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Alles wird sich ändern ...

[Blumen vom Mond]
von

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Unentschlossen

"Hallo."

"Hallo."

Merit senkte den Blick und ging weiter, doch Aurore holte sie ein.

"Ich ... Ich wollte dir nur sagen ..."

"Ich weiss es schon!", unterbrach Merit sie.

Aurore biss sich auf die Lippen. "Ich weiss", begann sie noch einmal. "Ich wollte dir etwas anderes sagen."

"Und das wäre?" Merit vermochte es nicht wirklich, ruhig zu klingen.

Aurore blieb stehen. Obwohl Merit dies nicht vorgehabt hatte, spürte sie, wie sich ihre Beine nicht mehr weiter bewegten und sie Aurore anstarrte. Diese lächelte. Es war ein freundliches Lächeln, irgendwie so ganz anders als sonst, wenn sich immer eine Spur Ironie in ihrem Gesicht fand und ihre Augen listig funkelten. Aurore nahm Merits Hand in die ihre. Merit spürte, dass deren Hand genauso klamm war, wie ihre eigene und das war irgendwie beruhigend.

"Ich wollte dir sagen ... Dass ich dich wirklich nett finde."

Ohne Vorwarnung umarmte sie Merit. "Es ist wirklich schön, mit dir zu reden", sagte sie leise. "Ich werde dich sicher vermissen. Wir werden noch heute abfliegen."

Merit spürte, dass auch sie lächelte. "Ich denke immer noch, dass dein Leben besser ist, als meines. Nun ja, man kann sich wohl nicht aussuchen, was man wird."

Aurore liess sie los. Ihre Augen glänzten. "Ich weiss ... Komm doch mit uns! Wenn wir weit genug weg sind, wird dich doch niemand mehr finden! Ich bezweifle dass dich dann jemand finden könnte."

Sollte sie 'ja' sagen? Sollte sie einfach weggehen? Doch beinahe musste sie ob dieser Überlegung lachen. So etwas war einfach unvorstellbar. Sie konnte doch nicht einfach weglaufen, vor ihren Problemen, vor ihrem Leben und vor ihrer Vergangenheit, die sie noch ergründen wollte. Ausserdem ... Kannte sie dieses blonde Mädchen, das Aurore hiess? Ihre Familie verliess Fanelia, wenn auch nicht im Streit, so jedenfalls nicht im Guten. Sie mussten die Prinzessin von Fanelia nicht aufnehmen, als sei sie eine Waise, die Schutz bedurfte.

Aurore musste das gleiche denken, denn sie lachte verlegen. "Ich weiss, es geht nicht. Aber irgendwie ... Habe ich das Gefühl, dass ich etwas verliere, wenn ich dich vielleicht niemals wieder sehe. Seltsam, dabei kennen wir uns nicht einmal richtig ..."

Dasselbe dachte ich eben auch!, hätte Merit beinahe gesagt, aber sie unterliess es.

"Weisst du ...", sagte sie stattdessen zögerlich. "Ich denke, man begegnet vielen solchen Personen im Leben."

Aber nur eine einzige ist einzigartig und das wird man sofort erkennen ...

Merit blinzelte. "Ich muss gehen!"

Sie drehte sich auf dem Absatz um und rannte davon.
 

Sie blieb stehen und rang nach Atem. War sie feige? Oder mutig? Was war die richtige Entscheidung? Ein Leben zu fristen, dass immer nur aus einem monotonen Rhythmus bestand, aus Kinderkriegen und Hausarbeiten, langweiligen Gesprächen und Klatsch und sich somit mutig ihrem Schicksal stellen? Aber war es schlechter, davon zu laufen, in der Hoffnung, vielleicht ... Vielleicht etwas zu schaffen, obwohl man nur ein Mensch, noch weniger; nur ein Mädchen war?

Sie spürte, wie ihre Augen feucht wurde und wischte sich wütend mit dem Ärmel übers Gesicht.

