Zum Inhalt der Seite

Das Schicksal eines Mannes

Eine magische Geschichte
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Am nächsten Tag holten Miranda und der alte Mann Owyn ab. Der Alte stellte sich als Lars vor. Nach kurzer Zeit überquerten sie den Fluss. Owyn blieb lächelnd stehen und die anderen beiden blickten ihn fragend an.

“Sie haben sich gewaschen.”

“Wer?", fragte Miranda verwirrt.

“Die Männer die mich und Ronan überfallen haben.”

“Wie kommst du denn jetzt darauf?”

“Frag lieber nicht.”

Gerade als sie weiter gehen wollten, sprang der Anführer der Wegelagerer auf den Weg.

“Wer seid ihr”; fragte Lars den Mann.

“Was wollt ihr?", fragte Miranda.

“Habt ihr es auf mich abgesehen?", fragte Owyn.

“Ich möchte nur euer Geld.", sagte der Mann und zog sein Schwert. Die Drei machten keine Anstalten ihm ihr Geld auszuhändigen.

“Ihr tragt immer noch keine Waffe, junger Freund.", sagte der Anführer zu Owyn.

“Ihr habt Recht. Ich sollte mir tatsächlich eine Waffe zulegen.”

“Händigt mir euer Geld aus.”

“Es ist höchst unklug einen Magier anzugreifen”, meinte Miranda gelassen. Lars stimmte ihr wortlos zu.

“Einen Magier?", fragte der Wegelagerer ungläubig.

“Ja.”, bestätigten Lars und Miranda. Der Mann trat blitzschnell einen Schritt vor, ergriff Mirandas Handgelenk und zerrte sie zu sich. In Owyn grünen Augen war ein funkeln zu sehen.

“Lass sie los! Sofort!", sagte Owyn bestimmt.

“Ihr müsst mir nur euer Geld geben und schon ist sie wieder frei.", antwortete der Mann und hob sein Schwert an Mirandas Kehle. Als sie immer noch nichts taten, verstärkte der Mann den Druck auf sein Schwert. Miranda verzog ihr Gesicht und ein kleines Blutrinnsal lief ihr den Hals hinab. Owyn ballte die Hände zu Fäusten und schloss die Augen. Plötzlich zerfiel die Klinge des Wegelagerers zu Staub. Dieser ließ Miranda los und starrte fassungslos auf das Heft, das er in Händen hielt. Miranda lief zu Owyn und Lars. Augenblicklich sprangen die anderen Beiden Wegelagerer aus einem Busch hinter den Drei. Sofort wirbelte Owyn herum und trat einen Schritt vor. Er kniete sich nieder, legte die Handfläche auf den Boden und schloss wiederum die Augen. Sofort fing die Erde an zu beben. Lars, Miranda und die drei Männer stürzten zu Boden. Angsterfüllt krochen die Wegelagerer ins Gebüsch. Das Beben wurde schwächer und hörte kurz darauf auf. Owyn kippte zur Seite und lag keuchend am Boden. Mit besorgtem Blick ging Miranda zu ihm.

“Owyn? Owyn was ist denn? Geht es dir nicht gut?", fragte sie ihn.

“Was ist? Ist er verletzt?", fragte Lars verwirrt.

“Nein.", antwortete Owyn immer noch keuchend.

“Geht es wieder?", fragte Miranda und half ihm sich aufzusetzen. Owyn nickte.

“Gut dann können wir ja weitergehen, bevor diese Kerle wiederkommen”, meinte Lars.

“Sie werden bestimmt nicht wiederkommen. Wir machen hier kurz rast, damit Owyn sich ausruhen kann.", entgegnete ihm Miranda. Nach einer kurzen Rast gingen sie weiter. Die Drei kamen nur langsam voran, da Owyn sehr erschöpft war. Als es dämmerte hatten sie gerade die Ruinen Idars verlassen.

