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Film Noir

Don't fear the reaper... (Bakura x Ryou)
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben!

Es hat ein bisschen gedauert, bist das neue Kapitel online gegangen ist - dafür bekommt ihr jetzt ein supertolles, ultralanges Weihnachtskapitel, dessen Schreiben mich beinahe in den Wahnsinn getrieben hat. <3 Es ist von der Struktur her ein bisschen anders, als die letzten Kapitel. Trotzdem hoffe ich, dass es euch gefallen wird.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.

Frohe Weihnachten!
MadameFleurie Komplett anzeigen

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Eintauchen in den Mikrokosmos


 

„Der Tag ist zehn Minuten älter

und trotzdem noch nicht besser

die Fesseln an den Füßen

machen’s auch nicht leichter

irgendetwas war da noch

doch er hat’s vergessen

das Haus sieht aus wie ausgekotzt

[…]

Dein Herzschlag hinter Gittern

schlägt gegen deinen Brustkorb

selbst für ein Dach über den Kopf

verkauft ihr euer Gewissen

und ich reiß mir selbst den Kopf ab

damit ich nicht an euch ersticke

pump mir die Ohren mit Beton voll

denn eure Worte sind wie Messer

[…]

Du fragst dich immer noch warum sich alle

so angeschlagen durch’s Leben schleifen.

Schau doch doch mal um! Das ist doch kein Zustand!

[…]

Wie kannst du damit leben?

Willst du nicht frei sein?“

Willy Fog - Gunther Grau

Als sie die Bar erreichten, war bereits die Nacht über Domino hereingebrochen. Sie waren spät dran; Ryou hatte kaum Zeit, seine Habseligkeiten zu verstauen, und sich für die anstehende Nacht zurecht zu machen. Als er schließlich, nachdem er sich mehrfach umgezogen hatte, das Zimmer verließ, verzog Bakura, der draußen ungeduldig auf ihn gewartet hatte, missbilligend das Gesicht.

„Das ist ein Scherz, oder?“, kommentierte er Ryous Erscheinung trocken, als dieser ratlos an sich herab blickte. Er trug ein Paar Sneaker aus weißem Segeltuchstoff, eine enge, frisch gewaschene Jeans in einem dunklen Grau, und ein dünnes, durchscheinendes Hemd aus leichtem Leinen. An seinen Handgelenken baumelten lose einige, zu einem Armband verknüpfte Lederschnüre.

„Was ist los?“, fragte er verunsichert, und verschränkte, wie zum Schutz, aber wenig überzeugend, die Arme vor der schmalen Brust. Auf Bakuras Lippen erschien ein überlegenes Schmunzeln.

„Wir sind hier nicht im Kloster“, grinste er. „So vergraulst du uns die Kundschaft.“

Er trat näher an Ryou heran, und deutete auf dessen Unterarm.

„Dein Zopfgummi. Bind’ dir die Haare zusammen.“

Ryou nickte knapp, streifte eines von seinen Handgelenken und bündelte, ohne etwas zu sagen, die langen, dicken Haare zu einem lockeren Pferdeschwanz. Das Pony und einige kürzere Strähnen verblieben unangetastet und rahmten sein Gesicht sanft ein.

Er seufzte leise und betrachtete sich kritisch in einem Spiegel, der neben seiner Zimmertüre hing. Als er bemerkte, wie jemand an seiner Kleidung nestelte, versteifte er sich und riss die Augen auf. Bakura, der nach dem langen Tag die Geduld verloren hatte, knüpfte Ryous Hemd Stück für Stück von unten auf.

„W-was machst du da?!“

Empört hob Ryou die Hände zur Abwehr, und wollte schon einen Schritt nach hinten wagen, da brachte Bakura ihn mit einem verärgerten Blick zum Schweigen.

„Halt die Klappe“, knurrte er gebückt, ohne von seiner Tätigkeit abzulassen. Ein zartes, beschämtes Rosa erschien auf Ryous Wangen, der schließlich, um es nicht weiter mit ansehen zu müssen, den Blick resigniert sinken ließ und sich auf den Schlag seines Herzens konzentrierte, das wieder schneller pochte als in den Stunden zuvor.

Als Bakura die Knopfleiste zur Hälfte geöffnet hatte, knotetet er die beiden Enden des Hemdes zusammen und trat einen Schritt zurück. Dabei musterte er Ryou kritisch, einem Maler gleich, der letzte, prüfende Blicke auf ein vielversprechendes Kunstwerk warf.

„Besser“, stellte er wortkarg fest, und vergrub die Hände in den Hosentaschen.

Ryou warf erneut einen Blick in den Spiegel, und verzog empört das Gesicht.

„Ich sehe aus wie ein Mädchen“, murmelte er und sah zurück zu Bakura. Dieser zuckte wortlos mit den Schultern, als sei dieser Fakt fester Teil von Ryous Persönlichkeit. Offensichtlich und nicht weiter erwähnenswert. Eine Selbstverständlichkeit.

Wieder trieb es Ryou die Röte ins Gesicht. Verlegen strich er sich mit den Fingern einige Haarsträhnen aus der Stirn, dann wandte er sich ab. Hinter ihm schloss Bakura die Tür, und nickte anschließend mit dem Kopf in Richtung Treppenhaus. Zusammen machten sie sich auf den Weg in den Schankraum.

„Du wirst heute Abend mit Jonouchi arbeiten.“

Ryou nickte schwach und atmete tief ein. Immerhin. In seinem Inneren breitete sich eine Woge der Erleichterung aus. Wenn es einen Menschen in diesem Laden gab, der ihm auf Anhieb sympathisch gewesen war, dann Jonouchi. Und so sehr, wie dieser Mann sich über den angeblichen ‚frischen Wind‘ gefreut hatte, den Ryou ins Haus bringen würde, hatte dieser Abend das Potenzial, einer der ersten Lichtblicke seit Tagen zu werden.

„Wenn dir jemand blöd kommt…“

Bakura schob sich, während sie zusammen die Treppe hinabstiegen, eine der schmalen Zigaretten, die er immer mit sich herumzutragen pflegte, zwischen die Lippen und zündete sie an.

„…ist das mein Zuständigkeitsbereich. Gib mir bescheid und ich schmeiße die Typen raus.“

Ryou nickte stumm.

„Ich werde mich bemühen“, antwortete er floskelhaft, und packte das Geländer, an dem er sich beim Gehen festhielt, unwillkürlich ein wenig fester. So schwiegen sie, während der Klang ihrer Schritte von den Wänden widerhallte.

Hin und wieder warf Ryou dem Anderen aus den Augenwinkeln verstohlene Blicke zu, hielt diesen jedoch nie länger als einige Sekunden aufrecht, aus Angst, Bakura bemerkte sein Starren. Dieser hatte wieder jenen ernsten, nichts sagenden Gesichtsausdruck aufgesetzt, der es Ryou unmöglich machte, zu bestimmen, was in ihm vorgehen mochte.

Ryou seufzte still, und schloss für einen Moment die Augen. Wenn dieser Abend nur schon vorüber wäre…
 

Es war zu früh für das große Geschäft, doch der Laden war bereits voller, als Ryou erwartet hatte. Kaum, dass sie den Schankraum betreten hatten, erfüllte der Geruch von Bier, heißem Sake und Zigarettenqualm Ryous Nase, zweifellos Überbleibsel vergangener Nächte. Ein Geruch, der, allgegenwärtig und charakteristisch, jeden Abend aufs Neue aufgefrischt wurde. Aromen, die sich in Wandverkleidung und Sitzpolster eingefressen hatten und nie verschwanden - ganz gleich, wie oft man lüftete.

Ryou schob die Hände in die Gesäßtaschen seiner Jeans, und folgte Bakura an den bereits anwesenden Kunden vorbei in Richtung Bar. Dabei ließ er unsicher den Blick über die Menge schweifen. Im Hintergrund verbreiteten an den Decken angebrachte Lautsprecher laute Jazzmusik, und ließ alles freundlicher wirken, als Ryou es am Vortag wahrgenommen hatte.

„Na?“

Jonouchis aufmüpfige, leicht gepresst klingende Stimme begrüßte sie, bevor Ryou ihn wirklich sehen konnte. Dieser lehnte an der Theke, eines der weißen Putztücher lose in die dunkelrote Schürze gestopft. Er trug andere Kleidung als am Vortrag, etwas, was Ryou bei dem jetzt schon hohen Gehalt an Zigarettenqualm in der Luft durchaus nachvollziehen konnte. Es handelte sich um ein grünes, kariertes Hemd, dessen Ärmel er bis über die Ellenbogen hochgekrempelt hatte, ein dunkles paar Jeans, dessen Farbe Ryou im schummrigen Licht nicht erkennen konnte und Turnschuhe. Die Arme hatte er fest vor der Brust verschränkt, der Blick kreiste aufmerksam über der Kundschaft, willens, jeden Wunsch und jedes leere Getränk sofort zu bemerken. Alles in allem wirkte er wesentlich legerer als Bakura, dessen Hang zu konservativer Kleidung ihm stets etwas strenges gab.

