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Durchgeknallte Traumsequenzen

(was mein Hirn alles so fabriziert?)
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Die "Anderen Träume" bunkere ich eigentlich an meinem PC, weil ich der Meinung bin, dass sie nichts für die Öffentlichkeit sind, weil sie viel zu privat sind. Deshalb habe ich mal einige Taugliche umgeschrieben, um nicht zu viel von mir preiszugeben. Somit kann ich euch eine weitere Traum-Sequenz aus den tiefen meiner fantasiereichen Seele präsentieren.

Viel Spaß beim Lesen!

Eure Lunata79 Komplett anzeigen

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Anderer Traum 1 (Indirekter Kampf um Seto Kaiba´s Liebe)

Ich, Olivia Jelen, 37 Jahre alt, besuche einen Kurs vom AMS und habe gerade Pause. Im Aufenthaltsraum entdecke ich Seto Kaiba und Joey Wheeler, die auf Bänken sitzen. Ich erkenne beide sofort, setze mich aber abseits von ihnen, damit ich ihnen den Rücken kehre. Seto Kaiba würde sich ohnehin nie für eine, wie mich interessieren. Ich bin zwar eine erwachsene Frau, kleide mich aber nicht entsprechend, um meine Kurven zu betonen. Ich sitze jetzt nämlich auch mit Jeans und Kapuzenpulli hier. Und schön bin ich auch nicht gerade.
 

Da mir etwas langweilig ist, drehe ich mich irgendwann doch zu ihnen um und sitze seitlich auf dem Stuhl, der an einem Tisch steht. So kann ich beobachten, wie der sitzende Joey Wheeler, etwa zwei Meter entfernt, ebenfalls an einem Tisch sitzend, dem neben ihm stehenden Seto Kaiba einen Riegel in die Hand drückt. Zweiterer betrachtet skeptisch den Riegel, packt ihn aus und beißt hinein. Während er kaut, scheint er meinen Blick wahrzunehmen und erwidert ihn für einen Moment. Doch dann geht hinter mir vorbei und spuckt den Inhalt in seinem Mund in den Mülleimer, ehe er sich beschwert:
 

„Wheeler, dieser Riegel schmeckt abscheulich.“
 

Seine Stimme ist gefühllos kalt. Dabei hat er zuvor noch nicht einmal den Eindruck vermittelt, dass ihm der Riegel nicht schmeckt. Aber der Riegel sieht von der Verpackung her auch nicht gerade für mich ansprechend aus. Also will ich mal nicht so sein, erhebe mich vom Stuhl, marschiere auf den Süßigkeiten-Automaten zu, der rechtsseitig vom Eingang an der Wand steht, und kaufe zwei Mars-Riegel. Einen für ihn und einen für mich. Als ich zurück zu meinem Stuhl gehe, bleibe ich vor ihm stehen, da er mich beobachtet haben dürfte, und halte ihm stumm einen Mars-Riegel entgegen. Er sieht mich ebenfalls stumm an, ehe sein Blick auf den Mars-Riegel fällt.
 

„Ich weiß gar nicht, was du hast, Kaiba. Die Riegel schmecken echt klasse.“ ertönt da die Stimme von Joey Wheeler, der uns beiden seinen Rücken zugekehrt hat.
 

Seto Kaiba antwortet ihm aber nicht, sondern greift zögerlich nach dem Mars-Riegel. Sein Blick dabei ist einfach nur herrlich anzusehen. Wie ein kleiner Junge, der nicht glauben kann, dass er etwas geschenkt bekommt. Einfach zu süß. Das bringt mich dazu, ein Lächeln auf meine Lippen zu legen. Sein Blick springt vom Mars-Riegel zu meinen Augen und wieder zurück. Ich warte geduldig ab, bis er den Mars-Riegel zögernd aus meiner Hand entnimmt. Ich weiß, dass ich von ihm kein ‚Danke‘ zu erwarten habe. Darum wende ich mich ab und setze mich wieder auf meinen Stuhl.
 

„Danke.“ höre ich dann allerdings doch leise das Wort, mit dem ich nicht gerechnet habe und drehe mich in seine Richtung, damit ich ihn ansehen kann.
 

Sein Blick in meine Augen trifft mich überraschend. Wahrscheinlich ist er es gewohnt, von Frauen angekreischt zu werden, weil sie auf ihn fliegen. Aber, ich bin anders. Das scheint er nun auch zu bemerken.
 

Da er den Mars-Riegel noch immer in seinen Händen hält, mache ich mich daran, meinen eigenen zu öffnen und in den Riegel zu beißen. Ich lecke mir dabei über meine Oberlippe, da Karamell dort hängengeblieben ist. Seine Augen werden eine Spur größer, warum auch immer. Ich fühle mich von ihm beobachtet, obwohl ich ihn doch eigentlich beobachte.
 

Jetzt öffnet auch er seinen Mars-Riegel und beißt hinein. Scheint darauf zu vertrauen, dass er schmeckt, weil ich ihn ebenfalls esse. Ich kann diesmal an seiner Mimik erkennen, dass er erstaunt ist, über den Geschmack. Darüber kann ich wieder nur Lächeln. Also verspeisen wir die Mars-Riegel, während wir uns gegenseitig beobachten. Ich vermute, dass er mich nicht einzuschätzen weiß. Ich hab´ ja auch noch kein Wort verloren. Vielleicht weiß er mich ja auch nur nicht als Frau zu identifizieren. Aber, das ist mir ohnehin gleichgültig. Er könnte sich ohnehin nie für eine wie mich interessieren.
 

Nachdem ich den Mars-Riegel aufgegessen habe, werfe ich einen Blick auf die Uhr und stelle fest, dass meine Pause ohnehin gleich zu Ende ist. Ich erhebe mich deshalb von meinem Stuhl, wende mich von ihm ab, während ich einen Arm zum Abschied hebe und anschließend meine Hände in die Kapuzenpulli-Taschen stecke, um zurück in den Kursraum zu gehen. Diese Gesten zum Abschied habe ich schließlich schon oft genug in Animes gesehen. Nur, dass sie eben von den männlichen Charakteren ausgeführt wurden. Aber, was macht das schon für einen Unterschied. Ich verhalte und ziehe mich ohnehin mehr männlich an, als weiblich. Aber traurig bin ich darüber schon. Klar, ich liebe ihn schon seit Urzeiten. Um genau zu sein, schon seit mehr als 8 Jahren. Aber, was ändert das schon. Er hat sicher bestimmte Vorstellungen von seiner Traumfrau, mit seinen mittlerweile 42 Jahren. Und in die Kategorie passe ich bestimmt nicht hinein.
 

***
 

Am nächsten Tag hoffe ich, wieder auf ihn zu treffen und suche daher den Aufenthaltsraum auf. Ich habe Glück. Doch Joey Wheeler ist diesmal nicht dabei. Er ist alleine hier, steht beim Fenster angelehnt, mit verschränkten Armen, um sich alle fernzuhalten. Zwei hübsche Frauen stehen vor ihm, die ihn unbedingt um ein Autogramm anbetteln. Ich brauche kein Autogramm, um zu wissen, dass ich ihn liebe. Doch meine Liebe wird ewig unerwidert bleiben. Ich habe keine Hoffnung.
 

Die Frauen ziehen frustriert ab, weil er sie zu ignorieren scheint. Sein Blick verändert sich, als er mich erblickt. Ich gehe an den Getränkeautomaten neben dem Fenster und ziehe mir eine Mineralwasserflasche. Ich fühle mich von ihm beobachtet, während ich sie öffne und einen Schluck trinke. Ich erwidere seinen Blick ruhig, während ich das Gefühl bekomme, in seinen Augen zu versinken. Der Blickkontakt hält lange an, bis ich Trubel aus dem Gang vernehme. Ich ahne, dass einige im Gebäude den Wink erhalten haben, dass er sich im Gebäude aufhält. Na, toll.
 

Ich marschiere zum Ausgang des Aufenthaltsraums, als ich angesprochen werde:
 

„Hast du gehört? Seto Kaiba soll hier sein. … Du weißt nicht zufällig, wo er sich aufhält?“
 

„Ich hab´ ihn gesehen.“, antworte ich, „Er ist die Treppe rauf.“ lüge ich.
 

Als sie unterwegs sind, um die Treppen hinaufzueilen, werfe ich einen Blick zu ihm zurück und muss einfach Lächeln. Ich habe für ihn gelogen. Jetzt wird er auf jeden Fall eine Weile seine Ruhe haben. Wer weiß, ob er später immer noch hier ist. Ich werfe auf jeden Fall mal einen Blick auf meine Uhr und seufze. Meine Pause ist schon wieder vorbei. Ich winke ihm zum Abschied und eile den Gang hinaus.
 

***
 

Am nächsten Tag, in der Pause, ist mein Ziel wieder der Aufenthaltsraum. Diesmal ist er nicht da, was mich irgendwie traurig stimmt. Ich mochte seine Anwesenheit recht gerne, auch, wenn wir nicht miteinander gesprochen haben. Worüber sollten wir uns auch unterhalten? Wir kennen uns im Grunde gar nicht. Aber jetzt zu wissen, dass er nicht da ist, macht sich eine Leere in mir breit. Eine Leere, die nur seine Präsenz zu füllen vermocht hat. Ich gehe ans Fenster, blicke hinaus auf die Straße, und kann nicht glauben, dass er gestern noch hier gestanden hat. Ich fühle mich so verdammt leer, wenn er nicht da ist.
 

Plötzlich ist mir, als stände er direkt hinter mir. Und ich erzittere, als ich einen warmen Hauch in meinem Nacken fühlen kann. Das ist jetzt nicht wahr, oder? Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir das nicht nur einbilde, oder nicht. Dennoch wage ich nicht, mich umzudrehen und nachzusehen. Dann kommt mir allerdings in den Sinn, dass ich eigentlich sein Spiegelbild am Fenster sehen können müsste und hebe meinen Blick. Er steht tatsächlich hinter mir. Scheint aber nicht zu wissen, was er hier eigentlich will. Sein Blick ist auf meinen Kopf gerichtet. Er hat also noch nicht mitbekommen, dass ich weiß, dass er hinter mir steht. Es ist aber schön, zu wissen, dass er da ist. Ich schließe meine Augen, um seine Nähe zu genießen und das Gefühl, der Wärme, die er ausstrahlt.
 

Dann spüre ich allerdings, wie sich seine Wärme entfernt. Schnell drehe ich mich um, und will ihn aufhalten, doch er ist schon gar nicht mehr zu sehen. Das erste Mal, seit langem, habe ich das Gefühl, dass mein Herz bricht. Denn es wirkte wie ein Abschied. Ich balle daher meine Hände zu Fäusten, während meine Augen brennen und sich erste Tränen lösen. Ich bin zwar gerührt, dass er sich verabschieden wollte und deshalb extra gekommen ist, dennoch ist mein Schmerz nun einfach zu groß. Ich werde ihn vielleicht nie wiedersehen. Vielleicht wäre es besser gewesen, ihn niemals gesehen oder getroffen zu haben.
 

Ich lasse mich zu Boden sinken, umschlinge meine Beine und schluchze. Drei Tage war er hier. Drei Tage, in denen ich seine Gesellschaft genießen durfte. Doch der dritte Tag war nur der Abschied von mir. Ich wische mir entschieden die Tränen aus dem Gesicht und erhebe mich. Was soll´s. Es hat sich eben nichts geändert. Alles ist so, wie es war. Nur die Erinnerung an ihn bleibt. Ich passe ohnehin nicht zu ihm. Was sollte er schon mit einer wie mir anfangen? Es war aber trotzdem schön, ihn getroffen zu haben.
 

Ich werfe einen letzten Blick aus dem Fenster, als ich eine zusammengerollte Nachricht auf dem Fensterbrett auf der rechten Seite entdecke. Hat er die dorthin gelegt? Ich lasse Revue passieren, wohin ich gesehen habe, ehe ich merkte, dass er hinter mir verschwand. Und mir wird klar, dass es mir vollkommen entgangen ist, dass er etwas hier abgelegt haben könnte. Neugierig nehme ich die Nachricht an mich und streife das Band darum ab, um sie zu entrollen.
 

Meine Augen weiten sich, als ich lese, dass es sich da um eine Einladung zu einem Ball, ausgerichtet von Seto Kaiba, handelt. Meines Wissens bekommen nur Auserwählte eine Einladung zu diesem Ball. Mein Problem ist jetzt nur, dass ich kein Ballkleid habe und mich darin ohnehin nicht wohlfühlen würde. Aber, ich muss zu diesem Ball, wenn ich ihn wiedersehen will. Dieser Ball dient nämlich zur Auswahl seiner Angebeteten. Ich bezweifle allerdings, dass ich es überhaupt in die engere Wahl schaffen würde. Trotzdem ist jetzt kleinbeigeben nicht das Ziel. Also muss ich mir ein Ballkleid besorgen. Denn, der Ball findet bereits in drei Tagen statt.
 

Nachdem der Kurs sein Ende am heutigen Tag gefunden hat, gehe ich zuhause im Internet sämtliche Ballkleider durch, die in Frage kämen. Aber die meisten sind einfach zu teuer und die Lieferzeit dauert zu lang. Da kommt mir in den Sinn, dass ich mir vielleicht eins schneidern lassen könnte, das an meine Maße angepasst ist. Keines würde mir nämlich sonst wirklich gutstehen, wenn ich nur nach der Größe gehen würde. Deshalb durchsuche ich jetzt auch den Herold nach einer nahgelegenen Schneiderei. Als ich eine gefunden habe, mache ich mich sofort auf den Weg, weil das Nähen auch seine Zeit braucht.
 

Bei der Schneiderei teile ich sofort mein Belangen mit und mir werden die unterschiedlichsten Stoffe gezeigt. Nein, das Kleid darf nicht irgendeine Farbe besitzen. Ich habe da auch schon eine Vorstellung und frage die Schneiderin:
 

„Kennen Sie die Duell-Monsters-Karte ‚Der weiße Drache mit eiskaltem Blick‘? … Das Kleid soll diesem Drachen nachempfunden sein.“
 

Sie strahlt mich begeistert an.
 

„Das ist die perfekte Herausforderung für mich.“ meint sie dann, als sie sich die Stoffe zusammensucht.
 

„Und Sie sind sicher, dass Sie das in drei Tagen schaffen? … Ich brauche es bereits am Samstag um 18 Uhr.“
 

Sie nickt nur eifrig und macht sich daran, die Maße von mir zu nehmen.
 

„Ich verspreche Ihnen, Sie werden ein Blickfang sein.“ meint sie euphorisch.
 

Ich bin sehr dankbar, dass sie sich meiner annimmt. Sie hat mir auch einen ganz annehmbaren Preis genannt, wenn auch ein recht hoher. Aber dafür, dass dieses Kleid Seto Kaiba gefallen soll, ist mir nichts zu teuer, solange es mein Budget zulässt.
 

