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Blutgift

von

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4. Kapitel

Durst.

Das war das erste, woran er denken konnte, als er diesmal aufwachte. Er bat Alfred um ein Glas Wasser und er bekam es auch.

Aber jetzt hat er immer noch Durst. Seine Kehle ist so trocken wie Staub und seine Zunge fühlt sich an wie ausgedörrt.

Doch er ist nicht das Tier, für das ihn alle halten. Er hat Manieren. Er weiß, wann er sich zurückhalten muss. Und auch wenn er es nicht gerne zugibt - aber sich selbst gegenüber darf er es schon, findet er - hat diese ganze Situation etwas so Erhabenes an sich, dass sogar Harley vor Ehrfurcht verstummt wäre.

Der Gedanke an Harley, die süße, kleine, nervtötende Harley schmerzt - aber der Moment der Schwäche ist schnell vorbei. Er vermisst sie, aber er musste sie loswerden. Er hatte sie zu nahe an sich herangelassen, letztendlich war sie wie ein Seil, das sich so oft um ihn wickelte, bis es ihm letztendlich die Luft abschnürte.

Aber das passiert nun einmal, wenn man ein Stück von einem Kuchen abhaben will, der nicht für einen selbst bestimmt ist. Wenn die Pfade eigentlich auseinandertreiben.

Jetzt saugt sie Poison Ivy die Energie aus den Knochen. Aber das macht nichts, denn die pflanzenverrückte Rothaarige ist auch nicht anders. Die beiden passen zusammen wie Pflanze und Topf.

Über den Vergleich muss er beinahe kichern. Wenn seine Kehle nur nicht so sehr schmerzen würde.

Rote Augen fixieren die Wasserkaraffe vor sich auf dem Tisch gierig. Seine Hände zucken, doch er hält sich eisern zurück. Geduld, Geduld. Wenn er sich jetzt nicht zu beherrschen weiß, landet er wieder unten in der Zelle, wo nicht immer jemand zugegen ist, den er um Wasser bitten kann.

Um sich abzulenken senkt er den Blick auf den Teller vor sich und die Ansammlung von Besteck daneben. Er weiß, man beginnt von außen nach innen, aber - verdammt - wie viele Gänge hat dieser Alfred geplant? Und das Porzellan und die Stoffservietten sind doch viel zu elegant und kostbar, um benutzt zu werden. Da muss er sich wirklich anstrengen, keine Kratzer beziehungsweise Flecken zu hinterlassen.

Aber da er sowieso keinen großen Hunger hat ... nur Durst.

Als er bemerkt, wie sein Blick wieder zu der Wasserkaraffe hinübergleitet, zwingt er sich, in eine andere Richtung zu sehen. Zum Glück bietet dieser Raum genug Ablenkung. Es ist ein sehr großer Raum, beinahe schon ein Saal mit holzvertäfelten Wänden und hohen Fenstern, die hinaus auf einen Balkon führen. Dort draußen winkt die Freiheit, es wäre für ihn ein leichtes, durch das Fenster zu springen, und wäre er in einer besseren Verfassung, würde er vielleicht ernsthaft darüber nachdenken. So aber nimmt er es nur genauso zur Kenntnis wie alles andere in diesem Raum.

Außer dem großen Mahagonitisch, an dem er sitzt, befindet sich auf der Südseite vor dem gemauerten Kamin noch eine Sitzgruppe aus schwarzem Leder. An den Wänden hängen Landschaftsbilder und an gewissen Plätzen - die wahrscheinlich nach Feng Shui oder ähnlichen Gesichtspunkten ausgerichtet sind - stehen große Kübelpflanzen.

Abgerundet wird der Reichtum und Stil vermittelnde Raum durch einen alten Kristalllüster. Eine Scheußlichkeit, wie sie nur eine Frau hat aussuchen können.

„Oh Thomas, ist das nicht wunderschön?"

„Ja, Darling." Der Mann mit dem eleganten Schnurrbart lächelt nachsichtig und zieht seine Frau in seine Arme, gibt ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn, während er mit der rechten Hand über ihren kugelrunden Babybauch streichelt.

Joker schließt die Augen. Geister. Dieses Haus ist voller Geister.

Er atmet einmal tief durch, und als er die Augen wieder aufreißt, stammt das einzige Wispern von den anderen beiden atmenden Personen am anderen Ende des Raumes.

