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Left Behind

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„…Marco?“ Tot. Er konnte es doch nicht einfach sein? Er konnte es nicht!

Jean stand wie eine Statue mit den Händen erhoben im zerstörten Trost. Zwei Tage war es her, seit Eren mit dem Felsen das Loch in der Mauer geschlossen hatte und immer noch waren nicht alle Leichen identifiziert worden.

Jeans Atem ging stoßweise. Marco, der ihn in einer aussichtslosen Situation gestärkt hatte, der die letzten Jahre im Training immer an seiner Seite gewesen war, konnte nicht tot sein. Scheinbar war er gestorben ohne, dass es jemand bemerkt hatte.

"Hey, kennst du ihn?" Die Stimme riss den Brünetten aus seiner Gedankenwelt zurück in die Realität.

"Ich...", fing er an und stockte. Sollte er wirklich sagen, dass es Marco war? Er war sich selber nicht mal sicher ob es der Schwarzhaarige war, fehlte dem Leichnam doch ein Teil seiner oberen Körperhälfte. Doch wenn er das Gesicht ansah, sah Jean die Sommersprossen auf der Wange. Marcos Zeichen.

Tief einatmend wendete er sich der Frau zu, die mit starrem Blick dastand.

" Wenn du ihn kennst, musst du es sagen! Für Trauer ist im Moment keine Zeit. Wir müssen eine Epidemie verhindern und alle Leichen identifizieren. Wir müssen eine zweite Tragödie verhindern. Also, wie hieß er?" Ihre Stimme klang monoton, als hätte sie diese Sätze in ihr Hirn gebrannt.

In Jean stieg kurz zu die Wut hoch, wegen diesem Gerede. Doch zwang er sich zur Ruhe. " 104 Trainingseinheit, Kapitän des Trupps 19, Marco...Marco Bordt.", brachte er mühsam hervor. Die Frau notierte sich den Namen und lief dann weiter, sah Jean und den Toten nicht mehr an.

// Schutz..//, dachte sich Jean.

Dann seufzte er schwer. Wäre er mit Marco nur in einem Team gewesen, dann hätte er vielleicht überlebt. Viele sind gestorben, weil Eren sich nicht unter Kontrolle hatte. Viel zu lange hatte es gedauert bis er den Felsen zum Loch geschleppt hatte. Wäre er schneller gewesen, hätten vielleicht mehr Menschen überlebt. Wut kochte in Jean hoch.

Auf Eren! Er war schuld! Mit seinen lächerlichen, heroischen Reden von Kampf und Aufgeben, von Feigheit und Mut! Er hatte allen damit Hoffnungen gegeben und sie teilweise damit ins Verderben gestürzt.

Fluchend trat er aus, wusste nicht so recht hin mit seiner Wut.

Mit einer Hand fuhr er sich durch die Haare. Jean wollte sich nicht hier in den Trümmern der zurückgewonnen Stadt gehen lassen. Trotzdem verlor er immer mehr die Fassung, wurde ihm der Tod von seinem Freund immer mehr bewusst.

Nie wieder würde dieser mit ihm über banale Dinge reden und lachen, ihn mit diesem warmen Blick, in dem mehr als nur Freundschaft lag und das dem Braunhaarigen gerade bewusst wurde, ansehen.

Empfand er selbst etwa genauso für Marco? Mehr als eine tiefe, brüderliche Freundschaft? Hatte er etwa, aus Angst vor Zurückweisung, diese Gefühle, die ihn gerade zu zerreißen drohten, verdrängt und tief in sein Innerstes verbannt? Oder weil er es nicht wahrhaben wollte? Weil er doch eigentlich an Mikasa interessiert war und nie daran dachte sich jemals für das eigene Geschlecht zu erwärmen.

Und doch war es passiert. Leise, langsam und unbemerkt. Immer wenn er den Schwarzhaarigen sah, hatte sich sein Herzschlag kaum merklich beschleunigt und ihm wohlige Schauer über den Rücken gejagt.

Ein trauriges Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht mit der aufkommenden Erkenntnis. Wieso kam so was immer viel zu spät? Waren Menschen wirklich so blind für jegliche Gefühle, dass diese immer viel zu spät bemerkt wurden?

Jean lachte bitter auf. Einer der anderen Rekruten drehte sich zu ihm um, sagte jedoch nichts dazu. Alle standen unter einem gewissen Schock aufgrund des Verlusts von Freunden und jeder ging auf seine ganz eigene Weise damit um.

Der Brünette versuchte das Ganze nicht zu glauben, versuchte alles runterzuspielen. So oder so würde er zusammenbrechen. Besser später als jetzt.

Man gab den Befehl zum Rückzug, da scheinbar alle Toten geborgen wurden.

