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Tage des Donners

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Namensgeber des Kapitels
Hört es euch an, ihr werdet es nicht bereuen. Komplett anzeigen

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ghostriders in the sky

„Shit!“

Jeder Mensch der Welt hätte das Gute im Schlimmen gesehen und wäre glücklich darüber gewesen, wenn ihm die Maschine in einer Stadt abgesoffen wäre, anstelle mitten auf dem Highway, wo sich im Umkreis von 300 Meilen eine einzige Tankstelle befand.

Doch nicht Mariku. Denn Mariku kannte diese Stadt, in der er nun gestrandet war, er kannte sie gut genug um zu wissen, dass er hier nicht auch nur einen einzigen Menschen antreffen würde. Denn hier lebte niemand. Schon seit zehn Jahren nicht mehr und ab etwa diesem Zeitpunkt war die kleine Stadt namens God City wie auf mysteriöse Weise von jeder Landkarte der Welt verschwunden. Niemand wusste, dass es sie einmal gegeben hatte. Nur jene, die einst hier gelebt hatten und die gab es nicht mehr. Keinen einzigen von ihnen. Dafür hatte jemand gesorgt.
 

Der Wind wehte und wirbelte stark den Staub auf, so stark, dass Mariku seine Sonnenbrille aus einer Manteltasche fischte, sie aufsetzte und zusätzlich ein Halstuch um Mund und Nase band. Das hielt kein Mensch aus. Und er auch nicht.

Ein kurzer Blick zum Himmel, dann in die Ferne aus der Richtung, aus der er gekommen war. Ein Sandsturm nahte und sicherlich war es besser, hier zu sein, aus auf dem Highway, der mittlerweile sicherlich schon nicht mehr zu erkennen war.
 

Mariku schob seine Maschine schließlich und endlich, denn eine Wahl hatte er vorerst ja ohnehin nicht, über die Hauptstraße, die einmal mitten durch die kleine Stadt führte. Er war auf dem Weg hierher gewesen. War schon ziemlich lange her und in Angesicht der Tatsache, dass er allein Schuld am Verschwinden der Menschen hier trug, war es höchst erstaunlich, denn die meisten Menschen liefen vor ihrer Vergangenheit davon, doch nicht Mariku, nicht Sundance.

Den sie so genannt hatten, weil niemand die Kugeln fliegen sah, wenn er schoss, ein Blitzen in der Sonne und in seinen Augen und das brachte immer den Tod. Ohja, er hatte sich einen Namen gemacht. Und niemand holte ihn ein. Niemand konnte ihn zur Strecke bringen. Schwächlinge. Sie hatten alle Angst vor ihm. Sie hatten ihn schon immer gefürchtet, den lonesome Cowboy. Mariku schmunzelte kurz.
 

Es dauerte nicht lange, ehe er sein Ziel erreichte. Das Haus, komplett aus Holzdielen errichtet mit seiner Werkstatt lag noch genauso da, wie er es verlassen hatte. Dort stellte er sein Motorrad unter.

Wie es aussah, saß er nun eine ganze Weile hier fest. Aber das war nicht schlimm. Er würde sich umsehen, ob er irgendwo Ersatzteile fand, Lebensmittel gab es hier sicherlich auch zur Genüge, denn die Menschen, die hier gelebt hatten, hatten ihren Besitz, ebenso, wie ihre Lebensmittel gehortet, damit sie die Stadt so selten wie möglich verlassen mussten, denn sie hatten hier keine Fremden gemocht und auch nichts, was anders war, als sie.
 

~*~
 

Mariku wurde geboren ohne Mutter und wurde gezeugt ohne Samen, es war die Dunkelheit, die ihn hervorbrachte und Mariku kannte nichts als seine große Schwester Isis, die ihn an die Hand nahm und mit ihm in die Wüste hinausging.

Er war acht Jahre alt, sie 12. Sie war immer stark und stolz und so erwachsen, aber sie sagte ihm nie, wo er herkam und sie sagte es ihm nie, weil er aus den Schatten gekommen war. Marikus frühste Erinnerung war diese Zeit in der Wüste. Dort hatte sein Leben begonnen und vielleicht würde es dort auch irgendwann einmal enden.
 

Die Füße des Jungen schmerzten, aber er beschwerte sich nicht, er jammerte nicht und schrie nicht, wie andere Kinder in seinem Alter, denn er war kein Kind mehr, seit ihn die Schatten ausgespien hatten.

Er warf einen Blick auf seine Schwester: Sie trug ein weißes Kleid, das an vielen Stellen abgenutzt war und Bikerstiefel, die ihr zu groß waren, aber besser, als die Sandalen, in denen sie sich durch die dünnen Sohlen die Füße verbrannt hatte, und ein Kopftuch, wie die Muslimas es trugen, aber sie trug es nicht, weil sie gläubig war, sondern damit die Sonne nicht so erbarmungslos auf ihren Kopf knallte. Der Körper war ausgemergelt, dort wo sich knospend weibliche Rundungen abgezeichnet hatten, standen die Knochen hervor und trotzdem war seine große Schwester das schönste Mädchen, das Mariku jemals gesehen hatte.

Er wollte sie beschützen, so wie sie ihn beschützte, komme, was da wolle, das nahm er sich fest vor.

Seine Hand lag fest in ihrer und das war die Kraft die sie sich gegenseitig gaben, denn außer einander hatten sie nichts mehr. Der Ort, von dem sie gekommen waren, war dunkel und schemenhaft und wahrscheinlich nicht einmal real.
 

„Isis…“, wisperte der Junge plötzlich und blieb stehen. Die Schwester hob müde den Kopf, „Was ist denn? Wir müssen weiter, dann erreichen wir vielleicht bald eine Stadt…“

„Hör doch – da ist ein Auto!“

Sie lauschte. Und tatsächlich. Motoren, ganz in der Ferne. Sie lief mit Mariku etwas an den Straßenrand, sie stellten sich so hin, dass sie gesehen werden mussten, wenn ein Auto vorbeikam. Tatsächlich kam bald ein Wagen in Sicht – ein teurer Wagen, wie Mariku, der sich in kleinjungenhafter Begeisterung schon immer für Autos und Motorräder interessiert hatte, mit Freude erkannte. Es war ein Caddilac Fleetwood, Mariku hatte das Auto mal in einem Buch gesehen und sich immer sehnsüchtig gewünscht, mal in so einem mitzufahren.
 

Der Wagen zog an ihnen vorbei, wirbelte so viel Staub auf, dass sie beide heftig husten mussten, während die wenigen Kleider, die die mageren Kinder am Leib trugen im Zug des schnell fahrenden Autos flatterten.

„Warum hat der nicht angehalten?!“, protestierte Mariku, „der hat uns ja wohl genau gesehen, dieser Arsch!“

„Mariku, du sollst nicht fluchen“, mahnte seine Schwester, aber auch sie konnte die Enttäuschung und vor allem die Müdigkeit nicht aus ihrer Stimme bannen.
 

Die Sonne stand als glutroter Ball am Himmel und sie hatten immer noch keine Stadt erreicht. Mariku war schwindelig, doch er schwieg still, wie lange waren sie nun schon unterwegs? Er hatte kein Zeitgefühl, doch als Kind war das Zeitgefühl ohnehin anders.

Wann waren sie aufgebrochen? Woher nahmen sie den Mut, weiterzugehen, sie waren doch nur Kinder, allein und verloren in der Welt und vielleicht fraß sie bald die Wüste.

Als Mariku versuchte die Zähne zusammen zu beißen, um kein Wimmern über seine Lippen dringen zu lassen, schmeckte er Sand und bald spürte er Wind auf seiner Haut und Sandkörner, die hart, wie winzig kleine Geschosse in seine Gesicht prasselten und schon bald waren sie von Sand umgeben und Isis zog ihn krampfhaft an sich, damit sie sich im Sand nicht verloren, denn schon bald hatten sie keine Sicht mehr.

Mariku rannen die Tränen die Wangen herab, weil die Augen so vom Sand der Welt brannten, dem harten, heißen Sand, der sie bald verschluckte. Der Wind pfiff ihnen um die Ohren und bald hörte er die Stimme seiner Schwester nicht mehr.

Und plötzlich war sie weg, plötzlich hatte der Sand sie verschlungen.

Er wollte den Mund aufmachen um nach ihr zu schreien, doch er verschluckte sich am Sand und dann war da keine Luft mehr, nur Sand und der Junge brach ohnmächtig zusammen.
 

Als Mariku wieder erwachte, war da kein Retter, der sich über ihn beugte, er war weder in einem kühlen Raum, noch waren da Menschen, die sich um ihn sorgten, nein. Sein Gesicht brannte von der Sonne und wahrscheinlich hatte er trotz seiner dunklen Haut einen Sonnenbrand im Gesicht und grässliche Kopfschmerzen stachen ihn.

Oh, war es nicht noch Sonnenuntergang gewesen? Wie mochte es dann sein, dass die Sonne wieder hoch am Himmel stand? Marikus Kehle war wie ausgedörrt und wenn er schluckte, fühlte es sich so an, als würde er Glasscherben herunterschlucken. Ein unglaublicher Hass auf die Person im Caddy überkam ihn und er schwor sich, dass er diesen Typen finden und ihn fertig machen würde.

Wo war seine Schwester? Sie lag neben ihm, zusammengekauert, ihr Gesicht war zur Hälfte mit Sand bedeckt, das Kopftuch hatte der Wind ihr hinfort gerissen und ihr schwarzes Haar, das sonst immer geglänzt hatte, wie das feuchte Gefieder eines Kolkraben, war matt und strähnig und voller Sand und Schmutz.
 

„Isis…“ Die Stimme des Jungen klang heiser. Er rüttelte an ihrer Schulter. „Isis …“

Sie rührte sich nicht und einen Moment bekam er Angst. Sie brauchten Hilfe. Ganz dringend Hilfe. Doch woher, wo … Als Mariku aufblickte, sah er in der flirrenden Hitze eine Stadt.

Er düsteres Lächeln, das seine kindlichen Züge grässlich entstellte, und seine von der Hitze spröden Lippen springen ließ, machte sich auf dem Gesicht des Knaben breit.

Da war eine Stadt, im Flirren der Mittagshitze, Häuser, schwach erkennbar zwar, doch für zwei gestrandete Kinder in der Wüste war es die göttlichste Erscheinung, die sich ihnen hätte offenbaren können und wie hätten sie auch ahnen können, was diese Stadt für sie wirklich bedeuten sollte..

Marikus Glieder zitterten und sein Kopf stach von der Hitze, er hatte einen Sonnenstich erlitten, aber seine Schwester neben ihm atmete flach und kalter Schweiß stand ihr auf der Stirn, ihre Lippen bebten und er wusste, er musste sie retten, weil sie ihn bisher immer gerettet hatte und weil er jetzt ein großer Junge sein musste.
 

