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Blur - Ancient Curse

[Aoi & Kai] [Ruki & Uruha] [Karyu & Zero] [MC] [Singlework]
von

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Kai erwachte mit einem erschrockenem Schrei.

Der Blick verschwommen und seine Instinkte immer noch auf Flucht ausgerichtet, verfing er sich mit den Beinen in seiner Bettdecke und stürzte einen Moment später aus dem Bett.

„Kai?“

Die Stimme seines Geliebten klang weit entfernt, doch sie genügte, dass er aufhörte zu kämpfen – Aoi war da, er würde ihn beschützen. Wenig später fühlte er die Hand des Dämonen auf seiner Wange, dann verlor er den Boden unter sich, wurde getragen und auf einem der großen Sessel platziert, die vor den Fenstern standen.

„Kai. Sieh mich an.“

Er versuchte dem nachzukommen – irgendwo rasselte Atem und es brauchte, bis er begriff, dass er selbst es war, der dieses Geräusch machte. Er hielt die Luft einen Moment an, schluckte schwer, blinzelte dann. Aois schwarze Augen materialisierten sich vor ihm – sie waren mit Sorge behaftet, welche sich auch in der Hand widerspiegelte, die über seine Wange streichelte.

„Kai. Sag etwas.“

„Ein... ein Albtraum.“

Seine Stimme klang heiser und Aoi nickte, reichte ihm vom Tisch ein schlankes Glas, welches mit Wasser gefüllt war.

„Das ist mir nicht entgangen. Hast du dich beruhigt?“

Kai nickte leicht und Aois Lippen hoben sich in dem Lächeln, das nur für ihn reserviert war.

„Sehr gut. Erzähl mir was passiert ist?“

Es war als eine Frage formuliert, aber im Grunde war es ein Befehl – nicht, dass Kai sich gegen Aoi gewehrt hätte, trotzdem zögerte er einen Moment. Es war lang genug, dass Aoi sich erhob und ihre Position so veränderte, so dass Kai am Ende wie ein kleines Kind auf dem Schoss des Dämonen saß, welcher seinen Kopf mit einer Hand so führte, damit Kai ihn gegen Aois Schulter lehnen konnte.

Es war seltsam beruhigend so zu sitzen.

„Also?“

Der Braunhaarige nickte seicht, hielt sich leicht an dem Älteren, als er sich die Bilder seines Traumes in Erinnerung rief. Ein Beben löste sich und ließ ihn schaudern.

„Ich war in einem Wald. Er war unheimlich, alles war so verdammt still. Nicht ein Tier, oder Vogel.“ Jetzt, wo er bewusst darüber nachdachte, hätte ihm allein diese Tatsache weit mehr Angst machen müssen, als sie es getan hatte. „Ich bin gelaufen. Da war ein vorgegebener Weg, immer nur ein Stück. Hinter mir verschwand er, vor mir tauchte er auf. Es war unmöglich eine andere Richtung einzuschlagen. Dann verschwand der Wald... er hat sich einfach aufgelöst. Und stattdessen war da die Lichtung auf der Ruki mich gefunden hat, nachdem ich hier ankam. Ich hab erwartet, dass ich ihn da sehe, doch nichts. Stattdessen war da so ein seltsames Tor.“

Kai pausierte abermals, suchte sich die Form und den Anblick genau in Erinnerung zu rufen und Aoi ließ ihn, schwieg, derweil er immer wieder sachte über seine Schulter strich.

„Es war wie eine Art Spiegel und doch wieder nicht. Es ähnelte eher einer Wasserlache, die ihre Farben verändert hat. Dann wurde sie zu Stein, blieb aber weiter in der Luft stehen. Und dann...“

Sein Atem stockte, weswegen sich Aois Arm fester um ihn schob.

„Es ist vorbei. Sag mir, was dann passiert ist.“

„Da war ein Mann. Er... er hat mir Angst gemacht.“

Kais Hand griff den Stoff der Decke, in die er gewickelt war, fester und der Dämon nickte, summte leise, beruhigend.

