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Return to Gaia

von

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IX - El Ermitano - Der Eremit

Ist es ein Traum oder ist es Wirklichkeit? Inzwischen hat sich mein Leben normalisiert und auch meine besten Freunde sind so gut wie verheiratet. Ich bin mit meinen Freundinnen auf dem Weg zur Hochzeit. Unwillkürlich bekomme ich eine Vision, die ich nicht hatte kommen sehen. Yukari stellt mich zur Rede und will das ich wieder zu meinem geliebten Van zurückkehre. Das wäre ja nicht allzu schlimm, doch urplötzlich erscheint in der Kirche vor allen Augen eine Lichtsäule. Panik bricht aus. Ein Guymelef, mit einem unheimlichen und unbekannten Piloten nimmt mich in seine Fänge und verschwindet so schnell wie er gekommen ist. Auch Van merkt, dass etwas nicht stimmt. Er spürt, dass ich Angst habe und will mir zu Hilfe kommen. Merle hält ihn auf und zu recht. Sie sehen die Lichtsäule die langsam zu verschwinden droht. Van weiß nicht, was er tun soll. Er ist wie Zwiegespalten.
 

Als sie erwachte fühlte sie sich wie gerädert. Sie versuchte ihre schmerzenden Glieder zu strecken aber irgendwie gelang ihr das nicht so richtig.

Deshalb öffnete Hitomi etwas benommen ihre Lider und setzte sich mühsam auf der alten Pritsche auf. Kaum hatte sie versucht sich ein wenig zu orientieren, entwich ihr ein kurzer Aufschrei des Entsetzens. Sie sah an sich runter und musste ihre Angst runterschlucken. Ihre Handgelenke lagen in Fesseln und mit ihren Füssen schien es sich nicht besser zu verhalten.

Sie begann mit aller kraft an ihren Fesseln zu zerren, wand sich hin und her und versuchte alles um aus ihrer misslichen Lage zu kommen. Dennoch blieb ihr Versuch ohne Erfolg.

Nach einer Weile spürte sie die wundgescheuerten Handgelenke mit jedem weiteren Ziehen.

Sie achtete nicht darauf und versuchte es weiter und weiter.

Noch ein letztes Mal bäumte sie sich unter ihren Fesseln auf, doch dann gab sie es mit einem tiefen Seufzen auf. Es brachte doch eh nichts. Sie war einfach zu schwach und außerdem ein hilfloses, kleines Mädchen.

Sie war geliefert, wem auch immer.

Wieso hatte man sie überhaupt hergebracht? Wegen ihren Visionen?

Wenn ja, hatten diese sie wieder einmal in ein mächtiges Schlamassel gebracht. Hitomi hatte keine Ahnung wieso, aber ihre vorherige Angst war verschwunden und hatte stattdessen einer unendlichen Wut Platz gemacht. Wieder fing sie an wie wild um sich zu schlagen und sie spürte, dass es nicht unbedingt gut für ihre Verletzungen war.

Schlagartig änderte sich auch ihre Stimmung wieder und sie hörte langsam auf, doch dabei sammelten sich Tränen in ihren Augen. Sie war wieder in Gaia und Jetzt..?!

Sie musste fast kichern über ihre eigene, lächerliche Situation. Es war ja auch wirklich zu lächerlich.

Wie oft hatte sie sich gewünscht noch ein letztes Mal in dieses fremde Land zurückzukehren?! Zu oft, als das sie es aussprechen konnte.

Nun rannen die Tränen und sie versuchte nicht mal sie irgendwie zurückzuhalten.

Nun war sie wieder da aber was machte das schon?! Niemand wusste von ihrer Rückkehr, von ihrem Schmerz, ihrer Pein außer natürlich ihren namenlosen Entführern.

Im Augenblick hatte sie einfach nicht die Kraft darüber nachzudenken was ihre Kidnapper mit ihr anstellen wollten. Im Moment weinte sie einfach. Ohne große Gedanken zu verschwenden, weinte sie still und leise, ohne das es irgendjemand mitbekam.

Und im Stillen war sie sehr froh darüber.
 