 „Was hast du dir dabei gedacht, Alfred?” Bruce hat seine Stimme zu einem Flüstern gesenkt. Er steht unter dem Türrahmen zwischen Küche und großen Esszimmer und lässt den grünhaarigen Mann, der dort etwas verloren an dem riesigen Esstisch sitzt, nicht eine Sekunde aus den Augen.

Bruce ist gereizt, er hatte auf einen ruhigen Abend gehofft, und fest damit gerechnet, dass der Joker unten in seiner Zelle sitzt. Er hatte nicht vor, sich heute noch einmal mit ihm auseinander zu setzen.

Aber jetzt hat ihm ausgerechnet Alfred einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Alfred füllt die letzte Kelle in die Suppenterrine und drückt diese völlig unzeremoniell dem jungen Millionär in die Hand. Dass er seinen Arbeitgeber hier quasi zur Mitarbeit einspannt, ist ein deutlicher Hinweis, dass sich Bruce soeben einen Fauxpas geleistet hat.

Ansonsten ist er die Ruhe selbst.

„Master Bruce, Sie haben doch gewiss Fragen an den Joker, oder?"

„Ja", gibt Bruce widerstrebend zu.

„Nun, schon die alten Römer wussten die angenehme Atmosphäre eines guten Essens zu schätzen, um ihren Gegnern Informationen zu entlocken."

„Die Römer wussten aber auch gute Gladiatorenkämpfe zu schätzen."

So weit muss es ja nicht kommen, Master Bruce." Alfred sagt es leichthin, doch die Warnung in seinen Augen ist unmissverständlich.

Bruce spürt Ärger in sich aufwallen.

„Du bist viel zu nett zu ihm, Alfred."

„Manchmal kommt man mit Freundlichkeit weiter als mit Schlägen, Bruce. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus, nicht wahr?" Mit diesen Worten schnappt sich Alfred das kleine Weidenkörbchen mit den zurechtgeschnittenen Brotscheiben und trägt es vorbei an Bruce ins Esszimmer.

Der junge Millionär folgt ihm missmutig, und er macht daraus auch gar keinen Hehl. Er kann nicht verstehen, wieso Alfred trotz seiner ausdrücklichen Anweisung darauf besteht, den Joker wie einen willkommenen Gast zu behandeln. Ob da irgend etwas in seiner Abwesenheit zwischen den beiden passiert ist? Aber nein, davon hätte Alfred ihm erzählt.

Wahrscheinlich hat Alfred einfach nur Mitleid mit dem Joker.

Und eines muss Bruce zugeben: zur Zeit fällt es auch ihm zunehmend schwerer, den Joker als Gefahr zu betrachten. Er wirkt nicht so, nicht, wenn er weder grinst noch lacht und einfach nur teilnahmslos vor sich hinstarrt. Oder, so wie jetzt, unschlüssig mit dem Löffel in seiner Suppe herumrührt.

Da er jetzt nur ein schlichtes dunkles T-Shirt und eine schwarze Jeans trägt, wirkt er nicht nur bleich, sondern weiß wie ein Gespenst - unheimlich und bedauernswert zugleich. Aber er riecht jetzt wenigstens besser. Und so frischgewaschen glänzt sein Haar in einem erfrischenden Grünton - wie das Moos unter der alten Eiche draußen in der Parkanlage, die zum Manor gehört.

Es ist still am Tisch, ein richtiges Gespräch zwischen ihm und Alfred will einfach nicht zustande kommen. Bruce' Antworten auf die Fragen seines alten Freundes, wie sein Geschäftsessen und der Rest des Tages in der Firma so gelaufen sei, sind mehr als kurzsilbig. Sein Widerwillen, sein Geschäftsleben vor dem Joker auszubreiten, ist mehr als offensichtlich.

Alfred ist enttäuscht über die Eigensinnigkeit seines Arbeitgebers und wirft ihm einen mehr als eindeutigen Blick zu. Sieht er denn nicht, wie elend es dem Joker geht?

Alfred ist kein Arzt, aber er blickt auf viele Jahre der Erfahrung mit Bruce zurück. Dieser war als Kind schon bemüht tapfer und lässt sich auch jetzt als Erwachsener nichts anmerken, wenn seine Gesundheit angegriffen ist. Alfred hat daher gelernt, die Zeichen zu erkennen. Zeichen, die er jetzt am Joker wiedererkennt. Hier ein beinahe unmerkliches Händezittern, dort ein angespannter Wangenmuskel oder müde herabhängende Schultern.

