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Blind eyes

von

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Regen mit Tee

Es würde Regen geben.

Linn lächelte und legte ihren Kopf in den Nacken. Für die meisten Bewohner in New York bedeutete dies, nasse traurige Straßen, verzweifelte graue Wände, und Menschen die zu einer anonymen Herde von Regenschirm tragenden Personen verschwammen.

Doch nicht für Linn. Nichts war reiner und schöner als Millionen von Tropfen, die wie gefallene Engel auf die Stadt niederstürzten und das Blut und den Dreck New Yorks aus den Rinnsteinen spülten.

Es war, als wollten sie die Stadt von ihrem Übel befreien. Der Regen wusch die Spuren der Vergangenheit fort, doch ohne sie zu vergessen. Die Tropfen sangen einzig und allein für Linn, so kam es ihr jedenfalls vor. Oder stimmte das gar nicht? War sie vielleicht einfach nur die Einzige, die im Stande war sie und ihre Botschaft zu hören? Die Tropfen sangen ein uraltes trauriges Lied, das dennoch von Leben und Wachstum zeugte.
 

Linn erhob von der hölzernen Bank, auf der sie saß. Sie konnte spüren wie die Luftfeuchtigkeit in der Luft um sie herum stieg und die Poren des Holzes sich schlossen. Ein Grinsen legte sich auf ihr Gesicht, als sie hörte, wie ihr Verfolger ebenfalls aufstand.

Schon seit Tagen hatte sie einen unbekannten Schatten. Linn kannte ihn nicht. Sie hätte sich fürchten müssen, versuchen ihn abzuschütteln, ihn angreifen und beseitigen oder ihn mit ihrem Wissen konfrontieren, doch sie tat es nicht. Sie fand einen gewissen Reiz daran ihm im Unklaren darüber zu lassen, das sie ihn bereits von Beginn an entdeckt hatte. Es war ein Spiel mit dem Feuer. Sie musste sich eingestehen, er war gut, verdammt gut und im Geheimen zollte sie ihm großen Respekt, doch sie war besser! Niemand vermochte es sie zu täuschen. Sie konnte ihn spüren. Sie hörte das rascheln seiner Jacke, als er sich erhob, den Riemen seiner Tasche, wie er ihn über seine Schulter streifte und seine Schritte, wie er auf die Feuerleiter der Hauses zuging, auf dessen Dach er saß. Mit sanften federleichten Schritten stieg er die Stufen hinab, mit einer Leichtigkeit, die Linn schon vor Tagen überrascht hatte. Elegant wie ein Seiltänzer in der Manege glitten seine Füße über die verrosteten Sproßen. Bewundernswert.

Linn wandt sich ab. Sie lief einige Schritte und blieb dann in der Mitte des Parkweges stehen. Hoch oben nahm sie wahr, wie sich sie ersten Tropfen aus der Wolkendecke lösten. Sie breitete die Arme aus und wartete. In den Augen der Menschen um sie herum machte sie sich wohl vollständing zum Narren, doch es war ihr egal. Sie konnte hören, wie die Leute auf sie zeigten und zu tuscheln begannen. Ein Seufzen verließ ihre Lippen, als der erste Tropfen ihr Gesicht liebkoste, ihren Hals hinaub ran und dann unter den Rand ihres T-Shirts verschwand. Bald darauf war sie durchnässt und ihre Kleidung klebte an ihr wie eine kalte nasse zweite Haut. Noch immer lächelte Linn. Sie hörte das Echo eines jeden Tropfens bis dieses dann schließlich verklang um einem seiner Brüder platz zu machen. Durch den Schall, welcher von jedem Gegenstand, jedem Halm und Menschen zurückgeworfen wurde, malte sie sich ein genaues Bild ihrer Umgebung. Obwohl ihr Verfolger mehrere Hundert Meter entfernt war, nahm sie jede Hautunebenheit, jede Narbe, jeden Muttermal und jede Pore wahr. Und das was sie wahrnahm ließ sie erneut Grinsen. Er sah nicht schlecht aus.

Sie begann sich langsam um ihre eigene Achse zu drehen und zog den Duft des nassen Erdreichs ein. Über ihr schlug des Geruch von Wachstum und Leben zusammen, das ihr ganz schwindelig wurde und sie einige Sekunden still stehen musste.

Summend sprang sie durch die Pfützen und tanzte einen ihr vorher unbekannten Tanz, zum Rhythmus des Regens.

Der Park hatte sich mittlerweile geleert und so verbeugte sie sich schließlich lachend vor ihrem nicht vorhandenen Publikum.

Sie spürte wie ihr Schatten seine Augenbraune hob und kurz schmunzelte, bevor sich wieder eiserne Härte auf seine Züge legte. Es wunderte Linn, das er sie aus dieser Entfernung aus beobachten konnte, doch viel wusste Linn nicht über das Sehen, schließlich war sie blind. Doch konnte man es blind nennen? Sie nahm alles wahr, konnte sich orientieren und mehr. Blind. Das hörte sich immer an wie ein Fluch, eine Krankheit. Oftmals waren die Stimmen die es aussprachen von Mitleid durchtränkt und betrübt. Doch Linn war weder traurig, noch sah sie sich im Nachteil. Im Gegenteil, sie bedauerte die Menschen, die sehen konnten und dennoch blind waren. Blind für die Schönheit, die sie umgab.

Linn drehte sich noch einmal lachend im Kreis, dann nahm sie ihren Blindenstock und machte sich auf den Weg zu ihrer Wohnung. Mit schnellen Bewegungen, ließ sie ihn über den Boden streichen und ging schneller als man es ihr zugetraut hätte. Wenn man es genau nahm, brauchte sie ihren Stock nicht. Aber eine Blinde ohne Stock oder Hund? Nein, das wäre zu auffällig. Auch ihre trüben blinden milchigen Augen versteckte sie stehts hinter einer dunklen Brille.

Knarrend schwangte die Türe ihrer kleinen Wohnung auf und Linn streifte ihre Schuhe im Hausflur ab. Nachdem sie sich ihrer nassen Kleidung entledigt und ihre schwarzen kurzen Haare getrocknet hatte, setzte sie einen eisernen Kessel Wasser auf die Platte und lehnte ihre Stirn an die kalte Scheibe des Fensters, als würde sie nach draußen blicken. Irgendwo in der Ferne hatte ihr Verfolger Posten bezogen.

Er fror.

Zwischen all den Geräuschen der verschiedenen Leben um ihr herum konnte Linn seine Zähne klappern hören. Sie nahm wahr, wie er seine Muskel an- und entspannte und versuchte die Kälte aus seinen Gliedern zu vertreiben, doch der Wind zog und zerrte mit unbarmherziger Härte an seinen Kleidern, als wollte er das letzte bisschen Wärme stehlen.

Seufzend stieß sich Linn von der Fensterbank ab, als der Kessel zu pfeifen begann.

Die Nachbarn stritten mal wieder.

Der Mann warf seiner Frau mal wieder vor ihn zu betrügen, dabei war er es doch, der sich mit der Dame aus dem zehnten Stock vergnügte.

Linn hustest, als sie ihre Zunge an dem heißen Tee verbrannte. Ihr Temperaturempfinden war eigentlich um längen besser ausgeprägt als das ihrer Mitmenschen. Sie war in Gedanken gewesen.

Mit einem Lappen wischte sie den Kranz Tee weg, der sich auf der Fensterbank gebildet hatte.

Zwei Blocks weiter hatte eine alte Fabrik Feuer gefangen, doch es war unter Kontrolle. Auch ohne Löscharbeiten würde der Regen die Flammen bald gelöscht haben.

Linns Gedanken kreisten wieder um ihrem Verfolger, der sich in diesem Moment die Hände rieb und auf und ab hüpfte.

Dann fasste Linn einen Entschluss. Sie durchkämmte ihre Wohnung nach Block und Stift. Gar nicht so einfach diese Gegenstände bei einer Blinden zu finden. „Ist dir nicht kalt?“ schrieb sie in großen ungelenken Buchstaben auf das Papier. Die Schrift der Sehenden zu schreiben, kam ihr unglaublich schwer vor.

Hätte sie allerdings sehen könnte, so hätte sie die krackelige windschiefe Schrift erblickt. Viel zu fest aufgedrückt und erzwungen, wie die eines kleinen Kindes. Doch man konnte sie lesen und das war alles was wichtig war. Sie knallte die den Block an die Scheibe und hoffte ihr Schatten könnte es erkennen. „Was?“, hörte sie ihn in der Ferne, ungläubig das sie ihn entdeckt hatte.

Sie grinste schief, dann schrieb sie: „Eben; „Was?“ ist die Fragen. Tee oder Kaffee mein Verfolger.“ „Kannst du mich hören?“, fragte er und kam sich dabei reichlich dämlich vor. Linn nickte und strahlte ihm entgegen. Sein Kopfhörer knackte, und jemand anderes sagte etwas, was Linn nicht verstand, da grade in diesem Moment ein Löschzug mit Sirene um die Ecke bog. Ärgerlich verzog sich ihr Gesicht. Sie mochte keine lauten Geräusche.

Als sie sich wieder auf dem Unbekannten konzentrierte, war dieser vom Dach verschwunden. Sie machte ihn vor ihrer Türe aus und öffnete ihm mit schwung die Türe, dass sie fast gestolpert wäre.

„Sie sollten nicht jedem einfach die Türe öffnen.“, sagte er mit tiefer samtig weichen Stimme, die in Linns Bauch kribbelte und nur mit Mühe konnte sie sich davon abhalten, wie ein kleines Schulmädchen zu kichern. „Oh, glaub mir, ich kann auf mich aufpassen. Tee oder Kaffee?“, fragte Linn erneut.

Der Verfolger setzte sich an den Tisch. „Ich könnte hier sein um sie zu töten.“

„Das hättest du tun können, vor drei Tagen, am Busbahnhof oder im Supermarkt, vielleicht auch als ich bei meiner Freundin Sarah war, auch wenn es dann Augenzeugen gegeben hätten. Oder vorgestern in der U-Bahn, du warst drei Wagons hinter mir. In der Blindenbibliothek, als ich alleine dort war, als ich in meiner Wohnung war und auf dem Fensterbrett geschlafen haben. Gestern, auf dem Nachhauseweg oder heute im Park. Aber du hast es nicht ein einziges Mal versucht, also gehen ich davon aus, das dein Erscheinen andere Gründe hat.“, Linn lehnte sich zurück. „Sie haben mich also bemerkt.“ „Von Anfang an.“, nickte sie. „Beeindruckend. Einen Tee bitte.“ Linn spürte wie er sie musterte, als versuchte er hinter ihr Geheimniss zu kommen. Sie zog den wilden aromatischen Duft des frischen Tees ein und stellte dann die Tasse auf den Tisch. „Also, was willst du von mir? Und noch viel wichtiger: Wer bist du überhaupt?“, fragte sie. Fast schlich er sowas wie ein Lächeln auf sein Gesicht, im Anbetracht ihrer Wortwahl. Es blieb bei einem Schmunzeln. „Meine Name ist Clint Barton. Ich komme von einer Organisation namens S.H.I.E.L.D..“ „Nie gehört.“ „Wirst du auch nie.“ Jetzt lächelte er.