***
 

Am Tag des Balls sehe ich zum ersten Mal wie eine richtige Frau aus. Die Schneiderin hat mir nicht zu viel versprochen. Das Kleid ist wirklich ein Traum. Sie hat es tatsächlich zustande gebracht, das Kleid in Schuppenform darzustellen. Dezent aber sichtbar. Und es glitzert wirklich überall. Sogar einen Umhang hat sie angenäht, der von meinen Schultern abgeht und ein wenig über den Boden schleift, genau wie das Kleid hinten. Vorne hat es genau die richtige Länge, sodass man gerade mal meine Füße erahnen kann. Auch ersichtliche Flügel hat sie angenäht, die nach unten geklappt sind, damit man sich etwas überziehen kann, sodass man sogar glauben könnte, ich wäre ein Drachenengel oder so.
 

Und sie hat mir sogar passende Schuhe besorgt, die perfekt zum Kleid passen. Sie haben mich nur einen kleinen Aufpreis gekostet. Nur, was ich mit meinen Haaren machen soll, weiß ich noch nicht. Die Schneiderin hat mir, damit ich wie eine Prinzessin aussehe, eine Tiara mitgegeben. Aber, nur mit offenen Haaren kommt diese wirklich zur Geltung. Deshalb lasse ich meine Haare auch offen und mache mich mit einem passenden Handtäschchen auch schon auf den Weg. Die Einladung befindet sich ebenfalls darin.
 

Ich hoffe, ich hab´ alles richtig befolgt. Die Schneiderin hat mir nämlich Tipps gegeben, wie ich mich ins Kleid stecken soll, damit es perfekt aussieht. Ich hoffe nur, dass meine Brüste richtig platziert sind, weil sie doch etwas groß sind und deshalb auch sehr auffällig.
 

Ich steige also ins wartende Taxi, das ich vor einer halben Stunde bestellt habe, während ich meine Kinder mit meiner Mutter alleingelassen habe, und sage ihm die Adresse an. Er weiß sofort, dass ich wohl eine Auserwählte für den Ball bin. Der Taxifahrer meint sogar:
 

„Seto Kaiba werden die Augen rausfallen, wenn er Sie sieht.“
 

Peinlich berührt brennen meine Wangen. Ich bin nicht sonderlich hübsch. Das weiß ich. Darum bin ich nicht sicher, ob ich die Aussage des Taxifahrers so ernst nehmen sollte.
 

Also fährt er an und … wir stecken in einem Stau. Auch das noch.
 

„Keine Sorge, Miss. Der Ball beginnt ja erst in einer Viertelstunde.“ meint der Taxifahrer.
 

Oh, ja, toll. Eh erst in einer Viertelstunde. Und wie lange brauchen wir dorthin, wenn das Fahrtempo anhält?
 

Mit viel Glück schaffe ich es, eine Minute vor 18 Uhr die Tore des Schlosses zu betreten, wo der Ball stattfindet. Ich zeige meine Einladung her und werde weiterdirigiert ins Innere eines großen Saales direkt vor mir.
 

Als ich den Saal betrete, weiten sich meine Augen. Oh, mein Gott. Das sind ja mindestens über 100 Frauen, jeweils mindestens 50 links und 50 rechts, die den Weg zur Bühne zieren. Seto Kaiba konnte sich wohl nicht so wirklich entscheiden, wer die Richtige für ihn ist. Unentschlossen blicke ich nach links und nach rechts. Wieso kommt es mir so vor, als wäre ich eine zu viel?
 

Die Frauen neigen dazu, keinen Verstand aufzuzeigen. Sie stehen bereits viel zu nah bei den Doppeltüren. Wo soll ich mich also hinstellen? Ich kann nur den Kopf schütteln, als ich ihn dann kommen sehe. Er trägt einen lichtblauen Anzug, weißes Hemd und hellblaue Krawatte. Wusste ich´s doch. Und die meisten Damen sind recht farbig eingekleidet. Er sieht verdammt gut aus, während er nun in der Mitte, auf dem roten seitlich bemusterten Teppich, entlang schreitet.
 

Mit einem Grinsen im Gesicht verschränke ich meine Arme und warte darauf, bis er mich bemerkt. Ob er mich in dem Kleid überhaupt wiedererkennt? Ich mache auch extra einige Schritte weiter, damit er mich um den Haufen rennen muss, um alle Gesichter anzusehen. Er kennt mich ja auch nur mit zusammengebundenen Haaren, zu einem Pferdeschwanz. Ich bezweifle also stark, dass er mich so wiedererkennen kann. Aber, er hat mir eine Chance eingeräumt, sich ihm zu beweisen. Das ist doch schon was.
 

Als er merkt, dass ihm der Weg versperrt wird, blickt er mir direkt ins Gesicht. Er hebt skeptisch eine Augenbraue an und erwähnt:
 

„Ich sagte, in zwei Reihen aufstellen. Links und rechts des Teppichs.“
 

Ich schwenke meinen Blick nach links, nach rechts, zucke mit meinen Schultern, löse meine Verschränkung und schiebe die linke Schlange an Frauen an, sodass die vordersten zwangsmäßig umgeschubst werden. Sofort wird sich von den Frauen beschwert, weil sie angeschubst wurden. Anschließend stelle ich mich wieder mit einem Grinsen neben die Letzte und verschränke abermals meine Arme, während ich ihm herausfordernd in die Augen blicke. Seine Augen blitzen kurz auf, ehe er mich mustert und sich mir wieder abwendet.
 

Nachdem sich die Beschwerden der Vorderen wiedereingestellt haben, stellen sie sich wieder auf und er befiehlt der anderen Schlange:
 

„Aufrücken.“
 

Die Frauen tun, was er sagt und ich frage mich, ob er wirklich so eine will, die alles tut, was er will, weil er sie einschüchtert.
 

Als er wieder vorne bei der Bühne steht, fordert er:
 

„Die ersten fünf jeder Reihe auf die Bühne. Und ihr aufrücken.“ deutet er den Wartenden, während er immer mal wieder zum Eingang blickt, als würde er auf jemand Bestimmtes warten.
 

Mein Gott ist er unfreundlich. Dem müssen wohl erst noch Manieren beigebracht werden, wie man mit einer Frau umgeht. Bei mir wird er sich da aber die Zähne ausbeißen. Denn ich habe meinen eigenen Kopf.
 

Ich kann leider nicht hören, was er von den 10 Frauen erwartet oder will, die nun auf der Bühne stehen, da ich zu weit entfernt bin. Aber eine zweite Person, die neben ihm hergeht, ist aufgetaucht und scheint sich alles zu notieren, was gesprochen wird und nebenbei wird auch geblitzt. Wahrscheinlich Fotoaufnahmen zu dem Notierten.
 

Es dauert eine ganze Weile, bis ich eine von den Letzten bin, die noch vor der Bühne warten muss. Endlich weiß ich auch, was er die Frauen ausfragt. Die Personalien, damit er zum Schluss weiß, für wen er sich entschieden hat. Bisher weiß ich nicht, ob ich ihm positiv oder negativ aufgefallen bin. Aber, ist das im Prinzip nicht egal? Er interessiert sich doch eh nicht für mich. Aber, andererseits, hätte er mir dann eine Einladung zurückgelassen? Bestimmt nicht. Er muss sich doch dabei etwas gedacht haben. Aber, wie will er mich in der Vielzahl wiedererkennen? Ich bilde mir schon wieder zu viel darauf ein. Warum sollte er ausgerechnet mich suchen? Er hat mich einfach als Kandidatin auserwählt unter Hundert oder mehr.
 

„Die Nächsten auf die Bühne.“ höre ich ihn da auch schon im Befehlston verlauten lassen.
 

Ohne ein ‚Bitte‘ kommt er bei mir nicht weit. Also verschränke ich meine Arme und blicke ihm mit einem scheinheiligen Lächeln entgegen, als er feststellt, dass nur acht auf der Bühne stehen und ich mich zu weigern scheine, die Bühne zu betreten. Gut, jetzt falle ich auf jeden Fall unangenehm auf. Ich tanze nämlich nicht nach seiner Pfeife, nur, weil es ihm gerade passt.
 

Er runzelt seine Stirn und wiederholt sich:
 

„Kommen Sie auf die Bühne.“
 

Ich tue so, als hätte ich ihn nicht gehört und blicke nun scheinheilig an die Decke. Mein Gott, wo hat er nur dieses ungehobelte Benehmen her? Und die Frauen haben sich das auch noch gefallen lassen. Ich blicke zu ihm und schüttle mitleidig den Kopf. Und so will er eine Frau für sich finden? Das ist echt erbärmlich.
 

„Bitte.“ erklingt dann leise, genauso leise, wie er mir einst gedankt hat, wobei er seinen Kopf gesenkt hält und scheinbar nicht wagt, mich anzusehen.
 

Ich horche auf und setze mich in Bewegung, die Bühne zu betreten. Ob er jetzt weiß, wer ich bin?
 

Er fragt jede nach ihren Personalien aus, und als er bei mir landet, schweigt er mich für eine ganze Weile an. Die Frauen vor mir können es ihm nicht einmal verdenken. Strapazier´ ich hier doch seinen Geduldsfaden und seine Nerven.
 

„Name, Geburtsdatum, Wohnadresse.“ leiert er resigniert herunter, während er mich nicht einmal ansieht, und irgendwie tut er mir leid.
 

Er musste das jetzt schon viele etliche Male durchziehen und die Auswahl ist noch nicht zu Ende. Zum Schluss soll ja immerhin nur noch eine übrigbleiben. Dennoch denke ich nicht daran, auch nur ein Wort zu verlieren. Stattdessen krame ich in meiner Handtasche nach meiner Visitenkarte, zupfe dem Mitschreiberling seinen Kugelschreiber aus der Hand und füge mein Geburtsdatum an. Anschließend drücke ich beides dem Schreiberling in die Hand zurück.
 

Seto Kaiba massiert sich, sichtlich angespannt, die Nasenwurzel, ehe er seinen Kopf schüttelt und kehrtmacht. Dann werde ich noch geblitzt.
 

„Gehen Sie jetzt, ‚bitte‘ von der Bühne. Der Balltanz beginnt dann gleich.“ betont er besonders das ‚Bitte‘ für mich, damit ich mich auch angesprochen fühle.
 

Ok, ich hab´s vergeigt. Wieso bin ich eigentlich noch hier? Wozu der ganze Aufwand, wenn doch alles umsonst war? Ich würde ihn am liebsten in den Wind schießen. Doch meine Liebe zu ihm hindert mich daran. Ich fühl mich hier so fehl am Platz. Und erst das Kleid. Das passt einfach nicht zu mir. Das bin doch gar nicht mehr ich. Aber, halt. Sprach er gerade etwas von Balltanz? Aber, ich kann doch gar nicht tanzen. Und von Tanzen stand auch gar nichts auf der Einladung. Muss ich etwa tanzen können, um bei ihm landen zu können? Oh, Weia. Das wird eine Katastrophe.
 

„Ich werde mit jeder von Ihnen tanzen, während in der Zwischenzeit meine Leute sich Ihnen annehmen, bis ich mit jeder einmal getanzt habe.“
 

Etliche Männer kommen nun hinzu, die sich jeweils einer Frau annehmen. Nur zögerlich marschiere ich die Treppen von der Bühne hinunter. Na, das kann ja heiter werden. Er wird merken, dass ich nicht tanzen kann und mich dann wegschicken. Und ich werde ihn dann wirklich nie wiedersehen. Als ich am Absatz der Treppe stehenbleibe, ertönt ein Walzer und die Frauen beginnen mit den dazu gekommenen Männern zu tanzen. Ich frage mich unwillkürlich, ob auf mich vergessen wurde. Plötzlich spüre ich eine Hand an meiner Schulter. Ich drehe meinen Kopf zur Seite und bemerke, dass ich wohl als erste ausscheiden soll, weshalb er mich als Erste wählt, zum Tanzen. Oder aber, ich stehe gerade so günstig da.
 

Seto Kaiba hält mir die Hand entgegen, um mich zum Tanzen aufzufordern. Als ich ihm direkt in die Augen blicke, drohe ich in seinen zu versinken. Deshalb senke ich meinen Blick und schüttle meinen Kopf. Stur verschränke ich dazu auch noch meine Arme, um ihm zu verdeutlichen, dass ich sicher nicht tanzen werde. Ihm scheint allerdings der Geduldsfaden zu reißen, denn er packt mich rücksichtslos am Unterarm, löst so meine Verschränkung und zerrt mich in die Mitte der Tanzenden. Als er anhält scheint er tatsächlich anzunehmen, dass ich mir das so einfach gefallen lasse. Aber, nicht mit mir. Er kann nett sein, das habe ich erlebt. Aber, dieses Benehmen werde ich von ihm bestimmt nicht dulden. Deshalb trete ich ihm, mit meinem rechten Absatz jetzt auch auf seinen linken Fuß. Seine Augen weiten sich und er presst seine Lippen zusammen, ehe ich ihm meinen Rücken zukehre und meine Arme verschränke, als wäre ich eingeschnappt.
 

Ich höre, wie von den anderen Frauen, über mich getuschelt wird. Doch, das ist mir egal. Da bin ich stur. Jetzt scheint´s ihm aber wirklich zu reichen. Er dreht mich ruckartig zu sich um, packt meine Hände, drückt mich fest an sich und beginnt mich unwillkürlich mit sich zu drehen. Ich komme mit meinen Füßen gar nicht richtig nach, so schnell, wie er mich herumwirbelt. Deshalb ist es jetzt nun auch egal, ob ich ihm in die Augen blicke. Da trete ich ihm bestimmt sogar noch öfter auf die Füße. Dann weiß er wenigstens, dass ich ihn grundsätzlich davor bewahren wollte.
 

Unser Blickkontakt sprüht Gift. Ganz eindeutig. Er sieht mich sauer an und ich blicke ebenso zurück, während ich drohe in seinen Augen zu versinken. Ich muss aber bei der Sache bleiben. Ich darf ihm nicht nachgeben. Sonst hat er über mich gewonnen. Aber, den Sieg überlasse ich ihm bestimmt nicht kampflos. Doch irgendwann schaffe ich es nicht mehr und senke meinen Blick, während er mich gekonnt führt, sodass ich gar keine Möglichkeit habe, ihm auf die Füße zu treten.
 

Ich bin enttäuscht. Zutiefst enttäuscht. Irgendwie … ich weiß auch nicht … habe ich mir mehr erwartet. Aber ich führe mit ihm einen stetigen Kampf. Doch, im nächsten Augenblick verlässt er mich auch schon, um mit einer anderen zu tanzen. Ich hätte wissen müssen, dass ich keine Chance habe.
 