„Ich weiß. Hat er etwas zu dir gesagt?“ Kai nickte. „Was war es?“

„Er sagte... ob es mir gefällt. Mein Grab. Und dass er etwas von mir will... dass er mein Untergang ist.“

Die letzten Worte waren immer leiser gesprochen worden; sie verloren sich in der Stille, die sie minutenlang einhüllte und erst gebrochen wurde, als sich Aois Lippen gegen seine Stirn legten, dort einen sanften Kuss hinterließen.

„Du solltest weiter schlafen.“

Der Jüngere nickte ergeben, ließ sich von seinem Geliebten ins Bett hinüber bringen, seufzte, als er zudeckt wurde. Aois Blick richtete sich auf ihn, nachdem dieser eine Öllampe entzündet hatte.

„Es gibt nichts, was dir Angst machen muss. Ich werde jedes Übel von dir fern halten.“

Kai nickte, lächelte zu Aoi hinauf, welcher mit dem Handrücken über seine Wange streichelte, bevor er sich hinab lehnte und seine Lippen fing.

„Schlaf.“

Der Braunhaarige folgte dem Wort des anderen Mannes binnen Sekunden – seine Atmung wurde ruhiger, tiefer. Trotzdem verharrte Aoi noch weitere Augenblicke, dann erst erhob er sich, schritt nackt durch den Raum in das angrenzende Arbeitszimmer, in welchem er vor den großen Fenstern zum Stehen kam und aus diesen starrte.
 

Weicher, fließender Stoff eines Morgenmantels schob sich über seine Schultern, gefolgt von Armen, deren Haut bronzen schimmerte.

„Was ist geschehen? Warum bist du auf?“

Uruhas sanft-melodische Stimme flutete nah an seinem Ohr, als ihn das Meerwesen aufmerksam ansah. Aoi erwiderte den Blick nicht, seine Augen blieben unverändert auf die Welt jenseits des Glases gerichtet.

„Kai hatte ein Albtraum.“

„Warum bist du dann nicht bei ihm?“

„Es beunruhigt mich.“

„So? Weswegen? Böse Träume haben wir alle hin und wieder.“

Uruha legte seinen Kopf auf die Schulter des Dämons, verschränkte seine Finger ineinander, derweil er in der Dunkelheit zu finden suchte, was Aoi so intensiv anstarrte.

„Es war kein einfacher Traum. Es klang eher nach einen Ruf.“

„Ein Ruf? Wohin?“

„Das weiß ich nicht. Aber ich werde es herausfinden. Uruha. Geh und wecke Ruki. Ich will, dass ihr beiden mit Kai nach Ulka geht.“

Das schöne Meerwesen löste sich ein Stück.

„Ulka? Du möchtest, dass er Die sieht?“

Aoi nickte, die königlichen Züge in eine harte, entschlossene Linie gesetzt.

„Ich will wissen, wen Kai in seinem Traum gesehen hat. Ich will wissen, mit wem wir es zu tun haben und was zu tun dieser Jemand im Stande ist.“

Der Langhaarige nickte, schob einige seiner Locken über die Schulter zurück.

„Natürlich, mein Herr.“

Er zog sich still zurück, blieb in der Tür aber noch einmal stehen, um zu seinem Herrscher zu blicken. Dieser hatte sich in keinster Form bewegt und wenn Uruha lange genug hinblickte, dann konnte er die Fäden der schwarzen Magie sehen, die um Aoi herum waberten und nur zu deutlich dessen Gemütszustand widerspiegelten.

Ein leises Seufzen floh von den Lippen des schlanken Mannes.

Er hatte gehofft, dass Kais Ankunft in Kistara – egal wie überraschend und unerklärlich sie auch gewesen sein mochte – ohne schwerwiegende Konsequenzen bleiben würde. Es wäre ein süßer Traum gewesen, aber im Grunde hätte Uruha es besser wissen müssen.