Er schnaufte, als er den Körper seiner Schwester stemmte, ihre Arme über seine Schultern zog und dann die Hände unter ihre Kniekehlen schob. Sie war so ausgemergelt und dünn und deshalb schaffte er es, sie zu tragen, auch wenn es ihm jede Kraft abverlangte, die in seinem eigenen schwachen Körper zurück geblieben war. Nur langsam kam er voran, langsam, doch die Stadt verschwand nicht, sie war keine Fata Morgana und da fühlte er auch wieder die Straße unter seinen Füßen und die Hitze durch die Sohlen seiner durchgelaufenen Turnschuhe.

Er würde es schaffen. Die Konturen der Stadt wurden klarer. Das Zittern und das Feuer in seinen Gliedern hingegen unerträglich.
 

Nicht so kurz vor dem Ziel. War seine Schwester schon tot? Trug er hier seine tote Schwester auf dem Rücken, ohne es zu merken? Tränen bahnten sich ihren Weg über seine Wangen, Tränen des Zorns. Zorn darüber, dass er so schwach und so klein war, Zorn darüber, dass er es nicht schaffte, sie beide zu retten. Zorn darüber, dass ihm schließlich die Knie einknickten. Der Körper seiner Schwester glitt von seinem Rücken, aber sie verletzte sich nicht allzu sehr beim Fall auf die Straße, da die Straße voller Sand war, und weil Mariku mit ihr fiel.

Mariku blieb auf dem Rücken liegen und starrte in die Sonne, die immer heller wurde und seine Augen fraß, doch er schloss sie nicht, auch dann nicht, als schwarze Flecken in seinem Gesichtsfeld tanzten, dann schloss er sie doch, weil sich eine erlösende Ohnmacht ankündigte und als er schon die Augen geschlossen hatte, drang ein Geräusch an sein Ohr.

Das Knattern eines Motors. Es kam näher und er maß dem keine Bedeutung bei, doch dann erstarb der Motor ganz in ihrer Nähe und Mariku hörte, wie eine Autotür klappte, dann schwere, angestrengte Schritte auf dem Boden.

Ein Schatten fiel auf sein Gesicht und Mariku öffnete die Augen mühsam, seine Sicht war verschwommen. Ein Mann blickte auf ihn herab, er trug Schwarz, seine Kleidung war zerschlissen, und ein Monokel baumelte an einer Schnur von seiner Brusttasche, daran erinnerte sich Mariku auch später noch, weil die Sonne sich darin verfing und ihn einen kurzen Moment blendete.

Dann beugte sich der Mann herab, die Augen lagen dabei im Schatten des zerschlissenen schwarzen Cowboyhutes, den er trug, und fasste Mariku mit einer knorrigen und aderdurchsetzten Hand ins Gesicht. Er wollte diese Hand instinktiv abwehren, doch er hatte keine Kraft mehr dafür, so drehte er nur das Gesicht zur Seite.
 

„Keine Angst …“, sprach der Mann und man hörte das Alter aus seiner Stimme. „Ihr seid jetzt in Sicherheit….“

Damit hob der Mann ihn mühelos hoch und brachte ihn zu seinem Auto – Mariku schloss die Augen, als er in dessen Armen lag, von denen trotz ihrer Knöchernheit noch eine befremdliche Stärke ausging.

Mariku spürte bald darauf das heiße Leder des Rücksitzes und beobachtete durch halb geschlossene Augen, wie der Mann noch einmal zurück ging, um Isis zu holen und dann schloss er abermals die Augen, weil er glaubte, dass jetzt alles gut würde.
 

Als Mariku wieder erwachte, lag er in einem Bett in einem leicht abgedunkelten Raum, jemand beugte sich über ihn, aber diesmal war es nicht der Mann, der sie aus der Wüste geholt hatte.

Der Mann kontrollierte gerade seinen Puls, das Gesicht erhellte sich ein wenig, als er sah, dass Mariku zu sich kam.

„Er wird wieder. Die Kinder sind beide unterernährt und waren wohl eine zeitlang auf sich allein gestellt. Du solltest morgen mit dem Herrn Major sprechen, was mit ihnen geschehen soll – wahrscheinlich wird er sie nicht hier haben wollen, aber wenn jemand für sie bürgt …“

Der Satz, nicht an ihn gerichtet, sondern an eine andere Person, die wohl noch im Raum war, blieb unvollendet und wurde nur mit einem zustimmenden Nicken bedacht.
 

Der Mann, offensichtlich ein Arzt, stand auf und lächelte Mariku schwach zu, dann packte er seine Utensilien zusammen und verabschiedete sich.

Marikus fiebrige Augen lagen nun auf dem anderen Mann, welcher zurück geblieben war und unter dessen Obdach sie nun offensichtlich waren.

Moment – Isis, sie-

Beim Gedanken an seine Schwester schoss sein Oberkörper in die Höhe, doch der Mann legte ihm beschwichtigend die Hand auf die Brust, um ihn wieder zurück zu drücken.

„Ruhig, junger Mann, du hattest einen heftigen Sonnenstich und warst vollkommen dehydriert – du musst dich ausruhen. Deiner Schwester geht es den Umständen entsprechend, sie schläft im Nebenzimmer.“

Irgendetwas in der Stimme des Mannes beruhigte Mariku, sie war melodisch und tief und klang nach Geborgenheit. Er schloss die Augen und schlief.
 

~*~
 

Mariku hatte den alten Saloon der Stadt betreten. Hier hatte man früher ausgelassene Feste gefeiert, es hatte ordentliche Prügeleien gegeben, nach welchen der Gewinner großzügig eine Runde für alle ausgegeben hatte und dann hatte man sich die Arme um die Schultern gelegt und brüderlich miteinander gesoffen.

Ein schmales Lächeln flackerte über Marikus Lippen, als er daran dachte, wie er sich das erste Mal betrunken hatte und was für einen Aufstand das gegeben hatte.

Nun war der Saloon heruntergekommen und verlassen, das Mobiliar teilweise zerstört, Tische und Stühle lagen seitlich oder waren leicht gekippt. Sogar Aschenbecher standen noch auf den Tischen verteilt, mit schmierigem Inhalt, dem Rest, der nicht vom Wind, der durch die Fugen brauste, weggeweht worden war.

In der Ecke stand ein altes Klavier, mit höchster Wahrscheinlichkeit hatte es sich so verzogen, dass es keinen einzigen klaren Ton mehr hervorzubringen vermochte.
 

„Yippie yi yaaay, Yippie yi yoooh … ghostriders in … the sky…”, summte er abwesend, während er in Richtung des Tresens ging, die Stiefel knirschten auf dem abgebröckelten Putz und dem Dreck und den Scherben auf dem Boden. Geisterhaft war es hier. Geisterhaft, weil hier, mit Ausnahme des Drecks alles so aussah, als hätten hier bis vor kurzem noch Menschen getrunken, musiziert und gefeiert.

Welch eine groteskes Pedant zu jenem Saloon, in welchem er vor nicht allzu vielen Tagen gewesen war, in dem die Menschen sich das Spiel auf einem schwarzweiß Fernseher angesehen hatten, in dem gelacht und gefeiert wurde, in dem es toughe Bardamen und echte Kerle gab und außerdem engelsschöne Knaben, die einen auch nach einer vergangenen Nacht noch verfolgten und das war sonderbar, denn normalerweise folgten ihm nur die Schatten aus der Vergangenheit, die Schatten der Menschen, die nicht mehr waren und die er auf dem Gewissen hatte.

Aber Ryou, dieser Junge, den er in jener Nacht besessen hatte, er verjagte die Schatten, weil er so hell war, er verjagte sie solange, wie er an ihn dachte, dabei wusste er, dass er das nicht durfte. Sein Herz war kalt und tot und doch hatte dieser Junge es für eine Nacht in lohende Flammen geworfen, hatte ihn für eine Nacht spüren lassen, dass da irgendwo noch leben in diesem toten, kalten Körper war.

Die Augen verengend knurrte er und trat hinter die Theke. Auf einem Regal standen noch fein säuberlich, wenn auch das Glas schmierig war vom Staub, verschiedenste Flaschen, insbesondere verschiedenste Whisky-Sorten und Mariku lief das Wasser im Mund zusammen, wenn er daran dachte, dass der Whisky mit den Jahren zu einer wahren Köstlichkeit gereift sein musste.

Er holte zwei Flaschen vom Regal und eines der Gläser, wobei er sich an dem Schmutz darin nicht störte.
 

Das erste Glas trank er in einem Sturz, bei dem zweiten ließ er sich Zeit, ließ den herben Geschmack in seinem Mund und die Flüssigkeit langsam seine Kehle herab rinnen. Der Alkohol brannte, aber er war gut.

Wieder dachte er an diesen Ryou. Er hatte es genossen, ihn zu ficken, mehr als genossen. Wobei es viel mehr, als das bloße, geile Ficken gewesen war, es war … er vermochte es nicht zu sagen.

Was er nun wohl trieb, oder mit wem? Marikus Blick verdüsterte sich. Als ob es ihm nicht egal sein könnte. Schlampen, wie Ryou, die sofort die Beine breit machten, wenn man mit dem Finger schnipste, hatte er zuhauf gehabt und keiner von ihnen hatte ein Gesicht oder einen Namen in seinem Gedächtnis hinterlassen. Aber Ryou … Ryou war da, war präsent. Lockte ihn mit seinem Wahnsinnskörper und mit seiner Hingabe und vielleicht war er sogar gewillt ihm eine perverse, kranke Art der Liebe entgegenzubringen, obwohl Mariku nur zerstören konnte und diesen Jungen sicher auch zerstören würde, wie er alles andere in seinem Leben zerstört hatte. Aber vielleicht war es ja diesmal anders. Vielleicht war Ryou … war Ryou wie er?
 

Nein, es war gut, dass er ihn zurück gelassen hatte. Er wusste, dass man ihn verfolgte. Diese Stadt hier, die fand niemand, wenn sie nicht gefunden werden wollte, deshalb konnte er hier eine Weile unbehelligt verweilen.

Nur der Gedanke, dass Ryou, den er nur eine Nacht gekannt hatte, sich zukünftig andere ins Bett holen würde, zukünftig anderen so hingebungsvoll zu Willen sein könnte, der Gedanke brachte ihn zur Weißglut.

Wütend knallte er das Glas wieder auf den Tresen.

„Nachschenken, wird’s bald!“, keifte er einen unsichtbaren Barmann an, welcher mit Marikus Hand die Flasche hob und die Flüssigkeit in das Glas beförderte.

Ja, der Alkohol war gut. Der Alkohol betäubte diese merkwürdigen Gedanken, die ihn an seine Menschlichkeit, an seine Sterblichkeit erinnerten.
 