Und es ist bestimmt kein Anzeichen von Gesundheit, wenn ein Mann den Großteil des Tages einfach nur damit verbringt, zu schlafen.

Alfred geht kurz in die Küche um den Hauptgang zu holen, und als er wiederkommt und ihn dieses eisige Schweigen begrüßt, ergreift er kurzerhand die Initiative mit einer Frage, die ihm schon den ganzen Tag im Kopf herumgeistert.

„Es ist kalt unten in der Bathöhle. Warum tragen Sie nicht den Pullover und die Schuhe, die ich Ihnen gegeben habe, Joker? Und wie ich sehe, tragen Sie ja nicht einmal Socken. Da ist die Erkältung ja schon vorprogrammiert."

Doch bei seinem Satz ist es Bruce, dem er einen vorwurfsvollen Blick zuwirft. Dieser versteht den Wink und besitzt sogar den Anstand, beschämt den Blick zu senken.

Joker allerdings hört auf, seine Erbsen von einer Tellerseite auf die andere zu schieben und starrt Alfred aus großen Augen an. Ganz offensichtlich hat ihm noch niemand zuvor diese oder eine ähnliche Frage gestellt.

„Mir ist nicht kalt", erwidert der Joker schließlich zögernd, gießt sich ein neues Glas Wasser ein  - schon das vierte, wie Alfred erstaunt feststellt - und trinkt es bis zur Neige. Ganz offensichtlich eine Verlegenheitshandlung, damit er über die richtige Antwort nachdenken kann.

„Ich laufe gerne barfuß", erklärt er dann. „Schuhe irritieren mich nur."

„Ich laufe auch gerne barfuß", stimmt ihm Alfred freundlich zu. „Aber nur im Garten. Und im Sommer. Nicht auf den Straßen. Nicht, wenn man bedenkt, was man sich da alles eintreten kann. Haben Sie keine Angst, dass Sie in einen rostigen Nagel oder Glas treten und sich eine Blutvergiftung holen könnten?"

Joker lässt das Glas, aus dem er eben trinken wollte, wieder sinken, legt den Kopf schief und blinzelt ihn irritiert an.

„Ich ... was?" und dann huscht sein Blick hinüber zu Bruce, als erhoffe er sich von diesem Unterstützung.

Doch dieser schützt Desinteresse vor und widmet sich voller Konzentration seinem inzwischen schon halbgeleerten Teller. Aber Alfred kann ihm ansehen, dass er sehr wohl die Ohren spitzt.

Alfred versucht sich an einem kleinen Lächeln.

„Und wenn ich erst an all ihre Kämpfe mit Batman denke. Auf den Dächern und in dreckigen Hinterhöfen. Die Dinge, die dann an Batmans Stiefelsohlen kleben, spotten jeder Beschreibung."

Bruce krümmt sich innerlich, als Alfred sein alter Ego erwähnt. Es ist ihm immer noch unangenehm, dass er jahrelang versucht hat, etwas vor dem Joker zu verbergen, was dieser schon längst wusste. Er will sich gar nicht vorstellen, wie oft der Clown Prince of Crime deswegen über ihn gelacht hat.

„Und im Winter", fährt Alfred fort und schaudert übertrieben. „Wie können Sie es da nur aushalten? Barfuß im Schnee? Allein der Gedanke verursacht mir Frostbeulen."

Der Joker starrt ihn einen Moment lang an und dreht sich dann zur Seite, streckt ein langes Bein aus und betrachtet nachdenklich seinen Fuß. Probehalber wackelt er mit den Zehen. Und muss sich plötzlich am Tisch festkrallen, weil ihm schwarz vor Augen wird. Aber der Schwindelanfall verschwindet genauso schnell wieder, wie er gekommen ist, und niemand scheint etwas bemerkt zu haben.

Wie war die Frage nochmal? Ach ja, genau …

Soll er lügen? Er zögert, entscheidet sich dann aber für die Wahrheit. Lügen sind anstrengender, man muss sie sich genau merken, und dazu fühlt er sich momentan wirklich nicht in der Lage.

„Manchmal brauche ich den Schmerz, damit ich nicht vergesse, dass ich lebe."

