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Mädchen mit Kater

von

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Auf der falschen Fährte

Misstrauisch beäugte Aggie ihre beiden Schützlinge, die mit ihr schweigend am Frühstückstisch saßen. Dass etwas zwischen den beiden vorgefallen war, lag für sie auf der Hand. Da Albin seine Kleidung bei ihr gelassen hatte, war Yolanda an diesem Tag mit dem Kater an ihrer Seite und einem sehr grimmigen Gesicht bei ihr aufgetaucht. Doch nicht nur ihr Gesichtsausdruck hatte Aggie stutzig gemacht, auch dass der Kater anscheinend ein leicht geschwollenes Auge hatte. Erst hatte sie nichts dazu gesagt und Albin in einen Nebenraum zum Verwandeln und Anziehen geschickt, während Yolanda ihr bei dem Rest der Vorbereitung des Frühstücks half. Doch nun saßen die beiden schweigend und schlecht gelaunt am Tisch, Albin tatsächlich mit einem Veilchen, das sich sehen ließ. Aggie war zu alt, um sich so etwas stumm anzusehen. „Kinder! Was ist nur zwischen euch passiert?“, sagte sie schließlich genervt und erntete von beiden einen zögerlichen Blick. „Wir haben uns darauf geeinigt, mit niemanden darüber zu sprechen.“, entgegnete Yolanda knapp und senkte mit leicht geröteten Wangen ihren Blick. Ein nonchalantes Nicken Albins bestätigte ihre Aussage. „Fein, dann redet nicht darüber, aber dann verderbt mir mit eurer schlechten Laune nicht das Frühstück! Ich habe mich so auf euch beide gefreut!“, rügte Aggie die beiden, die sich dafür entschuldigten. Als die Stimmung sich darauf trotzdem nicht zum besseren wandte, beschloss Aggie einen Wechsel in ihrer Taktik. Sie war neugierig, was zwischen den beiden vorgefallen war, und wollte es nun über Umwege aus ihnen heraus bekommen: „Albin, konntest du gestern deine Mutter treffen?“ Yolandas interessierte Reaktion und Albins Gesichtsausdruck ließen darauf schließen, dass das Treffen direkt nicht Auslöser des Streits gewesen ist. „Gesehen – ja, gehört – ja, aber ich bin nicht zu ihr gegangen. Ich habe mich vor ihr versteckt und bin wieder abgehauen, bevor ich mit ihr sprechen konnte.“ Yolanda schüttelte verständnislos den Kopf: „Aber du hast dir doch so große Sorgen um sie gemacht? Warum hast du sie nicht angesprochen?“ Albin warf ihr einen langen Blick zu. „Ich habe auf eine gute Gelegenheit gewartet.“, erklärte er ihr mit trockener Stimme, „Dabei habe ich gehört, wie sie sich mit einer Zofe unterhalten hat.“ – Yolanda wurde unwohl, als sich sein nicht deutbarer Blick in ihre Augen bohrte – „Nun, meine Sorge um sie beruhte nicht auf Gegenseitigkeit.“ Yolanda betrachtete kurz die Gabel in ihrer Hand. „Ich verstehe.“, hauchte sie leise. Halb zufrieden, halb besorgt betrachtete Aggie die Szene zwischen den beiden. Sie konnte sich schon denken, was vorgefallen war. Albin hatte nicht einfach offen mit ihr darüber gesprochen und stattdessen wieder irgendetwas getan oder gesagt, das Yolanda auf die Palme brachte. Resultat war ihre Faust in seinem Gesicht. Irgendwie so ähnlich. „Kinder, Kinder!“, rief die alte Dame nun wieder, „Macht nicht solche Gesichter. Ich habe eine Neuigkeit für dich, Albin.“ Beide blickten überrascht auf. „Was denn, Aggie?“, fragte Albin alarmiert, worauf die Alte vielsagend den Kopf schief legte. „Es soll einen Maskenball unter den Magiern geben, ist mir zu Ohren gekommen. Jeder mit Rang und Namen ist eingeladen. Albin, da du offiziell nur verschwunden bist und nicht tot, stehen die Chancen gut, dass du ebenfalls eine Einladung bekommen hast. Du solltest nachschauen gehen. Da es ein Maskenball ist, sind die Einladungen ohne Namen versehen. Ihr zwei könntet euch unter die Leute mischen und euch nach dem neuesten Tratsch umhören, wenn du auch eine Einladung bekommen hast.“ Yolanda schnaubte abweisend, worauf Albin ihr einen bösen Blick zuwarf, den sie giftig erwiderte. „Kinder!“, fuhr Aggie wieder dazwischen, „Streitet euch nicht. Wenn Yolanda später arbeitet, kannst du doch schnell nachschauen gehen, ob du wirklich die Einladung bekommen hast. Danach könnt ihr euch immer noch weiter streiten.“ Yolanda seufzte laut auf, als ob sie das, was sie nun sagen wollte, bereits bereute: „Lass uns gleich nachschauen gehen, Albin. Wer weiß, was wir dann noch aus der Stadt brauchen. Ich habe nicht alle Tage vormittags frei.“ Albin schenkte ihr unsicher ein dankbares Lächeln, das Yolanda verlegen erwiderte.
 

