Zum Inhalt der Seite

To carry you home

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

To carry you home

Pairing: Loki/Thor

Warnings: Gewaltdarstellungen; Hurt/Comfort; Fluff

A/N: Bescheuert wie ich bin, dachte ich mir, ich bringe mal etwas nordische Mythologie mit ein. Ohne davon einen Funken zu verstehen. Es tut mir sehr, sehr, sehr Leid, wenn das, was ich schreibe, letztendlich alles Quatsch ist. Zum Glück ist es nicht essentiell für die Geschichte und betrifft nur Personen und Schauplätze. ;) Und um jetzt nach dem guten, alten Schema noch etwas völlig Zusammenhangsloses einzuwerfen: Ich liebe die enge Beziehung, die Frigga zu ihren Söhnen hat (bzw. die ich ihr gerne andichte). So und jetzt wie immer viel Spaß und danke für die Aufmerksamkeit! :)
 

To carry you home


 


 

And I listen for the whisper of your sweet insanity

While I formulate denials of your effect on me

'A Stranger' by A Perfect Circle
 

Thor fand Loki im Wald von Vanaheimr zwischen zwei Sträuchern. Sein kompletter Körper war übersät mit Wunden und das getrocknete Blut hob sich unheimlich kontrastierend von seiner blassen Haut hervor. Lokis linker Arm war unnatürlich verdreht, seine Kleidung war zerfetzt und über sein rechtes Bein zog sich eine klaffende Wunde. Ein Stück Knochen war sichtbar. Das einzige, was noch halbwegs unversehrt war, war Lokis Gesicht. Sein Atmen war kaum hörbar. Thor hatte sich noch nie in seinem Leben hilfloser gefühlt. Er versuchte, sich zusammenzureißen, um rational zu denken, weil es dieses eine Mal notwendiger war, als all seine Kraft zusammen. Nichts davon würde Loki helfen können.
 

Thor legte den Kopf an die Brust seines Bruders, um seinen Herzschlag zu hören. Er kannte den Gestank von Tod und Leid und Wunden nur zu gut von den Schlachtfeldern und trotzdem wurde ihm speiübel. Das war kein Soldat, der hier lag, es war Loki.
 

Er riss sich einige Fetzen Stoff von seinem Umhang, weil es das einzige war, womit er die Blutungen zumindest temporär stoppen konnte. Es würde nicht lange halten, aber mit etwas Glück reichte es, bis sie in Asgard angekommen waren. Vorsichtig versuchte er, die schlimmsten Stellen mit dem Stoff zu verbinden, und trotzdem zuckte Loki bei jeder Berührung zusammen. Es tat Thor weh, ihn so zu sehen, aber immerhin gab sein Bruder überhaupt noch Reaktionen von sich. Sie würden es bis nach Asgard schaffen und dort würde man Loki helfen können. Und letztendlich würde Loki vielleicht bleiben, wenn er sein Zuhause wiedersah und erkannte, wie sehr sie ihn alle vermisst hatten. Letztendlich gab es vielleicht tatsächlich noch den Hauch einer Chance, dass sie wieder eine Familie werden konnten.
 

Als Thor halbwegs sicher war, dass sein Bruder die Reise überstehen würde, hob er ihn auf sein Pferd. Er war noch nie in seinem Leben so vorsichtig bei etwas gewesen und nicht mal mit den zerbrechlichsten Frauen war er je so behutsam umgegangen, wie in diesem Moment mit Loki. Er konnte seinen Bruder nach allem, was geschehen war, immer noch nicht leiden sehen. Obwohl er zweimal versucht hatte, den Planeten, den er über alles liebte, zu zerstören. Vielleicht, dachte Thor, liebte er die Erde dann doch nicht über alles. Vielleicht galt diese Liebe schon immer bloß Loki, ohne dass er wusste, wieso es so war.
 

Thor verabscheute sich manchmal dafür, dass er seinen Bruder nicht hassen konnte und dass er ihn, egal was Loki jemals tun würde, immer wieder ohne Fragen mit offenen Armen willkommen heißen würde. Im Moment war Loki verletzt, ja. Und Thor wünschte sich mehr als alles andere, dass es nur daran läge. Dass er Mitleid mit seinem Bruder hätte und er ihn, wenn sie erst einmal in Asgard waren und es Loki besser ginge, gerecht für alles, was er getan hatte, bestrafen könnte. Im gleichen Moment wusste er, dass er Loki niemals wirklich bestraft sehen wollte. Ganz Asgard konnte das, seine Freunde konnten es und selbst ihr Vater würde es können. Wieso konnte er selbst nicht die Kraft dafür aufbringen? Was machte ihn so anders?
 