Feuer im Wunderland

„Also,“, begann Linn. „mysteriöser Mann, von dem ich nie etwas hören werde, der für eine Organisation arbeitet, die nicht exestiert. Welche Figur spiel ich in diesem Spiel?“ Sie zog ihre Beine an und saß nun im Lotussitz auf ihrem Stuhl. Ihr Gegenüber verlagerte sein Gewicht und sie konnte hören, wie er kaum merklich schluckte. „Ich komme mit einem Angebot.“ „Er macht ihm ein Angebot, dass er nicht ablehnen konnte.", raunte Linn ihm entgegen und lachte. „Der Pate? Nein? Okay, rede weiter.“, sie machte eine kurze Handbewegung. Eigentlich kamen ihr Gestiken beim Reden komisch vor, doch den Sehenden schienen sie zu gefallen und Linn versuchte sich anzupassen.

Sie konnte spüren wie er kurz das Gesicht ärgerlich verzog.

Er schien nicht grade ein Mensch von Geduld zu sein. Komisch, er hatte ihr Tage aufgelauert, er sollte mehr Ausdauer besitzen. Vielleicht mochte er es einfach nicht mit Menschen zu reden. Schon gar nicht mit einem Freak wie Linn. Sie konnte es verstehen. Sie würde nicht wütend sein, wenn er einfach gehen würde. Schließlich wusste sie was sie war; ein Krüppel, ein Freak, ein Monster.

Trotz ihrer Gedanken lächelte Linn und neigte leicht den Kopf als Clint wieder zum sprechen ansetzte. „ S.H.I.E.L.D steht für „Strategische Heimat-Interventions-, Einsatz- und Logistik-Division““

Linn konnte sich einen Kommentar nicht verkneifen: „Kürzer ging es nicht?“ Er schnaubte genervt, sein Herzschlag erhöhte sich etwas. „Ich wurde losgeschickt um sie zu beobachten. Bei den Vorfällen von Manhattan vor einem Jahr, waren sie die Einzige, die aus ihrem Büro überlebt hatte. Wir fragten uns warum.“

Ein eisiger Schatten legte sich auf Linns Gesicht und mit einem Schlag war das Lächeln von ihren Lippen verschwunden.
 

Vor einem Jahr in Manhattan hatte sie für eine kleine Firma gearbeitet, die versuchte Menschen mit Behinderungen in das Berufsleben zu integrieren. Linn war als Telefonistin und im Büro tätig gewesen, als plötzlich ihre gesamte Welt zusammenbrach. Mit einem Mal war alles anders. Grade eben stand sie noch an dem Kopierer und fragte sich was sie überhaupt auf die Maschine legte und ob sie vielleicht mal wieder das Papier falsch herum auf den Scanner gelegt hatte, dann erschütterte ein lautes unbarmherziges Beben das Gebäude, das Linn den Atem und ihre Sinne raubte. Es war laut, so unendlich laut. Linn schmiss sich auf den Boden und versuchte mit den Händen an den Ohren ihr Gehör vor dem Schmerz zu verschließen, doch es nützte nichts. Das Beben fraß sich tief bis in ihre Knochen und ließ ihre Zähne klappern. Es war als wäre sie selbst der Ursprung des Bebens. Dann war es vorbei. Was war geschehen? Stand das Haus noch? Es stand noch. Trotz des lauten Pfeifens in ihren Ohren, nahm sie die Schreie und das Stöhnen um sich herum wahr. Es war schrecklich. Überall Zerstörrung und Leid. Sie rappelte sich auf, stolperte über Trümmer und umgestürzte Büromöbel. Waren alle in Ordnung? Plötzlich ran etwas warmes ihren Hals hinab. Blut. Es war ihres. Ihr Trommelfell hatte Schaden genommen. Sie wimmerte, nun war sie tatsächlich sowas wie blind. Ihr Gleichgewichtssinn wollte ihr nicht mehr gehorchen und sie fiel wieder. Auf allen Vieren tastete sie sich vorwärts, ihre ihr bleibenden Sinne bis zum zerreißen gespannt. Auf dem anderen Ohr hörte sie noch, doch nur unter Schmerzen. Ihre Hand ertastete etwas warmes, flüssiges und auch ohne den metallischen organischen Geruch, der in ihre empfindliche Nase stieg wusste sie das es Blut war. Es war nicht ihr eigenes. Sie kroch weiter, zwang sich aufzustehen und schwangte bedrohlich wie ein Betrunkener. Sie wusste die Gestalt vor ihr war tot, denn sie konnte seinen Herzschlag nicht hören. Linns Hände zitterten und sie spürte wie ihr Mageninhalt ihre Speiseröhre hinauf kroch. Sie übergab sich dort wo einst ihr Schreibtisch gestanden hatte. Plötzlich war es still. Unglaublich still. Die Schreie um sie herum hatten aufgehört. Es war als wäre sie in Watte eingehüllt. Als hätte sie sich in ihrem Inneren ein Nest gebaut. Sie saß in ihrem Nest, warm und behütet und ließ die Wahrheit nicht an sich heran. Später wurde ihr bewusst, das sie unter Schock stand. Nur langsam nahm sie das Grauen um sich herum wieder wahr. Es war als schöbe sich der Regenvorhang ihres Unglauben zur Seite und machte den Schrecken platz. Eine Gänsehaut überzog ihren Körper. Nasses Blut bedeckte ihre Haut. War es ihres? Sie wusste es nicht. Im wahrsten Sinne des Wortes blind und taub lief sie vorwärts durch Schutt und Asche. Hatte irgendwer überlebt? Und noch bevor sie dieser Frage nachgehen konnte, legte sich eine bittere Gewissheit auf ihren Geist. Sie waren tot. Warum sie nicht? Linns Reflexe waren wie ihr Gehörsinn exellent ausgeprägt. Unbewusst hatte sie das Beben wahrgenommen noch ehe dieses das Haus erreichte und sich rechtzeitig zu Boden geworfen. Es waren ihre Reflexe, die ihr auch ein zweites Mal das Leben retten, als sie hinter sich eine Gestalt wahrnahm die mit unglaublicher Geschwindigkeit auf sie zugestürmt kam. Noch nie hatte sie solch ein Wesen wahrgenommen. Wesen. Ein anderes Wort gab es nicht für das Geschöpf. Es war kein Mensch, soviel wusste Linn. Sie warf sich zur Seite und wich seinem Hieb aus. Was ging hier vor sich? Viel Zeit blieb ihr nicht diese Frage zu beantworten, ihr Angreifer schoss auf sie, mit einer Waffe, jedenfalls nahm sie an, dass es sich dabei um eine Waffe handelte, denn sie spürte nur den Luftzug als etwas an ihr vorbei schoss. Im letzten Moment bückte sie sich.

Dann war sie umzingelt. Dämliches Trommelfell, das meinte reißen zu müssen! Sie hatte ihre Angreifer erst wahrgenommen, als es fast zu spät war. Ein widerliches Knurren verließ ihre Kehle, Linns Selbsterhaltungstrieb regierte.

Das Nächste an das sie sich erinnerte, war wie sie in den Trümmern stand, ihrem Blindenstock in der Hand und zu ihren Füßen die unbekannten Wesen. Tot mit zerschlagenen Gliedern und Leben. Sie wusste noch wie ihr die Tränen in Strömen die Wangen hinab liefen, denn das war das einzige, wozu ihrer Augen gut waren: weinen. Obwohl es die Wesen waren, die sie angegriffen und zu töten versucht hatten, weinte sie nicht nur um ihre toten Freunde, sondern auch um ihre Feinde, denn das was sie getan hatte, war grausam gewesen.
 

Eine Hand umschloss ihre und sorgte für Linns Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Warmes Blut sickerte durch die Finger ihrer Faust. Wann hatte sie sie geballt? Sie löste sie und ihre Fingernägel, die sich so tief und schneident in ihr Fleisch gebohrt hatten, hinterließen blutige Spuren.

Linn hob den Kopf. „Ich habe das getan, was ich seit jeher tue: versucht zu überleben. Ich bin in den vielen Jahren wirklich gut darin geworden.“ Sie versuchte sich an einem Lächeln, doch irgendwie wollte es ihr nicht gelingen und so blieb ihr Gesicht in einer fratzenartigen Grimasse stehen, die mit viel Fantasie an ein Lächeln erinnerte. Linn hörte wie Clint ausatmete und dann den Rücken durchdrücken. Es hatte ausgehört zu regnen und der Wind trug den Geruch von Feuer heran. Linn stand auf und öffnete das Fenster um ihn hinein zu lassen. Sie liebte den Geruch von verbranntem Holz fast eben so sehr wie den Regen und manchmal bedauerte sie es, das sie keinen Kamin besaß.

„Das ist keine wirkliche Antwort auf meine Frage.“, kam es vom Tisch her. Linn drehte ihren Kopf in die Richtung. „Aber die einzige die du von mir zu diesem Thema hören wirst.“ Da war es wieder: Das freche sarkastische Lächeln, das sich schief auf ihre Lippen legte und herausfordernd ihrem Gegenüber entgegen blitzte. Sie fuhr sich mit einer Hand durch das Haar und merkte, das einige Strähnen noch klamm waren. Linn setzte sich wieder an den Tisch und grinste schief. „Bekomm ich jetzt das Angebot zu hören?“- „Sie haben nicht meine Frage beantwortet, warum sollte ich ihnen das Angebot nennen?“ Die Nachbarn stritten noch immer. Linn wiederstand genervt zu schnauben. „Weil du etwas von mir willst? Du willst mir ein Angebot machen, ich nicht dir, das bedeutet, ich bin grade im Vorteil.“ Linn kicherter leise in sich herein. Irgendwie gefiel ihr das Ganze, es hatte einen gewissen Reiz und wieder spielte sie mit dem Feuer. „Und waren wir nicht schon beim „Du“?“, fügte sie hinzu. Clint knischte mit den Zähnen. Ein widerliches Geräusch, das Linn die Gänsehaut über den Körper jagte und sie schüttelte sich. Das Einzige was schlimme war als knirschende Zähne waren Fingernägel die über eine Tafel kratzten.

„Sagen dir die Avengers etwas?“, fragte ihr ehemaliger Verfolger. Bildete sie sich das nur ein oder klang er wirklich etwas aggressiv?

„Natürlich New Yorks Helden. Vor einem Jahr konnte man keinen Fernseher anmachen ohne von ihnen zu hören und ich meine, ich höre schließlich nicht nur meinen eigenen Fernseher, sondern auch alle anderen im Umkreis von mindestens einer halben Meile. Das war irgendwie ziemlich nervig.“ Linn spürte wie sich ein Grinsen aus Clints Gesicht legte.

