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Turn Around, Look At Me

The Weekenders / Die Wochenendkids
von

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'Wie lange will er noch über seine Schuhe reden?', dachte Tish, die gelangweilt auf den hellen Stufen der Terrasse der Descartes-Familie saß. Carver hatte sie zu sich in den Garten gerufen, als er sie auf der Straße entlanglaufen sah. Aus Höflichkeit ist sie mit ihrem Kumpel auf ein Gespräch eingegangen, auch wenn sie dazu absolut nicht in der Stimmung gewesen war. Sie wollte einfach nur spazieren gehen, um ihren Kopf frei zu kriegen, doch nun saß sie da und musste sich einen von Carvers Mode-Monologen anhören.

Eigentlich mochte sie Carver. Sehr sogar. Genau wie Tino.

Aber auch Freunde können anstrengend sein, besonders, wenn man eigentlich ausnahmseise allein sein wollte.

"Hörst du mir überhaupt zu?"

Carvers empörter Ton riss Tish aus ihren Gedanken.

"Hm? ... Ja, ja, grüne Schnürsenkel liegen voll im Trend."

"Eben nicht!", rief er missgelaunt, "Tish, was ist los mit dir?"

Sie erhob sich wieder und klopfte sich den langen dunklen Rock ab.

"Tut mir Leid, Carv... Ich bin mit den Gedanken gerade woanders."

"Das merke ich. Ist es wegen der Gobelinausstellung?"

"Dass die abgesagt worden ist, schmerzt mich noch immer, aber nein, das ist es nicht.", antwortete die Kunstbegeisterte und lief langsam auf das Gartentor zu. Ihr Freund wollte sie gerade fragen, was sie bedrückte, doch sie drückte schon die Klinke des Tores hinunter und lief die Straße entlang zurück nach Hause. Carver verstand, dass sie nicht gewillt war über ihre Probleme zu reden und ließ sie in Ruhe. Jedoch machte er sich Sorgen und fing an wild vor sich hin zu grübeln.
 

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There is someone walking behind you

Turn around, look at me

There is someone watching your footsteps

Turn around, look at me

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"Tishy, du dir da etwa Sport ansehen, Apfelschnittchen?"

Tish schätzte und bewunderte es, dass ihre Eltern fast immer englisch sprachen, auch wenn es ihnen manchmal schwer fiel und viele Nachbarn sie während der Unterhaltungen missverstehen. Aber wäre ihr Vater kein Grieche und ihre Mutter keine Russin, hätte Tish, eigentlich Petratishkovna, wohl nur halb so viel Wissen über fremde Kulturen.

"Ja, Mama. Das ist Baseball."

Tish lag auf der Couch und blickte leer auf den Fernseher.

"Ich wissen das! Aber wo seien der Tor?"

Tish seufzte. Normalerweise würde sie ihrer Mutter nur zu gern die Regeln dieser Sportart näher bringen, doch in diesem Augenblick fühlte sie sich nicht danach.

"Ich erkläre es dir später, Mama..."

Mrs. Katsufrakis blinzelte ihre Tochter verwundert an.

Es gab eine Gelegenheit etwas zu erklären, quasi mit geballtem Wissen zu um sich zu schlagen, doch Tish verhielt sich wider ihrer Natur und schwieg in sich hinein.

"Hast du gegessen versehentlich Fleisch? Das letzte Mal als du warst so deprimiert hast du versehentlich verschluckt Regenwurm!"

Tish, seit Jahren Vegetarierin, stöhnte genervt auf. An dieses Missgeschick in der zweiten Klasse wollte sie sich eigentlich nicht mehr erinnern.

Sie griff nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus.

"Ich gehe ins Bett."

Kaum hatte sie dies gesagt, war sie auch schon aus dem Wohnzimmer verschwunden und ließ ihre Mutter allein zurück.
 

"Was das sein kann?", fragte Mr. Katsufrakis etwas später am Abend, "Nun, das ganz leicht!" Er lege grinsend seinen Arm um seine Frau und streichelte sanft ihre Schulter. In der anderen Hand hielt er seinen warmen schwarzen Tee, den ihm seine Gattin vor einigen Minuten zubereitet hatte.

"Da ist Junge im Spiel!"
 

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There is someone who really needs you

Here's my heart in my hand

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Tish blickte auf die leuchtenden Ziffern ihres digitalen Weckers. 3:43.

Erneut warf sie sich herum. Schon wieder eine schlaflose Nacht. Sie konnte einfach nicht aufhören nachzudenken. Je mehr sie es versuchte, desto unwohler fühlte sie sich. Egal in welche Position sie sich begab, alles war unbequem. Sogar ihr Lieblingskissen schien auf einmal unangenehm kratzig. Letztendlich warf sie es zu boden und rollte sich wie eine Katze zusammen.