~*~
 

Der Mann, der ihnen das Leben gerettet hatte, hieß John Lilyman, doch in der kleinen Stadt nannte man ihn nur den Undertaker, weil der Beruf dieses Mannes, den er sich einst selbst gewählt hatte in Provinznestern schon seit Jahrhunderten respekteinflößend auf die Menschen wirkte. Sie sagten immer, wenn der Undertaker auftauchte, dann musste einer sterben, sie sagten, er hatte einen siebten Sinn für den Tod.

Und allein deshalb, weil man sich nicht getraute, etwas gegen John Lilyman zu sagen, nicht einmal der Herr Major, der in dieser Stadt neben dem Sheriff das Sagen hatte, und dafür bekannt war, keine Fremden in dieser Stadt zu dulden. So durften die beiden Kinder bleiben, in der Obhut des Undertakers, der in Wahrheit ein sehr fürsorglicher und auch sehr einsamer Mensch war und die beiden Kinder wuchsen im ans Herz, wie seine eigenen.

Sie wurden ein Teil dieser Stadt, wenn es auch nach Jahren immer noch verhaltene Anfeindungen und Misstrauen gab. Vor allem gesäht durch einen Mann – den Reverend dieser Stadt, der in der Ankunft dieser Kinder zu Beginn etwas Teuflisches gesehen hatte.
 

Isis hatte bald Freundinnen gefunden, Mariku blieb ein Einzelgänger. Er verbrachte viel Zeit mit Lilyman, welcher ihn in seine Arbeit einwies, glücklich, vielleicht einen Nachfolger gefunden zu haben, denn hier riss sich niemand um solch einen Job und schließlich musste ja irgendjemand die Toten begraben.

„Onkel John, wo bringst du die Toten eigentlich hin?“, fragte Mariku eines Tages rundheraus, während er beobachtete, wie John einen Sarg zusammen zimmerte. Ohne in seiner Tätigkeit inne zu halten, antwortete er mit seiner Altmännerstimme: „Das weißt du doch, auf den Friedhof, weit außerhalb der Stadt.“

„Aber warum ist der so weit weg?“

„Nun, das weiß ich nicht, mein Junge. Ich glaube, die Leute haben Angst, dass ihre Sünden sie einholen, wenn sie daran erinnert werden.“

„Ihre Sünden?“, fragte Mariku und besah sich gedankenverloren den unfertigen Sarg.

John schwieg, wählte seine Worte mit Bedacht.

„Die Menschen sind nun leider Menschen. Nicht jeder Tod ist natürlich. Sieh den Mann, der seine Frau totprügelt, oder der Würdenträger, der betrunken ein Kind überfährt. Oder die Witwe, deren Mann sich eine Kugel in den Kopf geschossen hat, weil er glaubte, seine Familie nicht mehr ernähren zu können, sonst hätte sich die Frau nun keinen anderen gesucht. Die Frau, die im Suff ihr Neugeborenes in der Wanne ertränkt hat.“

Er sprach sehr ruhig und ohne Abscheu und Urteile in der Stimme, Mariku hing ihm an den Lippen.

„Die Menschen glauben seit Jahrhunderten, dass jemand sterben muss, wenn der Totengräber auftaucht. Dabei zerstören sie sich selbst und ich sammele nur die Gefallenen ein, deren keiner mehr gedenkt.“

Bedauern lag in der Stimme. Er machte eine Pause, um den Deckel auf den Sarg zu legen und ihn anzupassen. Mariku ging ihm dabei zur Hand, indem er ihm Werkzeug reichte oder Bretter festhielt.

Er musste plötzlich an jenen Tag in der Wüste denken, als der Caddy an ihnen vorbeigefahren war, dabei noch beschleunigt und somit ihren Tod in Kauf genommen hatte.

„Menschen sind böse“, sagte er dann aus einem Impuls heraus und Lilyman, den es eigentlich hätte erschrecken müssen, dass ein Kind von 12 Jahren solcherart kakophonische Worte benutzte, nickte.

„Du bist sehr klug, Mariku. Vor den Menschen musst du dich hüten und am besten lässt du nur die wenigsten in dein Herz. Aber pass auf, dass du daran nicht kalt wirst, du bist noch jung. Und eines Tages vielleicht wirst du diese Stadt verlassen.“

„Das werde ich niemals tun!“, sagte Mariku, ohne zu wissen, was er da sagte. Er würde seinen Ziehvater niemals im Stich lassen, nie.

John lächelte nachsichtig. „Wir werden sehen, was die Zeit hervorbringt.“
 

Mariku war 13 als er sich das erste Mal richtigen Ärger einhandelte. Zumindest diese Art von Ärger, der über Dummejungen-Kindereien hinausging. Man konnte nicht sagen, ob es das nahende Teenageralter war, das die Rebellion mit sich brachte, oder ob es einfach seinem wahren Wesen entsprach. Wahrscheinlich Letzteres.
 

Mariku schlich sich eines Abends weg, weil er seine Schwester ihm erzählt hatte, dass sie heute Abend im Saloon sang – sie hatte eine wunderschöne Stimme und der Pianist war ein junger Mann, der offenbar ihr Interesse geweckt hatte, sie verstanden sich gut und hatten mit dem Saloonbesitzer gesprochen, damit sie einen Abend auftreten konnte.

Das durfte Mariku sich nicht entgehen lassen und das nicht aus dem einzigen Grund, dass er seine Schwester singen hören wollte, sondern vielmehr mochte er es nicht besonders, wie die Männer ihr hinterher schauten, denn mit ihren 17 Jahren war sie gerade erblüht und es war nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Jungen und die jungen Männer um sie rissen.

Mariku hasste es. John hatte seine Erlaubnis gegeben, da Isis selten um etwas bat und wenn sie es tat, fiel es ihm sehr schwer, es ihr abzuschlagen.
 

John arbeitete an diesem Abend noch in seiner Werkstatt und Mariku wartete ab, bis er die gedämpften Geräusche hörte, dann schnappte er sich seine Jacke und ging.

Er lief zu Fuß zum Saloon – er wollte nicht unbedingt auffallen und schon gar nicht wollte er, dass Isis merkte, dass er ihr hinterher schlich, denn das hatte sie noch nie gemocht, vor allem nicht, weil Mariku es ganz zufällig immer geschafft hatte, jede Verabredung in irgendeiner Form zu sabotieren.

Er knurrte leise. Wenn es nach ihm ging, brauchte Isis überhaupt keine Männer. Und wenn dann nur, wenn er den Kerl genehmigte und das würde so schnell nicht passieren.

Während er lief, förderte er aus der Innentasche seiner Jacke eine Zigarette hervor – die hatte er, wenn auch mit leicht schlechtem Gewissen, John stibitzt. Die Zigaretten schmeckten ihm nicht einmal, aber das Rauchen war für ihn ein Symbol der Erwachsenenwelt und ganz abgesehen davon, fühlte er sich ziemlich cool dabei.
 

Die Stadt war nicht sonderlich groß, deshalb konnte man alles bequem zu Fuß erreichen. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt.

Mariku kam auf seinem Weg an der Kirche der Stadt vorbei und er wusste nicht, wieso, aber irgendetwas bewegte ihn dazu, seine Schritte zu verlangsamen.
 

Das Gebäude bestand noch aus Gründerzeiten und war längst marode, was nicht der einzige Grund war, weswegen Mariku erst einmal einen Fuß in ihr Inneres gesetzt hatte.

Etwas Gespenstisches ging von ihr aus, er wusste es nicht zu benennen, aber als er kleiner gewesen war, da hatte John ihn und seine Schwester mitgenommen aus Pflichtbewusstsein und weil der Reverend, der ein guter Freund des Herrn Majors war, es nicht gerne sah, wenn man dem wöchentlichen Gottesdienst fernblieb, selbst wenn John selbst sich nur sporadisch dort sehen ließ, gerade oft genug, um keinen Unmut zu erwecken, dabei war ihm der Herrgott gelinde egal. In den Gesichtern der Toten, hatte er einmal gesagt, da konnte man so Vieles mehr sehen, als das was in der Kirche gepredigt wurde, man sah ein ganzes Leben, man sah die Erlösung und man sah, dass jeder gleich war, dass jeder, egal, wie oft er in der Kirche gewesen oder sein Abendgebet aufgesagt hatte, schließlich und endlich in einem von John Lilymans Särgen seine Ruhe fand. Und danach kam nur die finstere Erde.
 

Isis mied es prinzipiell den Raum zu betreten, in dem ihr Ziehvater die Toten vorbereitete, denn die Einbalsamierung gehörte ebenso dazu, wie das Zimmern der Särge, aber Mariku war bei diesem Vorgang schon öfter dabei gewesen und es erfüllte ihn jedesmal mit einer gewissen Ehrfurcht, aber auch einer unerklärlichen Neugier.
 

Zurück zu der Zeit, in welcher er gezwungenermaßen diesem Gottesdienst beigewohnt hatte. Er hatte es gehasst, hatte kaum eine Sekunde still sitzen können und der Reverend war ihm vom ersten Moment an unsympathisch gewesen, denn er hatte diese Augen. Die Augen böser Männer und mit diesen Augen hatte er ihn und Isis angesehen, hatte ihnen deutlich zu verstehen gegeben, dass im Himmel kein Platz für sie war, Bastarde ohne Mutter und ohne Vater und wenn er vielleicht für das Mädchen, das er auch immer auf eine ganz andere Weise ansah, die Mariku zu jenem Zeitpunkt noch nicht bewusst war, noch Seelenrettung sah, so wünschte er den Jungen mit dem Blick, in dem der Teufel saß zur Hölle.

Er hasste ihn, und das wusste Mariku, er hasste ihn ohne jeden Grund.

Mariku war damals vor aller Augen einfach in der Predigt des Reverends aufgestanden, mit hochmütiger Miene, die erstaunlich war für einen Achtjährigen, und war seitdem nie wieder dort gewesen. Nicht einmal zu den heiligen Festen, nicht zu Weihnachten und nicht zu Ostern, wozu Isis zumindest sich noch bewegen ließ, welche sehr um den Frieden mit den anderen Städtern bemüht war und ungerne negativ auffallen mochte. Isis war ein gutes Mädchen.
 

Hinter den Fenstern der Kirche war es dunkel. Unangenehm dunkel. Es war ein böses Dunkel.

Ohne es zu merken, war Mariku stehen geblieben. In der kleinen Priesterwohnung, die auf demselben Gelände anschloss, brannte Licht.

Wahrscheinlich, so dachte Mariku abfällig, brütet der über seiner Bibel und überlegt sich eine neue Methode, die Städter davon zu überzeugen, dass Feste feiern Sünde sei, wenn am nächsten Tag der Gottesdienst wartete. Spinner. Mariku hatte nichts für ihn übrig. Wenn es einen Gott gab, dann hätte er Isis und ihn nicht in die Wüste hinaus geschickt, dann hätte er den Mann oder die Frau im Caddy mit einem Blitz erschlagen.
 

