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Bubble and Squeak

von

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VII.

Wieder an seinen Schreibtisch zurückgekehrt, verbannte Harry rigoros alle Gedanken an Blaise. Was nicht ganz einfach war, hatte ihm doch das Gespräch in der Mittagspause einiges zu Denken gegeben. Hatte er Blaises Fragen falsch oder richtig interpretiert? Hatte dieser durch die Fragen so etwas wie Interesse an ihm bekunden wollen oder doch nicht? Und wenn ja, wollte Harry dieses Interesse überhaupt? All das waren Fragen, für die er jetzt keine Zeit hatte. Denn nachdem Blaise sich von ihm verabschiedet hatte, war Harry wieder seine Schlussfolgerung mit der Zeitung in den Sinn gekommen.

Er zweifelte keine Sekunde daran, dass Blaise im Ministerium die fehlenden Vermisstenanzeigen über zwei Verlobte finden würde und die entsprechenden Hexen auch die letzten beiden Opfer identifizieren konnten. Weshalb er sich also der Frage widmen konnte, wie der Mörder auf seine Opfer aufmerksam wurde. Und da war seine erste Vermutung, dass es irgendwie mit den Familienanzeigen in den Zeitungen zusammenhing. Vielleicht hatte er ja Glück und alle fraglichen Muggelpaare hatten ihre Anzeige in der selben Zeitung aufgegeben. Andererseits würde das wiederum bedeuten, dass der Mörder entweder muggelgeboren, Halbblut oder zumindest ein ausgeprägtes Interesse an der Muggelwelt hatte. Aber darüber konnte er sich Gedanken machen, wenn er wusste, ob die Idee mit den Zeitungen richtig war.

Also rief er zuerst bei den großen Zeitungsverlagen wie der Times an, und bat sie, zu überprüfen, ob bestimmte Personen bei ihnen eine Verlobungsanzeige aufgegeben hatten. Doch alle diese Anfragen kamen ohne Ergebnis zurück. Also ließ er sich eine Liste von Regional- und Lokalzeitungen der Grafschaften, in denen es zu Leichenfunden gekommen war, geben, denn er vermutete, dass das Londoner Opfer oder dessen Verlobte Verwandte in einer der Grafschaften hatte, und eine entsprechende Anzeige dann dort aufgegeben worden war.

Tatsächlich fanden sich nach scheinbar endlosen Anrufen, die sich von Regionalzeitungen zu Lokalzeitungen und dann zu regelrechten Käseblättchen ausweiteten, immerhin drei Verlobungsanzeigen. Und Blaise hatte inzwischen eine Nachricht geschickt, die bestätigte, dass sie auf der richtigen Spur waren. Die letzten beiden nicht identifizierten Opfer waren mit Hexen verlobt gewesen und Blaise hatte auf gezielte Nachfrage hin erfahren, dass diese auch eine entsprechende Anzeige im Tagespropheten aufgegeben hatten. Machte fünf Anzeigen.

„Sergeant Smith!“, brüllte Harry aus seinem Büro, dem soeben eine Idee gekommen war.

Gleich darauf kam Archibald Smith in das Büro des Detective Inspectors.

„Sarge, könnten Sie bitte den Hintergrund der identifizierten Opfer und ihrer Verlobten durchleuchten? Nichts Großartiges, es geht mir nur darum, ob einer von ihnen vielleicht Familie in einem anderen Teil Englands hat.“

„Ich dachte, die Theorie für die Verlobten hätten wir schon aufgegeben“, sagte Smith verwundert.

„Jetzt ist sie wieder im Rennen. Mr. Zabini hat sich daran erinnert, dass manche Menschen, besonders solche mit Migrationshintergrund und anderen Religionen zugehörig, nicht immer bei der Polizei ihre Angehörigen als vermisst melden, sondern bei der Ausländerbehörde oder bei dem entsprechenden Gemeindevorsteher. Er hat über ein paar Kollegen von sich ein paar Drähte angezapft und herausgefunden, dass die beiden noch nicht identifizierten Opfer mit Inderinnen verlobt waren, die über ihren Tempel die Vermisstenanzeige aufgegeben haben.“ Innerlich tat Harry allen in England lebenden Indern und Hindus für dieses Märchen Abbitte, aber es war das einzige, was ihm auf die Schnelle einfiel, das seinen Sergeant überzeugen konnte. „Mr. Zabini regelt gerade die Formalitäten, damit die Leichen auch offiziell identifiziert werden.“

Smith nickte akzeptierend. „Und nun wollen Sie...?“

„Ja“, unterbrach Harry ihn ungeduldig. „Denn auch wenn wir jetzt eine Gemeinsamkeit gefunden haben, müssen wir noch klären, wie der Mörder auf seine Opfer aufmerksam geworden ist. Und das am besten, bevor wir die nächste grüne kopflose Leiche in der Pathologie liegen haben.“

Sergeant Smith wusste, dass jedes weitere Wort Zeitverschwendung war, wenn sein Chef so drauf war. Das war nämlich sein ‚Bewegen Sie sich, es brennt’-Tonfall.
 