Er raffte den Stoff seines weit fallenden Schlafgewandes, als er die Stufen hinauf schritt, die ihn in die Gemächer Rukis bringen würden; er war sich sicher, dass dieser abermals nicht schlief. Seit Kai gekommen war zermartere sich sein Gefährte den Geist, wie das geschehen war. Ruki hielt alle Türen und Tore fest verschlossen. Er kannte alle Schleier der Welten, fühlte und spürte, wenn jemand sie berührte, sie verletzte oder gar durchdrang. Er hatte sofort gewusst, wo er nach Kai suchen musste. Der Mensch war wie ein Feuerwerk für seine Sinne gewesen, doch eben erst, als dieser schon in Kistara gelandet war. Es erzürnte Ruki maßlos, dass es da etwas gab, was er nicht greifen und kontrollieren konnte.

Uruha öffnete leise die schwere, hölzerne Tür, schob sich durch diese.

„Ruki?“

„Ich bin hier.“

Der Dunkelelf saß an seinem Schreibtisch, welcher unter dem Gewicht von Büchern, Karten und Schriftrollen stumm ächzte. Es war ein Wunder, wirklich, wie Ruki es schaffte, bei all dem Chaos einen Überblick zu behalten. Der Kleinere hatte ihm eine Hand entgegen gestreckt, welche Uruha ergriff und sich so nahe ziehen ließ, dass Ruki einen sanften Kuss auf sein Puls legen konnte.

„Warum schläfst du nicht?“

„Aoi hat nach mir gerufen.“

Ein leises Schnauben entfloh dem Rotbraunhaarigen. Es konnte mit einem 'Natürlich, was sonst' übersetzt werden, weswegen Uruha den Kopf schüttelte.

„Er hat nicht so nach mir gerufen. Es war seine Seele. Er ist aufgewühlt.“

Der genervte Ausdruck schwand von den Zügen des Dunkelelfen, als dieser sich erhob und Uruha zu dem Sofa hinüber führte.

„Was ist passiert?“

„Kai hatte einen bösen Traum. Aoi denkt, dass es ein Ruf war, von wem, das ist vollkommen unklar. Deswegen möchte er, dass du, Kai und ich nach Ulka gehen, um Die zu konsultieren. Er soll uns helfen ein klares Bild von dem Fremden zu bekommen den Kai in seinem Traum gesehen hat.“

Ruki nickte.

„Eine weise Entscheidung.“

Uruhas Lippen erhoben sich in einem liebevollen Lächeln, als er mit den feinen Haaren in Rukis Nacken spielte, immer wieder durch diese strich.

„Es ist erstaunlich, dass du seinem Wort so enthusiastisch zustimmst. Normalerweise hast du nahezu immer Bedenken.“

„Nicht dieses Mal. Sieh her.“ Ruki hatte sich erhoben, führte das Meerwesen zu den Fenstern, wo er die schweren Vorhänge beiseiteschob. „Die Monde nähern einander. Wenige Tage und sie werden eine Linie erreicht haben. Du weißt, was das bedeutet.“

„Die Magie in uns allen steigt zu einem unerträglichen Maß.“

Uruha blickte auf die Monde, welche auch Aoi angestarrt haben musste – er sah noch keine Veränderung, doch er war mit dem Himmel und der Erde nicht so nah verbunden, wie es sein Herr war. An seiner Seite nickte Ruki.

„Es ist eine gefährliche Zeit. Aoi weiß das. Er ist seit Tagen nervöser – sofern, man es als so etwas bezeichnen kann. Dir ist es doch auch aufgefallen. Deswegen suchst du so oft seine Nähe, um ihn zu beruhigen, nicht wahr?“

Abermals konnte Uruha nur zustimmend nicken. Alles, was Ruki sagte, entsprach der Wahrheit.

„Und nun dieser Ruf. Es kann nichts Gutes bedeuten. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Kai gar nicht hier sein dürfte.“

„Warum senden wir Kai nicht einfach zurück?“

Ruki schnaubte amüsiert; er machte sich nicht über Uruha lustig, das wusste der Langhaarige. Es war wohl mehr die gesamte Situation und diese Reaktion des Dunkelelfen eine Art Stressabbau.