„Die Avengers arbeiten für S.H.I.E.L.D. Ich bin hier, um dich für die Organisation zu rekrutieren.“

„Also ist die Kacke am dampfen?“

„Wie bitte?“

„Manhattan ist ein Jahr her. Ihr wusstet seit einem Jahr über mich bescheid, beobachtet mich aber erst seit drei Tagen. Von den Avengers hat man ebenfalls seit einem Jahr nichts gehört. Das du mich grade jetzt ansprichst, sagt mir das Irgendjemand richtige Scheiße gebaut hat oder wird. Also ist die Kacke am dampfen oder nicht?“

Clint biss sich auf die Lippen. „Nicht hier. Nicht jetzt. Ich kann dir jetzt nichts genaueres sagen, ich muss nur wissen, ob du dabei bist oder nicht. Aber denk gut drüber nach, wenn du ja sagst gibt es kein zurück mehr.“

„Also frei nach dem Motto „Rote oder blaue Pille. Nehme die rote Pille und ich führe dich in die Tiefen des Kaninchenbaus“?“

Der Agent nickte. „Es gibt ein gewisses Risiko bei der Sache.“

„Welches Risiko?“

Es schien, als hätte er sich das gesamte Gespräch vor dieser Aussage drücken wollen. „Du könntest dabei sterben.“

„Das ist nicht das Risiko, das ist der Spaß an der Sache. Lass mich meine Zahnbürste einpacken und dann zeig mir das Wunderland Alice.“

Sie hatte ihre Entscheidung getroffen und der Wahnsinn würde beginnen. Oft genug würde sie ihre Worte noch verfluchen, doch bereuen? Niemals!

Schmerzen und Steckdosen

„Darf ich Sie etwas fragen?“ - „Dich.“, verbesserte Linn. „Darf ich dich etwas fragen, und tust du das nicht schon indem du fragst ob du mich etwas fragen darfst?“ Sie lächelte. Manch einer warf Linn vor, sie konnte nichts ernst nehmen, war albern, sarkastisch und provozierend. Linn stritt keine einzige dieser Behauptungen ab, das Einzige was sie störte war, das die Leute immer versuchten dies zu ändern.

Linn liebte das Leben in all seinen Facetten und ihre Augen suchten stehts nach dem Licht, auch wenn sie blind waren. Sie fand in jeder noch so auswegslosen Situation einen silbernen Streifen Hoffnung am Horizont. Es war die Hoffnung, die aus Verzweiflung und Schmerz wuchs, welche von wahrer Größe und Stärke zeugte. Schon früh hatte Linn begriffen, das es keine Schande war einen Kampf zu verlieren, ihn aber nicht zu kämpfen schon. So oft sie einen Kampf gewann, so oft verlor sie auch. Sie war keines dieser Glückskinder, denen alles in den Schoß fiel. Sie lernte wieder aufzustehen und von vorne zu beginnen. Wie sagte man so schön? „Sich zu erheben, immer und immer wieder, bis die Lämmer zu Löwen werden.“

Es war nicht so das Linn sich nicht der Verzweiflung oder dem Schmerz hingab, oft suchten sie Albträume heim in denen sie von den unbekannten Wesen von Mahattan verfolgt wurde. Sie rannte durch Räume, entsetzliche Räume, von denen sie wusste, das sie dunkel waren. Dunkelheit, ein Dauerzustand bei Linn, sie kannte weder Farben noch Licht, doch war das was sie wahrnahm für sie keine Dunkelheit. Doch in ihren Träumen, da kannte sie das Dunkle. Dieses beklemmende Gefühl das sich auf ihre Brust legte, sie schneller rennen ließ und versuchte ihr das Glück aus den Adern zu saugen, das war es, was sie Dunkelheit nannte, ohne ihr jemals wirklich begegnet zu sein.

„Du bist blind oder?“, riss sie der Agent aus ihren Gedanken. „Gut kombiniert Sherlock.“ Ein Schild aus Sarkamus schützte sie. „Warum hast du dann einen Fernseher?“ „Na er hat doch Ton oder?“, antwortet sie.

Der Riemen ihres Rucksackes schnitt etwas in ihr Fleisch, als sie ihn schulterte. Sie griff nach ihrem Blindenstock und wandt sich zur Türe. „Du bist ziemlich unvorsichtig.“, sagte Clint als sie draußen über den Flur gingen. „Ich weiß.“ - „Ich könnte gelogen haben und dich sonst wo hin bringen.“ „Nein. Ich höre es wenn Leute lügen. Ihre Stimme verändert sich und der Herzschlag erhöht sich, bei dir war beides nicht das Fall.“ Er lächelte und legte den Kopf schief. „Ich hab gelernt einen Lügendetektor zu überlisten.“ Sie drehte sich abruppt zu ihm um, dass er beinahe in sie hinein gelaufen wäre. Sie hob den Kopf, das er ihr ins Gesicht sehen konnte und grinste. „Ich bin aber kein Lügendetektor. Ich bin besser!“ Barton zuckte zusammen, als in der Wohnung neben ihnen ein Glas klirrend an der Wand zersprang. „Die Nachbarn.“, erklärte Linn. „Sie streiten mal wieder, der Ehemann wirft seiner Frau vor ihn zu betrügen. Aber sie sollte sich mal fragen, warum ihr Mann so oft im Apartment 10 E verschwindet.“ Dann hüpfte sie davon die Treppe herunter. Clint schüttelte nur den Kopf. Das konnte was werden.

Man sagt, oft verändert ein Augenblick im Leben alles und doch wollte keiner der beiden wahrhaben, das dieser Moment, als Linn fröhlich hüpfend über den Flur rannte und Agent Barton ihr mit dem Ansatz eines Lächelns, einem Schmunzeln, folgte, ihrer beider Leben für immer veränderte. Veränderung hieß nicht immer zum Schlechtern und doch würden ihre Leben nie wieder so werden wie zuvor. Aber von all dem ahnten beide natürlich nichts.

Wortlos stieg Clint in den Wagen, welcher schon vor dem Haus auf beide wartete. Wann hatte er ein Taxi gerufen? Linn vermutete, das die Person, die an Clints Wanze hing, ihn bestellt hatte und so ließ sie sich ihre Verwunderung nicht anmerken.
 

Linn mochte keine Autos, sie stanken, machten Lärm und sowieso waren sie viel zu schnell. Wenn Linn in einem saß, so änderte sich die Umgebung draußen zu schnell um sich zu orientieren, wenn man von dem ohrenbetäubenden Lärm absah, welcher es soweiso schwer machte ein klares Bild zu hören. War Linn draußen auf der Straße unterwegs, so musste sie vor dem Überqueren der Straße die Geschwindigkeit und die Entfernung der einzelen Fahrzeuge schätzen.

Mit genervt gerunzelter Stirn lehnte sich Linn zurück und dachte angestrengt über die Richtigkeit ihrer Entscheidung nach, als sich ein merkwürdiges Gefühl in ihrem Bauch breit machte, wie eine Horde Schmetterlinge, doch keinesfalls so schön. Es ist wie eine Fliege, die nervig summte, nur das dieses Summen in ihrem Hinterkopf zu sein schien und schon bald zu einem bedrohlichen Brummen anschwoll. Wie Zahnschmerzen die sich durch den ganzen Körper zogen und plötzlich war sich Linn sicher:

Etwas näherte sich mit unglaublicher Geschwindigkeit!
 

Ein Ruck ging durch ihren Körper, als sie sich aufsetzte. „Sofort auf dem Auto raus!“, brüllte sie fast. „Was...?“ Doch Linn ließ den Agent nicht ausprechen. „RAUS!“ Noch während das Auto fuhr öffnete sie die Türe. Hektisch versuchte Clint nach ihr zu greifen, bekam aber nur ihren Fuß zu fassen und ehe er sich versah, stürzte er zusammen mit Linn aus dem Fahrzeug.

Plötzlich stand die Welt Kopf. Linns gesamter Orientierungssinn war wie defekt. Sie führte die Erde über ihr, unter ihr und alles drehte sich. Hart schlug sie mit dem Rücken auf dem Asphalt auf, nur um gleich darauf weiter zu rollen. Sie spürte wie ihre Haut riss, aufschlürfte und das Blut in Strömen ihre nackten Arme hinab ran. Als sie zum erliegen kam, schien ihr Körper aus nichts anderem als Schmerz zu bestehen.
 

Sie hörte Clint dicht neben sich, wie er sich fluchend aufrichtete und seine Glieder nach Brüchen untersuchte. Der Wagen kam mit quietschenden Reifen einige hundert Meter weiter zum stehen.

Linn dankte im Stillen Gott dafür, das sie auf einer verlassenen Landstraße unterweg gewesen waren, auch wenn sie nicht wirklich an diesen glaubte. Ihr widerstrebte der Gedanke, das irgendwo, irgendwie ihr Leben bereits vorherbestimmt sein könnte. Dennoch, ihr Schutzengel sollte eine Auszeichnung bekommen. Gar nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn sie Gegenverkehr gehabt hätten. Sie spürte wie der Fahrer auf sie zu gerannt kam, gleichzeitig schwoll das Brummen zu einem erschreckenden Paukenschlag an, welches Linn dazu veranlasste sich stöhnend die Hände auf die Ohren zu legen. Hörten die anderen diesen Lärm etwa nicht? „Bist du vollkommen...?!“, weiter kam Clint nicht, denn in diesem Moment erschütterte eine laute Explosion die Straße, das Linn laut aufschrie.

Metall und andere Teile von dem was einst der Wagen gewesen waren, flogen durch die Luft, gruben sich fest in Linns Fleisch, trieben ihr die Tränen in die blinden Augen. Trotz ihrer Schmerzen, sprang Linn auf, auch wenn sie später nicht sicher sein würde wie. Sie wandt sich sofort zur Flucht. Alle Gedanken waren wie weggeblasen, als die Trümmer um sie herum flogen. Sie schrie erneut auf, als vor ihr etwas in den Boden schlug.

Die Motorhaube.

Um ein Haar hätte sie Linn erwischt. Es kam ihr vor, als renne sie furchtbar langsam, auch wenn sie wusste, ihre Beine trugen sie nicht schneller. Hinter ihr erhob sich ein gewaltiges Dröhnen, gefolgt vom Knall einer Sekundärexplosion, gefolgt von einer Hitzewelle, die sie von den Fersen bis zu Genick traf und sie wie eine warme Hand vorwärtsschob.

Linn rannte um ihre Leben.

Sie rannte bis pures Feuer durch ihre Venen jagte, dann rannte sie weiter. Sie nahm nichts mehr um sich herum wahr.

Irgendwann kapitulierte ihr Körper und sie schlug hart auf dem Asphalt auf.
 

An das was folgte konnte Linn sich nur noch in Bruchstücken erinnern. Warme große Hände, die sie sanft aufhoben und sie vor allem Übel zu beschützen schienen. Eine Stimme dunkel wie die Nacht, die leise auf sie einredete. Der Schmerz, als geschickte Finger die Splitter in ihren Armen, ihrem Gesicht und ihrem gesamten Körper entfernten. Kühle Verbände, die auf ihre brennenden Wunden gelegt wurden. Körperlose Stimmen, die sie in süßen Schlaf wiegten.
 

Piep

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Piep

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Piep

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Was war das?

