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Illusion of one lost

Yael's most important moment
von

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Yael's most important moment

Yael's most important moment
 

Es war Anfang des Jahres 1412 und die Straßen der doch recht großen Stadt waren an diesem Morgen so sehr belebt, dass ich die Orientierung verlor. Das heißt, eigentlich verlor ich sie nicht wirklich, ich lief einfach nur in die komplett verkehrte Richtung, sodass ich meine Eltern aus den Augen verlor. Nicht, dass dies sonderlich schlimm gewesen wäre, ich war immerhin schon achtzehn Jahre alt und hatte einen Beruf, den ich mit Sicherheit in weniger als einem Jahr ausführen durfte. Mein Vater hatte mich seit ich klein war darauf vorbereitet und mich dann in die Lehre genommen. Später, wenn ich alle Prüfungen der Universitäten und meines Vaters gemeistert hätte, wäre ich ein Arzt geworden, und ich denke, kein schlechter. Ich war schon fast immer von der Biologie der Menschen fasziniert gewesen. Ausserdem, ein Arzt war vielleicht nicht reich, aber doch verdiente er gut. So hätte ich doch ein gutes Leben, angesehen, recht wohlhabend, mit einer wunderbaren... Familie.

Doch um zu dem Ausgangspunkt zurück zu kommen, nun war ich mitten drinnen in dem Gewusel auf dem Marktplatz, meine Eltern verschwunden. Von dort wo ich stand konnte ich den großen Kirchturm sehen, der nur ein paar Monate zuvor erbaut worden war. Mir war klar, dass ich erstmal einen Überblick bekommen musste, damit ich vielleicht auch meine Eltern wiederfand. Ich machte mich ein wenig kleiner und drängelte mich durch die Massen hindurch, geradewegs auf den Kirchturm zu. Es funktionierte gut, nur kurze Zeit später stand ich vor der Kirche. Schnell stieg ich die Treppen hinauf zum Eingang und dreht mich um. Kurz überblickte ich den Markt, doch es war zu voll, als dass ich irgendjemanden finden konnte. Auf dem gesamte Platz bewegte es sich, so belebt hatte ich ihn schon lange nicht mehr gesehen. Damals mochte ich diese Menschenmassen, doch warum musste sie ausgerechnet jetzt dort sein?

Was sollte ich jetzt also machen? Ich könnte natürlich einfach nach Hause gehen, und dort auf sie warten, aber dann würde ich den Patienten verpassen, den wir gerade besuchen wollten. Vater meinte zu mir, dass es ein sehr interessanter Fall wäre, bisher hätte er nichts herausgefunden, nur dass sich der Zustand immer mehr verschlechterte. Nur bei einem Ding war er sich sicher, es war keine Krankheit, von der er jemals zuvor gehört hatte.

Es war einfach zu interessant gewesen, als dass ich auch nur im entferntesten hätte daran denken können, nicht dorthin zu gehen. Also machte ich mich auf die Suche nach dem von meinen Eltern mir beschriebenen Haus, in dem der Kranke liegen sollte. Es ist fast schon traurig, wie naiv ich war, dass ich kaum Angst oder Sorge hatte, vor einer unbekannten Krankheit, die womöglich auch noch ansteckend war. Aber ich wusste es nicht besser.
 

Es muss eine gute halbe Stunde gewesen sein, die ich durch die große Stadt geirrt war, auf der Suche nach diesem einen kleinen Haus. Zwar fand ich das Haus dann auch, doch konnte ich es nicht betreten. Nicht, weil die Tür verschlossen war, oder mir keiner auf machte. Ich sah meinen Vater und meine Mutter beide am Fenster stehen, Vater war dabei Utensilien vorzubereiten, Mutter half.

Vor der Haustür stand ein Mann, er schaute interessiert zu eben diesem Fenster, in dem meine Eltern momentan arbeiteten. Er war groß und schlank, war aber deutlich nicht gerade der schwächste. Doch mit seinen fast hüftlangen, glatten, schwarzen Haaren, die zu einem Zopf geflochten waren, wirkte er noch schmaler. Seine ganze Haltung war fast schon arrogant und sein Blick war undefinierbar. Heute würde ich ihn als kaltherzig und sadistisch beschreiben, doch in jenem Moment wirkte er edel, stolz, doch hatte er auch damals schon etwas bösartiges an sich.

