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Nie mehr

Eine Nacht in Jerusalem
von

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Der Mann sah einem der vielen Gelehrten, die in der heiligen Stadt Jerusalem zu finden waren und durch die Straßen pilgerten, täuschend ähnlich. Das helle Gewand war lang, flatterte im Rhythmus seiner Schritte, wurde zusammengehalten von einem wuchtigen Gürtel. Abgenutzte Stiefel wirbelten Straßendreck auf, der sich in dem groben Leinen der Kutte festsetzte. Ebenso wuchtige Armschützer, die ein Geheimnis hüteten, von dem niemand etwas erfahren durfte, kontrastierten zusammen mit dem Gürtel die eher schlichte Gewandung. Eine nicht mehr ganz reinweiße Kapuze hatte er sich tief ins Gesicht gezogen, dunkle Augen blitzen aus dem Schatten hervor. In langsamen, gleichmäßigen Schritten bewegte er sich vorwärts, über das staubige Pflaster, mied Pfützen und Unrat, der in Jerusalems Gassen an aller Orten zu finden war. In den Menschenmassen der hin und her eilenden Arbeiter, Kaufleute und Wachen fiel er nicht mehr auf, keiner schenkte ihm Beachtung. Die Menschenmassen strömten ungeachtet der hohen Temperaturen durch die Stadt, lange, schlichte Gewänder und verhüllte Gestalten bestimmten das Bild. Der einsame Mann wurde eins mit ihnen. Doch er selbst beobachtete genau. Ließ die Wachen nie völlig aus den Augen, witterte Ärger schon auf mehrere Meter, mied allzu große Ansammlungen von Wachen oder Raufbolden. Über verschlungene Pfade, durch Jerusalems Netz aus engen Gassen und breiteren Straßen bahnte er sich seinen Weg, sein Ziel fest vor Augen, auch wenn er absichtlich mehrere Umwege in Kauf nahm.

Stundenlang hatte er sich auf Marktplätzen herumgetrieben, die dort miteinander feilschenden Kaufleute und sich Neuigkeiten austauschende Bürger belauscht, immer in der Hoffnung, wertvolle Informationen über sein Ziel aufzuschnappen. In der Masse gaffender Menschen verborgen, hatte er die Worte der Prediger verfolgt, ohne dabei essentielle Neuerungen zu Gehör zu bekommen. Die ganze Stadt schien andere Themen unterhaltsamer zu finden, schien das, was er suchte zu erfahren, zu meiden.

Natürlich konnte dies unmöglich etwas anderes als Zufall sein, doch Altair war dennoch frustriert, einen weiteren Tag ohne Voranzukommen vertan zu haben. Er war hier, um aktiv zu handeln, um sich der Probleme, mit deren Lösung er beauftragt worden war, anzunehmen und dadurch auch seinen Namen von der auf ihm lastenden Schmach reinzuwaschen. Doch heute war er diesem Ziel keinen Schritt weiter gekommen. Und dies stellte ihn keineswegs zufrieden.

Was ihn zusätzlich belastete, war die Tatsache, dass der Rafiq von Jerusalem, auf den er in wenigen Augenblicken treffen würde, einen weiteren Anlass hatte, ihm zu grollen und ihn zu verhöhnen. Malik hatte ihm nie verziehen, das es Altairs Schuld war, das er seinen Bruder Kadar und seinen linken Arm verloren hatte – zumindest war Malik dieser Ansicht. Altair selbst konnte nicht umhin, sich selbst einen gewissen Teil der Schuld anzurechnen – doch längst war es nicht seine alleinige Last.

Und doch fühlte er sich zuweilen schuldig, wenn er den dunkelhaarigen, einarmigen Mann sah, der in dem Assassinenunterschlupf der heiligen Stadt stand, einen missmutigen Ausdruck auf dem Gesicht.

„Altair. Wie ich sehe, lebt ihr noch.“, bemerkte er, einen bitteren Ton in er Stimme. Er klang, als bedauere er dies, trotz der Tatsache, dass sie beide zusammen arbeiten mussten, trotz der Tatsache, dass sie derselben Sache dienten.