“Wir sollten uns einen Schlafplatz suchen, bevor es völlig dunkel ist.", sagte Miranda. Owyn stimmte ihr zu.

“Zwischen Bato und den Ruinen gibt es weder Wald noch einen Berg. Es ist eine Ebene, die sehr gut zu überblicken ist.", entgegnete Lars.

“Dann können wir auch kein Feuer machen. Wir haben kein Feuerholz”, stellte Miranda fest.

“Wir haben einen Magier. Wozu brauchen wir da Feuerholz?", fragte Lars.

“Das wird nicht gehen. Ich kann zwar Feuer entfachen, aber es nicht die ganze Nacht brennen lassen. Nicht ohne Feuerholz. Selbst ein Magier ist an solche Dinge zum Teil gebunden.", antwortete ihm Owyn. Sie setzten sich ein Stück abseits des Weges ins Gras.

“Wie geht es deinem Hals?", fragte Owyn Miranda.

“Es ist nicht schlimm. Zumindest noch nicht. Ich habe meinen Beutel mit Heilkräutern vergessen. Es wird sich bald entzünden.”

“Kannst du es denn nicht heilen?”

“Nein. Es hört sich zwar seltsam an, aber meine Heilkunst reicht noch nicht aus um mich zu heilen. Sich selbst zu heilen ist weitaus schwieriger, als andere zu heilen.”

“Soll ich es mal versuchen?”

“Das ist nicht deine Magie. Du bist ohnehin erschöpft.”

“Es geht schon wieder. Ich habe es ein bisschen übertrieben. Aber ich sollte es schaffen. Außerdem ist es eine kleine Wunde.”

“Lass es lieber. Morgen sind wir ja in Bato. Zumindest wenn wir uns beeilen.”

Owyn nickte.

“Wir haben eine menge Zeit verloren.", sagte Lars mürrisch. Miranda zuckte mit den Schultern.

“Du hast dein Geld noch”, meinte sie und legte sich schlafen. Owyn nickte wiederum und tat es ihr gleich. Am nächsten Morgen gingen sie weiter. Sie kamen zügig voran und machten nur eine kurze Rast, um etwas zu essen. Nach einigen Stunden, erreichten sie den Andagsee und das Dorf kam in Sicht. Als es dämmerte betraten sie Bato. Es war wie ausgestorben. Das Dorf lag direkt am See. Der See hatte etwa einen Durchmesser von siebenunddreißig Metern, dass klare Wasser war sehr tief, aber nur an den tiefsten Stellen konnte man den Grund nicht sehen. Ein etwa ein Meter breiter Holsteg führte, vom gras bewachsenen Ufer, etwa zwei Meter auf den See hinaus. Das Dorf selbst war knapp fünf Meter vom Ufer entfernt. Es bestand aus etwa zweidutzend Häusern, einem kleinen Marktplatz und einem Bootsbauer. Sie passierten etwa ein halbes Dutzend Häuser und erreichten dann den kleinen Marktplatz.

Lars zeigte auf ein kleines Haus am Rande des Platzes.

“Das ist mein Haus. Wir haben hier leider kein Gasthaus. Daher lade ich euch in mein Haus ein.”

Miranda und Owyn folgten ihm ins Haus. Sie betraten einen großen Raum in dessen Mitte ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen stand. An der rechten Wand befand sich ein großer Kamin. Links und rechts davon stand jeweils eine Truhe. Vor dem Kamin stand ein alter, zerschlissener Sessel. An der linken Wand befand sich eine Tür und an der, ihnen gegenüberliegenden, Wand standen zwei kleine und eine große Truhe. Lars ließ sich in den Sessel sinken und bedeutete ihnen, sich auf die beiden Stühle am Tisch zu setzen.

“Ist es um diese Zeit immer so ruhig im Dorf?", fragte Owyn verwundert.

“Nein”, war die knappe Antwort von Lars.

“Wie vernichten wir den Dämon? Hast du schon eine Idee?", fragte Miranda.