Kaum, dass Jonouchi sie in der Menge ausgemacht hatte, trat ein breites, aufgewecktes Grinsen auf seine Lippen. Sichtlich nervös, blieb Ryou eingeschüchtert hinter Bakura stehen, halb verdeckt von dessen großer, schlanker Gestalt. Man hatte ihm immer noch nicht mitgeteilt, worin genau seine Arbeit bestehen würde, und so war Ryous innere Unruhe während der vergangenen Stunden und Minuten zunehmend stärker geworden. Selbst beim Abendessen, einer Lunchbox aus einem der umliegenden Convinience Stores, hatte Ryou kaum einen Bissen hinunter bekommen.

Alles an diesem Ort wirkte unseriös und zwielichtig. Hätte man ihn hier nicht hineingezwungen, freiwillig hätte Ryou keinen Fuß an diesen Ort gesetzt. Weit vor der Eingangstüre hätte er kehrt gemacht, wäre dorthin zurückgegangen, wo er eigentlich hingehörte. Konnte der erste Eindruck noch darüber hinwegtäuschen, so wirkte bereits beim zweiten Hinsehen alles schmierig und heruntergekommen, als habe man sich bei der Einrichtung, die zweifelsohne bereits einige Dekaden miterlebt haben musste, Mühe gegeben, diese seither jedoch absolut vernachlässigt.

Von einer inneren Rastlosigkeit ergriffen, trat Ryou einige Schritte nähe an die Theke, und fuhr mit den Fingerspitzen immer wieder über das dunkelbraune, dick lackierte Holz. Indessen griff Bakura in die Tasche seines Mantels, und zog silbernes Zigarettenetui hervor. Hinter vorgehaltener Hand zündete er eine an.

Ryou betrachtete ihn verblüfft. Es war ihm schleierhaft, wie ein Mensch so viel rauchen konnte. Kurz darauf nickte Bakura Jonouchi kühl über die Theke hinweg zu.

„Du arbeitest ihn ein.“

Sein Tonfall vermittelte deutlich, wer von ihnen in der Hierarchie weiter oben stand. Er duldete keine Widerrede, so viel hatte Ryou inzwischen begriffen. Während Bakura sprach, spielten seine Finger mit der zwischenzeitlich ungenutzten Zigarette, betasteten das Papier, und drückten etwas Asche in einen der umliegenden Aschenbecher. Als er geendet hatte, nahm er einen Zug und atmete, nachdem er ihn genommen hatte, noch einmal ein, um die Wirkung des Rauches zu verstärken. Jonouchis Gesicht nahm einen überraschten Zug an. Er löste sich von der Bar und ging zu ihnen. Dabei warf er das Handtuch, mit dem er zuvor herumgespielt hatte, locker über die linke Schulter.

„Arbeitet er nicht hinten mit Yuugi und Marik?“, fragte er ehrlich überrascht und blickte irritiert zwischen den beiden hin und her.

„Nein.“

Schlecht gelaunt blies Bakura Jonouchi den Rauch ins Gesicht. Jonouchi, augenscheinlich einer von impulsiverem Gemüt, wedelte diesen zur Seite, kniff die Augen zusammen und öffnete den Mund - beherrschte sich jedoch im letzten Moment. Stattdessen ballte er die Hände, die auf Höhe seiner Hüfte ruhten, zu Fäusten.

„Warum nicht?“, fragte er beherrscht, seine Stimme zitterte vor unterdrückter Wut.

Aus den Augenwinkeln ließ Jonouchi den Blick auf Ryous Gestalt ruhen, ehe er Bakura mit zusammengekniffenen Augen anstarrte. Es war bemerkenswert, wie Jonouchis Laune sich zu verschlechtern schien, wenn Bakura in der Nähe war. Verlegen presste Ryou die Lippen zusammen, und schob die Hände noch etwas tiefer in die Hosentaschen, zwischenzeitlich immer wieder unruhig auf und ab wippend.

Auf Jonouchis Frage hob Bakura den Kopf, und verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. Seine ganze Körperhaltung zeugte von absoluter Feindseligkeit.

„Vielleicht“, knurrte er, unterbrach sich dann jedoch selbst, und nahm einen weiteren Zug von der Zigarette.

„Vielleicht, weil der Boss nicht mehr hören konnte, wie du dich permanent über mangelndes Thekenpersonal beschwerst.“

Genervt beugte er sich nach vorne und versenkte noch etwas Asche in dem silbernen Aschenbecher.

„Du sollst nicht fragen, sondern arbeiten. Ryou bleibt hier bei dir. Zeig ihm alles. Zeig ihm auch die Hinterzimmer. Er soll ruhig wissen, was ihm blüht, wenn er’s verbockt.“

Damit drückte er die Zigarette, die er in beachtlicher Geschwindigkeit aufgeraucht hatte, endgültig aus. Sofort stieg Ryou der schwindelerregende Geruch von Teer und Nikotin in die Nase.

„Ich habe ein Auge auf dich, Jonouchi“, knurrte Bakura, und taxierte seinen Gegenüber aus mürrischen, wachen Augen. Nach Sekunden angespannter Stille wandte er sich ab. Ryou betrachtete ihn, unschlüssig darüber, was er davon halten sollte, dass dieser nun ging, und zuckte zusammen, als Bakura ihm noch einmal die Hand auf die Schulter legte.

„Auf dich auch“, flüsterte er, gerade so laut, dass Ryou ihn verstehen konnte, drohend, aber doch weniger feindselig als Jonouchi gegenüber. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren verschwand er in einer Traube hereinkommender Gäste, einer Gruppe anzutragender Geschäftsmänner mittleren Alters. Stumm blickte Ryou ihm hinterher und biss sich zaghaft auf die von den gestrigen Schlägen immer noch aufgerissene Unterlippe. Mit einem Mal fühlte er sich einsamer und verlorener als zuvor.

Er lockerte seinen Pferdeschwanz, damit er nicht mädchenhafter wirkte als notwendig, und drehte sich, um Fassung ringend, langsam um. Jonouchi hatte seine Aufmerksamkeit auf die ankommenden Gäste gerichtet, und schüttelte immer wieder genervt mit dem Kopf. Erst, als er bemerkte, dass Ryou ihn schweigend anstarrte, trat ein verschmitztes Grinsen auf sein Gesicht.

„Mach dir nichts draus“, sagte er bezogen auf Bakuras vorangegangene Drohung und zuckte locker mit  den Schultern.

„Der Typ ist immer so miesepetrig. Wahrscheinlich schon so geboren. Nichts zu machen.“

Er warf einen letzten Blick hinüber zu den Neuankömmlingen, wahrscheinlich, um sich zu vergewissern, ob Bakura auch tatsächlich gegangen war, dann atmete er tief durch und streckte sich ausgiebig. Anschließend winkte er Ryou energisch hinter die Theke.

„Ich sag dir“, begann er und räumte dabei einige der frisch gespülten Gläser zurück in die Regale.

„In all den Jahren, in denen ich hier arbeite, hat er nicht ein nettes Wort mir gegenüber verloren. Und das will was heißen.“

Jonouchi schien einfach munter drauf los zu plappern, während einige der neu eingetroffenen Gäste nach und nach an der Theke Platz nahmen. Nebenher griff er immer wieder nach sauberen Gläsern, räumte sie fort oder füllte sie mit Bier, ehe er sie jenen reichte, die nach ihnen verlangt hatten. Der Umgangston war rau, Höflichkeiten suchte man hier vergebens. Bei manchen konnte Ryou Tätowierungen an Hals und Händen ausmachen. Erschrocken schluckte er und stolperte einen Schritt zurück, ehe er gegen die holzvertäfelte Wand prallte.

Ryou hatte von diesen Menschen immer nur in der Zeitung gelesen, aber noch nie einen im echten Leben gesehen. Yakuza.
 

Nachdem Jonouchi alle versorgt hatte, wischte er sich die Hände am Spültuch ab und ging zurück zu Ryou, der immer noch in einer der Ecken herumstand und wartete.