In dem Moment, in dem Mariku sich in Bewegung setzte, um weiter zu gehen, prallte er zurück und bekam den Schreck seines Lebens.

Der Reverend stand vor ihm. Groß und starr von imposanter Gestalt, das adlerartige, kantige Gesicht zeigte keinerlei Regung und doch spürte Mariku die Abneigung, die von ihm ausging.

Stand da, sie starrten sich an, das Gesicht des Mannes war unglaublich zerfurcht und er hatte graues, dünnes Haar, trug sein Amtsgewand, das Schwarze mit dem weißen Kragen wie eine Königsrobe.

„Wohin des Weges, junger Freund?“

Kleine Augen, die zu flüchtig über sein Gesicht glitten um stechend zu sein und doch waren sie es. Mariku straffte die Gestalt, ärgerte sich darüber, dass er sich so erschreckt hatte.

„Ich gehe in den Saloon, meine Schwester singt heute Abend da“, antwortete er steif und wich dem Blick des Mannes nicht aus.

„Lassen sie dort schon Kinder hinein?“, sagte der Reverend mehr zu sich selbst, als zu Mariku. „Weiß John, dass du dich herumtreibst?“

Mariku schnaubte. „Klar. Außerdem bin ich ja wohl alt genug, Mann!“ Und er log ohne rot zu werden.

Der Reverend zuckte nicht einmal mit der Augenbraue, jetzt erkannte Mariku die Bibel, die er in einer Hand an seiner Seite hielt.

„Ein Knabe in deinem Alter sollte sich auf die Konfirmation vorbereiten.“

Wovon bitte sprach dieser Mensch? Und warum klang er so tadelnd dabei. „Deinesgleichen wurde immerhin nicht als Selbstverständlichkeit hier aufgenommen.“

Mariku presste die Lippen zusammen. Der Kerl fing an ihn zu nerven und wegen ihm kam er noch zu spät. Außerdem fühlte er sich in der Gegenwart des Reverends zunehmend unwohl.

Im nächsten Moment spürte Mariku eine Hand, die sich auf seine Stirn legte, einen Daumen, der ein Kreuz darauf malte.

„Wende dich der Kirche zu, ehe sie dich verstößt“, wisperte er und eine Drohung war deutlich herauszuhören. „Du und deine junge, schöne Schwester aus dem Volk der Heiden und Götzenanbeter … glaube mir, Mariku, ich weiß, woher du stammst.“
 

Die Worte schlugen mit der Härte eines Kanonenschusses auf ihn nieder und er, der ansonsten immer schlagfertig war, nie um einen frechen Kommentar verlegen, fand keine Worte, denn der Reverend hatte etwas Bedeutendes gesagt, etwas, dessen Existenz Mariku verdrängt hatte, nämlich, dass er irgendwo her stammen musste, dass er nicht einfach von der Wüste geboren wurde, wie Isis ihm immer eingeredet hatte, wenn auch im Scherz als er noch kleiner gewesen war, doch jetzt in einer Situation, in der es unmöglicher nicht hätte sein können, wurde er an all das erinnert, an all das, was er nicht wusste.
 

Marikus Augen brannten und er bemerkte, dass er eine ganze Weile nicht geblinzelt hatte und als er es tat, war der Reverend weg und ein leichter Wind strich durch seine Kleider.

Sich unbehaglich fühlend, machte Mariku sich daran, seinen Weg fortzusetzen, aber plötzlich war ihm gar nicht mehr danach, in den Saloon zu gehen, Isis würde ihn schon nicht brauchen, sie konnte sich die Männer schon vom Leib halten, alleine mit ihrer Ausstrahlung und ihrer Selbstsicherheit, genau das wusste auch John, sonst hätte er ihr sicherlich niemals erlaubt, alleine dorthin zu gehen.

Kein Licht, keine Menschen. Die Worte hatten ihn aufgewühlt, sie machten ihn wütend, weil sie ihn verwirrten und ängstigten und er hasste es, Angst zu haben, denn das bedeutete Schwäche und schwach konnte man in so einer Welt nicht sein.
 

„Kirche“, knurrte er, „So ein Dreck“, dabei spuckte er aus.
 

~*~
 

Mariku grinste. „Gott, hab ich mir damals in die Hosen geschissen, du alter Dreckskerl“, sagte er laut, während er sich bereits das vierte Glas Whisky eingoss. Der Reverend beobachtete ihn dabei mit strengen, toten Augen. Aber er konnte nichts tun. Er saß da und Mariku war hier und am Leben und er nicht und er trank diesen verteufelt guten Whisky.

„Mit den Mistgabeln haben sie uns gejagt“, summte er, dann nahm er ein zweites Glas und goss es voll und schob es der Imagination zu. „Komm, Reverend, trink mit mir, auf die lustige alte Zeit.“ Er kicherte.

Du kommst in die Hölle, sagte der Reverend schlicht, während er beobachtete, wie Mariku das Glas nahm, es herunterstürzte und schließlich auch das zweite Glas nahm und sich den Inhalt zur Hälfte einverleibte.

„Bin ich da nicht schon längst, mon ami?“

Der Blick wurde leicht glasig, nachdenklich wurde der Rest des Alkohols im Glase geschwenkt.

Du bist an den Ort der Ursünde zurückgekehrt, sagte der Reverend.

Mariku knurrte. „Willst du mit deiner Gottesscheiße nichtmal jemand anderen nerven?“

Der Reverend sagte nichts.

Natürlich nicht. Mariku war der Einzige, der ihn sehen konnte. Das war der Fluch, der ihn bis ins eigene Grab begleiten würde. Mal waren sie da, mal nicht. Mal nahmen sie ihm sogar die Einsamkeit, die er sich nicht eingestehen wollte, auch wenn es erstaunlich war, dass sich keiner von ihnen hatte blicken lassen, seit er … seit er bei Ryou gelegen hatte.

Ob seine Haut wohl schon heilte, ob man schon erste Vernarbungen sehen konnte? Mariku wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war seit Labours Lost, es kam ihm vor, wie in einem anderen Leben, und wohl war es auch das. Vielleicht sollte er zurückkehren und sich den Jungen holen? Aber, wenn er ihn dann hätte, was dann? Sicherlich würde er ihn auch in den Tod stürzen, früher oder später starben alle, die mit ihm in Berührung kamen, deshalb trug er auch den Tod im Namen und er wusste selbst nicht mehr, wer ihm diesen Namen gegeben hatte, er war einfach da gewesen.
 

Plötzlich erinnerte er sich daran, dass der Reverend eine Frau gehabt hatte, die 15 Jahre jünger gewesen war, als er und einen Sohn aus erster Ehe, wo er gleichzeitig predigte, dass jede Fleischeslust Sünde war und nur dazu gedacht, gottgefällig Nachkommen zu schaffen und der Spaß an der Geschichte war, dass gerade der Sohn dieses Reverends homosexuell war und das keiner zu merken schien. Keiner bis auf Mariku, dem er sich offenbarte.
 

~*~
 

Mariku war nun doch im Saloon gewesen. Hatte seine Schwester singen gehört und hatte eine kleine, aber harmlose Prügelei mit einem Kerl angefangen, der ihr hinterherstieg, hatte sich ein, zwei Bier erschlichen, ehe er Isis mahnendem Blick gefügig wurde und schließlich den Heimweg antrat. Denselben Weg, den er gekommen war. Als er abermals die Residenz der Pfarrersfamilie passierte, waren die Fenster dunkel. Mariku war unbewusst auf die andere Straßenseite gewichen, doch jetzt blieb er stehen. Die seltsame Begegnung, die er beinahe schon wieder vergessen hatte, drang ihm wieder in den Sinn. Seine Augen verengten sich, als er erst jetzt die Worte realisierte, die der Mann wenige Stunden zuvor zu ihm gesprochen hatte. Ein plötzlicher Hass überkam ihn. Ein plötzlicher, ureigener, all die Jahre unterdrückter Hass. Mariku knurrte leise. Dieser überhebliche, selbstgerechte …

Die böse Stimme in seinem Kopf sagte ihm plötzlich, dass er es diesem Mann heimzahlen sollte. Und sein Verstand sagte ihm, dass diese Stimme Recht hatte.

Aber was sollte er tun? Eine Scheibe einschlagen? Wenig einfallsreich. Mariku überquerte langsam die Straße. Da stand ein Wagen, der Besitz des Pfarrers und seiner Frau. Er kam ihm bekannt vor. Sehr bekannt. Natürlich. Der Caddy von damals. Wieso hatte er das nicht längst bemerkt?

Langsam umrundete Mariku das Gefährt. Überlegte sich dann, ob ein Schweizer Taschenmesser ausreichte, um einen Reifen zu zerschneiden. Er hatte es erst zu seinem letzten Geburtstag von John bekommen und trug es ständig bei sich. Ohne Zweifel war es völlig scharf.

Wie verlogen. Wie falsch. Der Reverend predigte Wasser und trank Wein. Abscheu. Die Menschen hörten auf das, was er sagte. Sie hörten ebenso auf das was der Herr Major ihnen sagte. Hörig wie die Schweine in ‚Animal Farm‘.

Und Mariku lebte mitten unter ihnen. Mitten unter ihren einfältigen, gefälligkeitssüchtigen Geistern.
 

Auf der linken Seite des Wagens war er auf die Knie gesunken, ohne es bewusst getan zu haben.

Starrte auf die Klinge seines Taschenmessers. Er wusste, dass Autoreifen dick waren, wusste, dass er wohl viel Kraft brauchen würde. Aber Kraft hatte Mariku genug. Er hatte schon oft harte Arbeit geleistet, wenn auch nicht immer freiwillig.

Wenn er doch nur eine Pistole hätte. Seine Augen leuchteten einen Moment entrückt. Eine Pistole, das wäre schon was. Lilyman hatte eine. Und ein Schrotgewehr besaß hier sowieso jeder zweite.
 

Mariku rammte das Messer in die Reifen. Es drang nur knapp zu einem Viertel ein, durchdrang damit nichtmal die äußerste Schicht. Marikus Blick verdüsterte sich, er hatte gezögert, hatte nur halbherzig zugestochen. Er riss das Messer wieder heraus. Jetzt nahm er es in beide Hände. Dann wandte er mehr Kraft auf, holte mehr Schwung und versenkte es diesmal nun zumindest schon zur Hälfte, wobei der Widerstand ihm einen dumpfen Schmerz in der Handfläche bescherte. Er wurde wütend.

„Jetzt geh endlich, du Scheißteil“, fluchte er und begann mit dem Messer auf den Reifen einzuhacken, und tatsächlich – plötzlich war ein Zischen zu hören. Ein triumphales Lächeln machte sich auf Marikus Gesicht breit. Einen hatte er geschafft.
 

