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loving your weak point

Wie würdest du dich entscheiden?
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Ein unsanfter Morgen

"Hng, John..."

"Ja bitte?"

"Weitermachen."

"Mit was genau, Sherlock?"

"Frag nicht so dumm. Denk nach."

"Oh, ich will es aber gern hören. Aus deinem Mund, Liebster..."


 

~~~~~
 


 

Es war dunkel und kalt und nass. So furchtbar nass. Er bekam keine Luft und wusste, er würde ersticken, wenn er nur versuchen würde, Sauerstoff einzuatmen, der nicht vorhanden war. Wie er hierher gekommen war, war nicht wichtig; allein die Person, die es zu retten gab, war wichtig. Und er war hier unten gefangen und sah keinen Ausweg, kein Entkommen, keine Chance, noch einmal das Tageslicht zu erblicken und diesem geliebten, so sehr geliebten, Menschen helfen zu können.

Jim würde ihn umbringen, er konnte ihn nicht aufhalten. Sein Körper schrie, kribbelte aufs Äußerste, seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt und dann - fiel er. Bodenlos. Über ihm nur Blau, unter ihm graue Linien, die unaufhörlich näher kamen. Er fiel Sekunden, Minuten, Stunden-

Bis John plötzlich mit einem Gefühl des Aufpralls und rasendem Puls in seinem Bett erwachte. Er rang nach Luft und starrte in die Dunkelheit. Alles, was er hörte, war sein Herzklopfen und das rauschende Blut in seinen Ohren. Er war nassgeschwitzt und krallte sich zitternd in sein Bettlaken.
 

'Nur. Ein. Traum. Nur ein Traum, ganz ruhig.'
 

Es war so real gewesen.

John konnte sich an jede Szene, jedes Detail, jedes Wort, jeden Gedanken und jede Empfindung erinnern, die er gespürt hatte, während er in der Themse zu ertrinken schien und Sherlock nicht vor Moriarty retten konnte. Und dann war er plötzlich von einem Gebäude gefallen - der Höhe nach zu urteilen, konnte es nur das Shard gewesen sein. Ein absoluter Alptraum. Er hatte sich so machtlos, so hilflos gefühlt und als sich sein Atem gerade ein wenig normalisierte, zog er seine Beine unter der stickigen Bettdecke an und legte seinen Kopf darauf, um die aufkommenden Tränen gleich in dem weichen Stoff versickern zu lassen.

Moriartys Worte den Tag davor waren so uneinsichtig, so unvorhersehbar ausgelegt worden, dass er alles Mögliche hätte meinen können mit dem Ort und was passieren könnte. Allein die Worte, dass jemand sterben müsste, hatten Johns Innerstes wohl so aufgewühlt, dass er davon nun aus einem Albtraum erwacht war, der vorerst einer blieb. Ein dumpfes Gefühl in der Magengegend hatte der Ältere aber doch und auch nach 10 Minuten, in denen er sich halbwegs selbst zu beruhigen versucht hatte, blieb es bestehen und er beschloss, nach Sherlock zu sehen. Er musste wissen, ob es ihm gut ging. Vorahnungen waren nur so schlimm wie die Wahrheit selber, doch dafür musste er sich nun aus dem Bett schälen, wischte sich den kalten Schweiß von der Stirn und sah mit einem Blick auf sein Handy, dass es 03:02 Uhr waren. Die Geisterstunde hatte also gerade begonnen.
 

'Wie passend.'
 

Mit zittrigen Knien erhob er sich, lockerte kurz seine Muskeln, entschied sich, sein Shirt auszuziehen und wechselte es in ein frisches, nicht verschwitztes, bevor er die Tür öffnete und in den Flur lauschte. Alles war still. Er schlich auf Zehenspitzen hinunter zum Wohnraum, spitzte die Ohren, doch hörte wieder nichts durch die geschlossene Holztür und stand schließlich im unbeleuchteten Zimmer. Sherlock war nirgends zu sehen noch zu hören. Einzig die Straßenlaternen vor dem Haus beleuchteten den Raum mit den bodentiefen Fenstern in einem warmen Orangeton und ließen die dunklen Gegenstände bizarre Schatten an die Wand werfen. John warf kurz einen prüfenden Blick durch die Fensterscheibe, ob auch ja niemand um das Haus herumschlich, als er einen Laut, ein Stöhnen, ein Ächzen?, hinter sich hörte.
 

Sein Kopf schnellte herum, doch es war niemand zu sehen. Das musste aus Sherlocks Zimmer kommen!? Er hielt kurz inne, horchte aufmerksam, doch es war wieder still. John zog die Augenbrauen nachdenklich zusammen und ging mit leisen Schritten in die Küche, durchquerte langsam den dunklen Flur und streckte seine Hände nach der Tür tastend aus, immer auf der Hut vor einem weiteren Geräusch.
 

