licht. Jede Menge Licht. Es war so strahlend hell, dass Sarus seine empfindlichen Augen erst mal zukneifen musste. Deshalb bemerkte er zuerst ihren Duft von Wald, Wasser, Luft, bevor er sie sah, das Mädchen von vorhin. Sie saß auf der Fensterbank und ließ die Beine baumeln.
 

"Wegen dem Job musst du mit Leyanne sprechen." Ayden schob ihn näher ans Fenster ran. Jetzt war Sarus aber enttäuscht. DIE da war doch niemals eine Waldelfe! Nie im Leben! Und überhaupt, wer war die eigentlich. Misstrauisch wanderte sein Blick von ihr zu Ayden.
 

"Leyanne, das ist Sarus Sastre aus der 1. Klasse," stellte Ayden ihn vor.

"Sarus, das hier ist meine Schwester, Leyanne Ayden".

SCHWESTER? Also die beiden hatte so gar keine Familienähnlichkeiten, oder doch?

Ayden Gray war groß, mit dunkelbraunen kurzen Haaren und den dunkelgrauen goldgesprengelten Augen und wuuuuunderschön.

Leyanne Ayden war groß, mit rotbraunen kurzen Haaren und grünen Augen und bestenfalls drollig zu nennen.

Bruder und Schwester hatten beide dieses humorvolle Etwas in den Augenwinkeln und was ihnen Sarus hoch anrechnete, war, dass sie, obwohl garantiert magisch begabt, ihm nicht gleich über seine (nichtvorhandenen) magischen Fähigkeiten ausquetschten. Da hatte er schon die tollsten Sachen erlebt. Und wenn er die Augen schloss und seine anderen Sinne einsetzte, und auch wenn er immer noch nicht wusste, wie eine Aura aussah, so hatte er doch das, was man Instinkt nennt und der sagte ihm, dass diese beiden von der gleichen Art waren (auch wenn wir noch nicht wissen, was für eine das eigentlich ist)
 

O.k. er akzeptierte, dass die beiden Geschwister waren und er konnte sich durchaus vorstellen, mit einem der beiden zusammenzuarbeiten (wobei ihm Ayden lieber wäre ^^, aber das war wohl eher unwahrscheinlich). Etwas verspätet verbeugte er sich leicht vor Leyanne. Diese erwiderte den Gruß.
 

"Du bist ein Wolfling, nicht wahr?" fragte sie ihn freundlich. Wieder wanderte sein Blick misstrauisch von einem zum anderen, aber er konnte keinen Argwohn feststellen.

"Wäre das ein Hindernis?", fragte er steif. Lachend schüttelte Leyanne den Kopf.

"Wenn das, was ich über Wolflinge weiß, stimmt, dann bist du perfekt für den Job," meinte sie. "Eine Freundin braucht Hilfe bei der Arbeit im Wald. Sie ist Hüterin des Waldes von Ansdom. Warst du schon mal dort?" Sarus schüttelte den Kopf. Der Wald von Ansedom, nicht dass er noch nie etwas darüber gehört hatte, aber dort gewesen war er noch nicht. Der Job würde interessant werden. Wenn er ihn bekam!
 

Leyanne hatte mit Ayden einen Blick gewechselt. Dieser nickte kaum merklich.

"Also gut, wenn du willst, hast du den Job. Ayden klärt das mit der Schule. Besonders reich wirst du nicht werden," sie zwinkerte mal wieder mit den Augen, "aber du hast Unterkunft und Verpflegung frei und wie gesagt, nachmittags kannst du machen, was du willst." Leyanne streckte die Hand aus. Ohne groß nachzudenken, schlug Sarus ein.
 

