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Bis dass der Tod sie scheidet

BBC Sherlock
von

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Der Liebhaber

„John!"

Es war in der Tat kein großartiger Scharfsinn von Nöten, um die Ungeduld in der Stimme des Detektiven auszumachen. „Sind Sie fertig?"

„Ich kann nicht zaubern, Sherlock!", rief John, der gerade dabei war in persönlicher Rekordzeit seine Krawatte zu binden, zurück in Richtung Flur.

In Anbetracht der Tatsache, dass sie eigentlich noch genug Zeit gehabt hatten bis zum Beginn der abendlichen Veranstaltung, so hatte ihnen der mörderische Berufsverkehr Londons gehörig einen Strich durch die Rechnung gezogen. Nicht einmal zehn Minuten waren ihnen geblieben, um sich ordentlich umzuziehen.

„Fünfundzwanzig Minuten, John! Das Taxi wartet!"

„Das beschleunigt die Sache nicht im Geringsten."

„Vierundzwanzig Minuten und fünfundfünfzig Sekunden."

„Ist Ihnen bewusst, dass Sie unheimlich nerven?"

Rasch richtete John noch den Kragen seines Hemdes, schnappte sich daraufhin das schwarze Jackett vom Bett, warf im Vorbeigehen einen flüchtigen Blick in den Spiegel und eilte dann hinaus in den Flur, wo Sherlock schon sichtlich unruhig auf ihn wartete.

„Oh, Sie beide haben sich aber schick gemacht", sagte Mrs. Hudson entzückt, als sie ihnen auf der Treppe entgegen kam, während Sherlock mit einem knappen

„Keine Zeit für Schmeicheleien, Mrs. Hudson" an ihr vorbei nach draußen in den inzwischen strömenden Regen rauschte und das wartende Taxi vor ihrer Haustür ansteuerte.

„Haben Sie die Karten?", fragte John, der sich noch eilig sein Jackett überzog, ehe er seinem Freund ins Taxi folgte.

„Karte", korrigierte ihn Sherlock.

„Nur eine?"

„Genau das sagte ich gerade. Preston Hill, Crystal Palace, bitte", wandte sich Sherlock an den Taxi Fahrer. "Wenn möglich, so schnell wie es geht."
 

‚So schnell wie es geht' dauerte letzten Endes dann doch länger als erhofft. Rechtzeitig schienen sie glücklicherweise dennoch zu sein, zumindest was den Nacheinlass betraf. Schnellen Schrittes durchquerten sie das Foyer des Hotels in Richtung Festsaal, als jedoch jäh die vertraute Melodie von Sherlocks Handy aus dessen Hosentasche ertönte.

„Lestrade", sagte er nach einem kurzen Blick auf das Display. „Hier, gehen Sie schon mal vor." Er drückte John die Eintrittskarte in die Hand und deutete auf den Mann, der für den Nacheinlass verantwortlich war, bevor er sich abwandte und Lestrades Anruf entgegennahm. Hoffentlich hatte der Inspector positive Neuigkeiten, dachte sich John, während er auf den Mann zuging und ihm gedankenverloren die Karte reichte. Nicht, dass sie doch zu spät waren und es bereits ein neues Opfer gab. Kurz warf er einen Blick über seine Schulter, um aus Sherlocks Gesichtsausdruck vielleicht irgendetwas deuten zu können, aber der Detektiv war inzwischen ein paar Schritte zurück in Richtung Ausgang gewandert und stand nun mit dem Rücken zu ihm.

„Wo ist Ihre Partnerin?"

„Mhm? Wie bitte?" Aus seinen Gedanken gerissen wandte sich John mit leicht verwirrter Miene wieder dem Mann zu.

„Ihre Partnerin. Ihre Begleitung", wiederholte der Mann und hielt ihm die Karte entgegen. „Das ist eine ermäßigte Karte für Paare, die Sie hier haben."

Entgeistert starrte John auf die Eintrittskarte vor seiner Nase. Das war doch wohl ein schlechter Scherz.

„...Für Paare?"

„Es tut mir sehr Leid, aber ich kann Sie ohne Begleitung mit dieser Karte nicht hereinlassen."

„Nein, nein, ich hab...ich bin..." Zerknirscht deutete John hinüber zu Sherlock, der das Gespräch mit Lestrade im selben Moment beendete und nun auf sie zu kam. „Das ist meine Begleitung."

„Oh...Ich verstehe."

„Verzeihung, ich wurde aufgehalten. Gibt es ein Problem?", fragte Sherlock in die Runde.

Der Mann schüttelte eilig den Kopf und gab John die Karte zurück.

