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Keep my Secret

... and love me
von

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Sommer, Sonne, Blut

"Mafuyu, das ist ja traumhaft", seufzte Kagome und versuchte sich den Anblick einzuprägen.

"Ich verstehe deine euphorische Begeisterung nicht", erwiderte sie. "Das ist nur eine normale kleine Strandvilla."
 

Kagome sah sie entsetzt an. In normalen Verhältnissen, konnte man dieses Anwesen nun wirklich nicht klein nennen. Von einem edel verarbeiteten Eisenzaun umgeben und einem verspielten Brunnen im Vorgarten, erschien alles in voller Pracht. Durch einige Bäume hindurch konnte man das glitzernde Meer erkennen welches sich, natürlich mit Privatstrand, direkt hinter dem Haus befand.

"Kaoru, komm her und hol deine Sachen!" rief Inuyasha und hielt ihr ihre Tasche entgegen, als sie schnell zurück zum Wagen lief.
 

Die Kato-Insel, wie Mafuyus Onkel sie getauft hatte, war nicht weit vom japanischen Festland entfernt und sie hatten gerade einmal drei Stunden benötigt um von der Schule aus dorthin zu kommen. Die Insel hatte eine rundliche Form und war abwechselnd von weißen Sandstränden und hohen Klippen umrandet. Mittig erstreckte sich ein dichter Wald, durch den nur eine Straße führte. An der Fährstelle wurden sie von einem idyllischen Dorf begrüßt und in einer schicken Limousine zur anderen Seite der Insel kutschiert.
 

"Und dein Onkel lässt uns, einfach so, das Wochenende hier verbringen?", fragte Kagome und lief mit den anderen zum Eingang der Villa, wo bereits ein Mann auf sie zu warten schien.

"Wenn er in Italien ist, stört es ihn doch nicht", sagte Mafuyu nur und hob grüßend die Hand, als sie die genervt dreinschauende Person entdeckt hatte. "Hallo, James!"
 

Wie sich herausstellte, war James der hauseigene Butler und für die Versorgung und Sicherheit der Gruppe verantwortlich, worüber er aber offensichtlich nicht glücklich war. Allein in der Zeit, in der James ihre Taschen hinauf trug und sie auf die verfügbaren Räume verteilte, zählte Kagome vierzehn Augenumdrehungen und neun gequälte Seufzer.

Die Paare waren schnell festgelegt. Samantha schlief wie jedes Jahr bei Mafuyu in ihrem Zimmer. Ray und Yori, sowie Inuyasha und Kagome teilten sich eines der beiden Gästezimmer.
 

Sie schluckte nervös, als sie realisierte, dass in dem Zimmer nur ein Bett stand. Es war zwar ein sehr breites Bett, in dem sie beide vermutlich dreimal Platz hätten, aber mulmig war ihr bei dem Gedanken trotzdem. Inuyasha hatte ihren besorgten Blick bemerkt und verzog beleidigt das Gesicht, als er seinen Rucksack auf eine Betthälfte warf.

"Keine Panik, ich werde schon nicht über dich herfallen", murmelte er und verließ das Zimmer sofort wieder. Sie schaute ihm erstaunt hinterher.
 

Nachdem alle angekommen waren, trafen sie sich zum frühstücken unten in der geräumigen Küche. Auch wenn James die Begeisterung fehlte, einen guten Job machte er allemal. Frisch aufgebrühter grüner und schwarzer Tee, klassicher Reis, gebratenes Gemüse und gegrillter Fisch wurden serviert, wie auch verschiedenste kleine Sandwiches und gerolltes süßes Omelett.

"Was hast du denn jetzt vor?", fragte Samantha, als Yori in Sportkleidung die Treppe hinunterflitzte.

"Ich habe bald ein wichtiges Spiel, also gehe ich jetzt ein bisschen joggen", antwortete er und begann sich zu dehnen.

