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My beloved Family

Sweet Amoris FF
von

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Genüsslich legte ich meine Hände um seinen Hals und drückte langsam zu, als…

… dieser verdammte Wecker losging!

Grummelnd griff ich nach dem Mistding, bis ich es endlich erwischte und verstummen ließ.

Um noch weiter zu schlafen, wollte ich meine Decke über den Kopf ziehen. Leider bewegte sie sich nicht so, wie sie sollte.

Murrend öffnete ich erst ein Auge und dann das Zweite.

Zwei goldene Augen blinzelten mich mindestens so müde an. Wie ich mich fühlte.

“Ach verdammt!” Leise vor mich hin fluchend drehte ich mich weg und fiel prompt aus dem Bett.

Jippy! Ich liebe mein Leben!

Jetzt, wo ich immerhin schon mal aus den warmen Laken heraus war, konnte ich auch gleich ganz aufstehen.

Und so begann mein Morgenritual. Als Erstes riss ich das Fenster auf und atmete tief durch. So etwas belebte doch den Geist.

Ich drehte mich wieder um, ließ das Fenster allerdings offen.

Flüchtig sah ich auf mein Bett und seufzte. “Katze müsste man sein.”

Tatsächlich räkelte sich besagte Katze auf dem noch warmen Bett.

Noch einmal seufzend öffnete ich meine Tasche und holte ein Handtuch hervor, bevor ich aus meinem Zimmer und in das Badezimmer trat.

Auch hier öffnete ich als erstes das Fenster und ließ die kühle Morgenluft herein.

Am Waschbecken klatschte ich mir eine Ladung Eiswasser ins Gesicht, bevor ich mich überhaupt traute in den Spiegel zu blicken.

Ein paar jadegrüne Augen sahen mich todmüde an. Na wen wunderte es, ich hatte höchstens vier Stunden geschlafen.

Gähnend fuhr ich mir durch die Haare, zumindest bis ich auf den ersten Knoten traf.

Ein Hämmern an der Tür ließ mich aufsehen.

“Orion! Andere wollen auch duschen! Mach hinne!”

“Is offen!” rief ich, bevor sie noch weiter meckern konnte.

Also, wenn ich wie tot aussah, sah sie aus wie die Hölle.

“Alb?”

“Du etwa nicht?” war ihre Antwort. Dabei hatte sie sich schon ihr Nachthemd über den Kopf gezogen und stand splitternackt vor mir. Aber nur kurz, denn schon war sie unter der Dusche verschwunden.

Ich öffnete den Badezimmerschrank und schloss ihn gleich wieder. Natürlich hatte den noch keiner eingeräumt. Wann auch? Wir waren noch keine 24 Stunden in dieser Bude.

“Duschst du kalt?”

“Türlich!”

Meine Boxer gesellte sich sehr elegant zu ihrem durch geschwitzten Nachthemd. “Rutsch mal.” und trat ebenfalls unter die Dusche.

Ohne zu meckern reichte sie mir ihr Duschbad. Wir hatten sowieso nut eins.

Oh man, wir mussten unbedingt einkaufen gehen.

Jetzt, da ich durch das kalte Wasser langsam richtig wach werde, bin ich auch bereit mich vorzustellen.

Mein Name ist Orion Star, ich bin noch für 2 ½ Monate 16 Jahre und wohne zusammen mit meinen drei jüngeren Schwestern zusammen. Gerade bin ich dabei, mir meine immerhin arschlangen mitternachtsschwarzen Haare zu waschen. Letzteres entpuppte sich als selten dämliche Idee, ich hätte sie vorher kämmen sollen.

Die holde Maid neben mir ist meine acht Monate jüngere und anderthalb Zentimeter kleinere Schwester Cassiopeia. Sie ist die Jüngste von uns.

Wir mögen zwar alle nicht blutsverwandt sein - zumindest die letzten fünf Generationen - aber wir waren Geschwister. Ehrenwort. Es gab sogar Dokumente, die das belegen.

Cassis blutrote Haare waren gerade ein heilloses Durcheinander, weshalb ihre saphirblauen Augen wütend aufblitzten.

Der nette Bruder, der ich war, nahm ihre Bürste und half ihr.

Nach einem kurzen Seitenwechsel wickelten wir uns notdürftig in unsere Handtücher.

Vor dem Spiegel versuchten wir unsere Augenringe mit Make-up zu überdecken, was uns auch halbwegs gelang. Jetzt noch etwas Kajal und zumindest ich war fertig.

Wieder zurück in meinem Zimmer schmiss ich als erstes meine Katze aus dem Bett. Das Fauchen, welches ich als Antwort erhielt, ließ mich grinsen. “Oh komm schon, Maja. Warum solltest du weiterschlafen dürfen und ich nicht?”

Mit hoch erhobenen Kopf und steil aufgerichteten Schwanz stolzierte sie aus meiner nur angelehnten Tür.

Da sag noch einer, Tiere verstehen uns nicht.

Erst nachdem mein Bett gemacht war, ließ ich meine Reisetasche darauf fallen und suchte meine Sachen für den Tag heraus.

Ein paar Socken und ne Boxer waren schnell gefunden und ebenso schnell angezogen. Als nächstes lernte erstmal mein Handtuch sehr elegant fliegen und landete auf der Fensterbank.

Schon kramte ich weiter und zog eine nachtschwarze Lederhose heraus. Sie saß wie angegossen und betonte meinen - laut meinen Schwestern absolut geilen - Hintern.

Frauen eben.

Ein Lederband wurde sofort in meine Haare verband und hielt diese zurück. Jetzt fehlte nur noch… Ah ha!

Ich förderte ein ebenso schwarzes Lederhemd zu Tage und schlüpfte rein. Ich liebte das Gefühl von Leder auf der Haut und glaubt mir, ich war nicht der Einzige.

Ich krempelte mir die Ärmel hoch und ließ zwei silberne Armreife um meine Handgelenke zuschnappen. Es folgte noch ein Lederband mit einem Pentagramm um den Hals, vier Ringe, sowie ein Uhrstecker mit einem Glöckchen welches tatsächlich bimmelte.

So ausstaffiert machte ich mich auf in die große Küche.

Eigentlich gab es in diesem Haus nur Drei-Zimmer-Wohnungen, aber ein bisschen Schmiergeld konnte viel bewirken.

Die Verbindungswand zwischen zwei der Wohnungen war herausgenommen worden und nun hatten wir eine große Küche und ein gigantisches Wohnzimmer. Dazu kamen zwei Bäder und vier Schlafzimmer, für jeden eins. Da wir von vornherein auf den obersten Stock - von immerhin fünf - bestanden hatten, war das Platztechnisch auch kein Problem.

In der Küche flog mir als erstes ein grüner Zopf fast an den Kopf. Na, da war ja schon jemand fleißig am werkeln.

Dieses giftgrüne Haar gehörte Lyra. Sie kam alterstechnisch gleich nach mir, mit nur elf Tagen Unterschied. Kurz lächelte sie mich an, bevor sie weiter Frühstück machte.

Ich spürte einen kleinen Stich im Herzen. Früher waren ihre Augen schokobraun gewesen, doch jetzt waren sie schwarz.

Den Gedanken daran abschüttelnd, machte ich mich an die Raubtierfütterung.

Da Dosen in unserem Haushalt nicht gerne gesehen waren, öffnete ich den Tiefkühlschrank und holte ein paar gefrostete Ratten hervor. Diese landeten in der Mikrowelle zum auftauen.

“Poisen! Runter vom Tisch!” hörte ich Lyra meckern.

Und tatsächlich sprang ihr roter Kater zurück auf den Boden und maunzte kläglich.

Aus dem Flur erklang ein aufgeregtes Kläffen und ein sechs Monate alter schneeweißer Welpe rannte auf Poisen zu. Sofort fingen die beiden Kindsköpfe an herumzutollen und zogen nur Sekunden später auch Maja in ihr Spiel mit hinein.

Durch die Tür folgte unser kleiner Engel mit platinblonden Haaren und fast gleichfarbigen Augen. Andromeda war fünf Monate jünger als ich und ging mir gerade mal bis zu den Augen.

Sie trug genauso wie Lyra ein schwarzes Lederkleid, nur war ihres fiel kürzer.

Na holla, die Waldfee, die Jungs an unserer neuen Schule würden Augen machen.

Die Mikrowelle plingte und prompt saßen drei Tiere wie die Orgelpfeifen vor mir und warteten auf ihr Fresschen.

Ein roter Blitz kam angeschossen und blieb quietschend neben den Anderen stehen.

Kopfschüttelnd verteilte ich die toten Tiere.

Mit einer weiteren Ratte in der Hand verschwand ich wieder in meinem Zimmer.

Eine honiggelbe Schlange mit schwarzem Muster hob ihren Kopf und züngelte aufgeregt herum.

Lachend hielt ich ihr die Ratte hin und streichelte sie vorsichtig. “Ich hab dich nicht vergessen, meine Schöne. Keine Angst.”

Serina biss in das tote Tier und nahm es mir so aus der Hand. Kurz sah sie mich mit schiefgelegen Kopf an, bevor sie ihr Fressen runter schlang.

Ich beobachtete sie dabei und strich ihr zum Schluss noch einmal über das Schuppenkleid.

Zurück in der Küche war auch Cassiopeia eingetroffen. Sie trug kein Kleid, sondern eine enge Lederhose und ein bauchfreies Shirt.

Na zum Glück war ich mittlerweile immun gegen diese geballte Weiblichkeit.

Wie gesagt, es gab bei uns eine Routine. Das Essen stand schon auf dem Tisch und die Mädels warteten nur noch auf mich.

Ich setzte mich zu ihnen, wir griffen uns an den Händen und schwiegen eine Minute. Erst dann begannen wir zu essen.

Lyra war die Erste, die das Wort erhob.

“Wir müssen nach der Schule auf jeden Fall einkaufen gehen. Das von gestern hat gerade noch für das Frühstück gereicht.”

Cassi nickte. “Wir gehen auf den Sommer zu und haben nicht einmal ne Packung Eis im Tiefkühlschrank.”

“Geschweige denn was zu trinken.” das kam verständlicher Weise von mir.

“Säufer!” hallte es mir dreifach entgegen.

Als ob mich das stören würde. So war ich eben.

Der Rest des Essens ging schweigend vorüber.

Lust hatten wir alle nicht.

Immer noch in Gedanken räumte ich den Geschirrspüler ein. Der Erfinder verdiente nachträglich noch einen Orden!

Während dieser Prozedur strich mir Poisen unablässig durch die Beine und Schnurrte. “Ich kann dich nicht mitnehmen. Die Schüler kriegen nen Herzinfarkt, wenn ich da mit ner Monsterkatze aufkreuze.”

Meine Geschwister fingen sofort an zu lachen. Es wäre bei uns wirklich nicht gut, wenn wir unsere Haustierchen mitnehmen würden.

Ich meine, eine 2,5 Meter Schlange? Wäre interessant.

Orion wischte noch schnell den Tisch ab, während er Andy diktierte, was wir auf jeden Fall brauchen würden. Geschirrspültaps zum Bleistift.

Erst als auch Cassi und mir nichts mehr einfiel, holten wir unsere Schultaschen. Sie waren jeweils nur mit ein paar Stiften, einem Block und unseren Musik- Playern ausgestattet. Das würde für den ersten Tag reichen müssen.

An der Tür gingen wir noch mal durch, ob auch alle Fenster geschlossen waren, während wir unsere Stiefel anzogen.

Wir griffen nach unseren Mänteln. Ja, auch die waren aus dem gleichen Leder wie unsere sonstigen Sachen.

Wobei… irgendwie hing die Kapuze seltsam. Doch ein Blick hinein auf den schwarzen leicht felligen Ball ließ mich die Augen verdrehen und in das Kleidungsstück hüpfen.

Dem resignierenden Aussehen der Anderen nach ging es ihnen Ähnlich.

“Orion, hast du die Unterlagen für die Schule?”

Mein Bruder klopfte auf seine Umhängetasche. “Alles verstaut. Ich hoffe nur, dass Mike uns wirklich alles gegeben hat.”

“Wird schon.” Andy schloss die Wohnungstür ab und wir machten uns auf den Weg zur Schule.

Irgendwie hatte mir das das letzte Jahr gefehlt. Privatlehrer waren eben nicht das Gleiche wie eine richtige Schule.

Auf dem Weg mussten wir durch die halbe Stadt. Und der handgezeichnete Plan half uns da auch nicht weiter.

Doch eine nette Oma half uns weiter und zeigte uns, wo wir lang mussten.

Tatsächlich standen wir nach 25 Minuten Fußmarsch vor einem Betonklotz. Laut dem Schild am Briefkasten war das hier die gesuchte `Highschool Sweet Amoris´.

Der Schulhof war nicht gut gefüllt, aber die Anwesenden 15-20 Schüler starrten uns mehr als seltsam an.

Nun, es sollte uns nicht wundern bei unserem fast einheitlichen Kleidungsstil.

Aber Orion fühlte sich unwohl. Er kam noch nie sehr gut mit viel Aufmerksamkeit klar und verabscheute sie deswegen.

Wir Mädels nahmen ihn in die Mitte und steuerten das Gebäude an.

Drinnen atmeten wir erstmal erleichtert durch.

Gut. Jetzt sollten wir zur Schülervertretung. Angeblich sollte die gleich am Eingang sein.

Orion stand schon an der Tür und klopfte etwas zu hart an.

Gerade als wir aufgeschlossen hatten, ertönte ein “Herein!”

Mein Bruder öffnete die Tür und steckte den Kopf herein. “Guten Morgen. Ich soll mich bei jemanden Namens Nathaniel melden.”

Ich hörte Zettelrascheln und das Verrücken eines Stuhles, bis die Stimme weiter sprach. “Ich bin Nathaniel. Womit kann ich dir helfen?”

Endlich schob Orion die Tür ganz auf und wir konnten eintreten.

Der Raum war ein typisches Büro. Aktenschränke und ein Tisch, auf welchem dutzende Blätter verstreut lagen, prägten das Bild.

An dem Tisch stand ein Junge etwa in unserem Alter. Er hatte auffällige goldene Augen und passende blonde Haare. Sein Kleidungsstil war irgendwie spießig. Ich meine weißes Hemd und Krawatte? Hallo? In welchem Jahrhundert lebten wir bitte?

“Mein Name ist Orion Star. Meine…”

“Star?” Nathaniel unterbrach ihn geschockt. “Ihr seit die Neuen? Ihr solltet doch erst morgen kommen!”

Wir blinzelten uns verwirrt an. Davon wussten wir nix.

“Oh man.” Verzweifelt fuhr sich der Blonde durch die Haare. “Es tut mir leid, aber ich habe noch nicht einmal eure Unterlagen.”

Orion griff in seine Tasche und holte einen dicken Ordner hervor. “Das müsste alles sein.”

Jetzt war es an dem Blonden, kurz verwirrt zu schauen. “Äh… ihr könnt euch ruhig setzen. Das kann etwas dauern.”

Wir nickten und setzten uns. Nur Orion blieb hinter uns stehen. Es war einfach eine Angewohnheit, denn er hasste es die Kontrolle abzugeben.

Nathaniel war vollständig in den Dokumenten verschwunden. Hin und Wieder runzelte er die Stirn, bis er nach etlichen Minuten aufsah. “Soweit scheint alles vorhanden zu sein. Ich werde es nachher ins Direktoriat bringen.” Er klebte einen gelben Zettel auf den Ordner. “Es fehlt nur noch eure Anmeldegebühr, aber die könnt ihr auch später noch bezahlen.”

Zu Spät.

Orion hatte bereits sein Portmonee herausgeholt. “Wie viel?”

“Vier mal 25€.” Schon bekam er das Geld passend in die Hand gedrückt. Da es nur Scheine waren, legte er es in einen Umschlag und klemmte diesen mit in den Ordner.

