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Deine Freundschaft hilft mir aber nicht!

von

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Kapitel 14 - Eins.

Kapitel 14 – Eins.

 

Ich ließ sie laufen. Dachte nicht einmal ansatzweise daran, ihr zu folgen, gar ihr zu sagen es täte mir leid. Es tat mir leid, das war nicht hinterfragbar, es tat mir unglaublich leid was ich gesagt hatte, doch mit dem Gedanken, dass ich ohnehin nichts mehr ändern konnte, freundete ich mich mehr und mehr an.

 

Seufzend öffnete ich unsere Wohnungstür und schlich mich dann möglichst leise an meinem Vater vorbei, welcher schlafend auf der Couch lag. Offenbar hatte er auf mich gewartet, weswegen ich mich sicher Morgen entschuldigen müsste.

In meinem Zimmer blickte ich wortwörtlich im Fünfminutentakt auf mein Handy, doch von Sakura bekam ich keine Nachricht, weshalb ich mich gegen viertel nach drei schlafen legte.

This is not really me, you're an angel Ich öffnete meine Augen und versuchte die Quelle der Musik auszumachen, doch ich war zu müde um den Ton zuordnen zu können. not asking who I am you understand that is not really you. Neben mir fiel mir das leuchtende Viereck auf. Natürlich, mein Handy! Leicht benommen griff ich nach dem Gerät. You look at me as if I'm something more well dream on. Welcome to my li-  Ich hob ab: “Ino Yamanaka, hallo?”, nuschelte ich verschlafen in den Lautsprecher.

Auf der andere Seite konnte ich etwas hören, dass wie rennende Menschen klang, ein leises Piepsen, ein Telefonklingeln und das gleichmäßige Geräusch eines Druckers hörte ich, bevor eine junge Frau endlich etwas sagte: „Ino Yamanaka? Hier spricht die Oberärztin vom Städtischen Krankenhaus Konohagakure, Tsunade mein Name.“

Mir wurde übel und ein flaues Gefühl breitete sich in meinem Magen aus, deshalb antwortete ich nur mit einem knappen „Ja…“, bevor die Ärztin weitersprach: „Es geht um die Patientin Sakura Haruno, ihre Eltern sind nicht Zuhause und sie sind die zweite im Handy eingespeicherte Notfallnummer.“

Ich schlug mir die Hand vor den Mund: „Ist sie…?“

„Keine Angst, ihr Zustand ist stabil“, versuchte die Frau mich zu beruhigen, doch ich wurde panisch: „Ich komme sofort zu ihnen! In welchen Zimmer liegt sie, was ist passiert?!“

„Beruhigen sie sich, sie können sie jetzt nicht besuchen“, sprach die Frau ruhig weiter, bevor sie versuchte mir zu erklären, dass Sakura momentan auf einer geschlossenen Station läge. „Hören sie, Doktor, ich bin ihre beste Freundin, ich muss jetzt sofort wissen, was passiert ist!“

„Wissen sie etwas?“, plötzlich klang die Dame nicht mehr so, als würde sie versuchen, ein Tier zu beruhigen, sondern ernst und etwas neugierig.

„Darf ich sie sehen?“, versuchte ich sofort einen Vorteil für mich herauszuhandeln und die Frau am Telefon sah dies offenbar als eine Bejahung auf ihre Frage, denn plötzlich trällerte sie gespielt fröhlich: „Kommen sie vorbei, wir trinken gemeinsam etwas und danach dürfen sie ihre Freundin sehen.“

„Ich bin in einer Dreiviertelstunde bei ihnen“, versicherte ich ihr, dann legte ich auf und ging erst einmal duschen, bevor ich meine Haare notdürftig föhnte und zu einem Knoten band, mir irgendwelche Klamotten aus dem Schrank anzog und dann ins Wohnzimmer stürmte, wo ich meinem Vater zurief: „Ich muss noch mal wo hin!“

„Spätzchen…?“, murmelte er verschlafen, doch ich hatte schon mit einem „Ich erklär es dir später!“ die Wohnung verlassen und lief hastig die Straße hinunter. Vielleicht war eine Dreiviertelstunde doch etwas knapp bemessen, um zu dieser Zeit bis ans andere Ende der Stadt zu kommen. Sonntags fuhren unsere Bahnen nur stündlich und ich hatte – nach einem Blick auf meine Uhr – die erste Bahn um kurz vor fünf schon verpasst.

