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Ein Schritt, ein Sprung und dann der freie Fall

von

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Tag 1: Das neue Leben

Die Tür meines Zimmers klapperte. Das tat sie immer wenn der Wind mal wieder zeigen wollte, dass es da draußen noch etwas anderes gab. Ein Welt die gefährlich und vernichtend war. Ich saß vor meinem Computer. Es war nur ein ganz kleiner, ziemlicher alter Computer, aber er funktionierte und das reichte.

Das Bild flackerte zwar ein bisschen, aber ich saß eh nie lang genug davor um mich daran zu stören.

Ein Windstoß riss meine Tür auf und mich überkam ein eisiger Schauer. Ich hatte einmal einen Horrorfilm angesehen in dem ähnliches geschah, doch ich glaubte nicht an Monster oder solche Dinge. Ich glaubte nicht einmal den Nachrichtensprechern die von Katastrophen und Schicksalsschlägen predigten.

Ich dachte stets daran, dass sie mir das alles beweisen sollten. Ich wollte nicht glauben wenn ich es nicht sehen konnte.

Ich brauchte Beweise, Beweise für alles. Manchmal hätte ich gerne für meine bloße Existenz Beweise gehabt, denn in meinem Kopf schien der Ort zu fehlen an dem der Glaube produziert wurde. Ich war ein rationaler Mensch und mir fiel nicht ein einfach zu glauben was die Medien uns sagten. Ich konnte und ich wollte es nicht.

Der Wind hatte sich beruhigt und ich schaltete meinen Computer ab und zwar vollständig. Ich zog jedes Kabel das mich daran hindern könnte in Ruhe einzuschlafen, denn das Summen des Stroms verursachte mir nicht nur Kopfschmerzen, sondern auch absurde Albträume.
 

Der Himmel war blau, viel blauer als er ihn in Erinnerung gehabt hatte. Die vielen weißen Wolken hinterließen Schattenflächen auf der grünen Weite, die sich vor seinen Füßen erstreckte. Er wirkte nicht fehl in dem Bild. Es war als gehörte er dort hinein. Er stand einfach nur da, am Abgrund, und sah in die Weite. Die Schultern straff, selbstsicher und vielleicht auch mutig. Sein rotes Haar wehte verführerisch im Wind und schien sie fast zu berühren. Sie wich einen Schritt zurück aus Angst er könnte sie bemerken und würde aus dieser Trance erwachen. Was würde er tun wenn er sie sehen würde? Sie, ein Mädchen aus einer Welt in der man die Schönheit eines solchen Augenblickes verbannt hatte. Er hatte jeden Muskel angespannt, sie spürte es genau. Er fühlte die Bedrohung genau wie sie. Auch wenn die Sonne ihnen vom Himmel entgegen lächelte wurde schnell klar, dass die dunklen Unwetterwolken nicht mehr lange auf sich warten würden.

Doch was hatte er vor? Wie wollte er es verhindern? Hatte er eine Idee? Einen Plan, der sie alle retten würde? Und würde er sie um mithilfe bitten? Oder würde er sie niemals bemerken?

Ein Stich durchzuckte ihr Herz und sie krümmte sich vor Schmerzen. Sosehr sehnte sie sich nach Aufmerksamkeit. So sehr nach Liebe und Verständnis.
 

Ich erwachte. Fast hätte ich vor Schmerz geschrien. Jetzt bereue ich, dass ich es nicht getan hatte. Wäre meine Mutter gekommen? Hätte sie nach mir gesehen und mich gefragt was gewesen wäre?

Beinahe hätte ich der Versuchung es auszuprobieren, nicht widerstehen können. Doch ich musste es nicht probieren um zu wissen, dass keiner von ihnen gekommen wäre.

Ich setzte mich in meinem Bett auf.

Ich glaubte den Wind und die Sonne auf meiner Haut zu spüren und seufzte auf.

Es war nicht das erste Mal das ich von ihm und der Landschaft träumte. Es war wie ein Puzzle und jeder Traum ist ein neues Teil das sich langsam zu einem ganzen Zusammensetzten wollte. Doch ich wollte ihm nicht dabei zu sehen. Ich wollte nicht darüber nachdenken das diese Traumabfolge sicherlich etwas zu bedeuten hatte.

Und schon gar nicht wollte ich an ihn denken. Ich sah ihn in jedem Traum doch bis jetzt hatte er sich nie zu mir umgedreht. Meistens stand er da und musterte das nahende Unheil.

Mein Kopf war zu verworren um den Sinn dahinter zu verstehen, aber vielleicht gab es auch gar keinen, schließlich waren es nur Träume die nichts mit mir zu tun hatten. Seid einiger Zeit konnte man sich Träume downloaden und man sah genau das was man sehen wollte. Natürlich konnte das bei mir eigentlich nicht sein. Schließlich schaltete ich vor dem zu Bett gehen immer meinen PC ab um solche Dinge zu vermeiden. Doch es schien so als hätte mich ein Hacker oder ein Virus getroffen.

