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Sie hat Cupcakes mitgebracht

von

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Er hat einen Kuchen

Effie warf der smaragdgrünen Tür einen unsicheren Blick zu, bevor sie sich wieder ihrem eigentlichen Problem zuwandte. Einem Problem, das den Kopf gerade nicht in der Punschschüssel, sondern viel mehr in der Kühlkammer ihres Gastgebers, Plutarch Heavensbee, hatte. Was mindestens genauso schlimm war, wenn nicht sogar noch schlimmer.

„Haymitch, du kannst doch nicht einfach-“, begann sie, aber er fiel ihr wie so oft einfach ins Wort. „Ich kann“, behauptete er und zog triumphierend eine große Schokoladentorte aus Plutarchs Vorräten hervor. „Ich habe gestern Nachmittag am Bahnhof zuletzt gegessen. Ich habe Hunger und es ist ja nicht so als würde er dieses Teil ernstlich vermissen.“

Effie sog scharf die Luft ein, aber wie immer schien es Haymitch gar nicht zu interessieren. Völlig unbeeindruckt stolzierte er mitsamt der Torte zu der ebenfalls grünen Anrichte, um in ihren Schubladen nach einer Kuchengabel zu suchen.

Was er fand war keine Kuchengabel. Es war eine grasgrüne Salatgabel, aber scheinbar war sie ihm Kuchengabel genug, denn nun richtete sich sein Augenmerk spontan auf den giftgrünen Tisch in der Mitte des Raumes.
 

„Oh nein, nein, nein!“, entfuhr es Effie, bevor sie ihm eilig über die olivgrünen Fliesen zum Tisch nachrannte. „Du wirst Plutarchs Torte nicht mit einer Salatgabel essen! Hörst du? Was wenn Jemand reinkommt? Was soll der denn denken?“

„Es wird niemand reinkommen und wenn doch wird er denken, dass ich hungrig bin und jetzt lass mich“, knurrte Haymitch sie an, nur um samt Torte und Gabel auf einen der Küchenstühle zu fallen.

„Bitte“, verlegte sich Effie aufs Betteln, musste aber tatenlos mit ansehen wie die Gabel die Schokoladenglasur von Plutarchs Kuchen eindrückte und schon kurz darauf in Haymitchs Mund verschwand.

„Der ist gut“, wagte er es auch noch zu verkünden und erinnerte Effie damit spontan daran, dass sie mindestens genauso hungrig war wie er. Wie hätte sie auch wissen können, dass die Neueröffnung zwar viel Alkohol, aber keine Appetithäppchen beinhaltete?

Haymitch schmatzte und ihr lief gegen ihren Willen das Wasser im Mund zusammen. Sie würde mindestens noch zwei Stunden bleiben müssen um nicht unhöflich zu wirken und ihr Magen hing ihr jetzt schon in den Kniekehlen. Ach, wie gerne hätte sie auch so ein kleines -

Nein! Nein, das war Plutarchs Kuchen! Nicht ihrer und schon gar nicht Haymitchs. Auch wenn er sich gerade genüsslich einen weiteren Löffel voll in den Mund schob.

„Du hättest ihn wenigstens vorher fragen können“, murmelte Effie, den Löffel genau im Auge behaltend, „ und du hättest eine Kuchengabel nehmen können.“

Haymitch hielt im Essen inne.

„Ist das keine?“, fragte er sie mit einem skeptischen Blick auf das ziemlich schokoladige Essgerät. Wollte er sie ärgern oder hatte er ihr wirklich nicht zugehört?

Effie war sich nicht sicher, darum zog sie es vor stumm den Kopf zu schütteln.
 

Als sie am Vortag stumm den Kopf geschüttelt hatte, hatte er sehr sonderbar reagiert. Er hatte ihr angeboten mit ihr auf diese Feier zu gehen und das nur weil – Nein, eigentlich wusste sie gar nicht wieso. Sie konnte nur spekulieren warum und sie glaubte, dass es sich um Mitleid handelte, das ihn dazu veranlasst hatte, dass alles zu tun. Mitleid das sie eigentlich nicht haben wollte, auch wenn es sie gefreut hatte, dass er so spontan angeboten hatte sie zu begleiten.