Als Sergeant Smith seinem Vorgesetzten am nächsten Tag die Ergebnisse seiner Recherche präsentierte, war er nicht sicher, ob diese enthielten, wonach der Detective Inspector gesucht hatte.

„Fabelhaft, Smith! Ich wusste, dass ich mich auf Sie verlassen kann.“

Der Sergeant wusste zwar nicht, was an seinen Ergebnissen so fabelhaft war – immerhin ließen sich die Paare nicht auf eine Grafschaft festlegen, sondern hatten Verwandte in ganz England –, aber es tat gut zu hören, dass der Detective offenbar etwas damit anfangen konnte.

„T...“ Harry unterbrach sich und setzte dann neu an. „Das wäre dann erst mal alles, Sarge. Danke.“

Sein erster Impuls war es gewesen, den Sergeant damit zu beauftragen, die Truppe zusammen zu trommeln, weil sie endlich einen guten Anhaltspunkt bezüglich des Mörders hatten. Doch das ging nicht. Der Mörder gehörte der magischen Gemeinschaft an. Zwei der Morde hingen direkt mit der magischen Gemeinschaft zusammen. Er konnte seinen Kollegen diese Details nicht erklären, aber wenn er sie ihnen vorenthielt, würden seine sonstigen Erklärungen keinen Sinn machen. Er verfluchte einmal mehr die Arroganz der Zauberwelt, mit der sie sich keine Gedanken über das Statut zur Geheimhaltung machten, sondern einfach anfingen in der Muggelwelt zu morden und er durfte den ganzen Komplikationsmüll ausbaden.

Also ging wieder einmal eine Taube ans Ministerium und eine halbe Stunde später trafen sich Blaise und Harry im Park. Doch statt, dass sie wie üblich auf einer Bank Platz nahmen, fragte Harry Blaise: „Vertraust du mir?“

„Was? Wieso?“

„Vertraust du mir? Ich will uns apparieren, und das funktioniert nur, wenn du mir vertraust. Keine Sorge, keine Nebelbank, nur meine Wohnung, aber mit der U-Bahn bräuchten wir zu lange.“

Noch immer sah Blaise Harry mit fragend hochgezogenen Augenbrauen an, nickte dann aber und griff nach Harrys Arm. „Aber wehe du zersplinterst uns.“

„Hab ich noch nie, und wenn man unter den Umständen wie im letzten Schuljahr apparieren bis zur Vergasung üben darf, verlernt man das auch nicht mehr.“

Sekunden später waren sie in einer geräumigen, nach typischer Muggelart eingerichteten Wohnung. „Setz dich“, sagte Harry und wies auf den Küchentisch. Er selbst kramte aus einem Schrank im Wohnzimmer Schreibpapier, dazu holte er seinen Laptop aus seinem Schlafzimmer. Nachdem er Blaise etwas zu Trinken angeboten hatte, setzte er sich ebenfalls und begann zu erklären.

„Das ist der Stand der Dinge: Wir haben zwei Tote in Essex und zwei Tote in Kent. Also im Osten der Stadt. Einen toten Hauself in London und eine weitere Leiche dort. Je einen Toten in Buckinghamshire und Surrey. Sieht auf den ersten Blick aus, als hätte der Täter alle Leichen hübsch rund um London und in London selbst drapiert.“

Blaise nickte.

„Für die beiden Leichen in Kent habe ich in einer Lokalzeitung eine Anzeige gefunden, beide in einer Zeitung aus dem Bezirk Gravesham. Im gleichen Bezirk gab es eine Anzeige für unseren Toten aus Buckinghamshire. In Buckinghamshire wiederum gab es keine derartige Anzeige. Aber wie sich herausstellte, stammte die Verlobte des Toten aus Buckinghamshire ursprünglich aus Kent. Ihre Eltern leben heute noch dort. Also haben sie dort eine Anzeige für ihre Tochter aufgegeben. Oder vielmehr, um den Nachbarn anzuzeigen, dass die Tochter heiratet. Was also die drei Anzeigen erklärt. Eine Leiche in Essex und die in Surrey sind im Tagespropheten als verlobt angezeigt worden. Bleiben also noch einmal Essex und die menschliche Leiche von London. Was, wenn ich dir sagte, dass die Mutter des Toten ebenfalls in Essex lebt?“

