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Fight until the end

von

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Kapitel 12 bis Kapitel 21

Kapitel 12
 

Als Phia in ihr neues Zimmer ging, zögerte sie an der Tür, als sie das kaum hörbare Klicken erkannte. Sie stand im halbdunklen Gang, nur das Mondlicht schien durch das Seitenfenster.

Langsam öffnete sie die Tür und ging vorsichtig hinein. Chuck saß mit dem Rücken zu ihr an einem kleinen Schreibtisch und war über seinen Laptop gebeugt.

Hastig und seine Umgebung ignorierend tanzten seine Finger über die Tasten. Doch es war sein Gesicht, dass Phia beunruhigte. Seine Augen wirkten glasig und er schwitzte leicht, als hätte er Fieber. Blass und müde starrte er auf die Zeilen, die sich immer und immer mehr bildeten.

Phia wusste, dass er in diesem Zustand nicht aufhören würde, bis er fertig war. Nebenbei griff er nach dem Cola-Glas. Der Zucker würde ihn weiterpuschen, selbst wenn er sich jetzt schon todmüde fühlte. Nicht weit entfernt stand eine noch verschlossene Flasche Whiskey.

Sie wusste nicht, was sie jetzt machen sollte. Bleiben oder Gehen? Dann sah sie zur Seite des Zimmers und wunderte sich, wie sie ihn erst jetzt bemerken konnte.

Gabriel saß auf dem Stuhl bei der Kommode und hatte sich rückwärts gesetzt, dass er sich mit den Armen auf der Lehne abstützen konnte.

Er sah zu ihr, ruhig aber dennoch besorgt, bevor er wieder zu Chuck sah.

Sie setzte sich leise auf das Bett und lehnte sich an. Die letzte Vision von Chuck war über sie gewesen. Seit dem hatte er nicht geschrieben. Im Großen und Ganzen hatte er nur noch wenige Visionen, als er sich für dieses Team entschied.
 

Es war gegen zwei Uhr morgens als Chuck zitternd aufhörte zu schreiben. Er fuhr sich über das Gesicht und trank den letzten Rest Cola. Dann sah er zur Flasche, es war verlockend. Die Kopfschmerzen waren die ganze Zeit da, doch jetzt spürte er sie wieder stärker. Der Alkohol würde ihm helfen. Wenn auch nur für eine kurze Zeit. Aber es würde. Naja, bis er dann morgens mit einem noch schlimmeren Kater aufwachte. Was sollte er auch sonst machen?

„Du solltest vielleicht lieber nüchtern ins Bett gehen.“ Sprach Gabriel hinter ihm.

Chuck drehte sich erschrocken um.

„Du bist die ganze Zeit geblieben?“ es war mehr eine Feststellung als Frage.

„Hmm, hatte gerade nicht viel zu tun. Und mir hat mal jemand gesagt, dass Lesen bildet.“ winkte er ab.

„Es hat nicht wirklich neue Informationen für uns.“ begann er unsicher.

„Nein, aber es bestätigte so einiges.“ sagte Gabriel ernst und stand lautlos auf.

Chuck sah zu Phia, die unter der Tagesdecke schlief, und war unsicher, was er tun sollte.

„Wir werden später mit den anderen darüber reden. Hier trink das, es wird gegen die Kopfschmerzen helfen und dann geh schlafen. Es wird ein langer Tag, deine Schwiegereltern kommen schließlich zu Besuch.“

Chuck seufzte, als Gabriel das Zimmer verließ und sah auf die Phiole, die Gabriel ihm gegeben hatte. Es sah aus wie Wasser, doch er wollte lieber nicht darüber nachdenken, was es alles sein konnte. Er hielt sich die Nase und schluckte es schnell hinunter.

Dann blinzelte er und nahm langsam seine Hand runter. Es schmeckte … frisch. Doch er schüttelte den Kopf und entschied sich nicht darüber nachzudenken.

Er ging ins Badezimmer und zog sich seinen schwarzen Pyjama an. Er war müde und konnte kaum noch die Augen offen halten. Kurz zögerte er noch bevor er sich in das große Doppelbett legte und einschlief.
 

Es schien nicht viel Zeit vergangen zu sein, als Chuck seine Augen öffnete und in einem grinsenden Dean entgegensah.

„Guten Morgen, Chuck.“ kam es enthusiastisch.

„Dean.“ nuschelte er.

„Und wie hast du geschlafen?“ fragte er mit wackelnden Augenbrauen.

Die Kombination aus Vierjährigem und Anspielung verstörte Chuck ein wenig und er sah errötend weg.

„Oh komm schon, das brauch dir doch nicht peinlich sein.“

„Dean.“ kam es von der Tür.

„Was ist Cas?“ fragte Dean lächelnd.

„Lass Chuck in Ruhe aufstehen. Du hast es versprochen.“ erinnerte er ihn.

„Ich habe versprochen nicht auf ihn oder das Bett zu springen, zu kreischen oder zu schreien, ihm kein Wasser über den Kopf zu schütten oder einen anderen, aufweckenden Scherz zu spielen, ihn nicht zu schlagen, zwicken, treten und auch nicht zu kneifen.“ zählte Dean an seinen Fingern ab.

„Phia hat mit keinem Wort gesagt, dass ich ihm keine Fragen stellen darf.“ Sagte Dean stolz grinsend und selbst Cas konnte sich kein Lächeln verkneifen.

„Phia?“ quiekte Chuck auf, etwas blass durch die Aufzählung, und schon war Dean´s Aufmerksamkeit wieder auf ihm.

„Mmh. Sie sagte, wir sollen dich zum Frühstück wecken.“ und kroch auf das Bett, über die Bein von Chuck und setzte sich auf die Seite, wo Phia geschlafen hatte.

„Also?“

„Also was?“

„Wie hast du geschlafen?“

„Gut.“

„Ernsthaft?“

„Ja.“

„Wirklich nur gut?“

„Hast du etwas anderes erwartet?“

„Ehrlich? Ja, ich meine wenn gut gut war, dann war gut gut.“

„Dean!“ kam es erschrocken von Cas, der sich nun auch auf das Bett setzte und Dean einen leichten Stoß in die Seite gab.

„Was? Entweder er genießt und schweigt oder es war wirklich nur gut.“ verteidigte sich Dean.

„Wovon redet ihr?“ fragte Chuck verwirrt. Er war noch müde, er wollte noch nicht aufstehen und dennoch versuchte er zu folgen.

„Von gut.“ wiederholte Dean nachdenklich.

„Dean möchte gern wissen, wie du die Nacht mit Phia empfunden hast.“ erbarmte sich Cas aus Mitleid mit Chuck.

„Sie war gut, das Bett ist gemütlich und …oh…du meinst, ob wir, ob sie und ich, also…nein, also nein, wir haben nicht so geschlafen, doch schon geschlafen aber nicht zusammen, also nebeneinander ja, nicht miteinander.“ stotterte der Prophet mit roten Wangen.

„Wieso nicht?“ fragte Dean unschuldig.

„Ähm…“ Chuck wusste nicht, was er sagen sollte. Wieso fragte Dean ihn das?

„Er ist sprachlos.“ flüsterte Cas laut.

„Ja, das ist er wohl.“ stimmte Dean zu.

„Chuck?“ fragte er dann, als der Mann sie noch immer mit weiten Augen und offenen Mund anstarrte.

„Ich glaube, du hast ihn kaputt gemacht.“

Und Cas sah ihn mit schiefgelegten Kopf musternd an.

„Cas, er ist ein Mensch keine Maschine. Er ist nur…“

„…überrumpelt?“

„Genau das.“ stimmte Dean zu.

„Was ist genau das?“ kam Phia zur Tür rein.

Chuck realisierte es und lief ins Bad. Im Vorbeigehen nuschelte er von etwas von Duschen, doch sah sie nicht an.

Dean und Cas grinsten und gingen auf Phia zu.

„Was habt ihr gemacht?“ fragte sie sie.

„Nichts.“ kam es simultan.

„Aha. Was ist los? Die anderen haben schon gedacht, ihr seid eingeschlafen.“

„Nein, Chuck hat nur etwas gebraucht, bis er richtig wach war.“ sagte Dean schulterzuckend.

„Gut, dann lasst uns schon runtergehen.“ beließ es Phia dabei.

„Gut ist gut.“ kam es von Cas wiederholt und Dean und er liefen lachend voraus.

Phia folgte ihnen und wusste nur eines, sie hätte Chuck vielleicht doch selbst wecken sollen.
 


 


 

Kapitel 13
 

Chuck und Gabriel hatten sich mit den anderen zusammengesetzt und ihnen nach dem Frühstück von seiner Vision erzählt. Es war wirklich nichts Neues, das meiste war mehr die Wiederholung und Aufarbeitung der letzten Tage.

Der letzte Teil war allerdings ungewöhnlich. Es ergab keinen Sinn, wie er mit ihrer Situation zusammenhing.

Chuck erzählte ihnen, dass er in der Wüste Ägyptens stand.

Vor ihm ragte ein riesiger Tempel und überall standen Wachen.

Es war abends und sie zündeten Feuerstellen an.

Menschen in weißen Gewändern und tanzten und sangen.

Er konnte sie nicht verstehen, aber es schien ein Fest zu sein.

In der Halle sah einen Mann auf dem Thron, den Pharao, und Frauen und Kinder auf den Treppen unter ihm, außer einer Frau, die neben ihm saß.

Dann wurde alles ruhig als eine Gruppe von Frauen in die Halle trat. Sie trugen weiße Kleider, ärmellos, waren geschmückt mit Armreifen, Fußkettchen und Ohrringen. Sie alle wirkten schlicht und doch zeitlos elegant. Ihre Gesichter waren verschleiert, jedoch blieben ihre Augen frei. Jeder hielt inne als sie näher kamen und in der Mitte des Raumes stehen blieben. Der Pharao stand langsam auf und zum Schock der anderen ging er ihnen entgegen. Chuck sah, wie sich der Pharao ruhig, aber skeptisch dann vor ihnen stand. Er sah die Anspannung der Wachen und hörte das Murmeln der Menschen um ihn. Der Pharao sah die erste Frau vor ihm an und fragte sie, was sie hier zu suchen haben.

Ihre Stimme klang klar, ruhig und unerschüttert.

„Isis.“
 

„Isis. Das war das einzige, was die Frau zu ihm sagte und das war es.“ Erzählte ihnen Chuck.