„Ich versteh das nicht!“

Zornig vergrub Van seine Hände in seinem Haar, während er fast bemitleidenswert und gleichzeitig beängstigend auf der Lichtung kniete. Sein Kopf sank plötzlich gen Boden und dann biss er seine Zähne zusammen. Plötzlich fiel er vornüber und stützte sich mit beiden Händen auf der Erde ab.

Merle beobachtete ihn mehrere Meter entfernt, versteckt hinter einem Baum in spürbarer Sicherheit.

Sie konnte es nicht ertragen ihn so zu sehen, trotzdem wagte sie es nicht einen Schritt näher zu treten. Gerade eben hatte er vollkommen die Kontrolle verloren. Die Wiese war restlos zerstört und sie wusste nicht ob es nochmal geschehen würde.

Würde er wissen, wer sie war, wenn er noch einmal den Verstand verlor?

Sie wollte es um keinen Preis herausfinden.

Auch wenn er diesmal nicht mehr in Escaflowne steckte, war er noch genügend wütend, genügend gefährlich, dass es nichts machte ob er jetzt einen gigantischen Guymelef steuerte oder eben nicht.

Aber dann sah sie etwas, das ihre Meinung unwillkürlich veränderte.

Tränen schimmerten in den Augenwinkeln ihres besten Freundes und sie weitete augenblicklich ihre Augen, als diese auf den Boden tropften. Fast wie Ferngesteuert bewegten sich ihre Beine nun wie von selbst.

Jetzt stand sie direkt vor ihm und es traten ihr selber Tränen in die Augen, doch sie hielt sie tapfer zurück. Dafür war im Moment wirklich kein Platz. Später war noch reichlich Zeit dafür.

Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und dann als Merle gerade noch einen Schritt näher treten wollte, stoppte sie seine unerkennbar resolute Stimme: „Komm nicht näher!“

Unbewusst zuckte sie zusammen. „Komm nicht näher… bitte, Merle. Tu mir diesen einen Gefallen und verschwinde am besten. Im Moment kann ich wirklich keine Nähe ertragen.“

Wortlos krallte sie ihre Finger in die Haut und für einige Sekunden blieb sie einfach stehen.

Und zuerst wollte sie auch gar nicht auf ihn hören, aber dann dachte sie an das letzte Mal als sie nicht auf ihn gehört hatte.

Es war furchtbar gewesen. Sie hatte richtige Angst vor ihm bekommen. Sie, vor ihrem besten Freund – welchen sie schon seit Geburt auf kannte.

Merle wollte ihm helfen aber er anscheinend nicht. Unverletzt endete es damals nicht. Es war nichts Schlimmes und Merle hatte ihm auch sofort verziehen, nachdem er sich reuevoll entschuldigt hatte.

Doch von dieser Erfahrung wusste sie jetzt, dass es besser war auf ihn zu hören, wenn er so drauf war.

Eine kleine Schnittwunde an der Wange, blieb ihr als permanente Erinnerung.

Langsam drehte sie sich um und verschwand wieder in den Wald. Das hatte sie wirklich nicht leichtfertig getan. Es war besser so. Für ihn und auch für Merle.

Van wollte alleine sein und sie verstand das. Immerhin war sie in gewisser Weise seine nie gekannte Schwester. Noch ein letztes Mal flog ihr Blick nach hinten und ein unschuldiges Lächeln huschte über ihre Lippen. Sie freute sich wenn Hitomi wieder da war. Van brauchte Hitomi und nur Hitomi konnte ihren Van wieder zurückholen. Ein gewisses, unbekanntes Gefühl sagte ihr, dass es nicht mehr lange dauern würde und dem war sie sich auch ziemlich sicher. Es machte sie traurig, dass nicht sie es sein durfte, die ihm helfen konnte, aber Hitomi war nun einmal seine einzig große Liebe.

Keine andere konnte ihm helfen. Nur sie allein bedurfte es zutun.
 

Van war froh, dass sie weg war. Jedenfalls konnte er sie unter seinem Tränenschleier nicht mehr erkennen. Er war nicht wütend, weder auf sich selbst noch auf jemanden anderen. Im Moment ganz sicher nicht und ändern wollte er dies auch nicht.