Ob Menschenhaut wohl auch diesen Widerstand hatte, ob sie sich wohl leichter durchdringen ließ?
 

Dieser Gedanke, so plötzlich er auch da war, so wenig erschreckte er ihn.

Wenn er von der Seite stach, gab die Gummierung schneller nach. Die Luft entwich. Wie es wohl aussah, wenn Blut aus einer Wunde sprudelte? Gab das auch ein Geräusch? Gab das Macht, gab …

Mariku schwitzte vor Anstrengung, als er sich an den letzten Reifen machte.

Dann stand er auf und sah sich in aller Seelenruhe an, wie die Luft ganz langsam aus den vier Reifen wich. Am Messer waren Schlierspuren, hoffentlich war es nicht stumpf geworden, immerhin war ein Schweizer Taschenmesser nicht dazu gedacht, Autoreifen zu zerschneiden. Mariku zog hoch und spuckte aus, dass er dabei das Auto traf war unbeabsichtigt, aber gab ihm Genugtuung.

Dieser Mann war sein Feind. Er war die Schlechtigkeit der Welt. Er musste ihn bekämpfen. Mariku lachte. Leise. Aber voller Triumph. Dann trat er plötzlich gegen die Seite des Autos, was ein blechernes Geräusch erzeugte.

„Arschloch“, spie er dabei aus und dann sah er den großen Stein dort liegen, er nahm ihn sich, musste ihn mit zwei Händen hochheben, weil er vor grausamer Erregung zitterte.
 

„Das würde ich nicht tun, wenn ich du wäre“, drang plötzlich eine leise Stimme an sein Ohr. Mariku erstarrte in der Bewegung, in der er den Stein erhoben hatte. Ein Junge stand in drei Metern Abstand zu ihm, blass war er und seine Augen waren kühl und musterten ihn auf eine Weise, auf die ihn noch nie ein anderer Junge gemustert hatte. Wo zur Hölle war der hergekommen?

„Und wer will mich daran hindern – du?“, erwiderte Mariku schließlich spöttisch, seine Fassung wiederfindend.

Der Junge lächelte. „Ich nicht, aber die Alarmanlage mit Sicherheit.“

„Tse und wenn schon. Ich bin weg, bevor hier irgendeiner was merkt.“

„Ich habe dich gesehen.“

Mariku grinste spöttisch. „Willst du Pimpf mir etwa drohen?“

Der Junge kam näher und abermals fühlte sich Mariku auf eine merkwürdig anregende Art und Weise gemustert.

„Vielleicht. Vielleicht können wir auch einen Deal machen. Du kannst die Scheibe einschlagen und ich könnte so tun, als hätte ich dich heute Abend nicht gesehen. Wenn …“

„Wenn was?“

Er sagte es ihm. Und er nannte ihm seinen Namen. Noah.
 

~*~
 

Mariku war herabgesunken, lehnte halb auf der Theke, einen Arm flach angewinkelt, auf den er seitlich den Kopf gestützt hatte, mit glasigen Augen starrte er dabei auf das leere Whiskyglas, mit welchem die andere freie Hand ruhelos spielte.

Auf dem Platz neben ihm, auf dem zuvor noch der Reverend gesessen hatte, sah er einen Jungen sitzen. Der Junge sah ihn an und doch irgendwie durch ihn hindurch. Sie hatten sich als Kinder ein wenig lieb gehabt. Noah 13, Mariku 14, kein Alter für körperliche Liebe. Eigentlich.

Noah allerdings war schon viel reifer gewesen, als andere in seinem Alter es gewesen waren. Er hatte gesagt, er würde ihn nicht verraten, wenn er Mariku einen runterholen durfte.

Und Mariku hatte ihn in dem Glauben gelassen, er würde sich erpressen lassen, weil er neugierig war und es sich nicht eingestehen wollte. Oh, was für schmutzige Kinder waren sie gewesen.

Mariku grinste süffisant. „Schlampe“, sagte er dann. Noah verzog den Blick nicht. Die ernsten kühlen Augen richteten sich nun direkt auf ihn.

Du stehst auf solche, wie mich. Warum sonst denkst du die ganze Zeit an Ryou?

Mariku erschauerte, als er den Namen hörte. Dann schleuderte er in einem Anfall von Zorn das Whiskyglas in Noahs Richtung. Das Glas zerbrach, die letzten Tropfen Flüssigkeit, die sich darin befunden hatten, spritzten auf die schmutzige Oberfläche der Theke.

Marikus Lippen umspielte ein zynisches Lächeln, als er daran dachte, wie dieser Knabe in diesem lächerlich jungen Alter ihn in sein Bett geholt hatte, wie er die dunkle Seite in Mariku endgültig entfesselt hatte, das Tier in ihm, es war Sünde gewesen, das erste Mal hatten sie sich nur angefasst, waren nicht weiter gegangen, doch Mariku hatte es nach mehr gelüstet, nach Fleisch, nach Lust, nach der dunklen Seite des Erwachsenseins, die er langsam mehr und mehr zu begreifen begann.
 

~*~
 

„Wenn er die Messe liest, haben wir Zeit“, flüsterte Noah und Mariku war hingerissen von der Kälte in seinen Augen und er liebte es, in diesen morbiden Abgrund vorzustoßen, jedesmal aufs Neue, tiefer dorthin zu dringen, wo vor ihm noch nie jemand gewesen war und der Nervenkitzel, dass sie erwischt werden konnten. Und manchmal da legten sie es sogar darauf an, das gab ihnen beiden einen Kick. Sie waren beide keine Kinder mehr und doch waren sie es, gefangen in einer Gesellschaft, die es nicht schaffte, sie in Normen zu pressen.

Noah hasste seinen Vater aus tiefstem Herzen, hasste ihn, weil er ihn gezeugt hatte, dieser Mann, der nichts und niemanden liebte, als seinen Heiland und Mariku faszinierte es, wie ein Kind seine Eltern hassen konnte, hatte er doch selbst keine gehabt und die anderen Kinder, die er kannte, waren geborgen in ihren Familien und ekelhaft glücklich, so glücklich, wie Kinder wie er und Noah es niemals sein würden, das machte sie zu Verbündeten.

Noah war der erste, der ihm je den Schwanz lutschte und von dem Moment an hatte Mariku gewusst, dass er dort unten niemals wieder jemanden sehen wollte, der anders war als er, zart und verdorben und ein Engel auf den ersten Blick, ein Monster auf den zweiten. Ein Monster, ganz wie er.

„Hallelujah“, flüsterte er grinsend ironisch, während er die Hand in blassgrünes Haar vergraben den Blick gen Decke richtete, wo er den Jesus am Kreuz traf.

„Vater unser im Himmel … dein Sohn lutscht mir den Pimmel …“ Er lachte lauthals und das Lachen klang wie das eines Dämonen, der Zug in seinen Lenden beflügelte ihn und er schloss genießend die Augen, genoss in dem Wissen, wie viel mehr der Reverend ihn doch hassen würde, wenn er sie beide hier sah, wer weiß, vielleicht würde er ihn dann sogar töten wollen, doch Mariku nahm es in Kauf, nahm die Herausforderung an, er hatte sie schon angenommen, als er letztens ein Gespräch belauscht hatte, das gewiss nicht für seine Ohren bestimmt war.

Der Reverend war bei Lilyman gewesen, sie hatten in der Werkstatt miteinander gesprochen, Mariku hatte an der Rückseite gestanden und sie belauscht.

Du hättest diese Kinder niemals bei dir aufnehmen dürfen, John, hatte der Reverend gesagt und John hatte nicht geantwortet, hatte mit seiner Arbeit fortgefahren, das sagte Mariku das energische Hämmern, das Zimmern, aber dadurch ließ der Kirchenmann sich nicht verjagen.

Er hatte gesagt, das Mädchen, John, das Mädchen verdreht jedem Mann hier den Kopf, das ist Hexenwerk. Kein Mädchen wird von allen Männern gemocht, doch sie schon, und der Junge, John. Hast du ihm jemals in die Augen gesehen? In diesen Augen sitzt der Teufel, es sind Kinder des Satans!

Mach dich nicht lächerlich, Leonard, war die dumpfe Antwort des Undertakers gewesen. Wir leben im Zwanzigsten Jahrhundert. Es sind Kinder, wie christlich wäre es gewesen, sie in der Wüste sich selbst zu überlassen. Und wie teuflisch, sie jetzt fortzujagen.

Dann hatte das Hämmern aufgehört und eine Weile Stille und Mariku hatte sein eigenes schlagendes Herz verflucht, die Hände hatten sich in das Holz der Wandfassade gekrallt.

Ein Knall war zu hören gewesen. Verdammt, John, du musst Verantwortung übernehmen! Die Menschen reden, du wirst ins Verderben rennen, wenn du sie weiter bei dir behältst! Sie sind aufgebracht.

Sie sind aufgebracht, weil du sie aufbringst, hatte John die Stimme erhoben um kurz darauf etwas gedämpft hinzuzufügen, sodass Mariku Mühe hatte, die Worte zu verstehen. Diese Stadt geht ohnehin vor die Hunde. Das ist der Lauf der Zeit. Und gewiss nicht die Schuld von zwei Kindern.

Bete zu Gott, dass du deine Worte niemals bereuen musst. Dann war der Reverend gegangen, aber in diesem Moment hatte Mariku Angst verspürt. Und Hass auf diesen Mann, weil er dieses Gefühl in ihm auslöste.

Da hatte er sich das erste Mal gefragt, wie er es hatte übersehen können. Dass die Menschen dieser Stadt sie nicht wollten. Hatte John sie so sehr abgeschirmt, so sehr beschützt? Mariku hatte begonnen, die Menschen als das zu sehen, was sie waren. Wenn sie lächelten, lächelten sie nicht wirklich, ihre Gesichter verzerrten sich aus einem Lächeln heraus in gruselige Fratzen, scharfe, schiefe Zähne wuchsen aus ihren Mündern und die Augen wurden schwarz und tränten Pech und Teer und wenn sie atmeten stießen sie schwarzen, stinkenden Rauch aus und dann waren ihre Stimmen verzerrt und blechern, das war das wahre Wesen der Menschen und der Reverend war der schlimmste von ihnen.
 

„Haah…“, ein langgezogener heiserer Schrei drang ihm von den Lippen, als er in Noahs Mund zum Ende kam. Der Junge sah auf mit glühenden, hungernden Augen, dann kam er hinauf, kroch auf Marikus Schoß und sie küssten sich hart, so hart, dass ihre Kiefer schmerzten und Mariku schmeckte sich selbst durch Noahs Mund und beinahe hätten sie es miteinander noch getrieben, wäre in dem Moment nicht das eingetreten, das sie beide insgeheim herbeigesehnt hatten.
 