„Ja, aber Essex ist nicht Kent und umgekehrt.“

„Vielleicht nicht administrativ. Aber...“ Harry lud auf dem Rechner einen Routenplaner mit passendem Kartenmaterial. „...was, wenn die beiden Schauplätze gerade mal die Themse trennt? Und dieses Hindernis mittels Fähre überwunden werden kann?“

Sprachlos starrte Blaise auf den Monitor. Dort zeigte sich eine Route von London nach Gravesend, dem gegenüber wiederum am anderen Flussufer der kleine Ort Tilbury lag. „Du meinst...“

„Ich glaube, unser Mörder lebt in Tilbury und fährt regelmäßig nach Gravesend. Ist wahrscheinlicher als die umgekehrte Richtung. Ferner können wir wohl davon ausgehen, dass unser Mörder bereits seit mehreren Jahren als magischer Mensch unentdeckt in Tilbury oder zumindest in der unmittelbaren Nähe lebt, sprich man kennt den Täter, grüßt ihn oder sie auf der Straße, hält vielleicht beim Bäcker ein Schwätzchen oder so... Bei so einer Gelegenheit kann der Mörder sowohl vom Essex-Opfer als auch vom London-Opfer erfahren haben. Denn die Mutter des London-Opfers wohnt in Tilbury und das Essex-Opfer wurde keine zehn Meilen von Tilbury entfernt gefunden. Nicht zu weit entfernt für den örtlichen Klatsch.“

„Und was ist mit den Kohlköpfen? Die wurden doch immer in der Nähe des Leichenfundortes an ahnungslose Bürger verkauft. Zumindest nach den Lebensmittelvergiftungen zu urteilen.“

„Markttag“, sagte Harry. „Alle Morde geschahen an einem Tag, wo entweder in der betreffenden Stadt oder in der Nähe Markttag war.“

Blaise war platt. Dass sich alles so auflösen sollte... „Okay, und was nun? Ich meine, wir könnten im Flohnetzbuch nachschauen, ob jemand in Tilbury oder näherer Umgebung einen Kamin eingetragen hat. Und dann mit Auroren stürmen? Was, wenn in dem Haus mehr als eine magische Person lebt? Wer ist dann unser Mörder?“

„Wie wäre es, wenn wir einen Schritt nach dem anderen machten?“, fragte Harry. „Und was bitte ist ein Flohnetzbuch?“

„Das weißt du nicht? Ist dir nie in den Sinn gekommen, dass Kamine, die ans Flohnetz angeschlossen sind, im Ministerium registriert sein müssen? Und dass es dort entsprechend ein Buch, ähnlich wie ein Telefonbuch bei den Muggeln, gibt, wo alle Anschlüsse vermerkt sind? Gut, das Flohnetzbuch ist nicht wie das Telefonbuch allgemein zugänglich, weil es zu viele Kaminbesitzer gibt, die ihren Kamin auf diese oder jene Weise gegen unerwünschte Flohnetzkontakte gesperrt haben, aber das Registrierungsbuch gibt es dennoch.“

„Klingt logisch und nach einem guten Punkt zum Ansetzen. Und wer weiß, vielleicht haben wir Glück...“ Harrys Blick glitt in die Ferne, obgleich seine Augen nicht weiter als bis zur nächsten Wand sehen konnten. „Meinst du, der Tagesprophet führt eine ähnlich penible Liste über seine Abonnenten? Denn auch wenn wir nicht wissen, ob der Mörder einen angeschlossenen Kamin hat, wir wissen, dass er oder sie den Tagespropheten liest.“

„Gute Idee.“ Blaise schwieg einen Moment. „Harry... wenn eine dieser beiden Möglichkeiten, oder beide, zu einem eindeutigen Ergebnis führen, willst du beim Zugriff dabei sein?“

Harry überlegte kurz. Es war für ihn kein Problem, sich mit Perücke und getönten Kontaktlinsen so zu verkleiden, dass ihn nicht mal Ron und Hermione erkannten. Und irgendwie würde es ihm eine gewisse Genugtuung verschaffen, zu sehen, wie der Mörder gefasst wurde. Er nickte. „Aber nicht unmittelbar. Ich will bei den Gaffern sein. Sag mir also nur Bescheid, wann ihr wenn zugreifen wollt, damit ich dann in Tilbury sein kann.“

„Klingt gut. Und vielleicht hilfst du uns, eine gute, offizielle, muggeltaugliche Version für die Muggelpolizei für die Aufklärung des Falls zu finden...“

„Du meinst etwas, das euch sogar die Times und nicht bloß Sun und Mirror abkaufen?“, fragte Harry grinsend.

„Genau... Vielleicht bei einem gemeinsamen Abendessen?“

Dieses Mal war sich Harry sicher, dass er die Frage nicht falsch verstanden hatte.



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