Altair konnte sich nicht beherrschen, sein ursprünglicher Plan, Malik heute keinen Grund zu geben, sich erneut mit ihm zu streiten, war schnell vergessen.

„Augenscheinlich. Und ihr solltet froh darüber sein, schließlich habe ich noch wichtige Aufgaben zu erfüllen.“ Eine gewisse Arroganz, die Altair wahrscheinlich nie würde ablegen können, klang in seiner Stimme mit, als er gereizt Maliks unfreundliche Bemerkung erwiderte. Jener schnaubte verächtlich, holte dann mit seiner verbliebenen Hand ein staubiges Buch hervor, schlug es an einer noch unvollständig beschriebenen Seite auf, strich das Pergament glatt.

„Habt ihr etwas herausfinden können, das euch bei der Erfüllung eben genannter Aufträge hilft?“, wandte er sich an Altair, kalt und von Verachtung getränkt klangen die Worte in Altairs Ohren.

„Noch nicht ausreichend.“, gab Altair abgehakt Auskunft.

„Nun, ist euch die wichtige Aufgabe doch zu schwer oder was ist der Grund eures Scheiterns?“, verhöhnte ihn Malik, ein hartes, keine Freude ausdrückendes Lächeln auf den Lippen.

„Ich bin nicht gescheitert, ich benötige nur einen Tag mehr Zeit.“, stellte der herausgeforderte Assassine klar, drehte sich ruckartig um und verließ das Büro, trat in den gut versteckten Hinterhof des Unterschlupfes, in dem ein Brunnen plätscherte, teilweise überwachsen von einem rankenden Gewächs, das auch die gesamte, grob geflochtene Decke bedeckte. In dem angenehmen Schatten ließ sich Altair auf bereitliegenden Kissen nieder, lehnte sich an die harte, staubige Wand. Er achtete nicht darauf, das sich das abgeriebene Material in seinen Umhang setzte, sondern schloss die Augen bis auf kleine Schlitze, zog sich die Kapuze noch tiefer ins Gesicht. Er spürte, wie tief die Erschöpfung ihm in den Knochen steckte. Normalerweise konnte Altair sehr lange seine Konzentration aufrechterhalten, ohne unter Müdigkeitserscheinungen zu leiden, doch heute wollte er einfach nur Ruhe – sein Misserfolg stimmte ihn schlecht. Zu seinem Glück ließ Malik ihn in Ruhe, doch zufrieden war der Assassine noch lange nicht.

So konnte er sich nicht entspannen, obwohl die Dämmerung heraufzog und das durch das Blätterdach hereindräuende Licht immer schwächer wurde. Seine teils angeborene und teils antrainierte Wachsamkeit ließ ihn nicht los, blinzelnd behielt er deine Umgebung im Auge, während er zumindest seine Muskeln entspannte. Gierig sog er die Abendluft in seine Lunge, sie roch um vieles reiner und besser als die abgestandene, von vielen Menschen ausgeatmete Luft, die er den ganzen Tag über geatmet hatte. Langsam pochte sein Herz in der Brust, während die Schatten immer länger wurden. Seufzend streckte er schließlich seine Beine von sich, beschloss, nun wirklich zu schlafen, als sich über ihm, kaum dass er wieder still lag, ein Schatten aufbaute. Malik. Niemand anderes konnte da stehen.

Altair zwang sich dazu, keine Reaktion von sich zu geben, beobachtete den einarmigen Rafiq aus dem Schatten seiner Kapuze hervor, die Augen zu Schlitzen geschlossen. Er fragte sich, was der andere hier wollte – trotz des Hasses, den Malik Altair gegenüber empfand, glaubte Altair nicht daran, dass Malik ihm absichtlich schaden würde. Dessen ungeachtet – Altair blieb auf der Hut. Nie wieder würde er den Fehler begehen, aufgrund seiner zu großen Selbstsicherheit seine Aufmerksamkeit schleifen lassen.

Malik stand still da, da keine Brise es in den Innenhof vermochte, so flatterte auch sein blau-weißes Gewand nicht. Er ähnelte einer Steinstatue, wäre da nicht die Tatsache, dass Altair ihn atmen hörte.