“Nein. Mir fällt nichts Brauchbares ein. Mein erster Gedanke war es, ihn zu verdampfen. Das wird aber nicht funktionieren. Ich glaube nicht, dass der Dämon in aller Ruhe abwartet, bis ich ihn verdampft habe.”

“Ja, wahrscheinlich nicht.”

Lars verließ den Raum durch die Tür an der linken Wand. Er kam mit zwei Decken zurück.

Die hier sind für euch. Ihr müsst leider hier schlafen. Vor dem Kamin ist es am gemütlichsten. Ich bin müde und ihr solltet besser auch schlafen gehen”, meinte er, gab ihnen die Decken und verließ den Raum wieder durch die Tür. Miranda öffnete die linke Truhe neben dem Kamin und tastete darin herum.

“Aha. Ich hatte Recht. Ich habe das Feuerholz gefunden.”

Sie warf ein paar Stücke in den Kamin und schloss die Truhe wieder. Mit einer Bewegung seiner Hand entfachte Owyn ein Feuer im Kamin. Beide breiteten die Decken auf dem Boden aus und rollten ein Ende zu einem kleinen Kissen auf. Dann legten sie sich hin.

“Wir hätten daran denken sollen, uns eigene Decken mitzubringen.", sagte Miranda.

“Hast du kalt?”

“Na ja, ein bisschen.”

Owyn wiederholte die Geste mit seiner Hand und das Feuer wurde größer und heller.

“Danke. Schlaf gut. Morgen überlegen wir, wie wir den Wasserdämon vernichten.", sagte sie und schloss die Augen.

“Ja.”

Owyn lag noch einige Zeit wach und dachte über den Dämon nach. Dann schlief er ein. Gerade als die Sonne aufging, schreckte Owyn aus seinem schlaf. Verwirrt starrte er auf den Kamin, in dessen innerem es noch ein wenig glühte. Dann begriff er, warum er aufgewacht war. Von draußen drangen Hilfeschreie herein. Jetzt erwachte auch Miranda.

“Was ist los? Ist es der Dämon?", fragte sie verschlafen.

“Ich weiß es nicht. Komm wir müssen nachsehen.", antwortete er ihr, erhob sich und lief zur Tür. Als er sie öffnete und hinaus auf den Marktplatz schaute, sah er eine Menschenmenge. Es waren ungefähr sechs Kinder und neun Erwachsene. Er schaute den Weg entlang und sah eine Gestalt, die vollkommen aus Wasser zu bestehen schien. Sie näherte sich unaufhaltsam der Menschenmenge. Owyn und Miranda traten aus der Tür und liefen auf die Leute zu, die immer noch um Hilfe riefen. Einige der Erwachsenen versuchten die Kinder hinter sich zu drängen.

“Was machen wir jetzt?", fragte Miranda als sie die Menge erreichten.

“Improvisieren.", antwortete Owyn ihr ratlos.

“Wer seid ihr? Ich habe euch hier noch nie gesehen.", fragte eine mutige Frau. Sie trug ein braunes, ungeschmücktes Kleid, hatte kurze, weißblonde Haare, war leicht übergewichtig und etwa im mittleren Alter. Gerade als Miranda antworten wollte, schickte die Gestalt aus Wasser ihnen eine Kaskade entgegen. Owyn hob die Hände vor sich, die Handflächen auf die Wasserkaskade gerichtet. Kurz vor ihnen spritzte sie auseinander. Owyn stolperte zurück.

“Ein Magier”, rief die Frau verblüfft. Sofort verebbten die Schreie. Der Wasserdämon blieb stehen. Nun konnte Owyn ihn erkennen. Seine Gestalt war menschenähnlich. Er war geschlechtslos und hatte weder Haare noch ein Gesicht.

“Er ist stark.", sagte Owyn zu Miranda.