„Die ganze Vision hat dir nur Dinge gezeigt, die bereits geschehen sind. Der letzte Teil ist ungewöhnlich. Was hat es mit uns zu tun? Sollen wir jetzt die ägyptische Göttin selbst suchen oder einen Menschen, der ihren Namen trägt?“ fragte Bobby skeptisch.

„Möglich.“ Sagte Gabriel nachdenklich.

„Wenn es sich um einen Menschen handelt oder vielleicht sogar auch nur um einen Gegenstand, der mit Isis im Zusammenhang steht, dann hätten wir auf jeden Fall eine bessere Chance etwas zu finden.“

„Was meinst du damit?“ fragte ihn Phia.

Gabriel seufzte.

„Die ägyptischen Götter sind sehr älter als viele andere und nach dem Tod von Cleopatra, zogen sie sich fast vollständig zurück. Der Glaube an sie ging durch den Einfluss der Römer und späteren Jahrhunderte beinahe verloren. Dennoch gehören sie den mächtigeren Göttern in dieser Welt.“

„Warum haben wir noch nichts von ihnen gehört? Ständig rufen Jäger mit Fragen über andere Kulturen an. Da war vielleicht gerade mal eine Hand voll über Ägyptisches dabei.“ wollte Bobby wissen.

„Weil diese Götter mächtig und stolz sind und verdammt vorsichtig. Sie wurden Jahrtausende angebetet und selbst heute noch sind die Menschen von dieser Kultur, ihrer Vergangenheit und Einflüsse, Entwicklung und verborgenen Geheimnissen fasziniert. Bevor sie selbst erscheinen und sich offenbaren, muss man entweder jemand sein, den sie als würdig ansehen zu begegnen, oder man muss sie verdammt verärgert haben.“

Gabriel machte eine Pause und jeder dachte über die letzten Worte nach.

„Wie viel Wert haben ein Prophet, ein Erzengel, zwei Engel, drei Jäger und ein Mensch, wenn sie einen ägyptischen Gott rufen wollen?“ fragte Bobby nachdenklich.

Gabriel sah niemanden an, als er es ihnen erklärte.

„Wenn wir ihr Interesse wecken wollen, noch nicht ausreichend genug in dieser Zeit. Aber das ist nicht das entscheidende Problem. Der Wert ist der Preis selbst.“ sagte er verbittert.

„Was ist dieser Preis?“ fragte Phia leise.

Jeder wartete, als Gabriel zögerte.

Es machte sie nervös zu sehen, dass selbst er nicht gern darüber sprach.

„Es ist eine Gegenleistung.“

Und Gabriel sah sie vorsichtig an.

„Je nach dem was der Gott für angemessen halten würde. Sie verlangen einen Preis, der keine Wahl lässt. Entweder Ja oder Nein. Zusage oder Nichts. Kein Verhandeln, keine Zeit zum Nachdenken, hier und jetzt ist das Prinzip. Manche verlangen einen Gefallen, den sie später einfordern wollen. Andere wollen Diener, Geschenke, wertvolle Gegenstände. Es hängt vom jeweiligen Gott ab und was für eine Stimmung er hat. Es gab schon Situationen, wo der gerufene Gott wütend erschien, weil er sich genervt fühlte und hat dann kurzen Prozess gemacht hat.“

Es erschien Phia, als würde er ihr ausweichen und auch Chuck zuckte zusammen.

Die anderen hatten es genauso bemerkt.

„Gabriel? Was ist der Preis für Isis?“

„Isis... sie ist die Gefährtin von Osiris und Mutter von Horus. Osiris war der Gott des Todes und Horus? Er wurde der Königsgott genannt. In Ägypten wurde er zum Gott der Könige, des Himmels und des Lichtes. Sie hatte Einfluss, sie hatte Macht, sie wurde respektiert und geliebt. Es heißt, als Osiris von Seth getötet und seine Teile über das Land verstreut wurden, hatte Isis nicht gezögert und zusammen mit ihrer Schwester keine Mühen gescheut, Osiris zu retten. Für ihn ließ sie sich selbst vom Tod nicht aufhalten. Sie liebte ihn und ging für ihn über ihre Grenzen, bis sie ihn fand und ihn wiedererweckte. Keiner weiß, was genau geschah, doch sie veränderte sich und zog sich von allem zurück. Wenn die Vision also wirklich die Göttin selbst meint, habe ich keine Ahnung was sie von uns verlangen wird. Keiner weiß das mehr.“

Dean und Cas zogen sich zurück, Sammy war eingeschlafen und die anderen hingen ihren Gedanken nach.
 

Phia hatte sich in die Küche gestellt und kümmerte sich um das Essen zum Abend.

Sie wünschte sich, die Frage um ihre Familie heute Abend schnell lösen zu können.

„Hey.“ Stand Chuck plötzlich neben ihr.

„Hey Chuck.“

„Ähm, bist du ok?“ fragte er zögernd und sah sie vorsichtig an.

„Sollte ich dich das nicht fragen? Du hattest die Vision, sonst hast du danach niemand in deine Nähe gelassen.“

„Oh. Nein, Gabriel hat mir was gegeben. Es hat erstaunlich gut geholfen. Keine Kopfschmerzen mehr.“

„Das freut mich.“

„Mmh.“ meinte er nachdenklich.

Sie sah ihn nun fragend an.

„Was ist?“

„Bist du dir sicher wegen heute Abend?“

„Ich habe nicht viel Wahl. Sie sind bereits auf dem Weg, was soll ich tun? Sie anrufen, wenn sie am Flughafen angekommen sind, und absagen?“

Er schüttelte verlegen den Kopf.

„Das wollte ich nicht.“ flüsterte er bedrückt.

Phia legte das Messer aus der Hand und drehte sich zu ihm.

„Was wolltest du nicht?“ fragte sie ihn.

„Ich hab dich hier mit reingezogen und es kommen immer mehr Dinge dazu, die uns Schwierigkeiten bereiten. Ich hätte diese Vision ignorieren sollen. Es tut mir leid.“

„Und dann? Wenn du sie ignoriert hättest, was wäre dann gewesen?“

Er schwieg.

„Ich glaube, dass man manches Schicksal nicht umgehen kann. Es ist ein Teil des Ganzen. Du kannst die Wahl haben, einen Weg wählen und dafür kämpfen, gewisse Dinge zu verhindern. Aber genauso wird es einen Punkt geben, an dem es trotz aller Möglichkeiten, Entscheidungen und Worte einfach nicht möglich nicht, es aufzuhalten. Das ist das Leben. Man kann nicht alles verhindern, das liegt nicht in unseren Fähigkeiten. Selbst mit Engeln und Propheten an unserer Seite, wird es immer einen solchen Punkt geben.“

„Das ist nicht fair. Manche Schicksale sind nicht fair.“

„Nein. Das sind sie nicht.“ stimmte sie ihm zu.

„Aber dann heißt auch wiederaufzustehen, nicht aufzugeben und egal wie tief man gefallen ist, eine neue Entscheidung zu treffen, einen neuen Weg zu finden.“

„Und was ist, wenn es keinen neuen Weg gibt?“

Sie sah ihn, trat einen Schritt näher und umarmte ihn.

„Dann kann es sein, dass er nicht neu ist, sondern vielleicht schon da war und wir ihn nur nicht gesehen haben.“ flüsterte sie ihm zu.

Sie wusste, dass was sie sagte, was sie tat, kam einem Versprechen gleich. Und er wusste es auch.

„Versprochen?“

„Versprochen.“

Kapitel 14
 

Gabriel ließ sie alle in Reih und Glied stehen trat vor jeden einzelnen.

Bobby saß im Rollstuhl und je näher Gabriel auf ihn zutrat, desto mehr zuckte sein rechtes Auge. Gabriel trat näher, Bobby atmete tiefer ein und aus.

„Das Cappy?“ fragte Gabriel genervt.

„Vergiss es!“ schnaubte Bobby nur.

„Aber es passt nicht dazu.“

Gabriel hatte es tatsächlich geschafft, Bobby einen Anzug anzudrehen. Er saß gut gekleidet da, aber nur, weil er schließlich nach zwei endlosen Stunden Ruhe vor Gabriel haben wollte.

Aber das Cappy blieb.

Gabriel seufzte und drehte sich zum nächsten Glied der Kette.

Chuck trug eine dunkle Hose, eine Hemd, wo die ersten zwei Knöpfe offen waren und schwarze Lackschuhe. Gabriel nickte, die fehlende Krawatte war Absicht. Phia hatte ihnen gesagt, dass er keine tragen sollte. Ihre Familie wusste, dass sie diese Dinger einfach nicht mochte. Kein Grund, keine Erklärung. Es war einfach eine Tatsache, die sich selbst als Kind schon geäußert hatte.

Dann kam Anna.

Sie trug ein wunderschönes, schulterfreies, dunkelgrünes Kleid.

Edel, anspruchsvoll und doch verlieh es ihr etwas Mystisches durch das rote Haar.

Castiel, Dean und Cas kamen als nächstes, wobei Sammy Gabriel einen Blick zuwarf, der ihn in Flammen hätte aufgehen lassen können.

Gott sei Dank, dass der Kleine nur ein Mensch war.

Es wäre heiß geworden.

Alle drei standen in Anzügen, wieder ohne Krawatte, da.

Süß, unschuldig, oh Gabriel war so stolz auf die drei Racker. Unschuldige, kleine Teufel, wenn sie es wollten. Streiche und Humor, was wollte er mehr als „Onkel und Vater“?

Er selbst trug einen schwarzen Anzug mit offenen, weißen Hemd und sah stolz auf seine Mannschaft.

Was konnte da noch schief gehen?

Und schon klingelte es.

Als Chuck zu Tür ging, langsam, bereit dem Unvermeidlichen zu begegnen, hätte man im Hintergrund auch epische Melodien spielen lassen können.

Cas zog ihn am Ärmel und Gabriel sah zu ihm.

Große blaue Augen sahen ihn fragend an.

„Was ist?“ zischte er ihm zu, da Chuck bereits die Tür öffnete.

„Was ist, wenn etwas schief geht?“ fragte Cas kurz.

„Nichts geht schief. Wir sind vorbereitet und jeder weiß, was ist.“ lächelte er seinen jetzt kleinen Bruder ehrlich an.

„Was ist, wenn etwas bereits schief gegangen ist?“ fragte Cas unschuldig.

„Aber es ist alles in Ordnung.“ und er sah wieder nach vorn.

Castiel zog heftiger an seinem Ärmel und Gabe sah irritiert zurück.

„Was?!“ flüsterte er sich zusammenreißend.

„Wo ist Phia?“ wollte Cas nun wissen.