"Im Ernst?", fragte Kaoru und schaute ihm nach während er sich den Toast aus Rays Hand schnappte den er gerade mit Marmelade bestrichen hatte, durch die Terrassentür verschwand und noch rief: "Nicht lange, nur einmal den Berg runter und wieder rauf."

"Er sieht ganz normal aus und dann tut er so was", sagte Inuyasha stirnrunzelnd.
 

Später saß Kagome, in einem weiten T-Shirt und lockeren Shorts, auf einer großen Stranddecke unter einem Sonnenschirm und sah hinaus aufs Meer. Die anderen waren schon längst im Wasser. Sie biss genervt die Zähne zusammen, als Mafuyu sich schon wieder an Inuyashas Arm klammerte. Den ganzen Tag schon, schwirrte sie um ihn herum und nutzte jede Gelegenheit um Körperkontakt herzustellen. Inuyasha ging zwar immer wieder etwas auf Abstand, aber es schien ihm nicht wirklich was auszumachen. Sie glaubte zu bemerken, wie Ray sich immer wieder wie zufällig zwischen die beiden schob. Vielleicht wollte er Inuyasha unauffällig helfen. Vielleicht bildete sie es sich auch bloß ein.

Lachend hielt sich Mafuyu an Inuyashas Schultern fest und sprang auf seinen Rücken. Er hielt sie gerade noch an den Oberschenkeln fest, bevor sie wieder abrutschte. Sie schmiegte sich glücklich an ihn, während er sie durch das Wasser trug.
 

Kagome seufzte laut und dachte an den Zwischenfall vor wenigen Tagen. Wie sie sich beide voreinander ausgezogen hatten und sie war sich nicht sicher wie weit das gegangen wäre, wenn Ray sie nicht unterbrochen hätte. Sie hatte es vermieden die Sache anzusprechen und auch Inuyasha hatte kein Wort darüber verloren. Am nächsten Tag war es so, als wäre es nie passiert. Inuyasha hatte sich seitdem allerdings nicht mehr vor ihr entkleidet.

War das ein Sieg? Schließlich war es ja das gewesen, was sie erreichen wollte. Ihr eigenes Verhalten hatte sie sehr überrascht und ihre Gefühle konnte sie auch nicht richtig einordnen. Er hatte doch mit ihr geflirtet und sie ganz klar angestachelt. Hatte es irgendetwas zu bedeuten oder hatte er sich bloß einen Spaß mit ihr erlaubt?
 

Kagome schreckte aus ihren Gedanken, als sie lautes Kreischen und Lachen hörte. Ray und Yori stürzten sich auf Samantha, hoben sie hoch, nur um sie dann wieder ins Wasser zu werfen. Es sah lustig aus.

Leicht deprimiert, dass sie nicht ins Wasser konnte, weil das ihre Tarnung auffliegen lassen könnte, legte sie sich hin, streckte sich, schloss dabei die Augen und genoss die warmen Sonnenstrahlen.
 

Nach wenigen Minuten legte sich ein Schatten über sie. Überrascht öffnete sie ihre Augen und blickte in Inuyashas Gesicht, der sich daraufhin neben sie setzte.

"Alles okay?"

"Klar, warum?", erwiderte Kagome gespielt gut gelaunt und setzte sich wieder auf. Ihre Wangen erröteten leicht, als sie sah wie die Wassertropfen an seinem muskulösen Rücken herunterliefen und schaute schnell weg.

"Weil du- ach, schon gut", brach Inuyasha ab und schüttelte leicht den Kopf.
 

"Hey, ihr Langweiler! Kommt schon her!", brüllte Yori ihnen ausgelassen zu und schaufelte das Wasser in ihre Richtung. Sam nutzte seine Unachtsamkeit und warf sich gegen ihn, sodass beide seitwärts ins Nasse fielen. Er und Kagome mussten lachen.

