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Vom Regen in die Traufe

von

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Nichts Passiert

Es ist dunkel. Nicht das geringste Licht dringt durch die Nebelschwaden, die von Feuerwaffen und Kanonenschüssen erzeugt werden. Verzweifelte Hilferufe gehen im Kampfgeschrei der noch unverwundeten Soldaten unter. Inmitten dieses Kampfes steht er ganz allein, auf der Suche nach seinem Bruder um ihn vor den Angriffen der feindlichen Armeen zu beschützen. Zuerst irrt er in Richtung Westen. Dort wartet Arthur nur darauf mit seiner Armee aus U-Booten und Schiffen anzugreifen. Als er seinen Bruder dort nicht findet geht er weiter in den Süden, wo Francis Bonnefoy auf seine Chance für einen Angriff wartet. Sein ehemals bester Freund steht ihm nun als Feind gegenüber. Wo sind nur die alten Zeiten geblieben in denen sie, zusammen mit Antonio, als Bad Friends Trio gemeinsam für Angst und Schrecken gesorgt haben?

Auch hier steckt Ludwig nirgends. Also muss er jetzt weiter in den Osten. Zu Ivan. Das wollte er so gut es geht vermeiden, aber jetzt hat er keine Wahl mehr. Er steht Ivan gegenüber, der ihn nur mit seinem üblichen Lächeln anstarrt, mitsamt seinen Truppen im Rücken. Ludwig muss hier irgendwo sein. Irgendwo. Von irgendwo steigt Rauch zu Ivan und Gilbert hinüber. Allerdings stimmt irgendetwas nicht. Es gibt hier keine Quelle für ein Feuer. Nirgends ist auch nur ein Funke zu sehen. Als ob der Rauch aus dem Nichts entsteht.
 

Gilbert öffnet seine Augen doch der stechende Geruch nach Rauch verschwindet einfach nicht. Irgendetwas stimmt hier nicht.

Numb

Dunkler Qualm steigt unter der Tür ins Zimmer und jagt den Albino aus dem Bett.

Gilbert rennt hinaus auf den Flur. Keine gute Idee. Eine Rauchschwade landet genau in seinem Gesicht und verhindert seine Sicht. Nachdem er sich von dem Hustenanfall erholt hat setzt er seinen Weg so nah am Boden wie möglich fort. Er muss ins Wohnzimmer, zu seinem Telefon. Genau dort liegt aber anscheinend die Ursache des Qualms. Die Gardinen haben Feuer gefangen und haben bereits auf das gesamte Zimmer übergegriffen.

Der Albino bahnt sich seinen Weg auf den Hausflur, durch die Eingangstür ins Freie. Erst bringt er sich auf einen gewissen Abstand, bevor er sich auf die Beine stemmt und zurück zu seinem einst so großen Anwesen schaut. Ihm wird bewusste, dass er gerade alles verloren hat was er besaß. Bis auf die Kleidung an seinem Leib und das Eisenkreuz um seinen Hals. Nichts weiter ist ihm noch geblieben. Nur noch Überreste von Schutt und Asche. Wo soll er jetzt nur bleiben? Ludwig will er nicht um Hilfe bitten. Dazu ist der Albino zu stolz.

Er könnte zu Francis gehen, oder zu Antonio, doch die Beiden hatten ihn bestimmt schon längst vergessen. Zumindest hatte er schon ewig nichts mehr von Beiden gehört. Zu Ivan wollte er auf keinen Fall. Gilbert war sich zwar, sicher dass der Russe ihn bei sich aufnehmen würde, aber auf keinen Fall wollte er in diese Hölle zurück.

Hilflos streift er durch die Straßen und sieht einige Schaulustige ihm entgegenkommen, die von seine Unglück erfahren hatten. Alle laufen an ihm vorbei zu seinem Haus. Ob ihm selbst etwas passiert ist, interessiert niemanden. Einige Rettungswägen biegen in seine Straße ein. Der Preuße allerdings wirft nicht einen Blick zurück. Ein paar Straßen weiter entdeckt er Arthur. Wahrscheinlich hatte er auch gerade das Bedürfnis sich diese schreckliche Tragödie anzusehen.

Der Brite hingegen geht zielstrebig auf den Preußen zu, nicht an ihm vorbei.

„Gilbert? Gilbert geht es dir gut? Ist dir etwas passiert? Bist du irgendwo verletzt?“

Arthur hat den Albino fest an den Schultern gepackt und mustert ihn besorgt. Gilbert hingegen schaut nur mit leeren Augen zu seinem alten Freund.

Dunkle Wolken haben sich am Himmel zusammengezogen und verheißen ein herannahendes Unwetter. Welche Ironie.