“Und nun? Hast du schon eine Idee?", fragte Miranda mit einem Anflug von Angst in der Stimme. Owyn blickte sie an.

“Ja.”

“Und welche?”

“Zeitschinden bis mir etwas besseres einfällt. Außerdem sagtest du, dass er nur eine bestimmte Zeit das Wasser verlassen könne.”

Wieder schickte der Dämon eine Wasserkaskade los. Wie zuvor bereits, blockte Owyn sie ab. Ein lautes Gurgeln war zu hören.

“Na los doch Junge, greif ihn an”, feuerte ihn die übergewichtige Frau an. Miranda schenkte ihr einen missbilligenden Blick, den die Frau gekonnt ignorierte. Der Dämon setzte sich wieder in Bewegung.

“Owyn.", sagte Miranda drängend. Ratlos schaute er sich um.

“Owyn!", sagte Miranda lauter. Owyn wandte den Blick wieder zu dem Dämon um. Dieser hatte die Hände erhoben.

“Was hat er denn vor?”, fragte Owyn. Bevor er reagieren konnte schickte der Dämon einen großen Eissplitter los. Schnell breitete Owyn die Arme aus. Eine Linie aus Feuer zog sich um die Menschenmenge. Der Splitter wurde kleiner und schmolz. Aber das Feuer nahm Owyn die Sicht. Wie aus dem Nichts, traf Ihn eine Wasserkaskade und schleuderte ihn durch die Menge. Das Feuer verlosch. Keuchend blieb er knapp vor einer Hauswand liegen. Starr vor Angst starrte Miranda auf die Schneise, die sich in der Menge gebildet hatte. Sofort fing sie sich wieder und rannte zu Owyn. Dieser setzte sich mit mühe auf.

“Owyn! Owyn bist du schwer verletzt?", fragte Miranda und lies sich neben ihm auf die Knie fallen. Die Leute wichen an die Hauswand zurück. Wieder startete der Dämon einen Angriff. Owyn hob eine Hand um diesen zu blocken. Als das Wasser auf die Blockade traf, verzog Owyn das Gesicht. Langsam näherte sich das Wasser und drängte die Blockade zurück. Plötzlich hörte der Angriff auf. Das letzte was Owyn sah, bevor er das Bewusstsein verlor, war das der Dämon in Richtung See verschwand. Nach einiger Zeit kam er wieder zu sich. Er spürte einen stechenden Schmerz in seinem rechten Handgelenk. Owyn öffnete die Augen und sah Miranda. Sie kniete neben ihm und blickte ihn an. Als er sich umschaute stellte er fest, dass er sich in Lars Haus befand.

“Dein Handgelenk ist gerissen. Ich habe versucht es zu heilen, aber meine Heilkunst reicht nicht aus.”

Owyn sah erst Miranda und dann sein bandagiertes Handgelenk an.

“Warum nicht?”

“Ich glaube es liegt daran, dass du magische Fähigkeiten hast. Das würde erklären weshalb ich mich nicht selbst heilen kann.”

Mit Mirandas Hilfe setzte er sich auf.

“Wo ist Lars?”

“Ich habe keine Ahnung. Er ist vor kurzem weggegangen.”

“Wie lange liege ich denn schon hier? Und was ist mit dem Dämon? Hat er wieder angegriffen?”

“Du liegst hier seit etwa einem halben Tag. Der Dämon hat sich seit dem nicht mehr gerührt.”

“Ich habe ihn geschwächt.", sagte Owyn.

“Fragt sich nur, wer wen am meisten geschwächt hat.", meinte Miranda besorgt.

“Das wird sich noch zeigen.”

“Hast du jetzt eine Idee wie du den Wasserdämon besiegst?”

“Ich hätte eine.”

“Ist sie gefährlich?”

“Wie man es nimmt. Sie unterscheidet sich nicht viel von meiner letzten Idee.”

“Jetzt sag schon. Was meinst du denn?”