„Kein Problem, Sir. Einen schönen Abend wünsche ich Ihnen."

„Herzlichen Dank."
 

„Ermäßigte Karte für Paare!? Was hat sich Mycroft bitte dabei gedacht? Als ob er nicht genug Einfluss hätte uns zwei normale Eintrittskarten besorgen zu können", beschwerte sich John mit gedämpfter Stimme, während sie die Garderobe passierten. „Reden die Leute denn nicht schon genug?"

„So sehr ich Ihren Missmut gegenüber Mycroft in der Regel auch mit Freuden teile... Momentan haben wir Wichtigeres zu tun."

John atmete einmal tief durch.

„Na schön. Also, was wollte Lestrade?"

„Theodore Marshalls DNA wurde, wie ich bereits vermutet hatte, sowohl an Wendy Henleys, als auch an Abigail Clarksons Leiche gefunden. Die der anderen Frauen werden zurzeit noch untersucht, aber ich gehe von keinen größeren Überraschungen aus. Jedenfalls dürfte das Beweis genug sein."

„Schön und gut, aber wie sollen wir Ihn hier finden? Wir haben doch keine Ahnung, wie er aussieht", merkte John an, als sie den großen, gut besuchten Saal des Hotels betraten, wo die Band gerade einen Langsamen Walzer anstimmte.

„Diese Veranstaltung findet meist zweimal im Monat statt und meinen Recherchen zufolge, ist sie eine der einzigen dieser Art in der näheren Umgebung und ohnehin sehr beliebt. Mrs. Adams sagte vorhin, Theodore Marshall sei ein leidenschaftlicher Tänzer, deshalb wird er sicherlich häufig herkommen. Einigen Stammgästen oder dem Personal dürfte er zumindest kein Unbekannter sein."

„Das heißt, wir fragen uns durch."

„Exakt", erwiderte Sherlock, der offenbar sein erstes Ziel bereits ins Auge gefasst hatte. Zielstrebig schlängelte er sich durch die auf die Tanzfläche strömenden Paare hin zur Bar auf der anderen Seite des Saals, wo er sich an den Tresen stellte und auf den Barkeeper wartete.

„Wir sind auf der Suche nach Theodore Marshall", sagte er, als der Barkeeper sich ihm kurze Zeit später zuwandte. Der Mann überlegte kurz, schüttelte dann aber den Kopf.

„Kenn ich nicht, tut mir Leid."

"Was ist mit ihrem Kollegen?" Sherlock nickte hinüber zum dem etwas älteren, der beiden Männer hinter der Bar, der mittlerweile auch schon aufmerksam geworden war und zu ihnen hinüber sah.

„Ich denke nicht, dass wir Ihnen da helfen können, Sir", erwiderte der jüngere etwas unsicher.

„Aber vielleicht kann ich helfen", erklang eine Stimme neben Sherlock. Umgehend huschte sein Blick zur Seite und blieb an einer dunkelhaarigen Frau in einem eleganten roten Kleid haften, die neben ihm am Tresen stand und ihn mit einem Lächeln auf den Lippen neugierig musterte. "Ich kenne Theodore flüchtig."

„Wissen Sie, wo wir ihn finden können?", meldete sich John zu Wort.

„Ja. Ich kann Sie zu ihm führen, wenn Sie möchten. Unter einer Bedingung jedoch", erwiderte die Frau, ehe ihr Blick zurück zu Sherlock glitt. „Ich will einen Tanz."

John musste ein dezent geringschätziges Schnauben unterdrücken. Als ob Sherlock sich auf diese fadenscheinige Weise erpressen lie-

„Einverstanden."

Verblüfft hob John seine Augenbrauen, als sein Freund plötzlich - völlig entgegen seiner Erwartung - ohne jegliche Widersprüche in die Bedingung einwilligte, und sah mit ungläubiger Miene zu, wie Sherlock die Frau ohne ein weiteres Wort in Richtung Tanzfläche führte, wo sie sich sogleich den anderen Walzer tanzenden Paaren anschlossen. Aber nicht nur die Tatsache, dass Sherlock sich so unerwartet von einer fremden Frau entführen lies, überraschte John - vor allem, da sie definitiv nicht hergekommen waren, um das Tanzbein zu schwingen. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass sein Freund jemals aus freien Stücken heraus so etwas "Triviales" wie einen Tanzkurs besucht hatte. Also wo in aller Welt hatte er so tanzen gelernt? Völlig in Gedanken versunken beobachtete er weiterhin das tanzende Paar. Jedenfalls machte die Frau keinen sonderlich großen Hehl aus ihrer Intention. Allein ihre Blicke und Körperhaltung sprachen ja schon fast Bände. Das konnte er ja sogar vom Tresen aus erkennen. Sherlock mochte das Interesse einer Frau normalerweise nicht einmal bemerken, geschweige denn erwidern, aber Frauen wie diese waren anders. Sie waren interessant. Sie hatten Charm und natürlich hatten sie es auch faustdick hinter den Ohren. Das ließ sogar Jemanden wie Sherlock nicht gänzlich kalt. Immerhin gab es schon einmal solch eine Frau, dachte John in Erinnerung an Irene Adler. Eigentlich sollte er sich freuen, dass sein Freund manch einer Dame vielleicht doch nicht so abgeneigt war, wie er immer zu behaupten pflegte. Aber irgendetwas schien ihn daran zu hindern.