„Was in Gottes Namen!“ Die Tür des Zimmers war aufgeschwungen, so sehr, dass Holz barst und splitterte und es gab für den Reverend, gekommen um mit seinem Sohn zu beten, weil dieser offensichtlich krank dem Gottesdienst hatte fernbleiben müssen, keinen Zweifel an den Tatsachen dieser Situation. Er glotzte ungläubig, seine Augen spien Hass, traten dabei fast aus den Höhlen und Mariku spürte das Beben, das durch Noahs Körper ging und fragte sich für einen Moment, warum ein Knabe seinen Vater fürchten musste, doch er selbst war ganz ruhig, er erwiderte den Blick, wich ihm nicht aus, nicht wie das letzte Mal damals im Dunkeln auf der Straße.

„Monster!“ Der Reverend griff nach dem Kruzifix, das er um den Hals trug, seine Hände zitterten vor Wut, „Lass ab von meinem Sohn, reiße einen anderen in die Tiefe!“

Marikus Augen waren emotionslos. Er stand auf, Noah war längst von ihm weggerückt und sah zitternd und bebend zu dem Mann auf, den er mehr fürchtete als liebte, doch auch in seinen Augen stand der Hass, denn er wähnte sich sicher, mit Mariku, der nun hier war und Mariku wusste das. Doch war es ihm egal, ob er ihn nun beschützte, wenn er diesem Mann entgegentrat, denn darauf kam es ihm nicht an. Das Gespräch des Reverends und Lilyman, welches er belauscht hatte, war ihm zu gegenwärtig.

„Wie hast du mich gerade genannt?“, knurrte Mariku leise.

Der Reverend kam auf ihn zu, fasste ihn am Revers, schneller, als Mariku schauen konnte, stieß ihn zur Seite, dass er taumelte und sich die Seite an einer Kommode prellte, an der er Halt fand, und zu Marikus Erstaunen, wandte er sich tatsächlich nun seinem Sohn zu.

„Noah, ich hoffe, du weißt, was du für eine Sünde begangen hast. Du sollst nicht bei einem Mann liegen, wie bei einem Weib. Doch deine Strafe soll milde ausfallen, denn ich weiß, dass dieses Kind des Teufels deine Gedanken vergiftet hat.“
 

Er holte aus und schlug Noah mit dem schweren Holzkreuz ins Gesicht, ein krasses Paradoxon zu den Worten, die er gesprochen hatte, doch der Junge schrie nicht auf, nur der Hass in seinen Augen glimmte mehr auf als zuvor und Mariku wusste, dass dieser Junge, den er für so schmächtig und wenig wehrhaft gehalten hatte, sich in seiner Art mehr wehrte, mehr aufbegehrte, als er es für möglich gehalten hatte. Auf seine Weise.

Das Holzkreuz traf abermals und der Befehl „Geh in die Kammer“, drang von seinen Lippen und Mariku wusste plötzlich, dass es nicht nur eine Bestrafung war, sondern ein Vorwand, weil Noah nicht mit ansehen sollte, was der Reverend nun mit Mariku anstellte.

Doch Noah machte ihm einen Strich durch die Rechnung, denn er sagte laut und deutlich „Nein“ und dieses Nein war so bedeutungsschwanger in der Kinderstimme, in der es gesprochen wurde.
 

„Ich dulde keinen Widerspruch.“

Noah machte den Mund auf um etwas zu sagen, brachte es dann nicht über sich, eine Träne des Zornes über seine eigene Angst blitzte im Augenwinkel auf, doch er bewegte sich nicht, während der Kratzer, den das Holzkreuz auf seiner Wange hinterlassen hatte, einen blutigen Fluss gen Erde schickte. Mariku hatte sich in der Zeit wieder aufgerappelt und kam nun langsam näher.

„Lass ihn“, sagte er ruhig und erstaunlich drohend für einen Jungen seines Alters.
 

Dann sah Mariku etwas aufblitzen. Einen Revolver. Einen sehr alten Revolver, doch sicherlich voll funktionstüchtig. Er sah sich der Mündung direkt konfrontiert.

„Rühr dich nicht von der Stelle“, befahl der Reverend ruhig und Mariku hörte, wie Noah hinter ihnen erschrocken aufkeuchte.

„Du willst ein Gottesmann sein?“, sagte Mariku leise und das Gesicht des Reverends wurde zu einer Fratze und plötzlich wusste er, dass er diesen Mann töten musste. Er musste ihn töten, weil es seine Natur war und vielleicht hatte der Reverend gar nicht so Unrecht damit, wenn er sagte, dass er ein Monster war, ein Dämon. Dämonen wurden in der Finsternis geboren und plötzlich sah Mariku die Schatten um sie herum fließen, doch er war der Einzige, der sie wahr nehmen konnte und die Schatten nahmen ihm den letzten Funken Angst, der noch in seinem Körper gewesen war, plötzlich kannte er seine Bestimmung.

„Ich handle im Sinne des Herrn“, sagte der Reverend leise, „Ich habe John gesagt, dass es ein Fehler war, euch hier aufzunehmen. Er wollte nicht auf mich hören. Und jetzt brichst du ihm das Herz, weil ich dich töten muss, wenn ich verhindern will, dass die Dämonen diese Stadt fressen und bei Gott, das werde ich, ich werde sündigen für die Erlösung dieser Menschen.“

Es klickte. Mariku war ruhig. Doch dann geschah etwas, das niemand erwartet hätte. Mariku senkte den Blick.

„Ich bereue“, sagte er, „Bitte töte mich nicht, ich bereue.“

Der Reverend zögerte. Sah das Kind vor sich stehen, das eigentlich kein Kind mehr war, in dessen Augen das Glimmen so plötzlich verloschen war, wie es gekommen war.

Dieser Moment des Zögerns veränderte alles. Noah stürzte sich mit einem Schrei auf seinen Vater, hängte sich mit allem Gewicht an dessen Arm, sodass dieser herumgerissen wurde und der plötzliche Zug löste einen Schuss aus, der in die Holzdielen einschlug. Der Reverend schüttelte Noah mit solch einer Kraft von sich ab, dass dieser hintenüber kippte und sich den Kopf so hart auf dem Boden anschlug, dass er ohnmächtig liegen blieb, doch Mariku hatte diesen Moment genutzt und hatte sich gegen den Mann geworfen, welcher nun das Gleichgewicht verlor und die Waffe hochriss, doch nicht schnell genug, denn Mariku schlug ihm mit einer erstaunlichen Kraft die Faust ins Gesicht, ein Zahn brach heraus, ein Schwall Blut folgte und ein weiterer Schlag, wonach Mariku versuchte, an die Waffe zu gelangen, doch der Reverend hatte sich bald wieder gefasst und nahezu mühelos stieß er Mariku von sich herunter, umfasste seine Kehle mit beiden Händen, da die Waffe in gefährlicher Ferne lag und spie aus: „pater noster in caelis…!“, dabei drückte er zu und Marikus Fingernägel gruben sich in seine Handgelenke, tief, so tief, dass sie die Haut durchstießen und mit den Beinen versuchte er, nach ihm zu treten, doch das Gewicht auf ihm war zu drücken. Niemals, schrie eine Stimme in ihm. Niemals darf es so zu Ende gehen, Mariku keuchte und sah schwarze Punkte vor seinen Augen tanzen, doch dann kam ein letzter Schub Kraft in seinen Körper, so stark, dass er sich befreien konnte, indem er sich mit einem Ruck in die Höhe warf, mit dem Kopf das Kinn des Mannes traf, welcher daraufhin taumelte und Mariku nutzte die Gelegenheit aufzuspringen.
 

Dann sah er die Waffe dort liegen. Siegessicher blitzte es in seinen Augen, er würde dem ein Ende bereiten, er würde diesen Mann erschießen und würde sie beide vor ihm retten, es war so einfach eine Pistole zu bedienen, so einfach den Abzug zu drücken, John war oft mit ihm in die Prärie gefahren und hatte ihn Schießübungen auf verrostete Blechbüchsen machen lassen.
 

Der Reverend war eine Zehntelsekunde schneller als er.
 

Die Wucht des Schusses war so enorm, dass Mariku nicht spürte, wo in seinem Körper er traf. Er hörte nur Noahs entsetzten Schrei hallen, irgendwie weit entfernt, während dieser Schmerz sich in seinem Körper ausbreitete und er fiel, fiel so schrecklich langsam, riss dabei die Augen auf und ein Schwall Blut begehrte in seiner Kehle auf, den metallenen Geschmack im Mund schlug er schließlich auf die harten Holzdielen.

Starrte an die Decke. Sah den Reverend über ihm stehen, welcher sich das Blut vom Mundwinkel wischte, sah ihn da stehen, sah die Mündung der Waffe direkt auf sein Gesicht gerichtet.

Und dann rahmte Dunkelheit sein Blickfeld ein. Und die Schatten betteten ihn zur Ruhe.
 

~*~
 

Mariku sah den Reverend vor sich stehen, mit erhobener Waffe. Der Schmerz war dumpf, nicht ganz derselbe von damals.

Mit vom Alkohol schwer gewordenen Bewegungen sah er an sich herab und presste schließlich die Hand gegen die linke Schulter, fühlte warmes Blut.

Das Bild des Reverends verblasste. Mariku stand auf, wankte. Spürte den Schmerz nicht. Wankte, aber mehr vom Alkohol als vom akuten Blutverlust. Er war allein. Der Mann hatte auf ihn geschossen. Wie mochte das sein? Ließ den Revolver aus der eigenen Hand fallen.

„John …“, murmelte Mariku ohne jeden Zusammenhang.

Er … musste nachhause. Und so stieß er wenig später die Flügeltüren des alten Saloons auf und trat hinaus in die Dämmerung.

Sie warteten doch auf ihn. Und die Schatten begleiteten ihn auf seinem Weg. Das hatten sie schon immer getan.
 