In seinem Zimmer packte er schnell das Nötigste zusammen, oben drauf noch das Kräuterbuch, wer weiß, womöglich konnte man sich vor Ort weiterbilden. Auf seinem Schreibtisch legte er eine kleine Notiz, vielleicht suchte Karat ja doch nach ihm, oder Choko kam früher als erwartet zurück, dann wussten die, wo er war. Mit seiner Reisetasche machte er sich wieder auf den Weg zu Aydens Büro. Dabei überlegte er, wie sie eigentlich nach Ansedom kommen sollten, denn wenn er sich richtig erinnerte, dann lag es nicht gerade nebenan.
 

Im Büro war alles wie vorhin. Ayden öffnete die Tür und Leyanne saß auf der Fensterbank und baumelte mit den Beinen.

"Hast du alles?" wollte sie wissen.

"Jawoll," Sarus klopfte auf seine Tasche. Sie hüpfte von der Fensterbank, trat zu ihnen und Bruder und Schwester umarmten sich zum Abschied. Sarus wurde richtig neidisch. Auf Leyanne. Aber dann kam Ayden, ergriff seine Hand und schüttelte sie kräftig. Sarus schluckte. Komisch, wollte er wirklich hier weg?
 

"Am besten, wir starten von hier aus," meine Leyanne fröhlich. Ayden verzog das Gesicht.

"Muß das sein?" wollte er wissen. Sarus war happy. ER wollte nicht, dass er ging. Aber Leyanne lachte nur und streckte die Hand aus. So wie man sie unter dem Regenschirm hervorstreckt, um zu sehen, ob es noch regnete. Wo sollte denn hier bitteschön Regen herkommen, fragte sich Sarus. Aber dann entstand doch tatsächlich vor dem Fenster ein Wasserfall. Nicht gerade die Niagarafälle, aber es war unbestreitbar ein Wasserfall. Ayden sah gespielt ärgerlich auf die Wassermengen, die auf seine schönen Fliesen platschten, aber Leyanne schien das nicht zu kümmern. Sie ergriff Sarus Hand.

"Schließ bitte die Augen und öffne sie erst wieder, wenn ich es dir sage," bat sie ihn.

"Hab keine Angst," beruhigte ihn Ayden, "das ist ganz ungefährlich. Das ist etwas, das lernen bei uns die kleinen Kinder." Bei und? Wer war uns. Aber bevor Sarus fragen konnte, ging Leyanne auf den Wasserfall zu und zog ihn mit sich. Gehorsam schloss er die Augen. Er spürte noch, wie das Wasser auf ihn herabplätscherte, ihn umfing und dann ...
 


 

... gar nichts mehr.
 


 


 


 


 

Dunkel - warm - Dunkel
 

Und dann nur noch dämmrig, grünes Licht und alles so weich.

War das Ansedom?
 

Gekicher? Mädchen! Das konnte doch nicht Ansedom sein.

Sarus beschloß, sich davon zu überzeugen und öffnete die Augen. Über ihm wölbte sich eine schön bemalte Decke. Sie zeigte eine Waldszene mit vielen Tieren, war richtig hübsch.

Sarus richtete sich ein wenig auf. Er lag in einem weichen, gemütlichen großen Bett. Dieses stand in einem halbrunden, dämmrigen Raum. Ihm gegenüber war keine Türe, sondern nur ein breiter grüner Vorhang, der das Bett vom Rest des Raumes abtrennte. Durch einen Spalt im Vorhang lugte ein blaues Auge, darüber eine blonde Haarsträhne. Gerangel vor dem Vorhang, jetzt guckte ein violettes Auge durch den Spalt. Das hätte ja ganz interessant sein können, wenn die nicht alle IHN anstarren würden. Hatten die denn noch nie einen Wolfling gesehen? Er beschloss, ihnen den Spaß zu verderben und verkroch sich wieder in Decken und Kissen.

Er wurde mit einem enttäuschten "Ooooch" belohnt.
 

Plötzlich klatschte jemand vor dem Vorhang in die Hände.