„Weißt du wo du unterkommen kannst?“

Anscheinend hat auch Arthur die Wetterlage bemerkt. Gilbert hingegen hat mit dieser Frage nicht gerechnet und schüttelt nur den Kopf.

„Dann nehme ich dich erst einmal mit zu mir. Ich habe noch ein Zimmer für dich frei.“

Gilbert hätte das nicht von Arthur erwartet. Sonst war er doch auch nicht so freundlich zu ihm. Seit er keine Nation mehr war, war er doch für alle gestorben. Auch, wenn er im Grunde noch lebt.

Arthur lächelt und legt seinen Arm schützend um die Schultern des Preußen und führt ihn zu seinem Anwesen. Den gesamten Weg über sagt keiner der Beiden ein Wort. Erst als sie vor dem großen Haus stehen, taut Gilbert ein wenig auf, sagt aber weiterhin nichts. Er schaut sich auf dem Gelände um. Er war auch früher nicht oft hier gewesen. Arthur zeigt ihm als erstes das Gästezimmer, in dem Gilbert bleiben kann, bis es ihm wieder halbwegs gut geht. Es ist ein schlichter Raum ohne großartige Einrichtung. Ein massiver Kleiderschrank neben einem alten Schreibtisch auf der einen Seite und ein großes Bett gegenüber. Ohne jegliche Persönlichkeit lag dieser Raum vor ihm. Genauso mochte der Albino es.

„Fühl dich wie zu Hause. Ich gehe jetzt Abendessen kochen. Du musst ja erstmal wieder zu Kräften kommen.“

Der Brite ging aus dem Raum, auf den Flur und wollte gerade in Richtung Küche verschwinden.

„Danke Arthur.“

Der Brite lächelt glücklich und dreht sich noch einmal zu Gilbert um.

„Nichts zu danken.“

Gilbert bleibt allein in dem großen Raum zurück. Er setzt sich auf das breite Fensterbrett.

„Ob sein Essen wohl genießbar ist?“

Gilbert schaut aus dem Fenster und hängt seinen Gedanken nach. Er sollte nicht so gemein sein, immerhin verdankte er Arthur, dass er jetzt nicht im Regen draußen saß, da konnte er auch ruhig etwas Dankbarkeit zeigen. So sitzt er eine gefühlte Ewigkeit da und starrt nach draußen in die Finsternis.

Langsam beginnt er die Sekunden zu zählen. Irgendwie musste er sich die Zeit ja vertreiben.

1,2,3,4,5 …

Er weiß nicht genau wie lange er nun wirklich dort gesessen hat. Vielleicht hat er sich verzählt?

1003 Sekunden. Fast 17 Minuten. Kann Arthur so schnell kochen? Jedenfalls steht er jetzt in der Tür um den Albino zum Essen zu holen. Allerdings.. Vielleicht musste er ja nur das Essen aufwärmen.

„Wenn du möchtest, kannst du dich jetzt ein wenig stärken. Ich bring dich zur Küche.“

Der Engländer lächelt zufrieden, als der Albino sich von seinem Fensterbrett erhebt. Arthur geht schonmal voraus in die Küche immer darauf bedacht, dass sein alter Freund ihm auch folgt und nicht zwischendurch verloren geht. Auf dem Weg durch das Haus schaut Gilbert sich genau um, um den Weg in Zukunft auch allein zu finden. Es ist ein schönes Haus, vor allem ist es groß und hell, allerdings auch ziemlich pompös.

Die Küche ist geräumig und übersichtlich. In der Mitte des Raumes steht ein großer Holztisch auf dem zwei Teller mit dampfendem Essen stehen. Eigentlich sieht das ganze sogar ziemlich genießbar aus, aber allzu schnell wollte er nicht glauben, dass er es auch überlebt.

Arthur bittet ihn Platz zu nehmen. Dieser Bitte kommt Gilbert auch sofort nach und begutachtet als erstes das ihm vorgesetzte Essen. Während Arthur seinen Teller schon ein ganzes Stück geleert hat, schaut der Albino allerdings immer noch unschlüssig auf den Teller.

„Du brauchst keine Angst zu haben. Das ist fertiges Essen aus der Dose. Ich wollte dir etwas Gutes tun. Glaub bloß nicht, dass ich nicht weiß, dass keiner von euch mein Essen mag. Außerdem stand auf der Dose, dass es ein deutsches Gericht ist.“

Arthur wirkte tatsächlich ein wenig verunsichert. Gilbert wollte ihn nicht kränken, also fasste er sich ein Herz und probierte. Eintopf.