Die plötzliche Stille und die betretenen Mienen verraten ihm, dass eine Lüge wohl doch besser gewesen wäre. Für einen Moment fühlt er sich tatsächlich schuldig, doch dann bemerkt er, dass sein Glas wieder leer ist. Das erscheint ihm wesentlich wichtiger als alles andere um ihn herum. Schnell greift er nach der Karaffe, die nur noch zu einem Drittel mit der kostbaren Flüssigkeit gefüllt ist und füllt sein Glas wieder auf— dabei wird er skeptisch von Alfred beäugt.

Die Antwort des Jokers schockiert diesen weniger als dessen merkwürdiges Gebaren.

Der Kerl säuft wie ein Kamel am Wasserloch. Aber seine Augen wirken nicht fiebrig. Merkwürdig. Ich behalte das mal im Auge.

Bruce derweil hat schwer an Jokers Worten zu schlucken. Denn das wirft alles ein ganz anderes Licht auf Jokers halsbrecherische Aktionen und seine Reaktionen, wenn ein Teil seines Körpers mit Batmans Faust zusammentrifft - wieso er dann meistens nur darüber lacht. Aber anstatt ihn einfach mal danach zu fragen (dass der Joker ihm vielleicht nie eine so ehrliche Antwort gegeben hätte wie eben, ist dabei unerheblich), hatte er ihn einfach als Psychopath mit sadistisch-masochistischen Zügen abgestempelt - genau wie die Ärzte in Arkham.

Langsam und nachdenklich lässt Bruce seinen Blick über den Joker wandern, und es kommt ihm so vor, als würde er ihn zum ersten Mal richtig sehen. Er erhaschte mal einen flüchtigen Blick auf den eher durchschnittlichen, zweifellos aber gut aussehenden Mann, der Joker früher einmal gewesen war, vor seinem Chemieunfall.

Schuld verknotet seitdem Batmans Magen, hervorgerufen durch das Wissen, dass er dafür mitverantwortlich ist. Dass eine einzige Sekunde des Zögerns, der falschen Entscheidung, aus einem bisher unbescholtenen Mann eine solch rücksichtslose Naturgewalt wie den Joker gemacht hat. Ein Wesen, das sich von der Menschheit so weit entfernt hat, dass es Schmerz zufügen und erleiden muss, um sich lebendig zu fühlen.

„Es tut mir Leid, Joker."

Joker lässt sein Wasserglas sinken und legt fragend den Kopf schief.

„Ha? Was denn?"

Bruce macht eine unbestimmte Handbewegung. „Es ist meine Schuld, dass du so bist, wie du bist. Es ist meine Schuld, dass du in den Chemie-Tank gefallen bist. Kein Wunder, dass du mich hasst."

Jokers Lippen verziehen sich zu einem Grinsen und entblößen zwei Reihen gelber Zähne.

Aber sie sind nicht wirklich gelb, stellt Bruce mit plötzlichem Erstaunen fest. Sie wirken nur so dunkel, weil seine Haut so hell ist.

Und er selbst hat das nie erkannt, weil er nie wirklich hingesehen hat.

„Ich hasse dich doch nicht deswegen, Batsy."

„Nein?"

„Nein."

„Weswegen denn dann?"

„Na, weil du mir ständig bei allem dazwischenfunkst." Plötzlich erlischt Jokers Grinsen. Er nimmt noch einen weiteren Schluck aus seinem Glas und zieht kurz die Luft durch die Nase. Der Duft, der auf einmal von dem Millionär auszugehen scheint, berührt etwas tief in ihm. Er erinnert sich, so etwas schon einmal gerochen zu haben. Es ist süß und bitter und verheißungsvoll, ein wenig wie Honig und Mandeln und ... Kupfer?

Die Übelkeit kommt plötzlich und heftig. Mühsam schluckt er die Galle hinunter, die ihm die Kehle hinaufdrängt und trinkt etwas Wasser. Es scheint zu helfen. Sein Magen beruhigt sich wieder.

Nur wie aus weiter Ferne dringen Batmans Worte an sein Ohr.

„Ich hindere dich nur daran, gegen das Gesetz zu verstoßen und Unschuldige zu verletzen."

Joker starrt ihn an. Er spürt, wie die altbekannte, dunkle Wut mit ihrer kleinen Schwester, der bitteren Enttäuschung, wieder in ihm emporsteigt.