„Die sind erstmal versorgt“, tönte er sichtlich gut gelaunt und klopfte spielerisch die Hände auf der dunkelroten Schürze ab, die er in Höhe der Taille um den Körper gebunden hatte. Sodann griff er hinter seinen Rücken, löste den Knoten und trat noch näher an Ryou heran, wo er sie letztlich an einem kleinen Haken, den man in die Wand geschraubt hatte, aufging.

Nach den vergangenen Tagen, die gewirkt hatten, wie ein Traum, aus dem man nicht erwachen konnte, fühlte es sich fremd und ungewohnt an, von jemandem ohne ersichtlichen Grund derart herzlich behandelt zu werden. Ryou schätzte Jonouchi nicht älter als 25, nur einige Jahre älter als er selbst. Er war groß gewachsen, doch kleiner als Bakura. Seine blondierten Haare, die ihm locker bis auf die Schultern fielen, sahen aus, als hätte man sie schon lange nicht mehr geschnitten.

„Ich soll dich also einarbeiten…“

Er verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und betrachtete Ryou ausgiebig, als müsse er erst überlegen, was er mit ihm anfangen sollte.

„Wahrscheinlich ist’s am einfachsten, wenn ich dir hier erst einmal eine kleine Führung gebe. Hat Bakura dir das Haus schon gezeigt?“

„Er hat mir gezeigt, wo ich schlafe“, antwortete Ryou leise. Verlegen ließ er den Blick durch den Raum wandern. Jonouchi nickte.

„Alles klar…“

Nachdenklich verzog er das Gesicht, leckte sich flüchtig über die Lippen und klatschte schließlich in die Hände, als sei ihm ein Licht aufgegangen. Er schloss die Kasse ab, steckte den Schlüssel ein und klopfte Ryou breit grinsend so heftig auf die Schulter, dass dieser einen Schritt nach vorn stolperte.

„Gut. Packen wir’s an.“
 

Jonouchi gab sich sichtlich Mühe. Ausführlich erklärte er Ryou, worauf er im Schankraum zu achten musste, zeigte ihm, wo er die passenden Gläser für die verschiedenen Getränke fand, und wie man Bier vom Fass zapfte. Anschließend führte er ihn in den Lagerraum und die Küche, in der allerlei Snacks für die Gäste vorbereitet wurden. Dort war es sauberer, als Ryou es vermutet hatte. Einige junge Männer, die Ryou nicht kannte, arbeiteten dort, still und heimlich, und waren außerhalb dieser Tätigkeit, so Jonouchi, nie im Film Noir zu sehen.

Schließlich, nachdem Jonouchi ihm vor Ort alles gezeigt hatte, durchquerten sie zusammen den Schankraum und nahmen die Wendeltreppe, die in den ersten Stock führte. Ryous Knie zitterten, als er die einzelnen Stufen hinauf stieg. Er hatte versucht, keinem der Männer direkt ins Gesicht zu blicken, während Jonouchi ihn von einem Ort zum nächsten gescheucht hatte. Ihm war aufgefallen, dass sie ihn musterten wie einen Wolf seine Beute.

Die Treppe mündete in einen schmalen, doch weitläufigen Flur, kaum breit genug, als dass zwei Männer aufrecht aneinander vorbei gehen konnten. Die Wände hatte man mit dunkelrotem Samt tapeziert, während sich auf dem Boden die gleichen schwarzweißen Fliesen fanden wie im Erdgeschoss. Die Holzverkleidung fehlte vollständig. An den Wänden fanden sich vergoldete Lampen mit roten Schirmen, die alles in ein warmes Licht tauchten. Auf beiden Seiten des Flurs gingen in regelmäßigen Abständen dunkelbraune Türen ab. Manche waren geöffnet, andere geschlossen. Vor jeder der Türen fand sich ein Hocker, ebenfalls aus dunklem Holz gefertigt. Auf den meisten saßen knapp bekleidete, junge Männer, keiner älter als dreißig, und warteten. Einige rauchten, andere zwinkerten Ryou zu, sobald sie ihn erblickt hatten. Manche wiederum beachteten sie erst gar nicht. Ganz am Ende des Ganges, vor der letzten Tür, saß Marik. Er hatte die Beine übereinander geschlagen und betrachtete, mit einer Mischung aus Langeweile und Gleichgültigkeit, seine Fingernägel. Ryou und Jonouchi bemerkte er nicht.

Ryou schnappte nach Luft. Mit aufgerissenen Augen taumelte er einen Schritt nach hinten, prallte schließlich gegen Jonouchi und wandte sich erschrocken um.

„Was ist das hier?!“, flüsterte er heiser und packte den Blonden am Ärmel. Wenn er sich irgendwo jemals unwohl gefühlt hatte, dann hier. Aus den Augenwinkeln bemerkte Ryou einen großen, unscheinbaren Mann mit Hemd und Krawatte, der, ohne sie weiter zu beachten, an ihnen vorbei ging. Er hatte eine Glatze und trug eine Sonnenbrille, obschon die Verhältnisse hier keine erfordert hätten. Am Ende des Ganges, direkt vor Marik, blieb er stehen, nahm die Brille ab und beugte sich nach vorn, bis er Marik nah genug war, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Dabei legte er eine seiner Hände auf die Oberschenkel des braungebrannten Mannes, während auf Mariks Gesicht schließlich ein siegessicheres Schmunzeln erschien. Nur wenige Sekunden später glitt dieser von seinem Stuhl, griff den Unbekannten bei der Hand, und verschwand mit ihm durch die angrenzende Tür in den nächsten Raum. Ryou betrachtete alles mit offenem Mund, wandte sich schließlich wieder um und starrte Jonouchi aufgebracht an. Das Herz schlug ihm bis zum Hals.

„Wohin hat Bakura ich hier gebracht?!“

Der Blonde schmunzelte sanft, doch in seinen Augen standen Wut und Resignation. Er hob die Hand und legte sie Ryou sanft auf die Schulter, wo sie ihn mehrmals vorsichtig drückte.

„Du würdest hier nicht arbeiten wollen“, war alles, was er auf Ryous Frage antwortete. Dabei klang seine Stimme leise, beinahe erstickt.

„Bitte streng dich an.“
 

Er hatte geahnt, dass die Tätigkeiten, die man ihm hier zuteilte, kein glückliches Leben mit sich brachten, doch das, was er vor weniger als einer Stunde im ersten Stock gesehen hatte, hatte all seine Erwartungen übertroffen. Ryou war sprachlos und schockiert, mit der Situation absolut überfordert.

Das war also, womit Marik sein Geld verdiente. Er verkaufte seinen Körper. Er verkaufte seinen Körper für Geld an Yakuza. Ryou konnte es nicht fassen. Allein der Gedanke daran jagte ihm eine Gänsehaut über den Rücken und sorgte dafür, dass das Tablett in seinen Händen zu zittern begann.

War dies das Schicksal jener, die hier ihr Dasein fristen mussten? Ryou ahnte, dass er lediglich nicht dort oben arbeiten musste, weil Bakura ein gutes Wort für ihn eingelegt hatte. Er begriff, dass dies jener geheimnisvolle Dialog gewesen war, den die beiden am Vortag in seiner Anwesenheit geführt hatten. Dass er hier an der Theke arbeiten durfte, war sein Privileg. Sein Gnadenbrot, weil er hier unverschuldet gelandet war.

Trotz allem, oder aber gerade deswegen, fühlte er sich unwohl. Immer wieder hatte er sich die letzten Stunden gefragt, was Malik damit meinte, als er erwähnte, dass die Kunden ihn lieben würden. Nun verstand er. Permanent starrten sie ihn an. Kam er jemandem näher, so kniffen und berührten sie ihn ungefragt. Nur wenige Minuten zuvor hatte ihn einer der Männer am Arm gepackt und auf dessen Schoß gezwungen. Sie hatten in sein Gesicht gegriffen, ihn auf die Wange geküsst und ihm Dinge ins Ohr geflüstert, mit denen Ryou nichts zu tun haben wollte. Steif und stumm hatte er dort gesessen, bis sie ihn gehen ließen. Zum Abschied hatten sie ihm einen harten Klaps auf das Gesäß mitgegeben.

Er hatte sich nach Bakura umgeschaut, ihn aber nirgends entdecken können.

„Du siehst ziemlich mitgenommen aus.“

Jäh aus den Gedanken gerissen blickte Ryou auf. Er stand direkt vor der Theke, das Tablett, dass er, noch während er in Gedanken war, geistesabwesend geleert haben musste, so fest umklammert, dass die Gelenke seiner Finger farblos hervortraten.