„Ein wenig salzig, aber ansonsten wirklich gut. Danke Arthur.“

Als der Abwasch erledigt ist entschuldigt sich Arthur kurz und lässt Gilbert allein in der Küche zurück. Dieser wiederum setzt sich wieder auf seinen Stuhl und hängt seinen Gedanken nach. Ihm fällt ein, dass er sich schon lange keine Gedanken mehr über seine Gedanken machen musste. Früher hatten seine Vorgesetzten diesen Part übernommen. Schließlich war das deren Aufgabe gewesen. Allerdings hatte er jetzt niemanden mehr den es schert, was mit ihm passiert.

Arthur hat sich in der Zwischenzeit in seine Kleiderkammer zurückgezogen. Dort will er nach ein wenig Kleidung für Arthur suchen. Natürlich nur vorrübergehend immerhin weiß er genau, dass sich die Geschmäcker der beiden jungen Männer, in Hinsicht auf die Kleidung und wahrscheinlich auch die Ernährung, stark unterscheiden. Außerdem muss er nach Kleidung von Alfred suchen, da der schon damals ein wahrer Riese gewesen war.

Nach einer guten halben Stunde des Suchens hat Arthur gerade mal eine Jeans und ein oder zwei Hemden gefunden.

Mit diesem Fund kehrt er zurück in die Küche um die Sachen stolz seinem alten Kameraden zu präsentieren, doch dieser ist schon auf seinem Stuhl zusammengesunken und schläft. Der Brite lächelt, holt eine Decke aus dem Wohnzimmer und legt sie dem Preußen über die Schultern.

Unknown Soldier

Kapitel 2
 

Der nächste Morgen beginnt mit etwas Verwirrung seitens des Preußen. Er ist allein im Haus. Durch wiederholtes Rufen hat er sich davon eigens überzeugt. Wo der Brite wohl abgeblieben ist?

Gilbert nutzt die Chance um sich etwas im Haus umzusehen. Er landet schon nach kurzer Zeit wieder in der geräumigen Küche und sieht ein paar Kleider über der Stuhllehne hängen. Daneben lag ein Zettel. Arthur hatte diese Sachen für ihn rausgesucht. Auf einige kann man sich halt immer verlassen. Der Albino nimmt sich ein Hemd und die Jeans und sucht das Badezimmer. Das ist wirklich leichter gesagt als getan. Nach einer guten Weile hat Gilbert das Bad endlich gefunden und stellt sich schnell unter die Dusche. Die Tür verschließt er nicht. Wer sollte ihn auch stören? Er ist schließlich allein. Danach schlüpft er in die sauberen Sachen und schmeißt seine Sachen in die Mülltonne. Jetzt begibt er sich auf den Weg durch das Haus. Wie in alten Tagen als er noch ein Kind war. Auch jetzt erscheint ihm das Haus größer als es wahrscheinlich ist. Überall lauern unentdeckte Ecken. Schade, dass niemand zum Reden da war. Er geht an einer Fensterreihe entlang und erhascht einen Blick nach draußen in einen riesigen Garten. So hatte er früher auch gelebt. Mit Ludwig zusammen hatte er draußen gespielt. Allerdings ist Ludwig nun zu alt dazu. Und noch dazu viel zu beschäftigt.