'John, du weißt, was das Geräusch bedeuten könnte. Sherlock ist auch nur ein Mann - ein Mensch. Gerade du predigst ihm immer wieder etwas von Privatsphäre.'
 

Sein Gewissen innerlich zur Ruhe zwingend erfühlten seine Finger das kühle, unbewegliche Holz und mit angehaltener Luft legte John nun ein Ohr an die Tür. Er kam sich vor wie ein Perverser, dass er hier einfach so vor der Tür seines Partners stand und nach Geräuschen lauschte, die anzüglich klangen oder ihm wenigstens anderweitig verrieten, ob es Sherlock gut ginge.Doch ein Wimmern, dass nicht gerade nach einer anzüglichen Situation klang, in der sich der Jüngere hätte befinden können, ließ Johns Herz schneller schlagen und er drückte die Türklinke ein Stück weit herunter, sodass er das Holz langsam öffnen konnte.

Durch den Spalt war nicht viel zu erkennen: Decken, Kissen, Füße sahen am Bettende heraus - Sherlock schlief. Er lag unbewegt da.
 

John öffnete die Tür weiter und konnte einen Blick auf das schlafende Gesicht des Braunhaarigen werfen, der mit Kopf zur Tür gewandt war und tief und ruhig atmete. Die Fenster im Raum waren verschlossen, niemand war hier gewesen, der seinem Partner hätte derart zusetzen können, wie es im Traum geschehen war. Ein Stich durchfuhr John bei dem Gedanken an diese Bilder und er bekam wieder ein schlechtes Gewissen, dass er Sherlock mit keinem Wort das Telefonat vom gestrigen Morgen verraten durfte und ihn blindlings ins Verderben ritt - reiten musste. Oder sich selbst, was eine 50:50-Chance zu sein schien, je nachdem, wie man Jims Worte auslegte.

Er seufzte lautlos und ihn überkam das unbändige Verlangen, dem Jüngeren ein paar Locken aus dem Gesicht zu streichen und seine vom Schlaf leicht geröteten Wangen zu berühren, mit dem Daumen seine Lippenkonturen nachzufahren und einfach nur die Gewissheit zu haben, dass alles gut werden würde. Mit dem Fall. Mit ihnen.
 

"Hmn...", kam es leise von dem Schlafenden und er schmatzte leicht, bevor er ein Wort schmunzelte, dass "John" ziemlich nahe kam. Dann drehte er sich auf die andere Seite und man hörte ein tiefes Seufzen. Danach war wieder alles still.

Johns Finger krallten sich ungewollt leicht in den hölzernen Türrahmen und er sah mit geweiteten Augen auf die schlafende Gestalt. Sein Herz klopfte wieder wilder und er schluckte trocken.
 

Was zum Teufel träumte Sherlock da!? Etwa von ihm?? Oder von... ihnen zusammen?
 

Nach Luft ringend schloss er leise die Tür hinter sich und beeilte sich, in sein Zimmer zurückzukommen, um nicht noch weitere Geräusche zu vernehmen, die seine Gedanken nur umso mehr und schneller Achterbahn fahren ließen.Erst eine gewisse Situation nach Sherlocks abendlichem Duschen vor 2 Tagen, dann die anzüglichen Geräusche bei der Massage am späten Vortag und schließlich diese unbewussten Laute eben... was sollte John davon halten? Was ging in Sherlock vor? Zu gern würde er in sein Innerstes sehen, in seine Gedankenwelt, seine Psyche, und herausfinden, was der Detective gerade jetzt träumte... oder was er generell über John dachte: Assistent? Partner? Freund? Eventueller Freund?

John zog die Bettdecke über sich, als er wieder in seinem Bett angekommen war und kniff die Augen zusammen, als wolle er alle Gedanken vertreiben, die ihm den Schlaf rauben könnten. Er wollte nicht darüber nachdenken. Obwohl er es tun sollte. Jim würde sie trennen. Einen von beiden würde er umlegen. Sollte John da nicht noch einmal in sich kehren und Sherlock sagen, was er fühlte, bevor er keine Möglichkeit mehr dazu hätte? Er wusste aus eigenen Erfahrungen, dass es besser war, mit dem geliebten Menschen letzte Worte auszutauschen, bevor man fiel, wie viele seiner Kameraden im Krieg. Sie alle mussten ihren Familien Lebwohl sagen, als sie Richtung Osten abgeflogen waren.

John hatte vielen Soldaten ein offenes Ohr geschenkt, die ihm ihr Leid geklagt hatten, was neben seiner Ärztefunktion eine weitere Wohltat für die Männer war. Familienväter, Geliebte, Freunde, auf die ihre Lieben Zuhause warteten und die sich vielleicht nie wieder sahen.

Und John sah sie alle im Krieg fallen.