Jonouchi, der ein feuchtes Glas in der Hand hielt und es grob abtrocknete, warf ihm ein aufmunterndes Lächeln zu. Ryou erwiderte es schwach, und stellte das Tablett vorsichtig auf dem Tresen ab. Sie hatten sich darauf geeinigt, dass Ryou kellnerte, während Jonouchi sich hinter der Theke um alles weitere kümmerte.

„Es ist nichts… Bloß…“

Ryous Stimme brach, und sein tapferes, künstlich aufgesetztes Lächeln verblasste. Er holte tief Luft, und unterdrückte die aufsteigenden Tränen der Müdigkeit und Überforderung, die sich ihren Weg nach draußen bahnen wollten. Gequält schloss er die Augen und ließ den Kopf sinken.

„Du bist nicht freiwillig hier, oder?“, fragte Jonouchi mitfühlend und stellte das Glas zurück auf die Spüle. Seine haselnussbraunen Augen ruhten sanft auf Ryou. Dieser nickte zaghaft und strich sich eine der Strähnen, die sich aus dem Zopf gelöst hatten, zitternd zurück hinter das Ohr. Betroffen ließ Jonouchi den Blick sinken.

„Hör zu“, begann er leise nach einigem Zögern und versuchte ein Lächeln.

„Der erste Abend ist immer der härteste. Klingt abgedroschen, ist aber leider wahr. Ich weiß, wovon ich rede, ich bin seit über fünf Jahren hier.“

Er schenkte Ryou ein aufmunterndes Zwinkern.

„Du glaubst gar nicht, wie viele Jungs seit meinem ersten Abend hier durchgerauscht sind. Dass sie dich nicht direkt nach oben geschickt haben, sagt schon einiges. Das ist ein gutes Zeichen.“

Langsam hob Ryou den Kopf und sah Jonouchi aus feuchten Augen an.

„Meinst du?“, fragte er leise, die Stimme kaum mehr als ein heiseres Flüstern.

Der Blonde nickte, etwas eifriger, als es die Situation erfordert hätte. Dabei rutschten ihm einige Haarsträhnen ins Gesicht. Das Lächeln, nur zaghaft angedeutet, verwandelte sich in ein gewinnendes Grinsen. Plötzlich beugte er sich über die Theke, und legte Ryou fest die Hände auf die Schultern.

„Glaub’ mir, so lange ich denen erzähle, dass ich dich einfach nicht entbehren kann, weil ich hier sonst in Arbeit ersticke, wird dir schon nichts passieren. Aber hör mal - “

Er beugte sich noch ein Stück weiter nach vorn, so, dass ihre Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Für einige Sekunden starrten sie einander an, Jonouchis Gesicht plötzlich todernst.

„Halte dich von Bakura fern.“

Mit diesen Worten ließ er ihn los, und richtete sich so schnell auf, wie Ryou es kaum zuvor bei jemandem gesehen hatte. Jonouchi nahm ein weiteres Glas von der Spüle und begann, es abzutrocknen. Ryou verstand nicht genau, warum der Andere derartige Dinge sagte und legte fragend den Kopf schief. Bisher schien es ihm, als hätte gerade Bakura verhindert, dass ihm schlimmeres widerfahren war. 

„Was ist mit ihm?“

Ryou beugte sich über die Theke und angelte vorsichtig einige der frisch gezapften Getränke von dem Metallgitter, auf das Jonouchi sie gestellt hatte. Anschließend platzierte Ryou sie vorsichtig auf dem Tablett. Der Blonde zuckte mit den Schultern, als fehlten ihm die passenden Worte.

„Bakura ist so etwas wie Maliks Wachhund. Er gehört nicht zu uns, genauso wenig, wie er Malik gleichgestellt ist.“

Er stellte das abgetrocknete Glas ab, ging zum Zapfhahn rüber und begann, einige Gläser mit Bier zu füllen.

„Er hängt irgendwo in der Mitte, und ich sage dir, dieser Kerl hat unfassbar viel Dreck am Stecken. Wo er rumhängt, da ist der Ärger nicht weit, glaub’ mir.“

Ryou nickte, nachdem er Jonouchis Worten aufmerksam gelauscht hatte und versuchte ein Lächeln. Es war das erste Mal seit Tagen, dass man ihm zugehört, oder gar versucht hatte, zu helfen. Ein warmes Gefühl breitete sich in seinem Brustkorb aus, so fragil, dass Ryou sich kaum daran erinnern konnte, es zuvor einmal empfunden zu haben.

„Danke, Jonouchi“, murmelte er, gerade so laut, dass der Andere ihn hören konnte. Dann nahm Ryou das Tablett und verschwand wortlos in der Menge.
 

Es war schon zwei Uhr, als Ryou zum ersten Mal bewusst auf die Uhr blickte. Seit Stunden war er auf den Beinen. Seine Füße schmerzten, und seine Augen brannten von Zigarettenrauch und Müdigkeit. Ein dünner Schweißfilm hatte sich über sein bleiches Gesicht gelegt, die Wangen glänzten rosa. Noch immer betraten Stunde um Stunde neue Gäste diesen Ort, eine Quelle, die nie zu versiegen schien, und redeten, tranken und verbrauchten den wenigen Sauerstoff, der diesem Raum noch geblieben war. Mit ihrer zusätzlichen Körperwärme stieg die Hitze ins Unermessliche.

Ryou seufzte und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn, auf dem sein Pony in feuchten Strähnen klebte. Dabei glitt sein Blick gedankenverloren über die schwarz gekleideten Menschenmassen. Nach wie vor versuchte er, den heimlichen Berührungen und dummen Sprüchen zu entgehen, die ihm begegneten, wann immer er Getränke an die unzähligen Tische brachte. Mittlerweile schimmerten einige Stellen an seinem Körper rot und brannten - manche Männer konnten es sich nicht nehmen lassen, ihn zu zwicken, wenn er vor ihnen stand. Dass ihnen der Sabber nicht ins Bier tropfte, war alles.

Hatte Bakura nicht gedroht, er würde ein Auge auf ihn haben? Seit er Ryou bei Jonouchi zurückgelassen hatte, hatte Ryou ihn nicht mehr gesehen.

Stumm stellte er das leere, von Kondenswasser und Getränkeresten feuchte Tablett auf der Theke ab, und trocknete seine Hände an der dunkelroten Schürze, die Jonouchi ihm einige Stunden zuvor in die Hand gedrückt hatte. Bei ihm wirkte alles so leicht und unbefangen. Wann immer Ryou zu ihm hinüberblickte, plauderte er mit den Gästen, scherzte und lachte. Während er Bier zapfte und Snacks verteilte, wich das breite Grinsen, dass er mit sich herumtrug, nie aus seinem Gesicht. Gelegentlich, wenn er etwas besonders komisch fand, hallte Jonouchis helles, offenherziges Lachen durch den Schankraum, und übertönte alle laufenden Gespräche. Es wirkte unwirklich. Er schien das warme, strahlende Licht innerhalb dieses dunklen Ortes zu sein, um das sich all jene, die am Abgrund wandelten, hoffnungsvoll versammelten.

„He, was ist los?“

Es brauchte einige Sekunden, bis Ryou bemerkte, dass man mit ihm sprach. Irritiert hob er den Kopf, die Stirn in Falten gelegt. Jonouchi, dem das lange, blonde Haar verschwitzt ins Gesicht hing, hatte sich mit einem amüsierten Schmunzeln über die Theke gebeugt, und betrachtete ihn nun aus aufgeweckten, dunklen Augen. In der Hand hielt er ein bis zum Rand mit Cola gefülltes Glas, in dem still einige Eiswürfel schwammen.

„Du wirst doch nicht etwa schon schlapp machen, oder?“, grinste er und überreichte Ryou das Getränk.

„Wir haben doch noch gar nicht richtig angefangen.“

Ryou, der bereits seit Stunden das Bett herbeisehnte, stöhnte ungläubig, nahm das Glas an sich und trank es in einem Zug halb leer. Dankbar nickte er Jonouchi zu, und stellte es zurück auf den Tisch.

Die neu eintreffenden Gäste fanden kaum noch Sitzplätze vor, so überfüllt und laut war es inzwischen geworden. Manche standen bereits, hielten Gläser mit Bier in den Händen und unterhielten sich lautstark. Der Zigarettendunst hatte sich so verdichtet, dass er als wahrnehmbarer Nebel lautlos über ihren Köpfen schwebte.

„Wenn mich noch einer anfasst, haue ich ihm eine runter“, murmelte Ryou genervt und fuhr sich mit den Fingern durch das Haar. Den Schock, den er Stunden zuvor erlitten hatte, hatte er inzwischen etwas verdauen können.