"Willst du wirklich nicht mit rein? Du könntest die Sachen ja anlassen", sagte Inuyasha.

"Nein, viel zu riskant. Geh schon, mir geht es gut." Er zögerte kurz, stand dann aber doch wieder auf und lief zurück ins Meer. Kagome nahm sich eine Dose Cola aus der Kühltasche und öffnete den Verschluss, woraufhin ein leises Zischen erklang.
 

Sie verbrachten fast den gesamten Tag am Strand. Die Sonne sank immer weiter dem Horizont entgegen und der Himmel verfärbte sich von Himmelblau zu einem rötlichen Orange, als James schließlich das Abendessen verkündete. Er hatte auf der Terrasse ein Barbecue vorbereitet. Nun saßen sie alle beisammen, unterhielten sich, lachten und ließen es sich schmecken. Seit sie im Musashi-Internat angekommen war, hatte Kagome das erste Mal das Gefühl, als würde sie wirklich dazugehören und sie genoss es.
 

Die Terrassentür öffnete sich und James trat mit gequältem Blick hinaus.

"Für Sie", sagte er und hielt Inuyasha ein schnurloses Telefon entgegen. "Sie sagt sie sei Ihre Mutter. Ich verstehe nur nicht, warum sie das freiwillig zugibt." Inuyasha schaute ihn verwundert an.

"Meine Mutter?"

"Ja."

"Sind Sie sich sicher?", hakte er nach.

"Bitte, nun nehmen Sie schon", drängte James, drückte ihm das Telefon in die Hand und verschwand eilig zurück ins Haus.

"Mum?", sprach Inuyasha vorsichtig in den Hörer. Dann verdrehte er die Augen. "Ja, hier ist Inuyasha, wer nennt dich sonst noch Mum?"
 

Kagome und die anderen blieben ganz still, während Inuyasha immer wieder desinteressiert nickte, während seine Mutter ihm offensichtlich etwas erzählte.

"Ja, meiner Freundin geht es sehr gut", sagte er plötzlich und gab ein Handzeichen, bevor er aufstand und ins Haus ging. Scheinbar wurde es ein etwas längeres Gespräch. Freundin? Welche Freundin, überlegte Kagome.

"Er zieht diese Masche immer noch durch?", fragte Mafuyu. "Wie viele erfundene Freundinnen hatte er schon?"

"Keine Ahnung, vier?", sagte Ray und blickte Sam fragend an.

"Oder fünf?", erwiderte sie und zuckte die Schultern.
 

"Wie bitte?", fragte Kagome verwirrt.

"Inuyasha erzählt seiner Mutter, er habe eine Freundin, damit sie ihn nicht ständig versucht zu verkuppeln", antwortete Ray. "Und kurz bevor er nach Hause fährt, kommt es überraschenderweise zu einer Trennung und es tut ihm wahnsinnig leid, dass seine Eltern sie nicht kennenlernen konnten", fügte er noch mit einem sarkastischen Unterton hinzu.

"Verstehe", sagte Kagome zögernd.
 

"Okay", sagte Mafuyu und klatschte in die Hände. "Sollen wir dann mit der Schnitzeljagd beginnen?" Sie wartete nicht auf eine Antwort, sondern griff direkt nach einem Briefumschlag, der auf einer kleinen Schachtel lag, die auf dem Tisch stand. Sie öffnete den Umschlag, entfaltete das Stück Papier und begann vorzulesen: "Hallo Kinder, während ich versuche den schiefen Turm von Pisa geradezurücken hoffe ich, dass ihr ein entspanntes Wochenende in meinem bescheidenen Heim haben werdet."
 