Als sich einer der dazu gekommenen Männer mir annehmen will, winke ich ab. Mir ist gerade gar nicht gut. Vielleicht sollte ich gehen. Dies führt ohnehin zu nichts. Dann muss ich eben damit leben, ihn nie wieder zu sehen. Ich kann diesen Kampf nicht aufrechterhalten. Mir fehlt dazu im Moment einfach die Kraft. Aber, kann ich ihn wirklich einer dieser Frauen überlassen? Dieser Kampf ist so aussichtslos.
 

Ich atme mehrmals tief durch. Er wechselt gerade zur Nächsten. Nein. Wenn ich ihn will, muss ich auch um ihn kämpfen. Egal, mit welchen Mitteln. Nur wer auffällt kommt ans Ziel, ist hier die Devise. Wenn er gezwungen ist, mir seine meiste Aufmerksamkeit zu schenken, bleibe ich ihm auch besser im Gedächtnis.
 

Also fange ich an, den Frauen Seto Kaiba zu entführen, was ihm natürlich gar nicht passt, wenn ich ihn immerzu an mich reiße, sobald er zu wechseln versucht. Und ich pfusche ihm liebend gern in seinen Plan, selbst, wenn ich ihm nur in unangenehmer Erinnerung zurückbleibe. Ich überlasse ihn nicht kampflos irgendeiner dahergelaufenen Tusse. Und alle hier anwesenden Frauen sehen aufgetakelt aus, wie eine Tussi, die nur auf sein Geld aus ist. Wie könnte ich zulassen, dass er in sein Unglück rennt? Er mag noch so ein arroganter, eingebildeter und von sich überzeugter Arsch sein. Doch das, hat selbst er nicht verdient. Nicht, solange meine Liebe für ihn existiert.
 

Er wechselt und ich renne ihm nach, um ihn der Frau wegzuschnappen, während ich ihn finster ansehe. Ich weiß schon jetzt, dass dieser Ball kein schönes Ende nehmen wird, wenn ich ihm so ins Handwerk pfusche, aber er muss begreifen, dass sich die Welt nicht um ihn dreht. Und auch, wenn ich nicht tanzen kann, so leg´ ich´s jetzt darauf an. Beim nächsten Wechsel werde ich ihm klarmachen müssen, was Sache ist.
 

Und schon versucht er zu Wechseln. Aber diesmal bin ich schneller und greife ihn am Arm, ziehe ihn zu mir zurück. Aber, anders, als bei den letzten Entführungen seinerseits, ziehe ich ihn ganz nah an mich. Seine Augen weiten sich, als er meinen Körper an seinem spüren kann und er will zurückweichen. Da greife ich mir sein Gesicht und presse meine Lippen auf seine. Er hört zwar auf, sich zu wehren, jedoch hat er jeden Muskel versteift und rührt sich nun gar nicht mehr. Ich weiß, ich bin in seinen Augen dreist, zu wagen, was keine sonst wagen würde. Und zwar, ihn einfach zu küssen.
 

Doch unerwartet spüre ich einen Schmerz an meiner Seite, wie ich mein Gleichgewicht verliere und von ihm weggestoßen werde, sodass ich gezwungenermaßen seine Lippen verliere. Hart lande ich mit meinem Allerwertesten auf dem Fußboden. Als ich es wieder wage, meine Augen, auf Grund des Schmerzes, zu öffnen, sehe ich Seto Kaiba entsetzt auf mich hinabstarren, während eine blonde hochnäsige Schnepfe, vor mir stehend, zufrieden auf mich herabblickt und mich wütend anfunkelt, weil ich es gewagt habe, ihn zu küssen. Die Musik hat aufgehört zu spielen und alle noch Anwesenden starren auf die entstandene Situation, wie ich bemerke.
 

Was als nächstes passiert, erstaunt mich ehrlich.
 

„Verschwinden Sie! Verlassen Sie sofort diesen Ball!“ stiert er sauer diese blonde Schnepfe nieder.
 

„Aber, diese impertinente Person hat …“ gibt sie jetzt kleinlaut von sich.
 

„Raus! Sofort!“ zischt er ihr entgegen, duldet keine Widerworte.
 

Sie schnaubt frustriert auf und macht sich daran, eingeschnappt zu gehen.
 

„Noch jemand, der sich nicht im Zaum halten kann?“ erhebt er erneut, im ernsten Tonfall, mit kräftiger Stimme, dass es sogar leicht nachhallt.
 

Er blickt durch die Runde der Frauen. Und als alle unterwürfig ihre Köpfe senken, blickt er wieder zu mir. Ich sitze noch immer auf dem Boden und habe Probleme, mit dem Kleid, mich wieder auf die Beine zu begeben. Deshalb tritt er jetzt auch auf mich zu und reicht mir seine Hand. Verunsichert blicke ich ihm in die Augen, ehe ich seine dargebotene Hand ergreife, um mir von ihm, wieder auf die Beine helfen zu lassen. Mein fester Griff scheint ihn zu erstaunen. Sekundenlang blickt er mich mit großen Augen an. Und anschließend zögert er, meine Hand wieder loszulassen.
 

Dann klatscht er in die Hände, damit die Musik wieder zu spielen beginnt und der Balltanz fortgesetzt werden kann. Da tritt er auf mich zu und meint:
 

„Achten Sie wenigstens auf meine Schritte, wenn Sie schon nicht tanzen können.“
 

Ich glaub´, ich träume, als ich so etwas wie ein kleines Lächeln auf seinen Lippen entdecke. Prompt brennen meine Wangen.
 

Er streckt mir also seine Hand entgegen, die ich diesmal ohne weiteres annehme. Er macht sogar extra für mich, seine Schritte langsamer vor, damit ich meine Schritte besser nachvollziehen kann, während ich versuche seine Schritte verkehrt nachzuahmen. Wenn ich mich verheddere, oder über meine eigenen Füße zu stolpern drohe, liegt sofort stützend sein Arm um meine Taille, während er mich leicht anlächelt und dadurch meine Wangen zum Brennen bringt. Das liegt auch daran, weil er mich verdammt nervös macht. Er scheint sich aber die Zeit zu nehmen, bis ich es begriffen habe.
 

Und als dem endlich der Fall ist, lächle ich ihn erfreut an. Danach dreht er mit mir eine Ehrenrunde durch den Saal und ich habe das Gefühl über die Tanzfläche zu schweben. Und er wechselt diesmal auch nicht mehr, sondern tanzt die ganze Zeit über mit mir. Ich fühle mich die ganze Zeit über, einfach nur glücklich, wie schon lange nicht mehr. Mir entgeht aber auch nicht, wie seine Augen funkeln, weil ich die ganze Zeit strahle. Ob man mir das Glück ansehen kann, das ich empfinde?
 

Irgendwann stoppt er allerdings den Tanz mit mir, verbeugt sich leicht und meint zu mir:
 

„Entschuldigen Sie mich, bitte.“
 

Enttäuscht beobachte ich ihn, wie er wieder auf die Bühne geht und in die Hände klatscht. Abrupt hört die Musik auf zu spielen und auch die anderen Paare hören auf, sich zu drehen. Die dazu gekommenen Männer verbeugen sich vor den Frauen und ziehen sich zurück. Die Frauen treten nun auch näher zur Bühne, um nichts zu verpassen, was er zu sagen hat.
 

„Da ich mich davon überzeugen konnte, dass nun jede den Tanz beherrscht, …“, er wirft mir einen kurzen Blick zu und die anderen Frauen kichern, während verlegen meine Wangen zu brennen beginnen und ich meinen Kopf leicht senke, „… wird es Zeit, mich mit jeder von Ihnen zu unterhalten. Deshalb wird nun das Buffet eröffnet, damit Sie sich stärken können, während ich zu jeder von Ihnen kommen werde, um mich Ihnen für zehn Minuten zu widmen.“
 

Na, toll. Jetzt muss ich mich vermutlich stundenlang langweilen. Ich sehe mir die Frauen an, während sich Seto Kaiba zu der ersten begibt und ein Gespräch beginnt. Sie sind alle sehr hübsch, wenn auch dicklichere unter ihnen sind. Sie haben sich sogar in mehrere kleinere Grüppchen aufgeteilt und ich bin mal wieder der Außenseiter. Das ist ja so typisch. Ich hab´ ja ohnehin keine Chance. Obwohl er doch sehr lange mit mir getanzt hat. Vielleicht war er es auch einfach leid, immerzu von mir entführt zu werden, obwohl ich nicht tanzen konnte? Noch dazu weiß ich nicht, was er eigentlich davon gehalten hat, dass ich ihn einfach geküsst habe. Der Zwischenfall hat mir keinen Durchblick gewährt. Er hat nur das ungebührliche Verhalten dieser Tussi bestraft. Aber, mich hat er verschont. Somit stehe ich am Anfang und habe keine Ahnung, was er eigentlich von mir hält.
 

Ich fröstle ein wenig. Mir geht eindeutig die Wärme seiner Nähe ab. Erleide ich jetzt schon Entzugserscheinungen, nur, weil er nicht bei mir ist? Ich habe sogar das Gefühl, dass mein Herz wieder auskühlt, das er mir so sehr erwärmt hat. Jetzt beginne ich nämlich gar, richtig zu frieren. Das wird noch schlimm mit mir enden. Ich seh´s schon kommen.
 

Ich beginne, meine Oberarme zu reiben. Dabei ist es hier doch gar nicht wirklich kalt. Es herrschen sogar recht angenehme Temperaturen. Und doch friere ich, weil mein Herz friert.
 

Mit einem Lächeln beobachte ich ihn, wie er von einer zu anderen wirbelt und sich in Gespräche vertieft. Werde ich überhaupt in der Lage sein, auch nur ein Wort herauszubringen, wenn er mir gegenübersteht? Ich weiß nicht, ob ich das kann, was er von mir erwartet. Ich hab´ doch die ganze Zeit nur geschwiegen. Wie sollte ich jetzt ein Wort hervorbringen? Gott, ist mir kalt.
 

Plötzlich fegt er an mir vorbei, während er seine Anzugjacke auszieht. Und ehe ich mich versehe, hat er mir seine Jacke um die Schultern gelegt und ist weitergezogen, mit seinem Schreiberling im Anhang. Überrascht blicke ich ihm hinterher. Er hat mir seine Anzugjacke dagelassen. Ich kuschle mich in seine Anzugjacke und atme seinen Duft ein. Er riecht gut, stelle ich fest und plötzlich wird mir ganz warm ums Herz. Seto Kaiba kann ja doch ein Gentleman sein. Man muss ihn nur dazu zwingen, damit er so ist, wie er wirklich ist.
 

Im Aufenthaltsraum war er, denke ich, fast er selbst. Obwohl ich zeitweise den Eindruck hatte, einem kleinen Jungen gegenüberzustehen, als einem ausgewachsenen Mann. Ich fand ihn da richtig süß. Er kann es hier aber auch, auf gewisse Weise. Ich mein, süß sein. Er weist Züge auf, die einfach nur süß sind. Kann man mir da verdenken, dass ich ihn liebe, und deshalb um seine Liebe kämpfe, obwohl ich weiß, dass ich keine Chance habe? Aber, den verdorbenen Kuss, will ich auf jeden Fall nachholen. Den lasse ich mir nicht nehmen. Vielleicht lässt er es ja zu, dass ich ihn ein bisschen ärgere.
 

Ich kann ihn einfach nur fasziniert beobachten, da ohnehin niemand mit mir quatschen will, wie er von einer zur Nächsten wirbelt, während ihm, sein Schreiberling, kaum hinterherkommt. Es erstaunt mich, dass er nicht den Überblick verliert, bei über 100 Frauen. Er blickt sogar hin und wieder zu mir. Ob er sich wohl an mir orientiert, bei wem er schon war und wo noch nicht?
 

Die Zeit verrinnt und es wird immer später. Ich werfe einen Blick auf die Uhr und stelle fest, dass es bereits nach 23 Uhr ist. Ich hoffe, meine Mutter hat es geschafft, meine Kinder zu ihrer Zeit zum Schlafen zu kriegen. Sie muss schließlich auch noch die Zeit absitzen, bis ich nach Hause komme, falls eins der Kinder wieder wach wird, weil ich nicht da bin.
 

Viele Frauen greifen ordentlich beim Buffet zu, als würden sie zuhause nichts zu essen bekommen. Dicke, sowie Dürre. Ich habe zwischenzeitlich nur ein Mars gegessen, damit mein Blutzucker nicht in den Keller sinkt. Einen Hunger verspüre ich nämlich nicht wirklich. Liegt vielleicht auch an der ganzen Aufregung.
 

Seto Kaiba hirscht immer noch von einer zur anderen. Irgendwann muss er ja auch mal zu mir kommen. Schon wegen seiner Anzugjacke, in die ich mich immer noch kuschle, um mir so seine Nähe vorzutäuschen.
 

Irgendwann bleibt er abseits von den anderen stehen und blickt sich um. Ich kann mir denken, dass er überlegt, wen er noch nicht dran hatte.
 

Plötzlich trifft mich sein direkter Blick. Bin ich wirklich die Letzte? Ich blicke mich nun ebenfalls um und gehe seine Runde im Kopf durch. Oh. Ich bin wirklich die Letzte. Das erklärt auch, warum sich die Frauen fleißig darüber unterhalten, was er von ihnen wissen wollte. Nur ich stehe hier ganz einsam und verlassen rum.
 

Als ich mich wieder in seine Richtung drehe, kommt er geradewegs auf mich zu und bleibt etwa drei Schritte vor mir stehen.
 

„Da ich nicht annehme, dass Sie mit mir Worte wechseln, darf ich um meine Anzugjacke bitten?“ ist er fast höflich.
 

Nicht, ehe ich mir einen richtigen Kuss von ihm geraubt habe, lautet meine Antwort auf seine Frage, die ich natürlich nicht laut ausspreche. Zeit, ihn etwas zu ärgern. Oder anders ausgedrückt, etwas mit ihm zu spielen.
 

Ich verziehe meine Lippen zu einem schelmischen Grinsen und schüttle meinen Kopf. Er hebt skeptisch eine Augenbraue und runzelt seine Stirn. Er macht einen Schritt auf mich zu und ich weiche zurück. Sein Blick verfinstert sich und er macht einen weiteren Schritt auf mich zu. Wieder weiche ich zurück. Er macht sich bereit, auf einen Sprint. Ich kann es ihm regelrecht ansehen, weil er leicht in die Knie geht.
 

Schnell drehe ich mich um und laufe los. Sofort hetzt er hinter mir her. Ich nutze die anderen Frauen als Schutzschild, um mich hinter ihnen zu verstecken, die natürlich erschrecken, als Seto Kaiba angerannt kommt und gezwungen sind, ihm auszuweichen. Die anderen Frauen beginnen uns auszuweichen, während sie unser Fangenspiel verdutzt beobachten. Irgendwann kann ich mir das Lachen auch nicht mehr verkneifen, nehme seine Anzugjacke von meinen Schultern und winke sie ihm zu, als wäre er ein Stier und seine Anzugjacke ein rotes Tuch, während ich mich hinter Frauen verstecke.
 