Auf dem Weg zurück zur Mauer begegnete er Connie, Sasha, Reiner und Annie.

Sie nickten ihm zu, versuchten so wie Jean selbst das Alles zu verarbeiten.

Die Stille war erdrückend und machte es schwer nicht an die Toten zu denken. Jean unterdrückte seine aufkommenden Gefühle so gut es eben ging, doch Connie warf ihm immer wieder einen besorgten Blick zu.

Scheinbar war er wohl doch nicht so gut im Verbergen von Gefühlen.

Geräuschlos landeten sie auf der 50-meter hohen Mauer. Sofort wollte Connie fragen was mit dem Braunhaarigen los war, dieser unterbrach ihn aber harsch und die Aufmerksamkeit lag nun Vollständig auf ihn.

"Marco...Er...“, fing Jean an und schluckte hart. Wenn er diesen Satz zu Ende sprechen würde, würde er sich eingestehen, dass Marco tot war. "Er ist tot.", beendete er mühsam den Satz.

Sein Atem ging schnell und er sank auf seine Knie. genau diese Situation wollte er vermeiden. Alle starrten ihn ungläubig an. Connie fing an es zu leugnen und schon wieder unterbrach Jean ihn.

"ER IST TOT! Egal wie sehr du es verleugnen willst..." Mit Jedem Wort wurde er leise, bis die Tränen über seine Wangen rollten und auf den Stein tropften. Er weinte eigentlich still, jedoch schluchzte er ab und zu auf.

Jetzt keiner ein Wort. Jeder versuchte den Schock zu überwinden. Nie hätten sie gedacht, dass es jemanden von ihnen erwischen könnte, nachdem sie schon etliches überstanden hatten.

Sasha, die eher immer panisch und darum bemüht war anderen Menschen nicht zu nahe zu kommen, kniete sich neben Jean und zog ihn in eine sanfte Umarmung. Worte wären unpassend gewesen.

Er ließ seiner Trauer einfach freien Lauf. Ihm war es egal, dass sie ihn 'schwach' sahen.

Die Sonne ging langsam unter und färbte den Himmel in einem sanften Orangeton.

Es kam zu der jungen Truppe Jemand und gab ihnen Bescheid, dass sie die Toten verbrennen würden.

Sasha half dem Häufchen Elend auf. So liefen sie zum genannten Ort, zwischenzeitlich hatte der Brünette sich soweit beruhigt das man nicht neben ihm herlaufen musste. Man sah den Rauch schon.

Im stillen Einverständnis blieben sie einfach vor einem der brennenden Haufen stehen, starrten in die alles verzerrenden Flammen. Jean biss sich auf die Unterlippe, gab sich die Schuld. Er hätte bei dem Schwarzhaarigen sein sollen! Vielleicht wäre es ja nie so weit gekommen oder aber sie beide wären draufgegangen.

Er muss anfangen zu kämpfen, nicht mehr für sich allein, sondern auch für seine Freunde. Auch um sie zu beschützen.

Er fragte sich wo wohl Marco lag, schritt dann einfach, ohne auf die kurzen, leisen Rufe der Anderen zu hören, auf das Feuer zu und hockte sich hin.

Auf dem Boden lag ein winzig kleines Stück verkohlter Knochen. Jean nahm diesen in seine Hand.

// Ich weiß nicht mal ob es von dir ist...// Seine Finger schlossen sich zur Faust um das kleine Stück, welches noch etwas Wärme ausstrahlte. // Ich bin wirklich keine starke Person.// Wieder hallten in ihm Marcos Worte wieder. „ Bitte wird nicht sauer, auf das, was ich jetzt sage, aber du bist keine starke Person. So weißt du aber wie sich die Schwachen fühlen. Noch dazu wusstest du was in der Situation zu tun war. Ganz von allein.“ Jean sah zu Seite und glaubte für einen kurzen Moment den Schwarzhaarigen dort stehen zu sehen. Wurde er jetzt etwa verrückt?

Wieder überrollte ihn die Trauer. Wie oft konnte ein Mensch denn weinen? Er war ein Mann! Und als solcher sollte er eigentlich nicht weinen.

Was dachte er da denn? Es war armselig so zu denken. Jeder sollte seine Gefühle offen zeigen...

Keiner fragte nach warum Jean der Tod von Marco so mitnahm. Vielleicht konnten sie sich denken was der Braunhaarige für ihn empfand oder sie versuchten zu verstehen wie es war, einen Freund zu verlieren, der einem Nahe stand.

Näher als es sonst die eigene Familie war. Sie kannten Marco, der, obwohl er wusste, dass er schwach war, sich die größte Mühe gab nicht hinterher zu hängen und immer lächelte, der wusste wie man jemanden aufbaute.