Die Terrassentür öffnete sich wieder und Inuyasha setzte sich zurück an seinen Platz, als Mafuyu fortfuhr: "Wie jedes Jahr, habe ich ein kleines Abenteuer für euch vorbereitet. Ihr bildet drei Gruppen, die mithilfe der Kärtchen (siehe Schachtel) ausgelost werden. Jede Gruppe bekommt zu Anfang ein Rätsel zu lösen, welches euch an einen Ort bringt, wo ihr eine Aufgabe erfüllen müsst um das nächste Rätsel zu erhalten. Insgesamt gibt es fünf Aufgaben. Die Gruppe, die als erstes alle Aufgaben schafft und hierher zurückgekehrt ist, hat gewonnen.
 

Mafuyu öffnete die Schachtel und holte sechs Kärtchen heraus. Sie mischte sie kurz, fächerte sie und hielt sie den anderen hin, damit jeder eine ziehen konnte.

"Blau", sagte Kagome und schaute auf den kleinen blauen Punkt auf ihrer Karte. Yori drehte seine Karte herum und man konnte den zweiten blauen Punkt sehen.

"Rot", sagte Inuyasha und zuckte leicht zusammen, als Mafuyu einen quietschenden Freudenschrei ausstieß. Ray und Sam zeigten sich gegenseitig ihre grünen Punkte und Ray drückte sie freundschaftlich an sich.
 

"Hoffentlich begegnen wir nicht dem Geist", sagte Samantha, während Mafuyu die Karten einsammelte und wieder zurücklegte. Bei dem Wort Geist riss Kagome die Augen auf.

"Geist?" Sam grinste düster.

"Ja, die Insel ist auch für ihre Geister berühmt. Du hast doch die Klippen am Strand gesehen, nicht wahr? Die Geschichte besagt, dass ein junges Paar beschloss, sich aus Liebe in den Tod zu stürzen, weil ihre Familien die Beziehung nicht gutheißten. Als sie also springen wollten, überfiel den Mann plötzlich die Furcht und das Mädchen stürzte allein in den Ozean. Ihr Körper wurde nie gefunden und der Mann heiratete schließlich eine andere Frau. Er hatte sie schon völlig vergessen, aber eines Nachts als er mit seiner Frau dorthin kam, sahen sie es."
 

"Sahen was?", fragte Ray amüsiert. Sam nahm sich Zeit mit der Antwort, blickte vorher jeden Einzelnen in der Runde eindringlich an, um die Spannung aufzubauen.

"Eine Blutüberströmte Frau ist mit einem unglaublichen Tempo die Klippe hochgeklettert und hat ihren Geliebten mit sich in die Tiefen gezogen!"

"Ah!", rief Kagome erschrocken und legte schnell die Hand über ihren Mund.
 

"Ja und seitdem wird immer wieder mal was über einen Poltergeist in den Büschen berichtet", ergänzte sie beiläufig.

"Aber das sind doch nur übertriebene Gerüchte", erwiderte Kagome. "Oder?"

"Ja, aber warum sind sie wohl so berühmt?" Sam beugte sich zu Kaoru und sah ihm ernst in die Augen. "Weil sie wahr sind!" Kagome verfiel in einen Schockzustand und es herrschte absolute Stille.

"Also gut, wollen wir dann los?", fragte Inuyasha schließlich.
 

Eine Stunde später stand Kagome, gemeinsam mit Yori mitten im dunklen Wald.

Sie hatten das erste Rätsel gelöst, die Antwort war Glocke, aber sie konnten keinen Ort finden der damit zu tun haben könnte. Nachdenklich schaute Kagome auf die Karte, während Yori gelangweilt das Licht seiner Taschenlampe an- und ausschaltete.
 

"Vielleicht die Kirche unten im Dorf? Sag mal, weißt du wo wir gerade sind?"

"Nö."

"Was? Haben wir uns etwa verlaufen?"

"Möglicherweise", antwortete Yori ganz gelassen und blendete sie mit der Taschenlampe.

"Wie kannst du dann so ruhig bleiben? Hey, warte, wo willst du hin?"