“Wir müssen Zeit schinden. Wenn er dann zurück ins Wasser will, halten wir ihn auf.”

“Und wie?”

“Da wird mir schon etwas einfallen.”

Ungläubig betrachtete sie ihn. Er stand auf und ging zum Tisch.

“Wie geht es eigentlich deinem Hals? Hat es sich entzündet?", fragte er Miranda. Sie betastete ihren Hals.

“Ja hat es. Aber es ist nicht schlimm. Oh! Du hast ja noch gar nichts gegessen.”

Sie ging zum Kamin und öffnete die rechte Truhe. Sie kam mit einem Laib Brot, einem Stück Käse und einem leeren Becher. Dieser füllte sich mit heißem Wasser. Miranda griff in ihre Robe und warf zwei Blätter hinein.

“Siehst du ich wusste, dass du es schaffst.", sagte Owyn stolz. Miranda blickte ihn ernst an.

“Owyn du darfst deine Hand nicht belasten. Am besten hältst du sie ganz still. Sonst könnten bleibende Schäden entstehen. Ich müsste sie eigentlich schienen, aber ich habe nichts dafür. Das Feuerholz kann ich nicht nehmen. Es ist zu dick und an manchen Stellen splittert es.”

“Ich darf meine rechte Hand nicht belasten! Ich brauche sie! Darf ich sie zumindest ein bisschen belasten, wenn sie geschient ist?”

“Ich habe nichts zum schienen und selbst wenn könntest du sie nur minimal belasten. Allerdings müsstest du dann nicht mehr so darauf achten sie ruhig zuhalten.”

“Miranda ich brauche meine rechte Hand. Du wirst sie mir Schienen müssen.”

“Tue ich gerne, aber womit denn? Verrätst du mir das?” Owyn sah sich im Raum um und stellte fest, dass es nichts Geeignetes gab. Dann blieb sein Blick an der Truhe mit dem Feuerholz hängen.

“Was genau brauchst du für eine Schiene?", fragte Owyn nachdenklich.

“Es würden schon zwei einigermaßen gerade und splitterfreie Holzstücke reichen. Worauf willst du hinaus?”

Lächelnd erhob sich Owyn und ging zu der Truhe. Er öffnete sie und nahm zwei Stücke Holz, mit seiner linken Hand heraus. Miranda kam zu ihm und schloss die Truhe wieder.

“Kannst du das Holz mit deiner Magie verändern?", fragte Miranda sichtlich verwirrt.

“Nein. Ich muss es auch nicht. Ein Bootsbauer kann Holz bearbeiten. Boote bestehen schließlich aus Holz.”

“Du hast Recht, keine schlechte Idee.", sagte Miranda und öffnete ihm die Tür. Sie verließen das Haus und gingen in Richtung Bootsbauer. Wieder fiel Owyn auf das die Straßen leer waren. Sie verließen den Marktplatz und erreichten bald den Rand des Dorfes, wo sich das Haus des Bootsbauers befand. Als sie an die Tür klopften, bekamen sie keine Antwort. Wieder klopften sie.

“Guter Mann ein Dämon klopft bestimmt nicht an eine Tür und wartet ruhig ab, bis sein Opfer die Tür öffnet. Währet ihr so gütig uns zu öffnen”, rief Owyn laut. Miranda grinste und hob die Hand um wiederum anzuklopfen. Die Tür wurde geöffnet und ein alter Mann mit grauweißem Haar und hartem Gesicht stand darin. Er war groß, hatte breite Schultern und trug eine gelbe Hose und ein offenes, weißes Hemd. Abschätzend blickte er Owyn und Miranda an.

“Weißt du Jungchen, du bist ganz schön vorlaut. Aber du hast Recht, der Dämon wird wohl nicht klopfen. Kommt.", sagte der alte Mann und schritt zur Seite um sie einzulassen.