Um viertel vor sechs am Morgen kam ich ziemlich atemlos an der Klinik an, wo ich von der Anmeldung aus sofort zur Oberärztin geschickt wurde.

„Hallo“. Begrüßte sie mich knapp und gab mir die Hand. Die zugegeben vollbusige, blonde Dame sah in meinen Augen viel zu jung aus, um schon ein Krankenhaus zu leiten, doch das irritierte mich weniger als das, was auf dem Tisch stand: Eine Tasse dampfender, heißer Schokolade und eine Flasche, die aussah wie ein Sakefläschchen. Mit einer einladenden Handbewegung deutete sie auf das Gedeck und ich lies mich vor der Schokolade nieder.

„Du siehst ziemlich müde aus, hast du wenig geschlafen?“, versuchte sie lockeren Smalltalk zu beginnen und ich antwortete nur knapp: „Keine zwei Stunden, glaube ich. Ich war ja bis heute morgen mit Sakura feiern.“

„Hat sie etwas getrunken?“, fragte Tsunade weiter.

Ich wollte wissen, was mit ihr los war. Diese Frau verlor kein Wort über Sakura und das machte mich furchtbar wütend, doch ich bemühte mich darum, ruhig zu antworten: „Kein ganzes Bier. Sie weiß, dass sie nichts verträgt.“

Und obwohl sie das wusste lag sie vor ein paar Monaten betrunken bei Sasuke.

„Ihr seid gemeinsam nach Hause gelaufen?“, schlussfolgerte Tsunade und ich bejahte ungeduldig.

„Ist dort irgendetwas vorgefallen?“

Mein Geduldsfaden war nun wirklich angespannt und ich antwortete leicht gereizt: „Was ist mit ihr? Wo ist sie?“

„Geduld, Geduld“, brummte die Ärztin und nahm einen großzügigen Schluck aus der Flasche vor ihr: „Erzähl mir erst, was passiert ist.“

„Erzählen sie mir erstmal, warum ich ihnen das sagen muss!“, fuhr ich sie aggressiv an und kassierte dafür einen eiskalten Blick, bevor sie nicht minder aggressiv fauchte: „Hör mir mal zu, du neunmalkluge Göre! Ich bin hier die Ärztin und ich bin der Meinung, dass ich mir erst ein Bild über die Patientensituation verschaffen muss bevor ich dir sagen kann was sie hat!“

Das klang plausibel, somit atmete ich tief ein und sagte dann leise: „Wir haben uns gestritten.“

„Na das klingt doch schon besser. Warum?“

„Ich weiß es nicht“, murmelte ich. Und ich wusste wirklich nicht, wie wir uns so schnell so heftig hatten streiten können.

Hätte ich nur Karin nicht erwähnt…

„Du weist es nicht?“, fragte sie leicht herrisch und ich zuckte zusammen, bevor ich den Kopf schüttelte. Ich selbst sah es zu diesem Zeitpunkt nicht als Grund, einen Streit anzufangen, nur weil ich den Namen einer der größten Faktoren für Sakuras Absturz genannt hatte.

„Nun ja…“, murmelte Tsunade vor sich hin, dann trank sie in einem Rutsch ihre Flasche und stand auf „Komm“, dann lief sie den Gang entlang und ich folgte ihr hastig. Von meiner Müdigkeit spürte ich nichts mehr, aber das flaue Gefühl in meinem Magen wurde umso stärker.

Wir traten durch eine Tür, an welcher in großen, schwarzen Buchstaben INTENSIVSTATION gedruckt war und ich schluckte.

Sakura Haruno stand an der Zimmertür. Mein Herz raste, mir würde schlecht und irgendwo tief in meinem Inneren wusste ich, was gleich folgen würde. Die blonde Ärztin öffnete die Tür und lief dann langsam in den Raum, ich folgte ihr und als ich die auf dem Bett liegende, an dutzende piepsende Geräte angeschlossene Gestalt wirklich als meine beste Freundin identifizierte wurden meine Beine weich und ich hielt mich am Arm der Ärztin fest, um nicht umzufallen.