Wie durch einen Nebel begann Linn ihre Umwelt langsam wahrzunehmen. Sie lag in einem Bett, die Laken waren weich und dufteten nach Weichspüler und einem Hauch von Rosen. Unter ihrem Kopf waren mehrer Kissen aufgetürmt. Sie spürte wie ihr Zunge trocken, wie von Salz vernarbt in ihrer Kehle lag und versuchte nach der Flasche Wasser zu greifen, welche das Echo der Piepsens auf dem Nachtschrank zurück warf. Stöhnend sackte sie wieder in sich zusammen. Es war als würde sie in Flammen stehen, anders konnte Linn den Schmerz nicht beschreiben, der durch ihre Glieder zuckte. Erst jetzt nahm sie die Verbände wahr, die sich um Arme, Hals und Oberkörper schlungen. Ihr Rücken war heiß und dick und hätte sie sehen können, so wäre er farbig einem Regenbogen gleich gekommen. Blau, grün und gelb wechselten sich in einem schmerzhaften Farbenspiel ab.
 

In ihrem Gesicht konnte sie mehrer Schnittwunden ausmachen und sie spürte die Fäden in ihrer Haut, die diesen beim heilen helfen sollten. Linn fühlte sich elend. Verzweifelt schluchzte sie. Wo war sie? Warum war es so leise? Bis aus das ständige Piepen, das Linn sagte, was ihr Herz noch schlug war es fast vollkommen still in dem Raum.

Mit einem Geräusch, das an eine einfahrende U-Bahn erinnerte, wenn auch nicht so laut, öffnete sich die automatische Türe am Ende des Zimmers. „Sie sind wach.“, stellte eine ihr unbekannte Stimme fest. „Scheint so.“, Linns Stimme klang kratzig, wie Sandpapier und nur mit Mühe konnte sie sich ein Wimmern verkneifen. Alles tat ihr weh. „Wie geht es mir?“, fragte sie. „Sollten Sie das nicht eher mir sagen?“, fragte der Unbekannte und zog den Stuhl aus der Ecke des Raums ans Bett, um sich dann darauf nieder zu lassen.

„Mein Name ist Nick Fury.“, stellte sich der Mann vor. „S.H.I.E.L.D. untersteht meinem Kommando.“ Vielleicht sollte Linn ehrfurcht vor ihm empfinden, zu ihm aufblicken, doch sie tat es nicht. Linn lebte frei nach dem Motto „Respekt muss man sich verdienen.“, so kam sie nicht umhin einen ihrer sarkatischen Sätze lauten zu lassen. „Also mein Name ist Linn Hino. Ich wurde von einer Organisation von Freaks rekrutiert und wäre fast drauf gegangen allein bei der Autofahrt, demnach werden wir bestimmt noch eine Menge Spaß haben.“ Mit ihrem berühmten frechen Lächeln lehnte sie sich zurück. „Agent Barton meinte schon das sie nicht ganz einfach sind.“ Sofort wurde sie ernst. „Wie geht es ihm und dem Fahrer?“, fragte sie mit erstickter Stimme. Sie spürte sie die ganze Situation an ihren Nerven zog und sie war sich sicher, zu weinen zu beginnen, wenn die Antwort nicht „Gut“ sein würde.

„Agent Barton ist bereits wieder auf den Beinen. Der Fahrer liegt auf der Krankenstation und wird dort stationär versorgt, doch geht es ihm besser als Ihnen.“, antwortete Fury.

Erleichtert ließ Linn die Luft aus ihrer Lunge, die sie unbewusst angehalten hatte.

„Was ist passiert?“, fragte sie, als sie sich an das Gesehene zurück erinnerte.

„Es gab einen bestimmten Grund, warum ich sie zu mich kommen ließ.“, begann ihr Gegenüber. „Vor einem Jahr standen wir bereits einer Bedrohnung gegenüber, welche die Menschheit zu vernichten drohte. Doch nie zuvor war die Gefahr so groß. Ich würde Ihnen eigentlich eine Akte reichen, aber da sie die dazugehörigen Fotos nicht sehen könne, werde ich sie auf den neusten Stand bringen.“, er sprach wie jemand der es gewohnt war, das man ihm ohne Gegenfrage zuhörte. „ Max Dillon, oder Electro wie er sich jetzt nennt, ist ein ehemaliger Elektriker, welcher durch einen Unfall die Fähigkeit erhalten hat, Elektrizität zu manipulieren, aufzunehmen und auch zu erzeugen, ist der Feind. Seine Kräfte sind sehr weitreichend. Das was sie auf der Fahrt gespührt haben, war einer seiner Blitze gewesen. Es ist eine leichte Übung für ihn diese überall auf der Welt erscheinen zu lassen. Da kommen sie ins Spiel. Sie haben im Wagen instinktiv gehandelt. Sie besitzten nicht nur ein außergewöhnliches Gehör, sondern auch die Fähigkeit Elektriziät in der Luft wahrzunehmen.“ „Haben sie dafür keine Messgeräte oder so?“, fragte Linn. „Natürlich, aber die sind weder so schnell wie Sie, noch können sie kämpfen.“ Er stand auf und begann im Raum auf und ab zu gehen. „In diesem Moment arbeiten Electro daran seine Fähigkeiten auszureifen. Der menschliche Körper wird durch elektrische Impulse gesteuert, ich brauchen Ihnen nicht zu sagen, was es bedeuten würde, wenn Electro es schafft diese zu kontrollieren.“ Er bleib stehen. „Erholen sie sich und dann beginnt ihre Ausbildung. Die Welt braucht sie.“ Noch ehe Linn etwas sagen konnte, war er verschwunden. „Ihnen auch noch einen guten Tag.“ Sie ließ sich mit einem schmerzhaften Stöhnen zurück in die Kissen sinken. „Ich hätte die blaue Pille nehmen sollen!“

Langeweile und Flashbacks

Linn seufzte und spielte genervt mit der Ecke ihres Bettzeugs. Sie war sich nicht sicher, was schlimmer war, die Schmerzen, die sich nun nur noch stärker bemerktbar machen, wo der Großteil ihrer Medikamente abgesetzt war, oder die Langeweile, welcher sie schon seit Tagen verfallen war. Es war nicht so, als gäbe es nichts interessantes auf dem Schiff auf welchem sie sich befand, wie sie den wenigen Gesprächen mit fremden Agents entnehmen konnte, doch sie bekam in ihrem Zimmer wenig davon mit.

Sofort nach dem Erwachen war ihr die eigenartige Stille aufgefallen, die sie umgab, viel zu untypisch für einen Ort, an dem viele Menschen arbeiteten und lebten. Man hatte ihr Zimmer Schalldicht isoliert. Dabei handelte es sich keineswegs um eine herkömmliche Isolation wie die eines Tonstudios, welche für Linns Ohren nur ein kleines Hindernis darstellte. Was immer die Ingineure von S.H.I.E.L.D angestellt hatten, Linn befand sich in unüblich leiser Umgebung. Natürlich war ihr nicht entgangen, das diese Maßnahme weniger für ihr Wohlergehen gedacht waren, eher damit sie nicht hinter die kleinen schmutzigen Geheimnisse kam, die zweifelsohne hinter jeder Ecke lauerten.

Mit keuchendem Atem erhob sie sich, so langsam und schmerzhaft, dass als sie stand schweißnass und atemlos war. Nur mit Mühe und mit zusammengepressten Lippen konnte sie sich einen Schrei verkneifen. Sie zitterte, während sie auf wackligen Beinen, durch den Raum schwankte, wie ein Betrunkener kurz vor der Ohnmacht. Sie hätte wohl doch noch liegen bleiben sollen. Doch die Natur rief nach ihr und so torkelte sie zu dem kleinen angrenzenden Badezimmer. Sicher hätte sie auch eine der Krankenschwester rufen können, die ihr zu Hilfe geeilt käme, doch nach zweit Tagen, bei denen ihr Fremde beim Pinkeln zugesehen hatten, war sie fest entschlossen nun doch die letzten Reste ihrer Würde zu bewahren und es aus eigener Kraft zu versuchen.

Rauschend ging die Klospülung und Linn war froh etwas zu hören. Nachdem die Ärzte sich davon überzeugt hatten, das Linns Herz alleine auch ohne äußerliches Zutun munter vor sich hin schlug, hatte man die Elektroden auf ihrem Brustkorb entfernt und so war das beruhigende Piepen auch verstummt.

Von wegen Erholung – das was S.H.I.E.L.D mit ihr anstellte war Folter. Pure Folter. Es war so unendlich still, das sie bereits begonnen hatte mit sich selbst zu reden, nur um sicher zu gehen das sie nicht taub war.

Linn fühlte sich wie eine Gefangene und in gewisser Weise war sie das auch, den die Türe ihres Zimmers war von Außen verschlossen, nicht das sie die Kraft besessen hätte zu fliehen, aber dennoch gefiel ihr die Angelegenheit immer weniger.
 

Zurück in ihrem Zimmer glitt die Türe auf und herein kam ein Agent, der wortlos ein Tablett auf den Tisch stellte und dann wieder hinaus ging.

Linn wusste, das sie meisten sie hier nur duldeten, in den wenigen Sekunden als die Tür offen stand, hatte sie den ein oder anderen Wortfetzen aufnehmen können. Die Agents hielten sie für ein unnützes blindes Mädchen mit einem viel zu frechen Mundwerk, eine Rebellin die nur Ärger bringen würde.

Vielleicht war das auch ihr Plan; Ärger machen, sie war sich selbst noch nicht im klaren darüber, aber ihre Behandlung würde sie nicht ungerecht lassen.
 

Linn setzte sich an den Tisch und griff nach einem der Brötchen auf dem Tablett, deren Geruch ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.

Wann hatte sie das letzte Mal richtig gegessen?

Das war an dem Morgen gewesen bevor sie Hawkeye darüber in Kenntnis gesetzt hatte, das sie ihn bemerkt hatte. Die letzten Tage hatte sie mit Flüssignahrung aus dem Tropf vorlieb nehmen müssen.

Genüsslich biss sie in das Gebäck während sie gedankenverloren das Brotmesser in der Hand drehte, dessen kühles Metall sich an ihre Haut schmiegte.

Ob sie mit ihm ihre Freiheit erkämpfen könnte?

Die Resignation folgte sofort. Sie wäre tot ehe sie das Zimmer überhaupt verlassen konnte. Sie war sich auch sicher genau in diesem Augenblick beobachtet zu werden. Nicht wie Clint, der auf einem Dach saß und Spanner spielte, eher auf eine Art die ihr noch unangenehmer war; der Raum war komplett mit Kameras ausgestattet.

Ihren Verfolger hatte sie früh bemerkt, bei Kameras wusste sie nie ob nun jemand hinter den Bildschirmen saß oder nicht. Außerdem bestand die Möglichkeit, das sie bei Kameras auf Youtube landen würde.

Nicht das es sie stören würde, sehen konnte sie die Videos sowieso nicht. Trotzdem blieb dieses unangenehme Gefühl das ihren Nacken kribbeln ließ.
 

Sie wollte anderen nicht ihre Schwäche zeigen, dabei war sie bereits zwei Mal schreiend aufgewacht. Sie hatte von Manhattan geträumt, von den Wesen und ihren Taten und immer wieder musste sie sich in das Gedächtnis rufen, dass das Gesehene kein Traum gewesen war.