Gilbert biegt nach links ab in das Innere des Hauses. Dort ist es zwar etwas dunkler, allerdings immer noch lichtdurchflutet. In der hintersten Ecke findet er einen kleinen zugestellten Raum. Es gehört sich nicht anderer Leute Eigentum zu durchwühlen. Er schaut nur flüchtig durch den Raum und entdeckt alte Uniformen, Bilder, Kunstgegenstände und viele Dinge die sehr alt scheinen. Er dreht wieder um und beschließt in dem Garten von vorhin etwas frische Luft zu schnappen. Genau das braucht er jetzt. Etwas frischen Sauerstoff um den Kopf wieder frei zu bekommen. Gar keine so leichte Angelegenheit, wenn man sich überlegt, dass er in der letzten Nacht sein komplettes Haus verloren hat. Er steht wieder auf dem langen Flur und schaut durch die Fenster. Irgendwo hier muss es doch einen Ausgang geben. Er geht den Flur entlang und am Ende des Wegs ist eine große Tür. Sie ist kaum zu unterscheiden von den Fenstern. Bis auf den Unterschied, dass sie sich komplett öffnen lässt. Der Preuße schreitet hinaus in das Sonnenlicht. Er bleibt stehen und schließt die Augen. So verharrt er einige Sekunden. Es fühlt sich an als ob er ewig keine Wärme gespürt hätte. Er geht weiter nach draußen und schließt die Tür hinter sich. Es ist ein schöner Garten. Nach einigen Metern entdeckt er ein altes Baumhaus, dass ziemlich verwahrlost zwischen den Ästen eines Apfelbaumes hängt. Natürlich .. Amerika hatte ja früher dort gelebt. Arthur hatte so ziemlich das gleiche wie Gilbert durchgemacht. Erst hatten beide sich um ihre Sprösslinge gekümmert und diese hatten sie dann verlassen. Vielleicht kümmert sich der Brite ja deshalb so um ihn. Zumindest wäre das eine Möglichkeit. Gilbert steigt die morsche Leiter nach oben und ist sehr erstaunt darüber, dass das Haus sein Gewicht überhaupt halten kann. Der Preuße schaut sich kurz um. Es ist sehr geräumig dort oben. Allerdings sehr dreckig und bedarf einiger Reparatur. Er beschließt Arthur später nach Handwerkszeug zu fragen um das Baumhaus zu reparieren. Jetzt lässt er nur die Beine baumeln und schaut sich die Welt von oben an. Ein schöner Anblick. Er erinnert den Albino an die Zeit, als er noch mächtig war. Als er noch ein Reich hatte. Gilbert lässt eine Weile die Seele baumeln und schließt die Augen. Vielleicht ist er auch eingeschlafen, das weiß er nicht mehr genau. Als er wieder ganz bei sich ist hört er Stimmen im Haus. Eine der Stimmen gehört Arthur. Die andere Stimme kommt ihm ebenfalls bekannt vor, allerdings kann er sie nicht ganz zuordnen. Jedenfalls kennt er die Person aus der Vergangenheit. Eine weit zurückliegende Vergangenheit. Der Preuße hat gerade nicht den Elan dazu aufzustehen, aus dem Baumhaus zu klettern und wieder in das große Haus des Briten zu gehen. Er lässt sich lieber suchen. Nach einer ganzen Weile, er weiß nicht mehr genau wie lange, hört er eine aufgebrachte Stimme direkt unter ihm. Arthur.

„Kannst du dich eigentlich nicht melden?! Verdammt nochmal ich dachte dir sei etwas passiert!“

Arthur klingt wie eine aufgebrachte Mutter, stellt Gilbert fest.

„Sorry Mam. Hab‘ vergessen dir Bescheid zu geben, dass ich noch etwas länger spielen möchte.“ Gilbert macht sich einen Spaß daraus, dass sich der Brite tatsächlich Sorgen gemacht hat. Er findet diese Vorstellung witzig.

Während er aus dem Baumhaus zurück auf den Boden klettert, gibt Arthur noch ein paar grimmige Bemerkungen von sich. Erst jetzt bemerkt der Preuße, dass er verdammt lange da oben gelegen haben muss. Die Sonne ging bereits wieder unter und nichts weiter war passiert. Den ganzen Tag hatte er nichts zu tun gehabt. Gut, er hätte sich wohl etwas zu Essen machen sollen, denn jetzt knurrt ihm der Magen. Zusammen mit dem Briten geht er wieder ins Haus. Es duftet nach Essen. Es riecht viel zu gut, als dass der Engländer es gekocht haben könnte. Es stank schon förmlich französisch. Schnecken?! Er eilt in die Küche. Nein ein Glück keine Schnecken. Dafür steht der Franzose vor ihm. Um seine Hüften hat er eine Schürze gebunden und wütet in der Küche. „Francis!“ Gilbert freut sich wahnsinnig seinen alten Freund wieder zu sehen und fällt ihn förmlich an. Jedoch scheint der Franzose sich nicht an ihn zu erinnern. Oder er will es nicht. Er stößt Gilbert von sich und schaut ihn teils verwirrt, teils wütend an. Dann wandert sein Blick zu Arthur.

„Hast du dein Personal nicht besser unter Kontrolle?!“

Wie war das? Personal? Es scheint als wäre in Gilbert gerade eine Welt gestorben. Er hatte es immer gewusst. Verdammt nochmal. Niemand wusste mehr wer er ist oder wer er war.

Der Preuße setzt eines seiner gekünstelten Lächeln auf. „Es tut mir Leid Francis. Verzeih mir, dass ich keinen bleibenden Eindruck hinterlassen konnte.“ Mit diesen Worten dreht er sich um und verschwindet schweigend, an Arthur vorbei, in sein Zimmer. Kaum zu glauben, dass sein bester Freund sich nicht mehr an ihn erinnerte. Allerdings konnte Gilbert es ihm nicht verübeln. Viele dachten nicht im Traum daran, dass jemand ohne Land existieren konnte.