"Ich hab keine Lust mehr. Wir haben sowieso keine Chance zu gewinnen. Inuyasha ist mit der Streberin Mafuyu in einem Team und Ray und Sam wissen sowieso immer alles besser, vermutlich sind die anderen schon längst fertig."
 

"Ja aber- Eh? Hast du das auch gehört?" Erschrocken drehte Kagome sich um und leuchtete mit ihrer Taschenlampe in die Büsche. Sie verharrte, konnte aber nichts mehr hören.

"W-Wahrscheinlich nur ein Tier. Ein Eichhörnchen oder so. Ja, ein süßes Eichhörnchen! Nicht wahr, Yori?"

Sie drehte sich wieder um, in die Richtung in die Yori vorhin gegangen war, aber von ihm war keine Spur mehr zu sehen. Er war weg und Kagome stand nun ganz allein im Wald.

"Yori?"
 

Währenddessen waren Inuyasha und Mafuyu tatsächlich bereits in der Villa angekommen und warteten auf der Terrasse auf die anderen. Nur eine halbe Stunde später kamen Sam und Ray zurück. Und nach einer weiteren Stunde endlich auch Yori, der ziemlich gehetzt aussah.

"Ist Kaoru schon da?", fragte er besorgt.

"Nein", antwortete Inuyasha gedehnt und stand auf, als würde er die schlechte Nachricht schon erwarten.

"Scheiße", fluchte Yori und griff sich verzweifelt durch die Haare. "Ich habe Kaoru verloren."
 

"Was?", fragte Ray. "Wie konnte denn das passieren?"

"Ich weiß nicht", sagte er nervös umherlaufend. "Ich war auf dem Weg hierher und dachte er wäre hinter mir. Als ich merkte, dass das nicht der Fall ist, bin ich sofort zurückgegangen. Aber da war er schon weg."

"Du bist so ein Vollidiot!", zischte Inuyasha und zog sich seine Schuhe an. "Kaoru kennt sich hier nicht aus und weiß nicht auf was er achten muss, um die Straße zu finden."

"Das ist mir klar", verteidigte sich Yori. "Ich habe die letzte Stunde versucht ihn zu finden."

"Hört schon auf", unterbrach Sam die beiden und warf allen ihre Jacken zu. "Wir müssen Kaoru einfach schnell finden."
 

Kagome irrte im Wald umher. Immer wieder bildete sie sich ein, etwas zu hören und ihr Körper zitterte vor Kälte. Zudem plagten sie seltsame Magenkrämpfe, welche sie sich nicht erklären konnte. Hatte sie das Essen nicht vertragen?

Plötzlich konnte sie das Rauschen des Meeres hören und rannte in die Richtung, aus der sie es vermutete. Kurz darauf fand sie sich am Waldrand wieder und stand, um Atem ringend, an einer Klippe und blickte aufs düstere Meer.
 

Sie sah sich genauer um, konnte jedoch keinen Anhaltspunkt finden, der ihr den Weg weisen würde. Auf der einen Seite, war da das reißende Meer und auf der Anderen, der gruselige Wald, in den sie auf keinen Fall zurück wollte.

Ihre Ratlosigkeit wurde augenblicklich von Furcht überdeckt, als sie merkte dass sie auf dieser Klippe stand. Das war die Klippe von der Samantha erzählt hatte.
 

Sie schluckte schwer und der Angstschweiß brach aus. Sie fürchtete sich zwar, aber ihre Neugierde war stärker, also bewegte sie sich vorsichtig auf den Rand der Klippe zu. Von dort aus schaute sie hinunter. Das Mondlicht schien ungehalten und das Meer brach sich gegen die steile Felswand. Aber kein Geist kletterte hinauf.

"Ach, das ist ja doch nur eine dumme Geistergeschichte, die sich irgendjemand ausgedacht hat." Sie hörte ein Rascheln im Gebüsch, fuhr erschrocken herum und ging einen Schritt zurück. Dabei rutschte sie aus, verlor den Halt und stürzte hinab in die Tiefe.
 