Aus einem Anderen holte er mehrere Zettel. “Hier habt ihr schon mal die Schulordnung. Wenn ihr euch daran haltet, werden wir sehr gut miteinander klar kommen.” Ein paar andere Zettel folgten. “Das sind eure Stundenpläne.”

Ich steckte den ganzen Batzen Papierkram ein. Später würde ich dafür sorgen müssen, dass jeder das Zeug durchlas.

Nathaniel nickte, wenn auch leicht verwirrt. “Ihr braucht noch die Bücher, also…”

Wir prusteten los.

Orion grinste den Jungen an. “Die haben wir zu Hause. Wir haben sie nur nicht mit, weil wir den Plan nicht hatten.”

“Ähm, ja. Schließfächer?”

Ich konnte ein Kichern nicht unterdrücken. “Die haben wir nicht.”

Er nickte, kramte aus einer Schublade vier Schlüssel und stand auf. “Ich zeig euch, wo die stehen.”

Einheitlich nickend standen wir auf und folgten ihm.

Am Ende des Ganges bei den Treppen blieb er stehen und deutete auf die obere Reihe der Schließfächer. “Diese sind ab heute eure. Die Nummern stehen noch mal auf den Schlüsseln. Verliert sie bloß nicht.”

Erneut nickten wir synchron und verwirrten ihn damit.

“Also… jetzt… bring ich euch noch zur Klasse. Der Raum ist gleich gegenüber der SV. Den Rest der Schule zeige ich euch in der Pause.”

Doch statt in die Klasse ging er in das Büro zurück. Nur Sekunden später kam er mit seiner Schultasche wieder heraus.

Er lächelte uns an. “Wir sind übrigens in einer Klasse.”

Ein freudiges Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. Warum auch immer.

Andy stupste mich an und zwinkerte mir zu. Na super, das würde sie mir ewig aufs Butterbrot schmieren und dabei verabscheute ich Butter zutiefst.

Nathaniel klopfte an die Klassenzimmertür und trat gleich ein. “Bitte entschuldigen Sie meine Verspätung, Madam Stone.”

Madam? Oh Gott, der Kerl war ja schon ekelhaft höflich.

Eine höchstens 25 jährige Frau mit kurzen braunen Haaren und Brille drehte sich um. “Guten Morgen Nathaniel. Hast du heute schon mal Castiel gesehen?”

Wie auf Kommando ließ der Blonde die Schultern hängen und schüttelte den Kopf. “Nein, leider nicht.”

Was auch immer das gewesen war, wir traten in den Raum ein.

Sofort hellte sich das Gesicht der Lehrerin auf. “Ah, du hast dich um unsere Neuen gekümmert. Setz dich, du bist natürlich für die Fehlzeit entschuldigt.”

Nathaniel nickte und setzte sich in die erste Reihe neben einen Jungen in Armee- Klamotten. Schon allein deswegen war mir der Kerl unsympathisch.

Ein Blick durch den Raum reichte. Es waren 13 Schüler plus scheinbar einen Fehlenden.

Die Lehrerin lächelte uns warm an. Scheinbar war sie Pädagogin. “Guten Morgen, Kinder. Ich heiße Stone und bin eure Geografie Lehrerin.”

Schneller als wir reagieren konnten, wandte sie sich zur Klasse. “Ich hoffe, ihr nehmt sie gut auf.” Sie sah wieder zu uns und deutete auf die zwei freien Tische in der ersten und zweiten Reihe. Die Plätze sind für euch. Aber stellt euch bitte noch vor.”

Orion trat als erstes vor und nickte kurz in Richtung der Klasse. “Ich heiße Orion Star, 16 Jahre, Britte. Wer meine Schwestern belästigt, kriegt es mit mir zu tun!” Er fixierte jeden der Jungen hart.

Ich konnte mir ein fieses Grinsen nicht verkneifen und ich wusste, meinen Schwestern ging es genauso. Mein Brüderchen war schon ein Original.

Er zog seinen Mantel aus und hing ihn an der Rückwand an einen Hacken. Als er am hinteren der freien Tische saß, trat ich vor.

“Ich bin Lyra Star, elf Tage jünger als Orion und wandelnde Bibliothek.”

Das leise kichern der Klasse beachtete ich nicht, sondern hing meinen Mantel neben Oris und setze mich neben ihn.

Unser Blondchen trat vor, als ob sie mit dem Kopf in den Wolken hing. “Ich heiße Andromeda Star, bin fünf Monate jünger als Ori und auf der Suche nach nem anständigen Kerl.”

Jetzt waren alle am Lachen. Das Andy auch immer so ernst sein musste.

Cassi trat selbst mit einem gewaltigen Grinsen vor und verbeugte sich elegant. “Cassiopeia Star, seit 1 ½ Monaten 16, begeisterte Verteidigerin meines Bruders.”

Der Junge hinter mir schluckte hörbar, aber er pfiff auch anerkennend als der letzte Mantel fiel.

Die Lehrerin beachtete ihn gar nicht, sondern fing wieder an zu unterrichten.

Und los ging der tägliche Schulwahnsinn.

Irgendwie war dieser Unterricht derbst langweilig und da ging es nicht nur mir so. Auch der Kerl im Militäroutfit neben mir döste vor sich hin.

Kurz bevor ich einnickte, spürte ich wie eine Hand langsam mein Bein hoch wanderte und dort Kreise zog. Also doch keinen Schlaf, meine Schwester gönnte es mir nicht.

Von daher blickte ich im Raum herum und sah mir die einzelnen Schüler an.

Ein Junge schräg hinter Orion fiel mir ins Auge. Er hatte schneeweiße Haare mit schwarzen Spitzen. Das wirkte echt! Ich hatte noch nie jemanden mit so einer ungewöhnlichen Haarfarbe gesehen.

Da störte nicht einmal sein ungewöhnlicher Kleidungsstil. Das weiße Hemd sah sehr altmodisch aus. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass der blaue Mantel im viktorianischen Stil ihm gehörte.

Als ob er meinen Blick spürte, sah er mich kurz an.

Hey! Hererochrome Augen! Das hatte ich bisher nur bei einer alten Lehrerin gesehen!

Unwillkürlich musste ich lächeln. Und schon sah er wieder weg.

Mehr am Rande bemerkte ich, wie unsere Lehrerin Orion etwas fragte, der nach einer Schrecksekunde richtig antwortete.

So dauerte es nicht mehr lange, bis es zum Stundenende klingelte. Ekeliger Ton.

Sofort waren wir im Zentrum der Aufmerksamkeit, wie erwartet.

Bevor wir mit Fragen bombardiert werden konnten, stand Nathaniel auf und stellte sich vor Cassis und meinen Tisch. “Ich stell euch erstmal jeden vor. Dann entlasse ich euch in die Hände meiner Mitschüler.”

Wir nickten synchron - Gewohnheiten sind nicht leicht ablegbar.

Er räusperte sich, bevor er damit begann. Nach und nach deutete er auf jeden Schüler und nannte dazu die Vornamen. Die Nachnamen interessierten und gerade nicht wirklich und das schien er auch zu ahnen.

Als Erstes der Braunschopf im Militäroutfit neben mit. “Kentin.”

Hinter diesem sein dunkelhäutiges Mädchen. “Kim.”

Daneben eine Schickimicki mit langem braunem Pferdeschwanz. “Carlotte.”

Hinter ihr in der Ecke offensichtlich Nathaniels Schwester. “Amber.”

Noch ein Modepuppchen asiatischen Ursprungs. “Li.”

Hinter Lyra ein Junge mit violette Augen, schwarzen Haaren und ner PSP in der Hand. “Armin.”

Hinter Orion und neben Armin ein Mädchen mit langen silbernen Haaren. “Rosalia.”

An der Anderen Seite des Ganges der Schnuckel mit den Heterochromen Augen. “Lysander.” Endlich erfuhr man mal den Namen.

“Neben ihm sitzt normalerweise noch Castiel. Es kann sein, dass ihr ihn diese Woche noch kennen lernt. Ich würde aber keinen Penny darauf verwetten.”

Vor Lysander saß ein Mädchen mit orangenem Zopf. “Iris.”

Neben ihr ein Junge mit blauen Haaren, eindeutig Armins Zwilling. “Alexy.”

Vor diesem ein schüchternes Mädchen mit violetten Haaren - stand ihr. “Viola.” Ne, oder?

Auf dem letzten Platz zwischen Cassi und Viola mit langen braunen Haaren und eindeutig eine kleine Streberin. “Melody, unsere Klassensprecherin.”

Wir nickten jedem freundlich zu. Das Äußere täuschte bestimmt, weshalb wir keine Vorurteile haben wollten.

Das schien einige zu wundern. Bei unserem Kleidungsstiel war das auch ganz natürlich.

Wir wussten, dass dieser schwarze Lederlook sehr abweisend wirkte und ehrlich, wir beabsichtigten genau das. Kleiner positiver Nebeneffekt: Leder ist verdammt widerstandsfähig.

Wir drehten uns wieder zu dem Schülersprecher, welcher uns freundlich ansah. “Wenn etwas ist, das Büro der SV steht immer für alle offen.”

Ich kippelte, um mich am Tisch der Älteren anzulehnen. Zur vollsten Irritation der Anderen fragte ich in schönem dialekthaltigem Schottisch: “Ist nur mir der gequälte Unterton aufgefallen?”

Lyra schüttelte den Kopf. “Nein. Er scheint gezwungen zu werden.”

Schnaubend legte Orion seinen Kopf auf den Tisch. “Du willst dich doch nicht allen Ernstes da einmischen?”

Ly sah ihn richtig entrüstet an. “Gerade von dir hätte ich was Anderes erwartet!”

“Momentan haben wir genug eigene Probleme.” Cassi drehte sich halb um und kippelte ebenfalles. “Wenn wir das gelöst haben, können wir uns meinetwegen darum kümmern.”

Prompt erhellte sich Lyras Gesicht für den Bruchteil einer Sekunde, bevor wir uns ernst zunickten.

Abschließend kicherte Orion und wechselte wieder ins Französische. “Wenigstens verstecken wir unsere Freakigkeit nicht.”

Damit war unser Standpunkt für alle klar. Wer damit nicht klar kam, hatte eben Pech.

Zu unserem Glück kam gerade in dem Moment der nächste Lehrer und verscheuchte Nathaniel von dem Platz an der Tafel.

Der Kerl hatte schwarze Haare, Brille und stellte sich als Faraize vor. Jetzt auch noch Geschichte.

Lyra saß augenblicklich kerzengerade da. Lieblingsfach. Fragt nicht.

Dafür war Kentin schon wieder am Schlafen.

Als es doch endlich klingelte, sah ich blinzelnd auf meinen Block. Die Kulizeichnung zeugte von viel zu viel Freizeit. Obwohl, das heulende Wolfsrudel sah ganz niedlich aus.

Aber anderes Problem: wir waren Freiwild!

Tatsächlich waren wir nur Sekunden später förmlich umzingelt.

Während Nathaniel genervt seufzte, blieb Lysander gleich sitzen und beobachtete das Ganze desinteressiert.

Kurz wechselten wir einen Blick und der schwarze Peter… wurde mir zugeschoben.

So blieb mir nichts anderes übrig, als auf meinen Stuhl zu steigen. Nicht gerade das Ideale bei meinem Keuchaltsgürtel möchte ich anmerken.

“Bitte nicht alle auf einmal.”

Tatsächlich schlossen sich einige Münder wie auf Kommando.

Kaum zu glauben, aber die Fragerunde ging gesittet zu. Es konnte daran liegen, wie ich dastand. Mehr als eine dachte von mir garantiert als Hure.

Wir beantworteten nicht alle Fragen, aber die Enttäuschung war uns egal.

Nach der hälfte der Pause - Lyra versuchte ihnen schonend beizubringen, dass unsere Klamotten Echtleder waren - öffnete sich die Tür und ein junger Mann trat pfeifend ein.

Er hatte gut gefärbte rote Haare und trug ne Kunstlederjacke. Jetzt sah er uns verwirrt an.

Na zum Glück saß ich mittlerweile auf meinem Tisch.

“Was ist denn hier los?”

Es dauerte keine zwei Sekunden, da kam auch schon Nathaniel hereingestürmt. “Castiel! Du hast schon wieder geschwänzt!”

Das war dann wohl der Fehlende…

“Was willst du dagegen tun, Blondie?”

… und offensichtlich vertrug er sich nicht mit dem Schulsprecher.

Ich blendete den Streit einfach mal kurz aus und sah unsere Klassenkameraden an.

Amber starrte Castiel schmachtend an.

Lysander stand gemütlich auf und bahnte sich langsam den Weg zur Tafel.

Der Rest seufzte resignierend.

Kurz bevor der Streit in meinem Rücken eskalieren konnte, tippte Orion plötzlich die Orangehaarige an. “Du warst Iris, oder?”

Sie blinzelte verwirrt. “Ja?”

Sind die Beiden zusammen?” Er deutete auf die beiden Streitenden.

Augenblicklich war es still in der Klasse, selbst die Jungs starrten meinen Bruder an.

Da mich das jetzt doch interessierte, drehte ich mich wieder nach vorne.

Beide - Nathaniel und Castiel sahen richtig verdattert aus. So etwas hatte ihnen noch niemand gesagt.

Castiel ließ, wie von der Tarantel gestochen, Nathaniel los und brachte mehrere Schritte zwischen sie. “Was redest du da für einen Blödsinn?”

Grinsend stützte Orion den Kopf auf seine Hände ab. “Was sich liebt, das neckt sich.”

Erstaunlicherweise liefen beide Jungen leicht grünlich an. Treffer!

Dafür fing der blaue Zwilling an zu kichern und er war nur der Erste.

Während Nathaniel sich auf den Lehrerstuhl fallen ließ, schob sich Castiel an Melody vorbei, um seine Hände vor meinem Bruder auf den Tisch zu hauen. “Wer zum Teufel bist du?”

Orions Grinsen wurde immer breiter. “Wer zu spät kommt, verpasst das Beste, Wuffi.”

“Was zum…”

“Du hast da Hundehaare.” Orion sammelte wirklich ein paar Haare von der Jacke des Rothaarigen. “Ein Beauceron?”

Castiel nickte nur, bevor Lysander in weg und zu ihren Stühlen zog.

Langsam kehrte wieder Ruhe ein, zumindest bis Amber sich an Armin vorbei drängelte und laut “Casi!” quietschte.

Ich würde meinen Welpen darauf verwetten, dass der Schwarzhaarige ihr ein Bein stellte. Dafür sprach sein gespielt geschockter Gesichtsausdruck und natürlich dass sie fiel, unglücklicherweise genau in unsere Mäntel.

Castiel schnaubte genervt, machte aber keinerlei Anstallten, ihr aufzuhelfen.

Das Klima in dieser Klasse war ja extrem freundlich.

“Aua.” Na komm schon, Blondchen, das kann doch nicht so sehr weh getan haben.

Anscheinend doch.

Nur die zwei anderen Schikis machten sich Sorgen um sie, der Rest verdrehte die Augen.

Da viele nicht so genau hinsahen, könnte man jetzt ´Ich - sehe - was - was - du - nicht - siehst´ spielen.

Es war schwarz, handgroß und bewegte sich langsam an einem der Mäntel herunter. Man konnte es sehr leicht übersehen, da es fast denselben Farbton wie unser Leder hatte.

Gut für es, schlecht für Amber.

Als sie endlich mit ihrem theatralischem Heulkrampf fertig war - es scherte ohnehin niemanden - setzte sie sich endlich mal auf.

Ich konnte sehr schön sehen, wie sie stutzte, die Stirn runzelte und langsam an sich herunter sah.

Erst wurde sie schneeweiß, dann fing sie an zu zittern und zum Schluss schrie sie.

Man sollte Tiere eben nicht ärgern.

Wow!

Ein kollektiver Schritt von dem Schreihals weg!

Dafür wäre ich fast gefallen. Ich weiß, kippeln ist ungesund. Das haben die Lehrer jahrelang versucht, mir einzuhämmern. Ich lerne das auch nicht mehr.