Ihre rosa Haare lagen aufgefächert auf dem weißen Kissen, ihr totenähnliches Gesicht ging fast nahtlos in ebendieses über. Ihre Arme lagen über der Decke, beide Unterarme in dicke Verbände gewickelt, unter denen es noch rosig schimmerte. Ich merkte kaum, wie ich auf sie zuging, mich auf ihre Bettkante setzte und begann zu weinen. Das war meine Schuld gewesen. Ich war ihr nicht hinterhergelaufen, ich hatte ihren Rückfall durch meine Unachtsamkeit hervorgerufen, ich hatte Suigetsus Einladung angenommen, ich hatte mich zu sehr an die kurze Pause gewöhnt. Ich hatte versagt.

Tsunade zog mich an ihre Brust und strich mir sanft über den Rücken, während ich immer haltloser schluchzte und meine Schuldgefühle voll und ganz von mir Besitz ergreifen ließ.

Du hast versagt. Du hast dich nicht um sie kümmern können. Du warst nicht für sie da.

Ich schrie leise auf und die Ärztin drückte mich noch ein wenig fester an sich.

„Du wusstest es, oder?“, sagte sie leise und ich nickte. Natürlich wusste ich es. Hätte ich es nicht gewusst, dann wäre ich womöglich einfach ohnmächtig geworden, hätte mich erbrochen oder wäre einfach wieder gegangen, da der Schock zu viel für mich gewesen wäre.

„Ein altes Ehepaar hat sie gefunden, im Park“, erklärte sie mir weiter leise, „Sie hat eine ordentlich genähte Wunde, war aber die letzten anderthalb Jahre nicht hier. Warst du das?“, ich nickte erneut und krallte meine Hände in ihren Kittel, bevor ich mich vorsichtig von ihr löste und aus verquollenen Augen auf Sakura blickte: „Es tut mir so leid…“

Ich nahm ihre eisige Hand und legte sie an meine Stirn, dann strich ich sachte über ihren Verband und fragte leise: „Längs?“

„Ja“, antwortete die Ärztin ebenso leise und meine nächste Frage schien sie mir schon vom Gesicht abzulesen: „Es war knapp“, sie deutete auf den Blutbeutel, aus welchem langsam die rote Flüssigkeit in ihren Arm floss. Ich schluckte und nickte dann so gefasst wie möglich, bevor Tsunade den Raum verließ.

Wie in Trance starrte ich auf Sakura und fühlte mich plötzlich unendlich einsam und von allen im Stich gelassen. Meine beste Freundin hatte wegen mir ihr Leben beenden wollen, den Psychologen, den ich in Betracht gezogen hatte, hatte ich als unfähig erachtet und den Jungen, der mich unterstützen wollte hatte ich von mir gestoßen. Meinen Vater hielt ich auf einen sicheren Abstand von mir, den Kontakt zu meinen Sandkastenkumpels hatte ich schon lange angebrochen, in der Schule war ich zur stolzen Einzelgängerin geworden, seit ich mich nur noch um Sakura gekümmert hatte. Ich hatte alles versagt, hatte alles außen vor gelassen um Sakura zu helfen und dennoch war ich nicht genug für sie da gewesen.

„Verdammte Scheiße“, fluche ich leise und trat gegen das Stuhlbein vor mir, als ich Sakura leise murmeln hörte: „Ino, das klingt ja gar nicht mehr nach dir“

Ich fuhr herum. Da lag sie, leichenblass, Augenringe, doch schmunzelnd. Zwar kein ehrliches Schmunzeln, aber immerhin ein Versuch mich aufzuheitern.