Der Preuße schaut aus dem Fenster zur untergehenden Sonne. Er hatte schon lange keinen Sonnenuntergang mehr gesehen. Immer hatte er sich gewünscht einen zusammen mit Elizaveta sehen zu können. Sie würde ihn bestimmt auch nicht mehr erkennen.

Etwas klopft an das Zimmerfenster. Gilbert hatte gar nicht bemerkt, dass ein kleiner, gelber, flauschiger Vogel auf dem Fensterbrett gelandet war. Eben dieser Vogel klopfte mit seinem Schnabel gegen die Fensterscheibe.

„Gilbird?“

Sein kleiner Vogel hatte es also wirklich noch aus dem Haus geschafft und hatte ihn hier gefunden? Gilbert öffnet völlig überstürzt das Fenster und schmeißt dabei eine Blumenvase vom Fensterbrett. Das interessiert ihn allerdings nicht. Er hat seinen kleinen Vogel wieder, das ist alles was zählt. Mehr wollte er nicht. Zumindest fürs erste.

Jetzt hat er ganz vergessen Arthur nach einem Werkzeugkoffer zu fragen. Egal dafür war morgen auch noch Zeit. Gilbird macht es sich auf dem Bett gemütlich während Gilbert das Fenster wieder schließt. Es ist kalt geworden. Kein Wunder, die Sonne ist schon seit einiger Zeit verschwunden. Gilbert zieht sich Hemd und Jeans aus und legt sich dann zu Gilbird ins Bett. Wenige Zeit später schläft er tief und fest. Er verschwendet nicht einen Gedanken mehr an Francis oder Arthur.
 


 


 

Arthur und Francis stehen in der Küche und giften sich immer noch an. Der Franzose hat inzwischen lieblos das Essen auf zwei Tellern verteilt und auf den Tisch geknallt.

„Gilbert lebt verdammt! Er wohnt hier!“ – „Das kann nicht sein!“

Genau so geht es nun seit einer halben Stunde. Der Franzose hat sogar eine Weltkarte auf den Tisch gelegt und Arthur aufgefordert ihm Preußen zu zeigen. Natürlich konnte er das nicht. Preußen existiert ja nicht mehr. Deshalb hieß das aber noch lange nicht, dass Gilbert auch verschwinden musste.

„Ich kann wirklich nicht glauben, dass du deinen besten Freund nicht erkennst!“ – „Wie soll ich denn bitte eine Leiche erkennen, wenn keine da ist?!“

Das stimmt natürlich. Wenn Länder starben verschwanden sie einfach. Sie hinterlassen keine Leichen. Natürlich sind ihre Körper im ersten Moment noch da, manchmal sogar noch ein paar Wochen, doch irgendwann verschwinden sie einfach.

Gilbert ist aber nicht verschwunden. Er atmet noch und ist gerade in diesem Haus. Jemand wie der Preuße stirbt nicht einfach so.

Lost in Hopelessness

Es ist noch dunkel draußen, doch trotzdem ist der Franzose bereits hellwach und zerbricht sich den Kopf darüber ob Gilbert nicht vielleicht doch noch am Leben sein könnte. Nein! Völlig unmöglich. Er möchte es sich einfach nicht eingestehen, dass er seinen besten Freund nicht erkannt haben soll. Francis ist auf dem Weg in die Küche. Er will sich erst einmal einen guten Kaffee kochen und dann weiter darüber nachdenken. Auf dem Weg dorthin geht er an der Tür zu Gilberts Zimmer vorbei. Soll er nicht vielleicht mal einen Blick hinein werfen? Vorsichtig und bedacht darauf keine Lauten Geräusche zu machen öffnet Francis die Tür. Der Preuße liegt ruhig in seinem Bett. Neben seinem Kopf auf dem weichen Kissen hat Gilbird es sich bequem gemacht. Dank diesem kleinen Vogel hegt Francis nun selbst keine Zweifel mehr. Auch er ist sich nun sicher Gilbert vor sich zu sehen. Er denkt zurück an den gestrigen Abend. Was musste Gilbert nur über ihn gedacht haben? Ihn plagt nun das schlechte Gewissen. Francis tritt etwas näher an das Bett des Preußen heran. Etwas geschockt stellt er fest, dass dieser nur sehr flach atmet und das Bett total schweißdurchnässt ist. Er legt eine Hand auf die Stirn des Preußen und zieht sie erschrocken wieder zurück. Die Stirn des Albinos glühte förmlich. Was sollte er jetzt nur tun. Er kannte sich doch absolut nicht aus mit solchen Fällen. Im Normalfall werden Länder nicht krank! Moment .. Er hat ja kein Land mehr.