Tränen stiegen ihr in die Augen.

"Lor...", schluchzte sie in die Nacht hinein.
 

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Turn around

Look at me

Understand

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Es machte einen Ruck durch ihren Körper und ihre Füße hielten plötzlich an.

Lor, kurz für Lorraine, stand am anderen Ende des Schulhofes und unterhielt sich gerade angeregt mit ihren gemeinsamen Freunden Tino und Carver. Sie waren zu weit weg und die anderen Schüler der Middleschool zu laut, als das Tish hören konnte, worüber genau sie sich unterhielten. Es musste eine fröhliche Unterhaltung sein, denn Tish erkannte, dass ihre Freunde immerzu lachten.

Es war Freitag. Es trennte sie also nur noch wenige Stunden vom Wochenende, welches sie seit Jahren zu viert teilten. Meistens verbrachten sie ihre Zeit mit Billard, Videospielen oder Junkfood im Einkaufszentrum. Was sie auch unternahmen, und war es auch noch so gewöhnlich, machte immerzu großen Spaß, denn diese Freunde verstanden sich mehr als gut.

Carver entdeckte Tish von weitem. Irritiert sah er zu ihr hinüber.

"Warum kommst du nicht her?", rief er zu ihr hinüber und hob seinen Arm dabei.

Sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. "Peinlich...", flüsterte sie zu sich selbst und mit leicht gesenktem Kopf begab sie sich zu ihren Freunden.

"Hast du vor dich hin geträumt?", lachte Lor, als Tish endlich neben ihr stand. "Scheinbar...", antwortete sie zaghaft und rückte ihre Brille zurecht. Sie hatte sich vorgenommen sich normal zu benehmen, doch sie schaffte es noch nicht einmal mehr der Blonden in die Augen zu sehen.
 

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Understand

That there's someone who'll stand beside you

Turn around, look at me

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"Kein Hunger?", unterbrach Tino Tishs Gedanken, worauf diese den Kopf schüttelte. Die vier feierten ihren Freitagnachmittag in ihrer Lieblingspizzeria. "Du bist irgendwie komisch drauf in letzter Zeit. Bist du krank?"

Tish drehte sich der Magen um. Warum hören die Leute nicht auf sie auszufragen?

Sie wollte nicht über ihre Gefühle sprechen. Sie konnte nicht. Sie durfte nicht.

"Lass mal fühlen!" Lor streckte ihre Hand aus und legte diese auf die Stirn ihrer Freundin. "Hmmmh... Scheint normal."

Tish schoss plötzlich in die Höhe.

"A-Alles ok !!" Ihre Wangen glühten. "I-Ich... Sollte gehen! Bis dann!"

Die drei Zurückgelassenen starrten ihr erstaunt hinterher.

"Sehen wir uns morgen?", rief Carver, doch er erhielt keine Antwort. Tish rannte davon.
 

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And there's someone to love and guide you

Turn around, look at me

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Ein Summen weckte Tish. Oder vielmehr ein Vibrieren, nämlich das ihres Mobiltelefons. Nachdem sie nach Hause gerannt war, hat sie sich sofort in ihr Zimmer eingesperrt, sich auf ihr Bett geworfen und in den Schlaf geweint. Sie blickte zu ihrem Handy. 'LOR' stand in großen Lettern auf dem Display. Ihre geröteten Augen weiteten sich und ihr Herz begann zu rasen.

'Abheben oder nicht abheben - Das ist hier die Frage', schoss es ohr durch den Kopf.

Lor. Lors Stimme. Wie gern würde sie sie jetzt hören. Aber was soll sie ihr sagen, wenn sie fragt, warum sie sich so seltsam verhält? Wie soll sie ihre Geistesabwesenheiten erklären? Wie erklärt man den Grund, wenn man plötzlich errötet? Wie erzählt man seiner Freundin, dass sich nur noch alle Gedanken um sie drehen? - Dass diese Gedanken sogar Sehsucht und Herzschmerz auslösen.

Tish streckt ihren Arm aus und ergreift ihr Mobiltelefon.

"Wie sagt man Jemanden, dass man ihn li..."

Ihre Finger zitterten.

Der Anruf wurde verpasst.
 

Der Mond stand hoch, als kleine Steinchen gegen Tishs Fenster flogen. Das leise Geräusch erweckte sofort Tishs Aufmerksamkeit. Sie hatte nicht geschlafen, sie lag seit Stunden im Dunkeln mitten im Raum und dachte nach. Nein, es war nicht nur nachdenken. Es war fantasieren.

Sie stellte sich Lor als ihre "feste Freundin" vor. Sie stellte sich hin und wieder vor, wie es wäre sie zu küssen, sie auszuziehen, sie zu fühlen... und von ihr zurückgeliebt zu werden.