"Los, Kinder, raus an die Sonne, er ist ja nachher auch noch da," verlangte eine warme dunkle Stimme, die ihm irgendwie bekannt vorkam. Dann hörte er, wie der Vorhang aufgezogen wurde und er setzte sich im Bett auf. Für eine beglückende Sekunde lang glaubte er, Ayden wäre gekommen, um ihn zu retten (vor den Mädels). Aber dann kam die Gestalt näher und er sah, dass es eine große, schlanke Frau war. Die langen, dunkelbraunen Haare waren zu einer kunstvollen Frisur verflochten. Sie trug eine lange, dunkelblaue Robe mit silbernen Verzierungen. Ihre dunkelgrauen Augen musterten ihn freundlich.

"Hast du gut geschlafen?" wollte sie wissen. Sarus konnte nur nicken.

"Es geht vielen so, dass sie ganz erschöpft sind, wenn sie durch die Pforte kommen," versicherte sie ihm. Dann lächelte sie ihn an.
 

"Ich bin Talana Gray! Willkommen auf unserer Insel."

Sarus konnte gar nicht richtig denken. Pforte? Insel? Wo war er denn? Das einzige, was er mitbekommen hatte, war, dass diese Frau wohl auch eine Verwandte von Ayden war.

Richtig erleichtert war er, als Leyanne hinter Talana auftauchte. Hätte er nicht gedacht, dass er sich mal freuen würde, sie zu sehen.

"Gut geschlafen?" wollte auch sie wissen und reichte ihm einen Becher. Dankbar nahm Sarus einen Schluck. Das konnte er jetzt gebrauchen. Hm, lecker, so reines Quellwasser hatte er schon lange nicht mehr gekostet.
 

Weil der Vorhang jetzt offen war, konnte er auch den Rest des Raumes sehen und schaute sich neugierig um. Er befand sich in einer (mehr oder weniger) runden Hütte, die durch den Vorhang geteilt wurde. In der einen Hälfte standen das Bett und eine wunderschön verzierte Holztruhe, in der anderen Hälfte konnte er einen Stehpult sehen, einen Schreibtisch, ein bequemes Sofa und dazu ein Tischchen. Wer immer in diesem Häuschen wohnte, er hatte einen guten Geschmack. Nicht nur die Decke war bemalt, auch an den Wänden hingen ein paar schöne Bilder und über dem Sofa lag ein wunderschön gewebter und gefärbter Überwurf.
 

Leyanne saß immer noch neben ihm auf dem Bettrand. Talana stand vor dem Vorhang und schlüpfte gerade aus ihrer Robe. Sarus lehnte sich vertraulich zu Leyanne

"Deine Schwester ist wunderschön," flüsterte er leise. Aber nicht leise genug. Talana lachte. Warm und freundlich.

"Das war hübsch," lobte sie ihn, während Leyanne verschmitzt grinste. "Aber Leyanne ist meine Tochter," klärte sie ihn auf.
 

Mutter und Tochter? Also er hatte ja schon schwer daran zu schlucken gehabt, dass Ayden und Leyanne Geschwister waren, aber das hier! Talana war nur ein paar Jahre älter als Leyanne, also niemals biologisch alt genug um die Mutter zu sein (ihr versteht was ich meine). Wo war er hier gelandet?
 

Talana hatte die Robe ausgezogen und legte sie sich ordentlich über den Arm. Irgendwie war er enttäuscht, denn darunter trug sie eine leichte Tunika und HOSEN! Sie streckte ihm die Hand hin.

"Dann komm mal mit, wir wollen schauen, was es zum Abendessen gibt," forderte sie ihn auf. Sarus verließ nur zögernd das Bett. Irgendwie war das schon unheimlich. Neben der Truhe stand seine Tasche und er nahm sich sicherheitshalber einen warmen Pullover mit.
 

"Wenn wir Glück haben, gibt es heute Fisch," freute sich Leyanne. "Von Talana höchstpersönlich gefangen, da hätte ich keine Geduld dafür."