„Phia ist gleich zwischen Chuck und Bobby. Da vorn, siehst du…oh, das ist Anna… Phia ist nicht da…wo zum Henker ist Phia…verdammt, das hätte ich kommen sehen sollten.“ murmelte er aufgeregt.

„Okay, keine Panik. Wir begrüßen sie, wie geplant. Ihr drei verzaubert sie mit eurem Charme. Ich suche nach unser Ausreißerin.“ kommandierte er leise.

„Du hast mich überrascht?“

Phia sah nicht zur Seite, doch sie spürte Gabriels Blick auf sich, nachdem er sich neben sie gesetzt hatte.

Sie saß schon seit zehn Minuten hier oben auf dem Dachvorsprung, von dem sie die Sterne beobachten konnten.

Sie hatte die ankommenden Wagen gesehen, die äußerst vorsichtig durch die Gegend manövrierten.

Sie konnte nicht runtergehen, als die Leute aus den Wagen stiegen.

Sie sah ihre Eltern.

Sie sah ihre Schwester und deren Mann.

Sie sah ihren Bruder und dessen Freundin? Verlobte? Ehefrau?

Sie sah ihre Großeltern.

Sie konnte sich nicht bewegen.

Familie.

Familie, zu der sie doch schon viel zu lange nicht mehr gehörte.

Familie, die sie einst verlassen hatte.

„Du weißt schon, dass es ohne dich ein wenig schwierig wird da unten?“ fragte Gabriel belustig.

Doch Phia ging nicht auf ihn ein.

„Du hast nicht zufällig gerade dein Schweigegelübde abgelegt?“

Nichts.

„Phia.“

Sie schloss ihre Augen, als er sie sanft ansprach.

„Warum?“ flüsterte sie traurig.

Gabriel hielt inne, als er ihr Flüstern hörte.

„Warum bin ich anders als sie? Normal? Ich bin ihre Enkelin, ihre Tochter und Schwester. Doch ich bin anders. Warum Gabriel?“ ihre Stimme brach.

Gabriel sah sie an, sah die Tränen in ihren Augen. Schmerz und Verzweiflung, das war das erste Mal in ihrem Blick, seit dem er sie vor ein paar Tagen getroffen hatte.

„Ich weiß es nicht.“ Sagte er vorsichtig.

„Er hat gesagt, dass ich nicht wie die anderen sei. Frei von seiner Aufgabe, von meiner Pflicht. Nicht mehr und nicht weniger. Keine Erklärung, kein Grund, einfach nur ein Satz und alles hat sich verändert.“

Phia stockte und atmete tief durch.

„Ich konnte damals nicht bleiben. Es ging nicht. Sie haben nicht gesehen, wie ich mich fühlte. Sie sahen nur das Kind, dass nicht auserwählt war wie sie. Ich wollte das doch nicht.“

„Oh Phia.“

„Sie sind nicht dumm.“ unterbrach sie ihn.

„Sie werden bald merken, dass das hier nicht real ist. Und dann werden sie den wahren Grund wissen wollen. Und entweder werden sie wie damals bei Chuck reagieren und einfach wieder gehen oder sie werden bleiben und helfen.“

„Möglich.“ sagte er traurig zu ihr.

„Was ist, wenn das eine mit dem anderen nichts zu tun hat?“ fragte sie ihn.

„Was wenn doch?“

„Was wenn…“ doch Gabriel legte ihr den Finger an die Lippen.

Phia verstummte und sah ihn vorsichtig an.

„Vielleicht werden sie uns helfen, vielleicht auch nur verdammen und beleidigen, dass wir uns in ihre Angelegenheiten einmischen. Vielleicht werden sie uns zuhören und dann entscheiden, dass sie noch nicht betroffen sind, erst warten wollen und eigene Forschung anstellen wollen. Vielleicht ist vieles, was wäre wenn. So viele Möglichkeiten. Aber wir werden es erst wirklich wissen, wenn wir da unten stehen.

redete er auf sie ein und stand auf.

Er hielt ihr die Hand hin und sah sie ernst an.

„Du bist nicht allein. Wir sind bei dir, egal ob als Pseudofamilie oder Freunde oder Teamkollegen, die zusammen gegen Lucifer, Michael und die Apokalypse in den Kampf ziehen. Aber WIR sind bei dir, egal was kommt.“

Und sie ließ sich hochziehen.

Er hatte Recht, sie war nicht allein.

Entschlossen ging sie mit Gabriel hinein.

„Und wenn du beim nächsten Appell nicht anstehst, lass ich dich extra Runden laufen.“ sagte er mit dem Ton, den er nutzte, um die anderen in Reih und Glied zu stellen.
 


 


 


 


 


 


 

Kapitel 15
 

Phia und Gabriel sahen unauffällig um die Ecke.

„Es ist so ruhig. Ist was schief gegangen?“ flüsterte Gabriel leise.

„Nein.“ Sagte Phia nur und rieb sich die Stirn.

Dann straffte sie die Schultern und ging zügigen Schrittes vorbei an Gabriel, der ihr verdattert folgte.

Als sie in Blickweite der anderen kam, richtete sich jeder Blick auf sie.

Phia wusste ganz genau, was hier vor sich ging. Es war eine der Regeln im Umgang mit Gästen, die ihre Familie erwartete, wenn sie bei Fremden zu Besuch waren.

Als erstes gab es die Vorstellung und dies war ihre Aufgabe.

So lange wie Phia also nicht anwesend war, um die Gäste ihrer neuen „Familie“ vorzustellen, würde Schweigen herrschen.

„Guten Abend Vater, Mutter.“ begrüßte sie ihre Eltern mit bemüht, ruhiger Stimme.

Ihre Mutter trat einen Schritt vor und nahm sie graziös, aber kühl in die Arme.

„Ann.“ sagte Elisabeth Johnson, als sie ihre Tochter musterte.

Sie hatte blond-graue Haare, zusammengesteckt, blaue Augen und eine schlanke Figur für eine fünfundfünfzigjährige.

Ihr Vater, Edward Johnson, hatte graues, kurzes Haar und war sportlich. Er hatte wie Phia grüne Augen. Er lächelte sie an, doch blieb wo er stand.

Sie konnte ihre Schwester Sandra sehen, die die jüngere Version ihrer Mutter war. Blond, blauäugig, schlank und neunundzwanzig.

Ihr Ehemann war kein geringerer als Peter Mason. Sie erinnerte sich, dass er in ihrer Nachbarschaft lebte. Ebenfalls sportlich, großgewachsen, blaue Augen, kurzes blondes Haar und dreißig.

Ihr jüngerer Bruder Alexander war vierundzwanzig, größer als Phia, muskulär, hatte wie sie und ihr Vater grüne Augen und kurze braune Haare.

Die Frau an seiner Seite schien genauso alt, war zierlich und klein, braune Augen und schwarze Haare.

Ihre Großeltern standen hinter ihnen. James Grant war ein stattlicher, älterer Herr, siebenundsiebzig mit grauen Haaren und blauen Augen. Ihre Großmutter Victoria Grant, nur ein Jahr jünger, mit grauen, zusammengesteckten Haaren und blauen Augen stoß ihm in die Seite.

Sein Blick glitt zu seiner Enkelin und ein schelmisches Funkeln trat in seine Augen.

Phia lächelte zurück und stellte sich vor ihre Freunde.

„Das sind meine Mutter und mein Vater, Elisabeth und Edward Johnson. Meine Großeltern Victoria und James Grant. Meine ältere Schwester Sandra und ihre Ehemann Peter Mason. Und dies sind mein jüngerer Bruder Alexander und …“

„Allison.“ sagte Alexander etwas finster, doch Phia nicht auf den Tonfall ein.

„und Allison Johnson. Und dies sind Robert Singer, Gabriel und Chuck. Anna, Castiel, Dean und Sam..“

Es gab von beiden Seiten gemurmelte Begrüßungen oder in Bobby´s Fall einen nicht gerade beeindruckten Blick.

Ihre Mutter nickte die Vorstellung ab und sah dann abwartend zu Phia.

Phia verkniff sich ihre Augen zu verdrehen und zeigte lächelnd Richtung Wohnzimmer, wo sie einen großen Esstisch stehen hatten.

„Wenn ihr euch schon setzten würdet, das Essen ist bereits fertig.“ Und dank Gabriel immer noch warm auf dem Tisch.

„Du hast selbst gekocht?“ fragte ihre Mutter kühl.

„Ja, das habe ich.“ sagte sie nur bestätigend und ließ die anderen an ihr vorbei gehen.

Dean hielt mit Cas als letztes neben ihr und warf ihr einen missmutigen Blick zu.

Sie fuhr beiden leicht durch ihr Haar.

„Es ist ein bisschen früh für diesen Blick.“ flüsterte sie.

„Der Abend hat doch gerade erst angefangen.“ murmelte sie.

Cas sah nicht weniger bedrückt drein, doch sie gingen friedlich zu ihren Plätzen.

Auf der einen Seite des Tisches saßen ihre Großmutter, ihr Bruder und seine Frau, ihre Eltern und ihre Schwester mit Ehemann. Dann kam Bobby an der einen Stirnseite und es folgten auf der langen Seite Anna, Gabriel, Sam, Chuck, Phia´s Platz, Dean und Cas, wobei ihr Großvater James die zweite Stirnseite besetzte.

Es gab Reis, Kartoffeln, Soßen, Gemüse, zwei Braten und Geflügel.

Keiner sagte ein Wort, Phia versuchte die Stimmung zu ignorieren und half Dean und Cas beim Schneiden.

Sie kam sich vor wie bei einer Trauerfeier, obwohl selbst da noch mehr Unterhaltung folgte als hier. Selbst Gabriel genoss das Essen schweigend.

Sie war sich der Blicke ihrer Familie bewusst, besonders den ihrer Schwester.

Das war eher die Ruhe vor dem Sturm.
 

Als eine Stunde später selbst der Apfelkuchen aufgegessen war und Konversation geführt werden konnte, entschuldigte sich Phia für einen Moment und schaffte die Kuchenplatten und Teller auf dem Tablett in die Küche.

Sie räumte sie in den Geschirrspüler als sie die Tür hinter sich öffnen hörte.

Sie beendete ihre Arbeit zuerst und drehte sich dann langsam um

„Hi Ann.“

Ihr Bruder stand mit den Händen in der Hosentasche und sah sie zögerlich an.

Phia zeigte zur Hintertür, die mit einer Sitzecke Richtung Garten ausgestattet war.

„Sie haben dich vorgeschickt?“ fragte sie belustigt.