Es würde sich nicht ändern aber nur um auf alle Fälle zu gehen. Das letzte Mal war es zwar nicht plötzlich geschehen, trotzdem wollte er sie nicht in seiner Nähe haben, besonders nicht in seinem jetzigen Zustand.

Er war mehr als durcheinander und für wirklich alle, außer ihm vielleicht, eine Gefahr für seine mittelbare Umgebung. Nie mehr würde er jemanden, seinetwegen in Gefahr bringen. Wie etwa Merle vor nicht allzu langer Zeit. Er würde sich das nie verzeihen können. Aber sie hatte ihm so schnell verziehen und tat so als wäre nie etwas geschehen. Er wusste nicht ob er sich selbst vergeben würde, wäre er an ihrer Stelle gewesen.

Langsam drehte Van sich um, so dass er nun auf dem Rücken lag. Seine Augen fixierten die Erde und wahrscheinlich unbewusst streckte er den Arm nach ihr aus, als wollte er nach etwas greifen. Nichts als bloße Luft umfassten seine nackten Hände.

Seine Tränen rannen noch immer, wollten nicht aufhören und damit ließ er seinen Arm langsam sinken. Es brachte nichts, seine Kraft war nach seinem Nervenzusammenbruch völlig vertilgt. Alles was er noch tun konnte, war in Selbstmitleid zu versinken.

Aber eins verstand er nicht, so sehr er es auch versuchte es zu verstehen.

Van konnte nicht mehr zu ihr. Er wollte es, diesmal wollte er es wirklich, aber es funktionierte nicht mehr. So sehr er sich auch anstrengte - es erschien keine Lichtsäule mehr vor seinen Augen. Ob er mit Escaflowne, oder mit seinen Flügeln flog, es sich so sehr wünschte wie lange nicht mehr, es tat sich nichts. Niemand schien ihn zu erhören.

Er war König, oder nicht?! Wieso durfte er dann nicht zu ihr?

Van verstand es einfach nicht.
 

Ihre Tränen waren schon seit einer Weile versiegt.

Schon lange dachte sie nach was sie jetzt tun sollte, aber sie hatte nicht die geringste Ahnung.

Hitomi konnte nicht entkommen. Die Fesseln waren so fest angemacht, dass es ihr in die Haut schnitt wenn sie stärker daran zog. Daraus fand sie nur eine Lösung. Lautlos musste Hitomi seufzen.

Alles was sie jetzt in diesem Moment machen konnte, war warten. Nichts als Warten blieb ihr in dieser Situation, der Gedanke daran machte es nicht leichter. Schon der Gedanke, ließen ihr Tränen in die Augen aufsteigen. Es war zum heulen!

Ja, das war es wirklich, sie wusste ja nicht einmal wo sie sich gerade befand, aber noch einmal würde sie sich nicht die Blöße geben. Das schwor sie sich still und heimlich.

Da vernahm sie plötzlich ein Geräusch -Schritte- die sich ihr näherten.

Ihre Ohren spitzen sich, bevor eine Gänsehaut sie durchfuhr. Hitomis Augen stierten konzentriert auf die hölzerne Tür, welche sie dort im dunklen Raum ausmachen konnte. Einzig ein winzig, kleines Fenster mit eisigen Gittern, spendete ihr ein wenig Licht in der Finsternis. Doch was sich da oben befand, konnte sie nicht sagen. Es war einfach zu dunkel und keine Sonne schien rein.

Äußerlich war sie ganz ruhig, aber innen sah es ganz anders aus.

Hitomi atmete nicht, konnte nur ihr wild schlagendes Herz hören und natürlich die Schritte. Sie kamen immer näher. Jeden Moment war es soweit, da war sie sich ziemlich sicher.

Sie zitterte immer mehr und instinktiv drückte sie sich noch dichter an die Matratze.

Dann hörte sie das Drücken des Türknaufs und sah mit eigenen Augen wie die Tür langsam geöffnet wurde. Aber vielleicht kam ihr das auch nur so vor.
 