„Abgesehen davon, dass Kai sich dagegen mit Händen und Füßen wehren würde, wäre es dumm ihn wegzuschicken. Wenn er bei uns ist, können wir ihn weit effektiver schützen. Irgendjemand ist an ihm interessiert oder versucht durch ihn an einen von uns heran zu kommen und das passt mir nicht.“

Uruha küsste Rukis Wange.

„Du wirst das zu verhindern wissen.“

„Worauf du wetten kannst.“

~~~~~
 

Ein feines Klingeln durchbrach die Ruhe, die über dem Fürstentum Elbaro lag.

Es war wie ein Glöckchen aus Kristall; hörbar nur für jene die den Atem der Zeit verspüren konnten. Und so sah Kaoru von seinem allabendlichen Tee auf, als sich sein Schützling in seinem Bett aufsetzte und da sich dieser nach einigen Herzschlägen noch immer nicht geregt hatte, erhob er sich von dem flachen Sitzkissen und trat durch die unzähligen Tücher die von der hohen, kuppelförmigen Decke herab hingen.

„Die?“

„Er hat geläutet. Der Baum der Weissagung.“

Der Hoheelf nickte, derweil er sich fließend neben dem Rothaarigen sinken ließ.

„Ich weiß. Ich habe es auch gehört.“

Die antwortete ihm nicht, starrte unsehend in die Ferne, eine Hand sachte in seinem Nachthemd, direkt über seinem Herzen, geballt.

„Ich habe geträumt.“

„Willst du mir davon erzählen?“

„Das kann ich nicht... es waren keine Bilder. Sondern... Gefühle. Wünsche. Dinge die sich so stark projiziert haben das sie meinen Schlaf gestreift haben.“ Dies Arme wanden sich schützend um seinen Oberkörper. „Mehr noch, sie haben nach mir gegriffen. Mich hinunter in die Schwärze gezogen. Es war schwer, ihnen nicht einfach nachzugeben und ins Nichts zu sinken.“

„Was für Gefühle?“

Kaoru löste eine Hand Dies, begann sanft damit die einzelnen Finger zu massieren, glitt mit wissenden Bewegungen in die Zwischenräume und über den Handballen. Der Rothaarige entspannte sichtlich unter dieser Berührung, er begann zu blinzeln, ließ sich dann langsam gegen die unzähligen, großen Kissen sinken.

„Wut. Solch große Wut auf alles in diesen Welten. Und Kummer. Herzzerreißend, so voll von Qual. Doch da war auch Kälte, kühl und kalkulierend... etwas boshaftes, finsteres, das vor nichts zurück schrecken würde. Und Liebe. Heiß, hell, strahlend wie ein Sonnensturm zur Midnirinacht. [1] Es war so verwirrend und gleichzeitig so klar. Ich habe es nicht verstehen können, mit meinem Verstand, aber mit meinem Herz.“ Dies freie Hand legte sich zur Faust geballt an seine Stirn. „Ich habe nicht herausfinden können, wo der Ursprung ist. Es tut mir leid.“

Kaoru summte tröstend, beruhigend.

„Du musst nicht alles fühlen und orten können, Die. Deine Gabe ist erstaunlich genug, zermartere dir nicht den Kopf darüber.“

„Aber solch harsche Emotionen sind gefährlich!“

Die sah ihn verstört an und der Hoheelf summte erneut, nickte.

„Ja, das ist wahr. Und wir werden mit Kyô darüber sprechen und gemeinsam einen Weg finden, den wir einschlagen können. Du vertraust mir doch?“ Auf Dies Nicken hin lächelte Kaoru väterlich. „Dann mache dies auch jetzt. Und nun komm, du musst dich waschen.“

Der Traumtänzer blinzelte verwundert.

„Warum?“

Kaoru hatte sich bereits erhoben und einige der Tücher beiseite gestreift; nun hielt er diese mit einer Hand, derweil er Die über die Schulter hinweg ansah.

„Weil ich möchte, dass du mit mir zum Baum der Weissagung kommst.“

„Gibt es einen bestimmten Grund, weswegen dies dein Wunsch ist?“

Kaoru nickte seicht.