Ihre Reise dauerte vier Tage und als Thor vor den Toren von Asgard ankam, hatte er längst die Entscheidung getroffen, dass er Loki verstecken musste.
 

***
 

Irgendwie hatte Thor es geschafft, seinen Bruder zu entkleiden und ihn in alte Lumpen zu wickeln. Mit jedem Tag, den sie unterwegs waren, war er vorsichtiger und sanfter geworden, weil Lokis Zustand sich kontinuierlich verschlechtert hatte. Letzten Endes hatte Thor seinen Bruder kaum noch berührt, weil er so zerbrechlich wirkte.
 

Zu zerbrechlich, um sich Odin zu stellen. Jede gerechte Bestrafung wäre ungerecht. Er musste Loki unbemerkt ins Schloss bringen und hoffen, dass ihre Mutter noch genug Liebe für ihren verlorenen Sohn aufbringen konnte, um ihn zu retten. Niemand sonst hatte die Kraft, Loki zu helfen und niemand sonst würde ihm helfen wollen. Ihre Mutter hatte sich immer für sie eingesetzt und auch wenn Thor wusste, dass es womöglich zu viel verlangt war, gab es keine Alternative. Loki machte ihn blind für alles andere und so war es schon immer gewesen.
 

Loki aufs Schloss zu bringen, war nicht außerordentlich schwer. Thor war nach wie vor Prinz, baldiger König, und wenn er jemanden mit sich brachte, war das zu akzeptieren. Loki war gut genug in den Stoff eingewickelt, damit niemand sein Gesicht sehen konnte, und dennoch bemerkte Thor die skeptischen Blicke der Leute. Aufgebrochen war er, um zu schauen, ob man in Vanaheimr einen neuen Verbündeten finden konnte. Mit einem Verletzten heimzukehren, war kein gutes Zeichen.
 

Als Thor Loki sicher in sein Bett gelegt hatte, verlor er keine Zeit, um zu seiner Mutter zu gehen. Zeit war so ein rares Gut, im Moment.
 

„Thor.“ Sie lächelte ihn sanft an, als er ihre Zimmer betrat, und er liebte seine Mutter für die Güte in jedem ihrer Worte.
 

„Mutter, ich muss mit dir reden.“ Thor wollte sie nicht beunruhigen und dennoch ließ ihn die Sorge um Loki bitterer klingen, als er es wollte.
 

„Was ist mit ihm?“ Auch Friggas Stimme wurde ernster und in ihrem Blick lag eine seltene Nuance von Traurigkeit. Thor konnte ihre Worte nicht fassen. Er konnte nicht fassen, dass sie bereits über alles Bescheid wusste. Das konnte nur heißen, dass jemand Loki und ihn erkannt und Odin Bescheid gesagt haben musste.
 

Es kostete Thor viel, seine Mutter anzulügen, und er schämte sich dafür, aber er musste seinen Bruder schützen, komme was wolle.
 

„Wen meinst du?“ Seine Stimme war belegt, weil Thor Odinson niemals in seinem Leben Grund gehabt hatte, zu lügen. Und wenn, dann hatte Loki das für sie beide übernommen.
 

„Er ist mein Sohn, Thor, wenn auch nicht mein leiblicher. Seine und meine Magie stammen aus der gleichen Quelle und ich habe ihn jahrelang darin unterrichtet. Ich werde die Präsens meines Sohnes immer spüren.“
 

Thor sah, wie das Lächeln wieder zurück in ihr Gesicht fand. Er war sich sicher, sie dachte an früher. Wie sie dem kleinen, neugierigen Loki die Grundlagen der Magie beigebracht hatte. Manchmal hatte Thor bei ihnen gesessen, weil es ihm das warme Gefühl gegeben hatte, Teil einer glücklichen Familie zu sein. Er hatte Loki Stunden zusehen können, wie er die Worte ihrer Mutter nachgesprochen hatte, die Stirn angestrengt in Falten gelegt, und er sich beim Zuhören konzentriert auf die Unterlippe gebissen hatte. Wenn er einen Spruch nicht hinbekommen hatte, was häufig der Fall war, weil sein Bruder so verdammt jung war, stürmte er manchmal aus dem Raum und Frigga schickte jedes Mal Thor hinter ihm her, um ihn zu beruhigen.
 

Und Thor war so unglaublich stolz, dass er der einzige war, der seinen Bruder besänftigen konnte. Er hatte nie wirklich etwas anderes getan, als an Lokis Bettende zu sitzen, ihm über den Rücken zu streichen, während sein Bruder seinen Kopf im Kissen vergraben hatte, und wenn er murmelte, wie schlecht er war, und dass er niemals so gut wie ihre Mutter werde würde, hatte Thor ihm gesagt, dass er fest an ihn glaubte.
 