 


 

As the riders loped on by him he heard one call his name

If you want to save your soul from Hell a-riding on our range

Then cowboy change your ways today or with us you will ride

Trying to catch the Devil's herd, across these endless skies

'Ghostriders in the sky' Johnny Cash
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Mich würde sehr interessieren, wie ihr vor allem die letzte Szene mit Noah, Mariku und dem Reverend empfindet. Ich habe ehrlicherweise das Gefühl, dass sie mir nicht so ganz gelungen ist, ich fühle mich aber ebenso unfähig, noch etwas zu ändern, oder zu erkennen, warum. Das pisst mich ein bisschen an, weshalb ich mich freuen würde, wenn ihr mir ehrlich sagen würdet, ob ihr mir die Szene abkauft und generell die Nebencharaktere, wie den Reverend und John Lilyman, da bin ich nämlich sehr unsicher. Zieht sich das Kapitel am Anfang? Sind die Szenen des Hasses von dem Reverend auf Mariku und Isis glaubwürdig, oder wirken sie gestellt?
Leider habe ich momentan auch keinen Betaleser, deshalb bin ich ein bisschen auf euch angewiesen - momentan fühl ich mich nämlich, als würde ich nur Mist produzieren, wenn ich schreibe =( Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  DivaLila
2013-06-28T17:32:07+00:00 28.06.2013 19:32
das hier ist der richtige Kommi - warum kann man Kommis nicht editieren?
Egal, ich hoffe, du hast meine ENS gelesen ^^

So, eben zu Hause angekommen^^
Weiter gehts :D

Groß und starr von imposanter Gestalt
da fehlt ein Komma oder ein und, nicht?

trug sein Amtsgewand, das Schwarze mit dem weißen Kragen wie eine Königsrobe.
ich würd sagen, zwischen Kragen und wie fehlt ebenso ein Komma^^
bin mir bei Zeichensetzregeln immer sehr unsicher, weil ichs einfach intuitiv mache und es ja häufig mehrere richtige Lösungen gibt... aber da bin ich beim Lesen wirklich gestolpert^^
Und bezüglich Amtsgewand: hast du extra eine konfessionsfreie Umschreibung gewählt? Also nicht Talar (für prostestantische Geistliche) oder Soutane (für katholische)?

„Wohin des Weges, junger Freund?“
Der Satz klingt so fehl am Platze - so falsch, dass ich ne Gänsehaut krieg :D
Das ist jetzt positiv gemeint - nur, dass keine Missverständnisse entstehen ^^

Konfirmation?
Da haben wirs :D Ein Protestant ^^

Das Geheimnis, dass du um Marikus Herkunft machst... ich bin schrecklich neugierig :3

Die böse Stimme in seinem Kopf sagte ihm plötzlich, dass er es diesem Mann heimzahlen sollte. Und sein Verstand sagte ihm, dass diese Stimme Recht hatte.
Ich mag die Formulierung hier sehr :D da werd ich glatt mit aggressiv XD

Natürlich. Der Caddy von damals. Wieso hatte er das nicht längst bemerkt?
Ist es wirklich derselbe? Es ist ja anzunehmen, weil die nächste Stadt nicht grad nah ist, aber irgendwie find ich es etwas suspekt, dass Mariku auf die Idee kommt, wenn er zwei Bier intus hat ^^

Hörig wie die Schweine in ‚Animal Farm‘.
Hui, Mariku ist gebildet? Er wird immer attraktiver :D

Eine Pistole, das wäre schon was.
Oh ja, und wie *hrhrhr* Ihm fallen auch bestimmt ein paar nette Dinge ein, die er damit anstellen kann*ans erste Kapitel zurückdenk*

Ob Menschenhaut wohl auch diesen Widerstand hatte, ob sie sich wohl leichter durchdringen ließ?
Dieser Gedanke, so plötzlich er auch da war, so wenig erschreckte er ihn.
Wenn er von der Seite stach, gab die Gummierung schneller nach.
Wundervoll, wie du das so beiläufig einfügst :3
Ich bin gespannt, was Mariku wohl fühlen wird, wenn er zum ersten Mal einen Menschen tötet

Oh, was für schmutzige Kinder waren sie gewesen.
Offensichtlich ^_^ aber bei Mariku erstaunt mich das jetzt nich wirklich. Aber Noah ist schon.. wow... mit so ner Bitte auf jemanden zugehen? Ich finds auf jeden Fall mutig (und gut, weils die Story vorantreibt XD)

Wenn er die Messe liest, haben wir Zeit“, flüsterte Noah und Mariku war hingerissen von der Kälte in seinen Augen und er liebte es, in diesen morbiden Abgrund vorzustoßen, jedesmal aufs Neue, tiefer dorthin zu dringen, wo vor ihm noch nie jemand gewesen war
Noah muss nicht zur Messe? So, wie ich seinen Vater bisher kennegelernt habe, hät ich gedacht, dass da peinlich genau drauf geachtet wird, dass der Sohn jedesmal, für alle gut sichtbar, anwesend ist.
Und ich liebe den (gibt sicher nen Fachausdruck dafür, aber ich kenn ihn nicht) Wechsel, wie du von dem tiefen Abgrund der Augen auf Vorstossen und Sex kommst! Richtig toll zu lesen - so poetisch ^^

Sie sind aufgebracht, weil du sie aufbringst, hatte John die Stimme erhoben
haha,genau das hab ich in nach dem Satz des Reverend auch gedacht XD

gekommen um mit seinem Sohn zu beten, weil dieser offensichtlich krank dem Gottesdienst hatte fernbleiben müssen
ah, stellt sich Noah dann einfach immer krank, um der Messe fernbleiben zu drüfen?

Kruzifix?
Das ist alledings ein katholisches Attribut... jetzt bin ich verwirrt XD
Uns sorry, wenn ich da so drauf rumhacke O.o
Da ich mich fürs Christentum interessiere, fallen mir solche Sachen hald stark auf v.v
In Prinzip gibts ja noch immer die Lösung, dass er einer kleinen Glaubensgemeinschaft angehört, die irgend ne Mischform aus beidem ist - kenne zwar keine, aber wir befinden uns ja auch nicht in der realen Welt ^^

Mariku wusste plötzlich, dass es nicht nur eine Bestrafung war, sondern ein Vorwand, weil Noah nicht mit ansehen sollte, was der Reverend nun mit Mariku anstellte.
ich wage zu behaupten, dass Mariku verdammt intelligent ist - er sieht und bemerkt viele Dinge sehr schnell.

er war der Einzige, der sie wahr nehmen konnte und die Schatten nahmen ihm den letzten Funken Angst, der noch in seinem Körper gewesen war, plötzlich kannte er seine Bestimmung.
wird wahrnehmen nicht zusammen geschrieben?
Diese ganzen Schatten sind - beängstigend. Es lässt mich ein wenig an Marikus geistiger Gesundheit zweifeln, allerdings sollte ich dies schon lang tun,nicht? XD
Ausserdem erinnert es wunderbar an die Originalserie :3

doch das Gewicht auf ihm war zu drücken.
drückend?

Mariku nutzte die Gelegenheit aufzuspringen.
Kann sein, dass es nur ein stilistisches Mittel ist, aber ich würde da UM aufzuspringen schreiben. Aus Interesse frag ich mal nach *Germanistikfetisch hat*

Der Reverend war eine Zehntelsekunde schneller als er.
Mist XD
aber der Satz kommt wunderbar überraschend nach der Gedankenkette Marikus :D

Mariku hat Blut im Mund, nachdem er angeschossen worden ist? Das muss aber doch ne ziemlich schlimme Verletzung sein... v.v
und presste schließlich die Hand gegen die linke Schulter
also wurde er an der Schulter verletzt? Woher kommt dann das Blut, dass ihm hochkommt?
Ach neeee - er hat sich selbst angeschossen? Okay, er hat definitv nen Knall XD
Dass er diesen Ort trotz allem als sein Zuhause bezeichnet... oder war damit was ganz anderes gemeint? Ich werds hoffentlich bald erfahren ^_^

Abschliessend möchte ich noch sagen:
zu Beginn des Kapitels dachte ich: "ach nö, nicht wieder ein Past-Kapitel, ich will, dass es vorangeht!" Aber die Meinung hab ich dann geändert - ich fand es überaus spannend, einen Einblick in Marikus Vergangenheit zu erhalten und bin gespannt wies weitergeht - sowohl im "jetzt" der FF als auch in der Vergangenheit.
Die letzte Szene fand ich persönlich nicht schlimm, durch die wenigen Absätze war sie etwas mühsam zu lesen, aber es hat die Spannung erhöht, da ich nirgends gedanklich eine Pause eingelegt habe während des Lesens. Das einzige, was mich verwirrt hatte, war, dass Noah plötzlich wieder wach war, ich hatte mir seine Ohnmacht länger anhaltend vorgestellt.

Zum Reverend und zu John kann ich sagen, dass ich sie schon ziemlich stereotyp finde, besonders den Reverend - allerdings gibt es ja auch tatsächlich Menschen, die so sind, Stereotypen wachsen ja nicht einfach auf Bäumen :D
John ist insofern stereotyp, dass er ein Einzelgänger ist, der alles auf seine Weise macht, der klug ist und viel gesehen hat - ich finde aber, dass du das Bild, dass ich von einem -ich nenne es mal "rein stereotypen entsprechenden John" - habe, dadurch aufbrichst, dass er wirklich nett zu den beiden Kindern ist und ihnen gegenüber nicht trotzdem kalt erscheint. Von daher: ich mag ihn :D
Dass der Reverend irgendwas hassen muss, scheint mir bei seinem Weltbild naheliegend und dass es zwei Waisenkinder trifft, auch^^

Mir gefällt es sehr gut, wie du die Szenen aus der Vergangenheit mit den Szenen in der Bar mischt, wie Mariku da mit den längst verstorbenen Leuten redet, die ihn in seinem Geiste begleiten - es erhöht die Spannung und wirkt im allgmeienen sehr poetisch und ein bisschen, als wäre man selbst in einem Wahnrausch gefangen^^

So, das wars erstmal von mir, ich les gleich deine ENS^^

*knudddelll* :3

Und jetzt bin ich durch mit lesen dieses Kapis - lang hats gedauert O.o
Ist auch der längste Kommi geworden, den ich je geschrieben habe ^.-

Antwort von: abgemeldet
28.06.2013 19:40
Also, ich hab eine Protestantin in meiner Familie, die auch Kreuze als Ketten hat usw. Ehrlich gesagt wusste ich da gar nicht, dass es da UNterschiede diesbezüglich gibt. Wahrscheinlich liegts daran, dass es mich in solchen Geschichten irgendwie mehr zu den radikalen Katholiken zieht und ich das irgendwie vermische, aber in Amerika ist ja gut 60% der Bevölkerung protestantisch xD

Nunja, das mit dem Blut ist nicht so abwegig, wie du meinst. Ich meinte nämlich eigentlich den oberren Brustteil, aber wenn ich Brust geschrieben hätte, hätte jeder geglaubt, dass es Mariku ins Herz getroffen hätte und das wär erst recht komisch gewesen.
Mal sehen, ob mir da noch eine Umformulierung einfällt ^^
Von:  DivaLila
2013-06-27T23:49:41+00:00 28.06.2013 01:49
So, ich komm auch mal wieder dazu, mich etwas länger hier aufzuhalten ;)
also, dann mal los:
Jeder Mensch der Welt hätte das Gute im Schlimmen gesehen --> heisst das nicht "das Gute im Schlechten"? Irgendwie klingt es für mich so falsch O.o wollte einfach mal nachfragen, ich lerne gerne dazu ^^

wo sich im Umkreis von 300 Meilen eine einzige Tankstelle befand
hm... sollte das keine einzige Tankstelle heissen? In meinem Kopf ist, nachdem ich den Satz gelesen habe, neben Mariku sogleich eine Tankstelle erschienen XD

God City? Super Name, so im Kontext mir Mariku :D beim ersten Mal durchlesen ists mir gar nicht aufgefallen (wie auch) aber jetzt, wo ich den Kommi schreibe... ^_^
und wenn wir schon bei Gott sind: "Das hielt kein Mensch aus. Und er auch nicht.", das ist so ne geile Formulierung!

und sicherlich war es besser, hier zu sein, aus auf dem Highway
ich denke, das aus sollte ein als sein, oder? Nervig, wenn Tippfehler sinnvolle Wörter ergeben -.-, die findet man so schwer v.v - wenn ich schon dabei bin: Schuld wird gross geschrieben, nicht?