„Was für Mistkerle. Für wen halten die sich?!“

Jonouchi, dessen Schmunzeln augenblicklich breiter wurde, zwinkerte ihm gut gelaunt zu.

„Immer mit der Ruhe. Früher oder später wirst du den Reiz des neuen schon verlieren. Dann lassen sie dich in Frieden.“

Ryou nickte und verzog missmutig die Lippen, ehe er Jonouchis Grinsen tapfer mit einem Lächeln erwiderte.

Aus dem Nichts legte jemand den Arm um ihn, und drückte ihn sanft.

„Na mein Lieber? Gefällt es dir hier unten?“

Ryou fuhr zusammen und wandte sich um. Diese Stimme, dieses Parfum, beides erkannte er sofort. Neben ihm stand Marik, und schenkte ihm ein kokettes Grinsen. Genau wie Ryou, so hatte auch er sich einige Stunden zuvor umgezogen. Seine Arbeitskleidung bestand aus einer knapp geschnittenen Weste aus weißem Plüsch, dunkelbraunen Hotpants aus echtem Leder und gleichfarbigen Boots aus dem gleichen Material, die ihm bis knapp über die Knöchel reichten. Er drückte Ryou noch einmal an sich, schenkte ihm ein kurzes Lächeln, dann wandte er sich an Jonouchi.

„Stellt er sich gut an?“

„Selten einen talentierteren Kellner gesehen“, antwortete der Blonde überschwänglich, während er ein weiteres Bier zapfte, und lachte zugleich. Ryou lächelte tapfer, als er sah, dass Marik sogleich in dieses Lachen einstieg, und spürte, wie sein Herz schwerer wurde.

Jonouchi grinste noch immer, als er das Getränk auf der Theke abstellte und Marik einen nur halb ernst gemeinten, spöttischen Blick zuwarf.

„Ich hatte schon gehofft, ihr lasst euch heute gar nicht mehr blicken.“

Marik lachte, dann zog er einen freien Barhocker zu sich heran und nahm Platz. Dabei fuhr er sich mit den beringten Fingern der linken Hand durch das blondierte, stufige Haar.

„Ach Herzchen“, murmelte er süß und stützte sich mit den Ellenbogen auf dem dunklen Thekenholz ab.

„Wie könnten wir auch nur einen Abend überstehen, ohne dich zu besuchen, hm?“

Sein Lächeln wurde breiter, dann wandte er sich um und winkte jemanden herbei. Überrascht hielt Ryou inne, als er bemerkte, wie jemand an ihm vorbei ging, in langsamen, wackligen Schritten, und sich neben Marik hinsetzte. Es war Yuugi. Ryou stockte regelrecht der Atem, als er ihn sah.

Er trug kaum etwas am Leib. Eine Weste und Shorts, beide sehr kurz und eng geschnitten, beide aus einem schwarzen, glänzenden Material, dass Ryou nicht kannte. An seiner Kehle funkelte ein Halsband aus Leder, an dessen Mitte ein großer Ring aus Stahl baumelte. An den Füßen, die unverhältnismäßig klein wirkten, fanden sich ein paar geschnürter Boots aus gleichem Material. Die bunt gefärbten Haare hatte er mit etwas Haargel zurück gekämmt, hier und dort jedoch standen einzelne Strähnen widerspenstig ab. Erst jetzt, da Ryou ihn halbnackt vor sich sah, bemerkte er, wie mager Yuugi war. Die Haut, durchscheinend und hauchzart, spannte sich wie Seide um die einzelnen Knochen und wirkte, als müsse sie jeden Moment reissen. Dunkle, stümperhaft überschminkte Schatten lagen unter einem Paar abwesender, violetter Augen. Müdigkeit stand ihm ins Gesicht geschrieben, legte sich, einem Schleier gleich, über jede seiner Bewegungen. An den Oberarmen entdeckte Ryou blaue Flecken, die von ihrem ersten Treffen am Vortag stammen mussten. Yuugi trug ein schwaches, beinahe zerbrechliches Lächeln auf den Lippen, und hatte einen Blick, so entrückt, als schlafe er noch. Auf Mariks Aufforderung hin nahm er stumm Platz, und nickte Jonouchi, der Yuugi schon die ganze Zeit schweigend angestarrt hatte, freundschaftlich zu.

Langsam trat Ryou näher an sie heran. Er war sich nicht sicher, wie er mit der Situation umgehen sollte, und fühlte sich als Aussenstehender. Achtsam, darauf bedacht, nicht anzuecken, setzte er sich neben Marik, und erntete von diesem dafür ein kurzes, aber anerkennendes Zwinkern.

„Es ist Zeit für ihn, Jonouchi“, sagte Marik schließlich mit einem leichten, heiteren Singen in der Stimme, nachdem sie dem blonden Mann einige Sekunden lang beim Arbeiten zugesehen hatten. Marik griff, kaum, dass er geendet hatte, in die Hosentasche und legte kurz darauf ein schmales, silbernes Etui mit Prägung auf die Theke, aus dem er eine selbstgerechte Zigarette nahm. Verwundert runzelte Ryou die Stirn. Das Etui sah Bakuras nicht unähnlich.

„Was sagt der Boss dazu?“, antwortete Jonouchi kurz angebunden, dessen Gesichtsausdruck abkühlte. Marik hatte inzwischen die Zigarette angezündet, nahm einen Zug und zögerte mit der Antwort, bis er den Rauch wieder ausgestoßen hatte. Dabei starrte Ryou ihn mit großen Augen an.

Jemandem wie Marik war er bisher noch nicht begegnet. Und auch, wenn dieser Ort das Spielzimmer merkwürdiger Charaktere und gesellschaftlicher Außenseiter war, so stach Marik noch einmal aus der Masse all jener hervor. Da war diese subtile, feminine Aura, die er bei allem, was er tat, ausstrahlte, die Ryou so bislang noch bei niemandem wahrgenommen hatte, und die ihm etwas warmes, mütterliches gab. Marik war schön, ohne dümmlich zu wirken, etwas, dass man in jenen Tagen nicht oft zu finden vermochte. Gut gelaunt und entspannt saß er zwischen ihnen, die Ellenbogen auf der Tischplatte abgestützt, hin und wieder einen Zug von der Zigarette nehmend, die ansonsten unscheinbar zwischen seinen schlanken, gepflegten Fingern abbrannte.

Als Ryou ihn betrachtete, spürte er förmlich, wie sein Herzschlag an Schnelligkeit und Intensität zunahm. Marik wirkte so makellos, so exotisch, so freundlich und hell, dass Ryou, nur für einen Moment, sicherlich alles gegeben hätte, um diese braungebrannte, ebenmäßige Haut mit seinen Fingern berühren zu dürfen.

Irgendwo, tief in seinem Herzen, verstand er, was Männer dazu veranlasste, Geld zu bezahlen, damit sie, wenn auch nur für kurze Zeit, eins mit ihm werden durften. Zugegeben hätte er es nie.

„Der ist d’accord“, antwortete Marik knapp und riss Ryou jäh aus seinen Gedanken. Dabei warf er Yuugi aus den Augenwinkeln einen flüchtigen Blick zu, und strich ihm schließlich fast fürsorglich mit den Fingerspitzen über den Rücken. Jonouchi zögerte für einen Moment, sichtlich nicht begeistert von dem, was nun kommen würde. Nach einigen Sekunden widerwilligen Innehaltend stöhnte er genervt, warf das Spültuch, dass über seiner Schulter gelegen hatte, lustlos auf die Theke, und verschwand im Nebenraum, in dem sich das Lager befand. Wenige Sekunden später kam er zurück. In der Hand hielt er eine milchig weiße Flasche aus Plastik, in der eine künstlich grün leuchtende Flüssigkeit schwappte. Angewidert verzog Ryou das Gesicht und beugte sich ein wenig vor. Dieses - wenn man es so nennen mochte - Getränk wirkte künstlich, giftig, nicht wie etwas, dass man zu sich nehmen sollte. Es hatte die Farbe jener scharfen, chemischen Reiniger, mit der seine Mutter früher das Haus geputzt hatte.

Stumm ließ Ryou die Augen zwischen den beiden Neuankömmlingen umher gleiten, ehe er den Kopf gedankenverloren sinken ließ, und still einen großen Schluck Cola nahm. Der plötzliche Umschwung in Jonouchis Stimmung, als auch Mariks offensichtliche Ungerührtheit diesbezüglich, hatten ihn verunsichert. Ab und an warf er Marik einen schüchtern Blick zu, starrte dann jedoch wieder auf die Tischplatte, unschlüssig, wie er sich am besten in diese verwirrende Figurenkonstellation einfügen sollte.