"Ja," neckte Talana die Tochter, "Du würdest den Fluss darum bitten, dir die Fische vor die Füsse zu werfen und er würde das auch noch tun."

"Klar," grinste Leyanne jetzt ganz breit. "Gelernt ist halt gelernt."
 

Leyanne öffnete die Türe des kleinen Hauses und Sarus folgte den beiden nach draußen...
 


 


 

Und wieder wachte Sarus an einem fremden Ort auf. Aber diesmal wusste er wenigsten, wo er war: In der kleinen Kammer in der Waldhütte der Waldelfe Faye. Faye Seth. Gestern Abend waren sie sehr spät hier angekommen. Was für ein verrückter Tag!
 

Sarus verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Draußen ging gerade erst die Sonne auf. Die ersten Vögel zwitscherten. Er konnte noch ein wenig liegen bleiben. Sein Dienst fing erst später an.
 

Er konnte es immer noch nicht glauben. Er war auf Avalon gewesen. Besser noch, er hatte sogar die Herrin kennengelernt. Aber irgendwie war alles anders gewesen, wie er sich das vorgestellt hatte oder was er darüber gehört hatte.
 

Am meisten hatte sie sich über seine Vorstellung amüsiert, man könne die Insel nur mit einem Boot durch die Nebel erreichen. Alles nur Show. Eine einfache Dusche oder ein normaler Badezimmerspiegel genügten schon als Pforte. Und in der Tat hatte es schon Menschen gegeben, die unfreiwillig auf diesem Weg nach Avalon gekommen waren. Aber es kam selten vor und diese Menschen wurden immer sehr freundlich begrüßt und in ihre Welt zurückgeschickt. Ihre Erinnerungen an Avalon wurden in einen wunderschönen Traum verwandelt (und selbstverständlich wurde dafür gesorgt, dass sie nie wieder nach Avalon zurück finden würden)

Denn das Avalon, dass Sarus kennengelernt hatte, hatte sogar keine Ähnlichkeiten mit dem, was wir uns darunter vorstellen. Eigentlich gab es kaum einen Unterschied zu den Dörfern, die Sarus auf seinen Wanderungen kennengelernt hatte. Die Menschen hier ernährten sich von Fisch und Wild, hielten sich Kühe und Schweine und betrieben Ackerbau. Tatsächlich gehörten auch die Ländereien auf der anderen Seite des Sees zur Insel.

Sie liefen hier auch nicht den ganzen Tag in wallenden Roben herum, sondern trugen praktische bequeme Kleidung in vielen bunten Farben.
 

Sarus hatte neben Talana sitzen dürfen und er war sich absolut sicher, dass sie die momentane Herrin vom See war. Er hatte Fisch gegessen, den sie gefangen hatte und sie hatte geduldig all seine Fragen beantwortet, Natürlich hatte er versprechen müssen, mit keiner Menschenseele darüber zu sprechen (und ihr wollt doch nicht, dass er sein Wort

bricht, oder?)
 

Sarus war noch einmal eingenickt. Er wachte erst wieder auf, als er es in der Küche rumoren hörte. Frühstück! Kaum zu glauben, dass er schon wieder Hunger hatte, nach den Portionen, die er gestern verdrückt hatte.
 

Mit einen fröhlichen "Guten Morgen" tauchte er in der Küche auf. Munter wurde sein Gruß erwidert. Faye brühte gerade Tee auf und Leyanne deckte den Tisch. Sarus schnappte sich schnell ein Handtuch und ging nach draußen, um sich am Brunnen zu waschen. Uh, war das kalt, aber gut.
 

Während sich Sarus noch die zweite Portion Rührei mit Speck nahm, fingen Faye und Leyanne schon mit den Arbeitsvorbereitungen an. Faye gab die Ergebnisse vom Vortag in den Computer ein und Leyanne bereitete schon mal die Tabellen für die heutige Zählung vor.
 

Inventur im Wald von Ansedom.