„Selbst wenn ich nur mal eine Cola kaufen will, stehst du sofort vor mir und willst mich wieder zurück nach Arkham bringen. Wenn's nach dir ginge, sollte ich dort verfaulen. Du willst Gotham vor mir beschützen. Und gleichzeitig willst du mich vor mir selbst beschützen? Und das alles nur, weil du dich für das, was ich bin, verantwortlich fühlst? Himmel, Bats, hör auf, dich wegen alles und jedem schuldig oder als Versager zu fühlen! Das hilft niemandem! Ich weiß nicht, wer ich vor meinem Unfall war, und das stört mich nicht, so lange ich weiß, wer ich jetzt bin. Und wenn ich dafür manchmal den Schmerz von aufgerissenen Füßen oder einem blauen Auge brauche, dann ist das verdammt nochmal weder dein Problem noch deine Schuld! Du weißt gar nichts von mir, und du brauchst gar nicht glauben, dass du anfangen kannst an mir herumzuanalysieren. Das versuchen diese sogenannten Ärzte in Arkham seit Jahren vergeblich."

Er holt einmal tief Luft und lacht plötzlich. „Nur, weil du einmal in meinem Kopf warst, heißt das nicht, dass du dich dort auskennst."

Bruce blinzelt verblüfft. Wieder einmal hat der Joker auf jene Gedanken geantwortet, die ihm seit langem schon im Kopf herumschwirren. Und tatsächlich dachte er, den Joker seit diesem Gedankenübertragungsexperiment von Dr. Strange etwas genauer verstehen zu können.

„Es ist laut in deinem Kopf', erklärt er überzeugt, „so viele Stimmen und Persönlichkeiten... du musst vor dir selbst beschützt werden. Du bringst dich selbst in Gefahr und bemerkst es nicht einmal." Dabei denkt er besonders an Jokers Sturz vom Aquädukt vor einer knappen Woche.

„Du bist so überheblich, Brucie. Du warst vielleicht in meinem Kopf, aber ich habe dir nur gezeigt, was du sehen solltest." Er spuckt die letzten vier Worte regelrecht aus: „Du weißt gar nichts!"

Alfred, der die Diskussion bisher still verfolgt hat, runzelt bei diesem Tonfall leicht die Stirn. Der Joker klingt eher enttäuscht als wütend.

Bruce' Reaktion wundert ihn allerdings nicht - dass der Wayne-Erbe wieder nur das Offensichtliche erkennt, war zu erwarten. Er ist so blind, was den Joker betrifft.

„Du vergisst, ich habe dich überlistet!" Bruce lacht triumphierend. „In deinem eigenen Kopf! Und es war noch nicht einmal schwer!"

„Fuck ja!" Plötzlich springt der Joker auf und wirft mit seinem Teller nach ihm. Bruce weicht dem Geschoß mit Leichtigkeit aus und das edle Porzellan zerschellt ein paar Meter weiter auf dem Parkettboden. Da der Joker kaum etwas gegessen hat, spritzen Kartoffeln, Erbsen und Krabben in alle Richtungen.

„Du und dieser Scheiß-Doktor habt mich mental vergewaltigt und du bist sogar noch einen Schritt weiter gegangen und es war dir scheißegal! Und alles nur, um deine geliebte Detective Yin zu finden! Fuck! Die Hexe hatte eine Lektion verdient! Und du auch!"

Außer sich vor Zorn schreit der Joker auf und nun fliegt die Karaffe in Bruce' Richtung.

Dieser fängt sie diesmal jedoch rechtzeitig auf, und darüber ist Alfred wirklich erleichtert. Das gute Stück besitzt einen hohen ideellen Wert, weil es Bruce' verstorbener Mutter gehörte.

Leider überhört Bruce wieder mal das Wichtigste in Jokers kleiner Ansprache.

„Ellen hat dir nie etwas getan! Niemand hat dir je etwas getan. Immer bringst du Unschuldige in Gefahr! Immer ruinierst du die Leben anderer! Und ich werde dich jedes Mal daran hindern. Und es ist mir egal, was ich dafür machen muss! Ob ich dafür in deinen Kopf gehen, dich verprügeln oder einsperren muss! So lange ich lebe, werde ich dich aufhalten!"

„Sie sind nicht unschuldig! Niemand von ihnen!"

„Ach ja? Was hat dir Ellen getan, dass du sie allein im letzten halben Jahr dreimal entführt hast? Du wolltest sie in die Luft sprengen!"

„Was regst du dich auf?" höhnt Joker und verschränkt die Arme vor der Brust. In Alfreds Augen sieht er aus wie eine eifersüchtige Ehefrau. „Du hast sie doch immer rechtzeitig gerettet. Du Held!"