Einen Tag nach der Katastrophe war sie ganz normal zur Arbeit gelaufen, im Glauben alles nur geträumt zu haben, nur um eine Ruine vorzufinden.

Linn träumte anders als normale Menschen, sie kannte keine Bilder, keine Gesichter. Sie träumte in Emotionen, Geräuschen und Gerüchen.

Es fiel ihr schwer einem Sehenden ihre Träume zu beschreiben, ebenso schwer wie es den Sehenden fiel Farben zu definieren.

Manchmal wurde Linn gefragt ob sie nicht sehen wollen würde, doch Linn war von Geburt an blind. Sie kannte keine Farben und sie hatte auch keinerlei Sehnsucht nach ihnen. Wie konnte sie missen was sie nicht kannte?

Das was sie Nachts wachrüttelte war das Gefühl des Ausgeliefert seins. Keine Kontrolle mehr zu haben und der Freiheit beraubt zu werden.

Die Situation in der sie sich befand machte es auch nicht viel besser. Sie fühlte sich wie ein Stück Fleisch auf einem Teller. Zumindest glaubte sie das sich ein Stück Fleisch so fühlte, auch wenn sie es für das Fleisch nicht hoffte – schließlich würde es dann mitbekommen wie man es aß.

Sie schluckte ein letztes Mal und stand dann von dem Tisch auf, wobei sie sich wimmernd an der Platte abstützen musste. Sie würde das nächste Mal darüber nachdenken bevor sie aus einem fahrenden Auto sprang.

Wieder in den Kissen konnte sie nicht anders als herum zu rollen. Sie wusste nicht was sie tun sollte.

Erneut stand sie auf, den Schmerz ignorierend. Wenn sie nur herum lag, würde sie später nur noch mehr Schmerzen haben. Sie pfiff leise und machte eine Kamera an der Decke in der Mitte des Raumes aus. Blitzschnell warf sie das Brotmesser welches noch in ihrer Hand lag dorthin wo sie die Linse anhands des Echos vermutete. Zufrieden hörte sie, wie die Kamera ein kurzes Piepen von sich gab und dann mit einem Zischen erstarb.

Keine fünf Sekunden später wurde die Türe hinter ihr geöffnet und auch ohne nachzufragen wusste Linn um wenn es sich handelte.

„Hallo Clint.“, sagte sie und neigte den Kopf.

„Bist du Verrückt?!“, brüllte dieser nur.

„Darüber wird noch debattiert.“

Er war wütend. Sie konnte riechen wie das Adrenalin durch seine Venen schoß, führen wie seine Muskeln leicht zitterten und hören wie schnell sein Herz schlug. Er war verdammt wütend!

Linn vermutete eher wegen ihrer spontanen Entscheidung aus dem Auto zu springen, als wegen dem Verlust der Kamera. Wahrscheinlich war ihr Anfall Zerstörrungswut der Tropfen gewesen, der das Fass zum überlaufen gebracht hatte.

Sie drehte sich zu ihm um und merkte wie er erschrocken die Luft zwischen die Zähne presste. Sie hatte keine Brille auf und so sah er in ihre toten weißen Augen, die nichtssagend stierten. Linn wusste wie unangenehm es für die Sehenden war in ihr Gesicht zu blicken, trotzdem schloss sie die Augen nicht.

„Du bringst alle in Gefahr.“, zischte Barton gefährlich leise und ein eiskalter Schauer legte sich auf Linns Rücken. Sie wusste er war ein Killer und in gewisser Weise fürchtete sie sich vor ihm.

„Wegen der Kamera? Ja, jemand könnte in die Scherben treten. Hast du einen Besen?“

Manchmal glaubte Linn das sie krank war. Sie konnte einfach nicht den Mund halten, auch wenn es manchmal besser für sie gewesen wäre. Vielleicht war es auch die Angst, denn auch wenn sie es niemals zugeben würde, in diesem Moment hatte sie schreckliche Angst vor Clint.

Ihre Wortens schienen ihn noch wütender zu machen und plötzlich spürte sie die Wand hart in ihrem verletzen Rücken, seine Hand an ihrer Kehle und seinen Atem gefährlich nah an ihrem Ohr.

„Für dich ist das alles nur ein Spiel oder? Ein Spaß den du dir machst?“, mit einem Mal war der Agent verschwunden, der schmunzelt in ihrer Küche gesäßen hatte, während er Kräutertee geschlürfte.

Mit einem Mal war dort nur die Bedrohung vor Linn und plötzlich war sie wieder in ihrem Büro umzingelt von den Wesen die sie töten wollten.
 

Linn hörte wie sie sie umkreisten, sie beäugten und sie griff fester nach ihrem Stock. Wie einen Baseballschläger hielt sie ihn über den Kopf, bereit zuzuschlagen. Leicht ging sie in die Hocke um sofort loszusprinten. Es war als würde die Zeit stehen bleiben. Sie wollte Leben!
 

Die Schmerzen waren verschwunden, das Adrenalin schoß durch Linns Körper, sie wusste nicht mehr was sie tat, nicht wenn sie vor sich hatte. Mit ungeahnter Kraft stieß sie Clints Hand weg und im gleichen Moment rammte sie ihm ihr Knie zwischen die Beine. Stöhnend ging er zu Boden.
 

Das Geräusch kam dem Bohrer eines Zahnarztes gleich und Linn wusste sie machten ihre Waffen schussbereit. Blitzschnell wich sie aus und sprang auf den Angreifer zu. Mit einem Schrei ließ sie den metallenen Blindenstock auf seinen Schädel niedersausen. Wie eine Marionette, dessen Fäden durchtrennt wurden ging er zu Boden.
 

Sofort war Linn über Barton und schlug ihm mit der Faust in das Gesicht. Sie merkte nicht wie die Knochen in ihrer Hand brachen. Clint zog ein Knie an seinen Körper und trat ihr gegen den Brustkorb. Sie wurde nach hinten auf den Tisch geschneudert, der unter der Wucht des Aufpralls zerbrach.
 

Ein Schuss zischte an ihr vorbei, so nah das ihre Haare anfingen zu schwefeln. Sie schmiss sich zu Boden und zog einem der Wesen die Beine weg. Dann schlug sie mit einem Stein aus dem Trümmern auf ihn ein.
 

Stöhnend rappelte sie sich auf, stürzte sich erneut auf ihn. Seine Faust traf sie im Gesicht und Blut schoss aus ihren Nasenlöchern. Sie griff nach einer der Scherben die am Boden lagen.
 

Ein weiteres Wesen griff nach ihr, wollte sie weg zerren. Sie rollte herum und trat in den Brustkorb. Sie konnte hören wie die Rippen, oder was immer das Wesen besaß brachen. Dann drehte sie ihm das Genick um und brach ihm das Rückrad.
 

Blut tropfte aus ihrer Handfläche so feste umklammerte sie die Scherbe. Sie war ihre einzige Waffe gegen den Feind. Sie zitterte am ganzen Körper, dann rannte sie erneut auf ihn zu.
 

Sie stieß ihren Stock in den Fuß des Feindes. Als er sich krümmte trat sie ihm unter das Kinn. Sie hörte wie er nach hinten kippte. Dann ließ sie den Stock auf seinen Hals niederschnellen.
 

Clint packte ihren Arm und drehte ihn nach hinten. Mit einem schmerzerfüllten Schrei ließ sie die Scherbe fallen. Sie stieß sich mit dem Beinen vom Boden ab, dreht sich nach hinten und riss Barton von den Füßen.
 

Ein Letzter war übrig. Ungläubig hatte er mit angesehen wie Linn in weniger als einer Minute vier seiner Leute getötet hatte. Er schoss auf sie und Linn wurde von der Druckwelle, die sie traf nach hinten geschleudert.
 

Linn knurrte und griff nach seiner Kehle, als er versuchte sie wegzuschieben, biss sie in seine Hand.
 

Das Wesen sprang auf sie zu unglaublich schnell. Linn konnte nicht mehr, sie war am Ende. Mit letzter Kraft riss sie eine Eisenstange auf den Trümmern und rammte sie dem Feind in den Leib. Er fiel zu Boden.
 

Eine Ohrfeige donnerte in ihr Gesicht.

„LINN!“, brüllte Clint.

Ihr Kopf flog zur Seite und das Klingeln in ihren Ohren ließ Schwindel aufkommen. Plötzlich war sie wieder in der Realität. Sie spürte die Schmerzen und das Blut, welches aus ihrer Nase tropfte.

Es war als würde die Last der Welt über ihr zusammenschlagen und zitternd sackte sie zu einem Häufchen zusammen.

„Entschuldigung.“, keuchte sie und dann kamen die Tränen, die sie seit einem Jahr versuchte zurück zu halten.

Sie weinte. Sie bekam nicht mit wie Barton, auf dem sie noch immer hockte ihr beruhigend mit der Hand über den Rücken strich und die Agents, die in den Raum gestürmt kamen wegwinkte.

Sie bekam nicht mit wie er sie aufhob und ins Bett legte und wie er mit ihr sprach.

„Du hast Flashbacks.“, es war eine Feststellung keine Frage, denn er kannte die Symtome. Oft genug hatte er erlebt wie einem Agent zusammenbrach, bis es niemanden mehr möglich war die Teile seines Lebens zusammenzusuchen.

Linn weinte noch immer als sie schließlich in einen traumlosen Schlaf fiel.

Das Spiel der Flucht

Linn wusste nicht wie lange sie geschlafen hatte, doch als sie erwachte, fühlte sie sich als wäre sie stundenlang durch den heißen Wüstensand gewandert, ohne Aussicht auf einen kühle Stelle Schatten.

Ihre Glieder schmerzten und in ihrem Hals steckte ein dicker Kloss Traurigkeit, den sie nicht herunterzuschlucken vermochte.

Mit ihrer unverletzten Hand wischte sie sich über das Gesicht mit dem Ziel die salzigen Spuren der Tränen zu vernichten. Dabei nahm sie den dicken Gips wahr, welcher ihre bei dem Kampf gebrochene Hand schiente. Wann war jemand in ihrem Zimmer gewesen? Wann war Hawkeye gegangen?

Sie wusste es nicht und eigentlich war es ihr egal, denn wenn sie ehrlich war, wollte sie ihm so schnell wie möglich nicht wieder unter die Augen treten.

Es war nicht so das sie Schuldgefühle empfand das sie ihn geschlagen hatte, eher schämte sie sich für ihre Schwäche, die sie ihm offenbart hatte.

Sie fühlte sich ausgeliefert und wenn man es genau nahm, so war Clint doch nichts weiter als ein Fremder für Linn, den sie seit ein paar Tagen kannte. Sie vertraute ihm nicht, war sich nicht einmal sicher ob sie ihn mochte, auch wenn sie den Abend zuvor in seinen Armen lag, so entstand vertrauen doch dort wo man bereit war sich selbst aufzugeben und noch immer waren Linns Schilde auf Abwehr hochgefahren.