Und jeden neuen Trick, den Loki mit der Zeit gelernt hatte, zeigte er als erstes Thor. Immer als erstes ihm. Und jedes Mal hatte er Loki gesagt, wie wundervoll er war, dass er all das konnte, und dass er mal der größte Magier in ganz Asgard werden würde. Loki hatte ihm gesagt, dass Thor der größte Kämpfer in ganz Asgard werden würde, und sie planten, wie sie die Welt vor allen möglichen Bedrohungen retten würden. Und sie schworen sich, dass sie immer zusammenbleiben würden, weil sie sich perfekt ergänzten.
 

Thor konnte nicht fassen, dass ihm dieser Loki, der Millennia zurücklag, immer noch familiärer war als das, wozu sein Bruder geworden war.
 

„Thor?“ Seine Mutter strich ihm über seinen Arm und in ihrem Blick erkannte er, dass man ihm seinen Verlust offen ansehen musste. Er schluckte, um seine Stimme wiederzufinden, aber sein Hals war so unglaublich trocken.
 

„Er.... Es geht ihm nicht gut. Du musst ihm helfen.“ Er klang lächerlich aufgelöst und jung und schwach, aber die Erinnerungen an früher überwältigten ihn zu sehr, als dass er ihnen Stand halten konnte. Wie hatte es nur je so weit kommen können?
 

„Ist er auf seinem Zimmer?“ Thor schüttelte den Kopf.
 

„Nein. Ich wollte nicht, dass Vater etwas mitbekommt.“
 

Sie nickte ernst und Thor war seiner Mutter dankbarer als je zuvor.
 

***
 

Als sie einige Zeit später sein Zimmer betraten, lag der schwere Geruch von Krankheit in der Luft. Es schnürte ihm die Kehle zu und als er seinen Bruder so leblos auf seinem Bett liegen sah, wäre er am liebsten wieder umgedreht. Wieso hatte er es jemals so weit kommen lassen?
 

„Wenn du möchtest, kannst du rausgehen, Thor. Es wird ohnehin einige Zeit dauern, bis ich fertig bin.“ Thor wollte das Angebot so gerne annehmen, weil alles im Moment viel zu viel war, aber er wollte Loki nicht noch mal alleine lassen.
 

Seine Mutter schien ihm seine Zweifel anzusehen und strich ihm in einer liebevollen Geste über die Wange.
 

„Es wird alles wieder gut werden. Vertrau mir. Du weißt, wie stark dein Bruder ist.“ Es erinnerte ihn an die Zeit, in der Loki häufiger krank gewesen war und Thor an seinem Bett saß und seine Hand gehalten hatte. Er hatte ihm gesagt, dass es ihm Leid tat, dass er ihn nicht beschützt hatte (obwohl er nicht wusste, wie man jemanden vor Krankheiten beschützen sollte). Seine Mutter hatte den Raum betreten und Thor gesagt, dass es nicht seine Schuld war und dass Loki stärker war als sie alle zusammen. Wenn nicht körperlich, dann psychisch. Wenige Tage später ging es seinem Bruder wieder so gut wie eh und je und Thor begann, seiner Mutter zu glauben. Ja, Loki war der stärkste von ihnen und würde das auch dieses Mal beweisen.
 

Dankbar gab er seiner Mutter einen Kuss auf die Wange und verließ den Raum.
 

***
 

Die nächsten Stunden wusste Thor nicht, was er tun sollte, und lief ziellos im Schloss herum. Zwischendurch traf er auf seine Freunde und, bei Yggdrasil, musste er ein schlechter Lügner sein. Nach ihren Gesichtern zu urteilen glaubte nicht einmal Volstagg ihm für eine Sekunde, dass alles gut war. Und das sollte etwas heißen.
 

Was Thor an seinen Freunden mehr als alles andere schätzte, war, dass sie sich nicht aufdrängten. Oder Sif sie zumindest davon abhielt. Es war mehr als offensichtlich, dass seine Freunde wissen wollten, was mit ihm los war, aber Sif zog sie nach ein paar belanglosen Worten bloß weiter. Als sie fast verschwunden waren, drehte sie sich noch mal um und schenkte Thor ein leichtes Lächeln. Für einen kurzen Moment vergaß er tatsächlich, dass Loki schwerverletzt auf seinem Zimmer lag.
 

Als seine Mutter Fulla, ihre Dienerin, nach ihm schickte, war er angespannt wie noch nie zuvor. Er hastete auf sein Zimmer und stieß die Tür viel zu kraftvoll auf.
 