Ein Grinsen legt sich auf seine Züge, als er ansetzt, mich zu foppen, weil ich nicht weiß, von welcher Seite er jetzt kommen wird. Ich weiche natürlich immer in die entgegengesetzte Richtung aus. Aber dann renne ich links weiter und er eilt mir nach, während ich auf eine leere Fläche zusteuere. Mist, jetzt hat er mich gleich. Und keine Frau zum Schutz vorhanden.
 

Und es kommt, wie es kommen muss. Er setzt zum finalen Sprung an und bringt mich zu Fall. Ich fasse nicht, dass er das durchgezogen hat und mit mir fangen gespielt hat. Jetzt liege ich unter ihm und seine Anzugjacke habe ich aus den Händen verloren.
 

„Jetzt hab´ ich dich.“ teilt er mir überflüssigerweise mit, als mir klar wird, dass er mich geduzt hat.
 

Ich drehe mich unter ihm um und werde von seinen funkelnden Augen anvisiert. Das ist meine Chance. Eine Chance, die ich so nie wiederbekommen werde. Deshalb muss ich sie nutzen. Ich nehme also sein Gesicht in meine Hände und lege sanft meine Lippen auf seine. Diesmal versteift er sich nicht. Mir scheint eher, dass er damit gerechnet hat. Denn diesmal erwidert er sogar den Kuss. Und ich bin einfach überwältigt, von dem Gefühl, ihm so nah zu sein. Ich bekomme noch nicht einmal mit, wie wir zum Zungenkuss übergehen. Ich weiß nur, dass ich meine linke Hand in seinen Haaren vergrabe, während meine rechte Hand an seinem Rücken liegt, und ich ihn an mich drücke. Wo seine Hände sind, weiß ich nicht. Aber ich vermute, er stützt sich damit ab, um mich nicht mit seinem Gewicht zu erdrücken.
 

Erst, nach ein paar Minuten lösen wir uns wieder voneinander und er sieht mich mit großen Augen an, als könnte er nicht glauben, wozu ich ihn gebracht habe. Vielleicht liegt es auch an dem Geschmack, den ich im Mund hatte. Er sollte ihn eigentlich zuordnen können. Ich habe ja auch vor einer Weile einen Mars-Riegel gegessen, wovon er eigentlich nichts mitbekommen hätte können, weil er durch die Gegend gewirbelt ist.
 

Er erhebt sich mit geröteten Wangen, während er mich mit auf die Beine zieht. Sämtliche Frauen blicken uns schockiert an. Ich blicke die Frauen entschuldigend an, weil ich mich hab´ gehen lassen, beim Küssen. Er räuspert sich sichtlich verlegen, lässt verlauten:
 

„Ähm, … Ich werde morgen 20 von Ihnen auswählen, die ich die kommende Woche bis Freitag zuhause besuchen werde, um sie privat zu erleben. Ein Angestellter wird Sie deshalb anrufen, um mich bei Ihnen anzukündigen. Aber nur 5 von Ihnen werde ich am nächsten Samstag wiedersehen, um die letzte Runde einzuläuten. … Ich darf mich nun herzlichst von Ihnen allen verabschieden, meine Damen.“ und er verbeugt sich sogar.
 

Ich hebe noch seine Anzugjacke auf, die ich verloren habe und reiche sie ihm, mit einem verlegenen Lächeln. Mist, ich hab´ ihn ganz schön in Verlegenheit gebracht. Das wird er mir sicher übelnehmen. Er nimmt seine Anzugjacke entgegen und hängt sie um seinen Arm, um sie von Staub zu befreien.
 

Tuschelnd machen sich die ersten Frauen auch schon daran, den Ball zu verlassen. Seufzend und betrübt wende nun auch ich mich von ihm ab, um zu gehen. Jetzt hab´ ich´s wirklich vergeigt. Ich schreite langsam voran, bis alle Frauen gegangen sind. Erst dann folge ich als Letzte und winke noch zum Abschied, ohne mich noch einmal umzuwenden. Ich rechne fest damit, dass es das letzte Mal war, dass ich ihn gesehen habe. Auch, wenn der Kuss echt toll war. Jetzt habe ich wenigstens etwas, an das ich mich immer erinnern kann. Ich war ihm noch nie zuvor so nahe. Und ich bin glücklich, dass ich eine Chance hatte, wenigstens zu versuchen, sein Herz zu gewinnen. Ich bin aber ziemlich sicher, dass ich soeben ausgeschieden bin. Ohne es wirklich zu wollen, kommen mir die Tränen.
 

***
 

Die Tage ziehen sich dahin, und wie erwartet wurde ich nicht angerufen. Nun ist Freitag und ich sitze im Aufenthaltsraum, um meine Pause alleine zu verbringen. Es ist jetzt 6 Tage her, dass ich auf dem Ball war und nun leide ich an Liebeskummer. Ich hätte nie gedacht, dass ich ihn so furchtbar vermissen könnte. Aber, tatsächlich heule ich mich seitdem Nacht für Nacht in den Schlaf. Und der Kuss geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf.
 

Ich bin so deprimiert, dass ich es mir, in der Pause, auf dem Fensterbrett bequem gemacht habe und mein Kopf gegen die Fensterscheibe lehnt, während ich gar nicht wirklich nach draußen blicke. Und weil ich ausgerechnet hier auf dem Fensterbrett hocke, erinnere ich mich zwangsmäßig an seine Anwesenheit zurück. Die drei Tage, die er hier war.
 

Mir kommen schon wieder die Tränen und ich muss meine Augen schließen. Ich lehne meinen Kopf zurück in den Nacken gegen die Fensterseite und versuche mich wieder zu beruhigen. Doch mein Herz schmerzt zu sehr. Ich wusste es. Von Anfang an. Eine Begegnung mit ihm konnte nur mein Untergang sein. Ich hätte wissen müssen, dass ich niemals sein Herz erreichen kann. Ich bin eben einfach nicht sein Typ.
 

„Tut mir leid, dass ich erst jetzt komme.“ höre ich unvermittelt seine Stimme leise sagen.
 

Ungläubig reiße ich meinen Kopf zum Eingang und da steht er tatsächlich. Ich erschrecke mich so dermaßen, ihn tatsächlich zu sehen, dass es mich glatt von der Fensterbank schmeißt. Schmerzlich stöhne ich auf, als er auch schon bestürzt an meine Seite eilt und ich tatsächlich seine rechte Hand an meinem linken Oberarm spüren kann.
 

„Hast du dich verletzt?“ fragt er leise nach und ich bin verwirrt.
 

Wieso ist er hier? Ich wurde doch gar nicht angerufen.
 

Ich erhebe mich ganz und muss mich am Fensterbrett festhalten. Meine Beine geben sonst unter mir nach. Hab´ nicht die Kraft, ihm eigentlich nun gegenüberzustehen, wenn er nicht vorhat, mich in die nächste Runde zu wählen. Es kostet mich so schon unendlich viel Kraft, ihn überhaupt wiederzusehen.
 

„Der Ball. … Ich wusste erst mit Sicherheit, dass du es warst, als du mir zugewunken hast. … Ich muss ehrlich zugeben, du hast mir imponiert. Du hast dich nämlich nicht gescheut, in die Offensive zu gehen. Hast es sogar zwei Mal gewagt, mir einen Kuss zu stehlen. Du hast mit mir Fangen gespielt. … Niemand wäre so verrückt, mich zu so etwas zu verleiten, geschweige denn, würde es schaffen, mich dazu zu bringen.“ lächelt er leicht, während er mich eher unsicher anzublicken scheint.
 

„Ich bin daher hier, weil ich mich bei dir persönlich erkundigen wollte, wann du hier rauskannst, damit ich mit zu dir kommen kann, um dich kennen zu lernen.“ fährt er fort und ich presse meine Lippen zusammen.
 

Ich bin also tatsächlich in die nächste Runde gekommen. Ich glaube es ja nicht. Nur habe ich jetzt das Problem, dass meine Kinder und meine Mutter zuhause sein werden, wenn ich heimkomme. Ich habe fast Angst davor, wie Seto reagieren könnte, wenn er erfährt, dass ich zwei Kinder habe. Aber, wenn er wirklich vorhat, mit mir nach Hause zu fahren, muss ich ihn vorher vorwarnen.
 

„Ich habe bis 14 Uhr Kurs.“ antworte ich ihm deshalb nur, während sich mein Blick auf seine Lippen legt.
 

Oh, wie gerne würde ich ihn wieder küssen. Ob er wohl sauer werden würde, wenn ich es wiederholt tue? Ihm einen Kuss stehlen? Schnell blicke ich ihm wieder in die Augen, während er mir lächelnd erwidert:
 

„Dann werde ich dich um 14 Uhr abholen.“
 

Sein Blick flackert unsicher und er wippt etwas mit seinen Beinen vor und zurück, als wisse er nicht, ob er einen Schritt auf mich zugehen, oder doch einfach gehen sollte.
 

„Also, … bis dann.“ fügt er an, als er dann doch auf mich zutritt.
 

Das kommt mir sehr gelegen. Sollte er vorhaben, mich zu küssen, dann werde ich ihn bei mir behalten, um ihn ausgiebiger zu küssen. So schnell wird er mich nicht wieder los. Es könnte wiederholt meine letzte Chance sein. Wer weiß, wie er reagiert, wenn er von meinen Kindern erfährt? Und selbst, wenn er nicht sofort Reißaus nimmt, kann ich ihn schlecht vor meinen Kindern küssen. Er wird nämlich bestimmt nur für eine kurze Zeit zu Besuch sein.
 

Als Seto bei mir ankommt, beugt er sich eher ruckartig zu mir herab, legt aber sanft seine Lippen auf meine. Ich nutze die Gelegenheit und schließe ihn in eine feste Umarmung, um ihn bei mir zu behalten, damit er mir nicht so schnell entkommt. Er verspannt sich kurz, weil er das nicht so geplant hatte, aber lässt sich dann spürbar in den Kuss fallen, während er seine Arme um mich schlingt und zu erwidern beginnt. Und während wir uns dem Kuss hingeben, weil wir unsere Zungen ins Spiel gebracht haben, vergesse ich ganz die Zeit.
 

„Die Olivia ist hier.“
 

„Und Seto Kaiba auch.“
 

„Frau Jelen. Die Pause ist seit 10 Minuten zu Ende. Wieso sind Sie nicht im Kursraum?“ steht der Trainer aufgebracht, mit den Händen in den Hüften zu mir gerichtet, als er Seto Kaiba ansichtig wird und seine Hände wieder einzieht.
 

Seto löst sich von mir und dreht sich mit mir zu meinem Trainer.
 

„Ich werde auf dich warten.“ flüstert er mir zu und verdrückt sich flink aus dem Aufenthaltsraum.
 

Lässt mich alleine zurück. Als hätte ich das alles nur geträumt. Deshalb gehe ich nun mit den anderen im Anhang auch in den Kursraum zurück.
 