Mir gefällt, dass du den Namen Sundance erklärst :3
Mariku ist einfach so... hrrrr in deiner FF <3 Und auch die Einleitung zum Flashback ist so super! :3

mal in einem Buch gesehen und sich immer sehnsüchtig gewünscht, mal in so einem mitzufahren.
Sind hier die "mal" brilliant gesetzt (da Marikus kindlicher Rhetorik entsprechend) oder war es Unachtsamkeit?

dass da irgendwo noch leben in diesem toten, kalten Körper war.





Antwort von:  DivaLila
28.06.2013 02:15
ja, es lebe mein Standartfehler! Ich mache meistens weiche Zeilenumbrüche, und mexx speichert dann das Geschriebene v.v
Das ist bei mir voll automatisch drin, ich krieg das kaum raus - sorry v.v

was ich zu dem oben schreiben wollte (dass da irgendwo noch leben in diesem toten, kalten Körper war.) Wird Leben hier nicht gross geschrieben? Im Allgemeinen gefällt mir die Szene, an der sich Mariku an Ryou erinnert, sehr gut :D Ich bin wirklich sehr gespannt, wies weitergeht ^___^

verschiedenste Flaschen, insbesondere verschiedenste Whisky-Sorten und Mariku lief das Wasser im Mund zusammen, wenn er daran dachte, dass der Whisky mit den Jahren zu einer wahren Köstlichkeit gereift sein musste.
Whiskey reif in Flaschen nicht nach ^.- Nur in Fässern^^
Und da ich bemerkt habe, dass du Whiskey anders schreibst als ich, hab ich mal kurz nachgeforscht und bin darauf gestossen: "In den USA geht der Ursprung des Destillates auf schottische und irische Auswanderer zurück und deshalb finden wir hier amerikanischen Whisky und Whiskey.
Doch die Schreibweise mit zusätzlichem "e" überwiegt eindeutig."
(http://www.whisky-frog.de/index.php?option=com_content&view=article&id=51)
Es ist ne Kleinigkeit, aber wenn ich schon was lerne durch deine FF, will ich das doch auch gerne mitteilen

Diese Stadt hier, die fand niemand, wenn sie nicht gefunden werden wollte
Hat es einen bestimmten Grund, dass hier die Stadt nen eigenen Willen bekommt? Ich mein, bei dem, was man bisher über Mariku so weiss, kann ich mir das sogar durchaus vorstellen O.o

Der Alkohol betäubte diese merkwürdigen Gedanken, die ihn an seine Menschlichkeit, an seine Sterblichkeit erinnerten.
Ah, jetzt ist er wieder ein Mensch... ich kanns nur nochmals sagen, ich liebe es, wie du Mariku beschreibst. Wunderbar mysteriös.

kakophonisch? Das Wort kannte ich nicht, habs nachgeschlagen - schön, wenn du anspruchsvolles Vokabular verwendest. Ich werds mir auf jeden Fall merken
Im Allgemeinen find ich die Szene da super, du schaffst es super, Mariku kindlich und trotzdem schon jetzt furchteinflösend zu zeichnen.

Zurück zu der Zeit, in er gezwungenermaßen diesem Gottesdienst beigewohnt hatte.
Ich glaube, da fehlt ein "der"

So, und jetzt muss ich leider abbrechen, sorry v.v
ich bin totmüde und eigentlich wollte ich den Kommentar auch nur zu schreiben beginnen und dann morgen beenden, aber dann ist mir mein kleiner Fauxpas passiert und ich dachte, ich versuch mich doch noch durch das ganze durchzulesen - aber ich seh kaum noch was und muss morgen um 7 aufstehen - tut mir leid, ich schreibe morgen Abend zu Ende^^

Bis dann^^
Antwort von: abgemeldet
28.06.2013 09:23
Ja, man sagt, das Gute im Schlechten, ich hab es nur anders geschrieben, weil ich Lust drauf hatte und weil ich es kann :)
Da der Umkreis von 300 Meilen sehr weit ist, ist anzunehmen, dass es tatsächlich eine einzige heißen soll.
Schuld wird nicht immer groß geschrieben. Er ist schuld - klein. Es ist meine Schuld - groß. Aber hier wird es tatsächlich wohl groß geschrieben, ich habe es ausgebessert.
Auch die restlichen Fehler sind korrigiert.
Von:  Haidogirl
2013-06-10T06:47:16+00:00 10.06.2013 08:47
Das Kapitel ist voll heftig!
Von:  SakuraxChazz
2013-06-09T18:28:31+00:00 09.06.2013 20:28
So, mein erster Kommentar mit meinem neuen Laptop. Ich lass mich überraschen, wie er wird. Ich hab jetzt um die zwei Stunden an dem Kapitel gesessen, weil ich erstmal die Schriftgröße einstellen muss. Holla.. das war ja wieder ein schön langes Kapitel. Mit der Vergangenheit von Mariku, was ich sehr gut finde. Er hatte also schon immer einen Hang dazu, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Wobei Noah ja nicht ganz unschuldig daran ist. Zumindest was die Homosexualität angeht. Schon spannend das zu beobachten. Und ich mag den Reverend nicht.. der Typ ist gruselig und irgendwie bedient er euch Klitsches.. Der erinnert mich ein bisschen an 'Das weiße Band'. Der Pfarrer dort war auch immer so scheinheilig und hat seine Söhne bestraft... Nur weil sie ihrer Biologie nachgingen.. meine Güte.. Man muss hier ja allerdings noch beachten, das es in einer anderen Zeit spielt und man das Thema Homosexualität aus allen möglichen Gründen schon nicht so einfach hinnehmen konnte. Auch wenn das in der Story bis jetzt nicht so rauskam. Jetzt kommt hier ja aber noch der kirchliche Aspekt hinzu. Ich find den Reverend gelungen. Mit seinem Caddy. Ich hatte ja schon die leise Vermutung, als der Kerl das erste Mal aufgetaucht ist.
Und nun mal zu John Lilyman. Der find ich total klasse. Der ist irgendwie wie ein Opa für mich. Vom Alter her, kommt das ja wohl eher hin, als Vater. Wie er die beiden aufnimmt und sich um sie kümmert. Mit Mariku wichtige Gespräche führt. Es hat mich ehrlich berührt, als das erste Gespräch der beiden kam und der Kleine damals schon gemerkt hat, wie die Menschen so drauf sind. Das ordentlich was falsch läuft in der Welt. Und dieser Hass auf den Reverend. Einfach nur verständlich.
Isis die große Schwester von Mariku irritiert mich ein wenig. Ich weiß nicht.. ich kann mit der Person an sich eh wenig anfangen. Aber das sie nun wunderschön ist und singen kann und ja... Da hat der Herr Kirchenmann ja was gefunden, wo er sich wieder beschweren kann. Und dann noch das andere Kind des Teufels...
Naja.. so ist das eben. Alle die anders sind, sind automatisch schlecht. Ist doch immer so... Vorurteile sind echt schlimm... Und keiner ist wirklich frei von ihnen außer Kinder, die noch vollkommen unbedarft sind. Bevor die Eltern sie schon in irgendwelche Normen pressen. Ich glaube ich schweif gerade ab...
Ich find das Kapitel auf jedenfall gut. Ich bete dafür, das sich Mariku und Ryou widersehen werden. Die beiden gehören einfach zusammen.
Was ist jetzt eigentlich genau am Ende passiert? Das ist etwas, was ich nicht so ganz verstanden habe. Das war verwirrend. Der Reverend hat dann wohl doch noch Mariku erwischt, aber ihn dann wohl doch nicht getötet, wie er eigentlich beabsichtigt hatte. Warum? Das muss dringend aufgelöst werden! Und was ist mit Noah? Dem armen Tropf.
So und dann das Ende von dem Teil in der Gegenwart. Blutet Mariku jetzt wirklich und das ist nicht nur Einbildung durch den Alkohol? Das kommt nämlich so rüber, als hätte ihn da jetzt echt einer erwischt. Das verwirrt mich total, weil der Reverend und alle doch eigentlich tot sein sollen. Da kann ja keiner mehr schießen. Naja.. ich bin gespannt auf die Aufklärung^^

LG Saku^^
Antwort von: abgemeldet
10.06.2013 17:45
Danke für deinen langen Kommentar, das hat mir echt mein ungutes Gefühl ein bisschen weggeblasen <3
Ja, das Ende ist etwas verwirrend, was ich aber bewusst si gehalten habe um Marikus generell verzerrte Weltwahrnehmung deutlich zu machen und herauszuheben, wie abgewrackt er im Innern eigentlich ist *lach*
Der Reverend hat damals zwar AUF Mariku geschossen, ihn aber nicht ERschossen ;)
Und ja, er blutet wirklich *schmunzel*

Aber ja, wiedersehen werden sie sich auf jedenfall ;)
Von:  Loona_Strange
2013-06-08T22:07:58+00:00 09.06.2013 00:07
Das Kapitel ist einfach nur genial
Man merkt genau was du womit aussagen möchtest, die Szene mit dem Reverend und Noah ist sehr gut geschrieben
Und John ist ein sehr Edler Mann, der sich des wahren Charakters der Menschen bewusst ist
Ich finde deine Art zu schreiben bemerkenswert gut, ich mag es das man bei dir komplett in die Geschichte eintaucht, deine Ausdrucksweise finde ich hervorragend
Alles in allem bin ich dieser Geschichte verfallen.
Ein großes Lob von mir für alle bisherigen Kapitel, ich warte jetzt schon sehnlichst auf das nächste.


Glg Loona_Strange
Antwort von: abgemeldet
10.06.2013 17:46
Vielen Dank für deinen Kommentar - vor allem für dein Lob bezüglich Johns Charakter. Er lag mir von den erfundenen Charas mit am meisten am Herzen und ich freue mich sehr, dass es mir offenbar gelungen ist, ihn glaubhaft darzustellen.


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