Obwohl er groß und stark war, war ihr Bruder eher wie ein Teddybär als eine Gefahr.

Seine Wangen röteten leicht und er zuckte entschuldigend mit den Schultern.

Sie seufzte.

„Wie geht es dir Alex?“

„Gut. Mir geht es gut.“

„Schön zu hören. Du jetzt bist verheiratet.“ hielt sie das Gespräch am Laufen.

„Mmh, seit einem Jahr. Allison ist wunderbar, ich liebe sie, sie ist etwas Besonderes.“ sagte er sanft.

„Das ist schön zu hören.“

„Du warst nicht da.“

Es lag kein Vorwurf in seiner Stimme.

„Alex, es tut mir leid.“

Sie wusste nicht, was sie dazu genau sagen sollte.

„Sie unterhalten sich.“ sprach Alex langsam.

Phia sah ihn fragend an.

„Über Allgemeines. Sport, Wetter, Politik, Autos.“

„Tun sie das?“ fragte Phia nachdenklich.

„Ja.“ Sagte er vorsichtig.

„Und über was sollst du mit mir reden?“ fragte sie ihn direkt.

Sie wusste, dass ihre Mutter ihren Bruder vorgeschickt hatte.

Er verbesserte ihre Frage nicht.

Beide wussten, dass es nicht viel Sinn machen würde.

Sie wollten nicht streiten. Phia wollte es wirklich nicht, nicht mit ihrem kleinen Bruder.

„Sie wissen es.“
 

Kapitel 16
 

Phia schwieg.

Ehrlich gesagt, was sie darüber nicht überrascht, dass sie es wussten. Sie hatten ihre Wege Dinge herauszufinden. Die bessere Frage war, woher sie es genau wussten.

„Bevor wir her kamen, haben sie ein paar alte Freunde angerufen. Einer wohnte ganz in deiner Nähe.“

„Sie haben…“ Phia wusste genau, was er sagen wollte.

Ihre Eltern hatten sie überwachen lassen.

„Er hat ihnen gesagt, dass du vor ein paar Tagen verreist bist mit einem Freund. Nichts ungewöhnliches, deshalb hatte er auch vorher nichts erwähnt.“ gestand ihr Alex.

„Wie lange schon?“ fragte sie einfach nur.

Er zögerte, doch schließlich antwortete er ihr.

„Seit dem du fort bist.“

„Warum sind sie dann hier, wenn sie wissen, dass es eine Lüge war.“

„Weil sie wissen wollen, was du hier machst und warum ein Erzengel, ein Engel und ein Prophet darin verwickelt sind. Dann fanden sie heraus, wer Robert Singer …“

„ein Jäger ist.“ erklang eine Stimme neben ihnen.

Sandra war unbemerkt zu ihnen getreten und lehnte mit verschränkten Armen am Türrahmen.

Ihr kühler Blick musterte Phia abschätzend.

„Wirklich? Du lebst im Haus eines Jägers?“ kam es spöttisch fragend.

„Sandra.“ Warf Alex warnend ein. Er wollte nicht, dass es zwischen ihnen eskalierte.

Doch sie ignorierten ihn beide.

„Du solltest dich nicht so weit aus dem Fenster lehnen, Sandra.“

Sandra sah sie mit blitzenden Augen an. Niemand von ihnen hatte vergessen, wie sie damals mit einem Jäger zusammen war und ihm ihr Geheimnis verraten hatte. Der junge und überhebliche Jäger, der ebenso paranoid war, und sie und ihre Familie als Gefahr abstempelte, griff sie an. Keiner von ihnen wusste, dass sich im Wald seit ein Werwolf herumschlich, der sie überraschte. Er tötete den Jäger an und Sandra kam nur mit dem Schrecken davon, weil andere Jäger bereits nahe waren. Ihre Eltern waren mehr als nur wütend gewesen und Sandra hatte wochenlangen Hausarrest. Einige ihrer Freunde, denen sie den wahren Grund nicht nennen konnte, machten Witze. Das für Sandra jedoch Schlimmere war, dass sie die Wahl zur Abschlussballkönigin verlor, weil sie in den Wochen zuvor keine Stimmen für sich so gewinnen konnte.

„Die Frage ist eher, wie weit du dich noch hinauslehnen willst, Phia?“

„Auf was genau willst du hinaus?“

Sandra und Phia standen sich gegenüber und Alex saß nervös zwischen seinen Schwestern.

„Ja, das will ich. Warum bist du hier? Im Haus eines Jägers mit Engeln und einem Propheten? Und was hast du ihnen alles schon erzählt?“

Doch noch bevor Phia etwas sagen konnte, tauchte Gabriel neben ihnen auf.

„Vielleicht sollten wir das lieber drinnen klären, wo wir die Geschichte nur einmal erzählen müssen.“ lächelte er sie einladend an.
 

Der Abend endete im Chaos.

Nachdem Gabriel und Chuck ihrer Familie von dem Aufeinandertreffen mit dem Dämon berichteten, der Phia trotz des Familienschutzes gefährlich nahe kam, gerieten die anderen in Panik. Das war etwas, was noch nicht zuvor geschehen war. Weder ihre Großmutter noch ihre Mutter oder Schwester ließen sich so einfach beruhigen. Sandra bezeichnete sie für einige Zeit als Lügner und als sie dann auch noch erfuhren, dass Dean, Sam und Cas durch einen verunglückten Zauber verjüngt waren und dazu noch Winchesters und ein Engel waren, brach die Hölle aus.

Naja, nicht wirklich. Wenn ausgerechnet jetzt Lucifer aufgetaucht wäre, dann hätte Phia sich am liebsten auf den Boden geschmissen und geschrien.

Es gab keine Ruhe bis es Bobby zu viel wurde und er laut durch den Raum brüllte, dass sie gefälligst alle ihre Klappe halten sollten.

Schockiert oder verschüchtert, egal ob schuldig oder nicht, zuckten alle zusammen.

Bobby wusste, wie man sich im Chaos Gehör verschaffte und er zögerte nicht.

Es war spät und Phia wollte sich einfach nur noch hinlegen und nicht zum dritten Mal erzählen, was vorgefallen war.

Mit Bobby als Schiedsrichter schafften sie die nächsten zwei Stunden ohne sich beinahe an die Kehle zu springen.

Doch Phia sah die Blicke ihrer Mutter und versuchte sie so gut es ging zu übersehen.

Die kalten, blauen Augen musterten sie intensiv, als würde sie dort ihre Antworten finden.

„Was ist der Grund, dass meine zweitgeborene Tochter nicht die Fähigkeiten wie wir anderen haben?“ sprach sie in eine Pause und Phia erstarrte.

Gabriel drehte sich vollkommen ruhig zu ihr hin.

„Weil sie etwas Besonderes ist?“ reagierte er charmant.

„Sie ist normal. Wenn jemand besonders ist, dann wir.“ berichtigte ihn Sandra und ihm in die goldenen Augen.

„Ihr wurdet verflucht, doch euer Fluch wurde zur Aufgabe. In diesem Fall habt ihr eher Glück im Unglück.“ sprach Cas zum ersten Mal dazwischen. Er hatte sie die ganze Zeit beobachtet. Seine blauen Augen forderten sie geradezu heraus. Dean grinste neben ihm und schnaubte kurz auf.

Sandra sah ihn an und hätte ihn am liebsten etwas entgegen geworfen.

Sammy war in der letzten Stunde zu Phia geschlichen und saß auf ihrem Schoss an sie gekuschelt. Wie immer hatte er seinen Teddy dabei. Phia folgte seinem Blick zur Seite und sah in die gleichen grünen Augen wie sie selbst hatte.

Ihr Vater hatte nichts mehr gesagt, als Bobby durchgegriffen hatte.

Phia drehte sich auf dem Stuhl zu ihm hin und Sammy sah sie und dann ihren Vater wieder an.

„Du bist also Sam Winchester.“

Wie hatte Phia die Stimme ihres Vaters vermisst. Tief und doch beruhigend. Trotz ihrer Mutter und Schwester hatte ihr Vater immer versucht zu ihr zu stehen. Er war stolz und gutmütig, doch er ließ sich oft von ihrer Mutter unterbuttern.

Sammy nickte nur.

„Er spricht nicht?“ fragte ihr Vater sie vorsichtig. Seit dem sie wusste, dass die Freunde ihrer Eltern diese über Phia stets auf dem Laufenden gehalten haben, hatte Phia nichts mehr gesagt.

Sie schüttelte den Kopf, doch sah dann liebevoll auf den kleinen Jungen. Er lächelte zurück und kuschelte sich wieder an sie.

„Du wohl auch nicht mehr.“ Seufzte ihr Vater und sah sie reumütig an.

„Ihr habt all die Worte zu mir gesagt. Dass ihr nicht versteht, wie ich normal sein kann, während alle anderen Mädchen die Fähigkeit haben Seelen zu sehen. Mutter war so beschämt wegen mir und jeder Vorwurf, jedes Wort, ging gegen mich. Und du hast zugesehen. Und als ich endlich ging, mich frei fühlte, habt ihr mich beschatten lassen. Warum?“

Während sie sprach, hatte sie den Griff um Sammy leicht verstärkt ohne ihm jedoch weh zu tun. Sammy spielte mit ihren Ärmeln und brachte sie dazu sich wieder zu entspannen.

Sie strich ihm durch die Haare, als er sich wieder zurücklehnte. Es half beiden sich zu entspannen.

„Wir wollten nie dass du gehst. Du bist unsere Tochter, egal was ist. Deine Mutter hat sich Sorgen gemacht.“ sagte er ruhig auf ihre Worte.

„Sorgen um mich oder Sorgen, dass ich das Familiengeheimnis nicht wahre?“

Phia hatte die Stille um sie herum nicht bemerkt, so dass selbst ihre leisen Worte im Raum hörbar waren.

Das Schweigen war Antwort genug.

Sie war müde und wollte dass der Abend ein Ende hatte. Sammy konnte seine Augen kaum noch offen halten und auch Dean und Cas trifteten immer mehr ab.

„Werdet ihr uns helfen diese Frage gemeinsam zu klären?“ fragte sie ihre Mutter direkt und sah sie abwartend an.
 


 


 


 


 


 

Kapitel 17
 

Gabriel hatte ihre Familie per Angel Express zurück gebracht.

Chuck saß auf der Couch, Bobby war in der Bibliothek und Anna hatte sich in ihr Zimmer zurückgezogen. Die Jungs schliefen tief und fest. Dean hatte protestiert, doch sobald er neben Cas auf dem Bett lag, war er auch schon weg.