Sie seufzte und stand von ihrem Bett auf. In letzter Zeit seufzte sie häufig fiel ihr auf. Vielleicht hätte sie einen anderen Weg wählen sollen, doch Linn war und würde auch niemals einer dieser Menschen sein, die einfach aufgaben. Egal wie schwer es werden würde, Linn würde es überstehen. Nur ein Grund, der fehlte Linn nach wie vor. Sie wollte nicht für unsensibel gehalten werden, doch das Argument, die Menschheit zu beschützen, zog bei ihr bei weitem nicht. Sie war keine Heldin, die sich für Andere ohne Überlegung ins Feuer warf. Sie hatte von ihren Mitmenschen zuviel Leid und Abneigung erfahren, als das sie sich ohne nachzufragen für sie aufopferte. Auch wenn S.H.I.E.L.D. das vielleicht denken mochte.

Sowieso war Linn viel lieber alleine als unter Menschen. Die Meisten wussten das Geschenk der Stille nicht zu schätzen.

Wenn die Menschheit nicht der Grund für Linn war zu S.H.I.E.L.D zu gehen, was war es dann? Vielleicht konnte und wollte Linn sich selbst keine Antwort auf die Frage geben.

Tief in sich wusste sie, es gab einen Grund, irgendetwas hatte sie dazu bewegt das Angebot anzunehmen und alles zu riskieren. Ein Grund der noch hinter Nebelschwaden verborgen lag und darauf wartete entdeckt zu werden.
 

Langsam orientierte sie sich in ihrem Gefängniss. Die Trümmer des Tisches waren verschwunden und auch die Scherben die voher überall verteilt lagen hatte man weggeräumt. Linns Mundwinkel zuckten, als sie bemerkte das die Kamera im Raum immer noch defekt war. Eine andere außer dieser konnte sie nicht ausmachen. Vielleicht war das ihre Chance zu verschwinden, wo immer sie auch war.

Jetzt wo sie niemand mehr beobachtete, konnte sie in Ruhe die Technik der Türe studieren.
 

Sie legte ihr Ohr an das kühle Metall und lauschte.

Was war das? Konnte sie die Stimmen hinter der Türe ausmachen?

Leises Stimmengemurmel fand seinen Weg zu ihr, doch konnte sie es nicht verstehen, zu undeutlich klang es.

Sie horchte angestrengt. Mit ihren empfindlichen Finger strich sie über das Material und ihre Kuppeln nahmen jede noch so mikroskopisch kleine Vertiefung wahr. Linn konnte spüren wie der Strom durch die Kabel in der Türe floss und die feinen Härchen an ihrem Arm stellten sich auf.

Sie konnte die Elektronik der Türe kurzschließen und sie dann manuell per Hand öffnen, doch zuerst musste sie die Verkleidung entfernen, um an das empfindliche Innenleben zu gelangen. Linn brauchte Werkzeug.

Nach ihrer Aktion mit dem Messer bezweifelte sie, das man ihr etwas da gelassen hatte, das sie als Werkzeug benutzen konnte, sie ging sowieso davon aus, das sie wohl in nächster Zeit mit den Finger essen durfte.

Hoffentlich gab es keine Suppe!

Mit flinken Fingern durchwühlte sie den Inhalt ihres Nachtschrankes, doch nichts Brauchbares. Sie wollte schon wieder genervt seufzen, als ihre Finger das Gestell ihrer Brille ertasteten.

Fast tat es ihr um sie leid, als sie den rechten Bügel abbrach und mit dem metallenen Ende begann die Schrauben der Türverkleidung rauszudrehen, aber eben nur fast.

Vorsichtig, auch wenn sie nicht glaubte das sie Menschen sie draußen hören würden, schließlich fand auch kein Klang seinen Weg in das Innere des Zimmer, legte sie die Verkleidung auf den Boden.

Sanft strich sie über die nun offenliegenden Kabel, darauf bedacht keine von diesen zu zerstörren oder versehendlich einen Alarm auszulösen. Das letzte das sie jetzt gebrauchen konnte war eine Horde wütender bewaffneter Agents, die sie in einer doch eindeutigen Situation vorfanden.

Ein zufriedenes Lächeln machte sich auf ihren Gesicht breit, als die Elektronik mit einem leisen Klicken aussetzte.

Unter großer Anstrengung und Schmerzen durch ihrer Verletzungen gelang es ihr langsam die schwere Türe aufzuschieben.

Sofort schlug ihr eine Welle von Stimmen, Geräuschen und Gerüchen entgegen. Sie schwangte, es war unendlich laut. Tausende von Stimmen, die wild durcheinander redeten. Es war so schwer etwas aus diesem Gemisch zu entnehmen und dann die anderen Geräusche. Irgendwo mussten riesige Maschinen sein, die unaufhörlich stetig vor sich hin rotierten, wie das Drehen eines Helikopterblattes. Es war als würde die gesamte Umgebung unter der Vielzahl von Geräuschen pulsieren. Linn konnte jeden Gang, jeden Gegenstand und selbst jedes Staubkorn ausmachen. Sie befand sich auf einer Art fliegenden Flugzeugträger!

In der Ferne kamen Schritter näher und auch wenn sie wusste, das sie noch Zeit bis zu den Zusammentreffen hatte, hechtete sie in die nächste Ecke. Die Schritte zogen vorbei und Linn merkte wie ihre Handflächen feucht wurden und der Gips zu zucken begann. Was hatte sie sich eigentlich dabei gedacht?

Wie immer wusste sie es nicht.

Sie schlich weiter, so leise, das sie glaubte sich selbst nicht zu hören. Oder stimmte das nicht? Wurde alles durch ihr eigenes laut hämmernden Herzen übertönt? Sie huschte um die Ecken und versteckte sich vor den umherrirrenden Agents. Es kam Linn vor, als wäre sie gefangen in einem riesigen Ameisenbau.

Dann hörte sie Clint's fluchende Stimme, und sie wusste, ihr verschwinden war bemerkt worden. Sie grinste, auch wenn sie wusste, dass die Konsequenten nicht schön sein würden.

Plötzlich nahm sie eine andere Stimme wahr, die ihr Interesse weckte.
 

„Ja, Linn Hino ... natürlich … außerordentlich … Herkunft unbekannt … unbekannt … nein … Test sind fast abgeschlossen … zeigen Auffälligkeiten ...natürlich … weitere Tests von Nöten … “

Linn verstand nur Bruchstücke, dafür war das Gewirr an Stimmen um sie zu dicht und schwer. Angestrengt hochte sie, doch das Gespräch war wohl zuende.

„Unbekannte Bedrohung … wenn notwendig Befehl zu Eliminierung!“
 

Erschrocken zuckte Linn zusammen. Meinte man sie? Warum sollte man sie umbringen? Sie war nur ein blindes Mädchen. Sie würde normale sagen, doch sie wusste das sie es nicht war.

Doch sie töten?

Sie glaubte nicht irgendjemand jemals einen Grund dafür geliefert zu haben.

Sie wusste immer wo die Grenzen gewesen war - vielleicht hatte sie den ein oder anderen Zeh drüber gesetzt, doch nie hatte sie ernsthaft jemanden geschadet, zumindest keinen Menschen.

Linn hatte nicht einmal mitbekommen das man Tests mit ihr gemacht hatte. War das legal? Linn war sich ebenso sicher das S.H.I.E.L.D sich nur wenig um Gesetzt und Menschenrechte scherrte, das morgen die Sonne aufgehen würde.

S.H.I.E.L.D wusste zwar wer Linn war, aber nicht was sie war. Niemand wusste das, nicht einmal Linn selbst. Vielleicht war das der Grund warum Linn das Angebot angenommen hatte? Suchte sie Antworten? Das tat sie zweifelsohne, doch erst einmal musste sie die richtigen Fragen finden.

Erschrocken fuhr Linn zusammen, als sie aus den Gedanken gerissen wurde. Jemand war etwa zwanzig Meter von ihr entfernt in den Gang eingebogen. Warum ließ sie sich nur immer von ihren eigenen Gedanken ablenken?

Schnell machte sie hinter sich eine Türe aus und schlüpfte fast lautlos hinein. Linn konnte sich fast lautlos bewegen, auch ein Vorteil ihrer „Gabe“. Manchmal fühlte sie sich wie ein Ninja und dann musste sie selber über sich lachen.

Noch jemand war im Raum, sie konnte ihr atmen hören. Die Gestalt stand mit dem Rücken zu ihr und Linn wusste sie hatte sie nicht bemerkt. Grade als Linn die Person auf dem Gang verschwinden hörte, und sie ebenso lautlos und unerkannt verschwinden wollte wie sie gekommen war, ertönte eine Stimme: „Mr. Stark, sie haben Besuch.“

Linn fuhr in sich zusammen und ihr Herz raste. Normalerweise konnte niemand sie so schnell erschrecken. Doch wenn es jemanden gelang, dann starb sie sogleich tausend Tode.

Die Gestalt vor ihr drehte sich um und an dem herben Duft, den Statur und der Ausstrahlung erkannte Linn das es sich um einen Mann handeln musste. Aber er hatte nicht gesprochen. Die Stimme schien von überall und nirgens gekommen zu sein.

„Danke JARVIS.“

Er wandt sich zu ihr um.

„Na wenn haben wir den da?“

Hätte Linn sehen können und hätte der Vergleich einen Sinn für sie ergeben, so hätte sie sich selbst als ein Reh im Scheinwerferlicht beschrieben.

„Ich … ähmm...“ Es kam nur selten vor das Linn die Worte fehlten.

Ihr Gegenüber musterte sie und blieb schließlich an ihren Augen hängen, die noch immer nicht verdeckt waren.

„Sind Sie blind?“, wurde das Offensichtliche gefragt. Er wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht herum, als wollte er sich vergewissern, ob ihre Pupillen wirklich keine Reaktion zeigten.

Linn schob seine Hand weg.

„Warum fragen Sie Fragen, auf die Sie die Antwort schon wissen?“, entgegnete Linn, ihre Sprachen wiederentdeckt.

Sie spürte wie der Mann schief grinste.

„Sie können ja mehr als vor sich hin stottern.“

Er hielt ihr seine Hand hin.

„Aber jede Frau ist um Worte verlegen wenn sie dem großen Tony Stark gegenüber steht.“

Linn konnte förmlich spüren wie sein Ego aus seinen Poren quoll.

„Wie schaffen Sie es sich frei zu bewegen, ohne das ihr Ego sämtliche Räume sprengt?“

„Es ist schwer, aber man tut was man kann.“

Linn ergriff seine Hand.

„Und diese junge hübsche blinde Frau ist … ?“

„Nicht interessiert. Aber Sie können mich Linn nennen.“

„Ah … das Frischfleisch. Find ich gut wie Sie Robin Hood den letzten Nerv stehlen.“

Linn grinste und neigte leicht den Kopf.

„Man tut was man kann.“, wiederholte sie seine Worte.
 

Draußen auf dem Flur hörte Linn, wie die Soldaten nach ihr suchten. Sie begannen in den Räumen nachzugucken.

„Ich muss gehen.“, verabschiedete sie sich.