Ich ließ mich zurück in meinem Kissen sinken und starrte an meine kahle, graue Zimmerdecke. Es war alles was ich Tag ein Tag aus sah. Das Grau meiner Zimmerwände und meiner Zimmerdecke.

Ich schloss die Augen um aus dem Grau, Schwarz zu machen doch stattdessen sah ich Rot. Die roten Haarsträhnen die mein Gesicht zu streifen versuchten und die frei waren, wie nichts was ich kannte.

Den Rest der Nacht hatte ich für mich und meine wirren Gedanken, doch es machte den Schlaf nicht besser.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte. Schien mir das Licht der Straßenbeleuchtungen ins Gesicht, die anzeigten, dass es nun Tag war. Eine Sonne hatten wir schon lange nicht mehr und ohne diese Beleuchtungen, die die Regierung nach langen Diskussionen anbringen ließ, wäre es draußen noch immer genau so dunkel wie nachts.

Ich erhob mich und setzte mich an meinen Schreibtisch. Ich stöpselte die Verbindungskabel ein.

Keine eingegangenen Nachrichten, zeigte der Bildschirm an. Ich hatte mir nichts anderes gedacht.

Sofort öffnete sich mein Lernprogramm, das ich mir auf meine Interessen zusammengestellt hatte.

Bevor ich mich, einzig für mich, weiterbildete, drehte ich mich auf meinem Stuhl zu einem kleinen Bildschirm der in meiner Wand befestigt war.

Ich sah auf die verschiedenen Bilder, auf denen Essen abgebildet war. Ich entschied mich für ein Toast mit Marmelade. Ich drückte auf das Bild und im nächsten Augenblick fiel eine kleine Tablette aus einer Klappe. Ich nahm sie und drehte sie zwischen den Fingern. Eine rosa-rote Nahrungstablette mit dem Geschmack nach geröstetem Brot und Erdbeermarmelade. In nahm sie in den Mund und spürte wie sich aufzulösen begann.

Nun widmete ich mich meinen Lernstoffen. Hauptsächlich gilt mein Interesse der Geschichte. Nicht die, wie wir zu Seelenlosen Zombies wurden, sonder die als Menschen begannen zu Leben. Wie sie Feuer entdeckten, Elektrizität, Gravitation, Radioaktivität, Schallwellen oder Maschinen entwickelten. Es faszinierte mich das sie das alles herausfinden konnten ohne auch nur ansatzweise gute Hilfsmittel gehabt zu haben.

Das plötzliche Erscheinen einer Nachricht ließ mich zusammen zucken.

In hellen, aufleuchtenden Buchstaben stand dort:

Nachricht Mama.

Ich verdrehte die Augen und tippte mit dem Finger auf den Bildschirm. Die Nachricht öffnete sich.

Guten Morgen Spatz,

ich wünsche dir einen schönen Tag.

Wie albern. Sie schickte mir eine Nachricht in der das stand, was Mütter einst ihren Kindern gesagt haben müssen.

Ich löschte die Nachricht ohne darauf zu antworten. Ansonsten bestand mein Posteingang am heutigen Tag nur aus Werbung und Einladungen zu Musik- und, oder Filmabenden.

Ich markierte alles und löschte es ohne auch nur eine Nachricht davon gelesen zu haben.

Pünktlich um zehn Uhr stoppte mein Lernprogramm um die Nachrichten zu zeigen, die sich jeder ansehen musste. Einmal hatte ich den Computer ausgeschaltet und ausgestöpselt und habe am nächsten Tag eine Verwahrung bekommen, ebenso meine Eltern. Sie werden den Vorfall mit ziemlicher Sicherheit in meinen Akten verzeichnet haben, aber es macht mir nichts aus.

Ich war leicht rebellisch, allein schon weil mein Lernprogramm aus Geschichte bestand und uns die Vergangenheit nichts angehen soll.

Doch unsere Regierung hat einen Fehler gemacht, den sie nicht mehr beheben kann. Sie hat uns zwar jeglichen Willen ausgetrieben, dennoch haben sie uns abgeschirmt von einander aber auch von ihnen, so können sie schlecht kontrollieren was wir tun. Sie sehen alles was ich tue, am Computer, aber sie haben keinen Einfluss auf das was ich außerhalb meines PCs tue und das ist gut so. Ich habe herausgefunden, dass man mit den bunten Nahrungstabletten Bilder malen kann. Sie sind auch dienlich um zu schreiben. Doch schreiben bringt mir nichts, denn es würde niemand lesen. Bilder verschönern wenigstens mein Zimmer. Leider halten die Bilder aus Nahrungstablettenfarbe nur ein paar Tage und sind schon nach einer Woche wieder vollständig verschwunden.