Langsam kam Phia die Treppe hinunter und setzte sich neben Chuck.

„Sie werden mit uns zusammenarbeiten.“ Sprach sie in die Stille.

„Aber deine Mutter sagte, dass sie zuerst mit den Anderen darüber reden müsste.“

Phia schüttelte den Kopf.

„Großmutter hat gesagt, dass sie es werden.“

„Ich verstehe nicht, deine Mutter und deine Schwester…“

„Ich auch nicht. Sie diskutieren nämlich noch heftig darüber. Warum glaubst du, dass sie zustimmen werden?“ erschien Gabriel aus dem Nichts. Er ließ sich in den Sessel fallen.

„Es läuft ein wenig anders. Meine Großmutter hat zwei jüngere Schwestern. Die drei sind die ältesten Mitglieder der Familie. Mein Familienzweig lebt hier in den USA, ein weiterer in Europa und der dritte in Asien. Wenn es um solche große Entscheidungen geht, dann treffen sie innerhalb kürzester Zeit entweder an einem Treffpunkt oder per Chatkonferenz. Es geht aber hier um die Sicherheit aller Familienmitglieder. Auch wenn ich anders bin, der Schutz ist gleich für alle. Großmutter geht kein Risiko ein, nicht wenn es darum geht. Ihre Schwestern genauso wenig. Mutter und Sandra werden nichts daran ändern können.“

„Wie viele Mitglieder seid ihr?“ fragte Chuck neugierig.

„Keine Ahnung. Nur die Ältesten wissen es. Wie und wodurch, das erfahren ihre Nachfolger erst wieder.“

„Ganz sicher wegen der Zusammenarbeit?“ fragte Gabriel noch einmal nach.

„Absolut.“

„Und wann werden wir die dreifache Zustimmung bekommen?“

Phia dachte nach.

„Bei unserer Situation, mit allem Drum und Dran, spätestens in einer Woche. Sie werden sich treffen, Großmutter wird ihnen alles erzählen und sie werden uns kontaktieren.“

„Wie viele solcher Notfalltreffen gab es bereits?“

Phia lachte auf.

„Du meinst, weil wir soweit zurückgehen, als es noch keine schnelle Transportmöglichkeit gab?“

Beide nickten.

„Die Fähigkeit selbst. Großmutter erklärte mir einst, dass es Seelen gibt, die einfach nicht weitergehen können. Manche Dinge sind so tief verwurzelt, dass sie über Jahrzehnte zurückblieben. Manche dieser Seelen waren nicht an einen Ort gebunden, sie konnten reisen.“

„Was wenn einer dieser Seelen sich gegen deine Familie gewandt hätte?“

„Ein Schwur verhindert den Verrat.“

Gabriel lehnte sich vor und sah Phia ernst an.

„Was ist, wenn einer der Familienmitglieder es weitererzählt oder sogar Verrat begeht?“

Sie sah einen Moment einfach nur an.

„Jedes Kind wird von Anfang gelehrt das Geheimnis zu bewahren. Nicht nur für die Familie, sondern auch für sich selbst. Manche von uns lernten es auf die harte Tour, wenn man für einen Verrückten, Angeber, Lügner oder Irrsinnigen gehalten wird. Wenn man als Kind von anderen gehänselt, ignoriert oder verletzt wird, kann das prägend genug sein. Wenn jeder neun Jahre wird, dann legt man einen Schwur ab. Wenn wir uns dennoch dazu entscheiden, jemanden davon zu erzählen, dann sollten wir nur, wenn wir uns absolut sicher sind.“ und Phia hielt inne.

„Und bei Verrat?“ hakte Gabriel nach.

„Uns wurden Geschichten erzählt. Von Männern und Frauen, die die Aufgabe überfordert hat. Andere haben geliebte Personen nach deren Tod gesehen und aus Schmerz oder Trauer einen anderen Weg versucht zu finden. Sie sagten immer, dass wenn ein Mitglied die Familie verrät, stellt es sie sich gegen den Tod selbst. Es wurde in den letzten Generationen nicht gewagt, egal wie schwierig es wurde. Ich weiß nicht, was genau passieren würde.“
 

Phia konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Chuck schlief ruhig mit dem Rücken zu ihr gewandt. Die Sonne ging gerade auf.

Leise schlich sie aus dem Zimmer in die Küche. Das Haus war noch ruhig, selbst Gabriel und Anna schienen sich auszuruhen.

Sie machte sich eine heiße Tasse Tee und setzte sich nach draußen auf die Hollywoodschaukel. Die Matratze war weich und gemütlich. Der kleine Garten, der abgeschottet vom Schrotthof war, glänzte vom Morgentau. Sie legte sich eine Decke über die Beine und genoss den Morgen.

Leise ging die Tür weiter auf und ein kleiner, schwarzhaariger Kopf schob sich durch. Blaue Augen blinzelten sie müde an, bevor er langsam auf die Bank kletterte und sich an sie lehnte. Sie hatte ihm belustigt zugesehen und packte ihn nun mit in die flauschige Decke ein. Er legte seinen Kopf auf ihre Beine und sah sie an.

„Warum bist du schon wach, kleiner Engel?“ fragte sie sanft.

„Konnte nicht mehr schlafen.“ murmelte er.

„Was ist los Cas?“ fragte sie nach, als er sich auf die Lippe biss.

„Ich kann sie nicht mehr hören.“ schniefte er

„Die anderen Engel?“

Er nickte traurig.

„Im Moment bist du ein Menschenkind, es könnte dich verletzen sie zu hören. Aber du hast hier Gabriel und auch Anna und auch wenn Anna schwierig erscheint, sie hat dich gern.“

„Wirklich?“ fragte er hoffnungsvoll.

„Und du hast noch mehr hier. Chuck, Sammy, mich und Dean.“

Und er lächelte ganz besonders beim letzten Namen.

Sie strich ihm durch sein Haar und er schloss die Augen.

„Was wird nun passieren?“

„Wir werden eine Lösung finden. Für euch, gegen die Apokalypse, für die Zukunft dieser Welt. Wir werden nicht aufgeben.“

„Versprochen?“

„Versprochen.“

„Ich habe ihn gesucht.“ fing er zaghaft an.

Sie sah ihn fragend an.

„Du hast Gott gesucht?“

„Ja, meinen Vater. Dean gab mir sein Amulett. Aber es hat nicht funktioniert. Ich konnte ihn nicht finden. Ich wünschte nur, er wäre hier.“

„Ich auch.“ seufzte sie leise.

„Hat er uns nicht mehr lieb? Will er, dass wir uns gegenseitig vernichten? Warum?“ fragte er unschuldig und betrübt.

„Oh Cas. Ich denke, dass es für ihn nicht einfach ist, wo auch immer er gerade ist. Vielleicht ist etwas passiert, was er selbst nicht so schnell lösen kann. Du bist sein jüngster Engelssohn, er hat dich nicht vergessen. Aber ich glaube, dass er eine gute Erklärung für sein Verschwinden hat. Dass er nicht einfach gegangen ist und euch, uns alle einfach vergessen hat. Das etwas passiert ist und egal wo er ist, er versucht zu helfen.“

Er sah Phia an und dachte ernsthaft über ihre Worte nach.

„Okay.“ akzeptierte er ihre Antwort und genoss den Sonnenaufgang.

Und auch Phia hoffte, dass ihre Worte wahr waren.
 


 


 


 


 


 


 


 


 

Kapitel 18
 

Die letzten fünf Tage waren eine Mischung aus Abwarten, dem Alltag mit drei Jungs, Anna´s Stimmungsschwankungen, Gabriel´s Scherze und Streiche, wenn er von seiner erfolglosen Suche nach einem alten Freund zurückkam. Chuck hatte sich immer mehr zurückgezogen, zuerst für kurzes Pausen, dann für Stunden. Es gab zwei weitere Visionen über Isis, aber diese waren verschwommen und verwirrend. Die Zwischenfälle mit Dämonen häuften sich immer mehr, die Zeitungen waren unübersehbar voll mit Fällen für Jägern und auch die Engel suchten nach ihnen. Bobby schien fast durchgängig am Telefon zu hängen und Phia half ihm mit den Büchern.

Für Anna und Gabriel wurde es immer schwieriger unauffällig Informationen herauszufinden. Es schien, als hätte man die Suche nach den Winchesters verstärkt und trotz der Symbole und des Schutzes auf Bobby´s Heim beschlich Phia ein beängstigendes Gefühl.

Dann kam dazu, dass die Jungs seit zwei Tagen krank waren.

Es schien auf den ersten Blick eine Erkältung mit Fieber zu sein, doch weder Gabriel noch Anna konnten ihnen helfen. Bobby´s Geheimrezept wirkte nicht und die drei wurden immer schwächer.

Langsam gerieten sie alle in Panik, selbst Gabriel hatte keine weiteren Ideen mehr.
 

Phia hatte gerade nach ihnen gesehen. Sie schliefen alle drei, doch sie waren blass und erschöpft. Sie hatten die drei in Bobby´s Zimmer gelegt und ließen die Tür offen, sodass sie sie jeder Zeit hören konnten.

Als sie an der Bibliothek vorbei ging, sah sie Bobby mit den Händen durch das Gesicht fuhr. Sie wusste, dass er sich riesige Sorgen um die drei machte, aber versuchte stark zu bleiben und die Bücher nach Antworten zu durchkämmen.

Anna und Gabriel saßen am Tisch und lasen in Büchern, deren Titel in Griechisch war. Chuck war vor einer Stunde dazugekommen. Er wirkte ausgelaugt, doch weigerte sich noch weiter hinzulegen.

Phia machte ihnen Kaffee und Tee und setzte sich wieder hin.
 

„Das ist sinnlos.“ fuhr Gabriel auf und schnappte das Buch zusammen.

Keiner konnte ihm widersprechen.

„Nichts hilft. Keine Engelskräfte, keine Kräuter, keine Medizin, einfach gar nichts. Es kann nur an diesem Fluch liegen, doch die Hexe ist tot und es ist zu lange her um noch brauchbare Spuren zu finden. Verdammt.“ und er schlug mit der Faust auf den Tisch.

„Gabe…Gabriel“ hörten sie alle eine schwache Stimme rufen.

Sofort war Gabriel auf den Beinen und bei Cas.

Als Phia sie sah, musste sie die Tränen zurückhalten.

Gabriel hatte sich zu Cas vor ihn gekniet und strich ihm die Tränen aus dem Gesicht.