Als Ryou das nächste Mal aufsah, hatte Jonouchi die grüne Flüssigkeit bereits umgefüllt. In Form eines großen Schnapsglases stand dieses nun vor Yuugi, und schwappte dünnflüssig umher. Im Schein der Schwarzlichtlampen fluoreszierten dort zarte Schlieren grellen Gelbs, die sich hauchdünn durch das giftige Grün des Getränks zogen. Augenblicklich erfüllte ein stechender, beißender Geruch die Luft, und Jonouchi, der bis vor wenigen Minuten gut gelaunt und entspannt gewirkt hatte, betrachtete Yuugi nun aus kalten, fast traurigen Augen.

Yuugi, dem dies nicht aufzufallen schien, nahm das Glas an sich und stürzte den Inhalt binnen eines Augenblicks hinunter. Dabei bleib sein Gesicht vollkommen regungslos.  Nachdem er getrunken hatte, seufzte er erleichtert und wischte sich verbliebene, leicht grünliche Reste mit dem Handrücken aus dem Gesicht. Anschließend stellte er das Glas zurück auf den Tisch, welches, kaum, dass dessen Boden die Theke berührt hatte, von Jonouchi ungeahnt heftig fortgenommen und mit angewiderter Miene in einem gesonderten Becken abgespült wurde. Während Ryou Jonouchi betrachtete, spürte er, wie sich alles in ihm zusammenzog. Auch der letzte Funke Freundlichkeit war aus seinem Gesicht gewichen, so, dass er mit einem Mal um Jahre gealtert wirkte. Er vermied es, sie weiter anzusehen, wandte sich wortlos ab und zapfte, einige Meter entfernt, stumm ein Bier nach dem anderen, derart unachtsam, dass ihm der Schaum schon nach kurzer Zeit über die Finger rann.

Wieder einmal ließ Ryou schweigend den Blick zwischen ihnen umherwandern, ehe ein leises, kaum hörbares Seufzen über seine Lippen drang. Die Anspannung, welche mit einem Mal zwischen ihnen in der Luft hing, war beinahe mit bloßen Händen zu greifen.

„Was ist denn mit den beiden los?“, fragte er auf einmal, und blickte Marik schüchtern an. Dabei fuhr er mit den Fingerspitzen immer wieder nachdenklich über das dunkle, feuchte Holz der Theke.

„Sie sind so feindselig…“

Marik zögerte, musterte Ryou kurz und schnaubte anschließend amüsiert auf, ehe er einen letzten Zug nahm und die Zigarette in einem der Aschenbecher ausdrückte.

„Das sind sie nicht“, antwortete er ruhig, und sah Ryou derart unverwandt an, dass dieser nach kurzer Zeit verlegen den Blick sinken ließ. Dabei rutschten ihm einige der frei gewordenen, weißen Haarsträhnen ins Gesicht. Gedankenverloren strich Ryou sie zur Seite, dann sah er auf. Mariks Tonfall war freundlich gewesen, und doch verströmten seine Augen jene Melancholie, die ihnen bereits innegewohnt hatte, als Ryou Maliks Büro zum ersten Mal betreten hatte.

„Weiß du“, murmelte dieser und zwinkerte Ryou aufmunternd zu, ehe er die Ellenbogen auf der Theke abstützte und das Gesicht in seine Hände schmiegte. Er starrte einige Momente gedankenverloren in die Luft, als suche er nach Worten, schüttelte schließlich jedoch den Kopf.

„Die beiden kennen sich schon lange. Sehr lange. Sie haben viel zusammen erlebt.“

Marik hielt inne.

„Vielleicht zu viel.“

Er holte tief Luft und fuhr sich mit den Fingern durch das helle, feine Haar. Immer noch hing ein dünnes Schmunzeln auf seinen Lippen.

„Am besten gewöhnst du dich daran. Es ist jeden Abend das Gleiche mit den beiden.“

Stumm ließ er die Augen über Ryous Gesicht gleiten, und öffnete, nachdem er kurze Zeit mit sich gerungen hatte, ein weiteres Mal den Mund, wurde jedoch von Jonouchi unterbrochen.

„Müsst ihr nicht wieder zurück?“, fragte dieser grob und stellte, ohne Ryou auch nur eines Blickes zu würdigen, ein mit Biergläsern vollgestelltes Tablett vor ihm ab.

„So voll, wie der Schuppen heute ist, muss bei euch da oben doch die Hölle los sein. Die ganzen besoffenen Angestellten hier können es sicher kaum erwarten, ihr hart erarbeitetes Geld für dich aus dem Fenster zu werfen, Marik.“

Marik lachte laut auf. Er kniff Jonouchi, ungeachtet dessen schlechter Laune, freundschaftlich in den Oberarm, ehe er mit seinen künstlichen Fingernägeln gut gelaunt auf dem Tresen zu trommeln begann.

„Mach dir um mich mal keine Sorgen, Jonouchi, hörst du?“

Ryou konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Im Gegensatz zu Yuugi schien Marik die Arbeit an diesem Ort nichts auszumachen. Mit seiner lockeren, koketten Art konnte er, wenn er auch nur mit den Fingern schnippte, sicherlich haben, was immer er wollte.

Nur Bakura, schoss es ihm durch den Kopf, schien von Mariks Art nicht angetan zu sein. Und doch besaßen sie das gleiche Zigarettenetui.

Ryou schnappte nach Luft, als er einen spitzen Stich bemerkte, der sich für einen Moment in seine Magengrube gebohrt hatte. Verblüfft legte er die flache Hand auf jene Stelle, und betrachtete Marik, der sich mit Jonouchi unterhielt, nachdenklich. Marik verkörperte alles, was Ryou nicht war - und, wenn er ehrlich war, auch nicht sein wollte. Dennoch verspürte er so etwas wie Neid in sich aufsteigen.

Verwirrt fragte er sich, warum.

„Es ist schon halb drei durch.“

Jonouchi warf einen Blick auf eine kleine, lederne Armbanduhr, die er so befestigt hatte, dass er auf seinen Puls schauen musste, um sie zu lesen, und hob kritisch die Augenbrauen.

„Du weißt, der Boss sieht’s nicht gerne, wenn ihr hier länger rumhängt, als unbedingt nötig.“

„Ja, du hast Recht.“

Marik nickte und streckte sich kurz, so, als habe diese kurze Pause all jene Müdigkeit in ihm zum Vorschein gebracht, die sonst leicht durch Arbeit zu überdecken war. Dabei beugte er sich ein wenig nach links, wo Yuugi immer noch unbewegt auf dem hölzernen Barhocker saß.

„Bist du fertig, Yuugi?“

Der Angesprochene nickte schwach, ein dünnes, seliges Lächeln auf den Lippen. Erst, als Marik aufgestanden war, glitt auch er vom Stuhl. Er sah kurz zu Ryou herüber, der, kaum, dass er Yuugis Blick erwidert hatte, vor Überraschung in seiner Bewegung innehielt. Er wirkte frisch und ausgeschlafen. Die Schatten unter seinen Augen waren verschwunden, und seine Wangen zierte ein zartes, gesundes Rosa. Freundliche, wache Augen ruhten auf Ryou, der ein kurzes, schüchternes Grinsen erntete, nachdem er Yuugi zaghaft zugenickt hatte. Wie konnte das sein?

Noch ehe er den Mund zum Abschied öffnen konnte, legte Marik einen Arm um Ryous Schultern und zog diesen, kurz, aber kräftig, an seine Brust. Sofort stieg Ryou der Geruch von Patchouli in die Nase.

„Also dann“, grinste Marik, nachdem er Ryou wieder losgelassen hatte.

„Glaub’ mir, am Anfang denkt man, man könne sich an all das hier nie gewöhnen, aber es geht schneller vorbei, als du jetzt denkst.“

Er zwinkerte kurz und vielsagend.

„Wer weiß, vielleicht leistest du uns da oben bald einmal Gesellschaft?“

Ryou, der im Begriff war, das Tablett vom Tresen zu nehmen, hätte es um ein Haar fallen lassen. Verlegen schnappte er nach Luft, und sein Gesicht lief kirschrot an.

„Ja, vielleicht“, stotterte er höflich, als er sich wieder gefangen hatte, und ließ beschämt den Kopf sinken. Seine Wangen fühlten sich heiß an, und glänzten rosig im fahlen Licht der zahlreichen Lampen. Im Hintergrund erklang Mariks glockenhelles Lachen.

„Wie schüchtern er ist, Yuugi!“

Er klopfte Ryou noch einmal auf die Schulter, dann ließ er ihn vollständig los. Anschließend wandten sie sich zum Gehen.