"Verdammt", murmelte sie. Weshalb passierte das in letzter Zeit so oft? Gerade noch hatte sie ... Ja, gerade noch war sie ...

Sie musste This suchen gehen.
 

"This?"

Der Junge schrak zusammen und drehte sich um. "Merit!" Erst hellte sich sein Gesicht auf, doch dann verzog es sich zu einer Grimasse. "Willst du mich wieder schlagen?"

Sie errötete. "Es tut mir leid. Entschuldige."

Seine Züge entspannten sich und er grinste. "Und jetzt? Was willst du?"

"Treffen wir uns beim Platz?"

Er zuckte die Schultern. "Warum nicht?"

"Gut!", rief Merit und rannte davon.

This blieb zurück und kratzte sich am Kopf. Sie war schon mehr als seltsam, in letzter Zeit.
 

Merit öffnete leise die Tür und stand im schneebedeckten Garten, der seltsam ruhig dalag und von den hektischen Ereignissen nichts mitbekommen zu haben schien. Als sie langsam durch den Garten schritt, überkam sie ein seltsames Gefühl der Ruhe. Weshalb sollte sie immer so rastlos sein? Was kam, das kam und sie konnte sowieso nichts dagegen machen. Oder?

Sie schüttelte wütend den Kopf und trat fest mit dem Fuss auf, so dass eine weisse Wolke aus in der Sonne glitzernden Schneesternen aufstäubte. Sie schüttelte noch einmal den Kopf und rannte los.

Sie wollte nicht so seltsame Gedanken haben. Jetzt war sowieso nichts wichtig, als endlich wieder einmal aus dem einengenden Palast hinauszukommen.

Sie stiess das Gatter auf, das quietschend und quälend langsam aufging und rannte quer über die Wiese. Ihr Atem verwandelte sich in kleine Wölkchen, die vor ihrem Mund in die Luft stiegen. Dort vorne war schon der Wald, dunkel, schneebedeckt und scheinbar leblos stand er als stummer Zeuge da.

Als Merit zwischen die Bäume trat, hielt sie an und atmete heftig. Die kalte Luft schien ihre Lunge zu umklammern und sie schluckte. Dann machte sie sich sogleich wieder auf.

Sie rannte lange, nahm extra Umwege, zwischen weissen Tannen, laublosen Büschen, grauen Steinen hindurch, über einen gefrorenen Bach - sie fühlte sich so frei, wie schon lange nicht mehr und hatte das Gefühl, fliegen zu können. Der Palast, der Hof, die Etikette, all die lästigen Pflichten, die Einsamkeit, die Abreise von Aurore ... Alles war in die Ferne gerückt und Merit war mehr Zuschauer als Schauspieler in dem Stück. Jedenfalls jetzt.
 

Als sie endlich an der Lichtung ankam, sackte sie erst einmal zusammen und hustete und schnappte nach Luft. Sie war lange gerannt.

This stand einfach mitten im Schnee und sah ihr gedankenverloren zu, bis sie sich wieder gefasst hatte.

"Du hast lange gebraucht", sagte er dann, als Merit sich wieder aufrichtete.

Sie lachte. "Ich bin die Prinzessin."

Wenig beeindruckt warf This ihr das Holzschwert zu. "Und du kämpfst auch wie eine!"

"War das eine Beleidigung?"

"Nein", lachte This und zog das Wort demonstrativ in die Länge.

Merit drehte nachdenklich das Schwert in den Händen herum. "Irgendwie seltsam ...", murmelte sie.

"Was denn?"

"Irgendwie ist alles ... anders geworden, nicht? Aber das Schwert hier, das du immer im Heu versteckt hältst, ist das gleiche geblieben. Ist doch komisch."

This hob die Augenbrauen und warf ihr einen Blick zu, der verriet, dass er sich ernsthafte Sorgen um ihren Gesundheitszustand machte und sagte: "Ich finde eigentlich nicht. Das haben Holzschwerter so an sich, weisst du."

"Kann sein", grinste Merit.