„In der Tat den gibt es. Sobald wir die Prophezeiung am Baum vernommen haben, sollst du den Segen unseres Volkes erhalten. Du lebst nun lange genug bei uns, alterst mit uns, bist unseren Riten und Glauben treu. Es ist an der Zeit, dass dies gewürdigt und allen Elfen offenbart wird. Es ist bereits alles abgesprochen und in die Wege geleitet worden.“

Es war nicht überraschend, dass sich Die quasi in seine Arme stürzte, Tränen der Freude in den braunen Augen.

„Danke.“

„Du hast es dir selbst erarbeitet. Und nun, ab. Fort mit dir. Kyô erwartet uns.“
 

Der Baum der Weissagung war einen dreitägigen Ritt vom Fürstentum Elbaro entfernt.

Doch die Elfen pflegten mit weniger konventionellen Mitteln an ihr Ziel zu gelangen und Die – welcher das Rudel der Greifen durchaus schon aus der Ferne betrachtet, aber niemals nahe an sie heran getreten war – stand der Mund in kindlichem Erstaunen offen.

Die eleganten Tiere maßen eine Schulterhöhe die seine eigene Größe um das Doppelte übertraf, ihr Fell und Gefieder fühlte sich an wie Seide und Samt. Es war so weich, dass Die es am Liebsten unentwegt hätte berühren wollen. Bernsteinfarbene Augen blickten klug auf ihn herab, die Farben der atemberaubenden Wesen flossen herrlich weich über, verschmolzen braun, beige, gold und so vieles mehr zu einem wahren Feuerwerk an Wärme und Energie.

Es reisten nur wenige mit Kaoru und ihm.

Zum einen war da Kyô. Er regierte Ulka und nicht selten war Die vor seiner eindrucksvollen Präsenz zurück gewichen. Die schwarzen Iriden waren erhaben, ihr Blick stetig und fest. Das Tattoo, obgleich Ausdruck seines Verrats, trug der Hoheelf mit Stolz. Nie verdeckte er es oder tolerierte leise gewisperte Worte hinter seinem Rücken. Wenn sie etwas zu sagen hatten, dann sollten sie dies direkt vor ihm tun. Ein jeder in Elbaro hatte das Recht frei und offen zu sprechen – selbst mit ihrem König.

Sie mussten nur die Antwort ertragen können.

Neben Kyô wurden sie von Imgrail und Eoli begleitet. Sie beiden waren Jäger und Krieger und für ihren Schutz auf der Reise verantwortlich. Nicht, dass sie diesen wirklich nötig hatten – Kyôs Magie war vernichtend genug – doch die beiden bestanden ein jedes Mal darauf und ihr Herr ließ es zu. Ob es nun war, um ihnen einen Wunsch zu erfüllen, oder weil er der Diskussion über die Jahrhunderte müde geworden war, ließ sich nur schwer sagen. Doch es erfüllte die beiden noch relativ jungen Hoheelfen mit einem unglaublichen Stolz.

Es war Imgrail, der Riese, der Die an der Hüfte packte und ihm dabei behilflich war, auf den Rücken eines der kleineren, weiblichen Tiere zu klettern. Der Traumtänzer lächelte dankend auf ihn herab und erhielt dafür ein liebevolles Tätscheln seines Oberschenkels. Imgrail sah ihn noch immer als das Kind, dass vor all dieser langen Zeit mit Kaoru nach Elbaro gekommen war und Die hatte aufgegeben zu versuchen, ihn eines Besseren zu belehren. Außerdem war es hin und wieder ganz nett, wenn man verhätschelt wurde.

Er griff nach dem weichen Leder, welches um den Hals der Tiere lag und an dem er sich während des Fluges halten konnte – zwar waren sie alle mit einem Zauber belegt, der verhinderte, dass sie während der Reise abstürzten, doch auch dieser verlor sich, wenn die schönen Wesen gezwungen waren, drastische Flugmanöver einzuleiten, weil sie zum Beispiel von einem Drachen verfolgt wurden.