„Was wollt ihr, Malik?“, richtete Altair schließlich das Wort an ihn, nachdem er spürte, dass die Müdigkeit mit Gewalt von ihm Besitz ergriff. Wenn der Rafiq überrascht war, das der liegende Assassine noch wach war, so zeigte er dies nicht. Auch redete er sich nicht heraus. Er fixierte Altair mit funkelnden Augen an, während dieser aufstand.

„Wisst ihr eigentlich, was euch für ein Glück beschieden wurde?“, begann Malik plötzlich zu reden, sein Ton klang zum ersten Mal seit Langem nicht verächtlich oder ironisch, sondern nüchtern, am ehesten anklagend und verletzlich schwach. Altair begann sich zu wundern.

„Offensichtlich nicht – aber ihr werdet mich gleich aufklären, wie ich das abschätze.“, meinte Altair, lehnte sich an die Wand, sah Malik aus müden Augen an.

„Ihr habt einen großen Fehler begangen, aber habt die Chance, ihn wiedergutzumachen. Außer eurem Rang und eurem Ruf habt ihr nichts verloren – stattdessen war ich es, der verlor – meinen Bruder, meinen Arm, meine Träume und Wünsche. Und das, obwohl ich keinen Fehler machte, mich sogar bemühte, den euren einzudämmen.“, ließ Malik mit schmerzlicher Stimme hören, ein gequälter Gesichtsausdruck legte sich auf seine hageren Züge.

Altair atmete hörbar aus, fühlte eine tiefe Erschöpfung. Er hatte geahnt, dass Malik noch immer noch immer nicht darüber hinweg gekommen war. Und natürlich würde er Altair nie verzeihen können – stattdessen musste er es dem degradierten Meisterassassinen fortwährend unter die Nase reiben. Das Altair am liebsten nie wieder darüber sprechen wollte, deutete Malik auch dieses Mal falsch.

„Bitte Malik – hört doch auf. Es ist geschehen.“, wollte Altair das Gespräch eindämmen, seine Stimme erhob ich metallisch klingend in dem Innenhof.

„Ja, es ist geschehen – und ihr bereut noch immer nichts!“, zischte der Rafiq ihn an. Altair schüttelte den Kopf, bewegte sich einen Schritt näher auf den einarmigen Mann zu.

„Ihr liegt falsch – natürlich bereue ich. Doch ich kann es nicht ändern, es ist nun einmal so. Niemand kann den Verlauf der Vergangenheit noch ändern, und das wisst ihr.“, rang sich Altair eine Erklärung ab.

„Und euch stört dies ja auch nicht, schließlich habt ihr keinen Schaden davon getragen. Doch ich werde, solange ich lebe, immer daran erinnert werden. Durch eure Arroganz und Leichtfertigkeit habt ihr mir eine Zukunft als Assassine verwehrt – nun muss ich mich in diesem Büro verstecken, zu etwas anderem tauge ich nicht mehr.“, entgegnete Malik bitter, die Anschuldigung war klar in seinen Worten zu vernehmen. Altair spürte, wie Bedauern in ihm aufstieg – er konnte nichts tun, um Malik zufrieden zu stellen oder dessen festgefahrene Meinung zu ändern.

„Die anderen Assassinen sehen mich mitleidig an, die Blicke auf den Straßen Jerusalems, die mir folgen sind allenfalls verächtlich oder amüsiert. Nicht einmal die Frauen nehmen etwas anderes wahr als diesen Makel – ihr habt keine Ahnung, wie es sich so lebt.“, fuhr der Schwarzhaarige fort, leiser nun, niedergeschlagen klingend. Altair schwieg, wartete auf eine Fortsetzung Maliks Rede, doch auch er schwieg nun, sah zu Seite. Altair musterte sein Profil im Dunkel der Nacht. Er wusste nicht, was er erwidern sollte. Er konnte Malik nicht das geben, was dieser sich wünschte und auch keinen guten Ersatz. Das Beste, was Malik tun konnte, war, sich mit seiner Situation zu arrangieren, auch wenn ihm das schwer viel. Leider schien der Einarmige aber nur seiner Vergangenheit nachzutrauern, die Augen dadurch vor der Realität und neuen Chancen verschloss.