Hitomi konnte nichts tun als ihrem gegenüber verängstigt in die Augen zu sehen. Sie war wie gelähmt, was auch egal war. In den Fesseln konnte sie so oder so nichts ausrichten.

„Na, auch endlich wach, Mädchen vom Mond der Illusionen!“ zischte ihr gegenüber sie an, erkannte aber sofort die weibliche Stimme. Auch wenn es eine Frauenstimme war, klang sie recht kühl und nicht sehr Freundlich.

Wieder durchfuhr Hitomi ein eisiger Schauder.

Gut, jetzt war etwas ziemlich klar. Sie befand sich auf Gaia, so wurde sie nämlich nur hier genannt und nur hier kannte man sie unter diesem Namen.

Sie war sich aber auch ziemlich sicher, dass ihr gegenüber nicht wirklich erfreut über ihren widerwilligen Besuch war. Das stellte sie nur an der Stimme fest. Hitomi konnte nämlich nur Umrisse der Gestalt vor sich erkennen.

Noch immer hatte sie keinen Ton von sich gegeben und Hitomi glaubte, dass es die andere nicht nur ein wenig störte. „Könnt ihr Leute da auch sprechen, wo du herkommst?!“

Auch wenn Hitomi Angst hatte, wollte sie sich das nicht auf sich sitzen lassen. Sie hatte nicht nur Hitomi beleidigt, sondern dabei die ganze Menschheit der Erde und das auch noch in diesem herablassenden Tonfall.

Kurz räusperte sie sich um wütend drauf los zu fauchen: „Wer will das wissen?!“

Anscheinend fand sie das auch noch lustig. Belustigt kicherte sie und es klang weder süß noch freundlich, eher grausam. „Hab ich dich etwa wütend gemacht“, da hörte Hitomi ein Geräusch und dann konnte sie schon den Atem an ihrem gefährlich nahe spüren. „Nicht sehr vorteilhaft in deiner Situation, findest du nicht?“

Hitomi biss ihre Zähne zusammen. Sie wollte keine Schwäche zeigen, was wirklich schwierig in ihrer Lage war. „Was willst du?“ ignorierte Hitomi ihre vorherige Frage.

Hitomi bemerkte wie sich die Frau vor ihr entfernte und sich wieder gerade hinstellte. „ Um ehrlich zu sein will ich gar nichts von dir. Wenn es nach mir ginge, wärst du schon lange nicht mehr unter den Lebenden, “ meinte sie fast wie in einem beiläufigen Ton, aber eben nur fast.

„Wieso lebe ich dann noch?“ Sie seufzte genervt.

„Sag mal hörst du nie zu oder bist du einfach nur dämlich!“ Sie legte eine kurze Pause ein. „Wie schon gesagt, wenn’s nach mir ginge, wärst du schon lange Geschichte. Aber er möchte dich eben lebendig sehen, sehr zu meinem Bedauern.“

„Er?“ fragte Hitomi plötzlich unbeabsichtigt.

„Den wirst du schon noch früh genug kennenlernen, aber im Moment musst du nichts über ihn erfahren…“ Gerade als sie weiter sprechen wollte, unterbrach Hitomi sie, was die Unbekannte ungemein ärgerte.

„Und wieso bin ich überhaupt hier? Wieso habt ihr mich gefangen genommen?“

„Wollt ich grade sagen, wenn du mich nur nicht so einfältig unterbrochen hättest!“

Hitomi zog scharf die Luft ein, als sie erkannte, dass die unbekannte Frau wohl ziemlich wütend darüber war.

„Wieso du genau hier bist, weiß noch nicht mal ich zu diesem Zeitpunkt genau. Alles was ich Weiß, dass du zu schwach für ihn bist. Sehr zu meinem Leideswesen soll ich dich trainieren, “ sagte sie kalt und ich hörte wie sehr es sie aufregte.

„Trainieren, wozu?“ Hitomi wusste nicht woher ihr Mut die ganze Zeit kam. Sie unterhielt sich als wäre diese Frau nicht jemand, der sie umbringen wollte.