Trotzdem würde mich schon brennend interessieren, wo dieser Weltuntergangsschrei herkam.

Amber hatte eine fast 20 cm Spinne auf der Brust sitzen, wobei nur 1/3 den Körper und der Rest die Beine ausmachte.

Mehrere Mädchen quietschten angeekelt. Gute Vorraussetzungen.

Als Amber Luft holte, um weiter zu kreischen, stand ich ruckartig auf. “Nicht schreien!”

Ich Mund schloss sich mit einem leisen Klacken.

Ich passte ohne zu drängeln zwischen Iris und ihrem Tisch durch. Es sollte nicht wundern, denn ich war schon fast dürr. Meine Geschwister übrigens auch. Wir konnten Essen, was wir wollten, und hatten kein Gramm Fett am Körper.

An Ambers Seite ging ich in die Hocke und musterte sie kurz. Da ich keine Verletzungen erkennen konnte, sah ich zu der Spinne. “Ara?”

Sie knackte zweimal mit ihren kräftigen Beißwerkzeugen.

“Komm bitte her. Das, was du da machst, ist unnötig.” Ich hielt ihr meine Hand hin.

Und tatsächlich. Die Spinne drehte sich zu mir und erklomm meine Hand. Dort blieb sie aber nicht, sondern kraxelte meinen Arm hoch, um sich auf meiner Schulter niederzulassen.

Plötzlich sprang mein Bruder auf. “Arja! Lass das!”

Ein Blick nach oben reichte Amber. Sie war schneller, als es menschenmöglich schien, auf den Beinen und hinter Armin verschwunden.

Seufzend fischte Orion eine weitere Spinne aus dem Leder. Sie hing kurzzeitig nur an ihren Hinterbeinen in der Luft, bevor sie sich hochhielte und in seinem Ellenbogen halt fand. “Ich weiß ja, dass du laute Schreie nicht magst, aber musst du sie deswegen auch noch provozieren?”

Arja - diese Spinnen hatten wirklich Namen - klackerte kurz, bevor sie sich den Streicheleinheiten hingab.

“Spinnen?” Castiel klang leicht belustigt. “Ihr haltet euch Spinnen als Haustiere?”

Ich brauchte nur den Kopf zu drehen, um ihn direkt anzusehen. “Türlich. Sie sind intelligenter als es manche Menschen je sein werden und nebenbei sehr gesellige Tierchen.”

“Gesellig.” Weiblich, ansonsten nicht zuordbar.

Als ich mich zu dieser Stimme drehen wollte, sah ich gerade noch, wie Andromeda ihre Arina aus ihrer Kapuze holte. Diese hatte die Beine angelegt und schlief. Dabei sah sie mehr wie ein leicht felliger Ball als wie eine Spinne aus.

Andy sah noch kurz in Lyras Mantel nach, runzelte dann aber die Stirn. “Arkia ist mal wieder verschwunden.”

Doch Lyra schüttelte auch zu meiner Verwunderung den Kopf. “Ausnahmsweise mal nicht. Sie hängt über der Tafel.”

Synchrones Umdrehen der Klasse. Nathaniel sprang sofort vom Lehrerstuhl auf und spulte sein Programm ab. “…Haustiere sind in der Schule verboten.”

Wir sahen uns kurz an, bevor Lyra ihm zunickte. “Ist gut. Wir können aber nicht versprechen, dass wir das auch schaffen. Diese Spinnensorte ist ihrem Besitzer gegenüber nämlich sehr anhänglich.” Dabei stand sie auf und pflückte ihre Kleine von der Wand.

Rosalia runzelte die Stirn. “Ich hab noch nie gehört, dass Spinnen anhänglich wären.”

Ich hob Ara von meiner Schulter und setzte sie vor dem Mädchen auf den Tisch. “Die hier wurden so gezüchtet. Ansonsten wären sie auch nicht so groß.” Das unsere Exemplare noch nicht mal ausgewachsen waren, verkniff ich mir lieber. “Sie werden in manchen Gegenden Asiens wie Wachhunde eingesetzt und sind daher auch sehr giftig.”

Gerade wollte Rosa sie berühren, doch nach meinem letzten Kommentar zog sie ihre Hand lieber wieder zurück.

Orion saß schon längst wieder auf seinem Platz, Arja auf dem Schoß und beobachtete uns. Jetzt grinste er und mischte sich einfach ein. “Cassi hat ihr eben zu verstehen gegeben, dass du kein Feind bist. Du kannst sie ruhig streicheln.”

Erst als ich das Gesagte mit einem Nicken bestätigt hatte, traute sich Rosa sie zu berühren.

“Du magst Spinnen, hm?”

“Überhaupt nicht.” Sie klang dabei ehrlich, was mich verwirrt gucken ließ. “Zumindest die bei uns heimischen kleineren Rassen. Ich hab als Kind ausersehen mal auf eine drauf gebissen, das prägt.”

Ich konnte mir nur mit Mühe das Lachen verkneifen. So blieb ich stehen, bis der Lehrer ins Zimmer kam. Ara wieder an mich nehmend, setzte ich mich auf meinen Platz. Sie hakte sich sofort an meiner Hüfte fest, eben wie immer.

Momentchen mal, Doppelstunde Englisch? Oh supi!

Der Kerl wusste offensichtlich nicht, dass dies unsere Muttersprache war, denn er verbesserte unsere Aussprache am laufenden Band.

Zumindest bis es Orion reichte und er ihn in Englisch zupflaumte. “Das, was Sie den Schülern hier beibringen wollen, ist kein Englisch sondern ne Verarschung! Wie Sie Lehrer dafür werden konnten, ist mir ein Rätsel!”

Unglücklicherweise antwortete er ebenso angepisst in nem miesen Dialekt.

Dabei ging mir ein Licht auf. “Sie sprechen ein mieses Amerikanisch! Na kein Wunder, dass Sie al Lehrer nicht zu gebrauchen sind!”

Jetzt war er erst recht sackig.

“Jetzt spiel dich mal nicht so auf. Nur weil dieses kleine Land meinte, einen auf unabhängig machen zu müssen, heißt das nicht, dass die einfach unsere Sprache so versauen können.” (Ich entschuldige mich ausdrücklich bei allen Amerikanern, aber man darf nicht vergessen, dass dies ein Britte sagt.)

Orion glücklich, Lehrer das Maul gestopft und Castiel am abfeiern.

So, wie der angebliche Lehrer plötzlich raus rannte, würde ich sagen: außerplanmäßige Freistunde!

Neugierig, wie ich nun mal war, sah ich mir seine Notizen an. “Ach du…” Da stimmte ja ein großer Teil nicht!

Ich sah auf und fixierte Melody. “Sag mal, lernt ihr hier überhaupt was?”

Die Braunhaarige sah mich blinzelnd an. “Ja. Aber trotzdem schneiden wir in Englisch immer am schlechtesten ab.”

“Kein Wunder!” ja, ich knurrte! Das war keine Einbildung! “Ihr solltet Oxford - Englisch lernen und nicht Amerikanisch! Außerdem besteht der Kerl auf eine französische Aussprache! Da kann doch nur Mist rauskommen!”

Andy legte mir beruhigend die Hände auf die Schultern und sah sich ebenfalls die Notizen an. Kopfschüttelnd nahm sie das Lehrbuch zur Hand, schlug das erste Kapitel auf und überflog es.

Seufzend stand ich auf, wischte erstmal die Tafel - weg mit dem Mist - und nahm die Kreide in die Hand. “Los, diktier mal.”

So fand uns auch 10 Minuten später ein rosa Knallbonbon.

Ich schrieb an die Tafel, Andy leitete den Unterricht und Orion und Lyra gingen durch die Reihen um Fragen zu beantworten und das Geschriebene zu überprüfen.

“Was ist hier los?” Bonbon hatte also auch eine Stimme.

“Englisch - Unterricht.” nuschelte ich halbwegs verständlich.

Unser ´Lehrer´ brauste sofort auf. “Das ist doch alles falsch, was du da anschreibst!”

Bevor er bei mir war, hatte Orion ihn ergriffen und schob ihn langsam aus dem Klassenraum. Er lächelte das rosa Monster entwaffnend an, sodass sie ihm folgte.

Kopfschüttelnd machten wir Schwestern weiter.

Erst im Laufe der zweiten Stunde kam mein Bruder quietsch vergnügt wieder und legte einen Zettel auf Nathaniels Tisch.

Ich winkte ihn zu mir und drückte ihm die Kreide in die Hand. Mit tat langsam aber sicher der Arm weh. Da rannte ich lieber durch die Klasse.

In der Pause stand Nathaniel auf und bat um Ruhe. “Also, laut diesem Dokument von der Direktorin hier, wurde Mister Cross mit sofortiger Wirkung suspendiert. Bis die Schule einen neuen Lehrer hat, sollen die Star - Geschwister unseren Unterricht leiten. Für die anderen Klassen wird noch fieberhaft nach einer Lösung gesucht.”

Orion grinste uns Mädels an. Na, wer wusste, was er wieder angestellt hatte.

Dafür lachte Castiel herzhaft los. “Ihr seid lustig.”

Ori drehte sich zu ihm und musterte ihn kurz. “Das sagst du nur, weil du wusstest, was der für nen Schwachsinn gelabert hat. Du hast britische Vorfahren. Wenn ich raten muss: Westküste.”

Der Rothaarige nickte. “Mein Großvater war während des kalten Krieges hier stationiert und ist ganz hiergeblieben.”

Orion seufzte resignierend. “Ich versteh ja irgendwie, dass du dieses Möchtegern - Allwissende - Gehabe hasst. Aber hättest du deine ganze Klasse dumm sterben lassen?”

“Klar.”

Mein Bruder schüttelte nur den Kopf und setzte sich auf seinen Platz.

Ich fing wieder an zu kippeln, um mit ihm reden zu können. “Hat jemand was wegen Arja gesagt?”

Immerhin hing sie deutlich in seinem Nacken und hielt sich an seinen Haaren fest.

Doch Ori schüttelte den Kopf. “Die waren so sehr damit beschäftigt, diesen Möchtegern - Lehrer rund zu machen, dass die mich zwischenzeitlich sogar vergessen haben.”

Ich nickte. “Erwachsene eben.”

Da kam auch schon der nächste Vertreter dieser Spezies, oder eher der Vorletzte? Es war wieder Faraize, unser Klassenlehrer wie wir mittlerweile wussten. Laut Plan war jetzt Mathe dran, dann Mittag und zum Schluss Doppel - Sport. Sollte uns nicht scheren, wir besaßen ja nicht einmal Sportklamotten.

Ich würde mal sagen, dass er leicht neben sich stand. Der Unterricht war nicht ansatzweise so flüssig wie Geschichte und dauerte mindestens doppelt so lange.

Während des gesamten Unterrichts musterte er uns. Hatte er Angst, dass wir ihn auch rausschmeißen? Mensch, das war Notwehr!

Zum Stundenschluss flüchtete er förmlich.

Kopfschüttelnd packten wir zusammen, da Nathaniel uns jetzt herumführen wollte. Als wir aufstanden, wartete er schon auf uns.

Ich öffnete meine Tasche, damit Ara hineinkrabbeln konnte. Mit Sicherheit würde der Rest der Schule nicht so ruhig wie diese Klasse reagieren. Obwohl… fast alle sahen unsere Kuscheltierchen vorsichtig an.

Die Raumtür wurde lautstark aufgerissen und ein Mädchen stand schnaufend im Rahmen. Sie hatte kurze dunkle Haare und dunkle Augen mit denen sie gehetzt in unserer Klasse umher sah. Als sie uns entdeckte, kam sie sofort rein. Sie zog im Laufen ein Mikrofon hervor.

Oh oh.

Ich sah nur das Mikro, da handelte ich auch schon.

Ich floh.

Während eines Wimpernschlages sprang ich über einen Tisch und versteckte mich hinter Lysander.

Das hatte schon seinen Sinn, immerhin war der Weißhaarige fast einen Kopf größer als ich.

Ich spürte Castiels verdatterten Blick im Rücken, aber das war mir schnuppe. Stattdessen krallte ich mich in Lysanders Hemd fest, damit der sich ja nicht umdrehte.

Ich hörte, wie Cassi leise knurrte- “Geh bitte wieder.”

“Ich bin Peggy von der Schülerzeitung. Ich…”

“Ich habe gesagt: Geh!” Cassis Knurren wurde lauter.

“Aber…”

“RAUS!” Wenn schon Lyra die Geduld verlor, war es wirklich schlimm. Sorry, meine Schuld.

“Ihr…”

Die nächste Stimme, die erklang, war Andys und auch sie klang nicht sehr fröhlich. “Niemand aus unserer Familie wiederholt etwas mehr als drei Mal. Wir haben andere Möglichkeiten, unseren Willen durchzusetzen.”

Ich vernahm ein kollektives Schlucken.

Ta, tat…

“Noch etwas.” Wieder Cassiopeia. “Sollten wir in dieser Schülerzeitung auch nur ein Wort oder ein Bild von uns sehen, wirst du deines Lebens nicht mehr froh.”

Tap, tat, tat, rums.

Ich atmete erleichtert aus. Erst jetzt erlaubte ich mir zu zittern.

Dabei hörte ich Nathaniels wütende Stimme. “Was sollte das? Ihr könnt doch Peggy nicht so dumm kommen!”

“Nath, hör auf.” Lyra nahm sich dem Streit an. “Wir sind ihr nicht dumm gekommen. Wenn sie von alleine gegangen wäre, hätten wir sie nicht einmal anschnauzen oder ihr drohen müssen.”

Doch der Blonde wollte es nicht einsehen. “Sie ist von der Schülerzeitung, da ist es doch ihr gutes Recht…”

Ein lautes Scheppern unterbrach ihn.

Mein Tipp: Faust vs. Putz- 1:0 für Faust.

Cassi knurrte wieder, das mussten wir ihr unbedingt anerziehen. “Es ist also das Recht der Paparazzi, mit ihren Artikeln das Leben von Menschen zu zerstören?”

Ich hörte ein Stoffrascheln in meiner Nähe. Erst ein ganzes Ende später merkte ich, dass ich in die Knie gegangen war. Panik ist doch was Feines.

Nath wurde kurz ruhig, bis: ”Da würde…”

“Sag es nicht.” Lyra war fast wieder ruhig. “Wir haben die Maschen der Reporter am eigenen Leib erfahren. Was glaubst du, warum Orion so reagiert hat?” Mit Sicherheit deutete sie gerade in meine Richtung.

Lysander hatte sich mittlerweile zu mir umgedreht und sah mich garantiert zweifelnd an.

Nathaniel seufzte resignierend. “Was ist passiert?”

Ein dreifaches Schnauben ertönte, aber nur Lyra sprach. “Tut mir leid, aber wir werden es dir nicht sagen. Es hat nichts mit euch persönlich zu tun, sondern dass wir euch noch nicht genug kennen.”

Wenn er sich in Andere hineinversetzen konnte, würde Nathaniel jetzt nicken und offensichtlich tat er es. “Na gut. Aber hört auf, solche haltlosen Drohungen auszusprechen.”

Ich hörte Andy kichern. “Glaubs, oder glaubs nicht. Wir meinen es Ernst.”

“Und ich habe das Gefühl, dass wir das schon bald unter Beweis stellen müssen.“ Lyra seufzte dazu. So etwas gefiel ihr für gewöhnlich nicht.

Ein Rotschopf schob sich vor mein Gesicht. Cassi konnte es schon aufgrund der Haarlänge nicht sein, also blieb nur noch Castiel.

“Lebst du noch?”

Ich nickte einfach nur, während ich ihn anstarrte.

Er hatte sich, mangels einer anderen Möglichkeit, über mich gebeugt und musterte mich zweifelnd. “Deine Nerven sind nicht gerade die Besten.”

Ein Schnauben entfloh mir. “Normalerweise schon, aber ein Mikro oder gar eine Kamera lösen bei mir Fluchtreflexe aus.”

“Nur das Peggy ausnahmsweise keine Kamera dabei hatte.”