So fasziniert war ich nie zuvor von einem Menschen gewesen, sodass ich gar nicht bemerkte, wie ich ihn eine ganze Weile anstarrte. Erst nachdem er sich bewegte kam ich wieder zu mir, doch schon im nächsten Moment hatte ich mir gewünscht dieser Moment wäre nicht gekommen. Er hatte mich nun bemerkt, was nicht schwer war, ich stand mitten auf dem Weg, offen, dort war nichts was mich hätte verstecken können. Er machte mir Angst, dennoch war ich zu fasziniert, ich konnte einfach nicht wegsehen, oder mich bewegen. Ich weiß nicht mehr, was ich damals dachte, was passieren würde, doch er machte etwas, womit ich nicht gerechnet hatte: Er ging weg. Zumindest glaubte ich es. Ich spürte Etwas hinter mir auftauchen und was dann passierte weiß ich nur aus Erzählungen.
 

Es war wie ein Wimpernschlag, nur dass ich nach dem öffnen der Augen auf dem Boden saß, meine Eltern standen besorgt vor mir.

„Warum liegst du hier? Was ist passiert?“ Ich hörte nur am Rande die weiteren besorgten Fragen meiner Eltern. Antworten konnte ich nicht. Ich wusste nicht, warum ich hier gelegen hatte, ich wusste nicht einmal, ob ich gelegen hatte, doch ich fühlte mich seltsam. Mein Vater riet mir, nach Hause zu gehen und schlafen zu legen. Ich stimmte ihm zu und ging.
 

Die erste Nacht war schrecklich. Ich lag im Bett und bekam kein Auge zu. Noch dazu dieses seltsame Gefühl, welches sich in meinem Körper immer mehr auszubreiten schien. Es war fast wie ein Feuer, welches noch eine kleine Kerzenflamme war, doch immer mehr verschlang und größer wurde. Ganz langsam.

Als am nächsten Morgen die Sonne aufging, war dieses Feuer zwar nicht erlöschen, aber ich fühlte mich frisch und seltsamer weise ausgeschlafen. Nach dem Frühstück machte sich mein Vater sofort auf zu dem Patienten, nach langem betteln durfte ich schließlich auch mit.

Diesmal konnte ich den Weg zum Patienten ohne Probleme bestreiten, der Marktplatz war deutlich leerer als den Tag zuvor und mein Vater passt zusätzlich noch auf, dass ich nicht wieder in die verkehrte Richtung abbog. So kamen wir zügig an und gingen hinein zum Kranken. Doch wie es immer so ist, wenn es zu gut läuft, kommt ein größeres Problem. In diesem Moment war es die Tatsache, dass der Erkrankte verschwunden war. Man sagt uns, dass er in der Nacht plötzlich weg war. Den einen Moment hörte man ihn noch vor Schmerzen stöhnen, im nächsten soll er weg gewesen sein.

Es war eigenartig. Dieser kranke Mann war zu schwach gewesen, um zu laufen, geschweige denn zu sitzen. Es war unmöglich. Er konnte nicht verschwunden sein, und dennoch, war es eindeutig, das Bett war leer, nirgendwo in dem kleinen Haus war er zu finden.

Mir schlich sich ein Gedanke in den Kopf, dieser seltsame Mann, der den Vortag hier vor diesem Haus gewesen war und genau dieses Zimmer durch das Fenster beobachtet hatte, vielleicht hatte er etwas mit dem Verschwinden des Kranken zu tun gehabt.

Ich wollte meinem Vater davon nichts erzählen, warum wusste ich nicht, ich hatte das Gefühl, diesen faszinierenden Mann beschützen zu müssen. Ich muss gestehen, es war ein dummer Gedanke, anders kann ich es gar nicht formulieren.

Nachdem wir zugegeben ziemlich ratlos noch weitere male ohne Erfolg das Haus und die nähere Umgebung abgesucht hatten, machten wir uns schließlich auf den Rückweg, den Angehörigen des Kranken versichernd, dass wir die Augen offen halten werden und er mit Sicherheit wieder auftauchen würde.
 

Einige Tage später, der Patient meines Vaters war noch immer nicht wieder aufgetaucht, war ich bis zum Abend hin im Unterricht gewesen, und nun in der Dämmerung auf dem Weg nach Hause. Um diese Zeit war nicht mehr sehr viel los auf den Straßen, umso verwunderter war ich, als ich von dem Friedhof her, der etwas verwinkelt hinter der Kirche lag, laute Geräusche hörte. Meine damals zügellose Neugier brachte mich dazu, mich genau dorthin zu bewegen.

Auf dem Friedhof angekommen, was genau gekommen keinesfalls so gesagt werden kann, denn der Weg dauerte kaum eine Minute, blieb ich abrupt stehen.

„Ah, wir haben einen Gast,“ bemerkte eine große, schlanke Person, mit einem langen, schwarzen Zopf. Wieder war ich tief fasziniert, seine Stimme war voluminös und finster, einfach bedrohlich, und doch wirkte sie sanft.