Besonders in Erinnerung war ihm sein Namensvetter John Waynon in Erinnerung geblieben, der kurz vor einem tödlichen Bombenanschlag noch vor Johns Augen mit seinem Freund telefoniert hatte und vor ihm in Tränen ausgebrochen war. Er hatte seinen Freund ehrlich geliebt und John Watson konnte sich gerade noch in Sicherheit bringen, bevor ein markerschütterndes Donnern den Boden erbeben ließ, eine Druckwelle ihn von den Füßen gerissen hatte und er ein Handy knapp über dem Erdboden davon fliegen sah.
 

Der Ältere riss die Augen auf, sah in die Dunkelheit, die immer noch über der Baker Street im nächtlichen London lag und versuchte, seine schmerzenden Erinnerungen zu verdrängen. Solche Details hatte er eigentlich längst vergessen, doch manchmal kamen sie wie ein Eisberg am Horizont mit scharfer Spitze an die Oberfläche und brannten sich eiskalt in sein inneres Augenlid. Er durchlebte ungewollt viele Momente, die er Sherlock niemals erzählen konnte und wollte, obwohl es laut Ella Thompson die beste Methode war, sich mitzuteilen, um zu verarbeiten, was geschehen war. Oh, seinen Blog hatte er auch seit 2 Tagen vernachlässigt. Er hatte abwarten wollen, was Sherlock über diesen seltsamen Fall der Private Detective herausfinden konnte, doch war der gestrige Tag... John war zu abgelenkt und in Gedanken versunken, als dass er einen klaren Gedanken hätte fassen können für den restlichen Tag.

Schier endlose Stunden später merkte John, wie die Müdigkeit doch endlich über ihn kam und er schlief erschöpft von seinem Gedankenwirrwarr ein.
 

Der nächste Morgen begann ruhig. Zu ruhig.

John schlug langsam die Augen auf, als die Sonne sein Zimmer blendend erhellte. Erst hielt er sich murrend die Hand über seine schmerzenden Augenlider, sog die frische Morgenluft ein, die durch das angelehnte Fenster hereinwehte und fragte sich plötzlich, wieviel Uhr es sein musste bei dem Sonnenstand. Wieso hatte Sherlock ihn noch nicht geweckt - sei es durch Geräusche oder persönlich, so wie sonst auch immer?Wie aufs Signal ertönte sein Handy auf seinem Nachttisch und verkündete den Eingang einer SMS. John tastete blind mit der rechten Hand neben sich, bis er Holz spürte und schließlich das kühle Plastik seines NOKIAs ergriff, auf dem nicht wie erwartet eine SMS von Sherlock zu lesen war, sondern von einer unbekannten Nummer.
 

51.5045, -0.0865 2000 - M
 

"Was?", entfloh es ihm leise. Was sollte das und von wem - "M" wie Moriarty. Natürlich. Diese Ziffern mussten etwas mit dem Fall zu tun haben. Ob Sherlock diese SMS auch bekommen hatte?
 

John sprang aus dem Bett, lief die Treppen mit nackten Füßen hinunter, stolperte beinahe ins Wohnzimmer und sah sich ein wenig atemlos um.

Es war bereits 10.30 Uhr am Morgen - wo war der Consulting Detective schon wieder abgeblieben? Alles sah noch so aus, wie er es in der Nacht zuvor durch das dunkle Licht hatte erkennen können. Auch auf dem Küchentisch war nichts anders als den Abend zuvor, als Sherlock daran gesessen hatte und verzweifelt aufgestanden war, um eine Massage zu erhalten.

Der Blonde blickte durch den Flur; Sherlocks Zimmertür war verschlossen. Nichts ungewöhnliches. Nirgends war eine Nachricht hinterlassen, keine SMS, kein Wasserrauschen aus der Dusche - sollte er vielleicht wirklich...?
 

John tappste leise durch den Flur, öffnete vorsichtig die Holztür zu dem Zimmer, das er heute Nacht beinahe fluchtartig verlassen hatte und staunte nicht schlecht, als er den Lockenschopf unter der Bettdecke entdeckte.

"Sherlock?", flüsterte er leise. Keine Antwort.

"Sherlock", wiederholte er eindringlicher und tat diesmal einen Schritt auf dessen Bett zu. Er wiederholte dessen Namen noch einmal lauter, doch Angesprochener regte sich nicht einmal einen Zentimeter. Von seinen Albträumen angespornt, beugte sich John schließlich vor und zog die Bettdecke mit kribbelnden Fingern herunter. Zum Vorschein kam ein schweißgebadeter, hochroter Kopf Sherlocks, der recht flach atmete und den Älteren erschaudern ließ. Ein leises Stöhnen und eine verzogene Miene komplettierten den sichtbar schlechten Zustand seines Mitbewohners und Johns schlechte Vorahnung wurde nicht gerade gemindert.
 

"Sherlock! Was ist los? Hast du Schmerzen!?"
 


 

~~~~~
 


 

To be continued...



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