Meine Schwestern kicherten, während ich den Rotschopf zweifelnd ansah. “Sie trug ne Kamera. Der Kuli in ihrer Brusttasche ist eine.”

Hm, das schienen sie nicht gewusst zu haben.

Castiels Kopf verschwand aus meinem Blickfeld, wahrscheinlich um die Anderen anzusehen.

“Oh.” Lyra klang belustigt überrascht. “Habt ihr das nicht mitgekriegt?”

Ein Plumpsen ertönte. Dem verzweifelten Ton nach konnte es sich nur um Nathaniel handeln.

Lysander lehnte mittlerweile an der Wand, ein Büchlein in der Hand war er am Schreiben.

Eine Hand schob sich in mein Blickfeld und Cassi griff nach meinen Händen. Bevor ich widersprechen konnte, zog sie mich auf die Beine. Leider schwankte ich immer noch, doch Cassi hielt mich oben.

Irgendwie sahen mich gerade alle sehr seltsam an. Dabei hatte ich gehofft, dass wir hier normal leben konnten. Na was solls, das Beste daraus machen war angesagt.

Cassi trat einen Schritt zurück, damit ich erstmal durchatmen konnte. Dann erst straffte ich meine Schultern und hob den Kopf. Ich wandte mich als Erstes an Lysander. “Es tut mir leid.”

Keine Ahnung warum, aber er nickte und akzeptierte damit.

Im Vorbeigehen nahm ich meinen Mantel und meine Tasche hoch und blieb erst vor dem Schülersprecher stehen. “Du wolltest uns herumführen?”

Nathaniel sah mich erst seltsam an, bevor er nickte, aufstand und den Raum verließ.

Wahrscheinlich fand er es seltsam, dass ich so schnell wieder auf der Höhe war. Ich hatte es mir einfach angewöhnt, da ich sonst nur flachliegen würde.

Wie ich mich kante, würde ich das nachts verarbeiten. Dann kam eben noch ein Albtraum dazu, was solls.

Nathaniel führte uns durch die Schule, zeigte uns die Fachräume, die Bibliothek - wir mussten Lyra weiterziehen - und die Mensa.

Obwohl wir dermaßen Knast hatten, würden wir hier wohl oder übel nie essen. Das sah weder gesund noch essbar aus.

Ich hörte Cassiopeias Magen knurren und seufzte. Dass würden wir Anderen auch bald anfangen.

Doch dann zog Lyra mein Portmonee aus meiner Tasche und ging damit bis ans Ende des Tresens.

Neugierig folgten wir ihr.

Hey, hier gab es frisches Obst!

Die Verkäuferin sah uns richtig doof an. Tja, wir verdrückten zusammen mal schnell zwei Kilo Obst auf einmal. Wenn es - wie jetzt - nichts Anderes gab, wurden auch leicht drei Kilo draus.

Auch Nathaniel nahm das verwirrt zur Kenntnis. “Seid ihr Vegetarier?”

Wir schüttelten - mal wieder synchron - die Köpfe. Leider hatte ich als Einziger noch nichts im Mund und musste deswegen antworten. “Nope. Aber wir vertragen bestimmte Zusätze nicht. Und da es hier nicht so aussieht, als ob die Küche ohne auskommt, greifen wir lieber auf Obst zurück.”

Er nickte, verstand es aber nicht.

Auf dem Schulhof ließen wir uns unter einem Baum nieder und aßen erstmal Mittag. Dabei sahen wir uns um und suchten nach unseren Klassenkameraden.

Nach ein paar Minuten kam Rosalia auf uns zu und setzte sich in unsere Runde. “Ihr hat uns vorhin ganz schön verwirrt.”

Andy grinste sie an. “Wir haben doch gesagt, wir verstecken uns nicht.”

Sie schüttelte verwirrt den Kopf. “Ihr seid seltsam.”

Jetzt grinste ich auch. “Und wir wollen es auch nicht anders.”

Rosa schnaubte nur. “Die halbe Schule redet schon von euch. Nicht nur wegen der Sache mit Cross…” Sei deutete unsere verwirrten Blicke anscheinend richtig. “… unser Ex - Englisch - Lehrer, sondern auch wegen Peggy.”

Ich sah, wie Cassi die Augen verdrehte. “Kaum ist mal ne Kleinigkeit, stürzen sich alle wie die Harpyien drauf. Haben die kein eigenes Leben?”

Sie brachte damit die Weißhaarige zum kichern. “Ich mag euch.”

Vierfach verwirrtes: “Warum?”

“Ihr sagt, was ihr denkt und seit nicht sensationsgeil.”

Andy sah sie kurz prüfend an, bevor sie antwortete. “Letzteres liegt vor allem an unserer Abneigung dessen und unserer Beobachtungsgabe.”

Rosa nickte und fragte nicht weiter. Gutes Mädchen. Trotzdem lag ihr etwas auf dem Herzen, denn sie kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum. “Kann ich euch mal etwas Persönliches fragen?”

Ich zuckte mit den Schultern. “Wenn wir nicht antworten müssen.”

“Nein, nein. Es ist nur, ihr sagt zwar, ihr seid Geschwister aber… Ähm.”

Synchrones Seufzen von unserer Seite.

Andy versuchte die richtigen Worte zu finden. “Über das Blut sind wir zwar nicht miteinander verwandt, aber vor dem Gesetz schon.”

“Versteh Innocence nicht.” Rosalia legte den Kopf schief.

Es klingelte zu den letzten Stunden. So stand ich auf und klopfte der Silberhaarigen auf die Schulter. “Brauchst du auch nicht. Es beinhaltet se~hr viel Papierkrieg. Wichtig ist nur, dass wir uns haben und es nie aufgeben wollen.”

Sie nickte und führte uns zur Turnhalle.

Vor dieser wartete ein fast Rentner auf uns. “Ah, die neuen Opfer.”

Wir gingen nicht auf diese Bezeichnung ein, sondern nickten nur.

Und der Lehrer war glücklich. “Ich heiße Crown. Ich seh schon, ihr habt keine Sportsachen dabei. Macht nichts, macht nichts.” Er sah uns eine ganze Weile überlegend an, bevor er sich selbst zu nickte und wieder grinste. “Ihr habt bestimmt Besseres vor, als eurer Klasse zuzukucken, also entlasse ich euch. Hat sowieso keinen Sinn.”

Cool! Früher Schluss!

Aua!

Und das war mit Sicherheit nicht nur mein erster Gedanke heute Morgen.

Wir hatten gestern noch unsere Kleiderschränke und Schreibtische zusammen gebaut. Abendbrot gab es dann auch sehr spät und wir sind wieder erst um eins ins Bett gekommen.

Ich drehte mich, sodass ich meine Beine herausstrecken konnte. Kurz blieb ich so liegen, bis ich meine Hand hob und meinen Wecker beim ersten Ton ausstellte.

Als Erstes riss ich mein Fenster auf und grüßte Cassi gleich mal.

Auf dem Weg ins Bad stolperte ich viermal über Poisen.

Diese trottelige Katze sprang sogar unter die Dusche!

Ich öffnete den Spiegelschrank und holte meine Zahnbürste heraus. Mit dieser im Mund trat ich unter den kalten Wasserstrahl.

Als ich schließlich nach meinem Handtuch griff, sprang auch Poisen aus der Dusche. Trottel.

Während ich meine Haare kämmte, kam Andy gähnend herein.

Hinter ihr tapste Snow - ihr Welpe - herein und begann sofort, Poisen trocken zu lecken. Irgendwie waren unsere Viecher im Allgemeinen sehr seltsam.

Wieder bei mir schlüpfte ich in mein Lederkleid, bevor ich meine Decke ausschüttelte und richtig hinlegte.

Gähnend trat ich in die Küche und begann Frühstück zu machen. Zwei Minuten später kam Orion und fütterte unsere Tiere.

Während wir Beide hier in der Küche hantierten, ging Andy durch die Zimmer und packte unsere Schultaschen. Cassi hingegen füllte die Waschmaschine und schaltete sie ein. Wenn wir zu Hause sind, konnten wir die Klamotten rausholen.

Und wenn wir schon dabei waren, wir brauchten unbedingt noch ein Klamottengeschäft! Mal rumfragen.

Beim Frühstück sprachen wir wie immer über den heutigen Tag. Dieses Mal fing Cassi an. “Wenn wir mit dem Wohnzimmer durch sind, haben wir alles.”

Ich musste grinsen. “Bis auf den Balkon.”

Unser Rotschopf verdrehte die Augen. “Du wirst es kaum glauben, aber der ist mir gerade relativ schnuppe.”

Orion ging dazwischen. “Ich werde auf jeden Fall mal diesen Armin fragen, ob der ein Elektrogeschäft in der Nähe kennt. Wenn dann scheint er etwas zu wissen.”

Wir Schwestern nickten. Noch mehr als eine Woche ohne ein anständiges Radio und wir würden kaputt gehen.

Der Rest des Frühstücks ging ruhig vorüber.

An der Tür nahm ich meinen fetten Kater hoch. “Mensch Poisen. Ich hab dir doch gestern schon gesagt, dass du nicht mitkommst.”

Meine Geschwister kicherten. Ja, ihre Tierchen waren besser erzogen.

Poisen wieder runterschmeißend, griff ich nach meinem Mantel. Seufzend sah ich wieder einmal in die Kapuze. “Arkia! Komm da raus!”

Doch Orion warf sich seinen Mantel schon grummelnd über. “Ich glaube nicht, dass die uns alleine gehen lassen.”

Andy kicherte. “Lasst sie doch. Solange die Lehrer das nicht mitkriegen ist es doch egal.”

Tja… überstimmt.

Vor der Schule trafen wir auf die Zwillinge. Orion nahm sofort den Schwarzhaarigen in Beschlag und fragte nach einem Elektrogeschäft.

Dafür knuddelte Alexy uns Mädels durch, bis er die Spinnen entdeckte und quietschend Abstand nahm.

Wir konnten nicht anders, wir lachten.

Im Flur sahen uns einige Schüler sehr seltsam an, weshalb ich Orion meine Tasche in die Hand drückte und in das SV - Büro abbog. “Nathaniel? Hast du kurz Zeit?”

Der Blonde sah von einigen Blättern auf. “Komm rein, Lyra.”

Ich trat nickend zu ihm und öffnete schon mal meinen Mund, doch er hob eine Hand und unterbrach mich damit.

“Sieh dir das erst einmal an.“ Nath drückte mir einen der Zettel in die Hand.

Mir sprangen sofort einige Bilder von uns ins Auge. Lieb lächelnd sah ich den Jungen an. “Darf ich mal telefonieren?”

Nath sah mich kurz verwirrt an, bevor er den Kopf schüttelte. “Tut mir leid, aber das kann ich nicht entscheiden.”

Ich klopfte ihm auf die Schulter. “Trotzdem danke. Es kann sein, dass ich etwas spät zu ersten Stunde komme.”

Wieder auf de Hof ließ ich mich auf einer Bank nieder, holte mein Smartphone heraus und begann zu telefonieren.

Wenn dieses törichte neugierige Mädchen Krieg wollte, bitte. Aber wir spielten in einer ganz anderen Liga.

Wie nicht anders zu erwarten, kam ich zu spät zu Musik. Halb so wild.

Die strahlende Lehrerin lobte mich sogar, weil ich vorher noch Nath Bescheid gesagt hatte. Verkehre Welt, ich schwöre es.

Als ich meinen Mantel an den Hacken hing, wollte Arkia aus der Kapuze krabbeln. Doch ich bemerkte es gerade noch und schupste sie wieder zurück. Wenn sie unbedingt mitwollte, war das doch nicht mein Problem.

Lysander hatte es bemerkt und sah mich jetzt mit hochgezogener Augenbraue an.

Ich zuckte mit den Schultern, war immerhin nicht meine Schuld.

Auf meinem Platz sah ich als erstes zu Orion, was sie bisher gemacht hatten. Mozart, ich werde es überleben.

Als ich meinen Namen hörte, blickte ich blinzelnd zur Lehrerin. War was?

So musste ich auch ausgesehen haben, denn sie wiederholte ihre Frage. “Beschäftigst du dich mit Musik?”

Ich nickte. “Ich spiele Piano und höre gerne Rammstein.” Da ich das letzte Wort notgedrungen in Deutsch ausgesprochen hatte, sahen mich jetzt einige seltsam an.

So auch die Lehrerin. “Tut mir leid, aber der Name sagt mich nichts.”

Seufzend kramte ich mein Smartphone noch einmal hervor und rief meine Playlist auf. Wahllos tippte ich auf eins der Lider und ließ es laufen.

Bingo! Genau der Titelsong.*

Wenn auch nur Einer hier ansatzweise Deutsch kann, bin ich dermaßen geliefert!

Ein Blick herum zeigte: Meine Angst war dermaßen unbegründet.

Orion grinste mich vielsagend an, woraufhin ich ihm meinen Ellenbogen in die Rippen rammte.

Trotz allem fand die Lehrerin - wie zum Teufel hieß diese Frau? - dass es gute Musik sei. Vielleicht sollte ich ihr mal den Text übersetzen.

Jetzt war sie aber auf den Geschmack gekommen, denn sie fragte nun auch meine Geschwister.

Armstrong erstes Orion: “Spiele Mundharmonika. Höre Metallica.”

Cassi: “Dudelsack, AC/DC.”

Und zum Schluss Andy: “Harfe, Nightwish.”

Passte im Allgemeinen sehr gut zusammen, aber das schien sie gar nicht zu stören. Stattdessen klatschte sie freudig in die Hände: “Es ist immer schön zu sehen, wenn die Jugend sich mit Musik beschäftigt.”

OK? Seltsame Frau.

Und das fand nicht nur ich, auch Kim neben mir schüttelte den Kopf.

Der Rest der Stunde flog alles Andere als vorbei.

Nach der dritten Stunde kreuzte Castiel auch mal auf, pünktlich zu Französisch. Er schien Sprachen zu mögen.

In der zweiten Hofpause kam Nathaniel zu uns. “Ihr müsstet euch noch eine AG aussuchen. Die Schulleitung möchte, dass sich jeder Schüler engagiert.”

Wir nickten, bevor Andy die alles entscheidende Frage stellte. “Was gibt’s denn zur Auswahl?”

Kurz druckste unser Schülersprecher herum, bevor er antwortete: “Leider nur noch Basketball und den Garten.”

Ich lehnte mich zurück und fing an zu kippeln, während ich überlegte. Wirklich Lust hatte ich auf keins von Beiden.

Den Kopf leicht schief legend, sah ich kurz zu meinen Geschwistern - gleiches Interesse wie bei mir - bevor ich Nath wieder fixierte.

Hm…

Geistesblitz!

“Gibt es hier eigentlich eine Englisch - AG?”

Meine Geschwister überlegten kurz, bevor sie zustimmend nickten.

Nath überlegte kurz. “Nicht, dass ich wüsste. Melody? Weißt du von einer English - AG?”

Auch Mel überlegte kurz. “Ich hab noch nie davon gehört. Meiner Meinung nach nicht.”

Ich nickte ihr dankend zu und wandte mich wieder an Nath. “Ist es möglich, dass wir so etwas aufbauen? So als Nachhilfe?”

“Theoretisch schon.” Er fing wieder an zu überlegen. “So etwas gibt es noch gar nicht an der Schule. Das würde aber eine Menge Papierkram bedeuten, das zu beantragen. Außerdem bräuchtet ihr einen Lehrer, der die Sache betreut.”

Orion stand auf und fixierte den Blonden. “Das kriegen wir schon hin. Wir haben schon mal eine AG geleitet.” Mein genuscheltes ´illegal´ beachtete er nicht. “Wo ist das Lehrerzimmer?”

Castiel schnaubte laut. “Das ist doch nicht etwa euer Ernst?”

Doch Orion grinste zurück. “Leben und Leben lassen.” Und schon schob er Nath aus dem Raum.

Lachend folgten wir Mädels.

Der Blick des Rothaarigen war Weltspitze.