Diese Fantasie machte sie glücklich, obgleich sie auch große Schuldgefühle dabei hatte. Sie war der Ansicht, wenn Lor ihre Gedanken kennen würde, würde sie sich vor ihr ekeln und für immer von ihr abwenden.

Erneut flog ein Steinchen gegen die Scheiben.

Lor stand vor dem Haus der Katsufrakis und blickte zu Tishs Fenster hinauf.
 

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Oh, I've waited, but I'll wait forever

For you to come to me

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"L-Lor...", stotterte Tish, als sie barfüßig und im Nachthemd in den Garten hinaus schlich. Die Blonde blickte sie mit einem ernsten Gesichtsausdruck an. 'BASEBALL SUPERSTAR', diese weiße Aufschrift auf ihrem weiten Shirt ließ der Mond hell aufleuchten.

"Warum gehst du uns aus dem Weg?"

Sie klang etwas wütend. Oder war sie enttäuscht?

'Vermutlich beides', dachte Tish.

"Ich... hab meine Gründe. Es tut mir Leid." Sie find an mit den Zehen im Sand zu schaben.

Plötzlich schloss Lor sie fest in ihre Arme.

"Du bist meine beste Freundin. Und ich dachte immer, ich bin auch deine. Aber ich hab das Gefühl, das du mich nicht mehr leiden kannst... und das macht mich wahnsinig traurig!"

"Dich nicht mehr leiden ?!" entfuhr es entsetzt aus Tishs Mund.

"Du vermeidest es ja sogar...", Lor schluckte, "von mir angefasst zu werden!"

Jetzt war es eindeutig. Tish hatte Lor mit ihrem Verhalten verletzt und somit genau das Gegenteil erreicht, was sie wollte. Sie kannten sich inzwischen schon so lange, warum war sie also so naiv gewesen zu glauben, dass ihr Veränderungen dieser Art nicht auffallen würden?

Tish schloss die Augen. In Lors Armen war es wundervoll warm.

"Du irrst dich...", flüsterte sie, "es ist nicht so, dass ich nicht möchte, dass du mich berührst. Und natürlich ist es nicht der Fall, dass ich unsere Freundschaft nicht mehr will. Im Gegenteil. Ich wollte unsere Freundschaft schützen. Aber ich glaube... das kann ich nun nicht mehr."

Lor löste die Umarmung und sah ihrer Feundin direkt in die Augen.

"Wovon zur Hölle sprichst du ?!"

Ein Augenblick des Schweigens. Das jüdische Mädchen musste den Mut und die richtigen Worte finden um ihr Geständnis machen zu können.

"Lor, ich... du wirst mich verabscheuen..."

"Das glaub' ich nicht!"

"Doch, ganz sicher. Ich muss dir nämlich was beichten... und es tut mir furchtbar Leid!"

"Schieß einfach los."

Tränen rannten über Tishs Gesicht. Das nasswarme Gefühl auf der Haut war ihr inzwischen nun mehr als vertraut. Sie zitterte am ganzen Leib und das atmen fiel ihr schwer. Sie hatte Angst.
 

"Ich hab mich in dich verliebt!"
 

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Look at someone

Who really loves you

Turn around, look at me

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Hallo Leute : )

Ich hoffe euch hat diese Songfic über den Cartoon The Weekenders / Die Wochenendkids gefallen? Über Impressionen und Kritik freue ich mich sehr. Wenn ihr Zeitfehler findet (das passiert mir leider häufig und nicht immer finde ich sie beim wiederholten Durchlesen) sagt mir gerne bescheid.

Ich bin selbst nicht 100%ig zufrieden mit der FF, ich hab stellenweise das Gefühl, es geht alles etwas zu schnell. Andererseits ist es ja "nur" eine Songfic + __ + )"

Ich wollte Lor's Reaktion bewusst offen lassen. Hätte sie Tish ebenfalls die Liebe gestanden, wäre mir das alles zu platt und kitschig geworden, hätte sie Tish abgelehnt widerum zu deprimierend. Ich wollte viel mehr Tishs Ängste und Sehnsüchte untermalt mit dem Song in den Vordergrund stellen, unabhängig von Lors Gefühlen.

Der Song ist übrigens von den Bee Gees und heißt "Turn Around, Look at Me" - gebt es doch mal auf Youtube ein, es lohnt sich ; )



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Yuridevil
2013-05-16T03:25:55+00:00 16.05.2013 05:25
Ich kann nur zustimmen. Deine Geschichte ist sehr Schön. Nur schade das es ein one-shot ist hätte nichts gegen eine Fortsetzung.

Mfg

Yuridevil


Von:  mimimegane
2013-01-12T22:20:35+00:00 12.01.2013 23:20
Oh sehr schöne GEschichte :)
Würde gern mehr über Lor und Tish lesen.


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