„Weist du noch? Als du mir im Kindergarten das Stirnband geschenkt hast. Du hast gesagt, ich soll mir nichts daraus machen, was die anderen Kinder sagen und du hast mich immer beschützt. Du bist eine tolle Freundin.“

„Bin ich nicht“, nuschelte ich bestürzt, „Ich hab es so weit kommen lassen.“

„Das warst nicht du, das war die Stimme.“

„Sie hat es mir befohlen. Ich habe ein Brötchen gegessen und sie hat mir befohlen, es wieder zurück zu holen.“

Ich verstand nicht, was sie sagte. „Sie?“

Sakura nickte, in ihren jadegrünen Augen blitzte sowohl Angst als auch Ehrfurcht auf und sie flüsterte „Ja, sie. Die Stimme.“

Ich hatte lange nichts mehr von dieser Stimme gehört. Fast ein Jahr war es her gewesen. „Dieselbe wie damals?“

Ein bitteres Lachen seitens Sakura: „Die von damals ist schon längst nicht mehr da.“

Sie wird wahnsinnig. Sie wird endgültig wahnsinnig.

„Du verstehst es nicht, deshalb kannst du mir nicht helfen“, knurrte sie schon fast, „Deine Freundschaft ist wundervoll, aber sie hilft mir nicht. Ich mache dich nur kaputt, halt dich besser fern von mir.“

Ich wollte sprechen, doch ich bekam keinen Ton heraus, weswegen ich nur verzweifelt den Kopf schüttelte und versuchte, meine Tränen zurück zu halten. Ich bemühte mich, ruhig zu atmen, doch in meinem Hals hatte sich solch ein unangenehmer Kloß gebildet, dass ich nur stoßweise richtig atmen konnte.

„Das nächste Mal lasse ich mich nicht von Rentnern finden“, lachte sie bitter und ich begann zu weinen, schluchzte so heftig, dass ich kaum meine Augen offen halten konnte und vergrub daher völlig am Ende mein Gesicht in den Händen.

Das nächste Mal lasse ich mich nicht von Rentnern finden.

Das nächste Mal lasse ich mich nicht finden…

Das nächste Mal…

Als ich die Augen wieder öffnete lag ich selbst in einem sterilen, weißen Zimmer.

„Du bist mir einfach umgekippt, als ich dich kurz mit ihr allein gelassen habe. Ich war keine Minute aus dem Zimmer, da bist du vom Bett gefallen. Niedriger Blutdruck, ein Wunder dass du nur vier Stunden geschlafen hast.“

Perplex starrte ich die blonde Ärztin an, blinzelte verwirrt und schloss dann wieder die Augen. Hatte ich geträumt? War alles, was Sakura gesagt hatte nur eine Ausgeburt meiner Phantasie gewesen? Gab es also kein geplantes nächstes Mal? Hatte mein Gehirn mir bloß einen üblen Streich gespielt?

„Dein Vater wartet draußen auf dich“, wurde ich weiter aufgeklärt und nickte bloß als Zeichen, dass ich verstanden hatte.

„Hat sie geredet?“, wollte ich fragen, doch mein Hals war so trocken, dass ich den Satz kaum mehr krächzen konnte. Ich wurde leicht verwundert angeblickt: „Eigentlich wollte ich dich das fragen, denn du hast kurz vor dich hin gemurmelt… Aber nein, sie schlief tief und fest.“

„Kommt sie in eine Klinik?“, flüsterte ich nun und Tsunade schüttelte leicht den Kopf: „Solange die Patientin nicht selbstständig geht können wir sie nur zwangseinweisen, wenn ihr Zustand in einem Maße kritisch wird, dass sie jede Minute an Herzstillstand sterben könnte.

Man hatte mir inzwischen ein Glas Wasser gebracht und ich trank es in einem Zug aus, bevor ich wütend die Ärztin anfauchte: „Ist es denn nicht kritisch genug, wenn sie mit zwei aufgeschnittenen Unterarmen in ihrer Klinik liegt, hm?!“

„Die Krankenkasse bezahlt es vorher nicht…“, redete Tsunade beschwichtigend auf mich ein „Und ein Klinikaufenthalt ist teuer. Wir haben vor zwei Stunden erst ihre Eltern erreicht, sie sind momentan bei ihr im Zimmer.“

„Was ist mit ambulanter Behandlung?“

„Die bekommt sie“, teilte mir eine raue Männerstimme in der Ecke des Raumes mit und ich sah verwirrt in die Richtung, bis ich den jungen Mann ausgemacht hatte: „Itachi Uchiha.“

„Das erklärt einiges“, murmelte der Mann in Gedanken versunken und lief zu mir ans Bett „Dann nehme ich dir dein Verhalten natürlich nicht weiter übel“, bevor er aus dem Raum verschwand. Komischer Kerl, dachte ich und musste schmunzeln aber seinen Job macht er bestimmt gut.