„Was haben Sie denn getan?“ Stark hatte ihr Unruhe mitbekommen.

„Ich denke ein paar Leute sauer gemacht.“

Linn schlüpfte lautlos aus dem Raum und entkam grade so noch einem Trupp Soldaten.
 

So langsam machten sich ihre Verletzungen wieder bemerkbar. Sie begann zu humpeln, vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen auszubrechen.

Trotzdem schlich sie eine Ebene höher und das stetige Rotiernen wurde lauter. Linn kam es vor wie ein Pulsschlag, als stecke sie in einem Organismus und dessen Herz pumpte unaufhörlich Blut duch seine Venen.
 

Sie wusste irgendwie einen Ausweg finden. Sie dachte an die Wortfetzen die sie gehört hatte. Man wollte Tests mit ihr machen, sie war nichts weiter als ein Laborexperiment und wenn sie eine Gefahr darstellte würde man sie töten.

Linn war sich sicher die falsche Entscheidung getroffen zu haben.

Plötzlich nahm sie einen Luftzug wahr. Der Wind suchte sich immer seinen Weg nach draußen und so folgte sie ihm.

Das sanfte Rotieren wuchs zu einen lauten Dröhnen. Die Konturen um sie herum wurden durch das Echo schärfer, es war als stände sie im Regen. Und wieder fiel ihr ein, das sie sich in der Luft befand, doch wenn es einen Weg heruaf gab, so gab es ihn auch herunter und wenn sie nur der Schwerkraft folgte, auch wenn sie nicht wirklich begeistert von diesem Gedanken war, denn wenn sie ehrlich war, so hing sie doch an ihrem Leben.
 

Dann stieß sie eine Tür auf und durchschritt das Tor zu einer anderen Welt. Natürlich nur bildlich gesprochen, doch sogleich blieb Linn die Luft weg und das hatte nichts mit dem niedrigen Sauerstoffgehalt zutun, der sie plötzlich umgab.

Sie war überweltigt von dem was sie wahrnahm. Linn wusste nicht in welcher Höhe sie sich befanden, doch sie konnte trotz des Turbinenlärms die Erde unter sich nicht mehr ausmachen.

Der Wind schlug ihr unbarmherzig ins Gesicht und zerrte an ihrer Kleidung. Erst jetzt fiel ihr auf, das sie nur eine Art Schlafanzughose und ein T-Shirt trug. Mit den ganzen Verbänden und ihrer Kleidung musste sie wirken wie eine Verrückte die gegen einen Bären gekämpft hatte, wobei erstes wahrscheinlich sogar stimmte, doch das war nun nicht von belangen.

Flach atmete Linn die sauerstoffarme Luft ein und sie merkte wie ihr Lungen zu brennen begannen.

Fast hätte Linn laut geflucht, als sie die Jets ausmachte, die überall herum standen. Nicht nur das sie mit festen Spanngurten und Ketten am Schiffsrumpf befestigt waren, sie waren natürlich auch keine gewöhnlichen Flugzeuge, sondern wirkten auf Linn wie auf einem Science-Fiction-Roman, jedenfalls stellte sie sich sie so vor, da sie natürlich noch nie eines gesehen hatte. Aber selbst ein normales Flugzeug hätte sie nicht steuern können. Vielleicht konnte sie sich in einer Ladung verstecken.

An der Anzahl der Stimmen, die sie wahrnahm mussten mehrer hundert Menschen auf dem Schiff sein, diese wollten versorgt werden.

Sie musste irgendwie an das Flugprotokoll kommen. Es wirkte so, als würde Linn doch noch etwas auf dem Schiff bleiben müssen.
 

Sie begab sich wieder in der Innere und grinste als sie Hawkeyes Stimme hörte, einige Decks unter ihr.

„Sie kann nicht weg sein, wir befinden uns verdammt nochmal in der Luft! Findet sie gefälligst!“, seine Stimme wurde zum Ende hin um eine halbe Oktave höher.

Lässig schlenderte sie ihm entgegen. Wenn sie schon nicht von dem Schiff kam, so wollte sie doch wenigstens ein wenig Spielen.

„Warum? Vermisst du mich etwa?“, lachte Linn und nahm mit Genugtung wahr, wie Clint für das Auge unbemerkt zusammen zuckte.

„Wo zum Teufel warst du?!“

„Mir die Beine vertreten.“

„Ich hoffe ihnen hat ihr Ausflug gefallen.“, fragte Fury, der soeben den Raum betrat.

„Bedingt, ich hab keinen Popcornstand gefunden.“

„Agent Barton, Miss Hino folgen sie mir in den Konferenzraum.“

„Aye Aye Captain!“, grinsend folgte Linn Furys wehendem Mantel, während Barton neben ihr vor sich hin brodelte.

Die Anderen und ihre Doktorspiele

Linn konnte spüren wie sie sie beäugten von oben herab und plötzlich fühlte sie sich wie damals, als sie zum ersten Mal zum Schuldirektor musste, weil sie Unsinn angestellt hatte. Viele weitere Besuche bei dem Mann, der nach Alter und Strenge roch, führten dazu, das Linn eine eigene Schublade im Aktenschrank bekam.

Doch irgendwann gaben selbst die engagiertesten Lehrer die Hoffnung auf und so wurde Linn zu einem hoffnungslosen Fall, dessen Verhalten man einfach ignorierte. Linn war kein einfaches Kind gewesen. Trotz ihrer Blindheit hatte sie stets den Mut und das Selbstbewusstsein aufgebracht sich ihren Mitschülern entgegenzusetzen, die sie zuerst nur merkwürdig fanden und sie hänselten und über sie redeten, wenn sie glaubten sie höre sie nicht und schließlich Angst vor ihr bekamen und sie mieden. Irgendwann begannen auch die Erwachsenen sich vor ihr zu fürchten und Linn wuchs zu einem einsamen Teenager heran, dessen einzige Freundin die alte Sekretärin der Direktors war, die ihr immer Kekse gab wenn sie auf ihre Rüge wartete. Erst später auf dem Collage kam ihre Zeit in der sie Freunde fand die sie akzeptierten wie sie war, auch wenn sie ihr trotz allem fremd waren.

Linn schluckte und verlagerte das Gewicht von einem Fuss auf den anderen, da dieser zu schmerzen begann.

„... die Avengers.“, beendete Fury seinen Vortrag, der irgendwie mit ihren Heldentaten und Fähigkeiten zusammenhing, dem Linn aber nicht wirklich verfolgt hatte.

„Höh?“, fragte Linn.

„Was ist los?“

„Sie haben mir nicht zugehört oder?“, Furys Stimme ließ nicht erkennen ob er sauer war oder nicht. Doch neben Linn knurrte Clint kaum hörbar auf. Ihn hätte Linn fast vergessen, er war nach wie vor wütend.

„Ganz ruhig Bruttos!“, meinte Linn zu Clint gewandt um dem ganzen noch die Krone aufzusetzten. In diesem Moment bewunderte Linn ihn. Sie konnte spüren wie gerne er etwas erwiedert hätte oder schlimmeres, doch er tat es nicht. Er atmete tief ein und plötzlich hörte das leichte Zittern seiner Muskeln auf und auch sein Herz schlug wieder im normalen Rhythmus. Linn war beeindruckt und pfiff anerkennende zwischen die Zähne, was die anderen im Raum zu verwirren schien. Er hatte Selbstbeherrschung wenn er wollte, das musste sie ihm lassen. Sie selbst hätte sich schon auf ihn gestürzt wenn es umgekehrt gewesen wäre.

„Steve Rogers.“, erhob sich einer der am Tisch Sitzenden und reichte ihr die Hand. Er war groß, muskulös und roch nach Haargel. Linn spürte wie sich seine Muskeln bei jeder seiner Bewegungen unter seiner Haut spannten. Und sie fühlte sich neben ihm noch kleiner als sie ohnehin schon war, schließlich konnte man bei einer Größe von 1.62 nicht von einer Riesin sprechen.

Linn nahm ein warmes Lächeln auf seinen Lippen wahr, das sich über sein ganzes Gesicht erstreckte und sie ergriff seine Hand, die mit harten Schwielen bedeckt war, sich aber trotzdem warm und sanft anfühlte.

Linn lächelte sanft zu ihm herauf, auch wenn sie ihn nicht sah und schloss die Augen um ihn nicht zu irritieren.

„Linn Hino. Freut mich.“, sie meinte es sogar so, auch wenn sie S.H.I.E.L.D misstraute, so hatte dieser Steve etwas was ihr sympatisch war.

„Mylady.“, einer der Männer kniete vor ihr nieder um auf ihren Handrücken einen Kuss zu hauchen, womit er Linn nicht nur schockierte, sondern auch vollkommen verwirrte. Dieser Mann hatte etwas an sich das sie nicht einordnen konnte. Es schien als umgebe ihn eine Aura, die eigenartig raschelte und ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Als seine Lippen ihre Haut berührten, jagte ein kleines Blitzgewitter über ihren Arm und sämtliche Härchen auf ihrem Körper stellten sich auf. Er hinterließ ein eigenartiges Kribbeln.

„Mit verlaubt, erlaubt mir mich euch vorzustelllen; man nennt mich Thor Odinson, Gott der Blitze und des Donners und Thronerbe von Asgard.“, sprach er mit dunkler Stimme und einem schiefen Lächeln auf seinem Gesicht. Linn war sich sicher, er wusste um seine Wirkung auf Frauen und sie spürte wie ihr die Hitze in den Kopf stieg. Beschämt senkte sie den Kopf, damit die anderen ihre Wangen nicht sahen, die einen leichten Rosaton angenommen hatte. Sie stand noch nie einem Gott gegenüber und auch wenn sie bezweifelte, das es sich bei Thor um einen wirklichen Gott handelte, da sie schließlich nicht an Götter glaubte, so war sie sich ziemlich sicher keinen normalen Menschen vor sich zu haben. Sie musste gestehen, sie war verwirrt, ein Zustand der zwar häufig vorkam, den sie aber anderen nur selten zeigte.

Irritiert und nicht wissend was sie erwiedern sollte, deutet sie einen ungelenkten Knicks an, der auf dem Gesicht des Hünen ein breites Grinsen zauberte.

„Wie süß ist das denn, hat sich unsere Blindschleiche in unseren Gott verguckt?“, vernahm Linn Tony's Stimme, die ihr plötzlich furchtbar nervig vorkam.

„Wirklich Tony, super Wortwitz.“

Als Sehende hätte Linn wahrscheinlich sarkatisch die Augen verdreht.

„Sie kennen sich?“, fragte Fury verwundert, doch seine Frage wurde ignoriert.

„Ja find ich auch, oder hast du dich verhört?“

Tony war der Einzige der lachte.

„Bruce Banner“, stellte sich der Mann vor der als einzige nicht gesäßen hatte. Als Linn seine Hand ergriff, hätte sie um ein Haar laut aufgeschrien; Da war noch etwas anderes was sie wahrnahm, nicht nur den Mann der nicht still stehen wollte, etwas anderes, größeres, dunkleres und es machte Linn Angst.