Tatsächlich war eine Einladung für Albin hinterlegt worden. Yolanda hatte zuerst Sorge gehabt, das Grundstück mit Albin einfach so zu betreten. Doch als die Geldgeber verschwunden waren, hatte es nicht lange gedauert, bis die Bediensteten ebenfalls aus diesem Haus verschwanden. Nun wirkte das eindrucksvolle Anwesen wie ein verlassenes Geisterhaus, der Garten war ungepflegt, Pflanzen und Unkraut wucherten unkontrolliert, der Weg zum Eingang war nicht gefegt und im Haus selbst zeugte der Staub vom Fehlen der Bewohner dieses Hauses. Es war eine Schande. Albin schien ihr diesen Gedanken vom Gesicht ablesen zu können. „Gefällt es dir hier?“, fragte er mit sarkastischem Unterton, „Du hättest es sehen sollen, als Vater noch lebte.“ Yolanda räusperte sich. Fast wäre ihr wieder etwas Fieses über die Lippen bekommen, doch ein mulmiges Gefühl in ihrer Magengegend hielt sie zurück. „Albin….“, sagte sie unsicher lächelnd, „Wir bekommen das wieder hin. Wir stellen deinen Rang wieder her, du den alten Glanz dieses Anwesens und dann kannst du mir zeigen, wie es früher war.“ Sein Gesicht verfinsterte sich und er senkte betrübt den Kopf. Sie wusste nicht, was sie sonst sagen könnte, um ihn zu trösten. Sie beschloss, das Thema zu wechseln. „Übrigens: Solltest du das nächste Mal nachts in Menschen-Form in mein Bett schleichen, zieh dir wenigstens etwas an. Du weißt ganz genau, dass mich dein…. Nudismus nervt.“ Ohne auf seine Antwort zu warten lief sie in strammen Schritten und aufrecht in irgendeine Richtung und erkundete alleine das Haus, während sie Albin alleine zurück ließ, um wo auch immer nach der Post zu schauen.

Am Abend des Balles munkelten so manche über die mysteriöse Maskierte, die niemand einzuordnen vermochte. Sie und ihr ebenfalls maskierter Diener strahlten eine selbstsichere Aura aus, die es den übrigen unmöglich machte, an ihrer Erhabenheit zu zweifeln. Beinahe schüchtern antworteten die sonst so hochmütigen Magier auf die Fragen dieser Person, während diese von sich nur bekannt gab, dass sie stellvertretend für Albin erschien, da dieser durch dringende Geschäfte verhindert sei. Ihre Identität wolle sie ansonsten geheim halten. Viele junge Magier versuchten sich der jungen Dame anzunähern, doch sie wies alle ohne weitere Erklärung mit einem milden Lächeln unter der Maske ab. Am Ende des Maskenballs verließ sie grimmig knurrend mit ihrem Diener das Haus. „Das war ja ein Reinfall.“, knurrte sie leise in einiger Entfernung von dem Anwesen zu ihm, worauf er nur genauso schlecht gelaunt zustimmend murrte. „Du hast ihnen mit deiner Schönheit den Kopf verdreht. Wenn von vornherein etwas Nützliches in den Köpfen der Kerle gewesen wäre, hättest du es unbrauchbar gemacht.“ Fassungslos drehte sich die Frau zu ihm um. „Was laberst du für n‘ Käse.“, fauchte sie ihn an und fasste an eine Klammer ihrer kompletten Gesichtsmaske, um diese zu lösen. Sie nahm die Maske ab und Yolandas Gesicht kam dahinter zum Vorschein. „Mich überhaupt dahin zu schicken und mich als eine Magierin auszugeben, die dich vertritt – Dass ich nicht schon in den ersten zwei Minuten aufgeflogen bin, grenzt alleine schon an ein Wunder! Du stehst extrem tief bei mir in der Tinte, Albin. Ich hätte meinen Kopf verlieren können!“ Wütend starrte sie ihn an, während er nun ebenfalls seine Maske abnahm. Als sie sein trostloses Gesicht erblickte, erstarb der Zorn in ihr. „Schau nicht so.“, sagte sie leise und nahm ihn bei der Hand, „Alles wird gut. Lass uns jetzt nach Hause und schlafen gehen. Morgen sieht die Welt wieder anders aus.“ Sie sah ihn dabei erröten, jedoch verschwand die Sorge dabei nicht aus seinem Gesicht. Yolanda lächelte ihn breit an, als ihr plötzlich eine Idee kam. „Weißt du was?“, fuhr sie ihren Monolog fort, „Planänderung. Wir gehen uns jetzt umziehen und ich zeige dir, was wir Bürgerliche machen, wenn etwas nicht so läuft, wie wir es gerne hätten.“ Das schien ihn etwas aus seinen Gedanken zu holen, verwirrt stotterte er nur ein „W-Was?“, bevor er von Yolanda fortgezogen wurde. „Wir gehen uns betrinken!“, antwortete sie zuversichtlich.