Das bedeutete, dass jeder Rehkitzfleck, jedes Büschel Glücksklee und jede Blitzeiche gezählt und eingetragen werden musste.
 

Faye zählte Tiere und Leyanne war unterwegs, um alle Pflanzen und Bäume zu erfassen. Sarus wusste jetzt, warum er so geeignet für den Job war, denn seine Aufgabe würde es sein, sich um alles zu kümmern, was des Nachts krauchte + fleuchte. Kurz, Sarus war hier, um Eulen und Fledermäuse zu zählen.
 

Und weil er gerade erst frühstückte und sich die Viecher immer erst nach Sonnenuntergang zeigten, bedeutete dies, dass er jetzt den ganzen Tag machen konnte, was er wollte.
 


 

Faye und Leyanne gingen an die Arbeit. Sie hatten den ganzen Wald in so genannte Planquadrate aufgeteilt und klapperten jeden Tag ein Gebiet ab (wobei Leyanne definitiv den einfacheren Part hatte, weil es sich die Bäume im Wald von Ansedom noch nicht angewöhnt hatten, sich auf Wanderschaft zu begeben).
 

Sarus beschloss, Leyanne zu begleiten, Vielleicht bekam er ja ein paar seltene und interessante Pflanzen und Kräuter zu Gesicht (Zwischenbemerkung: Ihr erinnert euch? Kräuterkunde im ersten Schuljahr? Ja, gut, dann geht's weiter).
 

Es war ein wunderschöner Tag. Sarus hatte so richtig das Gefühl, mit seinem Ferienjob das große Los gezogen zu haben.
 

Als sie auf eine Herde Glockenblumen stießen, die munter vor sich hinbimmelten und Leyanne anfing, jede Glocke einzeln zu zählen, fand Sarus, dass es an der Zeit war, sich selbständig zu machen.

Es war wirklich ein schöner Tag. Die Sonne schien, die Vögel zwitscherten, die Bächlein murmelten, also grad so wie immer im Wald von Ansedom. Sarus wanderte ohne Ziel kreuz und quer durch den Wald, um sich schon mal mit ihm anzufreunden, denn wenn er dann nachts unterwegs war, wollte er nicht grad gegen jeden zweiten Baum knallen. Sarus fühlte sich, 'tschuldigung, pudelwohl. Zu seinem Glück fehlte jetzt eigentlich nur noch eines ...
 

Auf der nächsten Lichtung stoppte Sarus. Da lag einer. Vorsichtig ging Sarus näher. Könnte doch sein, dass was passiert war. Aber eigentlich sah das nicht so aus. Picknickkorb, Pappteller und eine Flasche Wein sprachen eine deutliche Sprache. Sarus blieb stehen. Himmel sah der toll aus. Wie hin gegossen lag er da und seine seidigen schwarzen Haare waren auf dem weichen Waldboden wie ein Fächer ausgebreitet. Ganz sacht hob und senkte sich der flache Bauch. Sarus konnte sich gar nicht satt sehen. Vorsichtig zog er sich in das Dickicht zurück, um ihn in Ruhe zu beobachten. Fast den ganzen Mittag saß er da und ließ den Mann auf der Lichtung nicht aus den Augen. Einen gesunden Schlaf hatte der, musste man schon sagen. Erst als Sarus aus der Ferne Stimmen hörte, machte er sich auf den Rückweg. Schade, er hätte gerne seine Augen gesehen.
 

Am Abend war Sarus mit seiner Liste unterwegs, um mit der Zählung zu beginnen. Er hatte schon ein paar große Mausohrfledermäuse entdeckt und zwei braune Langohren. Faye war sich sicher, dass auch ein Rudel Zwergfledermäuse im alten Wachturm am Waldesrand hausten. Etwas leichter waren die Eulen und Käuze zu identifizieren. Besonders häufig waren die Schleiereulen vertreten, aber Sarus hatte auch schon ein paar Zwerohreulen gezählt und einige Rauhfußkäuze. Er war selig. Das war wirklich ein Ferienjob nach seinem Geschmack.
 