„Sieh an, ein Lächeln“, Tsunade umarmte mich kurz, dann verließ sie erneut den Raum. Kurz darauf kam mein Vater hinein, die Sorge stand ihm ins Gesicht geschrieben: „Ino, Spätzchen, was ist passiert?“

„Ich bin einfach nur umgefallen, als ich spazieren war“, log ich mit einem Lächeln auf den Lippen und Inoichi nahm mich erleichtert in den Arm: „Ich hatte schon Angst etwas Schlimmes ist dir passiert! So selten wie du in letzter Zeit mit mir redest!“

Das stimmte. Würden er oder ich plötzlich sterben, wir würden es beide bereuen nicht mehr wie beste Freunde füreinander da gewesen zu sein. Über meine Sorgen um Sakura hatte ich alle anderen völlig vernachlässigt. Das war wohl eine schlechte Angewohnheit geworden.

„Paps, mir geht’s prima, ich hab nur momentan ganz schön viel Schulstress“, log ich weiter und lächelte ihn beruhigend an. Während ich vor mich hin plauderte versuchte ich die Horrorvorstellung von dem Gespräch mit Sakura aus meinem Kopf zu verdrängen, doch der letzte Satz, den die Traum-Sakura zu mir gesagt hatte hallte immer wieder in meinen Gedanken wieder.

Ich hätte merken müssen, dass ich geträumt hatte, die Sakura, die ich momentan zu kennen glaubte, hätte niemals irgendetwas gesagt, was auch nur einen Hauch Einsicht oder – so hart es klingt – Rücksicht enthalten hätte. Doch so erleichtert wie ich hätte sein sollen, war ich nicht. Immer wieder keimte Panik in mir auf und ich wusste, dass es wohl nur eine Frage der Zeit war, bis Sakura mich endgültig von sich stieß.

 

Die nächsten drei Schultage flogen an mir vorbei und ich realisierte kaum, was wir im Unterricht machten. Ich hatte meine beste Freundin seit drei Tagen nicht gesehen und um mit ihrer Mutter Kontakt aufzunehmen fehlte mir der Mut, Sasuke ignorierte ich noch immer, da ich ihm nun mehr denn je die Schuld für alles gab und auch sonst schaffte ich es kaum eine ordentliche Unterhaltung zu führen, sogar mit Shikamaru oder Hinata fiel mir dies schwer.

Ich wusste, dass ich Sakura besuchen musste, immerhin war ich ihr noch eine Entschuldigung schuldig, doch diese Tatsache schlug mir auf den Magen. Mich plage schon seit dem Wochenende ein Schlechtes Gewissen und ich sagte mir immer öfter, dass ich Schuld an ihrer Entscheidung war.

Und jetzt stand ich vor der Tür zu der Station, in die man sie verlegt hatte, nachdem ihr Zustand stabil genug war um sie aus der Intensivstation zu entlassen. Ich atmete tief ein, dann trat ich in den Gang, wo ich bis beinahe ganz hinten laufen müsste, um sie wieder zu sehen. Kurz bevor ich an ihrer Zimmertür angelangt war, öffnete sich diese und ein dunkelhaariger Mann trat heraus. Als er mich erkannte nickte er mir kurz zu und fragte dann: „Du willst sie besuchen?“

Ich bejahte und fragte dann, wie es ihr ginge. „Sie redet nicht mit mir. Ich sitze in ihrem Zimmer quasi nur meine Zeit ab und versuche ihr Fragen zu stellen, auf die sie reagiert“

„Ja, das ist schwierig“, erinnerte ich mich an die Zeit zurück, in der Sakura sich wochenlang in ihrem Zimmer verschanzt hatte. Itachi zuckte mit den Schultern und meinte dann: „Das ist oft so. Ich glaube, es könnte das Eis ein bisschen brechen, wenn sie dich sieht“, bevor er an mir vorbeiging und vier Zimmer weiter die Tür öffnete.

Ich hoffte, dass Itachi Recht hatte, und öffnete die Tür.