Der Rothaarige hatte dies nie selbst miterlebt, doch die grusligen Geschichten waren real genug erzählt worden, dass es ihm schwache Knie bereitet hatte.

Der größte der Greife, das Männchen, tat einen klackernden Laut mit dem Schnabel als Kyô zu ihnen kam, er schüttelte seinem Kopf wodurch die Federn und die darunter liegende imposante Mähne in Bewegung gerieten, bevor er diesen senkte und den Hoheelf begrüßte, was dieser mit einem kleinen schiefen Grinsen und einer Hand gegen den Schnabel erwiderte.

Die beobachte, wie dieser elegant aufstieg, wobei er die unzähligen Lagen seiner Robe mit Schwung hinter sich ausbreitete, dann reichte Eoli dem Fürsten seinen Stab und setzte letztendlich selbst auf.

Die hielt sich automatisch fester, als sein Greif sich aufrichtete und die Flügel ausbreitete; er hätte eine Art Anlauf erwartet, doch die Wesen drückten sich aus dem Stand in die Luft. Es war faszinierend zu fühlen, wie die Muskeln unter seinen Beinen arbeiteten, wie mühelos sie an Höhe gewannen.

Unter ihnen wurden die Lichter Elbaros immer kleiner und unter dem weiten Blick, der sich dem Traumtänzer nun bot, konnte er die Wälder von Sepram und die Windklippen erspähen. Beide Orte schüchterten den sensiblen Mann ein, sie strahlten Dunkelheit aus, der er immer ausweichen würde, wenn es ihm möglich war.

Der Ort, an dem der Baum der Weissagung wuchs, stand im starken Kontrast zu den Wäldern und Klippen, schon als sie sich näherten fühlte Die sich geborgen und behütet. Unterliegend gab es diese beeindruckende Kraft, so gewaltig und so alt. Sie löste ein Beben in Die aus, derweil sein Herz vor Aufregung laut zu pochen begann.

Die Greife sanken tiefer und wenig später berührten die mächtigen Pranken den dunklen Boden. Sie senkten sich tiefer, sodass ihre Reiter absteigen konnten und wieder war es Imgrail, der dem Traumtänzer sicher herunter half, welcher lächelte und an die Seite Kaorus huschte.

Genau hinter Kyô her zu schreiten war ein überwältigendes Gefühl und mehrmals suchte er den Blick zu seinem Vormund, welcher ihm beruhigend zunickte.

Sie überwanden eine kleine Anhöhe – ganz wie die Sanddünen bevor man das Meer erreichte – und dann bot sich dem Rothaarigen ein Anblick, der ihm schlicht jeden Atem stahl und Tränen in seine Augen brachte.
 

Der Baum war nicht groß, die Echna [2] im Schimmerwald übertrumpften diesen um Längen, doch dafür streckte sich sein Blätterdach weit in alle Himmelsrichtungen aus. Es war als würden sie unter das Dach des Firmamentes selbst treten – tiefblaue Blätter, sodass sie nahezu schwarz waren, glitzerten mit abermillionen von feinen Diamantsplittern die sich mit jeder ihrer Bewegungen veränderten. Sie bildeten Formen und Tiere, Buchstaben und Schriften, die der Traumtänzer noch nie gesehen hatte. Die Äste hoben sich, um ihren Weg freizugeben, sie senkten sich, um sie an den Schultern und Armen zu streifen. Blätter strichen wie warmer Sommerwind über sein Gesicht und mehrmals schloss Die einfach die Lider, konzentriere sich ganz auf das Fühlen und nichts anderes.

Der Boden um den Stamm herum war mit kleineren Steinen und dunklen Moosflechten übersät; Dies Finger streckten sich wie von selbst sie zu berühren. Wenn es ihm möglich gewesen wäre, dann hätte er sich wie ein kleines Kind auf diesen ausgebreitet.

Es war einfach so unglaublich – Die hatte viel Wundervolles gesehen, dass es in Kistara gab... doch dieser Anblick....

