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Ein Lied des ersten Rabenflugs

TR x HP
von

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† Neujahr †

Seine Gedanken erwachten aus einem langen Traum voller Dunkelheit. Etwas Warmes hob ihn hoch in die kalte Luft, die nach Medizin und Metall roch. Er war nackt, nass und klein. Er war schutzlos und schwach. Sollte das so sein? War er nicht immer schon so hilflos gewesen?
 

„Es ist fast eine Stunde vergangen, aber er regt sich nicht. Bist du sicher, dass er noch atmet?“
 

Er erinnerte sich an einen einsamen Ort, einen Stuhl, grüne Augen und seine Unfähigkeit sich zu bewegen.
 

„Ja. Was ist mit seiner Mutter?“
 

Nein. Das war ein Traum. Denn er erinnerte sich auch, dass er kurz vor dem Sterben lag – liegen sollte – aber das konnte nicht sein, denn er war am Leben.
 

„Sie ist eingeschlafen. Ihre Atmung ist etwas unregelmäßig und ihr Puls ist schwach, trotzdem de –“
 

Jemand hustete, wand sich umher, versuchte nach Luft zu schnappen. Es waren sehr vertraute Geräusche, nur kamen sie diesmal nicht von ihm. Eine Weile hörte er fasziniert zu, bis schließlich Stille eintrat...
 

„Ist sie...?“
 

... und auch der Tod, welcher sein Innerstes kurz berührte, bevor dieser sich zurückzog und etwas anderes wegnahm. Wie seltsam, dachte er.
 

„Ja...“
 

Als er zum ersten – oder zum zweiten, zum dritten, zum abertausendsten – mal die Augen öffnete, sah er drei Frauen. Die Erste hielt ihn mit blutigen Händen und untersuchte ihn kritisch, während die Zweite respektvoll ein weißes Tuch über den toten Körper der Dritten legte.
 

„Tom Vorlost Riddle hat sie dich genannt“, sagte die Erste. „Vorlost – ein seltsamer Name, was dein Großvater da hat.“
 

„Sie sollten ihn lieber schnell waschen und warm halten, sonst wird er krank“, wurde die Erste von der Zweiten erinnert, die neben dem  Totenbett stand.
 

„Das sollte ich. Geh du zu Mr Brenton und sage ihm, er solle sich um ihre Leiche kümmern.“
 

Die Zweite nickte und huschte aus dem Zimmer. Die Schritte hallten durch das Haus. Ein Seufzen erklang.
 

„Dass du überlebt hast, ist ein Wunder“, murmelte die Erste. „Wärst du nur nicht so still, dann könnte ich deine Geburt als gutes Omen  deuten...“ Er wurde gegen ihre warme Brust gedrückt und sie verließ mit ihm in den Armen nun ebenfalls das Zimmer.
 

Der nächste Raum war eine langgestreckte Halle. Sie war spärlich beleuchtet und weitaus kälter, als der Raum mit der Toten. Am anderen Ende kam ein alter, buckliger Mann die Steintreppe hinunter und humpelte auf sie zu. Die müden Augen des anderen streiften seine eigenen.
 

„Gerade jetzt, wenn es mit der Nahrungsversorgung heikel wird“, sagte der Mann zu sich selbst, dann sah er auf. „Das arme Mädchen ist also  gestorben?“
 

„Ja, Mr Brenton.“
 

„Kein Wunder. Wandert alleine bei diesem eisigen Wind durch den hohen  Schnee, hochschwanger – und nun sind wir ein Bewohner mehr. Gott  helfe uns, dass wir genug haben, um alle gierigen Mägen im Haus zu sättigen.“
 

Der Mann lief an sie vorbei und die Erste brachte Tom in das Badezimmer. Wärme, Wasser und Seifenschaum berührten seinen schutzlosen Körper. Er sah nur kurz auf die winzigen Seifenblasen, dann sah er hoch in das Gesicht der Frau, die neugierig zurückblickte. Ihr Gesicht war das einer Fremden, und doch war es ihm bekannt. Das war vorerst aber nicht so wichtig.

Als die Erste ihn trocknete und in ein frisches, aber löchriges Tuch einwickelte, öffnete er seinen zahnlosen Mund, um nach Nahrung zu fragen, aber seine Stimme war noch nicht bereit, richtige Wörter zu formulieren, also schloss er seinen Mund wieder. Die Frau schien allerdings intelligent genug, ihn zu verstehen.
 

„Du willst bestimmt Milch.“
 

Er wurde wieder hoch gehoben und warm umarmt. Sie verließen das Badezimmer, durchquerten die Halle und betraten eine Küche. Dort hing eine Wanduhr, deren Sekunden laut tickten, viel zu laut, um ihre Geräusche ignorieren zu können.
 

„Halb zwei“, flüsterte die Frau. „Das neue Jahr hat schon längst begonnen. Nichts hat sich verändert.“ 
 

Tom gab ihr recht.
 

Doch sie beide täuschten sich, denn bald würde ein fünfjähriger Junge mit rabenschwarzen Haaren und grünen Augen an der Tür klopfen. Die  Helferin von Mr Brenton, die sich um Tom kümmerte, würde einem gewissen Harry Potter Einlass gewähren, und nicht nur dessen Füße  würden über die Türschwelle treten sondern auch etwas, das nicht  sein sollte.
 

Noch nicht.



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