“Nein danke. Ich möchte nur, dass sie diese beiden Holzstücke bearbeiten. Ist ihnen das möglich?”, meinte Owyn und hielt ihm die Stücke entgegen. Der Mann blickte ihn fragend an. Sie warteten ab. Zögernd nickte er und nahm Owyn das Holz aus der Hand.

“Ja natürlich kann ich das. Wie hättet ihr es denn gern?”

“Jedes muss etwa fünfzehn Zentimeter lang und drei Zentimeter dick sein.”, erklärte Miranda ihm. Der Alte nickte.

“Kommt in etwa einer dreiviertel Stunde wieder. Dann müsste ich fertig sein.” Miranda und Owyn stimmten zu und gingen wieder Richtung Marktplatz. Nach etwa einer dreiviertel Stunde standen sie wieder vor dem Haus des Bootsbauers. Dieses Mal öffnete er ihnen schon nach dem ersten Klopfen. Ohne etwas zu sagen reichte er Miranda die Holzstücke. Sie entsprachen genau ihren Maßen und ihre Oberfläche war glatt. Miranda bewunderte die Arbeit des Mannes.

“Wie viel kostet Eure Arbeit?", fragte Owyn den alten Mann. Dieser schüttelte den Kopf.

“Ich schenke es euch. Ihr habt schließlich eine menge Leben gerettet. Darunter waren auch meine Frau und mein Sohn. Ihr habt daher etwas gut bei mir. Braucht ihr sonst noch etwas?”

Owyn und Miranda schüttelten den Kopf, bedankten sich und gingen wieder zu Lars Haus. Miranda schiente Owyns gerissenes Handgelenk, was sehr schmerzhaft war. Der Dämon tauchte auch am nächsten Tag nicht auf. Miranda achtete darauf das Owyn die geschiente Hand so ruhig wie möglich hielt. Am darauf folgenden Tag flog die Tür auf und die übergewichtige Frau stand davor.

“Der Dämon kommt! Die meisten Einwohner versammeln sich auf dem Marktplatz. Wir brauchen eure Hilfe. Ihr müsst uns helfen Magier.”

Owyn blickte sie einen Moment verdutzt an.

“Wieso versammeln sie sich auf dem Marktplatz? Es gibt nur einen Weg und der führt zum See. Sie sperren sich gerade selbst ein und außerdem habe ich einen Namen und wäre dankbar wenn Ihr ihn auch verwendetet.”

Er ging an der Frau vorbei und schaute auf den Marktplatz. Als er die Menschenmenge erblickte, klappte ihm der Mund auf. Es waren etwa dreißig Männer, Frauen und Kinder. Miranda stand geschockt neben ihm. Die Menschenmenge füllte beinahe dreiviertel des Platzes aus.

“Was machen die denn alle hier? Sind die verrückt?", fragte sie Owyn.

“Nein sind sie nicht! Sie hoffen darauf, dass der Magier sie rettet!", antwortete ihr die Frau.

“Verdammt noch mal! Macht es mir nur schwer!", meinte Owyn wütend.

“Kannst du sie alle schützen?", fragte Miranda besorgt.

“Nein.”

“Wie? Aber das kann doch nicht sein! Ich sah Euch mit dem Dämon kämpfen!", sagte die Frau schockiert.

“Und Ihr saht mich verlieren. Ich kann nicht genügend Kraft mobilisieren um gegen den Dämon zu kämpfen und diese Menschen zu schützen. Wenn er an mehreren Stellen angreift, könnte es sein das mein Schild bricht.”

Die Frau sagte nichts und Miranda verlagerte nervös ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen.

“Was tun wir nun? Wir können diese Leute nicht mehr von hier fort bringen. Außerdem kannst du deine rechte Hand nicht gegen den Dämon einsetzen.", meinte Miranda verzweifelt.

“Gut.”

“Gut? Owyn bist du jetzt verrückt geworden?”