Nathaniel grinste auch vor sich hin, während er uns zum Lehrerzimmer führte. “Hier ist es.” Schon klopfte er.

Miss Stone öffnete uns. “Nathaniel! Womit kann ich dir helfen?”

Es deutete auf uns. “Die Star - Geschwister möchten vielleicht eine neue AG gründen.”

Miss Stone lächelte uns an, bevor sie uns hereinbat.

Nathaniel blieb gleich draußen. Wahrscheinlich musste er noch irgendwelchen Papierkram erledigen.

Ich sah mich kurz um. Normales Büro, hell eingerichtet.

Die Lehrer sahen uns fragend an, dann Stone.

Sie lächelte uns an. “Was für eine AG soll es denn werden?”

Ich trat vor und räusperte mich kurz. “Wir dachten, dass eine Englisch - AG gebraucht wird. Da momentan kein Lehrer da ist, muss das anderweitig gelehrt werden.”

Einige der Lehrer überlegten, andere drehten uns gleich den Rücken zu.

Doch ein Paar blauer Augen funkelte uns vergnügt an.
 

(*)http://www.youtube.com/watch?v=jZ4ls2ds9vY&list=PL917B90CAEB38115B

Frau Stone seufzte. “Ich würde es ja machen, aber ich habe schon den Schreibklub. Tut mir leid.”

Eine sehr kleine Lehrerin kam auf uns zu und baute sich vor uns auf. Nicht wirkungsvoll, immerhin war sie kleiner als ich. “Was verlangt ihr von eurem zuständigen Lehrer?”

Lyra lächelte sie an: “Nur, dass sie als Ansprechpartner fungieren. Englisch können wir selber zu genüge.”

Wir hatten die Frau praktisch schon im Sack. Das bewies auch ihre nächste Frage: “Glaubt ihr wirklich, ihr kriegt das gebacken?”

Jetzt trat Orion einen Schritt vor. “Lyra und ich haben schon einmal eine Lerngruppe geleitet. Auch ältere Schüler waren damals begeistert.”

Sie nickte. “Nun gut. Sagt Nathaniel, dass er euch die benötigten Unterlagen raussuchen soll. Da wir die nächste Stunde sowieso zusammen haben, gehen wir danach zur Direktorin.”

Wir bedankten uns bei ihr und machten uns auf den Weg zur SV.

Doch davor fand eine Prügelei statt. Mal wieder Castiel und Nathaniel, hoffentlich wurde das hier nicht zur Gewohnheit.

Ein paar Leute aus unserer Klasse versuchten sie zu trennen. Erfolglos.

Leicht genervt trat Orion nach vorne und erhob die Stimme laut genug, damit es auch alle hörten. “Und ich bleib dabei, die Beiden haben was miteinander.”

Schon war mehrere Meter Platz zwischen den Beiden sich Zoffenden.

Erleichtert atmeten unsere Mitschüler auf und wir konnten sehen, warum.

Nathaniel blutete aus der Nase und Castiel hatte einen scheußlichen Kratzer auf der Stirn. Und so wie es aussah, würde Letzterer noch ein schönes Veilchen kriegen.

Ich wandte mich an Melody. “Habt ihr im SV-Raum nen Erste Hilfe Kasten?”

Dabei drehte sich Castiel schon um und wollte offensichtlich abhauen. Doch er hatte die Rechnung ohne meinen Bruder gemacht.

Orion hatte den Flüchtling gleich am Kragen gepackt und schleifte ihn in das Büro. Tja, nur weil er klein und schmächtig war, hieß das nicht, dass er auch keine Kraft hatte. Pustekuchen.

Melody holte tatsächlich einen Erste Hilfe Koffer aus einem der Schränke und gab ihn mir.

Castiel wehrte sich verhemmend gegen eine anständige Verarztung. Zumindest bis Cassiopeia ihn in einen Stuhl drückte und auch dort fest hielt. Erst dann konnte Orion die Wunde säubern und begutachten.

Nathaniel war da um einiges kooperativer. Er ließ Lyra einfach machen. “Immerhin nichts gebrochen.”

Ich war gerade irgendwie nur damit beschäftigt, Verbandszeug weiter zu reichen.

Ein Seufzen erklang von Orion und ich sah zu ihm. Er fixierte gerade Castiel. “Ich schätze mal, du wirst mich da nicht mit Nadel und Faden ranlassen, oder?”

“Spinnst du?” Zumindest antwortete er ehrlich.

“Dann dauerts eben länger mit dem Verheilen. Deine Entscheidung.”

Doch Castiel ließ sich nicht umstimmen. So bekam er einen fetten Verband verpasst und wurde in Begleitung von Lysander gehen gelassen.

Ich sah wieder zu Melody. “Kannst du mir noch mal helfen? Wir benötigen die Dokumente für eine neue AG.”

“Hey, Glückwunsch!” Der Stimme nach meinte sie es ehrlich. “Leider findet sich nur Nath hier wirklich durch.”

“Denk nicht einmal daran, aufzustehen!” Damit hatte sich das auch erledigt.

“Aber…” Oh oh. Nath versuchte gerade wirklich einer Star zu widersprechen? Fehler!

Doch Lyra blieb erstaunlich ruhig. “Du hast einen gewaltigen Schlag gegen den Kopf bekommen und der Beule an deinem Hinterkopf entnehme ich, dass Castiel dich nicht gerade sanft gegen die Spinde geschleudert hat.”

Melody nickte bestätigend. Sie machte sich gewaltige Sorgen um den Blonden.

Nathaniel gab sich geschlagen, es blieb ihm auch nichts anderes übrig. SO lotste er mich durch seine Ordner, bis ein ganzer Stapel Zettel vor meinem Bruder lag.

“Wars das?” Orion klang leicht genervt, was vor allem daran lag, dass er schon beim Ausfüllen war.

Auch wenn Cassi mithalf, war es doch eine ganze Menge. Und die vier Ausführungen pro Vordruck machten das auch nicht besser.

Zur Erleichterung von uns allen, gab Nathaniel Entwarnung. “Das war es. Mehr benötigt ihr nicht.”

Seufzend stellte ich den letzten Ordner zurück und schloss den Schrank. “Warum werden davon jeweils vier Exemplare benötigt?”

“Eins für euch, eins für den Lehrer, eins fürs Archiv und eins für das Direktoriat.” zählte er einfach so auf. “Welcher Lehrer macht das jetzt überhaupt?”

Wie es der Zufall wollte, hatte ich gerade die Zettel für den Lehrer in der Hand. Na zumindest den Namen konnte ich schon mal eintragen. “Wie heißt unsere Bio - Lehrerin?”

“Jonsen. Wi…” Naths Gesichtsausdruck wurde regelrecht schockiert. “SIE hat sich dazu bereit erklärt? Mensch, wie habt ihr das denn geschafft?”

“Keine Ahnung. Sie hat sich gleich angeboten.”

Als es klingelte hatten wir fast alle Vordrucke ausgefüllt.

Orion half Nath auf die Beine und stützte ihn bis in den Unterrichtsraum. Dort übernahm Kentin den sich schwach Wehrenden und verfrachtete ihn auf seinen Stuhl.

Castiel ging es auch nicht besser. Er saß wie erschlagen da und wurde sehr streng von Lysander beobachtet.

Ich legte die entsprechenden Zettel auf den Lehrertisch, damit sie die noch ausfüllen konnte.

Jeder von uns trug einen Stapel der restlichen Zettel in der Tasche, damit auch ja nichts durcheinander kam.

Kurz nachdem ich saß, kam auch schon Frau Jonsen herein. Ihr Blick fiel gleich auf die Dokumente und sie grinste.

Nachdem es zum Unterricht geklingelt hatte, klatschte sie sehr vergnügt in die Hände. “Heute beginnen wir mit den Spinnen.”

Nur die wenigsten Mädchen schüttelten sich angewidert, was Frau Jonsen doch etwas enttäuschte. Trotzdem begann sie mit dem Unterricht.

Zumindest ich fand es interessant.

Nach der Hälfte der Stunde sah ich aus dem Augenwinkel etwas fliegen. Ich drehte mich um und sah zu Kim, die ein Papierkügelchen nach Lyra geworfen hatte.

Als diese auch zu der Dunkelhäutigen blickte, deutete Kim nach vorne zur Decke.

Wir folgten dem Fingerzeig. Ich hörte Lyra ein quietschen unterdrücken.

Arkia hatte es sich über Jonsen gemütlich gemacht und beobachtete sie. Na hoffentlich ging das gut.

Als unsere Lehrerin wieder auf ihrem Platz saß, um die Sachen für die AG durchzusehen, setzte sich die Kleine in Bewegung.

Ich hörte, wie sich meine Schwester an ihrem Tisch festkrallte, um ja nicht aufzuspringen. Doch es blieb bei dem Versuch.

Ich zuckte leicht zusammen, während Lyra fast ihren Stuhl umschmiss, beim Versuch auf die Beine zu kommen. Sekunden später war sie auch schon vorne und fischte ihr Tierchen von der Wand.

Frau Jonsen sah dem Ganzen sehr seltsam zu.

Lyra versuchte sich stotternd zu entschuldigen, während sie Arkia an sich drückte.

Aber die Lehrerin hatte nur Interesse an dem Tier. “Ist das deine?”

Da es keinen Sinn hatte, jetzt noch zu lügen, gab Lyra es knirschend zu.

Doch die Fragestunde ging weiter. “Aus welchem Land stammt diese Rasse?”

“Borneo.”

Jetzt musterte Frau Jonsen die Spinne noch einmal genauer, bevor sie zu meiner Schwester aufsah. “Sag jetzt nicht, dass ist eine dieser Wächterspinnen.”

Ich ließ erst einmal meinen Stift fallen und starrte diese Frau mit offenem Mund an. Hatte ich mich gerade verhört?

Lyra musste genauso verdattert aussehen wie ich. “Sie kennen sie?”

“Ich habe mal in einer Fachzeitschrift darüber gelesen. Aber ich hätte nie gedacht, Ml eine zu Gesicht zu bekommen.” Jonsen musterte wieder Arkia. “Eine schöne Spinne. Hälst du sie alleine?”

“Nein. Meine Geschwister haben auch jeweils eine.”

Die Lehrerin nickte überlegend. “Warum habt ihr das nicht gleich gesagt? Das ist doch wunderbares Anschauungsmaterial für den Unterricht.”

Langsam kam in mir die Frage auf: War in dieser Schule überhaupt ein Lehrer normal? Momentan sah es nämlich überhaupt nicht so aus. Allen Anschein nach wollte sie uns nicht einmal verpetzen.

“Wovon ernähren sich diese Spinnen?”

“Von allem, was nicht schnell genug wegrennen kann oder in ihre Netzte tapst.” Ich sah Arina kurz an, bevor ich weiter ins Detail ging. “Das heißt fast alles von einer Heuschrecke bis zum Elefanten. Nur Schlangen verschmähen sie. Da sie in der Wildnis in Kolonien leben, sind auch so große Beutetiere kein Problem für sie.”

Ich erhielt ein Nicken, bevor Frau Jonsen mit dem Unterricht fortfuhr.

Nach der Stunde blieben wir da, um mit ihr ins Direktoriat zu gehen. Nathaniel schleiften wir einfach mit - zur großen Belustigung der anderen Schüler.

Die Direktorin genehmigte das ganze recht schnell. Vielleicht weil Nathaniel ein gutes Wort für unsere Unterrichtsweise einlegte.

Obwohl das so schnell ging, würden wir frühestens nächste Woche mit der AG beginnen können, sobald ein Raum dafür gefunden war.

Im SV - Zimmer lieferten wir Nathaniel ab. Er wollte noch da bleiben. Pflichtbewusstsein war ja was tolles, aber man konnte es auch übertreiben.

Auf dem Schulhof sahen wir noch Amber mit ihren Freundinnen quatschen.

Vielleicht würde sie ihren Bruder nach Hause begleiten.

Doch ich konnte mir keine Gedanken darum machen. Snow musste raus.

Rums!

“Autsch!”

Warum fiel ich eigentlich jeden Morgen beim Weckerklingeln aus dem Bett?

Ein Quietschen aus meinen Decken ließ mich aufsehen. “Morgen Laman.”

Fenster auf, Bad, zu Orion unter die Dusche, endlich wach werden.

Na zum Glück war heute schon Freitag.

Und warum war eigentlich Post im Briefkasten? Wer wusste überhaupt, dass wir hier wohnten?

Absender Familienministerium, also wichtig.

Auf dem Weg zur Schule öffnete ich den Umschlag und fischte einen handgeschriebenen Zettel hervor.

Das war schon seltsam.

“Mike lädt uns am Wochenende zum Essen ein. Seine Lieblingstöchter möchten uns dabei haben.”

Orion seufzte genervt: “Bitte kein öffentlicher Empfang!”

Ich musste lachen. “Nein, ein einfaches privates Abendessen. Nur die Familie und wir.”

Lyra beschloss einfach mal: “Wir gehen hin. Nein Orion, kein Widerspruch. Wir müssen uns bei ihnen blicken lassen, immerhin verdanken wir es einzig und allein Mike, dass wir jetzt hier sind.”

Seufzend hob Orion die Arme. “Na meinetwegen. Meckert aber nicht, wenn es mal wieder ein totales Fiasko wird.”

“Keine Angst.” Ich umarmte ihn von der Seite. “Dein größter Fan wird dich nach zehn Minuten entführen und wir sehen dich für den Rest des Tages nicht mehr.”

“Genau das meine ich ja!”

Wir lachten, bis wir in der Schule ankamen.

Vor unseren Spinden trafen wir auf Iris. Sie hatte auch hier hinten ihr Fach.

Ein aufgeregtes Kläffen ließ uns herumfahren. Ein Hund? In der Schule?

Doch kein Hund, dafür war es viel zu klein.

Dieses größenwahnsinnige Etwas rannt Orion in die Beine und brachte ihn zum Fallen.

“Juchhu.” Mein Bruder saß mies gelaunt am Boden. “Der Tag kann doch nur noch besser werden!”

Leider falsch gedacht.

Das rosa Bonbon, das sich auch Direktorin nannte, kam die Treppe runter gewalzt. Sie ging sofort auf Orion los: “Du! Du hättest ihn ja mal festhalten können! Na los! Such ihn!”

Damit war sie voll richtig bei meinem Bruder, denn der explodierte gleich mit. “Ich glaub es hackt! Wenn du auf deine Ratte nicht aufpassen kannst dann erhäng es doch, aber lass mich damit in Ruhe! Und wenn Tiere für uns Schüler verboten sind, dann ja wohl erst recht für ein Augenkrebs verursachendes Etwas wie dich!”

Die Direktorin war sprachlos geschockt und mein Bruder stapfte wutentbrannt weg.

Ich schob Iris langsam Richtung Klassenraum, nicht dass sie noch Ärger bekam.

Im Raum saß Orion auf seinem Platz, immer noch vor Wut rauchend. Das konnte noch dauern, bis der wieder runterkam.

Die bereits Anwesenden sahen ihn berechnend an. Na hoffentlich hatte er noch niemanden angefahren. Aber da niemand wütend aussah, war das wohl noch nicht geschehen.

Iris huschte schnell auf ihren Platz. Die Szene im Treppenhaus hatte ihre Spuren hinterlassen.

Wir setzten uns ganz ruhig hin, schließlich konnte er jederzeit richtig explodieren und dann würde es sehr interessant werden.

Kurz vor dem Klingeln kamen Faraize und Nathaniel herein und wunderten sich über die herrschende Stille.

Faraize sah sofort zu Orion, nur um ihn gleich von vorn herein in Ruhe zu lassen. Wieder etlicher Schüleraussagen gab es also doch intelligente Lehrer.

Nathaniel beobachtete und durchgehend und vergaß dabei fast seine eigenen Aufgaben.

Castiel kreuzte erst in der Hofpause auf und setzte sich sichtlich amüsiert auf eine Bank. Er sah über die Lehne hinweg zu uns. “Seit ihr heute schon mal der Direx über den Weg gelaufen?”