„Na um stärker zu werden, warum denn sonst.“

Doch da kam Hitomi die Frage, worin sie den stärker werden sollte. „Und was wenn ich mich weigere?“

Aus den Augenwinkeln konnte sie eine Bewegung wahrnehmen und da spürte Hitomi bereits eine kalte Hand, die sich um ihren Hals legte.

Noch drückte sie nicht fest zu, doch das konnte sich ja noch ändern.

„Kannst du dir das nicht denken?“, sagte die Frau höhnisch und grinste dabei amüsiert. Wieder konnte es Hitomi nur erkennen, weil sie wieder so nahe war.

Wenn sie nicht wieder in so eine gefährliche Lage gelandet wäre, hätte sie gelacht.

Na super, tolle Aussichten blieben ihr da. Entweder der Tod oder Training den sie nicht kannte und auch nicht wusste für wen sie das tun sollte. Aber da klang die zweite Variante wesentlich besser, um einiges besser.

Für einige Sekunden schloss Hitomi die Augen. Sie wusste nicht was sie erwartete, aber sie war nicht bereit zu sterben. Sie war in Gaia und irgendwo hier befand sich der Mann ihrer Träume, so idiotisch es auch klingen mag. Heute würde sie nicht sterben und auch in nächster Zeit nicht. Yukari würde sie umbringen wenn sie jetzt einfach aufgab. Ihre beste Freundin machte sich sicher Sorgen, also musste sie weitermachen, so schwer es auch werden mag. Hitomi würde kämpfen…

Und dann öffnete sie voller Entschlossenheit ihre grünen Augen. „Also gut, Einverstanden.“

Mit Erleichterung spürte Hitomi wie der Griff um ihre Kehle verschwand. „Sehr gut“, meinte die Unbekannte und diesmal klang es ehrlich erfreut. „Dann muss ich dich nicht mit unmöglichen Dingen dazu nötigen.“ Hitomi wollte gar nicht wissen, was für Dinge sie meinte. Sie konnte es sich vorstellen und wollte keine Einzelheiten. „Da wir sicher für mindestens ein Jahr zusammen arbeiten – und ich ehrlich gesagt noch nicht weiß für wie lange wir ab jetzt zusammen geschweißt werden – möchte ich mich dir vorstellen.“

Da erstrahlte plötzliches etwas helles und warmes neben ihrem Bett. Erstaunt sah sie zu der Lichtquelle und musste belustigt feststellen, dass es nur eine einfache Kerze war.

Nun auf der Erde zündete man selten Kerzen an, deshalb war es für sie auch so überraschend gekommen. Weiter kam sie nicht, da ertönte auf einmal fast freundschaftlich die Stimme der Frau: „ Ich bin Luca, eine von den Kommandanten hier, also musst du dir bei mir keine Sorgen machen, dass du nichts lernen könntest.“

Sprachlos sah Hitomi nun direkt in pechschwarze Augen. Sie wusste nicht wie viel Male es heute jetzt waren, aber wieder überfiel sie ein Schauder.

Plötzlich war es als wurde ihr etwas in ihrem Innern klar.

Es waren die gleichen Augen, dieselben die sie bei ihrer Entführung gesehen hatte, dieselben die ihr eine Heidenangst eingejagt hatten und sie jetzt in diesem Moment ansahen. „Du warst es, stimmt’s?“

Luca hob ihre Augenbrauen. „Ich verstehe nicht.“

„Ich meine, du warst es. Du hast den Guymelef gesteuert, der mich entführt hat.“ Luca schüttelte den Kopf. „Tut mir leid dich enttäuschen zu müssen aber das war nicht ich.“ Was? Sie war es nicht, aber…

„Aber wer dann?“ rutschte es Hitomi harsch über die Lippen.

„Mein Bruder war es. Wir sind Zwillingsgeschwister und haben dieselben Augen, das hast du sicher schon bemerkt. Ursprünglich sollte auch ich es sein, die dich holen sollte aber ich bekam frühzeitig eine Mission. Ich bat ihn, das für mich zu übernehmen…“

„Und er willigte ein..“

„Ja.“ Hitomi schwieg und beobachtete zum ersten Mal ihre Gegenüber genauer. Auch wenn es dunkel war, konnte sie erschreckend viel erkennen.