"Haben Sie einen schmächtigen, dunkelhaarigen Jungen gesehen?" fragte Ray ein Pärchen auf der Straße.

Yori ergänzte: "Er wirkt ziemlich unbeholfen, hat einen dümmlichen Blick und zittert vermutlich vor Angst."

Die beiden Fremden schüttelten den Kopf und gingen weiter. Ray seufzte besorgt.

"Hoffentlich haben die anderen mehr Glück."
 

"Au, mein Schädel." Kagome griff sich an den Hinterkopf. Sie war von der Klippe gerutscht. Glücklicherweise aber war sie, nur ein paar Meter tief, auf einen kleinen Felsvorsprung gefallen und hat sich dabei den Kopf gestoßen. Erschrocken blickte sie nach oben. Es war zu hoch, als dass sie allein hochklettern könnte und weit und breit war keine Menschenseele.

"Was mache ich denn jetzt?" Sie setzte sich auf, darauf bedacht möglichst die Felswand im Rücken zu haben. Sie hatte nicht viel Platz auf dem Vorsprung. Ihre Hände berührten den Boden und wurden dabei von etwas Flüssigem benetzt.

"Eh? Was ist denn das?" Sie schaute auf ihre Hände und versuchte es zu erkennen. Es war Blut.
 

"Kaoru!" Kagome horchte auf. Rief da jemand nach ihr, oder bildete sie sich das ein?

"Kaoru!"

"Inuyasha? Inuyasha! Hier bin ich!" Nun sah sie auch den Schein einer Taschenlampe. "Ich bin hier unten!"

Hoffnungsvoll sah sie nach oben, bis ein heller Lichtstrahl auf sie traf und sie die Augen zukniff.

"Kaoru", sagte Inuyasha erleichtert. "Sam, ich hab ihn gefunden!"
 

Kurzerhand kletterte Inuyasha vorsichtig zu ihr hinunter und landete neben Kagome auf dem Vorsprung.

"Wir haben uns Sorgen gemacht. Ist alles-" Er brach ab, als er die blutigen Flecken bemerkte und rief: "Sam, ruf sofort den Notarzt!"

"Nein!", zischte Kagome und griff in Inuyashas Ärmel.

"Aber-"

"Ich bin nicht verletzt!", beharrte sie. Inuyasha runzelte die Stirn und versuchte den Sinn in ihren Worten zu finden.

"Aber das ist Blut!"

"Das ist bloß-" Kagome wurde ganz rot im Gesicht und langsam begann er zu verstehen.

"Oh", flüsterte er. "Dann hast du-?"

"Ja."
 

"Was ist los? Warum braucht er einen Notarzt?" Schließlich stand auch Sam an der Klippe und leuchtete auf die beiden runter, kramte mit der anderen Hand nervös nach ihrem Handy. Kagome wurde klar, dass sie keine Wahl hatte. Sie musste es Sam sagen. Wie könnte man als Junge jemandem erklären, dass das Blut von einer Menstruation stammt?

Inuyasha zog seine leichte Jacke aus und wickelte sie notdürftig um Kagomes Oberschenkel.

"Was machst du denn da?", fragte sie überrascht.

"Ich lasse es so aussehen, als hättest du dich am Bein verletzt", murmelte er. "Schon gut, Sam. Es ist nichts Ernstes, das kriegen wir auch so hin."
 

Er richtete noch Kagomes Perücke zurecht, half ihr hoch und machte eine Räuberleiter. Sam zog sie hinauf und half danach auch Inuyasha. Beide nahmen jeweils einen Arm von Kagome über die Schulter, die nun so tun musste als hätte sie sich am Bein verletzt, und humpelten zurück zur Villa, wo Mafuyu schon auf sie wartete und Yori und Ray anrief um ihnen zu sagen, dass Kaoru in Sicherheit war.
 