„Sie zerquetschen meine Hand.“, meinte Banner und die anderen sahen sie prüfend an. Linn's Gesicht war blass und von kaltem Schweiß bedeckt. Ihr Atem ging stoßartig und ihre Hand zitterte, als sie die Banners losließ als wäre sie eine glühende Kohle.

„Das war merkwürdig.“, meinte Tony der alles mit hochgezogener Augenbraue und starrte Linn an.

„Du siehst aus als müsstest du dich übergeben oder so.“

„Nein, nein, mir war nur kurz schwindelig, ich bein wohl noch nicht so richtig auf den Beinen.“, meiune Linn und versuchte sich an einem Lächeln, das ihr kläglich misslang. Sie wusste die anderen glaubten ihr nicht, doch sie fragten zu Linns Glück nicht weiter nach.

„Und zum Schluss: Natasha Romanoff.“, stellte Fury die einzige Frau im Bunde vor.

Linn hörte wie sie den Kopf neigte und ihr zunickte.

„Hallo.“
 

„Damit ist das Vorstellen beendet.“, entschied Fury. „Miss Hino, sie begeben sich bitte mit Dr. Banner in sein Labor und lassen sich von ihm Untersuchen.“

Er wandt sich um und wollte aus dem Raum gehen.

„Nein.“

Alle im Raum starrten sie an als hätte Linn den Verstandt verloren.

„Nein?“, fragte Nick, als hätte er nicht richtig gehört.

„Nein.“, bestätigte Linn. „Ich lasse mich nicht Untersuchen und Experimente durchführen. Meinen Sie wirklich ich hätte nicht gemerkt das sie bereits Tests durchgeführt haben?!“

Ohne das Linn es wollte wurde ihre Stimme lauter und eine wütende Maske machte sich auf ihrem Gesicht breit.

„Ich will Sie daran erinnern, das ich freiwillig auf diesem Schiff bin und nicht Ihre Gefangene, auch wenn Sie mich bis jetzt so behandet haben. Eine Verletzte in ihrem Zimmer einsperren? Sie wissen wohl nichts mit dem Wort Gastfreundschaft anzufangen!“

Wild fuchtelte Linn mit ihren Armen in der Luft herum um ihrem Ärger Ausdruck zu verleihen.

„Sind Sie fertig?“, fragte Fury mit neutraler Stimme, die Linn nur noch wütender machte.

„Noch lange nicht! Was bilden Sie sich ein?! Ich bin bewusstlos und Sie machen Tests mit mir, ist sowas überhaupt legal?! Ich werd nicht als ihr Forschungsobjekt herhalten, das können Sie knicken.“, wütend stapfte sie mit den Füßen auf, auch wenn sie vorkommen musste wie in bockiges Kind, so war es ihr in diesem Moment einfach egal.

„Weiter Tests von Nöten?!“, wiederholte sie die Worte die sie aufgeschnappt hatte und malte Gänsefüße wie die Sehenden in die Luft.

„Bin ich Ihre Laborratte oder was? Stecken Sie sich ihre weiteren Tests sonst wo hin!“

Verzweifelt rang Linn nach Luft.

„Jetzt bin ich fertig!“

Alle im Raum starrte sie still an, nur die Menschen in den übrigen teilen des Schiffs gingen geregelt ihrer Arbeit nach und schienen von dem Gespräch im Inneren des Raumes nichts mitzubekommen.

Endlich wurde das Wort erhoben.

„Ich glaube ich mag sie.“, meinte Stark und lehnte sich grinsend zurück.

„Sie weigern sich also zu kooperieren?“, fragte Fury.

„Haben Sie mir nicht zugehört?“

Hätte Linn sehen können oder zumindest auf einem Auge wie Fury, so wäre es an dieser Stelle zu einem Blickeduell gekommen, aber so stierte Linn irgendwo in die Ferne und Nick versuchte sie in Grund und Boden zu starren.

„Linn,“, vernahm sie plötzlich Bartons Stimme, aus der sie nicht entnehmen konnte ob dieser nun noch wütend war oder nicht.

„Du sagtest mir, du bist viel besser als ein Lügendetektor. Der Doktor wird dich über die Ergebnisse der Tests infomieren und du merkst es wenn er dir etwas verschweigt.“, versuchte er es diplomatisch.

„Nein.“

„Warum nein? Ich geb dir mein Wort, dir wird nichts passieren.“

Es kam Clint vor, als rede er mit einem kleinen Kind, das sich weigerte seine Medizin zu nehmen.

„Nein, verdammt!“

„Vertraust du mir nicht?“

„Natürlich nicht, ich kenn dich ja gar nicht.“

„Das verletzt meine Gefühle.“

„Dann geh in die Ecke weinen oder so.“

„Jetzt bin ich mir sicher, das ich sie definitiv mag!“, warf Tony dazwischen.

Hilfesuchend sah Barton zu seinen Kollegen, die aber alle plötzlich angestrengt Löcher in die Luft zu starren schienen.

„Ich bin mit dir aus einem fahrendem Auto gesprungen.“

„Was ist das für ein Argument, das hat dir das Leben gerettet!“

Beide wurden lauter und Barton baute sich breitbeinig vor Linn auf um auf sie hinab zu starren, was diese wiederum nicht wirklich interessierte.

„Du hast mich gebissen!“

„Du hast mich geschlagen, wenn wir schon beim schuldzuweisen sind.“

„Du hast angefangen!“

„Also ist das ganze jetzt meine Schuld oder was?!“

Auch wenn Linn laute Stimmen nicht mochte und sie sogar als schmerzhaft wahrnahm, war ihre Stimme immer lauter geworden.

„Kinder!“, fuhr Furys Stimmer wie ein Donnerschlag nieder.

„Miss Hino Sie werden sich nun untersuchen lassen, ob sie nun wollen oder nicht!“, sein Ton ließ keinen Zweifel zu und Linn hatte sehr wohl die Drohung wahrgenommen, die mit seinen Worten mitschwangte und ihr sagte er würde sie auch gefesselt in das Labor schleifen.
 

Eine halbe Stunde später saß Linn also auf der Liege in Dr. Banners Labor und ließ sich mit blassem schweißnassen Gesicht Blut abnehmen.

„Was?“, erst jetzt fiel ihr auf das der Doktor ihr eine Frage gestellt hatte.

„Ich fragte ob sie Angst vor Spritzen haben.“

„Nein, warum?“

„Sie sehen aus als würden sie am liebsten schreiend raus rennen.“

Linn konnte ihm nicht sagen wie sehr er recht hatte, doch sie fürchtete sich nicht vor Spritzen, schließlich waren es nur kleine spitze Metallröhrchen die in die Haut gesteckt wurden, sie fürchtete sich vor ihm.

Es war als umhülle ihn ein Nebel aus Angst und Wut, den Linn nicht einordnen konnte. Linns Herz schlug ihr bis zum Hals und alle ihre Sinne waren auf Flucht ausgelegt, was dem Doktor natürlich nicht verborgen blieb. Wie denn auch wenn die Elektroden aus ihrer Brust wie verrückt piepsten.

Als Banner ein paar Schritte zurück ging, beruhigte sich ihr Herzschlag ein wenig und sie konnte gradezu hören wie es in seinen Kopf klickte. Als wollte er seine These testen sprintete er plötzlich zwei Schritte auf sie zu, was sie panisch aufspringen ließ so das Linn von der Liege sprang und sich dabei den Zugang in ihrem Arm rausriss.

„Entschuldigung.“, meinte Banner, während er sein Stück Mull auf die blutende Stelle drückte. Mit wild klopfenden Herzen und am ganzen Leib zitternd ließ Linn es über sich ergehen.

„Sie haben Angst vor mir.“, es war eine Feststellung, die sich so traurig aus seinem Mund anhörte, das Linn glaubte ihr Herz würde zerreißen.

„Nein...Ja...Vielleicht...ich weiß es nicht.“, stammelte sie vor sich hin, auch wenn Bruce keine Antwort gebraucht hätte.

„Warum?“, fragte er statt dessen, doch es hörte sich an als glaubte er die Antwort bereits zu kennen.

„Ihr Nebel macht mir Angst.“

„Mein was?“, das war nicht die Antwort mit der er gerechnet hatte.

„Ihre Aura, ihre Ausstrahlung oder wie sie es nennen würden.“, sie schluckte. Er würde sie als verrückt abstempeln, nun begann sie wie eine Esoteriktante von seine Aura zu reden.

„Sie spüren die Aura von einem Menschen?“, es klang ehrlich interessiert.

Linn nickte.

„Ich kann es nicht beschreiben, es ist als wäre da noch etwas anderes, etwas großes, das da lauert, es ist voller Wut und Zerstörrungsdrang. Das ist es was mir Angst macht, nicht sie.“

„Sie können den Anderen spüren?“, fragte er verwundert.

„Welcher Anderer?“

„Sie haben Fury wirklich nicht zugehört oder?“

Beschämt schüttelte Linn den Kopf.

„Nein. Dafür das ich so gut höre, höre ich ziemlich selten zu.“, meinte sie und schaffte es nun endlich wieder schief zu grinsen.

Sie spürte wie der Doktor leicht lächelte und sich dann auf einem Stuhl unweit von ihr niederließ, die Hände faltete und dann schluckte.

„Kennen Sie die Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde?“

Linn nickte.

„Bei mir heißt es Dr. Banner und Mr. Hulk.“, er lächelte ein trauriges Lächeln und plötzlich kam in Linn der Wunsch auf ihn Umarmen zu müssen.

„Oh...das tut mir Leid.“

„Sie können nichts dafür.“

„Mir tut es trotzdem leid.“ Linn drehte leicht den Kopf und lächelte ihn dann ehrlich an.

„Ich werd versuchen nicht zu flüchten.“

Auch er schmunzelte, als die Türe aufgestoßen wurde und Tony eintrat.

„Wer ist Miho Byun?“

Wie unter einem lauten Peitschenhieb zuckte Linn erschrocken zusammen.
 

Verdammt!



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von: abgemeldet
2015-08-03T12:05:11+00:00 03.08.2015 14:05
Super Kapitel.

Mach bitte weiter. Mir gefällt dein schreib Stil.

LG SchunaUchiha
Von:  Hawki
2013-08-14T08:35:01+00:00 14.08.2013 10:35
Ich mag deine FF total!!!
Erinnert mich an daredevil x avengers! :3

Bin schon sehr gespannt wies weiter geht! *__*

Also schreib bitte schnell weiter!!! ❤
Von:  CaptainAmerica_
2013-07-15T17:46:56+00:00 15.07.2013 19:46
ich liebe diese FF, hoffe du schreibst sie bald weiter, platze fast vor Neugier...
Von:  seraphim87
2013-03-08T23:16:37+00:00 09.03.2013 00:16
schöner Stil srhr angenehm zu lesen
Von:  Pflanze
2013-03-01T12:14:03+00:00 01.03.2013 13:14
Schönes erstes Kapitel, du hast einen guten Schreibstil, hoffe da kommt bald mehr =)
Antwort von:  Sopschild
02.03.2013 18:45
Vielen Dank, schön das dir die Geschichte gefällt, ich hoffe du verfolgst sie weiter.
lg Sop


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