Vielleicht war es wirklich so, wie er erzählte – vielleicht übertrieb er auch unfreiwillig, weil er nur das Schlechte, Verletzende wahrnahm.

Altair war sich bewusst, dass Malik etwas bezwecken musste, sonst hätte er ihm nicht dies alles erzählt. Also rang er sich eine Erwiderung ab, legte seine Abneigung gegenüber dem ewig jammernden Malik ab.

„Ihr habt Recht, ich weiß es nicht. Aber wenn ich an eurer Stelle wäre, würde mich dies auch weniger kümmern. Ihr könnt auch mit nur einem Arm überleben, schließlich scheint ihr gut zurecht zu kommen. Und deshalb solltet ihr versuchen, das Beste aus euch zu machen und denen, die euch aburteilen, zu beweisen, dass sie falsch liegen.“, strengte sich Altair zu einem jovialen Rat an. Er war einen Schritt zu Seite getreten, näher an Malik heran, sah den anderen tief in die Augen.

Malik erstarrte, sagte nichts mehr. Stattdessen vernahm Altair ein kurzes leichtes Zittern des anderen, bevor er erneut seinen Blick abwandte.

„Ihr habt verdammt gut reden. Glaubt ihr, dies ist so leicht? Oder ich hätte es noch nicht versucht? Ich hatte vor, eine Frau zu ehelichen und eine Familie zu gründen, Söhne großzuziehen, die an meiner statt zu Assassinen ausgebildet werden können. Doch keine Frau übersieht die Tatsache, dass ich nur einen Arm hab. Keine Frau würde bei einem Krüppel liegen wollen. Kein Mensch übersieht dies.“, prophezeite Malik düster, die Stirn gequält verzogen. Altair brachte dieses sture Gerede Maliks auf, ruckartig zog er sich die Kapuze vom Kopf, trat genau vor den Rafiq und schnappte ihn am Gewand.

„Verdammt, jetzt hört auf, so zu reden!“, fuhr er Malik an, hob seine Stimme, schüttelte den anderen durch – oder versuchte es, doch Malik gab nicht nach, stand stocksteif da. Seine verbliebene Hand wanderte zu Altairs zur Faust geballter, versuchte erfolglos den Griff zu lösen und blieb schließlich auf Altairs Arm liegen.

„Wenn ihr glaubt, euch würde keine Frau ansehen, dann irrt ihr euch gewaltig. Wenn ihr glaubt, man würde euch nicht achten, dann irrt ihr euch noch mehr.“, sprach Altair heiser, löste dann den Griff seiner rechten Hand und legte diese in Maliks Nacken, zog ihn fast schon brutal zu sich, ließ seine Lippen auf Maliks krachen. Hart und unnachgiebig pressten sie sich auf Maliks Mund, küssten ihn dominierend. Malik entfuhr ein Laut des Schreckens, seine Hand drückte gegen Altairs Brustkorb, der ihm immer näher kam, sich schließlich an Maliks lehnte. Der Rafig wendete nicht annähernd genug Kraft auf, um sich aus Altairs Griff zu befreien, stattdessen schien er sich bereitwillig die Kontrolle aus den Händen nehmen, ließ seine Lippen locker für Altair, erwiderte schließlich kaum merklich den Druck.

Altair nahm gierig Maliks Mund in Besitz, kostete ihn, spürte die feinen Stoppeln des Bartes des anderen, wohl wissend, dass Malik dies genauso spüren musste. Die feinen Stoppeln des unrasierten Bartes, die Verhärtung an seiner Lippe, herrührend von seiner Narbe. Heiß peitschte Altairs Atem gegen Maliks Gesicht, vermischte sich mit den kurzen, flachen Atemzügen des Rafiqs.

Altair hielt schließlich inne, glitt schnell mit seiner Zunge zwischen Maliks warme Lippen, streifte die Zunge des anderen, bevor er sich von den Lippen des Rafiqs löste. Auch seine Hand zog sich aus dem weichen Nackenhaar des Schwarzhaarigen zurück, strich das verknitterte, dunkelblaue Gewand glatt und lag dann locker auf Maliks warmer Brust.