Zum Glück war noch einmal alles gut gegangen. Das dachte sich auch Kagome, als sie sich später nachdenklich im leicht beschlagenen Badezimmerspiegel betrachtete. Sie wusste nicht, was sie ohne Inuyashas Hilfe hätte tun sollen und war ihm sehr dankbar für alles. Als sie durch die Zimmertür huschte, war er gerade dabei, aus Kissen und einer Tagesdecke eine Trennwand in der Mitte des Bettes zu bauen. Er breitete die Arme aus und deutete stolz auf sein Kunstwerk.

"Tada!"

"Das wäre doch nicht nötig gewesen."

"Oh, das ist nicht für dich, sondern für mich", meinte er neckisch und hüpfte von der Bettkante. "Ich habe die gierigen Blicke bemerkt, die du mir ständig zuwirfst!" Kagome schmunzelte und wuschelte sich ein paar Mal mit der Hand durchs nasse Haar und setzte sich dann auf den Boden vors Bett.

"Hier", sagte er, griff in seine Hosentasche und warf ihr eine kleine Schachtel zu. Sie riss erstaunt die Augen auf.

"Wo hast du denn jetzt die Tampons her?"

"Ich habe Mafuyu weisgemacht, dass ich regelmäßiges Nasenbluten habe und mir diese Dinger dann- du weißt schon. Nimm einfach und sorg das nächste Mal dafür, dass du sie selber dabei hast. Noch einmal mache ich das nicht."
 

Kagome musste bei dieser Vorstellung lachen und drückte krampfhaft die Hände vor den Mund um die Lautstärke zu dämmen.

"Ja, jetzt lachst du noch", sagte Inuyasha und setzte sich neben sie. "Du hast doch das Telefonat mit meiner Mutter mitbekommen, nicht wahr?"

"Ja", erwiderte sie. "Ray hat mir von deiner Masche erzählt."
 

"Sehr schön, dann weißt du schon Bescheid. Die Sache ist die: Meine Mutter hat mich sozusagen in die Falle laufen lassen und sich erst nach meiner Freundin erkundigt, bevor sie mir von der kleinen spontanen Feier erzählt hat, die sie am nächsten Wochenende ausrichtet. Die Beziehung nun so kurzfristig zu beenden wäre etwas auffällig und sie rechnet schon damit."

"Klingt nach einem Problem." Kagome musste immer noch kichern.
 

"Nicht unbedingt, denn ich habe die perfekte Vorzeigefreundin", sagte Inuyasha und schaute sie eindringlich an.

"Ach, und wen-?", begann Kagome, doch dann erstarb das Grinsen auf ihrem Gesicht, als ihr bewusst wurde, wen er meinte.

"Nein!"

"Doch", grinste Inuyasha nun.

"Aber- Was ist mit Mafuyu?", fragte sie empört. "Sie würde sicher liebend gerne deine Freundin spielen!" Inuyasha runzelte die Stirn, verwundert über ihren scharfen Unterton in der Stimme.

"Meine Mutter kennt Mafuyu. Außerdem ist sie für mich sowas wie eine kleine Schwester- das wäre total schräg. Nein, du machst das." Kagome spitzte verlegen die Lippen. Wie eine kleine Schwester, also? Schlagartig besserte sich ihre Laune etwas.
 

"Wieso sollte ich das tun?"

"Weil ich dein kleines, schmutziges Geheimnis für mich behalte und dir immer wieder aus der Patsche helfe." Er griff nach den Tampons und wedelte mit der Packung vor ihrer Nase herum, bis sie es ihm wieder abnahm.

"Also?" Kagome seufzte.

"Ich habe wohl keine andere Wahl."

"Du bist realistisch. Sehr gut."



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2015-08-21T11:16:53+00:00 21.08.2015 13:16
Hallo!