Auf meinem Platz sitzend frage ich mich, ob ich das nicht wirklich nur geträumt habe. Denn, … was sollte Seto Kaiba hier, in diesem Gebäude, schon zu suchen haben? Vermutlich habe ich auch nur geträumt, ihn im Aufenthaltsraum gesehen und ihm einen Mars-Riegel geschenkt zu haben. So, wie am darauffolgenden Tag, als er beim Fenster gestanden hat. Und am Tag darauf, als er ganz nah hinter mir stand und ich seinen Atem in meinem Nacken spüren konnte. Ich blinzle. Hab´ ich mir das alles wirklich nur eingebildet? Ich war doch auf seinem Ball. Alle, hier in diesem Gebäude, haben davon geredet. Habe ich mir das auch nur eingebildet?
 

~~~
 

Der Kurs nimmt sein Ende, nach nur zwei Stunden, nachdem ich vom Aufenthaltsraum hierher zurückgekehrt bin. Unerwartet werde ich von den Kursteilnehmerinnen flankiert und mit finsteren Blicken bedacht.
 

„Wie kommst du dazu, Seto Kaiba zu küssen?“
 

„Wie hast du ihn dazu gebracht, dass er dich küsst?“
 

„Wieso seid ihr euch in den Armen gelegen?“
 

„Wieso war er überhaupt hier?“
 

„Na, wegen ihr bestimmt nicht.“
 

„Genau. Wer will schon so eine haben?“
 

Also, habe ich es doch nicht geträumt und alles ist wahr.
 

„Ich war auf seinem Ball.“ antworte ich daher, um Zeit zu schinden, während ich meine Sachen zusammenpacke.
 

„Dann hätte ich dich dort sehen müssen.“ gibt eine von sich und ich starre sie entgeistert an, denn ich kann mich gar nicht daran erinnern, sie dort gesehen zu haben.
 

Oder ist es mir einfach nur entgangen? Sie wird mich auf jeden Fall zerfleischen, wenn sie erfährt, dass ich es war, die ihn geküsst hat.
 

„Ich bezweifle doch sehr, dass er ihr eine Einladung gegeben hat.“
 

„Und sie würde bestimmt auch nie in die nächste Runde gewählt werden.“
 

„Genau. Hahahaha! Die träumt doch nur davon.“
 

Ich muss schnell hier raus, bevor die Situation eskalieren kann.
 

„Ich muss jetzt leider gehen.“ sage ich daher schnell und drücke mich durch die Menge, als die Tür aufgeht und ausgerechnet Seto hereinkommt.
 

„Lass mich raus.“ flehe ich ihn an.
 

„Lass mich rein.“ fleht er.
 

„Hier ist es nicht besser.“ erwähne ich ihm, als er der drohenden Meute ansichtig wird.
 

„Hast du schon aus?“ fragt er mich.
 

Ich nicke schnell, während ich sage:
 

„Es ist schon 14 Uhr.“
 

„Dann komm´ mit. Unten wartet meine Limousine.“
 

Wieder nicke ich, als er sich auch schon meine Hand greift und mich mit sich zieht.
 

„Da ist er. Schnell hinterher.“
 

„Schnappt sie euch. Dafür wird sie büßen.“
 

Na, toll. Jetzt werden wir von einer Horde wütender, und aufgescheuchter Frauen verfolgt.
 

Wir rennen den Flur entlang, am Aufenthaltsraum vorbei, zu den Treppen.
 

„Seto Kaiba soll sich im Haus befinden. Schnell lasst ihn uns suchen.“
 

Mist, von oben kommt die nächste Horde. Also eilen wir die Treppe hinunter. Doch, bevor wir den Ausgang erreichen können, versperren uns weitere Frauen den Weg.
 

„Jetzt sitzen wir in der Klemme.“ erwähne ich überflüssigerweise, und wir stellen uns Rücken an Rücken, zu den oberen Seto und ich zu den Unteren gerichtet, während wir uns an den Händen halten.
 

Zu unserem Glück kommen da Joey, Tea, Tristan und Yugi zur Eingangstür herein. Ich boxe Seto meinen Ellbogen in die Seite, damit er sich zu mir leicht umdreht. Wundersamer Weise weichen die Frauen vor den Vieren zurück und bilden einen Weg, der zu uns hinaufführt.
 

„Kaiba. Da bist du ja. … Mokuba hat sich Sorgen gemacht und uns auf dich angesetzt, um dich von den Horden zu befreien, falls du in Not gerätst.“ kommt von Joey.
 

Ich war noch nie so froh, über ein so spektakuläres Ablenkungsmanöver. Ich ergreife die Chance und ziehe Seto mit, durch den freigewordenen Weg.
 

„Hey, lasst sie nicht entkommen!“ schreien die oberen Frauen.
 

Doch wir verdrücken uns, mit den Vieren, bereits wieder durch den Eingang und Seto übernimmt die Führung, zieht mich zu seiner wartenden Limousine.
 

Wir alle zwängen uns in Windeseile in die Limousine, als diese bereits anfährt. Joey springt als Letzter herein und Seto schließt die Tür. Da wir nun ganz verwurschtelt aufeinanderliegen, versuchen wir uns zu trennen und setzen uns auf freie Plätze. So sitze ich schlussendlich neben Seto.
 

Ich lege meinen Kopf in den Nacken, an die Lehne des Rücksitzes seiner Limousine, schließe meine Augen und erwähne:
 

„Dank dir, kann ich jetzt nicht mehr den Kurs besuchen.“, ehe sich ein Lächeln auf meine Lippen legt.
 

„Das tut mir leid.“ höre ich seine Stimme leise sagen, und ich öffne meine Augen, um ihn anzusehen.
 

Dann blicke ich mich mal in der Limousine um. Yugi, Tea und Tristan sitzen uns gegenüber, während ich Yugi, Seto Tea und Tristan Joey, also Letzterer auch neben Seto sitzt, gegenübersitzen. Ich nutze den Moment, um Seto auf meine Kinder vorzubereiten:
 

„Du solltest da etwas wissen, bevor wir bei mir sind.“
 

„Und was ist das?“ runzelt er seine Stirn.
 

„Meine Mutter wird da sein. Sie wird aber gehen, sobald ich daheim bin, da sie für mich auf jemanden aufpasst.“ antworte ich ihm, weil ich einfach nicht weiß, wie ich ihm erklären soll, dass ich Kinder habe.
 

Er wird sie dann wohl persönlich kennenlernen. Vielleicht ist das auch gar nicht so schlecht. Kann ich zumindest nur hoffen.
 

Nach zehn Minuten parkt die Limousine vor dem Eingang meines Wohnhauses. Ich lasse dem Chauffeur gar nicht erst die Möglichkeit, auf meiner Seite die Tür zu öffnen und steige aus der Limousine. Seto folgt mir seufzend aus der Limousine und teilt den anderen mit:
 

„Mein Chauffeur bringt euch nach Hause.
 

Danach richtet er sich an den Chauffeur:
 

„Seien Sie in zwei Stunden wieder hier.“
 

„Ja, wohl, Sir.“ bestätigt der Chauffeur.
 

Und als Seto die Tür zuwirft, fährt die Limousine auch schon davon.
 

Ich blicke Seto abwartend an, als er sich mir auch schon zuwendet. Sein Blick gleitet das Wohngebäude hinauf. Und ich mache mir Gedanken darüber, wie er wohl reagieren wird, wenn er erfährt, dass ich bereits zwei Kinder habe. Sie werden mir bei der Wohnungstür entgegenkommen. Dann wird er sie sehen. Oh, bitte, lieber Gott, lass´ ihn mich nicht fallen lassen, nur, weil ich schon zwei Kinder habe. Das ist meine größte Sorge.
 

„Kommst du?“ frage ich ihn dann, weil ich es ja doch nicht ewig aufschieben will.
 

Meine Kinder, aber vor allem meine Mutter, warten auf mich.
 

Sein Blick fällt wieder zu mir und er tritt neben mich. Ich öffne das Haustor und er hält mir die Tür auf, damit ich hindurchgehen kann. Danach folgt er mir. Ich steuere die Treppen an und marschiere zwei Stockwerke nach oben und bleibe vor der dritten Tür stehen, um die Wohnungstür zu öffnen.
 

Als ich hinter mir Seto hereinlasse, sehe ich auch schon meine Kinder aus dem Kinderzimmer stürmen. Ich werfe einen Blick auf Seto und bemerke, wie sich seine Augen weiten. Also hat er damit wirklich nicht gerechnet, dass ich schon Kinder haben könnte.
 

„Mama. Mama. Du bist wieder da.“ schreit die Melanie sofort erfreut und stürzt auf mich zu.
 

Ich nehme sie auf die Arme und küsse sie auf die Wange. Dann drehe ich mich mit ihr zu Seto um und stelle sie ihm vor:
 

„Das ist Melanie, meine Tochter.“, und stelle im Gegenzug Seto der Melanie vor, „Das ist Seto.“
 

Völlig unvorhergesehen sagt die Melanie daraufhin:
 

„Mama hat Seto lie~b.“
 

Prompt brennen meine Wangen und ich setze sie ab, um auch Lukas zu begrüßen.
 

Ich wuschle dem Lukas durch´s Haar und beuge mich zu ihm herunter, um ihm ebenfalls einen Kuss auf die Wange zu geben. Dann nehme ich ihn an den Schultern und drehe ihn zu Seto.
 

„Das ist Lukas, mein Sohn. Er ist Autist und mit etwas Vorsicht zu genießen.“
 

„Oma. Oma. Komm´ schauen.“ schreit da auch schon die Melanie.
 

„Was ist denn, Melanie?“ höre ich die Stimme meiner Mutter.
 

Beinahe hätte ich sie vergessen. Trotzdem entledige ich mich erstmal meines Kapuzenpullovers und trage somit nur noch mein schwarzes Rollkragenlangarmshirt, das unter meine blaue Jeans gestrickt ist. Das heißt, Seto kann jetzt meine Figur ziemlich gut erkennen. Danach schlüpfe ich geschickt aus meinen schwarzen Turnschuhen und gehe weiter ins Wohnzimmer, wo ich sogleich auf meine Mutter treffe.
 

„Hallo, Mama. … Gab´s irgendwelche Probleme?“ begrüße ich sie, als ich Seto hinter mir bemerke, der sich auch seiner Schuhe entledigt hat.
 

„Nein, nein. Der Fahrtendienst war pünktlich und die zwei ganz brav.“
 

Seto geht an mir vorbei und scheint interessiert, wo meine beiden Kinder hingelaufen sind. Denn nun bemerkt ihn auch meine Mutter.
 

„Oh. … Du hast jemanden mitgebracht?“ fragt sie mich perplex.
 

„Ja~. … Seto Kaiba wirst du ja kennen.“, antworte ich ihr und füge an, um ihr einen Wink zu geben, „Der Ball. Du weißt schon.“
 

Sein Blick huscht zu meiner Mutter und er reicht ihr die Hand.
 

„Andrea Jelen.“ stellt sich meine Mutter ihm also vor und nimmt seine Hand, um sie kurz zu schütteln.
 

Ein Lächeln legt sich auf seine Lippen, ehe er kurz zu mir blickt:
 

„Freut mich, Sie kennenzulernen.“
 

Ihre Augen weiten sich überrascht, während Seto nun weitergeht, um zu sehen, was die Kinder treiben, ehe sie wissen will:
 

„Er hat dich in die nächste Runde gewählt? … Wie hast du das denn geschafft?“
 

Jetzt grinse ich verlegen, während ich schulterzuckend antworte:
 

„Ich weiß es nicht.“
 

Ich gehe also zum Kinderzimmer, hinter ihm vorbei, werfe auch einen Blick hinein und seufze.
 

„Da hab´ ich ihnen was beigebracht.“ schüttle ich meinen Kopf, als ich sehe, dass sie vor einem Videospiel sitzen.
 

Ich gehe ins Zimmer hinein und schaue, was sie da eigentlich spielen. Ich kann nur den Kopf schütteln. Die Melanie kann es einfach nicht lassen. Ausgerechnet ‚Super Mario 3D Wörld‘. Sie liebt es eben, als Katze herumzulaufen. Da kann ich halt nichts machen.
 

„Mama, helfen.“ fleht mich die Melanie an.
 

Ich seufze und setze mich an die Bettkante, um ihr den Controller aus der Hand zu nehmen, den sie mir entgegenstreckt. Seto´s Neugier scheint ihn dazu zu veranlassen, sich seitlich hinter mich zu stellen, um mir zuzusehen. Deshalb mache ich ihr mit geschickten Handgriffen, eins von den schweren Welten, die sie vermutlich selbst versuchen wollte, aber nicht geschafft hat. Lukas hampelt aufgeregt auf dem Bett neben Melanie herum, was Seto auch aufzufallen scheint.
 

Als ich ihr die Welt geschafft habe, schlage ich ihr vor:
 

„Spiel´ was Anderes, wenn dir das zu schwer ist.“
 

„Nein. Will Katze spielen.“ meint Melanie.
 

„Dann wähle eine leichtere Welt.“ erkläre ich ihr.
 

„Ok. Hab´ dich ganz viel lieb.“ meint die Melanie daraufhin und drückt sich an mich.
 

„Hab´ dich auch ganz viel lieb.“ erwidere ich ihr und drücke ihr einen Kuss auf die Wange.
 

„Was ist denn eigentlich mit dem Vater der Kinder?“ will Seto unwillkürlich wissen.
 

„Ich bin draußen, wenn ihr was braucht.“ erwähne ich den Kindern, ehe ich Seto aus dem Raum geleite und ihn ins Wohnzimmer bringe.
 

„Brauchst du mich eigentlich noch?“ überfällt mich da meine Mutter.
 

„Ich komm´ dann alleine klar. Danke, für deine Hilfe. Ich melde mich, wenn ich dich wieder brauche.“ erkläre ich ihr, da sie scheinbar die Zeit genutzt hat, um sich umzuziehen und fertig zu machen, fürs Gehen.
 

„Ok. Tschüss, dann.“ verabschiedet sie sich von mir, als sie drauf und dran ist, zu gehen.
 

„Tschüss.“ rufe ich ihr nach und die Tür knallt ins Schloss.
 

So. Jetzt kann ich mich Seto und seinen Fragen widmen. Aber, vorerst will ich eine gute Gastgeberin darstellen.
 

„Setz´ dich doch, bitte. … Willst du was trinken?“ frage ich ihn daher, während er es sich auf der Couch bequem macht.
 

„Mach´ dir keine Umstände.“ meint er allerdings und ich seufze.
 

„Du machst mir keine Umstände.“ erwidere ich.
 

„Ich brauche nichts, danke.“ meint er nachdrücklicher, mit einem Lächeln, und ich setze mich resigniert auf die Couch, neben ihn.
 

„Ich bin seit etwa einem halben Jahr von ihm getrennt.“, setze ich daher an, seine Frage zu beantworten, während ich nicht wage, ihn anzusehen, „Ich war mit ihm etwa 10 Jahre zusammen. Haben zum Schluss immer nur noch gestritten, wegen jeder Kleinigkeit und waren uns immer in der Kindererziehung uneinig. … Ich wollte mich eigentlich schon fünf Jahre früher von ihm trennen, aber da er alleine ist und keine Familie mehr hat, sein Bruder lebt schließlich in der Schweiz mit seiner Frau, hat er einer Trennung von mir nicht zugestimmt. So musste ich selbst dafür sorgen, dass ich von ihm loskomme. … Mein erster Schritt war dabei, Lukas fremd unterzubringen, da er einer Förderung bedarf, die ich ihm nicht geben konnte. Er wies nämlich eine beträchtliche Essstörung und Sprachstörung auf. Und dort ist er nach wie vor. … Danach hatte ich mich auf Wohnungssuche begeben. Das war aber leichter gesagt, als getan. Denn ich musste eine Wohnung finden, die nicht zu teuer war, weil ich sie mir ja auch leisten können musste. Nur mit viel Glück bin ich an diese Wohnung geraten, die für mich auch leistbar war. Und nachdem ich ausgezogen war, hat der Vater meiner Kinder den Kontakt zu den Kindern einfach gekappt. Er wollte mit uns einfach nichts mehr zu tun haben.“
 