„Sakura-chan, ich bin’s. Wie geht’s dir?“, fragte ich leise, bevor ich den Raum betrat.

Sakura saß in ihrem Bett, aufrecht, rappeldürr und leichenblass, neben ihr standen ein unangerührtes Tablett mit Schonkost und eine leere Flasche Wasser. Sie starrte auf einen Essensplan an der Wand und reagierte nicht sichtbar auf meine Ankunft, was mich zeitlich wieder mehrere Wochen zurückwarf, in die Zeit, in der Sakura schon einmal so gewesen war, kurz bevor sie mir an den Kopf geworfen hatte ich könne ihr nicht helfen und ihre Hundertachtziggradwendung stattgefunden hatte. Ich setzte mich auf einen Stuhl, welcher neben ihrem Bett stand, und begann, mit ihr zu reden.

„Weißt du, Naruto ist heute in Sensei Gai gelaufen und hat ihn wohl mit einem aus dem Jahrgang über uns verwechselt“, begann ich zu erzählen „Und dann hat er angefangen, ihn ’Buschige Augenbraue’ zu nennen und wollte sich mit ihm prügeln, glaubst du das?“

Keine Reaktion von ihr. Ich versuchte weiterhin sorglos vor mich hin zu plaudern, wie ich es schon einmal getan hatte, in der Hoffnung, es würde diesmal einen Effekt erzielen.

„Und Hinata hat dann versucht, Naruto zu erklären, dass Rock Lee und Maito Gai unterschiedliche Personen sind. Dann ist sie umgefallen weil ihr klar wurde, dass sie Naruto ziemlich nahe ist. War ziemlich lustig“, ich versuchte zu lachen, doch außer einem erstickten Laut der eher klang als hätte ich mich an etwas verschluckt, wollte nichts meine Kehle verlassen, weshalb ich diese Aktion schneller abbrach, als sie mir in den Sinn gekommen war.

Sakura sah aus wie eine leere Hülle ihrer selbst und ich hatte nicht besseres zu tun als eine Stand-up-Komödie aufzuführen und zu hoffen, dass Sakura auf irgendeine Weise reagierte. Doch je länger ich sie ansah, wie sie stumpf auf die Wand starrte, desto öfter erinnerte ich mich an meinen Traum, desto intensiver wurde meine Panik vor einem nächsten Mal, desto hysterischer wurden meine Gedankengänge darüber, was passieren würde, wenn ich Sakura wieder aus den Augen lies.

Ich hatte Angst.

Ich hatte so unglaubliche Angst, dass es mir selbst den Schlaf raubte.

So verstrichen geschlagene zwanzig Minuten, in denen ich Sakura anstarrte, die die Wand anstarrte. Wir taten beide nichts anderes, bewegte und keinen Zentimeter und hingen unseren Gedanken nach, bis eine Schwester die Tür öffnete und mir mitteilte, dass die Besuchszeit nun vorbei sei.

Mit jedem Schritt zur Tür wurden meine Gedanken lauter, Sakuras Stimme die mir Dinge sagte wie „Du verstehst es nicht, deshalb kannst du mir nicht helfen“ oder „Das nächste Mal lasse ich mich nicht von Rentnern finden“, weshalb ich immer panischer wurde, bis die Tür geschlossen war und ich mich in sekundenschnelle wieder beruhigte, bevor ich schon fast rennend das Krankenhaus verließ und mich erst vor Sasukes Haustür wieder wirklich gefasst hatte. Ich drückte auf die Klingel und die Mechanische Stimme fragte mich erneut nach meinem Begehr.

„Ich will mit Sasuke reden“, sagte ich außer Atem und kurz darauf surrte das Tor, als Zeichen, dass ich eintreten könnte.

An dem Butler des Hauses huschte ich nur mit einer kurzen Begrüßung vorbei, bevor ich in die Richtung lief, in der meiner Meinung nach Sasukes Zimmer gewesen war. Allerdings musste ich meine Vermutung nicht bestätigen, denn Sasuke kam mir entgegen und sah mich verwundert an.

