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Return to Gaia

von

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II - Zwei der Kelche

Ist es ein Traum oder ist es Wirklichkeit? Als wir Pallas verlassen, stelle ich mich an die Rehling und geniesse den Ausblick. Doch kurze Zeit später kommt auch schon Merle. Sie wirft mir Dinge vors Gesicht, die mich zum Nachdenken verleiten. Als ich zu Van gehe, sehe ich mit Schrecken sein gestörter Anblick nach meiner und Allen’s Umarmung. Ich versuche ihn zu trösten. Und als wir in Fanelia ankommen, bekomme ich erst richtig mit, dass er jetzt König ist. Die Menschen lieben ihn.

Dank einer oder mehreren Sitzungen, muss ich das neuerbaute Fanelia alleine besichtigen. Ich verspreche Van bald wieder zurück zu sein. Doch durch eine unerwartete Wendung trinke ich mit ein mir bekannten Leuten und vergesse die Zeit. Als Merle uns findet, ist sie stocksauer. Erst als Van mich sehnsüchtig umarmt, verstehe ich, dass ich nun eine Verantwortung zu tragen habe.
 

Hitomi brauchte einige Tage, bis sie Merle’s Vertrauen wieder voll bekam. Niemals am Tag hatte sie ohne Van den Palast verlassen dürfen und wenn nur mit ihr als Begleitung. Sie hing ihr wie eine Klette und keine Sekunde verliess sie ihre Seite, ausser einige wenige Male. Wenn sie zum Beispiel auf die Toilette musste oder wenn sie ihre Zeit mit Van verbrachte.

Langsam war es ihr wirklich unheimlich geworden.

Zumindest in der Nacht durfte sie alleine schlafen, obwohl es da auch eine Kleinigkeit gab, die wichtig zu erwähnen war. Sie hatte es eher durch Zufall rausgefunden, als sie in der Nacht plötzlich das dringende Verlangen verspürt hatte etwas zu essen.

Das war ihr auch verweigert worden. Als sie die Tür öffnen wollte, war sie abgeschlossen und sie musste seufzend festellen, dass ihr nichts anderes übrig blieb als wieder ins kuschlige Bett zu gehen.

Merle war sogar das erste was sie sah, wenn sie aufwachte – klar, wenn sie nicht warten konnte, bis sie aufwachte und Hitomi bereits weckte, wenn noch nicht mal die Sonne aufgegangen war.

Sie gewöhnte sich nie daran und der tägliche, halbstündige Trainingskampf ging ihr auch tierisch auf die Nerven. Auch weil ihr ständiges Verlieren ihre Stimmung am morgen früh nicht besser machte.

Doch dann eines Tages wachte sie durch die sanften Sonnenstrahlen auf, die ihr ins Gesicht schienen. Zuerst hatte sie sich nur augenreibend aufgesetzt, doch dann war ihr klar geworden das etwas nicht stimmte.

Als sie nach Merle rief, tauchte stattdessen Sae ihre Zofe in ihrem Zimmer auf. Sie meinte nur Fräulein Merle warte auf sie unten am Frühstückstisch und half ihr dann beim anziehen ihres blauen, trägerlosen Kleides, (welches sie vor ein paar Tagen gekauft hatte) und frisieren ihrer Haare, welche sie offen in leichten Locken trug. Ihr Gesicht war dezent geschminkt, passend zum Outfit.
 

Hitomi ging mit Sae die Treppe hinunter in den ersten Stock und dann rechts einen langen Gang entlang. Zwei junge Frauen, die ihnen entgegenkamen grüssten freundlich.

An den Fenstern, an denen sie vorbeikamen, schauten sie in einen grossen Garten mit üppigen Blumenbeeten, summenden Bienen und singenden Vögeln.

Sie gingen an vielen Türen, gerahmten Ölgemälden und antiken Schränken voller ledergebundenen Bücher vorbei, bis sie endlich beim Esszimmer ankam.

Sae öffnete ohne Worte die Tür für sie und Hitomi trat mit mulmigem Gefühl ein. Der Saal, in den sie traten, war vollständig mit dunklem Holz getäfelt, so ähnlich wie das Haus ihrer Grosseltern in den Bergen, kam es ihr plötzlich in den Sinn.

Schnell verflüchtete sich der Gedanke, als sie Merle bereits in beiden Händen mit Essen bewaffnet, am Mahagoni-Tisch endteckte und diese sie mit vollem Mund begrüsste.

Hitomi setzte sich ihr gegenüber und meinte nur grinsend: „Mit vollem Mund spricht man nicht,“ bevor sie selbst etwas Milch in ihre Tasse einschenkte.

„Wer sagt das?“ schmatzte sie und Hitomi verstand kein Wort davon.

„Wie bitte?“

Die Katzenfrau schluckte alles mühsam herunter und wiederholte es diesmal verständlich.

„Ist das im allgemeinen nicht bekannt?“ stellte die braunhaarige die Gegenfrage.

„Egal. Ich habe etwas wichtigeres mit dir zu besprechen,“ sagte sie und sah ihr ernst in die Augen.

Auch Hitomi’s Gesicht verhärtete sich. „Ja?“

„Es ist so; heute Abend kommt Besuch und sagen wir du hast eine nicht unbedingt unwichtige Aufgabe darin.“ Hitomi seufzte auf.

„Was! Soll ich jetzt etwa auch noch servieren und kochen.“ Sofort gabs ein Klaps auf den Kopf.

„Natürlich nicht, du Idiot,“ Merle verdrehte die Augen. „ Wieso solltest du das tun? Wir haben hier Personal, schon vergessen?“

Ein peinlicher Ton entwich ihr. Merle sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen und hervorgehobenem Mund angeberisch an.

Schliesslich fuhr sie fort: „ Du bist ein Gast heute Abend und Van hat mir vorgetragen dich hübsch anzuziehen und dir Manieren beizubringen.“ Schlagartig hob sich eine ihrer Augenbrauen.

„Du!“ dabei betonte sie das Wort beabsichtigt stärker. „Willst mir Manieren beibringen?“ Dabei zeigte Hitomi auffallend auf sie, als das Katzenmädchen wieder ein Stück Fleisch zwischen den Zähnen anknabberte.

„Was willst du damit sagen,“ regte sie sich prompt auf und sah sie mit einem tödlichem Blick an.

„Naja,“ sagte Hitomi zuerst ein wenig zögernd. „Du hast bisher nicht mit einer allzu königlichen Art überzeugt, eher zum Gegenteil.“

„Das ist unhöflich. Nur, weil ich keine Lust habe mich wie eine Dame zu verhalten,muss das nicht heissen, dass ich nicht anders kann.“ Hitomi fand sie klang ein bisschen wie ein quengelndes Mädchen, dass nicht bekam, was sie wollte. Sie spürte wie ein Grinsen sich auf ihr Antlitz schlich.

Die Stirn des rosahaarigen Mädchens runzelte sich wütend und ihr Grinsen wurde breiter.

„Jedenfalls solltest du gut frühstücken; dir steht ein hartet Tag bevor!“ versuchte Merle das Thema in eine andere Richtung zu lenken, Hitomi gewährte es ihr innerlich kichernd.

„Noch härter als sonst,“ tönte ihre Stimme stattdessen höhnisch.

„Ja,“ meinte Merle leicht lächelnd, etwas geheimnisvolles zeichnete sich in ihrem Gesicht ab. „Dank mir wird es für dich nicht nur eine Höllenqual, sondern schlimmer.“

„Juhui,“ grummelte die braunhaarige leise und begann etwas Konfitüre auf ihr Stück Brot zu streichen. Sie beendete damit das Thema und genoss die Zeit die ihr noch blieb.
 

Nach etwa eineinhalb Stunden stand Hitomi inmitten von Stoffen, Kleider, Nähmaschinen, Schneiderpuppen, Scheren und Garnrollen; in einer Nähstube. Eine simpathisch aussehende, schlanke Frau mit üppigem rotblondem Haar, sah ihr lächelnd entgegen. Merle stand direkt neben der Frau, welche sie im mittleren Alter schätzte, wahrscheinlich fünfunddreissig bis vierzig.

„Willkommen,“ sagte sie mit einem unüberhörbaren Akzent. „Du musst Hitomi sein. Ich bin Adrienne und kümmere mich um deine Garderobe.“ Sie hielt ein Massband in die Höhe.

„ Schliesslich können wir dich heute Abend nicht so herumlaufen lassen, nicht wahr?“

Hitomi sah stirnrunzelnd an sich herunter. „Was stimmt denn nicht?“

„Wahrscheinlich würdest du eine, im schlimmsten Fall, Latrinenparole um ganz Gaia anzetteln und alle Augen würden sich auf König Van richten,“ sagte sie.

„Das ist jetzt echt übertrieben, so schlimm sehe ich auch nicht wieder aus und wenn doch, was solls, sollen sie tratschen!“

„S-Sie sollen tratschen! Wenn doch jeder nur so denken würde, wie du Schätzchen! Nein,Hitomi das bedeutet nicht nur ein Gerücht, dass sich ausbreitet, sondern auch unser Land und damit unser König, der beschmutzt wird.“

„Gut,“ seuftzte Hitomi und fuhr sich durch die Haare. „Ich verstehe trotzdem nicht, wieso ich nicht auch so gehen kann. Zaubern sie mir eine hübsche Frisur und ich werde… akzeptabel aussehen.“

„Akzeptabel! Keiner der durch meine Tür gekommen ist, darf es (akzeptabel!) wieder verlassen,“ sagte sie und betonte ein bestimmtes Wort besonders.

Hitomi nickte geschlagen. „Wie sie wollen, ich wollte damit nur sagen, dass sie es auch leichter haben könnten…“

„Das möchte ich auch gar nicht. Ich arbeite in diesem Beruf, so halte ich mich am Leben und nehme gerne schwierige Aufträge an, am liebsten vom König selbst – nun indirekt, muss ich dieses Mal sagen,“ unterbrach sie Hitomi harsch.

Hitomi machte eine einladende Geste auf sich selbst. „Dann nur zu, wenn’s ihnen Spass macht.“

Adrienne kam ihr näher und schlang das Massband um ihre Taille. „Sehr Schön. Und jetzt die Hüften. Gut, perfekt. Oh, ich denke damit lässt sich was machen.“

Sie betrachtete ein zartgelbes Kleid mit weisem, durchsichtigem Spitzenbesatz, das an einem Kleiderständer hing, während Adrienne auch um ihren Hals und Kopf das Massband legte. Adrienne wirbelte um sie herum, als sie endlich Abstand nahm und etwas auf ein Dokument schrieb, (höchstwahrscheinlich ihre Masse).

„Fürs erste bist du entlassen,“ sagte sie als sie das Dokument auf einen mit Stoffen bedeckten Tisch legte. „Bis später, meine Süsse.“

Hitomi lächelte und erwiderte: „ Bis später, Adrienne.“
 

Blitzschnell hatte Merle ihren Arm gepackt und zerrte sie aus dem Zimmer in den obersten Stock. Hitomi liess schweigend mit sich machen, da sie schon an ihre Art gewöhnt war – ausserdem hatte sie wirlklich schon viel schlimmeres durchgemacht.

Sie fielen in einen Laufschritt und Hitomi hatte Mühe dem Katzenmädchen im gleichen Tempo zu folgen. „Wir sind gleich da.“

Wieder erstreckte sich ein endlos langer Korridor vor ihnen. Hitomi war es ein Rätsel, wie man sich in diesem Labyrinth auskennen konnte. Sie hatte es gerade einmal geschafft von der Eingangstür zu ihrem Zimmer und dann auf die Toilette zu gehen ; ohne sich zu verlaufen. Natürlich verirrte sie sich wie in einem Irrgarten trotzdem jeden einzelnen Tag, seit sie hier war.

„Wo gehen wir hin?“

„Ganz nach oben,“ sagte Merle indem sie grinsend auf die Decke zeigte. „Ich bringe dich zu Mr. Coith. Du wirst bei ihm alle Fragen beantwortet bekommen. Van hatte das schon lange persönlich mit dir geplant, aber noch keine Zeit gefunden. Da heute dieses Treffen ansteht, findet er du solltest zumindest das wichtigste von Gaia wissen und gleichzeitig kannst du auch fragen stellen, wenn du

möchtest.“

„Ich verstehe nicht genau, was so wichtig an diesem Treffen ist. Wer wird da sein?“ Merle lachte.

„Tut mir leid, werde ich dir nicht sagen. Du hast mich heute früh gereizt, nun selbst Schuld, frag jemand anderen. Falls jemand überhaupt noch etwas von diesem Treffen weiss.“ Hitomi blieb stehen.

„Merle!“ Sie drehte sich überrascht um, als ihre Freundin nicht mehr neben ihr stand.

„Das kannst du doch nicht machen!“

„Wieso nicht?“ Das Katzenmädchen tat so, als ob sie wirklich nicht die geringste Ahnung hatte. Das war doch verrückt. Man schickte zu einer Schneiderin und würde sie noch, was weis sie schon noch wohin bringen und dann wollte Merle ihr noch nicht einmal erzählen, was für Leute das waren! Das war verrückt und Van hatte sie auch seit Stunden nicht mehr gesehen. Wo war er? Was hatte das zu bedeuten?

„Ernsthaft, Merle! Ernsthaft!“ Merle tat als ob sie Hitomi nicht hörte und lief einfach weiter.

Hitomi hob verständnislos die Hände und sagte: „Ernsthaft jetzt?“

Nachdem Merle links um die Ecke verschwand, flüsterte sie es nocheinmal zu sich selbst und rannte ihr dann grummelnd hinterher.
 

Den Rest des Weges lief es ruhig und relativ gelassen zwischen ihnen her. Ausser der gleichmässigen Schritteund das Gepfeife der Katzenfrau war beinahe nichts zu hören. Hitomi seufzte genervt auf, aber sie riss sich zusammen und sagte nichts.

Merle riss so wie sie nun mal war die Tür auf und die Person darin schien nicht im geringsten überrascht, anscheinend kannte er sie schon. Die Person war anscheinend Mr. Coith und er stutzte sie ein wenig zurecht. Hitomi war überrascht, wenn nicht sogar geschockt – nicht, dass er sich traute sich gegen Merle zu stellen (die Jahre hatten sie zu einer reifen, einschüchternden Person gemacht) sondern, dass sie Respekt vor ihm hatte und das war für Hitomi wirklich etwas neues. Ausser bei Van schien sie sich vor nichts und niemanden etwas sagen zu lassen, aber er war anscheinend eine Ausnahme. Hitomi wusste nicht wieso.

Obwohl; sie musste zugeben er hatte etwas spezielles an sich. Er war etwas anderes, was sie erwartet hatte. Als sie den Namen gehört hatte, war ihr insgeheim ein weiser, vielleicht etwas seniler, alter Mann in den Sinn gekommen. Man sollte nicht zu schnell urteilen, sagte man doch oder?

Er war gross und hatte kurzes braunes Haar, definitiv war er nicht viele Jahre älter als sie. Auch konnte sie kräftige Muskeln erkennen, die sich unter seinem dunklen Shirt abzeichneten. Als er im Stuhl hinter dem Mahagonitisch aufstand und in ihre Richtung hinsteuerte, spürte sie augenblicklich wie sie die Luft einzog und den Atem anhielt.

Was war das?

War sie nicht seit Jahren in Van verliebt? Aber verdammt sie musste zugeben von nahem sah er noch besser aus. Er hatte glühend blaue Augen, die einem sofort ins Auge stachen. Wieso hatte sie die nicht eher bemerkt? Noch nie im Leben hatte sie Augen wie diese gesehen. Er musste tausend Verehrerinnen haben.

Er streckte ihr die Hand hin und lächelnd hob er eine seiner Augenbrauen.

„Was?“ Sie fühlte sich wie ein Idiot und bemerkte, dass er fast einen ganzen Kopf grösser war als sie.

Merle lachte laut und sie fühlte eine Ader auf ihrer Stirn pulsieren.

„Ich sagte; du musst Hitomi sein und ich freue mich dich kennenzulernen. Ich bin Noan Coith, aber bitte nenn mich Noan, ist mir lieber.“

„Nenn ihn Mr. Coith,“ rief Merle kichernd dazwischen.

Er seufzte tief und er machte ein gespielt gequältes Gesicht. „Tu das bitte nicht, dabei fühlte ich mich immer so alt.“ Er sah sie bittend an.

„Das bist du ja auch,“ sagte Merle und liess sie nicht ausreden.

„Stimmt doch gar nicht,“ sagte er und dabei klang er wirklich nicht wie ein alter Mann, eher wie ein Teenager; höchstens.

„Stimmt doch! Wie weise du bist,“ grinste sie. Er lachte beinahe verlegen.

„Du übertreibst.“

„Also gibst du doch zu, dass du alt bist.“ Gleich darauf bekam sie einen Klaps auf den Kopf und sie lachte vergnügt. „Ich liebe es dich zu ärgern.“

Er lächelte schelmisch und umarmte sie kurz. Hitomi konnte nur erstaunt allem zusehen.

So ein Verhalten hatte sie noch nie bei ihr gesehen – ausser natürlich bei Van – es erfüllte Hitomi mit Freude. Sie war froh, dass Merle jemand anderes auch noch gefunden hatte, bei dem sie sie selbst sein konnte.

Danach verabschiedete sich Merle blitzschnell um Hitomi noch zuzurufen, dass sie in zwei Stunden wieder hier sein würde und sie ihr bis dann noch viel Spass wünsche.

Innerlich verdrehte Hitomi die Augen.
 

Als sie wieder Noan’s Blick begegnete lächelte er zufrieden und wies auf ein Sofa in der Nähe der Fenster. Die Sonne schien hell herein und sie konnte Kinder draussen spielen sehen.

Sonst gab es einen Kamin, in dem wahrscheinlich Nachts Feuer brannte und ausser seinem Arbeitstisch, erkannte sie noch Bücherregale und- schränke ringsherum sowie einladend aussehende Ohrensessel, einen kleinen Tisch und das breite Sofa, auf dem sie jetzt sassen.

Sie spürte sofort, dass ihre anfangs schockierende Verlegenheit mit dem vorherigen Gespräch verschwunden war und sie war froh deswegen.

„Sicher hast du jede Menge Fragen,“ sagte Noan. „Ich werde dir sie beantworten so gut ich kann.“

„Einen Moment,“ unterbrach sie ihn etwas zögerlich. „Um was geht es hier eigentlich? Wo von sollte ich fragen haben?“ Er hob die Augenbrauen.

„Was soll das heissen? Hat man dir nichts gesagt?“ Sie schüttelte hilflos den Kopf.

„Nein, ich weiss so gut wie gar nicht, was das heute alles soll und wer wichtiges heute Abend zu Besuch kommt.“ Er lachte auf.

„Das ist aber nicht gut, Hitomi. Heisst das ich muss dir nun alles bis aufs kleinste Detail erklären?“

Sie bewegte hektisch die Hände. „Mach dir keine Umstände, das nötigste an der Geschichte reicht.“

Seine Lippen formten ein Schmunzeln. „Du bist mir ja eine.“

Er sah kurz auf die Decke, als ob er über etwas nachdachte. „ Ich mag dich.“

Sie musste schmunzeln. „Gut.“

„Trotzdem, ich frage dich noch einmal: hast du im Moment gerade Fragen, die dich quälen?“

Auch Hitomi sah in Gedanken auf die Decke und erkannte ein Muster in das Holz geschnitzt, das ziemlich alt aussah. Vielleicht vom alten Palast. Konnte das sein?

„Woher kennst du Merle?“ fragte sie, weil es die erste Frage war, die ihr in den Sinn gekommen war.

Er grinste. „Wir sind … Sandkastenfreunde.“ Er zögerte mit der Antwort. „Ich kenne Van und Merle fast schon seit ich denken kann. Meine Familie arbeitet schon sehr lange für die Königsfamilie, so waren auch mein und sein Vater so etwas wie beste Freunde. So haben auch wir die Tradition fortgesetzt und natürlich weiss ich auch einige Dinge über dich.“

„Über mich?“

„Natürlich. Immerhin warst du es, die Vans’s Welt auf den Kopf gestellt hatte.“ Hitomi wurde unbewusst rot. „Trotzdem verstehe ich nicht, wieso ich dich vor fünf Jahren nicht getroffen habe.“

„Verständlich. Zu diesem Zeitpunkt war ich mit meiner Mutter Verwandte besuchen und habe erst später von dem Unglück erfahren. Dabei ist auch mein Vater gestorben.“

„Das tut mir Leid,“ sagte Hitomi und sie meinte es wirklich so.

„Ist schon gut,“ winkte er ab. „Inzwischen habe ich es gut verkraftet und bin dabei sein Erbe fortzusetzen.“

„Erbe?“ fragte sie.

„Ich wünsche mir Van bei seinem Lebensweg so gut helfen zu können wie es geht und alle Mysterien und unerklärliche Dinge in Gaia aufzuklären.“ Hitomi schwieg auf Weiteres.

„ Gibt es noch etwas, was du wissen möchtest?“Sie biss sich auf die Lippen, weil ihr eine Frage in den Sinn gekommen war, von der sie nicht wusste ob sie in Ordnung war.

„Ist schon gut. Du kannst mich fragen was du willst.“ Überrascht sah sie hoch in sein freundliches Gesicht und seufzte. „ Es gibt da etwas, a-aber wenn du meinst das ist privat musst du es mir nicht sagen,“ sagte sie schnell. Er nickte ihr still zu um ihr mitzuteilen, dass sie fortfahren sollte.

„Ging es Van sehr schlecht nach dem ich ging?“ Ihr drehte es der Magen um, wenn sie an die vielen Alpträume dachte, welche sie anfangs schmerzlich heimgesucht hatten. Meistens über ihn, dass er sie verliess, dabei war es anders herum gewesen. Wie sehr hatte er gelitten?

Er sah ihr unentwegt in die Augen und sie musste den Blick abwenden.

„Es ging ihm mit jedem weiteren Tag schlechter und es wurde einfach nicht besser. Auch wenn er seine Pflichten erfüllte, habe ich gesehen, dass er nicht glücklich war. Ich habe mir gewünscht etwas tun zu können, doch alles was ich tun konnte war ihm zu sagen, dass wenn du ihn liebst du wieder zurück kommen würdest. Und du bist zurück gekommen.“

Sie starrte auf die holzgetäfelte Wand und war Sekunden darin versunken.

„Etwas spät,“ sagte sie dann leise vor sich hin und merkte nicht einmal, dass sie es laut aussprach.

„Besser spät als nie,“ war seine Antwort und Hitomi sah ihn überrascht an, als Noan sie aus den Gedanken riss. „Es mag vielleicht Jahre gegangen sein, aber du bist zurück gekommen. Das ist das einzige was zählt.“

Ihr Blick wurde trauriger. „Was wenn ich dir sage, dass ich gar nicht sicher bin ob ich gekommen wäre, wenn ich nicht entführt worden wäre?“

„Liebst du ihn?“ sagte er nach einer nachdenklichen Pause und Hitomi konnte gar nicht reagieren. „Ich frage dich, Liebst du ihn?“ Langsam verstand sie die Frage und Hitomi sagte: „Ja, von ganzem Herzen.“

Er lächelte und sie bekam den Eindruck, dass er Van wirklich liebte. „Dann spielt es keine Rolle. Denk nicht darüber nach, was hätte sein können und was nicht. Wie gesagt, das einzige was zählt, ist, dass du zurückgekommen bist.“ Plötzlich verhärtete sich sein Gesicht. „Ich kenne dich noch nicht und da ich weiss, dass du schon jetzt fester Bestandteil in Van’s Leben bist, möchte ich, dass du auch mich besser kennen lernst...“
 

Aufeinmal klopfte es an der Tür und vor Schreck sprang Hitomi auf und bat denjenigen hinter der geschlossenen Tür hinein. Fast gleichzeitig schämte sie sich, als sie Sae mit einem Tablet in der einen Hand erkannte, und setzte sich wieder.

Noan machte einen übberaschten Ton. „Ich habe doch gar nichts in der Küche bestellt, du musst die falsche Tür erwischt haben, Mädchen.“

Hitomi sah wie rot Sae im Gesicht wurde, als sie zu ihnen sah. „D-Das ist das richtige Zimmer, mein Herr. Fräulein Merle hat mich geschickt um Tee und Kekse vorbei zubringen.“

Noan stand auf und ging auf sie zu. Sofort zuckte sie zusammen und Hitomi dachte, dass sie ihn wohl auch für einen gutaussehenden Kerl hielt.

Er nahm ihr Das Tablett ab und stellte es auf den kleinen Tisch vor dem Sofa. „Sag Merle bitte vielen Dank und nenn mich Noan. Ist ja nicht so, als ob ich viel älter wäre als du.“

„In Ordnung,“ sagte sie scheu und strich sich eine verlorene Strähne aus dem Gesicht.

„Wie ist dein Name, wenn ich fragen darf? Ich habe dich hier noch nie gesehen.“

„Ich bin Sae, m-mein He…, Noan.“ Er lächelte ihr freundlich zu und es schien sie nur noch mehr zu verwirren. Langsam stand auch Hitomi auf und stellte sich neben die beiden.

„Ja, sie ist meine Zofe und ist hier auch neu. Ich glaube vorher hat sie in Asturia gearbeitet, nicht?“ Fragend blickte Hitomi sie an. „Ja, das stimmt. Um genau zu sein habe ich vorher auf einem Hof in der Nähe der Hauptstadt gearbeitet.“

„Ach ja?“ sagte Noan. „Bei wem, wenn ich fragen darf? Vielleicht kenne ich ihn ja.“

„Bei Sir Kevan, Noan.“

„Oh,“ stiess er überrascht aus. „Der Name sagt mir nichts.“

„Kein Wunder. Er ist nicht sehr reich noch besitzt er grosses Land, doch er war sehr freundlich zu mir und allen anderen.“

„Nun gut,“ er klatschte wie zum Abschluss in die Hände. „Das ist genug. Wir sollten uns jetzt unterhalten, Hitomi. Alleine.“ Dabei sah er sie an und dann wieder auf ihre Zofe.
 

Sae ging wieder und dann setzten sich die beiden wieder hin um etwas Tee einzuschenken. Hitomi nahm die Tasse in beide Hände um sich etwas aufzuwärmen.

Noan wartete darauf, bis sie ihn ansah und fuhr fort: „Ich glaube ich wollte gerade, dass wir uns besser kennenlernen und bitte Hitomi erzähle es nicht weiter. Kann ich dir vertrauen?“

Er sah ihr fest in die Augen und er meinte es wohl wirklich ernst, dass sie die Tasse absetzte und langsam nickte.

„Van liebt dich, hast du das verstanden, Hitomi.“ Sie musste hart schlucken. „Deswegen bitte geh nie wieder. Ich bitte dich, wegen Van. Er darf nicht wieder verletzt werden und wirst du es tun, ich schwöre dir... du wirst leiden.“

Hitomi’s Herz schlug so schnell und schmerzhaft, dass ihre Lippen anfingen zu zittern.

Auf einmal weitete er fast überrascht die Augen und dann schüttelte er ungläubig den Kopf.

„Tut mir leid. Ich scheine dich geängstigt zu haben, dass wollte ich nicht. Ich wollte es dir nur sagen, bevor wir mit dem wichtigen Stoff anfangen.“ Er rieb mit der Innenfläche seiner Hand denKopf.

Wäre sie allein gewesen, hätte sie geweint, oder geschrien, vielleicht auch beides. Er hatte sie nicht nur geängstigt, sondern zu Tode erschreckt.

Sie hatte seine Reaktion gesehen. Sie hatte seinen Hass gegen sie in seinen Augen gesehen. Nicht nur Abneigung - Hass, weil sie gegangen war,ohne auch nur Van’s Gefühle zu bedenken. Es tat ihr furchtbar leid, aber sie konnte nichts Ungeschehen machen.

Sie fragte sich, was er mit dem richtigen Stoff meinte. Denn das war für sie schwer genug gewesen. Sie konnte sich nichts vorstellen, was sie mehr erschüttern könnte.
 

Anscheinend meinte Noan mit wichtig, langweilig.

Wäre Hitomi auf der Erde in ihrer Universität in der sie studierte, würde sie die nächste Stunde eine Geschichtsstunde nennen. Er erzählte ihr die Geschichte Gaias, welche Götter sie hier verehrten und was es für Sitten gab. Als die Stunde vorbei war, fielen ihre Augen beinahe zu und sie musste sich anstrengen nicht zu gähnen. Es war nicht so, dass sie sich nicht dafür intressierte, aber einiges hatte sie schon gehört und auch bei ihrem letzten Besuch in Gaia mitbekommen.

Als sie sich zum zigsten Mal wieder Tee einschenken wollte, war die Kanne leer. Sie seufzte und lachend teilte er ihr mit, dass ihre Qual nun ein Ende hatte.

Verlegen kratzte sie sich am Hinterkopf. „So schlimm war es auch wieder nicht. Es ist nur, dass ich einiges schon gehört habe.“

„Ach ja?“ fragte er verwundert. „Wieso hast du mir denn nichts gesagt? Ich hätte es kürzen können.“

„Habe ich wohl vergessen,“ sagte Hitomi. In Wahrheit hatte sie sich nicht getraut ihn zu unterbrechen.
 

Als nächstes schickte er sie zurück zu Madame Adrienne. Natürlich dauerte es einige Zeit, bis sie endlich das gewünschte Zimmer fand. Als Hitomi ankam, war sie gerade dabei anzuklopfen als sie grob am Arm gepackt wurde und hinter Merle hergezogen wurde.

„H-Hey! M-Merle! Sollte ich nicht zu Adrienne?!“ beklagte sie sich lautstark und zwang das Katzenmädchen stehen zu bleiben. Wütend starrte Merle sie mit ihren blauen Augen an.

„Sagt wer?! Soweit ich weiss hat Van mir deine Tagesplanung überlassen.“

„W-Was?“ fragte Hitomi, doch da wurde sie auch schon weiter gezogen und sie konnte sich den Rest selbst ausdenken. Innerlich seufzte sie und dann befanden sie sich im grössten Badezimmer des Palastes. Das Badezimmer des Königspaares, aber im Moment gehörte es einfach nur Van. Der Raum war geräumig, in sehr dunkel gehaltenen Tönen, kaum das man eintrat, sprang einem die ovale Badewanne sofort ins Auge. Sie war aus dunklem Holz angefertigt, mit schönen eingeschnitzten Ornamenten verziert und stand auf einem Podest. Blickte Hitomi nach rechts, entdeckte sie zwei riesige Spiegel. Der Fussboden war im Schachbrettmuster verlegt worden und war natürlich auch aus Holz.

Man hatte heisses Wasser in die Badewanne eingelassen und ihr geholfen, sich auszuziehen, bis kein Stück Stoff an ihrer Haut hing. Sie wurde purpurrot und schaute die ganze Zeit auf den Boden. Sie musste sich eingestehen, dass das hier nun mal so war, wenn man in einem Königshaus wohnte. Merle war schnell wieder verschwunden und hatte ihr mitgeteilt, dass Adrienne später noch kommen würde.

Sie schloss beinahe sofort die Augen und sank wohlwollend in das Wasser. Sie vergass alles um sich herum, sogar dass sie von vier Frauen beobachtet wurde, die sich einfach nicht vertreiben liessen. Ein Leben hier in Gaia war manchmal wohl echt mühsam, dachte sie als mit der Zunge über ihre Lippen strich.

Dann fühlte sie, wie sie müder wurde und tiefer in das Wasser sank. Sie spürte, wie sie langsam in eine Art Trance verschwand, halb wach, halb im Schlaf.

Hitomi spürte, wie man ihren Körper lautlos wusch und sie versuchte nicht aufzuwecken. Sie war dankbar dafür und dann kam es unwillkürlich, so schnell, dass sie es fast nicht bemerkte.

Hitomi seufzte im Halbschlaf.

Sie war in der Hölle, dachte sie, schon wieder war sie in der Hölle gelandet. In ihrer eigenen, kleinen Hölle namens Vision.

Es war still und dunkel, genau, wie sie es hasste. Dann hörte sie eine helle Stimme, die eines unschuldigen Kindes. Sie klang ihr ungemein bekannt und gleichzeitig erinnerte sie sich nicht, wann sie die Stimme gehört haben sollte. Sie drehte sich um, dort wo sie meinte, die sanfte Stimme zu hören, aber Hitomi sah nur Dunkelheit. Dann ertönten die leichten Schritte eines Kindes. Sie hörte, wie er begann zu rennen. Auf einmal spürte sie das ziehen ihres Kleides, dass sie anhatte. Überrascht entdeckte sie den kleinen Jungen neben sich. Er hatte smaragdgrüne Augen, die sie unschuldig und lächelnd ansahen. Sein hellbraunes Haar war zerzaust, fast als ob er gerade aufgestanden war und dann sagte er etwas, was sie mehr als alles andere schockte und sie wusste nicht mal wieso.

„Schwester.“
 

Dann war es vorbei und ihre Augen waren weit offen. Hitomi’s Herz schlug so schnell, beinahe wie ihr Atem und einzig, weil Sae sie besorgt ansah, zwang sie sich zu beruhigen.

„J-Ja?“ sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen. „Was ist?“

„I-Ich wollte dich gerade nur wecken. Du musst aufstehen, Fräulein Adrienne erwartet dich.“ Hitomi glaubte, sie schien nichts zu merken und in Gedanken seufzend, stand sie auf und liess sich abtrocknen.

Im schwarzen seidenen, Bademantel erschien sie durch eine weitere Nebentür vor Adrienne.

Diese machte einen gespielt überraschten Ton. „Da bist du ja Hitomi.“
 

Zwei stunden später nahm Adrienne ihre Hand und führte Hitomi vor den grossen Wandspiegel. Adriennes Augen leuchteten vor Begeisterung.

Auf den ersten Blick konnte sie sich kaum wieder erkennen. Das lag vor allem an den normalerweise glatten Haaren, die zu unzähligen Locken gedreht wurden und dann hochgesteckt, um mit der ganzen Pracht sanft auf der Seite runterzufallen, so dass ihre Korkerzieherlocken auf ihre nackte Schulter fiel. Der dunkelrote Farbton des gigantischen Kleides, liess sie noch blasser wirken, als Hitomi ohnehin schon war, aber sie sah nicht krank aus, sondern strahlend.

Sie hörte ein fröhliches Kichern und drehte sich überrascht um, als sie Merle entdeckte.

„Und?“ fragte Hitomi. „Was meinst du?“

Mit lautlosen Schritten kam sie ihr näher, bis sie nur noch eine Armlänge entfernt stand. Merle nahm einer ihrer Locken zwischen Zeige- und Mittelfinger und drehte sie leicht.

„Wie eine echte Prinzessin,“ sagte sie. „So bist du es wert neben Van zu stehen.“

Hitomi konnte nicht verhindern, dass sie bei den Worten leicht rot um die Wangen wurde.

Merle lächelte liebevoll. „Komm,“ sagte sie nach einer kurzen Pause. „Wir müssen weiter.“

„Noch mehr?“ empörte sie sich und pulsterte sich ganz leicht die Wangen auf.

Merle lachte laut. „Damit gehst du schon wieder nicht als Prinzessin durch.“

„Ist doch egal,“ meckerte sie. „Was kommt als nächstes?“

„Nichts. Ich bringe dich zu Van, wie er es mir gesagt hat.“ Die rothaarige strich sich eine verlorene Strähne aus dem Gesicht, während sie die vielen Stockwerke hinunter liefen. Dabei sah sie nicht, wie Hitomi unwillkürlich anfing nervös zu werden und mit ihren Fingern rumspielte.

Was Van wohl heute getan hatte? Wo war er überhaupt gewesen?

Ob sie ihm so wohl auch gefiel? Liess sie sein Herz genau so höher schlagen wie er ihres?

„So, wir sind da,“ brachte die Katzenfrau sie aus ihren unsinnigen Gedanken und klopfte an der Tür vor der sie standen. Sie waren im vierten Stock eines Nebengebäudes des Palastes gelandet und Hitomi war hier noch nie gewesen.

Als niemand antworte, noch die Tür öffnete, machte es Merle selbst. Aber niemand war im Zimmer. Hinter Merle schaute sie neugierig an ihr vorbei um ein leeres Arbeitszimmer zu entdecken. Sie sah einen Kamin in dem Feuer lichterloh brannte, jemand musste hier also gerade noch gewesen sein. Auch sah sie einige Regale, die vollgestopft mit dicken und alten Büchern waren. In der Mitte nahe der Fenster, stand der Arbeitstisch mit einem prächtigen Ledersessel.

Merle ging einige Schritte in das Zimmer und sah sich um, Hitomi machte es ihr gleich.

„Van scheint noch nicht hier zu sein, also wieso wartest du nicht hier, bis er kommt?“ Hitomi hob die Augenbrauen. „Er kommt hierher?“

„Ja,“ meinte Merle. „Wieso klingst du so skeptisch? Immerhin ist das sein Arbeitszimmer.“

Sie war überrascht. „Das wusste ich nicht.“

„Um ehrlich zu sein, Hitomi, du weisst so einiges nicht und ich bin sicher in Noans Arbeitszimmer hättest du auch nicht gedacht, es wäre seins.“

Sie zögerte. „Naja, nicht so ganz…“

„Dann warte einfach hier und warte.“ Dann war die Tür zu und sie war alleine in diesem Zimmer. Es war komisch sich Van in diesem Zimmer vorzustellen, vorallem arbeitend. Es war überhaupt komisch sich Van als König vorzustellen und es war merkwürdig, hier zu sein und dieses Kleid zu tragen. Sie lief mehrmals um das Zimmer und merkte, dass sein Duft in der Luft lag. Sie sog ihn mit geschlossenen Augen ein und nach einer Weile wurde ihr langweilig. Sie sah sich die Dokumente auf dem Tisch an und konnte nichts sonderlich intressantes entdecken, bis sie sich die Bücher auf dem Regal ansah. Es war der Name eines Buches, der ihren Blick fing. Schneewittchen.

Ein Klassiker in ihrer Zeit. Aber das sollte es hier in Gaia nicht geben.

Gaia war nicht die Welt in der dieses Buch entstanden war.
 

Auf einmal wurde sie aprubt aus den Gedanken gerissen, als sie die Tür knarren hörte. Überrascht drehte sie sich um. „Van?“

Er machte einige Schritte auf sie zu.

„Du bist hier,“ sagte sie und lächelte freudig.

„Du siehst..“ er stockte und sah sie von Kopf bis Fuss an. „Unglaublich aus.“

Sie bedankte sich, bevor sie sich von ihm umarmen liess. Es war gut seine Nähe zu spüren. Ihr war der Tag vorgekommen, fast wie ein halbes Jahrhundert - ohne ihn ging die Zeit einfach nicht um.

„Sagst du mir jetzt, für wen das alles ist?“ sagte sie und zeigte dann auf sich, nachdem sie sich wieder gelöst hatten. Er schaute verwirrte.

„Hat Merle dir nichts gesagt?“ Hitomi schüttelte hilflos ihren braunen Schopf.

„Aber wenigstens Noan?“ fragte er weiter. Wieder schüttelte sie den Kopf.

Er seufzte laut. „Das darf doch nicht wahr sein! Können sie nicht mal diese kleine Aufgabe erledigen…“ Er schnaufte. „Wenigstens bist du jetzt hier bei mir, schön, wie noch nie. "

Sie lächelte besänftigend. „Siehst du, also hat es doch was gebracht.“

Er küsste Hitomi leicht auf die Stirn. „Du bist mein Rettungsanker heute Abend, Hitomi.“

„Wer kommt denn?“ sagte sie leise, ohne die Stimmung zu verderben. Er sagte eine Weile nichts und sie wartete, bis er ihr antwortete: „Ein…“ Er überlegte kurz. „Ein Bekannter aus dem Norden in Asgard. Vor einer Woche hatte er mir geschrieben; dass seine Leute etwas über die Diebstähle rausgefunden hätten. Er wollte mir nicht sagen was, er sagte mir nur mit einem Brief wäre es zu unsicher, deshalb kommt er selber. Es scheint sehr wichtig zu sein.“

„Ein Bekannter sagst du? Du magst ihn wohl nicht sonderlich.“ Sie machte eine nachdenkliche Miene.

„Ehrlich gesagt nein. Wir stehen uns nicht sehr nahe, ausserdem ist er mir unsympathisch, aber der alte Mann ist schon sehr lange auf der Welt und er scheint Dinge zu wissen, die nicht jeder kennt. Um dich und Fanelia zu beschützen, musste ich Kontakt mit ihm aufnehmen.“

Eine Weile lauschte sie seinem Herzschlag. „Es tut mir leid,“ sagte sie dann.

„Was denn?“

„Ich bringe nur Unglück, kaum tauche ich hier auf, scheinen sich die Ereignisse zu überschlagen.“

„Sag sowas nicht, Hitomi. Jemand will Gaia wieder Leid zufügen und daran bist nicht du schuld. Du scheinst nur zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein.“

„Also,“ sagte sie ganz unschuldig. „Dann soll ich wieder gehen?“

Sie meinte es eher als Witz, er schien es ernst zu nehmen.

Seine Stimme verdunkelte sich, als er ihr antwortete: „Du kannst machen, was immer du willst. Aber ehrlich gesagt nein, ich will nicht, dass du gehst. Das könnte ich nicht ertragen.“

Erschrocken wich sie von ihm zurück. „Entschuldige, Van! I-Ich meinte das nicht ernst. Ich will nicht weg von dir. Ich habe es nur so als Spass gesagt.“

Er schien erleichtert, als er sie wieder an seine Brust drückte.
 

Eine viertel Stunde später standen sie draussen vor dem Haupteingang und warteten auf den Besuch, der pünktlich jeden Moment erscheinen sollte. Im Foyer befand sich noch Van’s Berater und ein paar weitere Beamten. Sie fragte sich innerlich wieso sie hier war. Sie war nicht die Königin, noch war sie jemand besonderes. Nur jemand von der Erde.

Eine weitere halbe Stunde später war der Besuch immer noch nicht gekommen.

Langsam machte sich jeder Sorgen. Nur zeigte es nicht jeder so frei und nicht jeder hatte die Selbstbeherrschung wie Van. Inwzischen herrschte ein einziges Durcheinander im Raum. Man konnte kaum das eine Wort des anderen verstehen, weil jeder dazwischen redete.

Sie drängte sich nervös an die getäfelte Wand und sie sah Van von der Seite an. Er hielt ihre Hand und starrte auf einen ungenauen Punkt an der Wand. Sie beneidete, wie ruhig er im Moment wirkte.

Als man nicht besonders höflic ihn um seine Meinung fragte, schien er sich endlich zu regen und befahl so schnell wie möglich einen Suchtrupp aufzustellen.

Dann waren sie beide allein.

Langsam setzten sie sich nebeneinander auf die Treppe, die in den ersten Stock führte und eine Weile schwiegen sie nur. Noch immer hielt er ihre Hand und sie musste zugeben, es fühlte sich gut an. „Tut mir leid,“ sagte er als erster etwas. „Meinetwegen hast du dich so rausgeputzt und niemand konnte es geniessen.“

„Ist schon gut,“ sagte sie sanft und drückte seine Hand. „Ich konnte dir Freude bereiten, stimmts?“

Er lächelte schwach.

„Du bist der einzige den ich beeindrucken will, also mach dir um mich keine Sorgen. Ich mache mir eher um dich Sorgen. Ist alles in Ordnung?“ Er drückte ihr einen leichten Kuss auf die Schläfe.

„Weil du bei mir bist, ja.“

„Denk nicht darüber nach, was wohl passiert ist.“ Sie stand auf. „Komm, ich bringe dich ins Bett.“

„Ich will nicht…“ Er starrte zu Boden, nachdem auch er aufgestanden war, als wäre ihm etwas peinlich. „Ich will nicht ins Bett gehen, wenn du nicht bei mir bist, Hitomi.“

Sie lächelte liebevoll. „Ich kann bei dir schlafen wenn du willst.“

Er sah sie lange ohne ein Wort an. „Ich will das sehr gerne, wenn es dir nichts ausmacht.“

„Natürlich nicht. Ich bin froh, wenn ich dich aufmuntern kann.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  dinkycharlie
2014-12-02T08:57:47+00:00 02.12.2014 09:57
Und wie geht's weiter?? Ich hab so viele Ideen, wer dieser ominöse Meister sein könnte.. Klär uns auf!!
Von:  2blackunicorn
2014-10-20T17:08:40+00:00 20.10.2014 19:08
ich hab deine Fanfiktion durch zufall gefunden und ich möchte unbedingt weiter lesen *.* Du schreibst so toll ,ich freue mich auf mehr <3


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