Nun wage ich einen vorsichtigen Seitenblick zu Seto. Dann stelle ich fest, dass er mit seinen Gedanken ganz weit weg wirkt. Hat er mir dann überhaupt zugehört?
 

Seufzend werfe ich einen Blick auf meine Armbanduhr. 15.27 Uhr. Zeit für die Kinder, eine Zwischenmahlzeit einzunehmen. Also erhebe ich mich und marschiere in die Küche. Ich bereite kleine belegte Brötchenhäppchen, Scheiben von verschiedenen Obstsorten auf separaten Tellern, und richte noch Säfte in Gläsern an, was ich alles auf einem Tablett ins Wohnzimmer trage. Anschließend gehe ich ins Schlafzimmer und fordere die Kinder auf:
 

„Schluss machen. Der Imbiss wartet.“
 

„Ja, Mama.“ ruft Melanie zurück und Lukas dreht das Spiel ab.
 

Schon eilen die Kinder an mir vorbei und ich folge ihnen zurück ins Wohnzimmer. Melanie greift auch sofort zu und verschlingt das Essen, während Lukas zögert.
 

„Was ist los, Lukas? Wieso isst du nichts?“ frage ich ihn behutsam.
 

„Joghurt.“ antwortet er mir.
 

„Nein, Lukas, erst musst du was Vernünftiges essen. Danach kannst du Joghurt bekommen. … Das kennst du doch eh schon.“ erwidere ich ihm vorerst noch sanft, in der Hoffnung, er möge vernünftig werden.
 

Ich hoffe nur, dass er nicht vor Seto beginnt, eine Szene zu machen. Seto muss sich eh schon was von mir denken. Dabei will ich doch gar nicht länger einsam sein. Und diese Chance bietet mir Seto, in dem er mich in die nächste Runde qualifiziert. Was kann ich nur tun, damit er nicht geht und nie wiederkommt? Noch habe ich Zeit, bis sein Chauffeur wieder da ist.
 

„Joghurt.“ klingt er jetzt schon trotziger.
 

Ich seufze.
 

„Lukas. Erst davon essen.“ klinge ich jetzt ernst.
 

„Nein.“ erwidert er mir stur und schubst das Tablett an.
 

Puh! Noch ist nichts passiert. Zur Sicherheit nehme ich die Teller und Gläser vom Tablett und stelle dieses vorerst angelehnt an den Couchtisch. Jetzt kann weniger passieren. Hoffe ich zumindest.
 

„Lukas, sei brav. Du weißt, was ich mit deiner Betreuerin ausgemacht habe. Erst etwas zum Kauen, danach etwas zum nur Runterschlucken, damit du nicht zurückfällst zum Feinpürierten. … Also, komm´ jetzt.“ spreche ich ernst und halte ihm ein Brötchenhäppchen vor die Nase.
 

Unerwartet rastet er da aus, wirft mir das Brötchenhäppchen aus der Hand und fegt die Teller vom Tisch. Ich kann nur entsetzt mitansehen, wie die Teile durch die Luft wirbeln und teilweise auf Seto und dem Boden landen. Ich schließe meine Augen und atme schwer tief durch. Meine Nerven sind eh schon angespannt, wie Drahtseile. Da hat mir das gerade noch gefehlt. Und ich hatte gestern erst aufgeräumt und geputzt, weil ich wusste, dass die Kinder kommen. Nur nicht aufregen. Ruhig bleiben.
 

„Lukas. Sieh nur, was du angerichtet hast.“ werfe ich ihm vor, während ich böse klinge.
 

Selbst Seto sieht nicht sehr begeistert aus. Ich merke aber, dass er sich beherrscht, sich hier nicht einzumischen, während er die Einzelteile der Brötchenhäppchen von sich herunterklaubt.
 

„Du hast unseren Gast beworfen. Das gehört sich nicht. Geh´ sofort hin und entschuldige dich.“ rede ich weiter böse.
 

Ich sehe, dass sich Tränen in Lukas´ Augen bilden. Es tut ihm sichtlich leid. Er muss aber endlich lernen, vorher zu denken, ehe er handelt, und nicht umgekehrt. Eingeschüchtert geht Lukas zur Couch und streckt halbherzig seine Hand hin. Ich verdrehe meine Augen.
 

„Du musst schon ‚Entschuldigung‘ sagen, sonst wird dir nicht verziehen.“ erwähne ich, immer noch im bösen Tonfall.
 

„Enschuigun.“ nuschelt Lukas, aber ich lasse es gelten, weil er es nicht besser aussprechen kann.
 

Das dürfte Seto nun auch die Sprachstörung preisgeben, die Lukas als Autist aufweist.
 

„Seto, wenn du seine Entschuldigung annimmst, gib´ ihm doch bitte deine Hand. … Mir tut es im Übrigen auch leid. Ich weiß gar nicht, wie ich das wieder gut machen soll.“ klinge ich etwas verzweifelt und überfordert.
 

Jetzt sollte ihm auch klar sein, warum ich darauf angewiesen bin, dass Lukas immer noch im Kinderheim zubringt. Lukas ist einfach schwer zu handhaben. Aber, die Trennung von seinem Papa spielt hier wohl die größte Rolle.
 

Mit ernstem Blick reicht Seto ihm die Hand und meint streng, aber ruhig, um ihn nicht zu verängstigen, da sie sich im Grunde noch fremd sind:
 

„Dass mir das aber nicht mehr vorkommt. Deine Mutter gibt sich nämlich wirklich Mühe, um sich um euch zu kümmern. … Und da du diese Sauerei verursacht hast, wäre es nur angemessen, wenn du sie auch wieder wegräumst.“
 

Ich bin erstaunt über seine Worte. Wie kann er wissen, dass ich so sehr um sie bemüht bin? Ich bin beinahe richtig gerührt. Lukas sieht zu mir. Ich nicke nur. Meine nächsten Worte wären dieselben gewesen. Lukas bückt sich tatsächlich und sammelt alle Einzelteile auf, die er finden kann. Als er damit fertig ist, kommt er allerdings zu mir.
 

„Du weißt, wo der Mülleimer ist.“ erwähne ich ihm nur.
 

Lukas marschiert in die Küche, deshalb nutze ich die Gelegenheit, Seto zu erwähnen:
 

„Lukas ist erst seit der Trennung so total verbohrt und macht mir an den Wochenenden immer wieder mal Probleme. Dabei war er vorher immer so brav. … Ich vermute ja, dass er böse auf mich ist, weil er mir die Schuld gibt, weil sein Papa nichts mehr mit uns zu tun haben will. … Seine Wutausbrüche hin und wieder sind ja nichts Neues. Aber, dass er mir das Essen verweigert, obwohl er vor einem halben Jahr noch ohne Probleme gegessen hat … Vielleicht vermisst er auch einfach nur seinen Papa. Ich bin einfach ratlos. … Mich hat es aber schon gewundert, dass er jetzt auf dich gehört hat und tatsächlich alles weggeräumt hat. Normalerweise stellt er sich stur und zieht sich ins Schlafzimmer zurück, um sich einfach ein Spiel aufzudrehen, was ich ihm dann beinhart wieder abdrehe. Dann tobt er meistens und es dauert Ewigkeiten, bis ich ihn wieder beruhigen kann. Und Lukas´ Verhalten verstört dabei auch meistens die Melanie, sodass sie kaum zu beruhigen ist. … Sie liebt ihren Bruder eben und leidet mit ihm.“ fahre ich mir verzweifelt über den Kopf.
 

Seto nickt nur, ehe er meint:
 

„Ich könnte jetzt doch einen Kaffee vertragen.“
 

Ich werde hellhörig und erkundige mich:
 

„Wie magst du denn deinen Kaffee?“
 

Er lächelt milde und erklärt mir:
 

„Stark und schwarz. … Also, ohne Zucker und ohne Milch.“
 

„Ok.“ erwidere ich und mache mich auf den Weg in die Küche, während ich Melanie bei ihm zurücklasse, die sich mit Abstand neben ihm auf die Couch gesetzt hat und ihren Saft trinkt.
 

In der Küche treffe ich auf Lukas, der den zweiten Teller mit Brötchenhäppchen anstarrt, den ich mir angewöhnt habe, zu machen, weil Lukas immer wieder mal den Teller umgeworfen hat. Ich beachte ihn am besten nicht, dann greift er ja vielleicht von selbst zu.
 

Deshalb marschiere ich auch gleich weiter zur Kaffeemaschine, die ich mir eigentlich nur wegen meiner Mutter angeschafft habe, und gebe zweieinhalb Löffel Kaffee in einen Kaffeefilter und mache ihm eine normale Kaffeetassenmenge davon. Zur Sicherheit richte ich ihm auch ein Glas Wasser her, falls Seto der Kaffee doch zu stark sein sollte. Schließlich weiß ich ja nicht, wie er ihn gerne trinkt. Ich hoffe aber auch, dass ihm die Kaffeesorte zusagt. Denn billig war der Kaffee mit Sicherheit nicht.
 

Als der Kaffee fertig ist, trage ich ihn, mit dem Glas Wasser, nach draußen und stelle ihn, vor Seto, auf den Couchtisch.
 

„Hier, bitte schön. … Ich hoffe, ich habe ihn richtig erwischt.“
 

Seto nimmt die Tasse in die Hand, hebt sie an seine Lippen und nippt kurz daran. Unwillkürlich heben sich beide Augenbrauen überrascht in die Höhe.
 

„Hm, was ist das für eine Kaffeesorte?“ will er interessiert wissen.
 

Verwundert gehe ich zurück in die Küche und hole die Kaffeeverpackung, die ich ihm von der Küche aus herzeige. Interessiert blickt er auf die Verpackung und meint:
 

„Diese Sorte kenne ich gar nicht. Sie schmeckt aber wirklich gut.“
 

„Das kann ich leider nicht beurteilen. Den Kaffee habe ich eher für meine Mutter gekauft. Ich bin keine Kaffeetrinkerin. Ich bin eher für Tee oder Kakao.“ lächle ich ihn verlegen an, wegen dieses Geständnisses.
 

„Dennoch scheinst du ein gutes Händchen für Kaffee zu haben.“, erwidert er mein Lächeln, „Ich hatte eigentlich nicht angenommen, dass du unter stark genau diese Menge an Kaffeepulver verstehst, die ich gerne trinke.“
 

„Das war wohl eher Zufall.“ grinse ich nun mit brennenden Wangen.
 

„Mich würde allerdings interessieren, wie du dir das alles leisten konntest, wenn du doch die ganze Zeit arbeitslos warst.“ fragt er mich unerwartet.
 

„Ich war eben sehr sparsam, in der Zeit, zu der ich noch mit dem Kindesvater zusammengelebt habe. So konnte ich mir ein kleines persönliches Vermögen sammeln, das ich mehr oder minder in diese Wohnung investiert habe. Und die Haushaltskosten habe ich so sehr dezimiert, dass es sich monatlich ausgeht, mit dem Geld, dass ich vom AMS bekomme und mit der Familienbeihilfe für meine beiden Kinder, problemlos auszukommen. So spare ich mir monatlich auch noch etwas zusammen, für unvorhergesehene Notfälle.“ zucke ich mit meinen Schultern.
 

„Willst du denn überhaupt arbeiten?“ fragt er mich nun.
 

„Ja, schon. Aber, ich hab´ nur eine Ausbildung zur Bürokauffrau. Und etliche Buchhaltungskurse ohne Berufserfahrung. Niemand will jemand mit kaum, bis gar keiner Berufserfahrung. Dabei haben alle mal als Anfänger angefangen.“ seufze ich kopfschüttelnd.
 

„Und was genau willst du gerne machen?“
 

„Na, ja. Am liebsten nur Buchhaltung. Das wäre mein größter Traum.“ schwärme ich ihm vor.
 

„Beherrschst du denn auch die Buchhaltung?“ hakt er nach.
 

„Sicher. … Schon klar, dass ich mich einarbeiten müsste, weil die Unternehmen das unterschiedlich handhaben, aber nach spätestens einem Monat ist mir das ins Blut übergegangen. Doch bisweilen bin ich noch nicht über Vorstellungsgespräche hinausgekommen. Und zu denen kam es auch nicht gerade oft.“
 

„Darf ich mal ein Bewerbungsschreiben und deinen Lebenslauf sehen?“ bittet er mich.
 

Erstaunt blinzle ich.
 

„Klar. … Wenn dich das interessiert?“ wundere ich mich lautstark.
 

Ich gehe in mein Schlafzimmer, setze mich an den Drucker und drucke ein Bewerbungsschreiben und einen Lebenslauf aus.
 

Als ich wieder ins Wohnzimmer komme, drücke ich ihm beides in die Hand, ehe ich mich wieder zu ihm setze. Er liest sie sich aufmerksam durch. Beim Lebenslauf legt sich sogar ein Lächeln auf seine Lippen, ehe er meint:
 

„Deine Leerlaufzeit hast du echt nett kaschiert.“
 

„Was sollte ich denn sonst schreiben? Erstens würde sich mein Lebenslauf in unschöne Länge ziehen und so sind sie halt zusammengefasst, sodass alles schön auf eine Seite passt.“
 

Seto nickt dazu nur, ehe er sich erkundigt:
 

„Kann ich mir die behalten?“ und hält mir die Zettel entgegen.
 

„Ähm, sicher. Die brauch´ ich eh nicht mehr. Die hab´ ich jetzt sowieso nur für dich ausgedruckt. Ich hätte sie anschließend weggeworfen, wenn du sie nicht würdest haben wollen.“ lächle ich ihn leicht an.
 

Seine ganzen Fragen verunsichern mich.
 

„Könntest du mir denn, aus dem Stehgreif, drei deiner Stärken aufzählen?“
 

Uh. Was wird das, wenn es fertig ist?
 

„Na, ja. Ich bin detailorientiert. Unter diesem Wort verstehe ich nämlich Genauigkeit und hohe Auffassungsgabe. Ich war nämlich in einer Übungsfirma, wo ich mir für drei Monate in der Buchhaltungsabteilung etwas Praxis aneignen durfte. Mir wurde sogar ein lobendes Dienstzeugnis ausgehändigt. … Dann besitze ich noch Zahlenverständnis, weil ich einfach gerne mit Zahlen arbeite. … Und ich bin technisch begabt, weshalb ich mich ziemlich rasch in alle möglichen Buchhaltungsprogramme einarbeiten könnte. Ich kenne mich sogar mit PC´s aus. Ich kann zwar nicht behaupten, Profi in dem Gebiet zu sein. Ich besitze aber etwas Ahnung.“
 

„Könnte ich dieses Dienstzeugnis denn sehen?“
 

„Warte kurz. Ich kann dir das Original zeigen.“ biete ich ihm an und eile wieder in mein Schlafzimmer, wo ich mir gleich meine komplette Dokumentenmappe aus dem Bücherregal nehme.
 

Schon eile ich ins Wohnzimmer zurück, öffne sie ihm und schlage ihm auch gleich die richtige Seite auf. So lege ich ihm die Mappe vor ihn hin, auf dem Couchtisch. Er beugt sich interessiert hinunter und liest sich mein Dienstzeugnis durch, während ich mich zögerlich wieder neben ihm platziere.
 

Seine Neugier scheint allerdings geweckt, was sich noch alles in dieser Mappe befindet, denn er beginnt, sich durchzublättern. Und jede einzelne Seite betrachtet er mit vollstem Interesse. Erst geht er meine Urkunden meiner Lehre und Berufsschulzeit durch, dann kommt er auch schon zu meinen Zeugnissen, bei denen ich dann doch verlegen werde. Aber, mehr aus Scham, weil ich nicht nur mit Einsen prahlen kann. Am liebsten will ich gar nicht wissen, was er von meinen Zeugnissen hält. Er scheint aber auch nicht nachfragen zu wollen, um mich nicht in Verlegenheit zu bringen. Gott, sei Dank.
 