„Füll’ mir ja die Gäste gut ab!“, rief Marik bereits aus einigen Metern Entfernung. Dann verschluckten sie die Menschenmassen. Gedankenverloren blickte Ryou ihnen noch einige Sekunden nach, und zuckte zusammen, als Jonouchi lautstark ein zweites, mit Gläsern zugestelltes Tablett neben ihm abstellte. Er hatte sich wieder gefasst, das Gesicht einer Maske gleich, aus der ein Paar brauner Augen trübe auf das goldglänzende Bier starrten, welches er  für die nächste Runde zapfte.

Stumm nahm Ryou das Tablett an sich und betrachtete den blond gefärbten, jungen Japaner schweigend. Es war bemerkenswert, wie sich die Ausstrahlung eines Menschen in so kurzer Zeit ändern konnte. Gerne hätte er gewusst, welche Verbindung zwischen den dreien bestand. Sie wirkten, als kannten sie sich seit Jahren - und doch schien es ihm, als schwebten viele nicht ausgesprochene Dinge in der Luft.
 

Irgendwann, es waren kaum noch Gäste da, bemerkte Ryou bei einem flüchtigen Blick aus einem der wenigen, bunt verglasten Fenster, wie sich das tiefe Schwarz der Nacht allmählich aufhellte.

„Jonouchi.“

Vorsichtig stellte Ryou das feuchte Tablett zurück auf den Tresen, und stützte sich, nachdem er die Hände an seiner Schürze abgewischt hatte, mit den Unterarmen auf dem dunklen Holz ab. Er so war müde, dass er kaum noch stehen konnte. Seine Füße brannten, seine Lendenwirbelsäule schmerzte und die Schultern waren hart und verspannt.

Jonouchi, der, gedankenverloren, bereits die Einnahmen durchzählte, blickte überrascht auf. Kaum, dass er Ryou wahrgenommen hatte, schlug er sich mit der flachen Hand an den Kopf, woraufhin einige Münzen zwischen seinen Fingern hervor kullerten und zu Boden fielen.

„Verdammt. Ryou, jetzt muss ich wieder von vorne anfangen.“

Verlegen biss Ryou sich auf die Unterlippe, und trat näher an den Anderen heran.

„Entschuldige bitte. Jonouchi, brauchst du mich noch? Die Sonne geht auf. Ich hatte gehofft, ich könnte vielleicht hoch aufs Dach, bevor ich schlafen gehe…“

Der blonde, junge Mann, der die vergangenen Stunden kaum das Gesicht verzogen hatte, schmunzelte auf einmal und senkte den Blick. Dabei bildeten sich um seine Mundwinkel einige schwache Grübchen, die sich sanft in die feine, glatt rasierte Haut gruben.

„Einen Blick auf den Sonnenaufgang werfen?“, fragte er schelmisch, und legte Ryou bedeutungsschwer die Hand auf die Schulter. 

Ryou nickte schwach.

„So etwas sieht man ja nicht so oft…“

Jonouchi lachte trocken.

„Das wirst du noch oft genug, wenn du hier arbeitest“, schmunzelte er und zog einen kleinen Lederbeutel hervor, in das er schweigend das säuberlich gestapelte Geld schob. Er verschloss ihn sorgfältig und stopfte ihn in seine Hosentaschen. Dann hob er den Kopf, und tat empört, Ryou noch in seiner Nähe vorzufinden.

„Na los, ab mir dir.“

Sofort hellte sich Ryous Gesicht auf. Schnell löste er den Knoten der Schürze und warf sie über die Theke. Mehr schlecht als recht fing der Andere sie auf.

„Danke Jonouchi!“, rief Ryou noch, ehe er sich umwandte und den Schankraum in Richtung Treppenhaus verließ, vorbei an den Strichern und Trunkenbolden, hinaus in das kühle Grau des hereinbrechenden Morgens. Die erste Nacht war geschafft. So weit so gut. Da war ein unsäglicher Druck in seiner Brust, ja. Trotzdem schlug ihm das Herz bis zum Hals.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Kaylean
2014-07-23T10:22:19+00:00 23.07.2014 12:22
Okay, 15 Seiten im PDF Format. Ich bin gespannt :D Ich hab das Kapitel schon einmal gelesen, aber nicht kommentiert.
Das hole ich jetzt endlich nach.
Entschuldige bitte, dass es so lange gedauert hat.

Die Lyrics gehen mir unter die Haut. Die passen wieder wie die Faust aufs Auge.
>>Ryou nickte knapp, streifte eines von seinen Handgelenken und bündelte, ohne etwas
zu sagen, die langen, dicken Haare zu einem lockeren Pferdeschwanz. << ohne etwas zu sagen. wortlos oder stumm würden den Text etwas verkürzen.

Ich liebe diese Formulierungen : Kaum, dass sie den Schankraum betreten hatten, erfüllte der Geruch
von Bier, heißem Sake und Zigarettenqualm Ryous Nase, zweifellos Überbleibsel
vergangener Nächte. Ein Geruch, der, allgegenwärtig und charakteristisch, jeden
Abend aufs Neue aufgefrischt wurde. Aromen, die sich in Wandverkleidung und
Sitzpolster eingefressen hatten und nie verschwanden<<
Mir fällt es unendlich leicht dadurch nicht nur eine Idee für das Aussehen des Ortes zu haben, sondern ihm Seele einzuhauchen, da ich die beschrieben Gerüche ja kenne. Aber ich mag ja sowieso, wie bildlich du immer alles beschreibst.

>> Im Hintergrund verbreiteten an den Decken angebrachte
Lautsprecher laute Jazzmusik, und ließ alles freundlicher wirken, als Ryou es am
Vortag wahrgenommen hatte.<< Lautsprecher und laut ist etwas doppelt, daher geht das laute Jazzmusik etwas unter.
Boxen statt Lautsprecher vielleicht? ein bisschen irritiert mich auch die Aussage im Hintergrund.
Wenn es im Hintergrund sein soll, dann wäre es ja nicht unbedingt laut, oder? Vielleicht bin ich an dieser Stelle auch einfach eine Erbsenzählerin :D

Jonouchi. <3 ich liebe Jonouchi.

>>
s handelte sich um ein grünes, kariertes Hemd, dessen Ärmel
er bis über die Ellenbogen hochgekrempelt hatte, ein dunkles paar Jeans, dessen
Farbe Ryou im schummrigen Licht nicht erkennen konnte und Turnschuhe.<<
es handelte sich klingt bei Kleidung etwas ungewöhnlich, wie ich im übrigen finde.

>>Konnte der erste Eindruck noch darüber hinwegtäuschen, so
wirkte bereits beim zweiten Hinsehen alles schmierig und heruntergekommen, als
habe man sich bei der Einrichtung, die zweifelsohne bereits einige Dekaden miterlebt
haben musste, Mühe gegeben, diese seither jedoch absolut vernachlässigt<< auch das finde ich richtig super beschrieben. hach <3

>> Indessen griff Bakura in die Tasche seines Mantels, und zog silbernes Zigarettenetui hervor.<< da fehlt wohl ein zog ein oder zog sein. (PDF Format, Seite 4, obere Hälfte). Ich liebe es, dass Bakura so ein Etui hat. Es passt wunderbar zu seinem konservativen Stil, wie er bisher beschrieben wurde. Ich kanns mir einfach gut vorstellen.

Ich bin ja froh, dass Ryou nicht bei Yuugi und Marik arbeiten muss. >_< der arme Kleine!

Ich frage mich ja, was zwischen Jonouchi und Bakura vorgefallen ist, dass sie sich so offensichtlich feindselig gegenüber stehen.

Hach Ryou. Aber Hauptsache erstmal vor dem Yakuza nach hinten weichen. Das wird so schnell nicht besser werden für dich.
Und habe ich schon erwähnt, wie sehr ich Jonouchi liebe?