Den Franzosen ergreift die Panik und er rennt zu Arthurs Schlafzimmer. Er war oft genug da um zu wissen wo dieser Raum liegt. Francis hat gar nicht vor zu klopfen sondern reißt gleich die Tür auf die mit einem lauten Knall gegen die Zimmerwand knallt. Der Engländer sitzt schon fast aufrecht in seinem Bett, auf das schlimmste vorbereitet. Als er sieht, dass Francis in seiner Zimmertür steht wird sein Gesichtsausdruck aber eher wütend.

„Was willst du hier Frosch?!“

Francis ist so panisch, dass er gar nicht weiter auf die Bemerkung des Engländers eingeht.

„Irgendetwas stimmt nicht mit Gilbert! Du musst etwas unternehmen!“

Arthur springt sofort aus seinem Bett und rennt an Francis vorbei zu Gilberts Zimmer. Auch er stellt entsetzt fest, dass die Stirn des Preußen förmlich kocht. Doch weiß auch er nicht was er tun soll. Der Brite rennt ins Badezimmer, nimmt eine große Waschschüssel und füllt sie mit kaltem Wasser, dann nimmt er einen Lappen, schmeißt ihn in die Schüssel und rennt wieder zurück zu Gilbert. Er nimmt den Lappen aus dem Eiswasser, wringt ihn etwas aus und legt ihn auf die Stirn des Preußen. Er hofft, dass das seine Temperatur etwas senkt.

Natürlich bringt das nichts. Warum sollte eine so einfache Lösung auch funktionieren? Nein natürlich verschlechtert sich der Zustand des Preußen sogar noch. Aus Panik rufen die Beiden hilflosen Länder sofort alle an die ihnen helfen könnten. Roderich und Elizaveta beschließen sofort den nächsten Flug zu nehmen, Antonio bemüht sich ebenfalls so schnell wie möglich beim Briten einzutreffen und Ludwig kommt sofort, wenn er seine Arbeit erledigt hat. Arthur weiß genau, dass das wohl noch einige Zeit dauern wird.

Einige Stunden später klingelt es an der Haustür. Arthur eilt sofort los um die Tür zu öffnen. Vor seinem Haus stehen Roderich und Elizaveta. Er bittet die Beiden einzutreten und bringt sie sofort zu Gilbert. Elizaveta kniet sich neben das Bett des Preußen und nimmt eine seiner Hände in ihre. Roderich steht hinter ihr und legt eine Hand auf ihre Schulter. Er überlegt fieberhaft wie er das Fieber des Preußen senken kann. Doch auch ihm fällt nichts ein.

Wieder klingelt es an der Haustür. Der stets gut gelaunte Spanier steht vor der Tür und hat ausnahmsweise ein sehr ernstes Gesicht aufgelegt. Diesmal ist der Franzose zur Tür gegangen. Die Beiden haben sich ebenfalls lange nicht gesehen. Irgendwie hatten sie sich auseinandergelebt. Schweigend bringt Francis Antonio zu Gilberts Zimmer. Natürlich gibt Antonio sofort sein bestes um Gilbert zu helfen, allerdings tut sich nicht viel. Am Anfang schien es sogar so, als ob es wirklich helfen würde, doch der Schein trügt. Nichts hat sich verändert. Langsam aber sicher wusste keiner mehr was er tun sollte.

Die Stunden verstreichen allmählich und alle warten nur darauf, dass irgendwer kommt, der ihnen helfen kann. Der Tag zieht an ihnen vorbei und spät in der Nacht klingelt es nicht, es klopft an der Tür. Laut genug, dass man es durch das halbe Haus hören kann. Das kann nur Ludwig sein. Elizaveta und Francis sind bereits in ihre Zimmer verschwunden. Schließlich ist es fast Mitternacht. Arthur öffnet die Tür und schaut zu Ludwig hinauf. Neben ihm steht der Italiener. Auf Felicianos Gesicht liegt kein Lächeln so wie immer, auch kein Ausdruck der Angst wie es häufig der Fall ist, nein diesmal ist er wirklich besorgt, traurig. Naja wahrscheinlich ist ein wenig Angst auch dabei, aber er hat nicht Angst um sich selbst sondern um den Preußen. Ludwig sieht erschöpft aus. Seine Haare sind zerzaust, so als ob er die ganze Nacht unterwegs war und nicht ein Auge zugetan hätte. Nur zu verständlich, immerhin geht es um seinen Bruder.