„Interessant, was du da für Talente besitzt.“
 

„Tja, ich bin ziemlich vielseitig und hab´ auch verschiedene Interessen. … Ich bin aber auch etwas eigen. Wenn man mich nicht so akzeptieren kann, wie ich bin, dann hat eine Freundschaft oder Beziehung mit mir ohnehin keine Chance.“ zucke ich mit meinen Schultern.
 

Er nickt verstehend und setzt an:
 

„Aber, nun wieder zurück zum eigentlichen Grund meines Erscheinens. Ich konnte mir bisweilen ja schon ein Bild von dir machen, von dem, was ich bisher so mitbekommen und erfahren habe. Das ist übrigens mehr, als die anderen Frauen von sich behaupten können.“, ich frage mich zwischenzeitlich, ob das gut oder schlecht ist, „Jetzt würde mich nur noch interessieren, was du dir eigentlich davon erhoffst, weil du tatsächlich auf dem Ball erschienen bist. Ich hab´ dir zwar eine Einladung dagelassen, aber du hättest sie ja nicht annehmen müssen.“
 

„Ganz ehrlich hätte es mir schon gereicht, dich einfach noch einmal wiederzusehen, nachdem du dich im Aufenthaltsraum des Kursgebäudes von mir verabschiedet hattest. … Aber, als ich dann die ganzen anderen Frauen gesehen und deren Verhalten mitbekommen habe, dachte ich so bei mir, dass ich dich doch nicht in dein Unglück stürzen lassen kann. Und da du mir sichtlich den Kampf angesagt hattest, dachte ich mir, dass ich dann eben auch zu kämpfen beginne.“ lächle ich ihn verlegen, mit brennenden Wangen, an.
 

„Der erste Tanz. Ich erinnere mich.“ grinst Seto verlegen, mit leicht gesenktem Blick.
 

Verwundert lege ich meinen Kopf schief und blicke ihn von der Seite an, während ich mich unbewusst weiter zu ihm beuge. Er dreht seinen Kopf zu mir und ich stelle fest, dass wir uns sehr nahe sind. Ich will schon zurückweichen, doch sein Blick hindert mich unwillkürlich daran. Sein Blick hält mich regelrecht fest. Richtig gefangen. Doch, dann schließt er seufzend seine Augen. Und ich kann nicht widerstehen. Ich beuge mich ganz zu ihm vor und lege zart meine Lippen auf seine. Nur eine kleine wenig andauernde Berührung. Weiter nichts. Und ehe ich mich versehe, schlingen sich seine Arme allmählich um meinen Körper, drücken mich sanft an ihn und seine Lippen drücken sich fester auf meine. Jetzt kann ich erst recht nicht mehr widerstehen.
 

Nun schlinge ich meinerseits meine Arme um seinen Hals und vertiefe unseren Kuss. Schon schmiegen sich unsere Zungen aneinander und umspielen sich auf stürmische Art und Weise. Und so macht er mir auch klar, wie sehr er meine Küsse zu schätzen weiß. Seine Art wird allerdings immer ungestümer, fast schon sehnsüchtig, als ich auch schon seine Hände an meinem Körper spüren kann. Er geht ganz schön ran, obwohl er mich doch eigentlich nur kennenlernen wollte. Ob er das mit jeder so durchgezogen hat?
 

Ich bekomme aber allmählich Bedenken, und werfe, von ihm unbemerkt, einen Blick auf meine Armbanduhr. Ähm, wollte er nicht eigentlich nur zwei Stunden bleiben? Ich kann gar nicht glauben, dass er schon so lange, hier, bei mir ist. Er scheint sich hier einfach zu wohl zu fühlen. Es ist nämlich schon 18.06 Uhr. Und sein Chauffeur dürfte nun schon seit ein paar Stunden auf ihn warten. Außerdem kommt mir in den Sinn, dass ich für die Kinder schon langsam Abendessen machen sollte. Deshalb bremse ich ihn langsam ab, um den Kuss zu beenden und löse mich von ihm, woraufhin er sogar murrt.
 

„Tut mir leid, Seto, aber es ist schon spät und ich sollte für die Kinder das Abendessen vorbereiten, damit ich sie bald zu Bett bringen kann.“, teile ich ihm mit, als mir ein Gedanke kommt und ich ihn deshalb frage, „Willst du vielleicht mitessen?“
 

Ein erfreutes Lächeln legt sich auf seine Lippen und seine Augen funkeln aufgeregt, als er antwortet:
 

„Sehr gerne.“
 

„Ich hoffe, du magst Gnocchi-Ragout.“ mache ich kund, was ich gedenke, zu kochen.
 

Er nickt nur begeistert, was mich zum Grinsen bringt, weil er wieder wie ein kleiner Junge wirkt, der sich freut, eine leckere Mahlzeit zu bekommen.
 

Als ich mich erhebe, tut er es mir wundersamer Weise gleich und fragt sogleich:
 

„Darf ich dir dabei zusehen?“
 

„Ähm, … wenn du willst?“ biete ich ihm deshalb an und er begleitet mich in die Küche.
 

Ich hole einen Topf aus einem Schrank, in den ich Wasser aufgieße und auf den Herd stelle, um das Wasser zum Kochen zu bringen. Die Herdplatte, für den Topf, stelle ich auf die Stufe 9. Dann bereite ich eine Pfanne vor, die ich ebenfalls aus einem Schrank entnehme und Öl aus einem anderen Schrank. Ich schütte etwa zwei bis drei Esslöffel Öl in die Pfanne. In einen Messbecher, aus einem Hängeschrank, fülle ich Wasser bis zur Marke 3/8 Liter ein und nehme die fertige Gewürzmischung für Bolognese-Sauce, die neben dem Wasserkocher lehnt, um sie zum Messbecher zu stellen.
 

Danach gehe ich an den Kühlschrank und entnehme diesem eine Packung vorgeschnittenen Schinken. Ich öffne die Verpackung, hole ein Schneidebrett und ein Messer, aus verschiedenen Schubladen, und beginne die Schinkenscheiben in Quadrate zu schneiden. Dann werfe ich zwischendurch mal einen Blick auf den Topf mit dem Wasser, um zu überprüfen, wann es etwa zu kochen beginnt. Da dem bald der Fall ist, hole ich das frische Faschierte aus dem Kühlschrank. Nachdem ich das Faschierte ausgepackt habe, drehe ich die Herdplatte, für die Pfanne, ebenfalls auf die Stufe 9 und warte, bis der Pfannenboden warm geworden ist. Als dem der Fall ist, gebe ich das Faschierte in die Pfanne und hole mir noch einen Pfannenwender aus der Besteckschublade, um diesen zum Verrühren zu verwenden, und beginne das Faschierte anzubraten.
 

Als das Faschierte fertig angebraten ist, gieße ich das Wasser im Messbecher darüber, schütte die Gewürzmischung der Bolognese-Sauce dazu, die ich einrühre, und lasse die Sauce aufkochen, während ich sie verrühre. Dann ist auch schon das Wasser im Topf am Kochen. Deshalb hole ich jetzt die Packung Gnocchi aus dem Kühlschrank, schneide die Verpackung auf und löse die Gnocchi daraus, um sie ins Wasser fallen zu lassen. Danach drehe ich sofort die Herdplatte zurück auf die Stufe 5.
 

Aus einer Schublade entnehme ich einen Löffel und verführe die Gnocchi, damit sie nicht verkleben und nebenbei rühre ich auch noch die Sauce um. Als die Sauce kocht, drehe ich auch diese Platte auf Stufe 5 zurück und gebe den geschnittenen Schinken dazu. Anschließend hole ich ein Sieb aus einem Schrank und stelle es in den Abwasch.
 

Nach fünf Minuten schalte ich beide Herdplatten ab, nehme den Topf mit den Gnocchi und entleere diesen über dem Sieb. Danach entnehme ich einem Schrank vier Teller, die ich auf der Arbeitsplatte aufteile. Aus einer Schublade entnehme ich einen Schöpfer, den ich neben den Herd lege, zur kommenden Verwendung.
 

Von der Arbeitsplatte entnehme ich den ersten Teller, den ich für Lukas vorgesehen habe, und entnehme mit dem Löffel, den ich zum Umrühren für die Gnocchi verwendet habe, einige Gnocchi aus dem Sieb. Dann kommt der nächste Teller für die Melanie dran.
 

„Wieviel willst du?“ richte ich mich an Seto, nach dem ich mich richte, wie viel schlussendlich für mich übrigbleibt, da dieser mir die ganze Zeit aufmerksam zugesehen hat, und mir immer aus dem Weg gegangen ist, während ich durch die Küche gewirbelt bin.
 

Er nimmt mir den Löffel aus der Hand und gibt sich selbst mehrere Gnocchi auf einen leeren Teller. Den Rest schüttet er mir auf den letzten leeren Teller. Dann gehe ich schon mal an die Sauce mit dem ersten Teller und schöpfe zwei kleine Schöpfer auf die Gnocchi, das ich beim zweiten Teller wiederhole. Danach überlasse ich wieder Seto den Schöpfer und er schöpft sich auf seinen Teller. Den Rest schüttet er wieder auf den übrigen Teller. Dann geht es auch schon ans Anrichten.
 

Ich nehme Lukas´ und Melanie´s Teller und stelle sie auf den Esstisch. Dasselbe mache ich mit Seto´s und meinem Teller. Dann richte ich noch das Besteck und Servietten her. Als ich mir den gedeckten Tisch so betrachte, fällt mir auf, dass zuvor noch nie jemand hier mit uns gegessen hat. In dieser Wohnung hatte ich noch nie männlichen Besuch. Eigentlich bin ich auch davon ausgegangen, für den Rest meines Lebens einsam zu bleiben. Und nun hat sich mir die Chance eröffnet, dies zu ändern.
 

„Du kannst dich gerne schon hinsetzen. Ich hole nur schnell die Kinder.“ teile ich Seto mit und verlasse die Küche.
 

Schnell eile ich ins Schlafzimmer.
 

„Kinder, Abendessen. Für heute ist Schluss mit Spielen.“ richte ich aus und die Kinder schalten das Spiel und den Fernseher ab.
 

Anschließend folgen sie mir brav in die Küche und setzen sich an ihre Plätze. Sie wirken überrascht, dass Seto noch da ist.
 

„Mahlzeit.“ läute ich somit das Essen ein.
 

Schon machen sich die Kinder ans Essen. Als ich zu essen beginne, beobachte ich Seto, der durch die Runde blickt, ehe auch er endlich zu essen beginnt. Er scheint sich in unserer Runde wirklich wohl zu fühlen, weil er immer noch nicht ans Gehen denkt.
 

„Schmeckt´s?“ erkundige ich mich bei Seto.
 

„Sehr gut, danke.“ erwidert er mir und ich fühle mich geschmeichelt.
 

Die Melanie beginnt zu grinsen, weshalb ich ihr einen bösen Blick zuwerfe, damit sie ja kein falsches Wort verliert, obwohl sie mich eigentlich eh schon zu Beginn verraten hat. Aber, er muss ja nicht extra noch daran erinnert werden.
 

Nach dem Essen erheben sich die Kinder und ich bitte sie:
 

„Zieht euch jetzt bitte um, während ich aufräume.“
 

Schon verziehen sich die Kinder ins Kinderzimmer und ich räume den Tisch ab. Das Geschirr landet im Geschirrspüler, den ich auch gleich anwerfe. Danach gehe ich ins Kinderzimmer, verfolgt von Seto, der in der Türschwelle stehenbleibt, um mich zu beobachten.
 

„Seid ihr fertig umgezogen?“ frage ich überflüssiger Weise, weil die Kinder schon ihre Schlafanzüge tragen.
 

„Ja.“ kommt synchron von den Kindern.
 

„Na, dann kommt Zähneputzen.“ fordere ich sie auf und begleite sie ins Badezimmer, in das Seto mir wieder nur folgt, um uns zu beobachten.
 

Melanie putzt ihre Zähne alleine, aber Lukas braucht dabei Hilfe. Danach bringe ich die beiden zurück ins Kinderzimmer, wo ich sie nacheinander in die Bettdecke ihrer beiden einzelnen Betten kuschle. Dann setze ich mich in den mittigen Stuhl und schlage ein Buch auf, um ihnen von darin ein Märchen vorzulesen.
 

Da die Kinder während des Märchenvorlesens bereits einschlafen, schlage ich das Buch wieder zu, küsse beide auf die Stirn und schleiche mich aus dem Zimmer. Danach stehe ich wieder Seto gegenüber, den ich im Wohnzimmer antreffe.
 

„Deine Kinder sind wirklich niedlich.“ merkt Seto an, als er mich bemerkt.
 

„Danke.“ erwidere ich ihm verlegen.
 

„Und auch, wenn ich gern noch länger bleiben würde, so wird es doch langsam für mich Zeit, zu gehen. Ich muss schließlich noch meine Entscheidungen mitteilen.“ fährt er fort.
 

Schade, wo ich mich gerade an seine Gegenwart gewöhnt habe. Deshalb kann ich es auch nicht verhindern, etwas enttäuscht und traurig dreinzublicken.
 

„Jetzt sei doch nicht gleich traurig. Wir sehen uns doch bereits morgen wieder.“ meint er, mit einem sanften Lächeln.
 

Mein Gesicht hellt sich sofort auf. Er will mich echt in die nächste Runde mitnehmen?
 

„Ernsthaft?“ freue ich mich sichtlich und falle ihm gedankenlos um den Hals, um ihn nur zu umarmen.
 

Er seufzt auf, ehe er meine Umarmung erwidert und drückt mich sanft an sich. Im Augenblick könnte ich nicht glücklicher sein. Denn er ist ganz nah bei mir und ich darf ihn sogar am Körper spüren. Ach, wenn er doch bleiben könnte.
 

„Ach, ja, Olivia.“, nennt er mich zum ersten Mal beim Namen, „Komm um 18 Uhr wieder dorthin, wo der Ball stattgefunden hat. Und zieh´ dein hübsches Ballkleid wieder an.“ flüstert er mir ins Ohr.
 

Dann löst er mich eine Armlänge von sich, nur damit wir unsere Lippen wieder miteinander verschmelzen lassen können. Für mich ist es, als ginge ein Traum in Erfüllung. Ich hoffe nur, dass er nicht nur mit meinen Gefühlen spielt. Da kommt mir auch in den Sinn, dass er sich auf meine Gefühle vielleicht etwas einbilden könnte. Sollte er wirklich nur ein falsches Spiel mit mir spielen, dann wird er es auf jeden Fall sehr, sehr bereuen. Dennoch bin ich gespannt, woraus die letzte Runde besteht.
 

Als er sich von mir löst, lächelt er mich noch einmal an, ehe er sich von mir abwendet und in den Vorraum geht, um sich seine Schuhe wieder anzuziehen. Ich folge ihm natürlich, um ihn zu verabschieden. Einerseits liebe ich ihn wirklich sehr und würde ihn vermissen, wenn ich morgen ausscheiden sollte. Würde er mir überhaupt wahre Gefühle entgegenbringen können? Weiß er überhaupt, was Liebe ist? Was nicht zu übersehen ist, bei ihm, ist, dass er mich sichtlich sehr sympathisch findet. Aber, reicht das aus, um ein ganzes Leben miteinander zu verbringen? Dieser Ball findet ja schließlich statt, weil Seto sich verheiraten will.
 

Ehe er zur Tür hinaustreten kann, halte ich ihn noch einmal auf:
 