„Ist das wirklich so eine gute Idee?“, fragte er unsicher, als Yolanda ihn in Straßenkleidung in eine Taverne stieß. „Ja ja!“, entgegnete sie unbeirrt, „Auf dieser tollen Party konnten wir ja wegen der Masken nichts trinken, jetzt wird es dafür wirklich Zeit! Ich bringe dir mein Lieblingstrinkspiel bei! Komm, das wird lustig!“ Widerwillig folgte er ihr an den Tresen. „Ein Trinkspiel?“, fragte er misstrauisch und sein schlechtes Gefühl wurde nicht besser, als Yolanda ohne weitere Erklärung beim Wirt eine Flasche Hochprozentiges, zwei kleine Gläser und einen Aschenbecher bestellte. Lächelnd holte sie zusätzlich eine Hand voll Münzen aus einer angenähten Tasche an ihrem Oberteil und schob Albin die geschätzte Hälfte zu. „Höre mir zu!“, erzählte sie nun, „Wir werfen jetzt abwechselnd die Münzen in den Aschenbecher. Dabei muss die Münze so geworfen werden, dass sie einmal den Tresen berührt, bevor sie in den Aschenbecher springt. Wenn jemand drei Mal hintereinander trifft, darf dieser jemand neue Regeln festlegen oder bestehende Regeln modifizieren.“ Albin nickte einmal knapp zum Zeichen, dass er verstanden hat. „Und wenn man nicht trifft, muss man ein Glas trinken?“ Yolanda grinste schief, was nichts Gutes bedeuten konnte. „Genau. Es sei denn, man ändert diese Regel.“

Vergnügt kicherte Yolanda, während Albin ein weiteres von vielen Gläsern leerte. Wenn er gewusst hätte, worauf er sich da einlässt, hätte er dieses Spiel gar nicht erst begonnen. Er hätte es sich schon denken können, als sie es ihr „Lieblingstrinkspiel“ genannt hatte. Sie war verdammt gut darin und bald schon hatte sie die Regeln so geändert, dass er erst zwei und momentan drei Gläser pro versautem Wurf exen musste. Doch trotz der Koordinationsstörungen, die der Alkohol verursachte, bekam er langsam den Dreh heraus. Er war zuversichtlich, dass es nun bald an ihm sein würde, die Regeln zu seinen Gunsten zu ändern. Als Yolanda das jedoch bemerkte, hielt sie kichernd seine Hand fest, als er seinen dritten Treffer landen wollte. Durch ihre eigenen Regeländerungen war sie selbst auch schon leicht beschwipst. „Schadeeee, wenn du so schnell so gut wirst, wird das Spiel langweilig.“, flötete sie, „Lassen wir es heute gut sein. Ich bin sehr schlecht im Verlieren. Gehen wir!“ Mit einem süßen Grinsen bezahlte sie den Wirt, packte Albin an der Hand und zog ihn wieder hinaus in die Nacht. Beide lachten betrunken vor sich hin und taumelten Hand in Hand die Straße entlang. Sie redeten nicht viel miteinander und was sie sagten, machte nicht wirklich viel Sinn. Albin wusste nicht, ob es der Alkohol war, der plötzlich aus ihm sprach, oder ob es einfach die Situation war, aber er sagte nun das, was ihm seit langer Zeit durch den Kopf schwebte. „Ich liebe dich, Yolanda.“, brach es unvermittelt aus ihm heraus und er lief unwillkürlich etwas näher zu ihr. Doch anstatt diese Erklärung ernst zu nehmen, kicherte sie nur albern. „Ich weiß!“, rief sie, „Wie könnte man es nur nicht merken, Dummerchen!“ Ein wenig ernüchtert blieb Albin stehen. „Und?“, fragte er angespannt, „Liebst du mich auch?“ Verwirrt erwiderte sie stumm seinen Blick für einen Moment und löste ihre Hand von seiner, bevor sie wieder kicherte, „Was für eine Frage! Natürlich nicht! Du bist doch nur mein Kätzchen! Ich liebe dich sehr, aber doch nicht so! Haha! Also wirklich, Albin…“ Unbeirrt wandte sich Yolanda damit um und taumelte weiter in Richtung ihrer Wohnung, während Albin mit geweiteten Augen starr wie auf der Stelle verwurzelt stehen blieb.

Yolanda hatte erreicht, was sie mit diesem Trip in die Kneipe geplant hatte: Albin hatte vollkommen um seine Probleme mit seiner Familie vergessen. Stattdessen war sein Kopf leer und sein Herz schmerzte. Kurz verbarg er seine Augenpartie hinter einer Hand, bevor er Yolanda nach Hause folgte.



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