„Mutter, was ist-“ Seine Stimme war laut und aufgebracht und überschlug sich beinahe. Seine Mutter drehte sich zu ihm um und presste den Zeigefinger an ihre Lippen.
 

„Shhh. Er braucht Ruhe.“ Dann wandte sie sich wieder Loki zu und Thor kam langsam näher, auch wenn es ihm viel zu langsam vorkam. Die Erleichterung ließ ihn alles andere vergessen und es war so ein befreiendes Gefühl, dass er leise lachte. Frigga lächelte ihn an und man sah auch ihr ihre Erleichterung an. Glücklich nahm Thor seine Mutter in den Arm.
 

„Ich danke dir so sehr.“ Er wusste nicht, wieso seine Stimme so heiser war, bis er merkte, dass seine Wangen ein wenig feucht waren. Als er sich von seiner Mutter löste, sah er, dass sie Tränen in den Augen hatte.
 

„Es tut so gut zu wissen, dass du deinen Bruder nach allem, was war, nicht aufgegeben hast.“ Sie wirkte aufgelöst, auf eine glückliche Art und Weise, und es ließ Thor lächeln. Letztendlich waren sie immer noch eine Familie. Der Gedanke war unglaublich berauschend.
 

„Ich bin sehr stolz auf dich, mein Sohn. Ein guter König muss auch wissen, wie man vergibt, und du hast dich heute als mehr als würdig erwiesen.“ Mit diesen Worten verließ sie den Raum und Thor strahlte, dass es fast weh tat. Und während er seinem Bruder durchs Haar strich, dachte er, dass vielleicht letzten Endes doch noch alles gut werden konnte.
 

***
 

Die nächsten Tage verging keine Stunde, die Thor nicht am Bett seines Bruders verbrachte. Er verließ das Zimmer nur noch zum gemeinsamen Essen und ab und an, um seinen Vater nicht skeptisch werden zu lassen. Um den Rest kümmerte Frigga sich. Sie gab Thor Alibis für die Zeit, in der er eigentlich trainieren oder an wichtigen Besprechungen teilnehmen musste (wichtig war ein relatives Wort, wenn es um das Leben seines Bruders ging).
 

Seine Mutter schaute mindestens einmal am Tag nach Loki, um sich zu vergewissern, dass seine Heilung voranschritt, und sie schien insgesamt zufrieden mit dem Ergebnis zu sein. Hatte sie anfangs noch alles selbst gemacht, übergab sie nun Thor die meisten Aufgaben. Er lernte schnell, wie man die Verbände richtig wechselte und die Wunden reinigte, ohne dass es weh tat.
 

Jedes Mal, wenn er seinen Bruder versorgte, begehrte Thor ihn ein wenig mehr, und irgendwann kümmerte ihn das Wieso nicht mehr. Er begann seine Hände länger auf Lokis Körper ruhen zu lassen, als es notwendig war, und er war überwältigt von der Flut an Emotionen, die ihn überschwemmte.
 

Es waren nicht nur angenehme Gefühle, aber das gehörte zu Loki dazu. Es war nicht immer leicht gewesen, aber ebenso wie die Liebe zu seinem Bruder den Groll auf seine Taten überwog, überwog die Geborgenheit und Freude seine Zweifel.
 

Loki konnte sich ändern, wenn er es wollte. Wenn es nötig war, würden Thor und seine Mutter sich gegen Odin erheben. Das erste Mal seit langem war das Magenzusammenziehen, was er jedes Mal spürte, wenn er seinen Bruder berührte, angenehm und willkommen und er fühlte sich, als würde es ein Teil von ihm werden.
 

***
 

Thor schlief ruhiger, als die Nächte zuvor, als ihn ein lautes Husten weckte. Seitdem Loki sein Bett besetzt hatte, schlief Thor auf einem Extrabett, was er sich in sein Zimmer hatte stellen lassen. Seiner Mutter hatte er gesagt, es würde ihn besser schlafen lassen, wenn er in Lokis Nähe war, aber insgeheim hatte er andere Gründe. Er wollte sicher gehen, dass er die erste Person war, die Loki bei seinem Erwachen sah. Er wusste nach wie vor nicht, wie sein Bruder reagieren würde, wenn er im Schloss aufwachte, aber er wollte es ihm wenigstens erklären.
 

„Loki?“ Thor war heiser und er wusste nicht, ob es vom Schlaf oder von seiner Aufregung kam.
 

Als Antwort bekam er ein abfälliges Schnauben.
 

„Thor.“ Lokis Stimme klang ruhig und sachlich, auch wenn Thor genau hören konnte, wie brüchig sie war.
 

Er stemmte sich aus seinem Bett und trat einen Schritt näher an seinen Bruder heran. Er war ungeduldig, aber er durfte nichts überstürzen.
 

