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Schokoladendiebe

Ein Adventskalender (2012)
von

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Keks-Care-Paket

Keks-Care-Paket
 

Regen schlug gegen die Fensterscheiben, hartnäckig und so stetig als wolle er Sergej daran erinnern, dass in Russland bereits seit Wochen meterhoch Schnee lag und die Fahrbahnen versperrte und ein Vorankommen außerhalb der Städte unmöglich gestaltete. Zumindest, wenn er Boris Glauben schenkte, welcher sich irgendwo in einem dieser kleinen, unaussprechlichen und unbekannten Örtchen irgendwo in der Taiga verschanzt hatte. Sergej glaubte-

Sein Gedankengang wurde vom Telefon unterbrochen, welches ein schrilles Pfeifen von sich gab. Wann auch immer wer auch immer dies eingestellt hatte – der hünenhafte Blondschopf würde ihm wehtun, wenn er ihn in die Finger bekam. Obwohl, wahrscheinlich war es Boris gewesen. Und der war weit genug weg, um sich in Sicherheit zu wiegen. „Hallo?“, Sergej brummelte in den Hörer, aus welchem zunächst bloß Knistern drang. Oh, ein Ferngespräch. Wer das wohl wieder sein konnte.

Der Blondschopf verdrehte die Augen und wartete auf eine Antwort am anderen Ende. Von den vier Personen, die seine Nummer hatten – abgesehen von diversen Ämtern, einem Lieferservice seines Vertrauens und seiner Arbeitsstelle – riefen bloß drei in regelmäßigen Abständen an. Yuriy bloß selten, als wolle er sichergehen, dass er noch lebte und nicht zu viel Mist baute. Der alte Kontrollfreak. Sergej schmunzelte. Ivan plapperte hin und wieder einen Schwall von Informationen herunter, welcher von technischem Fachchinesisch durchsetzt war, und vergaß, sich nach seinem Befinden zu erkundigen. Das war Sergej mehr als bloß recht, so musste er nicht von seinem seltsamen Job in dem seltsamen Büro sprechen, welches ihn wie einen unlauteren Kerl aussehen ließ. Dabei war er durch und durch redlich! Allein Boris rief häufig an – anscheinend immer, wenn ihm gerade langweilig war. Und ihm musste dort oben, derart nahe an der Grenze zur Tundra, öfters langweilig werden.

Die Leitung knackste ein letztes Mal, ehe sie sich endlich klärte, und das nasale Schnarren von mürrischem Russisch drang in sein Ohr. Ah, wunderbare Heimat. Sergej schmunzelte in sich hinein. „Sei gegrüßt, Serjoscha! Was macht das Leben mit dir?“, Boris schien ausnehmend gut gelaunt, wenn er schon mit Kosenamen um sich warf. Oder aber er war betrunken. Sergej beschloss, lieber nachzufragen. „Bist du besoffen?“, erwiderte er also trocken und setzte sich an den Küchentisch. Dieses Gespräch konnte länger dauern. „Warum sollte ich betrunken sein?“, fragte Boris betont unschuldig, „Darf ich noch nicht einmal gute Laune haben?“ - „Normalerweise hast du gute Laune, wenn du jemanden halb umgebracht hast“, erinnerte Sergej seinen ehemaligen Teamkollegen und schüttelte den Kopf, lenkte sogleich vom Thema ab, „Was verschafft mir die Ehre deines Anrufs, oh großer Waldläufer?“ - „Ich habe Kekse!“

Sergej runzelte die Stirn. „Kekse“, echote er skeptisch, „Ich wage kaum zu fragen, aber – Woher?“

Boris ließ ein helles Lachen hören. „Selbst gemacht natürlich! Gut, ich geb's zu, ich habe vielleicht etwas zu viel Rum in die Rumkugeln gegeben und beim Lebkuchenrezept etwas gemogelt, weil ich keinen Anis da hatte, sondern nur Anisschnaps, aber..“

Sergej verdrehte die Augen. „Du bist betrunken“, erklärte er, und Boris ließ einen winselnden Laut hören. „Bin ich nicht! Ich habe nicht getrunken!“ Der Blondschopf schüttelte den Kopf. Okay, so wurde das nichts.

„Du willst mir nicht vielleicht die Weihnachtswoche erhellen und mir ein Keks-Care-Paket schicken, oder?“, fragte er stattdessen und erntete bloß ein amüsiertes Lachen.



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