In diesem Augenblick gab es viele Dinge, die mir nicht geheuer erschienen. Alleine die Tatsache, dass ich diesen Mann auf einem Friedhof wieder traf machte mir bedenken. Doch er war nicht alleine hier, und da war auch das nächste, was mir Unbehagen bereitete. Einer der Männer – es waren ausschließlich Männer dort – sah dem Patienten meines Vaters sehr ähnlich. Ich hatte ihn zwar nie persönlich gesehen, aber ein Portrait von ihm hatte man mir gezeigt, und es glich diesem Mann, der dort direkt neben dem Schwarzhaarigen stand, haargenau. Er sah alles andere als kränklich aus. Es wirkte, als wäre er niemals krank gewesen.

Die letze Gegebenheit, welche mir damals eine Gänsehaut verpasste und mir das Atmen verweigerte, waren die vier Augenpaare, die mich mit fast schon leuchtend roten Augen ansahen.

In diesem Moment hätte mein Fluchtinstinkt einsetzen sollen, ich hätte auf ihn hören sollen, ich hätte so weit weg wie möglich laufen sollen, ich hätte...

Doch ich stand weiterhin auf der einen Stelle, besiegt von meiner Neugierde, zu fasziniert von dem, was ich sah. Sanft lächelnd kam der Schwarzhaarige langsam zu mir. Meine Gefühle zu diesem Zeitpunkt waren unbeschreiblich. Weder schön, noch schlecht. Ich fühlte mich zu ihm hingezogen, ich hatte das Gefühl nie wieder weg von ihm zu wollen, doch sagte mir mein Kopf, ich sollte fliehen. Ich hatte keine Angst, ich war wie benebelt von diesem Wesen, welches mich immer mehr in seinen Bann zog. Schlussendlich, nachdem der letze Gedanke von Angst oder Flucht verschwunden war, wanderte seine Hand langsam zu meinem Nacken, strich meine Harre zur Seite und biss zu.

Seit ich ihn das erste mal gesehen habe, hatte er mich betört, meine Gedanken in Besitzt genommen, doch nun gehörte ich ihm vollkommen. Nicht körperlich versteht sich, zumindest nicht in diesem Moment, auch wenn er mir mein Blut stahl. Nachdem er gesättigt war, verschwand er, einschließlich der anderen, die sich ihm sichtlich unterordneten.
 

Die Tage nach diesem Vorfall vergingen schleppend. Meinen Eltern verheimlichte ich die ganze Sache, ich wusste nicht, ob sie mir glauben würden, oder ob sie mich für verrückt einstufen würden. Meine Gedanken versuchte ich mit meiner Lehre zu ersticken, dennoch schlich sich mir immer wieder die Frage in den Kopf, ob ich ihn wiedersehen würde, ob er dann weitergehen würde, ob er mich vielleicht mit sich nehmen würde. Nicht, dass ich ein Vampir werden wollte, wie so oft war ich einfach zu fasziniert, ich wollte wissen, was es mit diesem Wesen auf sich hatte. Wesen, die den Menschen so viel Angst einjagten. Ausserdem wollte ich ihn wiedersehen, sehnte mich nach ihm, wollte seinen Namen wissen.

Letztendlich erfüllte er meine Sehnsucht und erschien in einer Nacht in meinem Schlafzimmer. Ohne auch nur sein Gesicht zu verziehen, nahm er meinen Arm, zog mich zu sich und tat das, worüber ich mir die ganzen Tage zuvor den Kopf zerbrochen hatte. Er machte mich zu seinesgleichen und nahm mich mit.
 

Ich erfuhr vieles von ihm, auch, wie er sich zu dieser Zeit nannte. Killian. Er erzählte mir, er würde seinen richtigen Namen schon lange nicht mehr benutzen, er passe sich lieber der Zeitepoche an. Es wäre sicherer so. Ich lernte alle seine Gefährten kennen, wie er sie nannte, und wurde in seine Familie aufgenommen.

Von da an gehörte ich zu ihm, und folgte ihm.
 

Am Ende, welches jetzt leider gekommen ist, muss ich noch eines zugeben. Ich habe mein altes Leben, mit meiner eigentlichen Familie nie vermisst. Ich liebte die Freiheit, die mir Killian geschenkt hatte, ich liebte meine neue Familie, die mir alles gab, was ich brauchte und ich liebte ihn, der, wie ich damals dachte, naiv und jung wie ich war, immer für mich da sein würde. Doch in so ein paar Jahrhunderten kann sich vieles ändern, diese Erfahrung musste ich leider machen.



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