„Wie geht es dir?“ Thor versuchte, nicht zu zeigen, wie erleichtert und glücklich er war, weil man mit Loki immer schon besser auf sachlicher Ebene hatte reden können. Es gelang ihm dennoch nicht ganz und neben der Wärme, die er ohnehin immer in seiner Stimme hatte, wenn er mit Loki sprach, konnte man deutlich seine Aufregung hören.
 

„Oh, wundervoll.“ Sein Bruder hustete und als es nicht aufhören wollte, kam Thor näher, um ihm auf den Rücken zu klopfen.
 

„Fass mich nicht an“, zischte Loki. Seine Stimme war lädiert und er hustete weiterhin bei jedem Wort.

„Du, von allen Leuten, Thor.“ Selbst in einem solchen Zustand konnte Loki seine Worte vor Abweisung triefen lassen. Er öffnete seinen Mund, um anscheinend noch etwas zu sagen, aber er verschluckte sich. Er röchelte und Thors Erleichterung wich erneut der Sorge um seinen Bruder.

Als Loki sich ein wenig beruhigt hatte, fuhr er fort.
 

„Womit habe ich die Ehre verdient, vom goldenen Prinzen Asgards gerettet zu werden? Oder hat dich deine aufopferungsvolle Tat schon zum König gemacht?“ Sein Bruder klang so bitter, viel bitterer, als er es in Erinnerung hatte. Es schnürte ihm die Kehle zu.
 

„Bitte, Bruder. Ich hätte dich niemals sterben lassen können. Ich habe mich um dich gesorgt. Wir alle haben uns um dich gesorgt.“ Er wusste, seine Stimme klang erschöpft und enttäuscht.
 

Loki lachte laut und Thors Nackenhaare stellten sich auf. Sich wieder über Lokis Verbitterung klar zu werden, war alles andere als angenehm.
 

Wir, Thor? Du willst mir nicht ernsthaft erzählen, dass Odin weiß, dass ich hier bin, oder?“
 

Als er zur Antwort bloß den Kopf senkte, spürte er die Genugtuung seines Bruders.
 

„Wenn dein Vater davon wüsste, wäre ich nicht hier, sondern in einem Kerker aufgewacht.“ Die Sachlichkeit in ihrem Gespräch machte Thor langsam aber sicher rasend.
 

„Das-“
 

„Das stimmt nicht?“ Sein Bruder wurde immer lauter. „Ist es das, was du mir sagen willst?“ Er lachte ein einziges Mal beinahe lautlos auf, dann begann er zu schreien. „Natürlich stimmt das. Und du weißt es! Das ist doch überhaupt erst der Grund, wieso du mich hier her zurückholen wolltest!“ Seine Stimme wurde leiser, trauriger, bitterer. „Hör endlich auf, mich anzulügen. Mich, den Gott der Lügen!“ Er legte sich eine Hand auf seine Stirn und sein Lachen wurde immer leiser, bis es schließlich totenstill im Raum war.
 

Loki hatte seine Emotionen nie offen gezeigt, nicht mal als sie Kinder waren, und Thor war überfordert mit der Komplexität, die er nun darin fand. Vielleicht war Ehrlichkeit das einzige, was er dem entgegenbringen konnte.
 

„Ich habe dich noch nie anlügen können, Loki.“
 

Dann spürte er brutal etwas gegen seine Lippen stoßen und er verstand erst viel zu spät, dass es Lokis Lippen waren. Als er sich von ihm löste, stieß er Thor mit all seiner Kraft weg.
 

„Sag, dass du mich liebst.“
 

Thor schluckte. Er war sich nicht sicher, ob er es sagen könnte, da hatten die Worte schon seinen Mund verlassen.
 

„Ich liebe dich, Loki.“
 

Obwohl es dunkel war, konnte Thor die Verzweiflung in den Augen seines Bruders sehen. Blanke Panik und so viel Unverständnis. Und dann begann Loki, den Kopf zu schütteln, energisch, bis seine Haare durch das Kissen unter ihm komplett zerzaust waren.
 

„Brauchst du noch einen Beweis? Du hast mich immer angelogen.“ Die Verzweiflung in Lokis Stimme brach Thor das Herz.
 

„Wieso willst du mir nicht glauben, Bruder? Ich habe dich von Anfang an geliebt.“
 

„Nein!“ Loki wurde leiser. „Nein...Wie könntest du mich lieben, nach allem, was ich getan hab? Hab ich immer noch nicht genug getan, um deinen Hass zu verdienen? Ich habe Midgard zweimal fast zerstört. Zweimal, Thor!“ Zwischen seinen Sätzen, die er heiser schrie, lachte er beinahe lautlos und abgehackt. Sein Bruder wirkte wie ein gejagtes Tier und Thor verstand nicht, wieso, obwohl er das Gefühl hatte, der Antwort näher und näher zu kommen.
 