Ihm fehlten die Worte.

Kyô indes war zu dem Stamm des Baumes getreten, lehnte nun seine Stirn dagegen. Es war die einzige Berührung des Hoheelfen und der Baum reagierte augenblicklich. Die schweren Äste senkten sich, schlossen den Dunkelblonden in eine zärtliche Umarmung. Abermals erklang das feine Klingeln, dieses Mal in einer anderen Abfolge, sodass es eine Melodie ergab. Ein sanfter Gesang an den Hoheelfen und Propheten gerichtet, dessen Finger sanft über die schwarz-blauen Blätter strichen.

„Ich bin gekommen. Sag mir, was du in der Zukunft gesehen hast. Zeig mir den Weg, den unsere Realität einschlägt.“

Kyô ließ sich nach hinten sinken, wurde sanft von den Ästen gefangen und in die Luft gehoben.

Die beobachtete mit sprachlosem Erstaunen wie ihr Fürst die Augen schloss und sich das leuchtende Symbol Ulkas auf dessen Stirn abzeichnete – es war sonst nicht da. Kurz darauf bildeten sich Abfolgen von Strichen unter dem Blätterdach; Die konnte sie nicht lesen, doch er wusste, dass es Ekalo war. Die Drachensprache.

Die Linien schienen aus sich selbst heraus zu glühen, ein Effekt, der sich verstärkte, als sie sich lösten und sprialenförmig über dem Hoheelfen zu kreisen begannen, bevor sie sich senkten und innerhalb des Zeichens von Ulka verschwanden.

Der Traumtänzer keuchte mit Kyô, welcher sich unter der Macht der Prophezeiung krümmte, den Rücken in einer aufwärts zeigenden Kurve durchgedrückt.

Es dauerte nur wenige Augenblicke, dann sank der Elf zu Boden, die Augen noch immer geschlossen.

Imgrail kniete sich an die Seite ihres Fürsten, bot diesem eine Hand und zu Dies Überraschung wurde diese zielsicher und fest ergriffen. Der größere Mann half Kyô in einer einzigen fließend-schwungvollen Bewegung auf die Füße, derweil das Zeichen auf der Stirn aufhörte zu leuchten, anschließend vollends verblasste und verschwand.

Die schwarzen Augen legten sich auf Kaoru, welcher den intensiven Blick ruhig erwiderte.

„Schick Kunde nach Obe. Aoi muss nach Ulka kommen.“
 

[1]Die Midnirinacht sind drei aufeinanderfolgende Nächte an denen es nicht dunkel wird, dies passiert, weil die Sonne, die Kistara wärmt, zwei Mal im Jahr in ihrer Umlaufbahn verharrt, da sie den Gravitationen der vier Monde ausgesetzt ist.
 

[2] Baumriesen, sie sind mit den Bäumen zu vergleichen die in im Regenwald oder aber Neuseeland vorkommen und die eine ungefähre Höhe von 60 m erreichen können.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  rinsachi
2012-08-05T11:02:37+00:00 05.08.2012 13:02
Armes KaiKai...was machen wir nur mit ihm?
Es ist süß wie sich Aoi um Kai sorgt, das traut man diesem bösen, starken Dämon gar nicht zu.
Und ich liebe Rukis Aufmüpfigkeit gegenüber Aoi, auch wenn sie diesmal ja nicht richtig durchkam. Hm...ich freu mich auf die volle Entfaltung seines Charakters.
Und außerdem....da liegt was in der Luft~
Ich freu mich drauf. <3
Von: abgemeldet
2012-08-03T07:53:14+00:00 03.08.2012 09:53
Och Menno, ich wollte doch wissen, wer das bei Kai war.
Da muss ich wohl noch etwas länger warten ;-)

Schon irgendwie süß, wie Aoi sich um Kai kümmert.
Aber es ist nicht schön, dass Aoi irgendwas zu bedrücken scheint.
Und dann die Sache mit Die...
Das ist alles ganz schön beunruhigendgleichzeitig.
***

Ich bin auf jeden Fall schon auf das nächste Kapitel gespannt.
Bis dahin also, LG Cat



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