Eine Hand wäscht die andere, und die Einflechtung der Gruselgeschichte war eine schöne Ergänzung zur Schnitzeljagd. Ich hatte schon Bammel, dass erst Yori und später vielleicht Sam das Geheimnis lüften würden. Da merkt man, wie sehr man in der Geschichte versinkt und das Unvermeidliche hinauszögern möchte ... Kagome hat wahrlich Glück Inuyasha an ihrer Seite zu haben, der improvisiert wahnsinnig gut und ist blitz gescheit.
Ich hatte schon die Hoffnung, dass beim Anruf seiner Mutter die "spiel die Freundin"-Episode winkt. Nun wird sie wahr! Ha, viel Spaß bei der Scharade, denn Izayoi (es wird sie doch sein?) lässt sich bestimmt nicht leicht aufs Glatteis führen. Da muss etwas neben Händchenhalten 'geboten' werden und das verkompliziert bestimmt Einiges. (Bitte lass das dann noch eine Email Mirokus geben, die hatteso viel Esprit im anderen Kapitel!)

Viele Grüße, Morgi
KomMission-Unterstützerin, für mehr Feedback auf Animexx :-)
Von:  friehkie
2013-09-14T21:59:56+00:00 14.09.2013 23:59
Schon als ich den Titel gelesen habe, hatte ich es mir irgendwie gedacht. War meine erste Idee.
Zum Glück hat ihr Inuyasha da heraus geholfen, aber eigentlich hatte ich erwartet, dass Kagome wüsste, wann ihre Menstruation einsetzt. Also wirklich. Typisch Frau.
Kommt wohl davon, wenn man dauernd als Junge herum läuft :P
Gespannt bin ich auf die Feier von Inuyashas Mutter und wie sich Kagome an seiner Seite macht
Von:  xKeiko-chanx
2013-02-26T15:59:10+00:00 26.02.2013 16:59
Oh man, ohne Inuyasha sähe Kagome wohl oft ziemlich alt aus. Da kann sie ja von Glück reden, das er sie entlarvt hat.
Ich finde Inuyashas Charakter hier sehr smypatisch. Diese freche, freundliche aber doch nicht zu offemnherzige ist eine schöne Mischung, wie ich finde.
Generell hast du hier schöne Charakter geschaffen. Keiner gleicht dem anderen zu sehr, trotzdem sind sie alle nett. Das gefällt mir^^

Das Inuyasha Kagome sogar Tampons besorgt, also das ist ja schon mehr als freundschaftlich XD
Das machen nicht mal Ehemänner für ihre Parnerinnen XD
Doch andererseits, er wollte ja auch das sie seine Freundin spielt. Ein paar extra Pluspunkte schaden da ja nicht XD
Von:  Babychan
2012-08-22T17:30:36+00:00 22.08.2012 19:30
Nettes Kapitel, mit einer Überraschung.
Was hatte Kagome eigentlich für eine ausrede, warum sie nicht ins Wasser wollte? Vielleicht, “Ich kann nicht schwimmen” oder so.
Die Schnitzeljagd war ja wohl der totale Reinfall. Verlaufen, Verloren, von der Klippe gefallen und die Menses gekriegt, noch mehr Pech geht gar nicht.
Ich hab`s mir aber schon fast gedacht als du geschrieben hast Magenkrämpfe, es hätte eh nur dass sein können oder dass sie einfach nur angst hat.

Aber mal ehrlich an ihre Peiode hat Kagome wohl auch nicht gedacht! Das Mädchen ist echt unüberlegt und unvorbereitet. Nah ein glück, dass sie Inuyasha hat, sonnst sähe sie echt alt aus! Sie kann ihm echt dankbar sein, dass er das Alles für sie macht und dann kann sie ja auch einen Abend lang seine Freundin spielen. Das wird bestimmt noch lustig. Ich freu mich jetzt schon.
Hab ne schöne Woche.


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