Sie nahm das Schwert in die andere Hand und schwang es ein paar Mal durch die Luft, die es mit einem surrenden Geräusch durchschnitt. "Nun gut ..." Sie ging in Angriffsposition und This tat es ihr gleich.

Eine Weile blickten sie sich stumm in die Augen, bis Merit sagte: "Ich werde dir die Kehle durchschneiden und dein Herz den Hunden zum Frass vorwerfen! Falls du eines besitzt!"

This ging darauf ein: "Ach ja? Nun, du kannst ja nachschauen, ob in meiner Brust ein Herz schlägt oder nicht - aber da kommst du nicht so einfach ran!"

Merit überlegte sich schnell einen weiteren Satz. "Du hast der jungen Prinzessin das Herz geraubt und sie verschleppt! da sie sich in den Tod stürzte, nachdem du's ihr gebrochen hast, weilt sie heute nicht mehr unter uns. Ich werde nicht zulassen, dass du noch mehr Untaten begehst!"

Eine Weile blickte This sie völlig perplex an. Dann begann er leise zu kichern und platzte los.

Merit schaute ihn böse an. "Was ist denn so lustig?", fragte sie wütend.

This räusperte sich und unterdrückte das Lachen. "Wie bitte schön kommst du denn auf den Mist?"

Merit zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Ist halt da ..."

This hob ebenfalls die Schultern. "Nun gut, wenn du willst, spiel ich halt mit. Aber verlange nicht, dass ich darauf etwas antworte!"

Merit grinste. "Musst du auch nicht. Greif einfach an!"
 

Irgendwann liess sie sich erschöpft und trotz der Kälte völlig verschwitzt in den Schnee fallen. This setzte sich neben sie.

Sie lächelte. "Das hat gut getan. Ich musste endlich einmal wieder 'raus ... Aus all dem ..."

This lächelte auch. "Ich find's gut. Ich meine, dass jetzt alles wieder beim Alten ist."

Merits Lächeln gefror und sie biss sich auf die Lippen. Sie erhob sich hastig. "Ich muss zurück, sie vermissen mich sicher!"

Ohne eine Antwort abzuwarten, machte sie auf dem Absatz kehrt, rannte wieder in den Wald hinein und liess einen völlig verblüfften This zurück.

Erst, als sie sich ausser Sichtweite ihres Freundes wusste, blieb sie stehen und lehnte sich atemlos gegen einen Baum.

Sie schluckte. Alles wieder beim Alten? Das war es nicht. Das würde es nie wieder sein. Das wollte sie doch auch gar nicht.

Sie wusste es zu diesem Moment noch nicht, doch dies war der Augenblick, in dem ihre Zukunft endlich Form anzunehmen begann

Hätte sie gewusst, dass von dieser Zukunft noch viel mehr abhing, als sie sich vorstellen konnte, hätte sie es womöglich mit der Angst zu tun gekriegt. Doch so schluckte sie noch einmal leer und machte sich auf den Rückweg.

Sie wollte jetzt die Welt und das Schicksal auf die Probe stellen. Denn wenn das Schicksal keine Antworten aufzuweisen hatte ... Wer denn dann?



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Avarra
2004-01-15T14:47:54+00:00 15.01.2004 15:47
*seufz* Merit steckt zwischen allen Stühlen...auf der einen Seite will sie nicht so ein vorgezeichnetes Leben leben, auf der anderen weiß sie aber auch nicht so recht, wie sie das anstellen soll....mal sehen, was noch passiert ^^
Von: abgemeldet
2003-09-13T19:02:59+00:00 13.09.2003 21:02
Genial^^ Endlich gehts mit der kleinen weiter. Ich komm super mit ihren gefühlen etc mit. Wie du es beshcreibst ist auch sehr verständlich und klasse. vorallem das mit der weißen wolke aus schnee, die im sonnenlich glitzerte fand ich super. hat mich beeindruckt. also ich warte dann^^ Da treue fan, Yui


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