Sie konnte nicht sagen, dass sie etwas Bestimmtes erwartet hätte, aber das ganz sicher nicht. Zuerst hatte sie nur auf die Augen geachtet und so den Rest völlig ignoriert, doch jetzt sah Hitomi sie genauer an und musste feststellen… Luca war heiß!

Das musste sie zugeben, auch wenn sie solche Sachen normalerweise nicht sagte, vor allem nicht zu einer Frau, die nicht sehr viel älter als sie selbst war.

Vor allem auffallend war ihr hüfte langes, feuerrotes Haar, welche sie zu einem hohen Zopf zusammen gebunden hatte. Dagegen wirkte ihre Kleidung nun doch recht einfach. Eine weite, grüne Hose und braune Lederstiefel schmückten ihr Antlitz, welches sie mit einem weiteren, auch in grün gehaltenem Top vervollständigte. Dieses reichte ihr nur bis knapp zum Bauchnabel und brachte ihren Busen schön zur Geltung. Alles in allem sah Luca richtig militärisch aus, dennoch war ihr Outfit recht stylisch.
 

„Ich werde jetzt die Fesseln entfernen“, sagte sie wieder in diesem Kühlen Ton. Ihre Freundlichkeit war gänzlich verschwunden, was Hitomi ein wenig schade fand.

„Und wage es ja nicht wegzulaufen, du wirst es sowieso nicht schaffen!“

Hitomi spürte zuerst Luca‘s kalte Hände, hörte dann ein raschelndes Geräusch und ein paar Sekunden später, lagen ihre Gliedmaßen endlich frei ohne schweres Gewicht am Körper.

Erleichtert seufzte sie auf.

„Auf dem Tisch liegen ein paar Habseligkeiten. Wir wollen ja auch nicht, dass du uns verhungerst, außerdem brauchst du etwas Kraft für dein erstes Training nachher!“ Dann konnte Hitomi die schwere Tür zuknallen hören. Es kümmerte sie nicht, oder sie war eher beruhigt. Diese ganze Unterhaltung hatte lange genug gedauert.

Langsam versuchte sie sich aufzusetzen und bereute es schon von der ersten Bewegung an. Ihr ganzer Körper schmerzte.

Wie lange musste sie gelegen haben um solche Schmerzen zu haben?

Sie wusste es nicht und im Grunde war es ihr Egal.

Auf wackligen Beinen nahm Hitomi den Kerzenhalter aus Eisen in die Hand und schwenkte vorerst vom einen Ort zum anderen. Es war ein relativ bescheidener Raum. Die kleine Pritsche besaß eine Strohmatratze, nicht sehr bequem aber wenigstens kein harter Boden auf dem Hitomi schlafen musste. Neben diesem stand ein Nachttisch und gegenüber diesem konnte Hitomi einen kleinen Tisch entdecken.

Sie hob den Kerzenständer ein wenig zum Fenster. Was sie da sah, brachte sie nicht weiter.

Sowie es aussah befand sie sich innerhalb eines dichten, unbekannten Waldes. In der Nähe war das Plätschern eines Flusses zu hören.

Die Gegend kannte sie nicht. Hitomi konnte sich nicht erinnern hier je gewesen zu sein.

Langsam wandte sie sich ab und bewegte sich schon sicherer auf den Beinen zum kleinen Tisch. Dort legte sie den Kerzenhalter neben dem ganzen Kram ab und studierte den Plunder gründlicher. Neben einem Tablett Nahrung stand ein Bündel Kleidung.

Auf dem Tablett stand ein Becher Wein, ein hartes Stück Brot und eine Schüssel, die mit einer Suppe gefüllt war. Erst jetzt bemerkte sie, wie viel Hunger sie tatsächlich hatte.

Hitomi löffelte die Schüssel komplett aus, tunkte dabei das Brot in die Suppe, damit sie überhaupt abbeißen konnte und trank dann vorsichtig den Wein aus.