Langsam ließ sie sich auf dem giftgrünen Stuhl neben seinem sinken. Plutarch würde es nicht stören, wenn sie sich kurz setzte. Nicht so sehr wie es ihn stören würde, dass Haymitch seine Salatgabel in einen Kuchen gesteckt hatte, den er aus seiner Kühlkammer gestohlen hatte.

Effie seufzte schwer.

Sie musste zugeben, sie hatte es irgendwie geahnt. Haymitch hasste Kapitolsfeierlichkeiten einfach zu sehr um sich zu benehmen.

Und hatte sie ihn nicht gerade deshalb mitgenommen? Damit er dafür sorgte, dass sie sich weniger einsam fühlte und ihn nicht wieder so vermisste, wie sie es getan hatte, bevor – Effie erinnerte sich an die Aktion mit dem Fenster und presste die Lippen zu einem Strich zusammen.

Das war so unmöglich von ihm gewesen. So, so typisch – So, Haymitch eben.
 

„Schau nicht so. Es ist nur ein Kuchen“, riss er sie aus ihren Erinnerungen und Effie kam nicht umhin einen weiteren vorsichtigen Blick auf die smaragdgrüne Tür zu werfen. Wenn bloß keiner der anderen Gäste jetzt seinen Weg zu ihnen in die Küche fand.

Diese Schmach würde sie sicher nicht ertragen.

„Du solltest auch einen Bissen nehmen“, hörte sie Haymitch feststellen und Effie schüttelte erneut den Kopf. Sie konnte das nicht. Sie konnte einfach nicht Plutarch um seinen Kuchen bringen.

Das war mehr als unhöflich. Das war schlimmer.

Das war schlicht und einfach falsch!

Ein Grinsen erschien auf Haymitchs Zügen, während er ihr die Gabel mit einem Stück Kuchen darauf entgegenstreckte. „Er ist gut“, versicherte er noch einmal und Effie konnte ihren Magen knurren hören.

Tat Haymitch wahrscheinlich auch und genau deshalb freute er sich auch so. Er wusste das sie auf verlorenem Posten kämpfte, wusste das sie hungrig war, der Kuchen gut roch und das sie nur zu gerne...

Erneut schielte sie in Richtung Tür. Wenn sie den Bissen nicht nahm, dann würde er in Haymitchs Magen landen und damit wäre Plutarch auch nicht geholfen, oder? Und wenn sie niemand sah -

Es war doch nur ein kleines Stück.

Ein ganz Kleines.

Von einer Salatgabel.
 

Zögerlich lehnte sie sich der Gabel entgegen. So richtig konnte sie ja nicht glauben, dass sie das wirklich tat. Das sie Haymitch gewinnen ließ. Entgegen ihrer Erziehung und entgegen ihrer Überzeugung...

Aber sie hatte Hunger und der Kuchen sah wirklich lecker aus.

Vorsichtig schloss sie die Lippen um die Gabel und genoss die plötzliche Süße. Gott, der Kuchen war ja wirklich gut. Beinahe schon zu gut.

Haymitch grinste wenn möglich noch breiter.

„Weißt du“, hörte sie ihn schnurren, „In Situationen wie dieser denke ich immer, dass bei dir vielleicht doch noch nicht Hopfen und Malz verloren sind.“

Lächelnd zog Effie ihm die Gabel aus der Hand.

Vielleicht hatte er recht. Vielleicht färbte aber auch sein unmögliches Verhalten langsam auf sie ab. Sie wusste es nicht. Sie wusste nur, dass Haymitch sich diebisch darüber freute und vielleicht war genau das der Grund, warum sie beherzt aufsprang, ihm die Lippen auf die Wange drückte und verkündete:

„Den Rest des Kuchens essen wir aber mit einer Kuchengabel.“



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