>>Wohin hat Bakura ich hier gebracht?<< da fehlt wohl ein m :) (PDF, Seite 7, obere Hälfte, Marik ist grade mit dem Typen ins Zimmer)
„Du würdest hier nicht arbeiten wollen“, war alles, was er auf Ryous Frage antwortete.
Dabei klang seine Stimme leise, beinahe erstickt.
„Bitte streng dich an." <- ich liebe diesen Moment. Unendlich. Jonouchi ist ein Goldstück. Ich bin froh, dass es ihn im Film Noir gibt. Sowieso finde ich, ist die Charaktermischung sehr gut in dieser Geschichte. Es gibt keine Extreme und auch keine platten Charaktere. Du hast es ja auch gut drauf vielschichtige Charaktere zu schreiben. :)

Ich liebe Jonouchi. Ich kann es nicht oft genug sagen.
>>Ryou beugte sich über die Theke und angelte vorsichtig einige der frisch gezapften
Getränke von dem Metallgitter, auf das Jonouchi sie gestellt hatte. Anschließend
platzierte Ryou sie vorsichtig auf dem Tablett. << zweimal vorsichtig. Ich würde beim zweiten Mal ein ebenso einfügen "ebenso vorsichtig auf dem Tablett<<

Marik oh Marik. Ich liebe seinen Auftritt. ich liebe seinen Charakter. :D hach~

>>spannte sich wie Seide<< ist eine meiner absoluten Lieblingsvergleiche. Herrlich. Wie du Yuugis Äußeres beschrieben hast. Es mag sich ein bisschen falsch anfühlen, aber ich mag Yuugi in der Opferrolle so sehr. Den schwächlichen, abwesenden Yuugi.


>>Und auch, wenn dieser Ort
das Spielzimmer merkwürdiger Charaktere und gesellschaftlicher Außenseiter war, so
stach Marik noch einmal aus der Masse all jener hervor<< ja, ja, ja! einhundertmal Ja!

Der Moment, wo Ryou Marik betrachtet verpasst mir eine Gänsehaut. Marik, wie ich ihn einfach schon ewig von dir kenne, so wunderbar beschrieben zu sehen. ugh, wunderbar!

ach Yuugi. :( es macht mich immern och traurig ihn so zu sehen, auch wenn ichn es zeitgleich liebe. Green, dieses teuflische Zeug. Jonouchis Abneigung, die Trauer, zuvor diese Wut und die Resignation in seinen Augen, als sie oben auf dem Stricherflur waren. Stück für Stück webst du mit präzisen Absätzen das Netz zwischen den Charakteren und verdeutlichst langsam ihre Beziehungen untereinander, ohne direkt zu viel zu verraten und ich muss sagen, ich bewundere das sehr an deinem Schreibstil.


Ich liebe es, wie Marik Ryou ein wenig auf den Arm nimmt.

„Einen Blick auf den Sonnenuntergang werfen <- damuit ist sicher Sonnenaufgang gemeint :D so am Ende der Nacht, oder?

Ein gutes Kapitel :)
am Ende kann man sich das Film Noir sehr gut vorstellen und hat ein Gefühl für alles bekommen und die Roten Fäden werden etwas weiter miteinander verwoben und machen Lust auf mehr :) Hach.

Mein Fav. ist der Spezialauftritt von Green ;)

Von:  berrymelon
2014-05-13T14:00:08+00:00 13.05.2014 16:00
Beginnen wir diesmal mit meinem persönlichen Highlight dieses Kapitels:
„Ich sehe aus wie ein Mädchen“, murmelte er und sah zurück zu Bakura. Dieser zuckte wortlos mit den Schultern, als sei dieser Fakt fester Teil von Ryous Persönlichkeit.
Ahahaha |D Bakura kann ja schon echt gemein sein. Noch gemeiner ist allerdings, dass er schlicht Recht hat. Stellenweise.

Und noch mal Jonouchis Auftritt! Ach, da geht mir doch gleich wieder das Herz auf. In diesem Kapitel wirkt er aber echt normal auf mich, auch weniger hibbelig als beim vorigen Kapitel, was mich wegen der Drogengeschichte etwas überrascht hat. Seine Auseinandersetzung mit Bakura ist ja klasse, wie sie sich zu beherrschen versuchen und gleichzeitig beide nur einen Schritt von der Explosion entfernt sind, gefällt mir unheimlich gut. Die unterdrückte Spannung ist hier echt schön rüber gekommen und macht mir einen Heidenspaß zu lesen ♥ Bakura glänzt ja besonders, wenn er herablassend sein kann, da bietet Jo natürlich den perfekten Streitpartner, hihi.
Besonders mag ich auch die Stelle mit „Ich habe ein Auge auf dich“, wie der Satz gleich zwei Bedeutungen erhält, gefällt mir, das baust du hier gut auf. Generell gefällt mir die Beziehung zwischen Bakura und Ryou echt gut. Ich finde zwar, dass sie ihre Feindseligkeiten in Anbetracht der Situation etwas schnell ablegen, aber davon abgesehen gibst du der Beziehung Zeit, sich glaubhaft stückchenweise zu ändern. Man mag ja drüber weinen, dass nach einem Jahr hier immer noch nicht so viel in Gang gekommen ist, für mich ist das aber nicht zwangsläufig etwas Negatives, weil das Drumrum stimmt.

Das Film Noir nimmt in diesem Kapitel ja richtig Form an. Ganz schön gruselig, was da abgeht, auch wenn es natürlich nicht unerwartet kommt. Ich mag die etwas nüchterne Beschreibung des oberen Stockwerks; dadurch, dass du etwas oberflächlich bleibst und dich vorwiegend dem Aufbau dort widmest, wirkt es auf mich fast eindrucksvoller, weil man selbst schlussfolgert, was da oben abgeht. Ryous Reaktion gefällt mir daher auch. Natürlich ist das eine beklemmende Situation und natürlich darf er es da mit der Angst zu tun bekommen, aber letztlich ergießt er sich trotzdem nicht in Selbstmitleid. Ich glaube manchmal, dass solche Dinge, die man nicht tut, wesentlich schwieriger zu entdecken und wertzuschätzen sind, aber gleichzeitig gefällt mir eben diese unaufdringliche Art, wie Ryou trotz allem Mut und Stärke in seiner prekären Situation beweist, ohne dass du es (bisher?) noch extra betonen und herausstellen brauchst. Es fügt sich einfach gut in Ryous Charakter ein.
Und ich kann mir nicht helfen, aber Yuugis Beschreibung in diesem Kapitel finde ich von allem, was ich bisher in dieser Geschichte zu lesen bekommen habe, am fürchterlichsten. Ich meine, es ist Yuugi, unser etwas naiver, lieber Sonnenschein. Und hier ist er so dermaßen irgendwohin abgestürzt, dass es echt erschreckend ist. Die Gründe dafür würden mich wie so oft sehr interessieren, vor allem hab ich aber auch etwas Sorge davor, was du noch mit ihm anstellen magst, das klingt bisher nämlich alles andere als vielversprechend, herrje |D" Kein Wunder, dass Jonouchi da so heftig reagiert.
Was mich ein bisschen verwirrt hat, war zum Ende hin die Kiste mit dem Sonnenaufgang. So selten ist es doch gar nicht, dass man den sieht? Oder meinst du hier mehr die Aussicht von einem hohen Punkt aus, wieeben auf dem Dach, auf das Ryou will? Letzteres ist in Großstädten ja tatsächlich etwas schwieriger, aber sonst kann ich mir grad nicht so recht nen Reim drauf machen xD
Oh und nur noch eine Kleinigkeit:
„Einen Blick auf den Sonnenuntergang werfen?“
Der Sonnenaufgang dürfte gemeint sein.

Diesmal fällt es nicht ganz so kritisch aus, wie du siehst. Aber ich seh auch gar nicht ein, weshalb ich auf Teufel-komm-raus auf Dingen herum hacken sollte, wenn dieses Kapitel einfach ne ganze Reihe von Zeug hat, das mir unheimlich gut gefällt >~<
Von:  -Entchen
2014-01-25T08:02:30+00:00 25.01.2014 09:02
Endlich gelesen! Ein tolles Kapitel. Ich war die gesamte Zeit an Ryous Seite und meinte fast ab und an die Nase rümpfen zu müssen (wegen des schmuddeligen Ambientes). Ich finde es ist positiv auffällig, dass du etwas weniger stark Kleinigkeiten beschreibst. In diesem Kapitel passte der Anteil an Beschreibung der Umgebung mit Gesagtem und Gefühlen sehr gut zusammen, klasse!:)
Freue mich auf das nächste <3
Antwort von:  MadameFleurie
25.01.2014 11:03
Kyah! danke für den kommentar :3
Ja, anscheinend scheint sich das geschriebene mit dem beschriebenen langsam einzuspielen.
Von:  Arya-Gendry
2013-12-22T16:19:50+00:00 22.12.2013 17:19
Hi^^
Wieder eine gutes Kapitel. ;)
Und cool das es weiter geht.
Ryou hat es echt nicht so einfach. Ich bin mal gespannt ob er sich an die Arbeit gewöhnen wird. Und was sonst noch so passiert.
Schreib schnell weiter. ;)
Lg
Antwort von:  MadameFleurie
22.12.2013 23:54
Hallo Bakuramalik,

auf dich ist wirklich immer verlass! Vielen Dank für deinen raschen Kommentar :]


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