Ich griff nach Orions Arm, damit dieser ja nicht aufsprang.

“Dieses dumme Etwas! Soll die doch alleine für ihren Mist gerade stehen!”

Bevor es noch weiter ging, hielt Lyra ihm den Mund zu und funkelte ihn sauer an. “Noch einen Ton und ich wasche dir den Mund mit Seife aus!”

Ori rauchte zwar weiter, aber er hielt die Klappe.

“OK?” Damit hatte Castiel nicht gerechnet. “Gibt es dazu eine Übersetzung?”

Seufzend nickte ich. “So ein halbes Kilo Gehacktes hat ihn heute morgen umgerannt und die Direktorin wollte, dass Ori es wieder einfängt.”

Sofort lachte er los und bekam sich gar nicht wieder ein.

Das machte Lysander auf ihn aufmerksam und er setzte sich neben seinen Kumpel. “Morgen, Cas.”

Nur mit Mühe konnte Castiel seinen Lachflash herunter kämpfen. “Morgen.” Immer noch kichernd vermied er es in unsere Richtung zu sehen.

Leider kam genau in dem Moment die Direx vorbei gerannt, laut “Kiki!” rufend.

Nächster Lachkrampf seitens Castiel und endlich mal ein belustigter Ton von meinem Bruder. Damit war das Schlimmste überstanden.

Lysander scherte das Ganze gar nicht. Er hatte wieder sein Büchlein in der Hand und kritzelte darin herum.

Zu allem Überfluss kam jetzt auch noch Nathaniel auf uns zu. Er fixierte zuerst Castiel: “Du hast schon wieder einen Tag geschwänzt.” und drückte ihm einfach einen Zettel in die Hand.

Da dass für ihn damit erledigt war, wandte er sich jetzt an uns. “Das heute morgen wurde vermerkt. Wenn noch mehr solcher Sachen kommen, könnte es Probleme für euch geben.” Er wirkte nicht, als ob er diese Meinung teilte. Trotzdem reichte er uns noch ein paar Zettel. “Das ist noch wegen de AG. Euer gesetzlicher Vormund müsste das mal noch unterzeichnen.”

Das Zeug ging direkt an Orion. Er überflog den Text kurz, während er mit der zweiten Hand seine Tasche durchwühlte. Einen Stift herausziehend, klatschte er das Zeug an meinen Rücken und unterschrieb schnell.

Nathaniel nahm es zwar wieder an sich, aber die Frage konnte man in seinem Gesicht lesen.

“Der gesetzliche Vormund meiner Schwestern bin ich.”

Damit hatte das auch seine Richtigkeit und der Blondie düste ab.

Immer noch kichernd und seinen Zettel verstauend sah Castiel wieder zu uns. “Ihr wohnt also auch allein?”

“Nein. Denn wir haben noch uns.” Orion nahm das wie selbstverständlich hin. Er drehte sich zu einem Wachholderbusch. “Hau ab! Ich bin gerade nicht gut auf dich zu sprechen!”

Die Flohschleuder der Direktorin stand Schwanz wedelnd zwischen den Zweigen. Doch jetzt verschwand er wieder winselnd im Gebüsch.

Das brachte Castiel zum Staunen, was wiederum mich kichern ließ.

Es klingelte zur nächsten Stunde, was mich zu einer sehr interessanten Frage…

“Sag mal, Castiel: Magst du Sprachen so sehr?”

… brachte, aber Orion war schneller.

“Vielleicht.”

Also ja. Und Ori dachte eindeutig das Gleiche.

Aber jetzt war erst einmal unsere Lieblingsstunde dran. Englisch.

Zu unserer vollsten Verwirrung saß bereits ein Erwachsener auf Rosalias Platz.

Die Silberhaarige und Armin wurden auf Orions und Lyras Plätze verbannt.

Ich stellte meine Tasche auf meinen Stuhl und trat zu dem Kerl. “Entschuldigung?”

Er sah mich direkt an. Er hatte ein hartes Gesicht, schneeweiße Haare und Vollbart. Aber seine Augen sahen mich freundlich an. “Mit wem habe ich das Vergnügen?”

“Cassiopeia Star.”

“Marlow. Astro und Physik Lehrer. Ich soll mir eure Lehrmethoden ansehen.”

Ich nickte dankend und trat wieder mach vorne.

Es klingelte und die Klasse wurde von alleine leise. Das war das erste Mal, dass ich so etwas erlebte.

Wir ließen uns nicht dadurch irritieren, sondern begannen einfach mit dem Unterricht.

Da wir dieses Mal Zeit hatten, um die Stunde vorzubereiten, ging es uns etwas leichter von der Hand. Und bis auf Castiel passten auch alle auf. Aber man konnte nicht alles haben.

Während wir die Übungen kontrollierten, besah sich Marlow die Mitschriften. Armin klaute er sogar den Zettel!

Nach der Stunde kam er zu uns. “Also, mir gefallen eure Methoden und ihr habt auch das nötige Wissen dazu.” Darum also die selten dämlichen Fragen von ihm. “Ich bin auf jeden Fall dafür, dass ihr das weiter macht.”

Unsere Erleichterung musste man uns ansehen, denn er grinste. Somit war eins unserer Probleme schon mal Geschichte. Wir wurden Lehrer.

Der Rest des Tages lief ruhig vorbei.

Irgendwann in der Mittagspause schaffte es die Direx ihren Hund wieder einzufangen. Sie sah auch entsprechend durch den Wind aus.

Die Probleme kamen nach der letzten Stunde, als Orion die Beine in die Hand nahm und aus der Tür verschwand.

Ich ließ alles stehen und liegen und hetzte hinterher.

Auf der Treppe holte ich ihn ein, aber nur weil ich mich nicht mit den Stufen aufhielt. Ich sprang einfach über das Geländer und erwischte meinen Bruder am Handgelenk.

Aus genau solchen Gründen vermied ich Röcke, das wäre jetzt peinlich geworden.

Gemütlich kamen unsere Schwestern an, mit unseren Taschen und Mänteln.

Orion versuchte noch, sich loszureißen, aber keine Chance. “Jetzt hab dich nicht so! Du wirst das überleben!”

Doch er schüttelte verhemmend den Kopf. “Werde ich nicht! Mich graust es jetzt schon davor, mehrer Stunden mit Michelle zu verbringen! Euch rennt sie ja nicht so hinterher!”

“Das ist aber auch deine Schuld.” So langsam reichte es mir. “Du hast ihr damals das Leben gerettet! Kein Wunder, dass sie so klammert!”

Lyra neben mir schüttelte genervt den Kopf. “Ernsthaft Orion. Du benimmst dich wie ein dreijähriges bockiges Kind!”

Krach!

Ups, das war bestimmt mein Wecker.

Ich krabbelte an das Fußende meinen Bettes und sah von dort aus zur Wand.

Maja saß vor den Scherben und stupste diese immer wieder mit ihrer Pfote an. Auch Serina und Arja besahen sich die Reste dieses nervig klingenden Dinges. Alle Drei wirkten nicht, als ob sie ihm nachtrauerten.

Wie der Besitzer, so das Haustier.

Dadurch besser Laune habend, sprang ich gutgelaunt aus dem Bett.

Cassi begrüßte mich im Bad gleich mit: “War das dein Wecker?”

“Jup!” Ich dachte gar nicht daran, mir die Laune vermiesen zu lassen und stieg mit meiner Zahnbürste im Mund unter die Dusche.

Das tat gut.

Ich war schon längst wieder allein, als ich das Wasser abstellte, mich abtrocknete und begann mich zu schminken.

Ungewöhnlich für einen Jungen, ich weiß. Aber ich hatte meine Gründe. Das Make-up war nur dazu da, meine schon krankhafte Blässe und meine gewaltigen Augenringe zu verdecken.

Auch wenn ich inzwischen durchschlief, die Albträume setzten mir doch ganz schön zu. Jede Nacht durchlebte ich Morde, Folterungen und wild gewordene Paparazzi. Kein Wunder also, dass ich vor der Schulreporterin abgehauen bin, oder?

Wieder bei mir holte ich Hemd und Hose aus dem Schrank und schlüpfte rein, bevor ich meinen ehemaligen Wecker aufsammelte.

Lyra grinste mich schon an, offensichtlich hatte sie das Scheppern auch gehört.

Meckert nicht, irgendwann würde ein anderer Wecker diesem Schicksal folgen. Hätte ja was vernünftiges Lernen können.

Beim Frühstück begann ich auf meinem Handy rumzuschreiben. Wir mussten unbedingt in das Elektrogeschäft. Bis auf unsere Smartphone und Wecker hatten wir nix.

Laut Armin war der Laden Fünf Blöcke von der Schule entfernt auch sehr gut. Mal überraschen lassen.

Apropos Elektronik:

“Was ist jetzt mit dieser Reporterin?”

Lyra fing sofort an, zu grinsen. “Finn hat am Samstag angerufen, es hat alles funktioniert. Sie wird bestimmt heute ankommen.”

Nickend trank ich noch meinen Tee aus, bevor ich aufstand und begann den Geschirrspüler einzuräumen.

Mittwoch hatte Lyra den Stein ins Rollen gebracht und heute am Montag würden wir wahrscheinlich unseren Erfolg ernten können.

In der Schule ging alles seinen gewohnten Gang, es war auf den Gängen laut und in den Räumen noch lauter. Himmel, diese Schüler waren nicht gerade die Wohlerzogensten ihrer Spezies.

Bei uns im Klassennraum kam uns erst einmal ein Schwall Lärm entgegen. Anscheinend unterhielt Alexy gerade die gesamte Klasse, während Armin ihn nicht kannte.

Kopfschüttelnd hing ich meinen Mantel an den Haken und setzte mich.

Weit vor dem Stundenklingeln kam Nathaniel herein und gleich zu mir. “Guten Morgen.”

“Morgen!” grüßte wir zurück.

Nath stockte und sah Lyra an. “Hattest du letzte Woche nicht noch grüne Haare?”

Mein Schwesterchen kicherte dazu. “Das war, wie du schon gesagt hast, letzte Woche.”

Nathaniel sagte klugerweise nichts dazu, sondern gab mir eine Akte. “Das ist die Bestätigung für eure AG und die Zuweisung der Raumes. Ihr könnt den hier nehmen. Wann ihr das macht, ist praktisch euch überlassen. Es wird nur gebeten, dass ihr Bescheid gebt, vorzugsweise Frau Jonsen oder mir.”

Ich nickte während ich kurz die Zettel durchsah.

Faraize betrat den Raum und damit begann meine persönliche Folter: Doppelstunde Mathe. Hilfe!

In der Hofpause mussten wir den Raum wechseln, weshalb wir raus gingen und uns unter ´unseren´ Baum pflanzten.

Rosalia setzte sich wieder zu uns und begann eine lockere Unterhaltung mit meinen Schwestern. Man merkte ihr an, dass Lyras orangene Haare sie stark verwirrten.

Auf der Bank am Rande der Grasfläche saß Lysander, mal wieder am Schreiben.

Mein Blick glitt weiter, bis zu einer Bank 15 Meter von meinem Platz entfernt.

Dort saß die Schulreporterin Peggy. Sie wirkte sehr bedrückt und sah nur auf den Boden. Ich konnte nicht einmal ihre Ausrüstung sehen.

Neben ihr saß Iris und schien sie erfolglos trösten zu wollen.

Kurz sah ich zu meinen Schwestern, bevor ich aufstand und quer über den Schulhof schritt.

Vor den Mädchen blieb ich mit vor der Brust verschränkten Armen stehen und besah mir die Dunkelhaarige.

Dass Iris mich wiederholt ansprach missachtete ich bewusst, auch dass sie irgendwann aufgab.

Dafür hob Peggy den Kopf, sah mich erst verwirrt und dann wütend an. “Was willst du?”

Ich fing an, gehässig zu grinsen. “Du hast es doch nicht anders gewollt. Sei froh, dass es bei diesem Fingerspiel geblieben ist. Aber das nächste Mal kommst du nicht so einfach davon.”

Peggy sprang sauer auf. Sie war um die fünf Zentimeter größer als ich, aber egal. “Was willst du damit sagen?”

Mein Grinsen wurde noch breiter. “Glaubst du allen Ernstes, dass dein Vater zufällig am Freitag seine Kündigung erhalten hat? Wird erwachsen!”

Sie trat ganz nah an mich heran und starrte mich von oben herab an. Lass es Süße, ich kann das trotz meiner geringen Körpergröße viel besser.

Tatsächlich schrumpfte sie etwas, aber leider nicht genug. “Du bluffst!”

Jetzt lachte ich. “Klaro. Und die ganze Story hat mir ein Vögelchen gezwitschert.” Mittlerweile sah ich sie wirklich von oben herab an. “Mach das noch ein Mal und deine gesamte Familie wird darunter leiden.”

“Das wagst du nicht!”

Ich schaffte es, sie komplett neutral anzusehen. “Willst du es riskieren?” Ich wandte mich zum Gehen ab, als mir noch etwas einfiel. “Übrigens. Deine Knopfkamera wird dir keine erweise bringen, da die Technik gestarrt wurde.” Ich ging.

Ich spürte die Blicke der beiden jungen Frauen stark im Rücken. Wirkte ich, als ob es mich störte? Mensch, ich war abgehärtet.

Auf der Hälfte des Weges blieb ich fast stehen.

Castiel war schon da und beobachtete mich. Hatte ich mich im Plan vertan? Wir hatten doch als Nächstes Physik!

Damit konfrontierte ich ihn gleich. “Wir haben doch erst in der übernächsten Stunde Französisch.”

Er erwiderte mein Grinsen. “Und die Show verpassen? Nein danke.” Seine Augen suchten kurz nach Peggy, bevor er mich wieder fixierte. “Was warn los?”

Ich setzte mich einfach neben ihn auf die Bank. “Ich habe nur etwas klar gestellt.”

“Muss ja was weittragendes gewesen sein.”

Fies grinsend sah ich ihn an. “Ich habe sie nur darauf hin gewiesen, dass ihr Vater nicht zufällig am Freitag seine Kündigung bekommen hat.”

Castiel sah mich nun überlegend an. “Du meinst das wirklich ernst.” und das war keine Frage.

Ich beugte mich zu ihm rüber - verdammt sei meine Kleinwüchsigkeit! - bis sich unsere Nasenspitzen fast berührten. “Niemand legt sich mit einem Star an. Wer es doch wagt, wird teuer dafür bezahlen. Das, was Peggy passiert ist, war nur ein Vorgeschmack auf unsere Möglichkeiten.”

Ich sagte das mit so einer Ernsthaftigkeit, dass Castiel und auch Lysander trocken schlucken mussten.

Schmunzelnd ließ ich mich zurück fallen und lehnte mich wieder an. Ich hätte nicht erwartet, dass diese beiden Riesen solch eine Angst kriegen konnten. “Keine Panik. Mann muss mir schon gewaltig auf den Schlips treten, damit ich ein Leben von Grund auf zerstöre.”

Castiel gab einen belustigten Ton von sich. “Erinnere mich daran, auf deiner guten Seite zu bleiben.”

“Wer sagt, dass du dort je warst?” Ich fixierte ihn wieder. Innerlich lachte ich mich schlapp, so verblüfft wie er mich ansah.

Ein paar mir Sicherheit kalter Hände legte sich um Castiels Nacken und ließen ihn so herumfahren. Anerkennend musste festgehalten werden, dass er nicht von der Bank fiel.

Andromeda lächelte ihn ganz unschuldig an, während ich mich kringelig lachte. “Ori mag niemanden, der Streit sucht und auf Krawall aus ist.” Mein Schwesterchen drehte sich in Richtung Schule und hüpfte davon. Punktgenau zum Klingelzeichen.

Das war Andy wie sie leibt und lebt.

Immer noch vor mich hin kichernd nahm ich den gleichen Weg.

Im Physik-Raum wurde Lysander plötzlich ganz panisch. Er begann erst seinen Mantel und dann seine Tasche zu durchsuchen.