Am nächsten Tag schlief Sarus bis Mittag. Faye und Leyanne waren von ihren morgendlichen Touren schon zurück und ergänzten die Statistiken im Computer. Stolz sah Sarus zu, wie Faye seine Fledermäuse eingab.
 

Sie waren gerade bei einem kleinen Imbiss, als sie draußen Pferdegetrappel hörten. Wer konnte das sein? Die Frage ließ sich leicht beantworten, man musste nur vor die Türe gehen. Für einen Moment stockte Sarus der Atem. Das war doch der göttliche Kerl von gestern. Auch hoch zu Roß machte er eine tolle Figur. Sarus hielt den Atem an, aber leider gönnte er ihm nicht mal den allerkleinsten Blick. Mist, er schaffte es nicht, ihm in die Augen zu sehen, dabei hätte er zu gerne gewusst, was für eine Augenfarbe er hatte. Das einzige was er sehen konnte, war der kühle Blick.
 

Gelangweilt ließ Vivlest von Karanest seinen Blick über die kleine Gruppe vor der Waldhütte schweifen.

"Grüße, Waldelfe Faye" sagte er kühl. "Und, klappt alles mit der Inventur?" Faye musste sich erst mal räuspern, bevor sie sprechen konnte. Sarus konnte ihr das voll nachempfinden. Ja, mit der Inventur würde alles gut laufen und dank der Unterstützung ihrer Helfer würden sie morgen oder übermorgen fertig werden. Sie, also Faye, würde dann die komplette Inventurliste direkt an das Sekretariat von Burg Karanest mailen. Vivlest nickte geistesabwesend.
 

So wichtig war die Inventur nun wieder auch nicht. Mit einem kurzen (wirklich kurzen Gruß) wendete er sein Pferd und ritt mit seinen Offizieren Frey und Lutes (deren Anwesenheit Sarus kaum zur Kenntnis genommen hatte) in den Wald zurück.
 

"Seufz" fasziniert blickte Sarus Viv hinterher.

"Seufz" gab es hier ein Echo? Sarus schaute sich um und sah, dass Faye ebenfalls, mit einem sehr melancholischen Blick, der Gruppe nachschaute. Och, die Ärmste. Sarus wusste, wie das war, unglücklich verliebt zu sein. Aber während er sich erst gar keine Illusionen über ein Leben mit Vivlest zu machen brauchte, so hatte Faye doch zumindest den Hauch einer Chance, oder nicht? Schließlich waren sie beide Elfen und es gab da auch nicht das Problem, dass 2 Männer ... äh. Sarus beschloss, mit Leyanne zu sprechen. Die müsste da doch etwas tun können.
 

Leyanne zählte heute Bäume. Auf einer Lichtung mit Birkenschösslingen, die sich an eine stolze Mama Birke schmiegten (ein wirklich idyllisches Plätzchen für ein Rendezvous - schade, dass die Schule so weit weg war), fragte Sarus, ob Leyanne Faye bei der Angelegenheit mit Vivlest nicht helfen könnte (hat halt ein gutes Herz, unser Wolfling). Die Antwort war, jetzt hob Sarus aber erstaunt die Augenbraue, ein abgrundtiefer Seufzer. Leyanne saß im weichen Gras der Lichtung, lehnte sich an Mama Birke und einer der Birkenschösslinge versuchte, auf ihren Schoß zu krabbeln. Gedankenverloren streichelte sie den kleinen Baum.

"Weißt du Sarus, Faye ist unsterblich verliebt in Vivlest. Ihr größter Wunsch ist es, dass er sich auch in sie verliebt und sie immer und ewig zusammenbleiben. Ich hab schon so viel versucht, um diesen Wunsch zu erfüllen und jedes Mal geht es schief."
 