Fertig gespeist, lief sie rückwärts auf das Bett und setzte hin sich nachdem sie auf die Bettkante stieß.

Merkwürdig. Erst jetzt wurde es ihr richtig klar.

Ab jetzt würde es nie mehr so sein wie früher, es sei denn jemand kam ihr zur Hilfe und rettete sie, aber daran zweifelte sie stark.

Das hieß ab heute würde sich ihr Leben beträchtlich verändern. Tag für Tag musste sie sich von altem, vielleicht auch verfaultem Essen ernähren und hausen wie im Mittelalter. An sich wäre das ja nicht allzu schlimm, wenn bloß Van oder einer ihrer anderen Freunde da wäre. Doch diese wussten ja noch nicht einmal, dass sie hier in Gaia war. Es gab also keine Rettung für sie.

So, wusste sie nicht wie sie das alles bewältigen sollte, warum sie es meistern sollte. Sie war allein, ganz allein. Würde man sie nicht sowieso umbringen?!

Wozu hatte man sie sonst hergebracht? Irgendwann würde sie so oder so sterben. Aber es wäre so feige von ihr, hier und jetzt einfach aufzugeben. Das wusste sie selbst und doch fürchtete sie sich vor der nahen Zukunft. Hatte sie sich vorhin nicht geschworen nicht aufzugeben!

Und doch hegten sie nun solche Selbstzweifel. Sie machten Hitomi solche Angst!

Was geschah nach diesem Training? Was sollte sie für diese Leute tun, was war ihre Aufgabe?!

Wenn diese Aufgaben nur einen ihrer Freunde verletzten, dann wollte sie lieber Aufgeben! Es war einfach nur verrückt und doch konnte sie nichts ändern. Sie war zu schwach, wie Luca gesagt hatte. Vielleicht war sie zu einem späteren Zeitpunkt stärker und darauf musste sie festhalten…

Wieder stand Hitomi auf, stellte sich vor den Tisch und fuhr mit den Fingern über ihre vermutlich permanentes Outfit. Es bestand aus einem hellblauen Kimono, welcher ihr gerade Mal bis zu den Oberschenkeln reichte und aus einem blutroten Gürtel. Dazu gab es schwarze Stiefel, die ihr knapp unter die Knie reichten.

Hitomi sah noch ein letztes Mal ihr Kleid an. Noch immer trug sie dasselbe wie auf der Hochzeit. Es war ein wenig schmutzig, aber nicht allzu schlimm, wenigstens hatte es kein Loch oder derartiges. Es war ihr einziges Erinnerungsstück an die Erde und alles was damit zusammen hang.

Seufzend zog sie es sich aus und drückte es sich eng an die Brust.

Das einzige was ihr von der Erde geblieben war. Sie würde gut auf das Kleid aufpassen. Hitomi musste das tun. Sie würde es sich nie verzeihen, wenn man es ihr wegnahm.

Die Schuhe hatte man ihr scheinbar entrissen, aber das war auch egal. Die Schuhe waren unwichtig, sie hätten hier auf Gaia nur gestört.

Resigniert legte sie ihr Kleid neben dem Bündel und zog sich an.

Nach einigen Minuten war sie fertig und als hätte Luca genau darauf gewartet, öffnete sie die Tür. Fragend sah Hitomi ihre baldige Lehrmeisterin an. „Schön, dass du klug genug warst deine neue Kleidung anzuziehen. Folge mir bitte, wir werden mit dem Training anfangen, “ sagte Luca mit einem seltsamen lächeln auf den Lippen.

Hitomi zog noch einmal die Luft ein und folgte ihr dann schweigend.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  CatariaNigra
2013-07-28T23:50:19+00:00 29.07.2013 01:50
Bin gespannt, wie es weiter geht <3 wirklich ein spannendes Kapitel, freue mich auf mehr.
Von: abgemeldet
2013-07-02T08:14:45+00:00 02.07.2013 10:14
Auch dieses Kapitel hat mir gefallen. Ich bin schon ganz neugierig wer wohl hinter Hitomis Entführung steckt.


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