„Vee~ Wo ist Gilbert?“ fragt der kleine Italiener leise und unterdrückt Tapfer in Tränen auszubrechen. Ludwig hat die Hände zu Fäusten geballt und schweigt eisern. Wahrscheinlich würde er zu schreien anfangen. Arthur bittet sie wortlos herein, schließt die Tür und führt sie zu Gilberts Zimmer. Vor Gilbert auf einigen Stühlen ausgebreitet sitzen immer noch Der Spanier und der Österreicher. Sie wirken erschöpft. Ludwig tritt näher an Gilberts Bett und schaut nur besorgt drein. Feliciano setzt sich neben Antonio und Roderich auf einen der Stüle.

„W-wusstet ihr, dass … Dass Gilbert … Nunja … Er wird zum Menschen,“ beginnt der Italiener schüchtern zu erzählen. Es klingt natürlich alles sehr unwahrscheinlich, doch er ist ja noch nicht fertig damit allen die Situation erklären. „Er hat keine Nation mehr, also passiert jetzt, was schon vor vielen Jahren hätte passieren müssen… Er wird zum Menschen und wisst ihr auch was das bedeutet? Das Bedeutet, dass er sterben wird. Menschen werden nicht so alt wie wir Nationen. Wahrscheinlich wird er noch nicht einmal die Sonne mehr aufgehen sehen.“ Noch während er den letzten Satz vollendet beginnt Feliciano zu schluchzen und die anderen haben Mühe damit ihn zu verstehen. Sie wissen genau was er ihnen gerade erklärt hat. Sie haben den Preußen vergessen, über so viele Jahre wie Luft behandelt, weil es verständlich war, dass er da war und jetzt … Jetzt verschwindet er.
 

Ludwig setzt sich neben Feliciano und nimmt ihn fest in die Arme und versucht ihn zu trösten, obwohl er selbst es ihm jetzt gerne gleichgetan hätte. Natürlich konnte er nicht, schließlich musste er jetzt stark sein. Jetzt kann er keine Schwäche zeigen. Nicht in einem Moment wie diesem. Natürlich hat er immer gewusst, dass dieser Moment eines Tages kommen würde, allerdings hatte er nicht damit gerechnet, dass es so plötzlich sein würde. Er hat gehofft er hätte noch etwas Zeit. Nur um wieder mit seinem großen Bruder zusammen sein zu können wie früher. Als Gilbert ihm das Kämpfen beigebracht hat, oder tagelang nicht nach Hause zurückgekehrt ist.
 

Der Spanier denkt zurück an die Zeit in der sie zu dritt für Angst und Schrecken gesorgt hatten, aber auch an die Zeit in der sie einfach nur zusammen in einer Bar gesessen hatten und über Themen diskutiert hatten, wie die große Liebe, den Sinn des Lebens und jede Menge anderen Kram dieser Art. Natürlich waren sie dabei alles andere als nüchtern gewesen und am nächsten Tag wurde der mit dem größten Kater rausgejagt zum Frühstück holen. Sofern, sie denn zum Frühstück schon wach waren. Antonio seufzte leise. Natürlich, hatte er seinen besten Freund vermisst.
 

Roderich denkt zurück an die Zeit in der sie Beide um Elizaveta warben. Es gab Zeiten, da hatte er wirklich gedacht, der Preuße würde gewinnen. Natürlich hätte sie mit Gilbert viel mehr erleben können, wahrscheinlich zog sie ein ruhiges Leben in seinem Anwesen aber vor. Sonst wäre sie nicht bei ihm geblieben. Er freute sich jeden Morgen, wenn er sie sah und ist heute immer noch genauso verliebt in sie wie damals. Nur wie fühlte sich Gilbert jetzt? Liebte er sie immer noch? Vielleicht, hat er den Kampf einfach aufgegeben. Vielleicht, denkt er aber auch, dass er ohne ein Land eh keine Chance mehr hat. Niemand konnte den Preußen je verstehen. Roderich hatte an eine Zeit geglaubt, in der er es konnte, doch muss er sich eingestehen, dass das nie der Fall war.
 

Jetzt sitzen alle nebeneinander auf ihren Stühlen und warten darauf, dass etwas passiert. Alle hoffen sie darauf, dass Gilbert einfach aufwacht, sie auslacht und sich daran ergötzt, wie wunderbar er sie reingelegt hat. Doch es passiert nicht. Immer noch liegt er da, mit geschlossenen Augen und artmet flach, doch regelmäßig. Allmählich wird es später.
 

2 Uhr morgens.. Es kehrt Ruhe ein. Nur noch Roderich und Ludwig sind wach. Feliciano ist als erstes eingeschlafen. Der Ärmste hat sich in den Schlaf geweint. Ludwig, achtet akribisch genau auf die Atmung seines Bruders während Roderich damit kämpft nicht einzuschlafen. Doch auch ihm fallen bald die Augen zu. Einige Zeit später, schafft auch Ludwig es nicht mehr sich wach zu halte. Er hatte schon vorher einige Tage durchgearbeitet, und wunderte sich wirklich, dass er es so lange ausgehalten hat.
 