Leyanne erfüllte Wünsche? Also irgendwie hatte sich Sarus eine Wunschfee aber anders vorgestellt, zierlicher, feiner, Bonbonrosa und Zuckersüß. Aber wer weiß?

Am liebsten hätte Sarus ihr jetzt gleich seinen Herzenswunsch ans Herz gelegt, aber nach einem Blick auf ihr bekümmertes Gesicht fand er, dass das ein wenig warten konnte. Leyanne nahm es sich offensichtlich sehr zu Herzen, dass sie den Wunsch der Waldelfe nicht erfüllen konnte. Sarus zerbrach sich den Kopf, womit er helfen könnte, aber ihm fiel einfach nichts ein.

"Und dabei wären sie so ein schönes Paar", meinte er traurig.
 


 

Sarus war wieder in der Schule. Choko war wieder da und Karat und sogar Tzaphirion ließ sich dazu herab, mit ihm zu reden. Und es gab so viel zu erzählen. Begeistert erzählte er von seinem Ferienjob in Ansedom und dass er nächstes Jahr wieder bei der Inventur helfen würde. Besonders stolz war er, dass er es gewesen war, der die kleinen Hufeisennasen entdeckt hatte (Fledermäuse - die gibt's wirklich - ehrlich). Er erzählte von Faye, schwärmte von Vivlest. Manchmal dachte er an sein Gespräch mit Leyanne auf der Birkenlichtung und wurde ein bisschen traurig, aber nicht lang. Dafür war das Leben doch viel zu schön und es war für ihn der Beweiß, das es gar nicht so schlimm war, keine Magie zu haben, denn Magie kann doch nicht alles.
 

Nur über eines redete er nie.
 

Sarus erzählte keiner Menschenseele von Avalon und Talana. Auch Ayden Gray gegenüber machte er nicht die allerkleinste Bemerkung, der war für ihn einfach nur ein Lehrer, der ihm einen tollen Ferienjob vermittelt hatte (und für den man ein bisserl schwärmen konnte). Ayden schmunzelte manchmal, wenn er Sarus sah. Wisst ihr warum?
 

Sarus konnte gar nichts über Avalon erzählen, weil er sich nämlich nicht mehr daran erinnerte, jemals dort gewesen zu sein. Wie für alle anderen, so waren Avalon und seine Herrin für Sarus wieder in den Nebeln über dem See entschwunden.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Beldaran
2003-11-06T16:37:25+00:00 06.11.2003 17:37
(Hier (endlich..) der 'richtige' Kommentar *g*)

Diese Vorgeschichte ist in sich stimmig, abgerundet und klasse geschrieben. Besonders durch die Kommentare in den Klammern, aber auch sowieso durch den Stil, in dem erzählt wird, wirkt sie niedlich und sehr locker, so als würde Mama am Bett sitzen und eine tolle Gute-Nacht-Geschichte erzählen und gar nicht so, als würde ich in einem hochseriösen Buch lesen (die sind immer so ernst, die Bücher *g*).
Die Charaktere sind überzeugend, in der Geschichte werden alle Sinne angesprochen, jederzeit kann man sich die Umgebung gut vorstellen (wie sie aussieht aber auch, wie es riecht), obwohl gar nicht soviele, zumindest gar nicht auffällig, Details beschrieben werden.

So süsse Details, dass zb die Birkenschößlinge der Fayenne auf den Schoss krabbeln und sich streicheln lassen, habe ich beim erstem Mal lesen gar nicht alle mitbekommen.

Abgesehen von ein paar Rechtschreibfehlern habe ich auch gar nix zu korrigieren gefunden. ^^

Bel* :)
Von:  Beldaran
2003-09-24T20:55:40+00:00 24.09.2003 22:55
Also, das ist ja wirklich unheimlich süss. Und richtig gut geschrieben. Hach, wie schön :)
Nen richtigen Kommentar gibts aber erst später, jetzt les ichs erstmal ganz durch. *froi*


Zurück