„Wie oft muss ich es noch versuchen, bis du mich endlich in Ruhe lässt?!“ Er zog Thor an seinen Haaren zu sich und küsste ihn ein zweites Mal und seine Wut war noch spürbarer als am Anfang. „Hass mich endlich für das, was ich bin.“ Seine Stimme wurde kraftlos und er sank zurück in die Laken. Die Stille war so ein starker Kontrast zu Lokis Wut, dass Thor einfach irgendetwas sagen wollte, um es besser zu machen. Oder schlechter. Er wusste es nicht mehr.
 

„Manchmal würde ich dich gerne hassen.“ Sein Bruder antwortete nicht und Thor war sich nicht mal sicher, ob er noch wach war. „Aber dann erinnere ich alles, was war, und ich kann nichts anderes tun, als zu glauben, dass in dir immer noch der Loki von früher steckt.“ Er streckte eine Hand aus, um seinen Bruder zu berühren und merkte, dass er am ganzen Körper zitterte.
 

„Lass uns endlich mit diesem Wahnsinn aufhören, Bruder.“ Lokis Schweigen war für Thor ein Zeichen, dass er ehrlich darüber nachdachte, und es machte ihm Hoffnungen. Egal wie sehr sein Vater es ihm einreden wollte, sein Bruder war noch nicht verloren.
 

„Um was zurück zu erlange, Thor? Wir haben nichts mehr.“ Er wünschte sich, er könnte Lokis Gesicht sehen, um zu wissen, ob es wirklich das war, was er glaubte. Wie konnte sein Bruder so etwas denken?
 

„Wir haben uns.“
 

„Es gab nie ein Uns.“ Die Antwort seines Bruders kam unmittelbar und sie wirkte einstudiert. Er begann, immer stärker an Lokis Worten zu zweifeln. Vielleicht hätte er das schon viel früher tun sollen.
 

„Dann haben wir verschiedene Erinnerungen. Ich weiß noch genau, dass wir immer unzertrennlich waren. Wir hatten immer uns, Loki. Was ist so schwer daran, sich das einzugestehen?“ Sein Bruder lachte bitter.
 

„Wusstest du, dass es immer Dinge gab, die ich vor dir verstecken musste? Ich habe dich immer anders gesehen, als du mich gesehen hast.“ Thor war an dem Punkt angelangt, an dem er glaubte, Loki zu verstehen, doch diese Worte machten alles wieder zunichte.

„Weißt du noch meine ganzen Albträume damals?“ Thor nickte.
 

„Du warst immer so verängstigt und konntest nur in meinem Bett ruhig schlafen.“ Der Gedanke brachte ihn zum Lächeln, auch wenn es vermutlich der falsche Moment dafür war.

Und dann schrie sein Bruder plötzlich wieder.
 

„Ich hatte nach ein paar Nächten keine Albträume mehr, Thor!“ Thor verstand nicht, was Loki ihm sagen wollte, aber er verstand, dass er zu vieles damals nicht mitbekommen hatte. Sein Bruder war so hilflos gewesen und erst jetzt wurde es ihm bewusst.
 

„Und trotzdem bin ich jede Nacht in dein Bett gekommen. Ich wollte in deiner Nähe sein und zwar nicht brüderlich!“
 

Thors Gedanken rasten vom einen Moment auf den nächsten. Er hatte bei seinem Bruder nie etwas wie Interesse an irgendjemandem beobachtet und im Nachhinein war es Dummheit gewesen, zu glauben, sein Bruder wollte niemanden. Niemans konnte ganz alleine leben. Loki sagte vielleicht wirklich die Wahrheit. Und er wusste nicht, ob es dieses Mal überhaupt gut war.
 

Zum tausendsten Mal in dieser Nacht lachte sein Bruder leicht und bitter. Er wirkte verletzt. Thor hatte es von allen Dingen am wenigsten erwartet.
 

„So still, Thor? Verstehst du jetzt, wieso du mich hassen musst?“
 

Thor schüttelte den Kopf. „Wieso sollte deine Liebe zu mir etwas Schlechtes sein? Kann ich mich nicht glücklich schätzen, von dir geliebt zu werden, Bruder?“ Egal, auf welche Art, Lokis Liebe war in so vielen Facetten besser als sein Hass.
 