„Seht ihr – nicht einen Augenblick dachte ich an all das, was ihr mir aufgezählt habt, was andere in euch sehen würden. Es stört und kümmert mich nicht, dass ihr nur einen Arm habt – dies hat keinerlei Bedeutung. Und genauso wird es für andere keine Bedeutung haben.“, erklärte Altair leicht keuchend. Malik starrte ihn an, als wären Altair plötzlich Flügel gewachsen, die dunklen Augen des Rafiqs waren weit aufgerissen, Fassungslosigkeit sprang aus Altair aus den schwarzbraunen Untiefen entgegen.

Altair selbst lächelte milde, wurde sich der Ungeheuerlichkeit seiner Tat erst jetzt bewusst. Er hatte instinktiv gehandelt – und sein Plan schien aufgegangen zu sein, denn Malik schwieg, schien angestrengt nachzudenken. Vorsichtig trat Altair einen Schritt zurück, da er plötzlich diese intime Nähe wahrnahm, das Pochen des Herzens des Rafiqs durch sein Gewand hindurch spürte. Der warme Atem umwehte noch immer sein Gesicht, noch immer konnte er Malik riechen und auf seinen Lippen schmecken. Doch unangenehm erschien dies Altair nicht – nur ungewohnt.

Eine geraume Weile standen die Männer sich gegenüber, Maliks fester Griff um Altairs Arm verhinderte, dass jener sich von dem Rafiq lösen konnte und allzu brutal wollte Altair jetzt nicht wirken, da er verstehen konnte, das Malik durcheinander war. Doch als er vorsichtig zum Reden ansetzte und den Namen des Schwarzhaarigen aussprach, war es, als würde die Starre von dem Mann abfallen, an ihre Stelle trat ein wütendes Funkeln in den dunklen Augen Maliks.

„Nun, Malik…“

„War dies euer Ansinnen? Bezwecktet ihr dies damit, als ihr mich auf schändliche Weise geküsst habt?“, schrie er Altair an, verstärkte den Griff um Altairs Arm, ließ den anderen schmerzerfüllt aufkeuchen. Malik raste geradezu vor Empörung und kaum verhohlenem Hass. Dennoch bemühte sich Altair um einen ruhigen Tonfall, als er antwortete: „Ja, nur so konnte ich euch klarmachen, dass euer Gerede nicht der Wahrheit entspricht. Nur so konnte ich euch aus dem Kreis eurer Gedanken herausholen.“, murmelte er, legte seine Hand mit größter Vorsicht auf Maliks Hand, die ihn noch immer verkrampft festhielt. Mit größter Anstrengung bog er einen Finger nach dem anderen Auf, zog seinen Arm schließlich aus Maliks Griff heraus. Der Rafiq starrte ihn noch immer unentwegt an, als könne er nicht glauben, was er da gehört hatte.

„Ihr solltet darüber nachdenken, während ich schlafen werde.“, meinte Altair zu ihm, nachdem noch immer keine weitere Reaktion von Malik gekommen war. Auffordernd sah Altair den Schwarzhaarigen an, wollte sich seine Kapuze wieder über sein Haar ziehen, als Maliks Hand seine Hand abfing und schmerzhaft festhielt. In den dunklen Augen machte sich Empörung breit, eine andere Art der Empörung.

„Ihr geht jetzt nicht einfach schlafen! Wenn ihr bis jetzt keine Skrupel hattet…“, fuhr der Rafiq ihn an, drückte in Windeseile seinen Körper an den des braunhaarigen Assassinen, trieb ihn rückwärts gegen die lehmige Wand. Sein Gesicht war Altairs ganze nahe, der er konnte die Entschlossenheit in den blitzenden Augen und angespannten Gesichtszügen erkennen. Eine Entschlossenheit, die er Malik diesbezüglich nie zugetraut hätte, doch Altair wehrte sich nicht, sondern ließ sich ohne weiteres von Maliks forschen Lippen küssen. Der Rafiq nahm ihm jede Bewegungsfreiheit, wie er eng an Altair gepresst dastand, seine Hand noch immer fest um Altairs umklammert. Willig überließ Altair diesmal dem Anderen die Führung, erwiderte nur schwach Maliks fast schon gewaltsame Berührung.