“Was? Nein so habe ich das nicht gemeint. Komm mit.", antwortete ihr Owyn und setzte sich in Bewegung. In der Menschenmenge bildete sich ein Durchgang. Sie gingen bis zum Anfang der Menge, wohin ihnen die übergewichtige Frau folgte. Owyn schaute den Weg entlang, in Richtung des Sees. Es war nichts zu sehen.

“Wo ist er? Ich dachte, dass er hier her kommt.”, fragte Owyn verwundert.

“Vielleicht ist er in den See zurück.”, mutmaßte Miranda.

“Er fürchtet sich vor dem Magier! Der Dämon ist wieder in den See zurück!”, rief die Frau, die sie verfolgt hatte. Ein lautes Jubeln hob an.

“So lange er nicht auf dem Marktplatz ist, kann ich ihn aussperren. Ich müsste nur einen Schild vor den Weg setzen und es nicht um die Menschen herum errichten.”, rief Owyn über die Jubelrufe hinweg.

“Aber er ist nicht…”, begann Miranda den Satz und verstummte. Owyn blickte sie forschend an. Der Mund klappte ihr auf und sie zeigte auf etwas. Er wandte den Blick in Richtung des Sees und erstarrte. Eine riesige Wand aus Wasser bewegte sich auf den Marktplatz zu. Jetzt verstummten auch die Jubelschreie und Panik brach aus.

“Schnell tut doch etwas!”, schrie die übergewichtige Frau, die noch immer bei ihnen stand.

“Du musst vorsichtig sein. Der Dämon ist vielleicht da drin. Kannst du uns vor dem Wasser schützen?”, fragte Miranda.

“Das meinte ich damit, dass mein Schild brechen könnte wenn der Dämon an mehreren Stellen angreift. Ich werde es versuchen.”

“Sperr ihn aus, wie du gesagt hast. Blockier einfach nur den Weg.”

“Und wenn das Wasser von oben kommt? Diese riesige Wasserwand ist ziemlich hoch.”

Owyn hob die linke Hand und hielt die Handfläche auf die Welle gerichtet. Nach ein paar Sekunden ließ er sie wieder sinken und kniete sich auf den Boden.

“Tritt zurück.”, sagte Owyn und seine außergewöhnlich grünen Augen funkelten gefährlich. Miranda sprang ein paar Schritte zurück und zog die übergewichtige Frau mit sich.

“Was hast du vor?”, rief sie ihm zu. Owyn streckte seine rechte Hand vor sich, der Verband wickelte sich ab und fiel mit den beiden Holzstücken zu Boden. Mit einer Geste seiner linken Hand, flogen der Verband und das Holz zu Miranda. Dann legte Owyn die linke Hand auf den Boden. Bevor Miranda etwas sagen konnte, begann der Boden zu beben. Das Beben wurde schnell stärker und vor Owyn riss der Boden auf. Der Spalt wurde langsam größer. Kurz bevor die Wasserwand den Spalt erreichte, hob Owyn beide Hände, die Handflächen auf das Wasser gerichtet. Das Wasser prallte gegen Owyns Schild und lief in die Spalte. Bevor das Wasser in der Spalte verschwunden war, sprang der Wasserdämon heraus. Mit einem wütenden gurgeln, drehte er sich zu der Menschenmenge um. Owyn erhob sich langsam und hielt sein rechtes Handgelenk umklammert. Der Dämon und er starrten sich an. Dann richtete der Dämon beide Handflächen auf Owyn. Dieser richtete seinerseits die linke Handfläche auf den Dämon. Gebannt blickte die Menschenmenge auf die beiden Widersacher. Owyn lächelte leicht und wartete ab, was der Dämon tun würde. Der Wasserdämon schickte eine Kaskade aus Wasser, welche gegen eine unsichtbare Mauer prallte und ihr Ziel nicht erreichte. Wieder war ein Gurgeln zu hören. Der Dämon richtete seine Handflächen gen Himmel. Owyn hob den Kopf und blickte in die weißen Wolken. Plötzlich begann der Boden zu beben. Geschockt blickte er zu Boden.