Hör auf damit!“ Er hatte Loki noch nie so verzweifelt erlebt. Sein Körper bebte unter seinen Worten und es musste in dem Zustand, in dem er war, weh tun, aber er hörte nicht auf. „Hör auf, mich ständig Bruder zu nennen. Weißt du, wieso ich so ungern von dir angefasst wurde? Weil du mich immer wie einen Bruder angefasst hast.“ Thor wollte seine Worte nicht glauben und er gab sich selbst die Schuld, dass er all das nie bemerkt hatte. Er hätte aufmerksamer sein müssen. Wenn Loki ihm so wichtig war, wieso hatte er kein einziges Mal genauer hingehört, statt ihm zu glauben, dass alles gut war. Er war ein schlechter Bruder, nicht zuletzt, weil er es erst jetzt sah.
 

„Loki, es tut mir leid. Ich hatte keine Ahnung.“ Lokis Augen zeigten Unglauben und dann pure Wut.
 

„Hör auf! Hör endlich auf mit dieser Farce! Es widert mich an, Thor!“ Die Worte enthielten eine noch nie dagewesene Art von Zorn und sein Bruder spie jede Silbe aus, als wäre sie Gift.
 

Und Thor wusste selbst nicht genau, was er tat, aber auf einmal nahm er Loki in den Arm. Er musste ihn beruhigen, sonst würde ihr Gespräch noch ewig so weitergehen. Entweder war es effektiv, oder es würde alles noch komplizierter machen.
 

„Loki...“, flüsterte er in sein Ohr. Seine Hand fuhr über die Wange seines Bruders, seinen Hals, bis in seinen Nacken. Er übte ein wenig Druck aus und beobachtete, wie Lokis Gesicht seinem immer näher kam, als wäre es das Verblüffendste auf der ganzen Welt. Er spürte nicht mal wirklich, dass er selbst es war, der es veranlasste. Seine Welt bestand komplett aus seinem Bruder und allem, was mit ihm verbunden war. Es war fast wie früher. Dann legte er seine Lippen auf Lokis und und ab da war es anders.
 

Als er sich von ihm löste, lachte er leicht und seine Stimme war seltsam belegt.

„Und das nennst du brüderlich?“
 

Loki starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an und da war sein Bruder von früher wieder. Es war so altbekannt, dass Thor begann, sich sicher zu fühlen. Wie der alte Loki reagierte, wusste er. Er kannte jede seiner Reaktionen, weil er ihn beinahe besser kannte als sich selbst.
 

„Hasst du mich jetzt dafür?“, fragte er und endlich fand er sich wieder in seiner Rolle als älterer Bruder ein.
 

„Ich hasse dich für vieles.“ Es war nicht die Sachlichkeit, die Thor aufmerksam machte, sondern die Nuance Sanftheit, die sich darin versteckte. Resignation. Und trotz der harschen Wortwahl, war er mehr als zufrieden.
 

„Das habe ich befürchtet. Aber hasst du mich dafür?“
 

Sein Bruder sagte nichts und wenn das der Fall war, sprach es für sich.
 

„Siehst du.“ Thor lächelte, weil ihm ab jetzt klar war, dass alles gut werden würde. „Genauso wenig hasse ich dich für das, was du bist.“
 

Lokis sagte noch immer nichts.
 

„Schlaf jetzt besser“, murmelte Thor nach ewig langer Zeit. Er setzte einen Kuss auf Lokis Stirn und überlegte, ob er noch bleiben sollte. Aber sein Bruder hatte für einen Tag genug durchgemacht, egal wie stark er sein mochte. Thor legte sich zurück in sein Bett und mit offenen Augen starrte er die Decke an. Schlafen konnte er jetzt von allen Dingen am wenigsten.
 

Keinen Moment später hörte er Schritte und Loki stand vor seinem Bett. Thor lachte.

„Albträume, Bruder?“ Es war das gleiche Lachen, was er so oft gelacht hatte, wenn er Loki früher geärgert hatte und das gleiche Lachen, was sie geteilt hatten, wenn sie Idunns Äpfel geklaut oder ihrem Vater Geschichten von ihren Abenteuern erzählt hatten.
 

„Ich warne dich, Thor, spiel nicht mit dem Wissen“, zischte sein Bruder, aber es klang nicht so hart, wie es vermutlich gemeint war. Thor spürte eine unglaubliche Erleichterung. Er zog die Decke ein Stück zurück und dann spürte er Lokis Körper gegen seinen eigenen gepresst und es fühlte sich so richtig an. Er fragte sich, ob es schon immer so gewesen war. Und ob es weiterhin so sein würde.
 

„Also bleibst du hier?“
 

Loki drehte sich von ihm weg. Thor war sich sicher, er würde keine Antwort mehr bekommen, aber bei Loki konnte man sich nie sicher sein.
 