Ein herzensguter Mensch, der jetzt einfach nicht mehr da war. Jean stand auf mit der Hand zu Faust geballt und lief zurück zu den Anderen die bis eben noch in die Flammen gestarrt hatten.

„ Hey, Leute.“, sagte er. Sofort schauten in alle fragend an. „ Habt ich euch entschieden in welche Einheit ihr geht? Ich schon.“ Er hielt seine Faust hoch und packte dann mit der anderen Hand das Handgelenk. „Ich gehe zur Aufklärungseinheit!“ Seine Hände zitterten stark. Eigentlich sein ganzer Körper, wollte er doch nie in diese Einheit!

Aber sein Entschluss stand fest, als er sah was für einen Schaden diese Bestien anrichten konnten. Heiß rollten die Tränen seine Wangen runter.

Ausnahmslos alle sahen ihn an und schienen ihren Entschluss zu fällen. In ihren entschlossenen Gesichtern war zu lesen, wohin sie gehen würden, auch wenn ihnen das gehörig gegen den Strich ging, wie Jean selbst, hasste dieser sich für diese Entscheidung.

Rückgängig konnte er sie nun nicht mehr machen.

Jean wusste für was er kämpfte und für wen. So stand er entschlossen und doch so verletzlich vor den Anderen da. Mit einer Erkenntnis die ihn auf ewig verfolgen würde. Wenn er jemals starb, so wusste der Brünette wenigstens, dass er Marco irgendwie wiedersehen würde. Dann konnte er ihm all die Dinge sagen, die er jetzt nicht mehr hätte zu dem Schwarzhaarigen sagen können.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Kalahari
2013-08-28T21:19:49+00:00 28.08.2013 23:19
Ein bittersüßer OS!
Ich bin begeistert. Ich find die Idee toll genau diese Stelle zu nutzen um sie auszuschmücken, was dir übrigens sehr gut gelungen ist.
Ich finde man kann Jeans Gefühle gut nachvollziehen und auch seine Gedanken find ich für die Situation passend und schlüssig.
Den Gedanke am Ende, dass er Marco ja dann wieder sehen kann, find ich besonders schön, er zeigt so gut, dass auch ohne religiösen Hintergrund, der Gedanke auf ein Leben nach dem Tod in diesem Sinne etwas tröstendes hat. Gerade wenn man einer geliebten Person etwas wichtiges nicht mehr sagen konnte, muss dieser Gedanke besonders aufbauend sein, darum finde ich es super, dass du ihn eingebracht hast.
Natürlich hättest du das ganze noch etwas ausweiten können, aber vielleicht war es auch eine gute Entscheidung es kürzer zu fassen um dem Leser noch einmal Platz für eigenen Gedanken zu lassen.
Ich find die Story auf jeden fall gelungen^^
Antwort von:  Croliv
29.08.2013 08:22
Schön, dass es dir gefallen hat. Ich fand es einfach dumm das Marco gestorben ist. Hätte nicht sein müssen >_>
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es nach dem Tod nichts mehe geben soll. Deswegen hoffe ich doch irgendwie auf ein Leben nach dem Tod damit man geliebte Menschen wiedersehen kann.
Es sollte wirklich kürzer sein.. xD Wäre es länger gewesen, wäre es so langatmig geworden und das wollte ich nicht
Von: abgemeldet
2013-08-19T20:02:13+00:00 19.08.2013 22:02
Guten Abend :D,

das du noch keinen Kommi hast wundert mich. Dabei finde ich das sehr schön und interessant geschrieben. Und es reizt meine Tränendrüse T_T. Ach, was ist das gefühlsduselig, schön :).Und diese Schuldgefühle, die Trauer und die Wut, das hast du wirklich wunderbar in Worte gefasst. Das du die markanten Scenen aus dem Anime genommen hast, finde ich auch sehr schön, du hast dem eine persönliche Note verpasst und tiefgründiger beschrieben. Im Großen und Ganzen einwandfrei. Also meiner Meinung nach ;)

Lg Jo de Bry
Antwort von:  Croliv
20.08.2013 15:59
Aww erstmal danke für den lieben Kommentar x)
Ich hab versucht nachzufühlen wie es wäre jemanden zu verlieren der einem wichtig ist, scheinbar isses mir dann gelungen :D
Ich fand man hat im Anime schon die Gefühle gezeigt, aber meiner Meinung nach war das viel zu schnell vorüber und auch etwas kurz, klar muss ja weitergehen. xD

Werd vielleicht noch eine FF zu Shingeki schreiben ;)

Lg
Croliv
Antwort von: abgemeldet
20.08.2013 21:01
Bitte bitte.
Wenn du noch eine FF dazu schreibst, werde ich die auf jeden Fall lesen.
LG Jo de Bry


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