Ungeduldig, den Blick weiterhin auf Sherlock und die Frau im roten Kleid gerichtet, trommelte John mit den Fingernägeln auf dem Tresen herum. Kam es ihm nur so vor oder dauerte dieses Stück tatsächlich eine halbe Ewigkeit?
 

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„Ich hatte ehrlich gesagt nicht erwartet Sie so leicht rumzukriegen, Mister..."

„Holmes."

„Mister Holmes", setzte die Frau in rot schmunzelnd hinzu und ließ sich von Sherlock in eine Drehung führen.

„Nun, diese Variante erschien mir um einiges zeitsparender."

"Zeitsparender? Oh Mister Holmes, das verletzt mich zutiefst", erwiderte sie, wirkte jedoch nicht im Mindesten enttäuscht. „Wieso suchen Sie nach Theodore? Sind Sie von der Polizei?"

„Nein."

„Schade, die Uniform hätte Ihnen sicher gut gestanden." Seufzend ließ sie Ihre Hand an an Sherlocks Oberarm herunter gleiten, bevor sie zu einer erneuten Drehung ansetzte. "Ich gehe davon aus, dass ich Sie nie wieder sehen werde, nachdem ich Sie zu Theodore gebracht habe, liege ich da richtig?"

„Vermutlich."

„Und was würden Sie dazu sagen, wenn ich meine Bedingung ein wenig erweitern würde? Zum Beispiel um Ihre Telefonnummer?"

„Ich denke nicht, dass Ihr Mann sonderlich angetan von dieser Idee wäre."

Überrascht huschte Ihr Blick für einen kurzen Moment zu ihrer linken Hand an Sherlocks Arm.

„Woher wissen Sie-"

"Der leichte Abdruck an Ihrem Ringfinger", fiel ihr Sherlock trocken ins Wort. „Und die vielleicht noch offensichtlichere Tatsache, dass ich gesehen habe, wie Sie den Ring vorhin in Ihre Tasche gesteckt haben."

Die Frau lachte leise auf.

„Ich gebe zu, das war keine Meisterleistung. Dennoch, Sie sind der erste, dem es aufgefallen ist." Schmunzelnd ließ sie ihre Hand zu seinem Nacken wandern. „So ein interessantes und noch dazu gutaussehendes Exemplar. Sind Sie sicher, dass Sie mir nicht Ihre Telefonnummer geben wollen?"

Doch noch bevor sie ihren Satz beendet hatte, spielte die Band ihre letzten Akkorde, woraufhin die Musik allmählich ausklang und die Tanzpaare um sie herum zum Stehen kamen.

„Schade", sagte die Frau, nun doch mit leicht enttäuschter Miene, und ließ von Sherlock ab.

„Also, bringen Sie uns nun zu Theodore Marshall?", erinnerte er sie ohne Umschweife an ihre Abmachung. Die Lippen der Frau verzogen sich zu einem Lächeln.

„Versprochen ist versprochen", erwiderte sie achselzuckend. Prompt wandte sich Sherlock in Richtung Bar, um John heranzuwinken, aber der war bereits auf dem Weg zu ihnen.
 

„Na? War es schön?", fragte John Sherlock mit einem Hauch von Vorwurf in der Stimme, während sie der Frau durch die Menschenmenge folgten.

„Ich habe das lediglich für unseren Fall getan."

„Ach wirklich?"

„Dort drüben." Sherlock und John sahen auf, als die Frau in rot stehen blieb und auf einen jüngeren Mann mit hellbraunen Haaren deutete, der von einer Traube weiblicher Personen umringt war.

Sherlock nickte der Frau zu, die seine Geste mit einem Lächeln erwiderte.