“Bitte sag, dass das nicht dein Ernst ist, Lys.” Castiel klang irgendwie genervt.

Der Rest der Klasse war entweder belustigt oder ebenfalls genervt.

“Ich weiß nicht. Irgendwo muss mein Notizbuch doch sein.” Es war kurz davor verzweifelt rumzurennen.

Mit etwas Verspätung kam Andy herein und hüpfte gleich nach hinten. Tada! Sie förderte ein kleines blaues Büchlein zu Tage und hielt es dem Weißhaarigen unter die Nase. “Das ist doch deins, oder?”

“Danke!” starke Erleichterung. Lysander nahm es fast schon ehrfürchtig an sich. “Wo lag es denn?”

“Auf deinem Platz auf der Bank.” Unsere Kleine hüpfte zurück auf ihren Platz.

Belustigt setzte ich mich auf meinen Stuhl. Offensichtlich hatten wir hier ein kleines Vergiss - mein - nicht in der Klasse.

Und wie ich Andy kannte, würde sie dem Jungen öfters hinterher räumen.

Ich halte fest: Sozialkunde / Wirtschaft ist ein dämliches Fach.

Herrgott noch mal. Wen interessierte so ein Blödsinn überhaupt? Meine Geschwister mit Sicherheit so sehr wie mich: nämlich gar nicht!

Nach dieser Schwachsinnsstunde - zum Glück die letzte für heute - hielt ich noch kurz den Schülersprecher auf. “Nathaniel, warte mal kurz.”

Er blieb wirklich in der Tür stehen und sah mich direkt an. “Ja?”

Meine Tasche einfach erst einmal stehen lassend, ging ich zu ihm. “Wegen der AG. Wahrscheinlich können wir dir morgen sagen, wann wir sie das erste Mal halten können.”

Er nickte und lächelte mich an. “Das ist schön, dass ihr es so schnell hinbekommt. Ich werde dann einen Zettel mit den Daten ans schwarze Brett hängen.”

Sofort fing ich an zu strahlen. “Das würdest du machen? Danke!” Ich drückte ihn einfach kurz an mich.

Damit hatte ich ihn dermaßen überrumpelt, dass er aussah wie ein Fisch auf dem Trockenen. Erst, als ich vor seinen Augen herumwedelte, kam er aus der Trance.

“Ähm, klar. Gern geschehen.” Ergriff der gerade die Flucht?

Cassis Grinsen nach zu urteilen, ja.

Ich nahm Mantel und Tasche auf und gesellte mich zu meinen Geschwistern.

Jetzt auf zum Elektronikgeschäft! Hoffentlich hatten die da einen Lieferservice.

Wir brauchten kürzer als befürchtet, bis wir vor dem kleinen Laden standen. Auch das Firmenschild war recht klein, sodass man es leicht übersehen konnte.

Ein Glöckchen meldete unser Ankommen.

Sofort kam ein Mann mittleren Alters auf uns zu. Er hatte lange braune Haare und trug eine rahmenlose Brille. “Guten Tag. Womit kann ich euch helfen?”

“Mit einem anständigen Radio.” Das war zumindest auf meiner Liste ganz weit oben.

Der Verkäufer zeigte uns, wo sie standen und versuchte nicht gleich, uns das teuerste aufzuschwatzen. Pluspunkt.

Eins fiel mir ins Auge. Es war blau-schwarz und hatte separate Boxen. Da man auch einen USB Stick anschließen konnte, war es mein Favorit für die Küche.

“Gibt es das auch in anderen Farben?”

Ich drehte mich zu Orion, der auf das Radio zeigte, vor dem ich stand.

“Ja. Rot-schwarz, silber-schwarz, weiß und golden.”

“Ich will ein ganz weißes für mein Zimmer!” Typisch Andy.

Rot-schwarz für Cassi, Orion und ich wollten silber-schwarz und das Blaue hier für die Küche.

Der Verkäufer war happy, vor allem als Cassi plötzlich ein kleines Taschenradio in der Hand hielt, welches uns allen zusagte.

Orion holte sein Smartphone aus der Tasche und begann die Liste durchzugehen.

Die Augen des Verkäufers wurden immer größer.

Einen anständigen Fernseher mit DVD- Player, Cassi bestand auf eine Digitalkamera, Arbeits-Laptops für jeden von uns.

Ich glaube, der Kerl mach heute das Geschäft seines Lebens.

“Hast du einen Drucker auf deiner Liste?” Ich beugte mich über das Handy.

“Moment… nein.”

Und das suchten wir auch noch. Im Endeffekt wurde es ein Kombigerät, auch zum Scannen und Faxen geeignet. Letzteres musste dann nur noch angeschlossen werden. Internet hatten wir ja schon, aber ein Fax war nie geplant gewesen.

“Hier gibt es automatische Staubsauger!” Andy freute sich gerade einen Keks ab.

Ich ging die Produktinformationen durch, bis ich einen fand, der für unsere Wohnung geeignet wäre und sah zu dem Verkäufer. “Sind die Haustiersicher?”

Er wusste nicht wirklich, was ich meinte, weshalb er ein paar Informationen aus dem Stehgreif holte. “Der, den Sie sich ausgesucht haben, überlebt auch Treppenstürze, auch wenn das Programm ihn davor warnt. Wenn er hochgehoben oder umgedreht wird, geht er automatisch aus.”

Genau so etwas verstand ich unter Tiersicher.

Orion stand inzwischen bei dem elektronischen Spielzeug und besah sic die Konsolen. Wie ich ihn kannte…

“Wir kaufen noch eine Wii.”

…war klar.

Die Spielauswahl traf er zusammen mit Andy und Cassi.

Währenddessen überlegte ich, was sonst noch fehlte.

Die wichtigsten Programme für die Computer hatte er uns gleich zusammengesucht, zusammen mit einem hochwertigen Handbuch.

Meiner Meinung nach hatten wir alles.

Ich revidierte meine Meinung, als ich vor den E-Books stand. Da meines Wissens nach Tablets auch gingen, aber keine so lange Akkulaufzeit hatten, stand ich jetzt vor der Entscheidung.

Orion konnte ich nicht fragen. Der würde sagen, ich solle Beide nehmen.

Obwohl… Wir hatten ja schon unsere Smartphones mit Internet. Das musste reichen. Also nahm ich das Book, das die meisten Formate fraß.

Ich hielt es kurz hoch, damit meine Geschwister es sehen konnten und bekam ein Dreifaches “Ja!” entgegen gerufen. Macht vier Exemplare.

Hm, irgendwie war unser Haufen verschwunden.

Der Verkäufer bemerkte das und lächelte mich an. “Die Lieferung geht aufs Haus.”

Auch gut. Ich gab ihm die Kartons, kurz bevor Andy einen Stapel DVDs auf den Tresen legte. “Hast du das komplette Horror-Genre herausgesucht?”

“Fast. Hilfst du mir beim Tragen?”

“Nö. Ich such lieber noch ein paar anständige Schnulzen.”

“Bäh.” Andy streckte mir die Zunge raus. “Das kannst du alleine gucken.”

Grinsend sah ich wirklich die Liebesfilme durch, aber bis auf Titanic und Dirty Dancing war hier nichts für mich.

Minuten später hörte ich Cassi quietschen, doch sie stand bei irgendwelchen Spielen, also war es nichts Schlimmes.

“Ihr hier?”

Jetzt drehte ich mich doch um.

Armin hatte den Laden betreten und sah uns freundlich an.

“Klar! DU hast uns den Laden doch empfohlen.” Cassis Aussage brachte den Verkäufer zum Aufsehen.

Bei ihm begann es zu rattern, bevor er etwas notierte.

Orion stand schon am Tresen und sah jetzt zu mir. “Ly? Hast du noch was?”

“Ja.” Mit einem vollen Arm DVDs und Computerprogrammen ging ich nach vorne und legte sie dem Verkäufer vor die Nase.

Andy lehnte sich neben unseren Bruder und summte die englische Nationalhymne vor sich hin.

Cassi nahm einfach den einzigen Stuhl im Raum in Beschlag.

Der arme Mann hinterm Tresen hämmerte auf seiner Computertastatur ein, bis ein Drucker die Rechnung ausspuckte.

Orion überflog kurz die gröbsten Punkte, ob es im Allgemeinen hinhaute. Aber niemand von uns wusste genau, was wir jetzt alles kaufen wollten. Er sah nicht einmal auf den Endpreis, sondern bezahlte alles per Karte.

Wir beschlossen einfach, dass Cassi mitfahren sollte. Der Rest würde laufen.

Und los gings.

Ich machte noch einen Abstecher in das Lebensmittelgeschäft. Wir waren 2 ½ Stunden in dem Geschäft gewesen. Langsam wurde es Zeit für das Abendessen.

Mit zwei vollen Beuteln kam ich nach Hause.

Vor dem Block stand noch der Transporter, also war der Kerl noch da. Faul, wie ich ausnahmsweise mal war, nahm ich den Aufzug.

Bei uns klingelte ich und stellte fest, dass der Gong unbedingt mal geölt werden musste. Wahlweise auch ausgetauscht.

Andy öffnete mit und nahm gleich einen der Beutel an sich.

Wahrend wir die Lebensmittel einräumten, hörte ich aus dem Wohnzimmer seltsame Geräusche. ”Was ist da los?”

“Der Installateur schließt den Fernseher an. Auf Cassis Bitte hin, ärgert er sich auch gleich mit dem Player und der Wii rum. Ori versucht dabei mit dem Laptop klar zu kommen.”

“Wo sind unsere Tiere?” Das war noch für mich interessant.

“Cassi hat sie in unsere Zimmer gesperrt.”

Gute Idee. Wenn sie da jetzt auch noch rum rennen würden, wäre das Chaos vorprogrammiert.

Ich trat ebenfalls in das Wohnzimmer und schluckte erst einmal. Himmel! Was hatten wir alles gekauft? Das waren ja Tonnen!

Der Techniker war gerade fertig und drehte sich zu mir um.

Ups. Der hatte Cassi angegraben, ansonsten hätte er diesen Handabdruck nicht im Gesicht.

Aber er war eindeutig gut gelaunt. Also wusste er, dass es seine Schuld gewesen war.

Er verabschiedete sich von uns, nachdem er noch seine Servicekarte herausgerückt hatte.

Zuerst ließ ich die Tiere raus. Snow lief gleich zu Andy und wollte raus.

Als ich mit Poisen auf den Schultern wieder ins Wohnzimmer kam, stand auch die Balkontür sperrangelweit offen und die frische Luft kam herein.

Ich schloss mich Cassi an und räumte mit ihr die DVDs in einen Schrank ein. Wir versuchten zwar, eine Ordnung reinzukriegen, aber es blieb bei dem Versuch. Schlussendlich trennten wir nur die Programme extra ab.

Das Radio für die Küche bauten wir auch noch schnell zusammen, bevor wir Abendbrot machten.

Pünktlich kam auch Andy wieder und wir konnten essen.

Orion war richtig glücklich, dass der Computer machte, was er sollte. Als Nächstes wollte er sich den Drucker vornehmen.

“Morgen!”

Fröhlich und saumüde grüßte ich unsere Klasse.

Als erstes fiel mir auf, dass Castiel schon da war, auch wenn er versuchte, auf seinem Tisch zu schlafen.

Wir saßen kaum, da hielt auch schon Armin auf uns zu und stützte sich auf Orions Platz ab. “Sagt mal, was habt ihr da gestern alles gekauft?”

Cassi begann mal wieder zu kippeln und sah den Kurzhaarigen von unten her an. “Nur das, was nötig ist und noch ein paar weitere Kleinigkeiten.”

“Ich glaub euch das nicht.” So klang seine Stimme auch. “Der Inhaber hat mir einen 100€ Gutschein in die Hand gedrückt und meinte, ich soll noch mehr Kunden wie euch ranholen.”

Ich glaub, von uns wusste niemand so genau, welche Menge Geld gestern geflossen war. Es war auf jeden Fall sehr viel.

Während die Beiden darüber diskutierten, ob wir nun viel gekauft hatten oder nicht, verging die Zeit bis zur ersten Stunde.

Als Nathaniel hereinkam, nahm Lyra ihn gleich in Beschlag und verkündete ihm, dass wir morgen die erste Sitzung abhalten wollten. Sie gab ihm auch gleich einen ausgedruckten Zettel, wo alles Wichtige draufstand.

Entweder war Orion sehr bewandt mit Elektronik, oder es war leichter gewesen, als im Handbuch beschrieben.

Frau Stone kam herein und begann gleich mit dem Unterricht.

Mein Versuch zu schlafen wurde erneut vereitelt, sodass ich erst in Englisch wach wurde.

Heute war rein Grammatik dran. Da wies die Klasse noch große Rückstande auf. Also mussten wir das auch noch in die AG mit einbauen.

Faraize war in Mathe richtig gelöst, im Gegensatz zu den letzten Stunden. Seine Scheu vor uns war abgeklungen.

In der Hofpause lag Castiel ein paar Meter von uns entfernt im Gras und döste vor sich hin. Er wirkte heute den ganzen Tag schon so müde.

Zum Klingelzeichen war er wieder wach.

Wir Geschwister meldeten uns zuerst bei Herrn Crown.

Der sah uns erst einmal abschätzend an. “Sagt mir jetzt nicht, ihr habt keine Sportsachen dabei.”

Doch ich musste ihn enttäuschen. “Keine Angst. SO vergesslich sind wir nicht.”

Jetzt grinste Crown wieder. “Na dann. Ich geh mal davon aus, dass ihr die Geflogenheiten einer Sporthalle kennt. Also geht da bloß nicht mit euren Straßenschuhen rein.”

Wir bejahten die ganze Sache und er brachte uns zu en Umkleiden.

Uns kam ans erstes eine Deo-Wolke entgegen, die zumindest mich fast umhaute. Grundgütiger!

Rosa wank uns zu sich und dort war wirklich noch etwas frei. Sie klärte uns auch gleich über die Spinde auf. “Dort könnt ihr eure Sachen über die Stunde einschließen. Es gab vor einer ganzen Weile mal Probleme mit Diebstahl, weshalb sie angeschafft wurden. Ah ja, Crown sieht es nicht gerne, wenn wir unseren Schmuck anbehalten.”

Damit war das das Erste, was wir ablegten.

Zum Glück hingen Bügel drin, dann konnte ich mein Kleid wenigstens aufhängen.

Während ich nur in Unterwäsche meine Haare zu einem Pferdeschwanz zusammenband, hörte ich in meinem Rücken die andern Mädchen tuscheln.

Erst als ich in meinen - logischerweise schwarzen - Sportklamotten da stand und meine Schuhe zuband, kam eine der Tratschtanten zu uns geschlichen.

Es war Iris. “Sag mal Andromeda, hast du da eine Tätowierung im Nacken?”

“Wie kommst du darauf, dass nur ich eine habe?” Ich musste dabei grinsen, denn es stimmte. Wir alle trugen an dieser Stelle ein Täto, und es war uns sehr wichtig weil es unseren Zusammenhalt symbolisierte.

Cassi grinste, bevor sie aus der Umkleide ging, mich im Schlepptau.

In der Halle waren schon die Jungs. Wir gingen zu Orion und setzten uns zu ihm.

So nach und nach trudelten auch die restlichen Mädchen ein. Sie schienen geschlossen keine Lust auf sportliche Betätigung zu haben.

Crown kam herein und blies kräftig in seine Pfeife.

Zum Glück hatten wir uns in weiser Voraussicht die Ohren zugehalten.

“Also los! Jeder läuft zehn Runden durch die Halle. Hop hop, wir haben noch was anderes vor!”

Und los geht’s!

Meine Geschwister und ich gehörten zu den Ersten, die die Runden fertig hatten, zusammen mit Castiel und Kentin. Aber im Gegensatz zu den Beiden konnten wir noch normal atmen und schnauften nicht.

Der Nächste, der eintrudelte, war Lysander.

Damit hatte Crown anscheinend genug Leute. “Jungs, kommt mal mit.”