 

Die Sonne kriecht schleppend langsam über den Horizont, klettert hinauf zu den Baumwipfeln und sucht schließlich ihren Weg durch das Zimmerfenster. Die hellen Sonnenstrahlen fallen auf das Gesicht des Italieners und wecken ihn. Feliciano windet sich daraufhin, aus Ludwigs Armen, der leise murrt, aber dann weiterschläft. Der Italiener stürmt zu Gilbert und starrt ihn an. Er atmet nicht. Sein Herz schlägt nicht mehr. Zuerst steht Feliciano nur still da, bevor er auf die Knie sinkt und laut anfängt zu weinen. Ludwig und Roderich wachen sofort auf. Auch Elizaveta, Francis und Arthur stürmen sofort in das Zimmer des Preußen. Eine erdrückende Stille liegt im Raum, das einzige was diese Stille unterbricht ist das ununterbrochene Schluchzen des Italieners.

Schenk mir ein Wunder

Wenige Tage vergehen, bis schließlich der Tag der Beerdigung gekommen ist. Alle Länder haben sich versammelt um sich von ihrem alten Freund zu verabschieden. In der kleinen Kapelle ist es langsam recht eng. Wer hätte geahnt, dass so viele Leute sich versammeln würden. Gilberts engste Freunde haben sich in den ersten Reihen niedergelassen. Darunter Ludwig, Elizabeta, Roderich, Antonio und Francis. Der kleine Italiener, Feliciano, hat sich seine Robe übergeworfen und hält nun die Abschiedsrede. Eine halbe Stunde später gehen alle nach draußen – Ludwig, Roderich, Antonio und Francis tragen den Sarg, ein einfaches Modell aus Eichenholz, nach draußen um ihn in das ausgehobene Grab hinabzulassen. Auch hier spricht Feliciano noch ein paar Worte des Abschieds, bevor alle eine rote Rose und eine handvoll Sand in das Grab werfen. Der letzte der seine Rose in das Grab wirft und sich verabschiedet ist Ludwig. Er geht an das Grab und, der sonst so starke Mann, hat die letzte Nacht bis jetzt nur Tränen vergossen und macht sich Vorwürfe, dass er hätte besser aufpassen müssen. Er hätte sich um seinen großen Bruder kümmern müssen, genau wie der Preuße es immer für ihn getan hatte. Doch Ludwig sieht ein, dass er sich lieber in seiner Arbeit verkrochen hatte und gar nicht bemerkte, wie es um seinen Bruder stand. Der Deutsche schaut in den Himmel, als würde er erwarten, dass sein Bruder vielleicht als Geist auftauchen würde und ihm eine Ohrfeige verpassen, dafür, dass er doch tatsächlich weint. Wahrscheinlich würde Gilbert anfangen zu lachen und ihn fragen, wo der starke Ludwig geblieben ist. Doch statt eines Geistes sieht man einen Vogelschwarm vorbeifliegen. Einer der vielen Vögel löst sich aus der Gruppe, schnappt sich eine letzte Rose, die noch übrig ist, lässt sie in das Grab fallen und landet schließlich in den zerzausten Haaren Ludwigs. Gilberts kleiner Vogel, Gilbird, wollte sich wohl auch verabschieden. Ludwig streckt eine Hand nach oben aus und tätschelt das kleine Tierchen. „Keine Sorge. Um dich werde ich mich besser kümmern, als ich es bei meinem Bruder getan habe.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  BB-Cute
2013-07-13T13:04:34+00:00 13.07.2013 15:04
Oh ich find die Geschichte so traurig q.q
Sie ist gut geschrieben! Und die Stelle in der Francis ihn nicht erkennt...aahhh für einen echten Preußen fan ist das ein kleiner Stich ins Herz xD
Von: abgemeldet
2012-08-20T13:13:41+00:00 20.08.2012 15:13
Klingt interessant, wenngleich mir Geschichten im Präsenz geschrieben oft nicht zusagen.
Aber es ist ja ein Prolog, zudem finde ich die "Kurzbeschreibung" der Charaktere, mit denen gleich ihr Verhältnis zu Gilbert mit einbezogen wird, gut gelungen.
Hier und da entdeckt man kleine Rechtschreibfehler, aber das nicht weter schlimm, denn dein Schreibstil besitzt etwas Vielversprechendes, das dies wieder wett macht.



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