„Was machst du denn hier?“, fragten wir gleichzeitig, woraufhin Sasuke sofort wieder in seine übliche Tonlage verfiel und mich trocken mitteilte: „Ich wohne hier, im Gegensatz zu dir, meine Frage ist dann wohl berechtigter.“

„Ich muss mit dir reden“, antwortete ich knapp und der Uchiha nickte bloß, bevor er mich bat, ihm zu folgen und in die Richtung lief, aus der ich gekommen war, bis er in einen Gang abbog, den ich übersehen hatte und dort eine Tür öffnete, welche offenbar in sein Zimmer führte.

„Was ist los?“

Ich atmete tief ein, bevor ich herunterratterte: „Sakura liegt im Moment im Krankenhaus, deshalb ist sie nicht in der Schule und dein Bruder betreut sie gerade weil sie sich umbringen wollte und ich glaube, das weist du schon, aber ich musste es irgendjemandem sagen, sonst wäre ich noch wahnsinnig geworden vor Angst und ich hatte einen Alptraum in dem sie gesagt hat dass die es noch einmal versuchen will und ich kann seitdem nicht mehr ordentlich schlafen…“, dann holte ich erneut Luft und sah Sasuke an.

Seine schwarzen Augen weiteten sich, er sah mich schockiert an und murmelte: „Itachi hat mir nichts gesagt, nein“, bevor er seinen Blick senkte und auf seine Knie starrte.

„Ich… Es… Entschuldige“, murmelte ich ebenfalls und legte dann meine Hand auf seine Schulter. „Es ist nicht deine Schuld“, das hatte ich sagen wollen, doch dann musste ich daran denken, was der Satz bei mir ausgelöst hätte, wenn ich ihn gehört hätte. Offensichtlich ging die Situation Sasuke näher als ich es vermutet hatte.

Ich hörte ein leises Schluchzen und realisierte kurz darauf, dass es Sasuke war, der weinte, Tränen tropften auf seine Hose und er zitterte.

Ich hätte es nie für möglich gehalten, das er irgendjemandem gegenüber Schwäche zeigen würde, erst recht nicht mir gegenüber.

In diesem Moment wurde mir klar, wie sehr ich Sasuke mit meinen Worten beeinflusst hatte.

Mir wurde klar, dass ihm Sakura mehr bedeutete, als es mir selbst bewusst gewesen war.

Und ich realisierte endlich, dass wir beide im selben Boot saßen.

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Kadan
2014-04-13T13:34:48+00:00 13.04.2014 15:34
So.
Hiermit habe ich die FF nun bis zum aktuellen Kapitel durchgelesen und mein Fazit lautet wie folgt:
Stil - 1
Aufbau - 1
Handlung - 1
Umgang mit der Thematik - 1

Ich bin absolut begeistert!
Dies ist die erste FF, bei der das Thema auf eine Art angefasst wird, die mir nicht die Nackenhaare aufstellt. Du gehst weder mit Samthandschuhen noch mit Rücksichtslosigkeit an alles heran, du hast genau die richtige Art. Es wird deutlich, wie sehr Sakura unter all dem leidet, dass es eine Krankheit ist, keine temporäre Verstimmung, und dass es bedrohlich ist, lebensgefährlich für einen Menschen, der daran leidet.
Doch auch die Folgen für die Umwelt sind berücksichtigt, der Schmerz, den Angehörige erleiden, den Stress, den die Kranken ihnen nuneinmal bereiten. Du gehst auf alle Folgen ein, die diese Krankheiten mit sich bringen und das ist etwas, was ich wirklich außerordentlich ehren muss. Auch die Sicht, die nicht aus der des Kranken ist, verdient einen ganz besonderen Blick und deine FF schafft es einfach alles richtig aufuzuzeigen - Gefühle, Spannung, Mitgefühl und den Drang, weiter zu lesen.
Dieses Mitfiebern hatte ich schon lange nicht mehr :)

Ich freue mich auf die nächsten Kapitel und kann dir wirklch nur sagen: Weiter so!
Ich bin vollends begeistert!

Liebe Grüße,
Kadan
Von:  Sakura-Chan94
2013-12-15T19:32:42+00:00 15.12.2013 20:32
super kappi
nur eine sache frag ich mich wenn sasuke sakura so wichtig ist wieso hat er dann mit ihr schluss gemacht?
naja mach weiter so
LG Sakura-Chan94


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