„Ich bezweifle, dass Odin das gutheißen würde.“ Als Thor einen Arm um seinen Rücken legte, zuckte sein Bruder zusammen.
 

„Es gibt Leute, die dich noch immer nicht aufgegeben haben. Wir werden mit Vater reden und dann-“
 

„Schlaf, Thor, oder ich überlege mir noch mal, ob ich nicht lieber wieder in mein Bett zurückgehe.“ Lokis Müdigkeit schwächte seine Worte ab, aber Thor wusste nichtsdestotrotz, dass sein Bruder seine Drohungen ausnahmslos immer ernst meinte.
 

***
 

Am nächsten Morgen stellte Thor erleichtert fest, dass Loki noch neben ihm lag. Vielleicht hatten sie nun tatsächlich die Chance bekommen, wieder eine Familie zu werden. Auch wenn Thor sich sicher war, dass der Begriff ausbaufähig war. Loki war noch da und Thor wusste, dass er ihn jeden Tag aufs Neue würde überzeugen müssen, bei ihm zu bleiben. Er hoffte trotzdem, dass sein Bruder sich vielleicht irgendwann freiwillig dazu entscheiden würde. Bis dahin gab er sich mit dem zufrieden, was er bekommen konnte. Loki war mehr, als er verdient hatte, und mehr, als er sich hatte erhoffen können.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (6)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  JackFrost_1
2018-07-15T13:45:49+00:00 15.07.2018 15:45
Juhu Loki ist da geblieben *vor Freude auf und nieder hüpf*

Tolle FF. LG Jay.
Von: abgemeldet
2012-11-06T21:30:10+00:00 06.11.2012 22:30
Was machst du nur mit mir? *schnief*
Verdammt, ich... So sehr habe ich das letzte Mal geweint, nachdem ich das Ende von der zweiten Sherlock-Staffel gesehen habe! ;_______________;
Ich kann es gar nicht richtig in Worte fassen, ich bin völlig aufgelöst. :x

Das waren so wundervolle 14 Seiten, ich danke dir dafür!
Deine Charakterisierungen waren spitzenmäßig, einfach total treffend.

Lokis Verzwieflung, seine innere Zerissenheit (einfach all seine Emotionen) empfand ich beim Lesen so unheimlich intensiv, dass es richtig weh getan hat.
Aber auf eine gute Art und Weise.

*wirklich absolut sprachlos bin und immer wieder das Gleiche vor mich hinbrabbel*

Ich würde so gerne etwas konstruktives schreiben, aber im Moment kann ich mich kaum zusammenreißen - die Tränen fallen weiter. ;o;

Wunder-, wirklich wunderwunderwunderschön! T__T

Ich fand dich ja schon von Anfang an gut, noch dazu empfinde ich dich, soweit ich das bisher beurteilen kann, als einen wahnsinnig netten, intelligenten und interessanten Menschen, aber mittlerweile?
Das, was du schreibst, ist nicht gut.

Es ist einfach weltklasse!
Du hast einen ganz außergewöhnlich tollen Schreibstil und meine größte Anerkennung für all deine tollen Werke!

Mach weiter so! :)
Von:  Ninjagirl
2012-10-16T08:37:18+00:00 16.10.2012 10:37
Noch einmal so etwas herzerwärmendes... schön :)
Ich hab das Gefühl du würdest zumindest viel auf Englisch lesen (und eventuell auch schreiben), weil einige Ausdrücke mehr wie ihr englisches Äquivalent klingen und nicht ganz in die deutsche Grammatik passen ^^ (z.B. Aber dann erinnere ich alles, was war würde mit remember = erinnern gut passen, klingt so allerdings holprig ^^) Davon abgesehen finde ich deinen Stil immer noch sehr angenehm und auch die weniger fluffigen Sachen sind gut beschrieben. Ein bisschen kann ich mir schon vorstellen, wie Loki da so vor sich hin zetert. ^^
Liebe Grüße, Nin
Von:  Tongari
2012-09-22T17:21:16+00:00 22.09.2012 19:21
Ich muss dem geschriebenen wahrlich zustimmenxD
Dein Schreibstil und vor allem die Story sind wunderschön und rührend.
Es ist einfach herrlich diese Fanfic zu lesen~~
Von:  Yoyo
2012-09-20T18:01:11+00:00 20.09.2012 20:01
Hach ist das schön~
Dein Schreibstil ist toll <3

Da möchte man glatt wissen wie es weitergeht *__*
Von:  Ayko
2012-09-17T20:40:00+00:00 17.09.2012 22:40
Ach ja, wie süß, da kommt man ja richtig ins Schwärmen.
Die Story war wirklich schön geschrieben und hat mir sehr gut gefallen.
Die Beiden sind einfach süß ^^



Zurück