„Ich hoffe, Sie rufen mal an", flüstere sie ihm zu, als sie an ihm vorbei schritt und ihm einen Zettel mit ihrer Telefonnummer und Adresse in die Hände drückte, ehe sie schließlich in der Menschenmasse verschwand. John warf seinem Freund einen recht vielsagenden Blick zu, doch der hatte seine Aufmerksamkeit schon wieder ihrem Verdächtigen zugewandt. Schnurstracks ging er auf ihn zu.

„Theodore Marshall?“

„Ja?“ Fragend sah sich der Mann um und blickte abwechselnd von Sherlock zu John.

„Hätten Sie kurz Zeit?“

Marshalls Gesichtszüge veränderten sich kaum merklich, als er in das ernste Gesicht seines Gegenübers sah.

„Ehm…Natürlich…“, stammelte er unsicher und entschuldigte sich bei den Damen. Er folgte Sherlock und John in eine etwas ruhigere Ecke, doch noch bevor sie sich ihm zuwandten konnten, machte er plötzlich mit einem Mal kehrt und lief wie von der Tarantel gestochen los in die entgegengesetzte Richtung. Johns Versuch ihn reflexartig am Arm festzuhalten scheiterte, woraufhin Sherlock unverzüglich die Beine in die Hand nahm und zusammen mit John hinter dem flüchtenden Mann her hastete. Sie folgten Marshall durch den Notausgang hindurch nach draußen in den Hinterhof des Hotels, wo der Abstand allmählich immer geringer und geringer wurde, bis Sherlock mit einem Hechtsprung nach vorn ihrer Verfolgungsjagd ein schnelles Ende setzte. Unsanft gingen sie beide zu Boden.

„Ich war es nicht!!“, rief Marshall verzweifelt, als Sherlock ihn, nachdem er sich im nach wie vor strömenden Regen wieder ein Stück weit aufgerichtet hatte, am Kragen packte. „Bitte glauben Sie mir!“

„Eine Flucht macht Sie nicht unbedingt weniger verdächtig, das sollten Sie eigentlich wissen.“

„Bitte! Glauben Sie mir doch! Ich war es nicht! Ich hab Aby nicht umgebracht!! So etwas würde ich niemals tun!“

„Sie meinen Abigail Clarkson? Und was ist mit Wendy Henley? Was ist mit all den anderen Frauen?“

„Was?“, panisch und gleichzeitig verwirrt sah er hinauf zu Sherlock. „Wendy? …Was ist mit ihr?“

„Sie haben sie noch vor einigen Stunden umgebracht, haben Sie das etwa schon wieder vergessen? Sie müssen ja ein armseliges Gedächtnis haben.“

„W…Wendy ist tot?“ Völlig bestürzt sackte Marshall in sich zusammen. „Das kann doch nicht- … Nein, ich…Ich schwöre Ihnen, ich habe sie nicht umgebracht. Hören Sie… Ja, ich…kannte Aby…Ich…Naja, wir hatten was miteinander. Es war vor einer Woche. Ich hab sie nach Hause gebracht und…einen Tag später hab ich dann von ihrem Tod erfahren. Und jetzt... dasselbe mit Wendy!? Da will mir irgendjemand was anhängen. Glauben Sie mir, ich würde niemals-“

„Sie wollen uns weismachen, dass Sie rein zufällig mit all den Frauen lediglich ein Verhältnis gehabt hatten und mehr nicht?“

„All den Frauen!? Welche Frauen!?“

„Die, die Sie umgebracht haben.“

„Ich habe niemanden umgebracht, verdammt nochmal!!“

„Was haben Sie mit den Ringen gemacht?“

„Herr Gott, welche Ringe!? Wovon reden Sie!? Hören Sie doch... Ja, ich hatte mit Aby und Wendy ein Verhältnis. Mit DIESEN beiden Frauen, ansonsten mit keiner anderen! Und ich bin abgehauen, weil ich WUSSTE, dass Sie mir den Mord an Aby früher oder später in die Schuhe schieben wollen. Ja verdammt, Ich weiß, ich bin ein schlechter Mensch undsoweiter, aber ich habe NIEMALS einen Menschen getötet!“

„Sie lügen.“

„Ich lüge nicht!“

„Sherlock…“

„Er lügt, John!“
 

„Nein“, sagte John leise und ließ sein Handy sinken. „Er sagt die Wahrheit…"



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  mindpalace
2013-05-25T17:51:47+00:00 25.05.2013 19:51
Ahhhhh es wird interessant.
Die Aufklärung dieses Falles schien ziemlich schnell zu gehen, aber da steckt ja mehr dahinter, als man anfangs vermuten würde.
Ich lese jetzt lieber schnell weiter ^^


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