„Und was hat dir Ethan getan?"

„Wer?"

„Ethan Bennett. Clayface! Er war mein Freund und du hast aus ihm ein Monster gemacht!"

„Der korrupte Cop?"

„Er war nicht korrupt!"

Joker gibt nur ein verächtliches Schnauben von sich. „Wie schade, dass du dir selbst im Wege stehst, nicht wahr? Du würdest mich so gerne für all das umbringen."

„Nein. Du tust mir einfach nur leid."

Du tust mir leid. Du bist genauso blind wie alle anderen."

Bevor noch irgend etwas anderes geworfen werden kann oder gar die Fäuste fliegen, ertönt der durchdringende Signalton des Batarings. Instinktiv greift Bruce nach seiner Hosentasche.

„Ja“, knurrt Joker und macht eine abschätzige Geste, „geh ruhig ran. Auch wenn ich nicht weiß, was Commissioner Gordon von dir will, schließlich bin ich doch hier.“

„Die Welt dreht sich nicht nur um dich“, zischt Bruce, zieht das kleine Gerät aus seiner Hosentasche und wirft einen Blick auf das Display. Für einen Moment ist er wirklich versucht, ungläubig aufzulachen, denn die kurze Nachricht besagt ihm, dass Gordon tatsächlich über den Joker mit ihm sprechen möchte. Da er aber seiner grünhaarigen Nemesis diesen Triumph nicht gönnen will, setzt er eine betont gleichgültige Miene auf.

Eigentlich will er sich nicht in sein Batman-Outfit zwängen, er hatte sich auf einen Abend ohne den dunklen Ritter gefreut, aber die Vertrauensbasis zwischen ihm und den Commissioner ist noch zu zerbrechlich. Er kann ihn nicht enttäuschen, nicht jetzt, wo die Polizei endlich beginnt, in ihm eine Unterstützung, eine Hilfe zu sehen.

Und dazu musste er nur ein paar mal Detective Yin retten – wenn das mal nicht ironisch war. Ausgerechnet dem Joker und dessen Übergriffen auf Polizisten hat er es zu verdanken, dass der Polizeichef nun Batman vertraut.

„Batman muss los“, entschuldigt er sich bei Alfred.

„Natürlich, Master Bruce“, ertönt Alfreds Stimme hinter ihm.

Irritiert dreht sich Bruce um und sieht seinen Butler im Türrahmen stehen, eine Kehrschaufel und einen Handfeger in den Händen.

Der Brite lächelt nachsichtig. Sein junger Arbeitgeber und dessen Erzfeind waren so sehr damit beschäftigt, sich ihre gegenseitige Antipathie unter die Nase zu reiben, dass keiner von ihnen bemerkt hatte, wie er den Tisch verließ und kurz in die Küche ging.

„Wir kommen schon zurecht“, erklärt Alfred und zwinkert dem Joker zu. „Unser Gast hier putzt jetzt erst einmal die Bescherung weg, die er verursacht hat und dann stecke ich ihn zurück in seine Zelle.“

Zu Bruce‘ großer  Überraschung – und Alfreds nicht ganz so großer – lässt sich der verrückteste Kriminelle Gothams widerspruchslos Schaufel und Feger in die Hand drücken und geht damit hinüber zu den Scherben seines Dinners.

„Bekomme ich eine Luftmatratze oder wenigstens eine Iso-Matte?“ fragt er  währenddessen. „Das Felsgestein wird langsam unbequem und in diesen Klamotten spüre ich jede Unebenheit. Und besteht die Chance, dass ich irgendwann mal wieder meine eigenen Sachen tragen kann? Ich vermisse meinen Mantel.“

Es ist wirklich erstaunlich, wie abrupt seine Stimmungen wechseln. Ungläubig schüttelt Bruce den Kopf. Er zögert, er traut den Frieden nicht. vielleicht sollte er doch noch die paar Minuten abwarten und den Joker dann selbst in die Zelle zurückbringen.

Doch dann begegnet er Alfreds auffordernden Blick und gibt nach.

So merkwürdig es klingt – Alfred scheint den Joker absolut im Griff zu haben.

Warum aber fühlt sich Bruce bei diesem Gedanken dann so unwohl?
 

***
 


 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ayno-uzumaki
2016-04-19T08:06:52+00:00 19.04.2016 10:06
MEGA LOB AN DICH echt *.* mir fehlen die worte kp was ich noch schreiben soll außer klasseee!! :D


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