“Owyn was passiert hier?”, schrie Miranda verängstigt. Owyn drehte sich zu Miranda und sah ihr in die Augen.

“Lauf! Lauf weg von mir!”, brüllte er sie an. Miranda rührte sich nicht. Auf einmal brach ein Wasserstrahl, hinter Owyn, aus dem Boden. Dann brachen zwei weitere zwischen Miranda und ihm aus dem Boden und warfen Miranda nach hinten. Plötzlich verschwanden die Strahlen, der Dämon drehte sich um und versuchte zu fliehen.

“Du bleibst hier!”, schrie Owyn und richtete seine linke Handfläche auf den Fliehenden. Dieser prallte gegen eine unsichtbare Mauer und stürzte zu Boden. Dann konzentrierte sich Owyn und breitete die Arme aus. Ein Ring aus Feuer zog sich um den Wasserdämon. Mit einem Strahl aus Wasser löschte dieser das Feuer.

“Gut das hatte ich auch nicht erwartet.”, sagte Owyn nickend. Dann hörte er die Stimme der übergewichtigen Frau.

“Warum läuft der Dämon denn weg?”

“Er muss zurück in den See.”, antwortete die Stimme Mirandas.

“Warum denn?”

Owyn dachte nach. Warum musste der Dämon eigentlich zurück ins Wasser? Der Dämon kämpfte gegen die Blockade an, die Owyn errichtet hatte und die ihn von dem See trennte. Kurz darauf drehte er sich wieder zu Owyn um, der Gedankenversunken, die Handfläche auf den Dämon gerichtet, dastand. Der Wasserdämon nutzte diese Gelegenheit und feuerte einen Eissplitter auf Owyn ab.

“Vorsicht!”, schrie Miranda in Panik. Owyn versuchte noch auszuweichen, doch er reagierte zu spät und der Splitter bohrte sich in seinen rechten Oberarm. Von der Wucht des Aufpralls, fiel Owyn nach hinten. Mit einem Schmerzensschrei landete er hart auf dem Boden. Der Dämon versuchte noch einmal zurück zum See zu laufen, doch die Barriere blockierte nach wie vor den Weg. Owyn stand mit schweißüberströmtem Gesicht wieder auf. Aus der Wunde, in der noch immer der Splitter aus Eis steckte rann Blut. Wieder drehte sich der Wasserdämon zu Owyn um. Beide standen da und blickten sich an. Dann fiel es Owyn ein. Er trocknet langsam aus. Das ist der Grund, weshalb er in den See zurück will. Erde. Aber meine Kräfte reichen dazu nicht aus. Nicht mehr.

“Miranda ich brauche deine Hilfe. Bitte.”, keuchte Owyn. Miranda stellte sich an seine rechte Seite und legte die Hände auf seinen blutenden Arm.

“Nein. Das meine ich nicht. Ich brauche einen Teil deiner Kraft.”

“Wie mache ich das?!”

“Gib mir deine Hand.”

Sofort ergriff sie Owyns rechte Hand. Dieser keuchte und zuckte zusammen.

“Tut mir Leid.”, sagte Miranda mit Tränen in den Augen. Owyn schloss seine Augen. Er stand reglos wie eine Statue da. Ein leichter Wind hob an. Owyn öffnete die Augen und hob die linke Hand neben sich. Dann ballte er sie zu einer Faust und richtete sie ruckartig auf den Dämon, der immer noch bei der Barriere stand und Owyn ansah. Eine Wolke aus Sand traf den Wasserdämon. Ein lautes Gurgeln hob an und verebbte. Mirandas Knie gaben nach und sie stürzte zu Boden. Als sich der Nebel aus Sand gelegt hatte, war der Dämon verschwunden. Mit einem lächeln auf den Lippen, brach Owyn zusammen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück