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My Real Life

ZoxRo
von

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One Shot

Er ist alleine. Eine leere Flasche steht vor ihm auf dem Tisch, ein volles Glas in seiner Hand. Das Hemd an der Brust nachlässig geöffnet, ohne den schweren Mantel, den er sonst zu tragen pflegt, sitzt er tief versunken in seinem Sessel, bringt die purpurne Flüssigkeit zum kreisen. Schwingt das Glas, bis der Wein winzige Wellen wirft.

Schicksalswogen.

Nein, eigentlich glaube ich nicht an diese Dinge. Bin schon zu oft an die Grenzen schlichter Gewalt gestoßen. Es gibt nichts, was wir nicht selbst beeinflussen können. Für alles gibt es eine logische Erklärung, einen Grund. So bin ich aufgewachsen, so lebe ich auch heute noch. Aber was hätte mich zu ihm führen sollen, wenn nicht etwas banales wie Schicksal? Ich weiß es nicht. Doch meine Flucht hat ihr Ende gefunden, seit ich mit ihm gemeinsame Sache mache. Weiß ich aber genau, dass jeden Tag eine neue Flucht beginnt – vor ihm.

Wir sind alleine. Ich bemühe mich mein übliches Spiel zu spielen. Nichts Unnötiges sagen, nicht auffallen, vielleicht ein bisschen falsch lächeln. Seine Augen schimmern eigenartig. Nicht einmal das Schließen der Tür stimmt ihn dazu mich zu beachten. Wir schweigen beide. Die Situation ist mir unangenehm. Natürlich, wir haben einen Pakt geschlossen, was aber nicht heißt, dass ich mich gerne in seiner Nähe aufhalte. Er ist unberechenbar. Mit ein paar Schritten durchquere ich den Raum. Die Wände haben Augen. Sie starren mich an und schwimmen am Glas vorbei. Er liebt die Krokodile, er liebt Dinge, Menschen mag er nicht.

Am Ende der langen Tafel mache ich Halt. Da sitzt er, Sir Crocodile, einer der sieben Samurai der Meere, Mr. 0, Boss der Baroque Firma, deren Mitglied ich seit kurzem bin. Langsam stellt er das Glas ab, den Blick auf die junge Frau in seinem Speisezimmer, auf mich gerichtet. Langweile, aber auch der Alkoholdunst spiegelt sich auf seinem Gesicht.

„Weißt du auf was ich mich freue?“, fragt er. Sein Tonfall verlangt keine Antwort.

„Ich freue mich auf den Moment, in dem Alabasta in meiner Hand liegt, wie dieses Glas hier. Und nur ein Stoß ausreicht, um das Land zum Schwanken zu bringen. Dann haben wir unser Ziel erreicht.“

Ständig spricht er von unserem Ziel, derweil ist mein Ziel ein völlig anderes.
 

„Du hast nach mir gefragt?“, frage ich nun unwirsch und ohne auf ihn einzugehen.

Ein wenig verständnislos schüttelt er den Kopf, als würde er einem ungehorsamen Kind gegenüberstehen.

„Hast du denn keine Erziehung genossen, Robin-chan?“, seufzt er, „man wünscht einen guten Abend, wenn man um diese Zeit einen Raum betritt.“

Robin-chan...Robin-chan.

So nennt er mich ständig, wenn wir alleine sind. Eigentlich sollen solche Koseformen ja nett klingen, aber aus seinem Mund klingt nichts nett. Es klingt gefährlich und spöttisch. Er gibt mir diesen Namen nur, um mir bewusst zu machen, was er von mir hält. Für ihn bin ich nur das naive Mädchen, das er „gnädig“ wie er ist, vor seinem alten Leben gerettet hat. Das kleine Mädchen, das seinen Schutz benötigt und ihm weit unterlegen ist. Und eigentlich weiß ich, dass er Recht hat. Doch er braucht mich. Vielleicht braucht er mich noch mehr, als dass ich ihn brauche, denn nur ich bin in der Lage ihn zum Pluton zu führen.

„Guten Abend.“

Meine Stimme klingt weder freundlich, noch sonderlich kühl. Ich weiß, das mag er nicht. Einen Herzschlag lang fixiert er mich. Vielleicht will er mich aus der Reserve locken. Vielleicht will er mich dazu bringen etwas Dummes zu sagen. Ich kann mir sein Verhalten nicht erklären. Für ein paar Sekunden starrt er mich weiter an, greift sich dann aber gereizt stöhnend an den Kopf.

„Lassen wir das. Es war ein langer Tag.“

Er klingt müde.

„Setz dich.“

Ein wenig unsicher ziehe ich einen der Stühle am anderen Ende der Tafel heran und setze mich, sehe ihn an. Ich hasse diese Art von Gesprächen. Ich hasse es alleine mit ihm zu sein und insgeheim hoffe ich bald zum Porneglyph zu gelangen, um diese Verbindung wieder beenden zu können. Er sieht mich weiterhin aus glasigen Augen an.

„Hör zu, ich habe eine Aufgabe für dich. Ich will, dass du dich in Rainbase mit Mister 3 triffst. Es ist uns endlich gelungen die Stadt vollkommen einzunehmen. Das heißt wir konnten die letzten Dummköpfe…“

Es folgt eine lange Pause.

„nun sagen wir, überzeugen sich uns anzuschließen.“

Ein schmales Lächeln dehnt sich über sein Gesicht, während er mich so intensiv betrachtet wie durch eine Zielscheibe. Meine Gedanken wummern. Es war sein Plan gewesen, die Stadt vollkommen für sich zu gewinnen, um dort sein Hauptquartier aufschlagen zu können. Doch es gab bis zum Ende einige Bewohner, die sich nicht an seinen Machenschaften beteiligen wollten.

„Was ist mit den Leuten passiert, die sich geweigert haben?“ frage ich nun vorsichtig und merke erst danach wie naiv diese Frage klingt, denn ich kenne die Antwort bereits. Sie ist so grausam simpel.

„Tot.“

Ich erstarre, ich sehe das gehässige Grinsen, das über sein vernarbtes Gesicht huscht. Ich höre die Worte und ich spüre, wie sich mein Magen schmerzhaft zusammenkrampft. Tot, das Wort scheint in meinem Kopf zu explodieren und alles andere aus meinen Gedanken zu löschen. Es ist nur noch Platz für eine Empfindung. Angst. Er hat mich hintergangen, denke ich noch. Er hat sich nicht an die Abmachungen gehalten. Doch was will ich schon dagegen tun? Ich bin den Weg, den ich eingeschlagen habe schon zu weit gegangen, um umzukehren.

„Du hast mich betrogen“, stelle ich nun mit schleppender Stimme fest und kaum stehen diese Worte im Raum, fällt alle Vorsicht von mir ab. Das zweite Ich, welches ich mir so sorgfältig zurechtgelegt habe verschwindet und ich fühle mich auf einmal so hilflos wie damals. Wie an diesem verdammten Tag. Der Tag, an dem meine Heimat brannte. Ich fühle mich so verraten!

„Wir haben eine Abmachung getroffen und du hast mir dein Versprechen gegeben, nur um es schändlich zu brechen! Du hast mir versprochen, dass bei der Operation keiner der Stadtbewohner sterben wird!“

Und plötzlich von etwas viel Intensiveren getrieben als meiner Angst, schnelle ich von dem Stuhl hoch und schlage die Handflächen auf den Tisch. Meine Stimme wird immer schriller.

„Du hast mich belogen und betrogen!“

Sein Blick wird gefährlich, er richtet sich in seinem Stuhl auf, in voller, bedrohlicher Größe und stützt die Ellbogen auf den Tisch, um mich genauer zu betrachten.

„Sprich nicht weiter“, befiehlt er mir mit veränderter Stimme, doch ich will die Drohung nicht hören.

„Geschäft ist Geschäft nicht wahr? Du dachtest es lässt sich alles mit Geld regeln. Dabei bist du nicht nur ein Betrüger, sondern ein Mörder!“

Und auf einmal ist er vor mir verschwunden. Sand wirbelt auf und bevor ich reagieren kann, ist er hinter mir. Seine Hand schnellt nach vorne und packt mein linkes Handgelenk, um mich herumzuzerren.

„Du solltest solche Worte nicht gebrauchen“, zischt er nun so nah an meinem Gesicht, dass ich seinen Weinatem riechen kann, „Du sprichst von Aufrichtigkeit und Ehre? Du, die Teufelin von Ohara? Wie viele Menschen hast du schon hinters Licht geführt, um zu überleben? Du müsstest längst tot sein!“

Sein Griff verstärkt sich. Ich stöhne auf vor Schmerz, doch er drückt mich mit dem Rücken gegen die Tischkante.

„Wer bist du, dass du dich erdreistet so mit mir zu reden? Hast du gedacht, das hier würde nach deinen Regeln ablaufen? Du brauchst mich Nico Robin, du brauchst mich viel mehr, als ich dich brauche.“

Seine Fingernägel graben sich in mein Fleisch. Voller Hass starrt er mich an. Mich ergreift kalte Furcht. Plötzlich ernüchtert begreife ich, dass ich zu weit gegangen bin. Viel zu weit.

„Und wenn wir schon von Geschäften sprechen Miss Bloody Sunday.“

Sein Blick wird teuflisch. Mit einem Ruck wirft er mich zu Boden, ist sofort über mir und hält mich fest.

„Du bist du meine Partnerin. Hast du das schon vergessen? Du kannst mir nicht entkommen.“

Panik steigt in mir auf. Nimmt mir die Luft zum Atmen und lässt mein Herz rasen. Was habe ich getan? Ich habe es gewagt den Zorn dieses Mannes auf mich zu lenken. Für einen kurzen Moment überlege ich meine Teufelskräfte gegen ihn einzusetzen. Doch selbst jetzt weiß ich, dass ich keine Chance habe. Ich bin vor Angst wie gelähmt. Er hat gewonnen. Ich spüre sein volles Gewicht über mir, kann mich kaum bewegen, kaum atmen. Tränen schießen in meine Augen. Ich sehe die seinen über mir. Sie kommen mir näher. In voller Verzweiflung öffnet sich mein Mund zu einem Schrei, bevor sich seine Hand davor schiebt und fest zudrückt.

Ja, er hat gewonnen…
 

„Robin!“

Abrupt wache ich auf, schlage die Augen auf, um dem Alptraum zu entkommen. Ich versuche mich zu bewegen, doch die starken Arme halten meinen Körper noch immer gefangen. Oh Gott, es ist so dunkel, ich kann nichts sehen! Ich kann mich kaum bewegen. Mit den Füßen versuche ich die Person nun von mir zu stoßen, bis die vertraute Stimme endlich meine verwirrten Sinne erreicht.

„Robin! Ich bin es!“

Zorro packt mich nun an den Schultern und sieht mich an. Zorro? Innerhalb von Sekunden erschlafft mein Körper. Ich lasse mich gegen ihn sinken und spüre mit Erleichterung wie seine Arme mich umfangen. Nur langsam wage ich es den Kopf zu drehen, um dann im Halbdunklen in sein Gesicht zu sehen. Er blickt besorgt auf mich herab. Ich zittere immer noch.

„War es wieder der gleiche Traum?“, fragt er, aber ich kann ihm noch nicht antworten. Im Moment möchte ich dieses Gefühl nicht zerstören. Dieses Gefühl von Sicherheit und beschützt werden. Es ist so selten. Ich möchte es mir bewahren, damit ich mich immer wieder daran zurückerinnern kann. Das Gefühl in seinen Armen zu liegen, den Duft seiner Haut, den Herzschlag. Seit einiger Zeit kommt Zorro nachts in mein kleines Zimmer geschlichen. Wir verbringen die Nächte miteinander. Ich bin mir nicht sicher, ob die anderen es bereits gemerkt haben. Aber was würde das noch für eine Rolle spielen? Ich bin nicht dazu bereit dieses Gefühl wieder herzugeben. Zorro hat begonnen über meinen Kopf zu streichen. Er ist der einzige Mensch seit langem, vor dem ich mich jemals so schwach gezeigt habe. Er ist für mich mehr als ein Nakama, denn wir sind uns in vielen Dingen so ähnlich.

„Ist es weil er wieder auf freiem Fuß ist? Beschäftigt dich das so sehr? Du solltest wissen, dass wir niemals zulassen würden, dass dir etwas geschieht“, kommt nun seine Stimme. Ich atme einmal tief durch bevor ich ihm antworte und versuche die Gedanken in meinem Kopf ein wenig zu ordnen.

„Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich schon. Er wird sich an mir rächen.“

Ich merke wie Zorro verwegen grinst.

„Oh ich denke er würde sich gerne an einigen von uns rächen.“

Doch er weiß selbst, dass es eine andere Art von Rache sein wird. Nun scheint er zu merken was mich beschäftigt. Erneut fasst er mich an den Schultern und drückt mich ein wenig von sich weg, um mir in die Augen zu sehen.

„Du solltest über die Dinge reden, die dir Angst machen. Sonst werden sie dich immer weiterverfolgen und du wirst niemals deinen Frieden finden. Die Vergangenheit lässt sich vielleicht nicht ändern, aber man kann zumindest mit ihr abschließen.“

Ich erwidere seinen Blickkontakt. Dann hebe ich langsam die Hand und fahre mit meinen Fingern sanft über die Narbe, die einmal sein linkes Auge war. Er hat mir noch nicht erzählt, wie er es verloren hat.

„Das ist alles nicht so leicht. Ich bin immer noch der Meinung, dass unsere Vergangenheit unsere Zukunft bestimmt.“

Als meine Finger zu seinen Lippen wandern, hält er meine Hand fest und führt sie zu seinem Herz.

„Und was ist mit der Gegenwart?“

Wir sehen uns in die Augen. Erneut lege ich meinen Kopf auf seine Brust, spüre seinen Atem über mir und schließe die Augen. Es ist ein Gefühl, dass ich ewig gesucht habe. Und ich kann noch immer nicht ganz begreifen, es endlich gefunden zu haben. Das Gefühl von zu Hause Ankommen.

„Die Gegenwart macht mir keine Angst“, antworte ich und muss zum ersten Mal schmunzeln, „Du bist hier. Du bist für mich stark, wenn ich es nicht sein kann. Du bist mir wichtig.“

Das habe ich ihm noch nie gesagt. Das habe ich noch nie einem Menschen auf der Welt gesagt. Eine Weile schweigt er, dann beugt er sich vor und küsst mich auf die Stirn, ehe er sich zurück ins Bett sinken lässt und ebenfalls die Augen schließt.

„Das ist ein wirklich guter Anfang“, murmelt er bereits ein wenig schlaftrunken und lächelt.
 

-My Real Life Ende-



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  PurplePassion
2017-09-03T18:53:15+00:00 03.09.2017 20:53
aaaaaach es ist inzwischen sooo schwierig gute ZoRo ffs zu finden... diese hier ist suuuuper! ^^ eine ähnliche idee hatte ich ebenfalls vor jaaaaahren. mir hat unglaublich gut gefallen, wie du das umgesetzt hast. dein schreibstil lässt sich auch sehr schön lesen! lg
Von:  KiraNear
2014-03-24T23:17:34+00:00 25.03.2014 00:17
Mir gefällt die Geschichte (und auch die Idee dahinter) ebenfalls sehr gut :3
Von:  F34rN0D4rkn355
2012-10-15T06:00:54+00:00 15.10.2012 08:00
nix da, ich hier auch ZoRo 4 ever^^ (hab erst heut die story gefunden... nach langem suchen)

mir hat die kleine reise in robins vergangenheit gefallen, man hat einen sehr guten eindruck bekommen, wie ihr es erging, was sie dachte u fühlte bzw. noch in ihren träumen fühlt... echt gut beschrieben

hoffen wir nur, das sie sich bei zorro endgültig geborgen u sicher fühlt, das sie nie wieder solche ängste durchmachen muss

vielen dank für den tollen os!!!
glg try
Von:  Stoechbiene
2012-10-01T18:31:16+00:00 01.10.2012 20:31
Nanu? Bin ich denn hier die einzige, die ZoxRo mag? Komisch...

Egal, hier mein Kommi:
Ich muss sagen, so wie du Robin's Leben in der Baroque-Firma beschrieben hast, so stelle ich mir das auch vor. Die eine Flucht endet und die nächste beginnt. Aber auch in Bezug auf Mr.0, seine Grausamkeit und sein Machthunger, stimme ich dir voll und ganz zu. Robin hatte bei ihm sicherlich nichts zu lachen.

Aber nun scheint sie ihr Zuhause ja in den Armen von Zorro gefunden zu haben.
Ich finde es super, dass du auch Zorro's Geruch erwähnt hast, dass Robin das wichtig ist. Ich denke der Geruchssinn wird viel zu selten berücksichtigt. Ein kleines, aber ich meine wichtiges Detail.

LG
Stoechbiene


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