Die Neugierde ist der Katze Tod, aber ich war ja keine Katze.

Sie sollten Matten aus dem Geräteraum holen. Diese wurden um die Kletterstangen gelegt, als Fallschutz. Damit war auch mehr oder weniger klar, was wir heute machen sollten.

Der Rest hatte sich inzwischen auch schnaufend am Ziel eingefunden.

“Gut, gut. Heute benoten wir das Klettern.”

Kollektives Stöhnen.

Ich meldete mich. “Müssen wir das mit Schuhen machen, oder geht das auch ohne?”

“Wenn du freiwillig als Erste hochkletterst, kannst du machen, was du willst.”

Ich nahm das einfach mal als Freifahrtschein und schlüpfte aus meinen Schuhen mitsamt Socken. Dieses weiße Pulver ließ ich links liegen und sah den Lehrer an.

Crown hielt seine Stoppuhr in der Hand und die Trillerpfeife an die Lippen. “Pfeif!”

Keine 10 Sekunden später war ich oben und klatsche an den Balken. Kurz blickte ich zu Crown, bevor ich mich wieder runterrutschen ließ.

“Sehr gut! 8,6 Sekunden*. So ein Tempo habe ich bisher nur in der Leichtathletik AG gesehen.”

“Dann lassen Sie mal Cassi klettern.”

5,1 Sekunden und der Klasse standen die Münder offen.

5,4 Sekunden bei Orion und 6,7 bei Lyra später war der Lehrer sehr ruhig.

Hätte ich vielleicht erwähnen sollen, dass ich die unsportlichste von uns war?

Der Rest der Klasse kam zu ihrem Leidwesen nicht Drumherum, aber niemand schaffte auch nur ansatzweise unsere Zeiten.

Crown war trotzdem mit ihnen zufrieden. “Anscheinend habt ihr eure Klassenkameraden motiviert.”

Das wäre dann unsere gute Tat des Tages.

“Also gut.” Er deutete auf die vier Jungs, die beim Aufwärmen zu langsam waren. “Ihr bringt erst einmal die Matten weg. Und der Rest überlegt sich, was wir machen wollen.”

Die verschiedensten Dinge wurden durcheinander gerufen.

Da Viola nur leise nuschelte, wiederholte ich ihren Vorschlag noch mal lauter.

Nicht nur Crown blinzelte mich verwirrt an, weshalb ich schnell auf die Violetthaarige deutete.

“Dann spielen wir eben Volleyball.”

Gut so, da kannte ich wenigstens die Regeln.

“Da es endlich aufgeht, wer im Klassenzimmer in der Fensterreihe sitz, ist Team 1, Mittelreihe Team 2 und Wandreihe Team 3.”

Wir Stars alle zusammen? Die anderen Teams würden sich freuen.

Rosa und Armin waren nicht sehr begeistert, überhaupt spielen zu müssen.

Wir gingen raus zum Volleyballplatz, wo als erstes Team 1 und 2 gegeneinander spielen sollten.

Ein kleines Ballduell zwischen Castiel und Orion brachte den Ball zu uns.

Mein Bruder begann auch direkt mit dem Aufschlag und donnerte ihn genau in die Lücke zwischen Castiel und Lysander. Da Beide versuchten, den Ball zu kriegen, krachten sie voll ineinander.

Fluchend kam Castiel wieder auf die Beine.

Aber Orion störte das gar nicht, er spielte jeden mal genau an und dann wieder in die Lücken.

Wenn doch mal einer zurückkam, begannen wir Schwestern ein Spiel miteinander, bevor er zurückgeschmettert wurde.

Rosa umarmte mich von hinten. “Mit euch spiele ich jetzt immer. Da brauche ich mich nicht so viel zu bewegen.”

Lachend ließ Orion noch einmal Alexy gegen Castiel rennen, bevor wir mit null Gegentreffern siegten.

Unser zweites Spiel dauerte nur geringfügig länger, da das gegnerische Team zu Beginn Aufschlag hatte. Das hielt uns aber auch nicht lange auf.

Das dritte Spiel dauerte von allen am Längsten, vielleicht weil es in einem Kleinkrieg zwischen Nathaniel und Castiel ausartete.

Nachdem wir uns ein Weilchen darüber amüsiert hatten, brachte Ori sie in altbewährter Methode auseinander.

Der Rest unserer Klasse mitsamt Crown amüsierte sich darüber.

Kurz vor Ende der letzten Stunde - das Spiel lief immer noch - kam ein mir fremder Junge auf den Platz. Er hatte dunkle Haut und Rasterlocken. Dazu trug er eine kurze Hose und ein ärmelloses Shirt von seinem doppelt so großen Bruder. “Hallo, Herr Crown.”

Unser Sportlehrer drehte ihm nur den Kopf zu. “Ah Dijan. Du kommst auch immer früher.”

Wir brauchten nicht einmal zu fragen, wer er denn sei. Rosa gab uns auch so eine Antwort. “Er geht eigentlich auf eine Sportschule in der Nachbarstadt. Er kommt nur einmal die Woche her, um die Basketball AG zu leiten.”

Ich nickte ihr lächelnd zu.

Rosa schien gute Verbindungen zum Buschfunk zu haben. Hoffentlich wird sie uns nicht auch mit drin haben wollen.
 

* AdA: Für Andys Zeit lege ich meine Hand ins Feuer. Das hab ich auch schon geschafft.

Mir war nicht wohl mit dem Neuling neben mir. Der starrte mich so an, dass es mir kontinuierlich kalt den Rücken runter lief.

Orion - der vor mir auf dem Boden saß - lehnte sich nach hinten, sodass sein Kopf auf meinen Knien lag. Er musterte mich kurz besorgt, bevor er mich mal wieder in Schottisch zutextete. “Alles O.K. mit dir?”

“Mit mir ja, aber wenn der mich weiter so anstarrt, reiß ich ihm den Kopf ab.”

“Lass mir was übrig.” Gut, Lyra war auch genervt. Hat mal jemand ein Geschichtsbuch, um sie zu beruhigen?

“Oder wir tunken ihn in pinken Lack!” Andys Ideen waren wie immer die Besten, denn Lack wieder ab zukriegen war eine langwierige und schmerzhafte Angelegenheit.

Das Schlimme dabei war, sie konnte es wirklich machen. Bei ihr war man sich da nie so sicher.

Doch bevor ernsthaft etwas geschehen konnte, sah Ori zu dem Kerl. “Könntest du bitte aufhören, uns anzustarren, als ob wir zwei Köpfe hätten?”

Dijan blinzelte kurz, bis er sich wieder fing und nicht einmal ansatzweise entwaffnend lächelte. Ich konnte es besser, ätsch!

“Schöne Mädchen sind ein Geschenk Gottes. Sie nicht zu ehren wäre ein Frevel.” Grins nicht so doof.

Mit diesem Blödsinn brachte er mich zum Knurren: “Noch son Spruch, und du hast ein ernsthaftes Problem.”

Nicht nur Dijan, sondern auch Armin und Rosalia sahen mich zweifelnd an. Hey, ich kann doch nichts dafür, dass mich solche billigen Anmachsprüche nerven.

Seufzend stand Orion auf, bevor er mir beruhigend über den Kopf strich.

Schmollend drehte ich mich von ihm weg.

Lachend entfernte sich mein Brüderchen von mir. Nur ein paar Schritte entfernt blieb er wieder stehen.

Schande über mich, die Neugierde siegte.

Orion baute sich vor dem mittlerweile sitzenden Dijan mit verschränkten Armen auf. “Was du machst, ist weder höflich noch angemessen. Also lass es bitte.”

Dijan runzelte die Stirn. “Was meinst du?”

“Du starrst. Wir sind doch keine Ausstellungsstücke im Museum.”

Verlegen und dadurch auf seine Schuhe starrend nuschelte Dijan ein ´Entschuldigung´.

Ori starrte ihn noch weiter an, bis er kicherte und wieder zu uns kam. “Keine Panik, ich tu dir schon…” Nur knapp konnte er verhindern, Alexy im Affekt den Hals umzudrehen.

Der Blauhaarige war ihm von hinten um den Hals gefallen. “Wir haben gewonnen!”

Ich vernahm mehrere genervte Töne vom Spielfeld.

Orion atmete mehrmals tief durch, um sich wieder zu beruhigen, bevor er sich aus dem Griff befreite. Er ging einfach ruckartig in die Knie, rollte sich zur Seite ab und kam mit dem Schwung wieder zum Stehen.

Durch die plötzliche Bewegung kam Alexy ins Straucheln. Nur dank Dijans flinke Reaktion fiel er nicht auf die Nase.

Der größte Teil unserer Klasse kicherte und lachte. Auch Herr Crown war belustigt. “Ich behaupte mal, dass der Sieg nicht nur dein Verdienst war, Alexy.”

Armin beugte sich zu mir und flüsterte: “Dein Bruder ist ganz schön beweglich. Kann er auch kämpfen?”

“Ja, aber nur zur Verteidigung. Du wirst nie erleben, wie Ori jemanden angreift.”

Amber versuchte währenddessen, sich bei Castiel auszuheulen, der aber sehr schnell in der Sporthalle verschwand.

Crown klatschte laut in die Hände, um uns alle auf ihn aufmerksam zu machen. “Ich bin im Großen und Ganzen zufrieden mit euch. Ihr könnt dann gehen.”

Wir waren gerade mal in die Umkleide gekommen, da hörten wir es aus der Schule klingeln.

Roses Blick klebten die ganze Zeit in meinem Nacken, mir stellten sich an entsprechender Stelle die Haare auf.

Um das zu unterbinden, zog ich die Schleife aus meinem Zopf, damit man mir nicht mehr auf meine Tätowierung starren konnte.

Ich hasste so was wie die Pest.

Als ich draußen stand atmete ich erst einmal erleichtert durch.

Orion wartete schon auf uns und grinste. “Die Jungs können das genauso gut. Himmel, als ob die noch nie ein Täto gesehen haben.”

Während wir Mädchen kicherten, kam Nathaniel zu uns. “Ich habe bis jetzt drei Zusagen für eure AG. Meint ihr, dass ihr es trotz der geringen Menge abhalten wollt?”

“Türlich.” Ich verschränkte die Hände hinter meinem Kopf und grinste ihn an. “Das muss sich doch erst mal rumsprechen.”

Er nickte. “Na dann, wir sehen und morgen.”

“Warte mal.” Lyra hatte ihn am Handgelenk geschnappt und zwang ihn so, stehen zu bleiben. “Du willst doch nicht im Ernst wieder ins Büro zurück?”

Nathaniel war aufgrund dieser Frage schlicht verwirrt. “Klar. Auf mich wartet noch Arbeit.”

Lyra schüttelte den Kopf und auch mir war stark danach. “Es geht doch nicht, dass du so viel machen musst. Ich wette, irgendjemand wälzt alles auf dich ab.”

“Ich weiß.” Er lächelt tatsächlich? “Aber ich…”

“AAAAAH!”

Wir zuckten geschlossen zusammen, nur um in die Richtung des Schreis zu schauen.

Nath schluckte. “Das war Iris. Sie ist in er Garten - AG.” Und er lief los.

Wir hinterher.

Die Garten - AG bestand aus einigen Blumenbeeten und zwei Bäumen. Unter einem dieser Bäume stand Iris immer noch kreischend und auf etwas vor sich im Gras deutend.

Wo waren unsere Spinnen?

Doch den Gedanken wischte ich gleich wieder zur Seite. Sie waren eben noch in unseren Kapuzen gewesen. Und selbst wenn, Iris kannte sie. Da wäre diese Reaktion übertrieben.

Ein Junge mit grünen Haaren und einer Latzhose zog unsere Klassenkameradin zurück. Er zielte mit seinem Spaten auf das Etwas.

Doch Orion war schneller. Er griff ebenfalls nach dem Gartengerät, entwand es dem Größeren und warf es zur Seite weg.

O.K. Ich hatte irgendwas Essentielles nicht mitbekommen.

Orion drehte dem Grünhaarigen den Rücken zu und beugte sich zu dem Gras. Als er die Hand ausstreckte, wollte der Kerl ihn aufhalten, aber ich ging dazwischen. Was vielleicht nur so einfach funktionierte, weil Ara auf meiner Schulter saß und bedrohlich klackerte.

Ein Blick zurück zeigte endlich auch, was los war.

Orion hatte eine fast zweieinhalb Meter lange Schlange auf dem Arm und schimpfte leise mit ihr.

“Serina!”

Ey, Andy! Ich wollte das gerade sagen! Na egal.

Ori nickte uns zu. “Sie muss uns gefolgt sein. Wir werden morgen besser aufpassen müssen.”

Ich strich sanft über den gestreiften Kopf. “Na hoffentlich ist sie die Einzige. Wenn Laman auch auf die Idee kommt, uns zu folgen, sehe ich schwarz für ihn.”

“Noch ne Schlange?” Nathaniel hatte sichtliche Panik.

“Ne.” Als ob ich mit nem Kriecher kuscheln würde, obwohl Seri wirklich sehr niedlich ist. “Laman ist ein - zugegebenermaßen ungewöhnlicher - Fuchs.”

“Spinnen, Schlangen, Füchse. Euch ist doch nicht mehr zu helfen.”

“Wollen wir auch gar nicht.” Schallte es ihm vierfach entgegen.

Flup.

Dem Grünhaarigen hatten die Knie nachgegeben. Oh Wunder.

Bei der Gelegenheit: Wo war eigentlich Iris? Ah da, hinter dem Baum. Also waren die Jungs nicht die Einzigen, die Angst vor Serina hatten.

Oris Seufzer ließ mich wieder zu ihm blicken. “Ich kann dir leider nicht versprechen, dass so etwas nie wieder passiert. Du hast es ja auch schon bei Arja und ihren Schwestern gesehen.”

Nathaniel seufzte. “Wenn ihr sie dazu bringen könnten, wenigstens außerhalb der Schule zu bleiben, wäre das alles kein Problem. Aber spätestens, wenn die Direktorin es bemerkt, kann euch niemand mehr helfen.”

Lyra legte den Kopf schief und musterte den Blonden. “Sag mal, Nath: Magst du Tiere?”

“Ja.” Er nickte ehrlich. “Ich mag am liebsten Katzen.” Nicht nur ich lächelte ihn an.

Andy half währenddessen dem Gärtner - Jungen auf die Beine.

Und Seri kroch endlich unter Orions Mantel und verschwand damit aus dem Blickfeld der Anderen. Wenn man sich anstrengte, konnte man ihre Schwanzspitze noch zucken sehen.

Jetzt erst stellte Nathaniel die Frage, auf die ich schon gewartet hatte. “Was ist das überhaupt für eine Schlange?”

“Inland - Taipan.” Ori wagte es nicht, ihn anzusehen. “Die giftigste bekannte Rasse der Welt.”

Verzweifelt fuhr sich Nath durch die Haare. “Ich frag gar nicht erst.”

Wir lächelten ihn dankend an.

“Los, macht dass ihr wegkommt, bevor ich doch noch zur Direktorin gehe!”

Beim Vorbeigehen klopfte ich dem Grünhaarigen auf die Schulter. Grinsend schloss ich zu meinen Geschwistern auf und ab ging es nach Hause.

Wir kicherten immer noch, als die Tür hinter uns ins Schloss fiel.

Snow kam sofort angelaufen und wollte raus, was Andy auch gleich tat. Zumindest nachdem sie Tasche und Mantel abgelegt hatte.

Laman sprang mir direkt in die Arme. Ihn durchknuddelnd brachte ich meine Tasche weg. Ich setzte ihn erst im Wohnzimmer ab.

Jetzt erst begann das Chaos beim Versuch, eben dieses zu beseitigen. Oh, hier war meine PSP. Und irgendwo mussten auch die Spiele sein.

Nach kurzem Suchen fand ich sie und brachte den Stapel in mein Zimmer. Ein Blick auf die Uhr reichte und ich schmiss mich mit der Anleitung in der Hand aufs Bett.



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