„Seto?“
 

Er dreht sich zu mir um und sieht mich fragend an.
 

„Was erhoffst du dir eigentlich von diesem Ball-Auswahlverfahren?“
 

Er hebt fragend seine linke Augenbraue an, ehe er antwortet:
 

„Natürlich, um die Richtige für mich zu finden. Wieso fragst du?“
 

„Und das kannst du entscheiden, innerhalb von zwei Wochen?“
 

„Glaube nicht, dass ich das freiwillig tue. Man hat mich erpresst, weil ich keine Freundin oder Ehefrau vorweisen kann. Und Mokuba ist eben die Idee mit dem Ball gekommen. Und auch, wenn ich keine andere Wahl habe, so will ich wenigstens selbst die Entscheidung treffen, wen ich an meiner Seite dulde. … Dumm ist nur, dass ich den Erpressern erwähnt habe, dass ich eine Frau an meiner Seite hätte, damit sie mich nicht weiter erpressen. So muss ich den Erpressern in zwei Wochen eine Frau präsentieren können, die mit mir sehr vertraut wirkt, um mindestens ein oder zwei Jahre zusammenleben vorzuzeigen.“ gibt er von sich preis und ich bin entsetzt.
 

„Was haben dir die Erpresser denn angedroht?“ erkundige ich mich deshalb.
 

Er schließt die Augen kurz, ehe er zur Antwort ansetzt:
 

„Sie hätten leichtes Spiel Mokuba zu entführen, deshalb haben sie mir mit seinem Tod gedroht.“
 

Jetzt halte ich mir geschockt die rechte Hand vor den Mund. Das ist ja furchtbar. Und an seinen Augen sehe ich, dass er die Wahrheit spricht. Ich reiße meine Augen auf, als mir bewusstwird, dass er mir zu vertrauen scheint. Denn, sonst hätte er mir nie davon erzählt. Er vertraut mir.
 

„Mach´ dir keinen Kopf.“, Seto streicht mir über die linke Wange, „Ich werde es diesen Erpressern schon heimzahlen. Und auch, wenn die Frau an meiner Seite gefährdet sein wird, weil sie bei mir ist, werde ich sie mit allem verteidigen, was ich habe.“
 

Seine Aussage, so allgemein sie auch klingen mag, klingt dennoch so sehr auf mich bezogen, dass mir leicht schwindelig wird, vor Glück. Er lächelt schelmisch, ehe sich seine Hand ganz auf meine linke Wange legt und er sich zu mir herunterbeugt, um mich ein letztes Mal intensiv zu küssen. Anschließend ist er aber schneller verschwunden, als mir lieb ist. Meine Knie sind ganz weich, während ich die Wohnungstür wieder schließe.
 

***
 

Am nächsten Tag, Samstag, gegen 17 Uhr, mache ich mich wieder für Seto hübsch. Das Ballkleid ist schnell angezogen. Meine Haare kämme ich länger durch, ehe ich die Tiara auf meinen Kopf setze. Und die Ballschuhe habe ich auch schnell angezogen. Jetzt muss ich nur noch auf meine Mutter warten, damit sie auf die Kinder aufpasst, während ich weg bin.
 

Um 17.30 Uhr klingelt endlich meine Mutter an der Tür und ich lasse sie ein. Ich gebe ihr noch kurz einige Anweisungen, schon bin ich aus der Tür, um in ein Taxi zu steigen, das ich gerufen habe. Die ganze Zeit über bin ich aufgeregt und drehe fast am Rad. Heute werde ich ihn wiedersehen. Heute findet die letzte Auswahlrunde statt. Ich bin ja so aufgeregt, was Seto heute vorhat.
 

Vor dem Schloss angekommen, bezahle ich den Taxifahrer und steige aus dem Auto. Nervös zitternd trete ich auf das Schloss, zu dem Tor, zu. Ich werde sofort eingelassen und finde von alleine den Weg zum Ballsaal. Zu meinem Erstaunen sind die anderen vier auserwählten Frauen bereits anwesend. Diesmal studiere ich ihre Gesichter aber genauer. Zum Glück kein Gesicht vom Kurs. Jedoch bemerke ich, dass mich die vier Frauen erstaunt anblicken, weil sie anscheinend nicht ausgerechnet mit mir gerechnet haben. Dann blicke ich mich auch schon nach Seto um. Ein Blick auf meine Armbanduhr verrät mir allerdings, dass wir noch zwei Minuten Zeit haben. Und Seto ist immer überpünktlich.
 

Dann betritt er auch schon die Bühne. Doch er ist nicht alleine gekommen. Mokuba ist an seiner Seite und Bühnenbauer stellen gerade eine Bühnenwand auf, andere schieben Stufen an die Bühnenwand. Zusätzlich baut ein Fotograf auch noch ein Kamerastativ und Lichtstrahler auf. Blinzelnd beobachte ich das Ganze. Was soll das nur werden?
 

„Willkommen, meine Damen.“ erhebt Seto da auch schon seine Stimme.
 

Als sein Blick den meinen trifft, leuchten seine Augen besonders.
 

Schon fährt er fort:
 

„Wie Sie bereits erkennen können, wird heute die Auswahl etwas anders getroffen. Denn heute wird mein Bruder Mokuba die Jury sein, während ein Fotograf, jede von Ihnen, mit mir an der Seite, fotografieren wird. Die Auswahl wird auf Jene treffen, die sich am besten an meiner Seite macht. … Ich darf nun die Erste von Ihnen auffordern, zu mir zu treten. Die Fotos werden auf der Treppe vor dem Wandbildnis geschossen.“
 

Eine schwarzhaarige Frau in einem dunkelgelben Kleid, wirklich sehr hübsch und schlank, tritt zu Seto auf die Bühne und stellt sich neben ihn auf die Treppe. Sie lächelt ihn künstlich zuckersüß an, wobei Seto das Gesicht angeekelt verzieht. Er versucht dennoch vor der Kamera normal zu wirken, während ihnen der Fotograf Anweisungen gibt, wie sie posieren sollen. Mokuba kann sich auf Grund Seto´s Mimik kaum ein Kichern verkneifen, weshalb er seinen Mund hinter seiner rechten Hand versteckt.
 

Dasselbe spielt sich dann auch bei den anderen drei Frauen ab. Zuletzt bin allerdings wieder einmal ich dran. Seto´s Augen leuchten begeistert auf, als ich zu ihm trete, was mich meine Lippen zu einem Grinsen verziehen lässt. Hat er es zuvor gemieden, die Frauen richtig zu berühren, so hat er jetzt keine Hemmung mich richtig anzufassen. Er zieht mich beinahe schon besitzergreifend zu sich, an seine Seite, als gehörte ich schon von Anfang an dorthin. Wir stellen uns in Pose und blicken in die Kamera, während ich mir diese eine Frage nicht verkneifen kann:
 

„Was erhoffst du dir von dieser Nummer?“
 

„Nun, mein Bruder hatte diese Idee, hat diese Auswahlen ausgearbeitet und wollte auch immer mitentscheiden, wen ich nehmen soll. Wenn ich ihm allerdings freie Wahl gelassen hätte, wärst du längst nicht mehr mit dabei.“
 

„Moment. Heißt das, du wolltest mich schon die ganze Zeit …?“ unterbreche ich mich und sehe ihn nun fragend an, da er ohnehin verstehen sollte, während er mir auch sein Gesicht zuwendet.
 

Wir blicken uns gegenseitig in die Augen und ich versinke in seinen vollkommen. Die Worte des Fotografen nehme ich schon gar nicht mehr war. Ich wende mich Seto ganz zu, genauso, wie er sich mir ganz zuwendet. Dann lege ich auch schon meine Hände an seine Brust, streiche hinauf zu seinen Schultern und anschließend hinter seinen Hals, als er sich auch schon zu mir herabbeugt, während seine Hände über meine Oberarme streichen, nur um weiter auf meinen Rücken zu wandern. Unsere Lippen legen sich wie von selbst aufeinander. Und unsere Zungen schmiegen sich sofort aneinander, als wir diese zwischen unseren Lippen hervorschieben. Niemand existiert mehr, außer uns beiden. So fühle ich zumindest im Augenblick.
 

Erst, nach einigen Minuten, als wir uns wieder voneinander lösen, werde ich unserer Situation wieder bewusst und starre in entsetzt erstaunte Gesichter, deren Augen und Münder weit aufgerissen sind. Mokuba sitzt sogar mit dem Po am Boden, weil er so fassungslos ist. Jedoch bringt er dann doch noch Worte hervor:
 

„Seto! Du liebst diese Frau?“
 

Prompt läuft Angesprochener rot an und senkt verlegen seinen Blick. Doch viel mehr berührt mich dann, als Seto hinzufügt:
 

„Und ihre Kinder.“
 

„Aber, warum hast du mir nicht gesagt, dass du dich längst entschieden hast.“ wirft Mokuba ihm vor.
 

Seto seufzt, ehe er antwortet, während er seinen Blick wieder hebt:
 

„Du warst so stolz auf dein Auswahlprogramm. Da wollte ich dir deinen Spaß nicht nehmen.“
 

„Aber, Seto. Das Programm habe ich doch nur aufgestellt, damit du für dich die Frau findest, die du dir an deiner Seite wünschst.“, erhebt sich Mokuba nun wieder vom Boden und geht auf Seto zu, ehe er anfügt, „Und, wenn du diese Frau sogar liebst, dann kann nur sie die Richtige für dich sein.“
 

Jetzt muss ich mich einfach vergewissern, ob da was dran ist, was Mokuba sagt:
 

„Stimmt das, Seto? Liebst du mich?“
 

Fast schüchtern blickt er zu mir. Wie ein kleiner Junge, der sich das erste Mal verliebt hat. Einfach süß.
 

Und genauso schüchtern nickt er dann auch und auf meine Lippen legt sich ein glückliches Lächeln, während ich meine Augen schließe, um mein Glück fassen zu können. Aber nur kurz. Dann öffne ich meine Augen wieder und strahle Seto an. Ich hätte nie gedacht, dass ich wirklich so ein Glück haben könnte. Mein Traum hat sich doch tatsächlich erfüllt. Ich kann es noch gar nicht fassen.
 

Ich hänge mich regelrecht um seinen Hals, um meine Lippen stürmisch auf seine zu pressen. Plötzlich macht Seto eine Armbewegung. Zuerst höre ich viel Lärm um uns herum, doch dann wird es unerwartet dunkel. Nur sanftes Licht um uns herum erleuchtet die Umgebung und reicht dabei nicht einmal weit. Irritiert löse ich mich wieder von ihm und er grinst mich an. Verwundert drehe ich mich einmal um die eigene Achse und stelle fest, dass ich in einem merkwürdig unförmigen Lichterkreis stehe. Ich steige darüber hinweg und entferne mich etwas, um die Form der Lichter etwas besser deuten zu können. Eine Herzform.
 

Als mein Blick allerdings wieder auf Seto fällt, kniet er mit einem Bein und streckt mir etwas, in seinen Händen, entgegen, das einer kleinen Schachtel entspricht. Stutzig trete ich wieder in das Lichterherz, da öffnet Seto die kleine Schachtel und erzählt mir:
 

„Ich weiß, wir kennen uns erst seit zwei Wochen, doch ich bin gewillt, dass Risiko einzugehen. Denn du hast es geschafft, mein Herz im Sturm zu erobern.“, ehe er mich fragt, „Darum frage ich dich, willst du meine Frau werden?“
 

Ich bin so sehr gerührt, dass mir Freudentränen in die Augen steigen und mir meine rechte Hand vor den Mund halte, um meine Überraschung zu überwinden. Er lächelt mich sogar liebevoll und vertrauensvoll an.
 

„Oh, ja, Seto. Ich will deine Frau werden.“ falle ich ihm, zum wiederholten Male, um den Hals und lasse meinen Tränen nun freien Lauf.
 

Ich kann mein Glück wirklich nicht mehr fassen. Er nimmt mich zärtlich in die Arme und streicht mir den Rücken auf und ab, um mich wieder zu beruhigen. Als mir das wieder gelingt, schiebt er mich etwas von sich und steckt mir den Ring an meinen linken Ringfinger. Den Zweiten stülpt er über seinen linken Ringfinger. Oh, mein Gott. Ich bin jetzt Seto Kaiba´s Verlobte. Deshalb lächle ich ihn jetzt glücklich an und gestehe ihm leise:
 

„Ich liebe dich, Seto.“
 

„Das dachte ich mir schon, als deine Kleine mir erzählt hat, beim Reinkommen, in deine Wohnung, dass du mich liebhast. Kinder neigen dazu, immer alles auszuplaudern.“ lächelt er mich glücklich an.
 

Wir erheben uns und küssen uns wiederholt. Erst dann drehen wir uns zu den Übrigen um, die uns erst verwirrt anstarren, vermutlich wegen der Nummer, die Seto soeben abgezogen hat, aber dann gerührt zu klatschen beginnen. Selbst Mokuba grinst begeistert, weil Seto regelrecht zu strahlen scheint.
 

„Ich hoffe doch, dass es dir nicht zu schnell geht, wenn wir bereits in einer Woche heiraten?“ fragt er mich da unvorbereitet.
 

Ich überlege kurz, dann erwidere ich:
 

„Und die ganzen Vorbereitungen für die Hochzeit? Geht sich das alles denn in einer Woche aus?“
 

„Du denkst doch nicht ernsthaft, dass ich nicht längst alles geplant habe. Es wird eine Traumhochzeit, die öffentlich stattfinden wird. Und ich werde dich auch noch mit der offiziellen Geschichte unserer Beziehung betraut machen.“
 

„Was? Du hast ihr davon erzählt? Ich dachte, das bleibt inoffiziell.“ wirft Mokuba Seto nun vor, ehe Mokuba selbst die Erkenntnis zu treffen scheint und ihm die Kinnlade zu Boden fällt.
 

Seto sieht ihn nur mit hochgezogener Augenbraue fragend an.
 

„Du vertraust ihr?“ gibt Mokuba fassungslos seine Erkenntnis dann preis.
 

Seto blickt bei dessen Antwort aber mich an:
 

„Ja, das tue ich.“
 

„Würdest du dann heute, über Nacht, bei mir bleiben wollen?“ erkundige ich mich aufgeregt bei ihm.
 

„Sehr gerne.“ erwidert er, mit funkelnden Augen.
 

„Ich kann´s kaum erwarten, meiner Mutter meinen neuen Verlobten vorzustellen.“ lache ich und er fällt ein, ins Lachen, auf ehrliche Art und Weise, sodass es selbst seine Augen erreicht.
 

Seto sieht wirklich glücklich aus. Und ich bin es auch. Hoffentlich hält unsere Liebe für ein ganzes Leben an. Obwohl, ich kann es immer noch nicht fassen, dass ich jetzt wirklich mit Seto zusammen und sogar mit ihm verlobt bin.
 

„Mokuba, du entschuldigst uns bitte? Wir haben schließlich nur eine Woche, um uns miteinander vertraut zu machen. Du bekommst schon noch die Möglichkeit, deine zukünftige Schwägerin kennenzulernen.“
 

Mit diesen Worten reicht Seto mir seine Hand. Ich nehme sie nur viel zu gerne an und lasse mich von ihm mitziehen, als er mit mir die Bühne herabläuft. Wir lassen die vier anderen Kandidatinnen von Seto einfach hinter uns und verlassen das Schloss. Auf in eine neue Zukunft!!!
 

~~ Ende ~~



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