„Es tut so weh.“ weinte er müde.

„Was tut dir weh, Cassy?“ fragte er seinen kleinen Bruder sanft.

„Meine Schultern, es tut so weh…“

Vorsichtig zog Gabriel ihm das Oberteil aus und Phia

Seine Schulterblätter, da wo normalerweise seine Engelsschwingen wären, waren blutig. Sofort fuhr Gabriel mit den Fingern über die zwei Schnitte und ließ sie heilen. Es ging nur langsam, doch nach langen Sekunden hatte er es geschafft. Phia kam mit einem feuchten Tuch und wischt das restliche Blut weg.

Gabriel hielt Cas in seinen Armen und Cas weinte noch immer an seiner Brust.

Phia hielt inne und sah genauer hin.

Zwischen den Schulterblättern war ein Zeichen, ein Symbol, etwa drei Zentimeter groß, das vor einer Stunde noch nicht dort war.

Sie hatte es in den Büchern gesehen.

Ein Zeichen für die Göttin Isis.

Auch Gabriel hatte es jetzt gesehen und sein Blick wurde hart.

Cas war vor Müdigkeit wieder eingeschlafen und Gabriel löste vorsichtig seine verkrampften Finger aus seinem Hemd.

Er legte ihn wieder hin und ging zu Sammy, während Phia Dean vorsichtig das Oberteil öffnete.

Jeder von ihnen trug das Zeichen auf dem Rücken.

Es war nicht der Fluch der Hexe, es war Isis, die sie leiden ließ.

Sobald sie Dean hinlegte, öffnete er leicht die Augen.

„Nngh.“

„Hey.“ flüsterte sie leise und fuhr ihm über die Stirn. Das Fieber war deutlich zu spüren, doch sie lächelte ihn an.

„Sammy, Cas?“

Seine Stimme war brüchig und kratzig.

„Sie schlafen, Dean. Hast du Schmerzen?“ fragte sie vorsichtig nach.

„Hhm. Mein Rücken.“ nuschelte er träge.

„Versuch wieder zu schlafen.“

„Nicht müde. Nicht schlafen.“

Doch seine Augen waren schon wieder geschlossen.
 

„Wir haben nicht viel Zeit.“ erklärte Gabriel, als sie zurück zu den anderen kam.

Sie sah, dass Gabriel Sammy in den Armen hielt und sich in den Ohrensessel gesetzt hatte. Sammy hielt seinen Teddy festumklammert.

„Was bedeutet der Knoten genau?“ fragte Bobby grimmig.

„Er wird auch Isisknoten, Isisblut oder Tit-Amulett genannt. Er zeigt die Verbindung zur Göttin selbst. Die Menschen haben ihn ihren Toten mitgegeben. Als Gewandknoten oder als Verzierung. Aber egal für welchen Schutz sie ihn genutzt haben, hier ist er eine Gefahr. Dean, Sam und Cas sterben. Das Fieber, die Müdigkeit, das alles sind Zeichen, dass Isis ihnen ihre Lebensenergie nimmt. Dass sie schon wieder jung sind, ist für sie ein Vorteil. Die Jungs haben nicht die Stärke sich noch länger gegen sie zu wehren. Das Zeichen ist seit etwa einer Stunde sichtbar, das heißt, dass Dean und Cas noch drei Stunden Zeit haben.“ Knirschte Gabriel mit den Zähnen.

„Drei Stunden?“ fragte Bobby schockiert nach.

„Wieso so kurz?“

„Eine Stunde pro Lebensjahr.“ Antwortete Gabriel bitter.

Und jeder der Anwesenden sah schockiert auf die Arme des Erzengels.

Sammy.

„Nein! Wir müssen etwas tun können. Es muss doch etwas geben.“ flehte Bobby ihn an.

„Was sollen wir tun? Wir haben die letzten Tage, gesucht und gesucht und nichts gefunden. Ich weiß nicht wo Isis ist oder wen ich noch fragen kann, geschweige denn die nächsten Minuten etwas zu erreichen? Ich wünschte ich wüsste einen Weg, aber ich haben keinen.“

Er sah keinen von ihnen an, behielt Sammy im Blick.

„Das Fieber hat ihn zu sehr geschwächt. Sein Herz wird bald aufhören zu schlagen.“

Gabriels Stimme war belegt als er verzweifelt auf das Kind in seinen Armen sah.

Kapitel 19
 

Es musste doch etwas geben, was sie tun konnten.

Doch die Zeit ran ihnen davon und Sam hatte nur noch Minuten, weniger als eine halbe Stunde. Ihre Gedanken rasten, jeder ihrer Freunde war auf Sammy fixiert.

Gabriel und Anna hatten gesagt, dass sie ihre Freunde, Bekannte und Informanten gefragt hatten, doch keiner konnte ihnen etwas über Isis verraten. Der eine Freund des Erzengels, der den Jungs vielleicht hätte helfen können, könnte ihnen jetzt auch nichts mehr nützen. Es war nicht die Magie der Hexe sondern der der ägyptischen Göttin, die ihnen das antat.

Isis wollte ihre Rache und sie hatte sich an jene herangepirscht, die zwischen dem Ende oder Weiterbestand dieser Welt standen. Solange es dieses Team gab, würden die Apokalypse und der Endkampf nicht stattfinden. Ein Spiel auf Zeit.

Und Phia wurde es klar. Im Nachhinein war alles so logisch. Deshalb musste Isis sie loswerden, um ihren eigenen Weg überhaupt gehen zu können. Aber war würde ihr wahres Ziel sein?

Alle von ihnen waren mit den drei greifbaren Punkten beschäftigt. Die Hexe und ihr Fluch, dem Familienschutz in Bezug auf den Dämon, dem Verstecken vor den Engeln und Dämonen. Ja, sie hatten die Visionen über Isis, doch sie hatten keine Verbindung. Dabei lag es die ganze Zeit vor ihnen.

Dann fiel Phia etwas ein und sie lief in ihr Zimmer, die anderen sahen ihr verständnislos hinterher. Sie zerrte den Karton unter den anderen hervor und durchwühlte ihn mit zitternden Fingern.

Ja, sie hatten die ganze Zeit nach ihr gesucht.

Sie wollten Isis finden, die aber nicht gefunden werden wollte.

Die ganze Zeit hatten sie versucht etwas zu erreichen, wo sie keine wirkliche Chance hatten, weil ihnen zu viele Puzzlestücke fehlten.

Phia atmete auf, als sie es fand.

Ein kleines Notizbuch mit dem Cover einer blauen Rose im Mondlicht.

Phia´s Tagebuch, als sie noch ein Kind war.

Sie klappte es hinten auf. Der letzten beiden Einträge waren zu sehen.
 

10.Januar 1993

Liebes Tagebuch,
 

gleich ist es Mitternacht und dann werde ich neun Jahre alt sein.

Mutter und Sandra machen sich gerade fertig und Großmutter ist bereits bei den anderen. Sie alle sind gekommen.

Heute Nacht werde ich ihn treffen.

Sandra hat ihn als englischen Gentleman beschrieben.

Ich soll den Blick gesenkt halten, gerade stehen und warten, bis er meine Hand nimmt. Erst dann darf ich auf sehen.

Ich bin wahnsinnig aufgeregt. Endlich werde ich offiziell dazugehören.

Mutter hat mich liebevoll angelächelt, als sie mir geholfen hat, die Robe anzuziehen.

Es ist ein wunderschönes weißes Kleid. Und der lange Mantel ist samtig und ganz weich. Sie sagte, dass sei ganz stolz auf mich ist und mich lieb hat.

Aber es gibt etwas, was ich keinem erzählt habe.

Du weißt es als einziges.

Ich habe letzte Nacht nicht mehr diesen Traum gehabt. Das ist gut, richtig?

Oh, ich muss aufhören, sie rufen mich gleich zu sich. Wünsch mir Erfolg.
 

11.Januar 1993

Ich bin nicht wie sie.

Er will mich nicht haben.

Er sagte, dass ich von seiner Aufgabe befreit sei.

Mutter und Sandra, Großmutter und alle anderen, sie haben mich nicht einmal richtig angesehen, als wir zurückkamen.

Ich bin allein in meinem Zimmer und niemand redet mit mir.

Selbst Vater ist nicht gekommen.

Es tut weh.

Keiner mag mich mehr.

Warum bin ich anders?

Ich will nicht normal sein.

Das ist nicht fair.

Warum nur…
 


 

Der letzte Eintrag war mit Tränenspuren übersäht.

Doch Phia riss ihre Gedanken fort. Dafür hatte sie keine Zeit, aber sie hatte etwas gefunden. Sie war sich nicht sicher, doch sie glaubte als Kind etwas geträumt zu haben. Sie blätterte weiter vor und fand einen Eintrag.
 


 

25. Dezember 1992

Liebes Tagebuch,
 

heute ist Weihnachten und gerade erst sechs Uhr morgens. Eigentlich sollte ich mich freuen und wahnsinnig aufgeregt sein. Aber das kann ich nicht. In dieser Nacht hatte ich einen sehr komischen Traum. Da waren zwei Frauen.

Eine hatte schwarzes langes Haar. Sie sah aus wie eine stolze Prinzessin in einem weißen Kleid. So einem, wie die Bilder auf der ägyptischen Tempelmauer, den wir im Urlaub vor einigen Monaten gesehen hatten. Aber ihr Lächeln war kalt und machte mir Angst.

Und dann war da noch die zweite Frau. Sie sah aus wie dieser Kampfschüler aus dem Film, den Onkel und Papa mal gesehen haben. Sie hatte kurze, schwarze Haare, so wie ein Junge, aber wunderschöne, warme braune Augen.

Dann ging alles ganz schnell. Ich weiß nicht, was passiert ist. Aber ich kann ihre Gesichter nicht vergessen. Die stolze Frau stand wütend da und atmete schnell ein und aus. Aber die andere Frau, sie hielt sich den Bauch. Sie war verletzt und ging in die Knie. Ihr Blick, sie weinte stumme Tränen und sah die stolze Frau verletzt und fassungslos an.

Dann bin ich aufgewacht. Was bedeutet das? Wer sind diese Frauen? Und warum träume ich das? War es doch nur Einbildung?
 

31.Dezember 1992

Liebes Tagebuch,
 

heute ist der letzte Tag des alten Jahres.

Ich habe Mutter und Vater nichts von den Träumen erzählt. Ich wollte es, aber sie sind so im Stress und ich glaubte, es lag an den Filmen, die ich gesehen habe oder dem einen Buch, das ich vor kurzem gelesen habe. Aber das stimmt nicht.