Seine freie Hand ließ er sacht auf Maliks Rücken nieder, spürte fast sofort die durch den dünnen Stoff steigende Wärme Maliks Körper. Unwillkürlich wanderte sein Griff weiter nach unten, seine Finger streiften schließlich den schlanken Po des anderen. Dies schien Malik dann doch zu viel, denn er stoppte auf der Stelle seinen Kuss, lehnte sich so weit zurück, wie es sein und Altairs Griff zuließen. Der braunhaarige Assassine lächelte, spürte das angenehme Ziehen in seinem Unterbauch. Malik hatte sich auf ein gefährliches Spiel eingelassen.

„Wollt ihr mehr, Malik? Von mir?“, wisperte er lasziv, mit einem spöttischen Grinsen im Gesicht. Eine emotionslose Maske legte sich auf das Gesicht des Angesprochenen, doch nur kurz schien er sich selbst im Zaun halten zu können und nachzudenken, bevor Maliks Reaktion Altair die erwartete Antwort gab.

Harte, unnachgiebige Lippen trafen sich, kämpften mehr mit einander als alles andere. Altairs Hand schlüpfte unter den dunkelblauen Mantel des Rafiqs, ertastete noch durch den Stoff des Gewandes darunter die warme Haut und die Knochen und Muskeln, die Konturen des anderen. Er fühlte sich auf eine völlig unkluge Art und Weise berauscht, wollte weitermachen, das ganze vertiefen. Zu seinem Glück machte auch Malik kein Anzeichen davon, als würde er aufhören wollen.

Während Altairs Lippen Mails Aufmerksamkeit auf sich zogen, gelang es dem Assassinen, Malik sein Obergewand hälftig auszuziehen. Er bemühte sich um Vorsicht, als er es über den Armstumpf zog, ignorierte Maliks Schwäche, sondern rieb auffordernd sein Oberschenkel an dem des Schwarzhaarigen. Dieser ächzte, seine Fingernägel krallten sich schmerzhaft in Altairs rauen Handrücken. Erneut hielt er inne, legte seine Stirn an Altairs. Beide atmeten sie nun im selben schnellen Rhythmus, Altairs Augen funkelten ebenso erwartend wie vergnügt. Malik hingegen schien geradezu gefangen zu sein von ihrem Tun, erst nach einigen Herzschlägen hatte er sich soweit im Griff, das er Altair leise etwas zuflüstern konnte.

„Ich hörte davon, dass auch zwei Männer beieinander liegen können.“ Nervös leckte er sich über die gereizten, eben noch von Altair in Beschlag genommenen Lippen.

Altair musterte ihn, der vergnügte Ausdruck war aus seinen Zügen verschwunden. „Ja, davon hörte ich auch.“, meinte er nachdenklich, hielt den intensiven Blickkontakt zu dem schwarzhaarigen Mann. Eine unausgesprochene Frage lag in Maliks Gesichtszügen, eine Frage, die Altair nur schwerlich mit der gewünschten Antwort belegen konnte. Doch er tat es dennoch.

„Hört auf, nachzudenken und zu reden. Sondern…“, Altair ließ seinen Satz unbeendet, stattdessen nutzte er den Moment, Malik sein dunkelblaues Gewand auszuziehen und sich dann den noch verbliebenen Gewand zu widmen. Der schwere Gürtel landete als nächstes auf dem Boden. Es dauerte nun nur noch den Bruchteil eines Atemzuges, bis Altairs Finger Maliks bloße Brust berührten, die vielen vernarbten Verletzungen wahrnahm und vorsichtig darüber strich.

Maliks Blick drückte nur kurz Unsicherheit aus, als Altair seinen Blick wieder zu ihnen hob, deutete nichts mehr darauf hin.

Der Ausdruck, der stattdessen in Maliks Augen lag, ließ sich nun eindeutig zuordnen – es war Begehren, das drin loderte, ein Begehren, das auch in Altair zu finden war. Altairs sacht wandernde Finger verhießen dem Rafiq ein Versprechen, ein Versprechen, das die Intensität der wieder zueinander findenden Lippen weit in den Schatten stellte.



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