Die folgenden Träume waren die gleichen. Nur letzte Nacht nicht.

Ich habe in der Mitte eine paar Worte verstanden.

Die Prinzessin hatte gesagt, dass sie die Kriegerin sie nicht noch einmal rufen soll und dass sie sie nicht mehr rufen sollte. Sie habe ihre Entscheidung getroffen.

Die Kriegerin hat gesagt, dass sie es nicht tun sollte. Sie hat sie angefleht, damit aufzuhören.

Dann sah ich sie wieder kämpfen.

Ich werde demnächst mit Großmutter sprechen, wenn die Träume noch länger sind. Vielleicht bin ich einfach nur zu aufgeregt, dass ich bald neun Jahre alt bin.
 

06.Januar 1993

Liebes Tagebuch,
 

die letzte Nacht hat es gewittert und der Regen fiel ganz laut gegen die Fenster.

Ich habe noch niemanden davon erzählt, ich traue mich nicht. Was ist, wenn sie mich auslachen werden? Oder sagen, dass ich lüge?

Ich hatte wieder diesen einen Traum. Und letzte Nacht war das Ende anders.

Die Prinzessin hat zur Kriegerin „Leb Wohl, Chiyo“ gesagt.

Und die Kriegerin hat vor ihrem Tod ein letztes Wort geflüstert, ganz traurig und so, als würde es nur ein böser Traum sein.

Huch, Mutter ruft und ich muss gehen.

Oh, ja, das Wort.

Isis
 

Und Phia starrte auf das letzte Wort.

Sie erinnerte sich wieder.

Wie der Traum so plötzlich aufgetaucht und einige Zeit später einfach wieder aufgehört hatte. Sie überzeugte sich selbst davon, dass es nur Einbildung war. Sie sprach mit niemanden darüber, schob es auf ihre Nerven und vergaß es schlussendlich.

Verdammt, sie hätte sich eher erinnern sollen.

Sie hatte die Lösung unbewusst die ganze Zeit gewusst.
 


 


 


 


 


 


 


 

Kapitel 20
 

Phia lief Richtung Küche und holte die Schüssel und ein Silbermesser hervor.

Sie ignorierte alles um sich herum und wusste nicht genau ob es verrückt oder verzweifelt war, was sie vorhatte.

Doch was sollte sie tun?

Einfach zusehen und abwarten.

Wenn die Jungs starben, würde das vielleicht Lucifer und Michael aufhalten, aber Isis schien ein gleichgroßes Kaliber zu sein und es machte keinen Unterschied. Isis wollte ihre Rache, sie hatte sich die Jungs geholt und es war ein jetzt oder nie. Sie zeichnete ein Pentagramm auf den Tisch, einen Kreis darum und zögerte eine Sekunde, bevor sie den Namen „Chiyo“ in die Mitte schrieb.

Sie schnitt sich in die Handfläche und ließ ihr Blut in die Schüssel tropfen.

Sie hatte gestern in einem Buch gelesen, wie man eine Priesterin herbeirufen konnte und das es für mehrere Kulturen anwendbar war. Es war mehr Neugierde als Nutzen gewesen, doch das lesen zahlte sich aus.

Sie schmiss das Salz dazu, zündete fünf Kerzen, die auf den Eckpunkten des Pentagramms standen, an und schloss die Augen.

Sie konzentrierte sich auf den Namen, immer und immer wieder rief sie ihn.

Der Geruch von Blut, Salz und heißen Wachs wurde intensiver.

„Phia!“

Sie wurde zurückgerissen und Chuck sah sie schockiert an.

Bobby und die anderen kamen panisch ins Wohnzimmer und sahen zu ihr in die Küche.

„Was hast du getan?“ fragte Gabriel in die schwere Stille und sah zwischen ihr und der Schüssel hin und her.

Phia schluckte, und starrte in die Schüssel.

„Phia, was tust du hier?“ grollte Bobby.

Sie atmete tief ein und aus und konnte einfach nichts sagen.

Es passierte nichts, kein Flackern, nichts Ungewöhnliches.

Hatte sie einen Fehler gemacht?

War ihre Idee nicht realisierbar?

Hatte sie sich doch geiirt.

„Sie hat eine Priesterin gerufen…Mädchen, wen hast du gerufen?“ erkannte Bobby schockiert.

„Mich.“ erklang es hinter ihnen.

Phia sah sie mit großen Augen an.

Die Frau, Chiyo, sah genauso aus wie in ihrem Traum vor sechszehn Jahren.

Jung, warme braune Augen, schwarze Haare und wie ein buddhistischer Priester gekleidet.

Chiyo ignorierte die anderen, ihr Blick war auf Phia fixiert und sie sah, wie das Blut von ihrer Handfläche tropfte.

„Wer bist du?“ zischte Gabriel die Priesterin an.

„Ich schulde dir keine Antwort, Erzengel Gabriel.“ Sprach sie sanft ohne von Phia wegzusehen.

„Du warst es, die mich gerufen hat.“ Sagte sie und musterte Phia gründlich.

Sie ignorierte die anderen als sie auf Phia zutrat und als Anna und Gabriel sie berühren wollten, wurden sie quer durch den Raum geschleudert.

Chiyo trat auf Phia zu und blieb direkt vor ihr stehen.

Mit einer Handbewegung wurde Chuck durch den Raum ins Wohnzimmer befördert und die Tür knallte vor den Augen der Anderen zu.

Sie schlugen gegen die Tür, doch Chiyo sah einmal ruhig hin und schon konnte Phia nichts mehr hören.

„Warum hast du mich gerufen?“

Phia riss sich zusammen und erwiderte ihren Blick.

„Weil ich glaube, dass du die einzige bist, die uns noch helfen kann.“ Phia fühlte sich erschöpft und zwang sich zu konzentrieren.

Chiyo entging dies nicht.

„Du hast mich gerufen ohne zu wissen wer ich bin oder was es dich kosten würde. Das war unklug, es hätte dich töten können. Du bist sehr geschwächt, der Ruf hat einen großen Teil deiner Kraft genommen. Aber verzweifelt genug das Risiko einzugehen. Setz dich, bevor du zusammenbrichst.“

Phia ließ sich langsam auf den Stuhl sinken und sah wie Chiyo sich auf den Stuhl setzte und sich zurücklehnte.

„Wie heißt du?“

Phia antwortete zügig.

„Phia Johnson.“

„Phia? Phia Johnson?... Nein, wie lautet dein richtiger Name?“

„Ann, Ann Isabel Helen Payton Johnson.“

„Oh, ein Kind des Todes. Eine seiner Diener unter den Lebenden und doch bist du es wieder nicht.“

Phia schluckte.

„Also, warum genau bin ich hier?“

„Wir haben zwei Menschen und einen Engel, die durch Magie vor einiger Zeit verjüngt wurden, doch jetzt liegen sie im Sterben. Dean und Sam Winchester und der Engel Castiel. Das war das Werk von Isis.“

„Isis.“ flüsterte sie den Namen leise und ihr Blick verdunkelte sich bevor sie Phia offen ansah.

„Das heißt, sie tragen den Knoten auf dem Rücken. Das Zeichen, dass sie ihnen das Leben nimmt?“

Phia nickte.

„Wir haben alles versucht, nichts hat geholfen. Gabriel und Anna wissen nicht, was wir noch tun könnten. Sam ist der jüngste, er hat am wenigsten Zeit. Bitte, ich bitte dich uns zu helfen.“

„Eine Bitte, die ihren Preis hat. Und in diesem Fall einen hohen. Ein Leben aus ihren Händen zu befreien ist eine Sache, aber drei? Huhh…“

„Einen Preis, den ich bereit bin zu zahlen.“ unterbrach sie Phia.

„Du bist mutig, es beeindruckt mich, was du für diese Jungs geben willst, aber du hast keine Ahnung auf was du dich hier genau einlässt.“

„Diese Welt steht vor dem Ende. Wenn Dean, Sam und Cas sterben, dann hat Isis absolut freien Weg ihre Rache zu bekommen. Wenn dir auch nur etwas daran liegt, sie aufzuhalten, dann bitte ich dich, hilf ihnen.“

„Gute Wortwahl, doch was kommt dann? Wie lange wird Isis sich zurückhalten? Wann kommt ihr nächster Plan? Oder wird sie sich doch lieber anpassen und sich diesen Kampf zwischen Engeln, Dämonen und Menschen zu Nutze machen wollen? Wenn sie leben, dann sind die anderen zwei Erzengel wieder auf ihrem Weg zu euch und die Apokalypse steht wieder vor der Tür. Und Isis wird ganz sicher nicht einfach zusehen, wenn sie Zweifel hegt, dass jemand ihre Rache aufhält, dann wird sie wieder mitspielen wollen. Was macht es also für einen Unterschied?“ forderte Chiyo Phia heraus.

„Die Jungs haben eine Chance, zusammen können sie Unglaubliches erreichen. Wenn es jemanden gelingen sollte die Apokalypse und Isis aufzuhalten, dann ihnen. Ich glaube an sie. Ich weiß, dass sie es schaffen können.“

„Und was wenn nicht? Selbst der Gott dieser Welt ist verschwunden. Was sagt dies aus?“

„Ich weiß nicht warum, was geschehen ist und ihn dazu gebracht hat. Die anderen haben nach ihm gesucht, Cas hat die Hoffnung trotz aller Fehlversuche ihn zu finden immer noch nicht aufgegeben. Er war für Dean durch die Hölle gegangen. Dean hat sein ganzes Leben seinen Bruder beschützt, am Ende mit seinem Leben, selbst im Wissen nach einem Jahr in der Hölle zu landen. Und Sam, er sieht das Gute in anderen, er hoffe, er kämpft, er gibt nicht auf auch wenn er im Selbstzweifel ertrinkt und Fehler gemacht hat. Er ist wieder aufgestanden und hat sich für das Richtige entschieden. Sie können es schaffen, ich vertraue ihnen.“

Chiyo sah sie an.

„Bitte.“ bettelte Phia sie an und sah sie mit müden, grünen Augen verzweifelt an.

„Deine Freunde versuchen gerade hier rein zu kommen aber gleichzeitig die drei Jungs raus zu schaffen.“

Und sie konzentrierte sich.

Phia hörte mehrere Aufschreie, Poltern und Flüche.

Im nächsten Augenblick standen sie im Zimmer von Dean und Cas und Sammy lag neben ihnen. Die drei lagen auf dem Bauch, oberkörperfrei.

„Bist du wirklich bereit einen Preis zu zahlen, selbst ohne zu wissen was du verlieren wirst?“ fragte Chiyo sie ernst.

„Ja.“ sagte Phia.

Chiyo hielt ihr die Hand hin und sah sie abwartend an.

„Der Preis ist dein Leben für das ihre.“

Und Phia reichte ihr die Hand.
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Kapitel 21
 

Phia fühlte sich schlecht.

Einfach nur schlecht und sie wollte nichts lieber als auf dem harten Boden liegen bleiben und nicht mehr bewegen.

Sie zwang sich die Augen zu öffnen und konzentrierte sich auf die Umgebung, als sie sich endlich aufgesetzt hatte.

Sie war … in Bobby´s Wohnzimmer?

So wie es vor Gabriel´s Änderung aussah.

Die Bücher in den Regalen, die alten Tapeten und das kleine, durchgelegene Sofa.

Und dann kniff sie sich in den Arm.

„Aua, das tat weh. Bin ich wirklich tot?“ fragte sie sich selbst.

„Nein, du lebst.“

Sie sah zum Fenster, von der die Stimme neben ihr erklang.

„Chuck?“ flüsterte Phia gebrochen.

Er sah sie abwartend an.

Phia verstand es nicht.

Chiyo hatte gesagt, dass der Preis ihr Leben war.

Warum war sie hier, am Leben, und das mit Chuck?

„Hallo Phia.“

War das vielleicht gar nicht Chuck? Seine Haltung, seine Ausstrahlung, sogar der Blick seiner Augen. Sie wirkten älter und durchdringender.

„Wer bist du?“ fragte sie vorsichtig.

„Gott.“

Ihre Augen weiteten sich.

„Ich bin Gott.“

Und seine Worte klangen so endgültig, dass sie keinen Zweifel an seiner Aussage ließen. Vor ihr stand Gott.

„Du warst die ganze Zeit in unserer Nähe.“

Chuck, Gott, sah die Wut, Enttäuschung und Verzweiflung in ihr.

„Du warst die ganze da. Direkt vor unseren Augen.“ murmelte sie.

„Sie haben dich gesucht und du warst die ganze Zeit um sie herum.“ und Phia lehnte sich an die Wand und wusste nicht, was sie denken sollte.

„Phia. Hör mir bitte zu. Ich hatte keine Wahl. Ich konnte nicht zurückkommen und euch sagen, wer ich bin.“

„Wieso nicht? Die Welt geht unter. Die Apokalypse, Michael und Luzifer, Isis auf ihrem Rachefeldzug. Vielleicht wäre es genau das, was wir alle gebraucht hätten.“

„Ich konnte es nicht. Wenn Isis das herausgefunden hätte, dann hätte ich keine Zeit gehabt. Der Plan...“

„Verdammt sei dein Plan.“ flüsterte sie erbittert.

Er kam näher und kniete sich vor sie.

„Phia.“

Doch sie schloss die Augen und senkte den Kopf.

„Phia, sieh mich an. Bitte.“ flehte er leise.

Und sie sah ihn an. Müde und erschöpft.

„Selbst ich als Gott kann nicht immer eingreifen. Der freie Wille, die Wahl sich zu entscheiden, Pläne, Prophezeiungen, Visionen, das Zusammenspiel von Gut und Böse, Leben, Tod und Schicksal. Das alles zusammen ist das Gleichgewicht dieser Welt.“

Er strich ihr sanft eine Strähne aus dem Gesicht, hielt ihren Blick gefangen.

„Ja, der originale Plan beinhaltete das Ausbrechen der Apokalypse. Doch nicht das Ende. Dean, Sam und Cas… sie hatten die Möglichkeit eine Lösung zu finden den Kampf zwischen Lucifer und Michael zu verhindern. Die drei können unglaublich starrköpfig sein, egal wie schwierig oder unlösbar die Situation erschienen wäre, am Ende hätten sie nicht aufgegeben und weitergekämpft. Doch Isis und die Prophezeiung haben etwas verändert und wir mussten verschwinden, denn Isis dürfte es so lange es ging nicht bemerken.“

„Ihr?“ verarbeitete Phia seine Worte und fühlte sich überfordert.

„Tod, Leben, Schicksal und ich.“ zählte er ruhig auf.

„Es gab eine Prophezeiung, vor mehr als zweitausend Jahren gesprochen. Ein Kind, geboren unter den Augen des Gleichgewichtes, einer Familie des Todes angehörig, vom Schicksal geleitet, an der Seite des Gottes, das sich in die Hände des Lebens übergibt. Eine Göttin aus alter Zeit, verbunden in Leben, Tod und Schicksal, auferstanden aus der Dunkelheit von Rache geleitet, ihrer Macht erweitert, die Welt zu zerstören. Wenn das Leben des Kindes erlischt, gegeben für ein anderes dem Leben selbst, wird die Göttin wieder aufgehalten können.“

„Aber …“ sagte Phia schockiert.

„Wir waren dabei, als du geboren wurdest. Das Schicksal hat dir deinen Weg bestimmt, du hattest keine Gabe und dennoch warst in deine Familie geboren wurden. An deinem neunten Geburtstag hast du die Hand des Todes gehalten, der dich freisprach. Vorhin hast du dein Leben in die Hand des Lebens selbst gelegt. Die letzten Jahre warst du in meiner Nähe, so konnte ich dich vor Isis lange genug abschirmen während die anderen sich nichts anmerken lassen dürften. Isis fand das Geheimnis deiner Familie heraus, als sie sie auslöschen wollte noch bevor die nächste Generation, deine Generation, geboren wurde. Als sie es nicht schaffte, improvisierte sie. Sie beobachtete jedes Mitglied, jeden, der das Vertrauen der Mitglieder erhielt. Sie ignorierte dich, weil du keine Gabe hattest. Für sie warst du kein Kind des Todes. Isis hatte dennoch Geduld. Sie änderte ihre Pläne, passte sich den Umständen an und als es den Jungs gelingen sollte, die Apokalypse aufzuhalten, entschied sie sich sie aus dem Weg zu räumen. Durch den Fluch würden sie früher oder später sterben. Es war deine Nähe, die die Magie so lange zurück gehalten hat, denn durch die Prophezeiung bist du der Gegenpart von Isis. “

„Warum hast du das nicht schon eher erzählt?“

„Weil du dich selbst an den Traum erinnern musstest. Hätten wir dich gedrängt, dich an Isis und Chiyo zu erinnern, wäre es vielleicht ganz anders ausgegangen. Es musste deine Wahl sein zu entscheiden, was du tun würdest.“

„Ich hätte sie nicht sterben lassen können.“ sagte sie entschlossen.

„Sie haben einen Platz in deinem Herzen gefunden und du wolltest sie retten.“

„Was ist mit den Anderen? Geht es ihnen gut?“ stellte Phia endlich die Frage, die ihr die ganze Zeit auf der Zunge lag.

„Sie leben. Sie sind wieder sie selbst.“

Phia nickte erleichtert.

„Als du Chiyo die Hand gereicht hast, ihr dein Leben gabst, hatte sie sie zurückverwandelt und geheilt. Kurz danach sind die anderen ins Zimmer gepoltert und fanden sie. Sie denken, du bist verschwunden…tot. Egal was du getan hast, denn den Namen konnten sie nicht mehr lesen, sie wissen, dass du dich für sie geopfert hast. Gabriel machte das Haus rückgängig und es gibt zwei Fälle, die nicht warten konnte und sie kämpfen gegen die Apokalypse. Das ist nun einige Tage her.“

„Isis wird sich nicht mehr einmischen?“

„Nein. Sie kann jetzt nichts mehr tun. Ihre Macht ist wieder so wie sie einst war und uns nicht ebenbürtig. Du hast die Prophezeiung erfüllt, das Ende war die letzte Berührung.“

Phia atmete durch und sah ihn dann wieder an.

„Werden sie es schaffen?“

Chuck lachte auf.

„Wir reden hier von Dean und Sam Winchester, Castiel, Robert und Gabriel.“

Draußen begann es zu gewittern und der Regen prasselte an die Fensterscheiben.

„Was wird jetzt passieren? Mit mir? Bin ich ein Geist und an das Haus gebunden?“ fragte sie im Scherz.

„Du hast deine Lebensenergie hier gegeben, sogar einen Teil deiner Seelenenergie. Dein Körper ist verschwunden durch die Energie. Für die nächste Zeit, bist du ein Geist.“ Sein Tod klang entschuldigend und ausweichend.

„Was meinst du für die nächste Zeit? Was kommt danach?“ schnappte sie seine

Es knallte immer lauter draußen und das Haus wackelte unter dem Sturm.

„Phia.“ riss er ihre Aufmerksamkeit zu sich zurück.

„Das kommt darauf an wie lange deine Seele braucht sich zu erholen von dem Energieverlust. Manche brauchten Wochen oder Monate. Andere Jahre.“

„Heißt das, bin an dieses Haus vielleicht für Jahre gebunden?“

„Nein, das Leben hat dich mehr an diesen Ort verankert. Das Haus, Grundstück und das Waldstück, wo du dich frei bewegen kannst.“

„Gut zu wissen, ich dachte schon ich hab jahrelangen Hausarrest.“ Scherzte Phia ungläubig.

„Wirst du dich ihnen zeigen?“ fragte sie ihn.

„Die Zeit ist noch nicht gekommen.“ seufzte er traurig.

„Verstehe.“ sagte Phia nur.

„Ich muss jetzt gehen.“ flüsterte er vorsichtig.

„Du bist Gott, du hast eine Menge zu tun.“

„So ist es.“

„Chuck?“

„Ja?“

„Danke.“

Chuck lächelte sie warm aber traurig an.

„Und jetzt geh endlich.“ scheuchte sie ihn weg.

Phia hatte Fragen, doch sie spürte, dass sie jetzt erst einmal allein sein wollte. Sie wusste nicht, wie lange sie hier sein würde, wie lange ihre Zeit als Seele war und was danach kam. Selbst wenn Chuck die Antworten wusste und ihr geben konnte, sie traute sich nicht danach zu fragen. Ihr Gefühl ließ es nicht zu.

Dann war sie endlich allein und ließ auf die Couch sinken.

Sie fühlte ihre Emotionen, die sie drohten zu überrollen.

Keine Reue, nein, das war nicht dabei.

Sie wollte nur noch schlafen.

Wer weiß, wann Bobby zurückkommen würde?

Wer weiß, was sie alles selbst machen konnte?

Jetzt war sie einfach nur müde.

Und sie sank in wohltuende Dunkelheit.



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