Während irgendein fein herausgeputzter Medienzombie die vorgefertigten Worte der Regierung in die Welt brachte, drückte ich auf verschiedene Knöpfe auf meinem Nahrungsautomat.

Der Regierung war es im Grunde egal wie viel wir aßen, aber sie mussten die Tabletten bezahlen, demnach hatten wir nur eine begrenzte Anzahl pro Tag. Ich drückte so lange bis der Automat keine Pillen mehr ausspuckte. Ich nahm eines meiner Gläser und sortierte die Pillen in zwei kleine Häufchen. 21 Tabletten durfte ich heute zu mir nehmen, aber ich brauchte kaum zu Essen. Ich wählte die zehn mit den schönsten Farbtönen aus um mit ihnen ein neues Bild zu malen. Es waren größtenteils Gemüse- und Obstpillen, die schöne, kräftige Farben besaßen.

Pfirsich, Rote Beete, Spinat, Blaubeeren, Karotten und Rotkohl.

Die letzten vier Farben bestanden aus Honig, Pfefferminz, Schokolade und Brot.

Ich wusste was ich malen wollte. Ihn, aus meinem Traum. Auch wenn ich mich immer gegen diesen Traum zu wehren versuchte, konnte ich ihn nicht vergessen und mir blieb nichts anderes übrig als mich mit ihm auseinander zusetzten.

Seine ganze Gestalt, seine Haare, sein Rücken, alles was ich von ihm zu sehen bekam, ging mir erstaunlich leicht von der Hand. Wahrscheinlich da ich ihn schon so oft von hinten hatte studieren können und ich sein Bild direkt vor Augen hatte.

Seine breiten Schultern, seinen starken Rücken und die Muskeln die sich unter seinem dünnen Hemd abzeichnen. Ein Schauder überkam mich bei den Erinnerungen und ich verstand es nicht.

Die Zeit die ich für das Bild brauchte, war definitiv zu wenig, denn der Tag war noch nicht einmal halb um.

Ich hörte wie mein kleiner Bruder beim Spielen eines Real-life- Action- Shooters beinahe sein Zimmer zerdepperte. Es war erstaunlich, dass ich wusste, dass ich einen Bruder hatte.

Wenn ihr mich fragen würdet, ich wüsste weder seine Augen- noch seine Haarfarbe oder ob er groß oder klein ist. Ich weiß, dass er jünger ist als ich, aber ich weiß nicht wie alt oder wann er Geburtstag hat.

Aber das sind eh alles unrelevante Informationen. Er lebt, er atmet und was am wichtigsten ist, er isst und nutzt Strom, also er kostet der Regierung.

Ich sah auf als mein Computer erneut erleuchtet um Nachrichten durchzusagen.

Der Nachrichtensprecher sah jedoch anders aus als sonst. Es war immer noch derselbe, da bestand kein Zweifel, aber da war etwas in seinem Gesicht das wie Emotion aussah und es war nicht sein gewöhnliches, von der Regierung aufgezwungenes, Lächeln.

„Eine Eilmeldung der Regierung“, begann er die Nachrichten. Ein Bild wurde eingeblendet und mein Herz schien einen Aussetzer zu machen.

„Aaron Setter“, sagte der Sprecher weiter und deutete auf das Bild, „wird seid heute von der Regierung gesucht. Als einer der Antiaktivisten der Regierung war er zum Tode verurteilt worden. Einige seiner Komplizen retteten ihn. Nun wird jedes Haus noch in der nächsten Stunde durchsucht. Jedem der etwas über Aaron Setter weiß, wird hiermit aufgefordert sich sofort zu stellen. Werden Informationen nachweislich, vorsätzlich verschwiegen, wird von strenger Strafe gebrauch gemacht. Aaron Setter ist ein Krimineller.“

Das Bild wurde schwarz. Die Regierung hatte die Computer lahm gelegt, damit niemand mehr mit einander kommunizieren konnte. Eigentlich sinnlos, schließlich wohnten viele in einem Haus und dennoch war es wirkungsvoll. Es schürte die Angst.

Meine Angst wurde jedoch von etwas anderem geschürt. Ich starrte auf das Bild auf meinem Schreibtisch. Aaron Setter. Mein Er aus meinen Träumen hatte einen Namen bekommen. Auch wenn ich sein Gesicht nie zuvor gesehen hatte, war ich mich dennoch sicher, dass er es war.

Ich spukte auf den Tisch. Die Farbe hielt zwar nicht lange, aber lang genug als das die Regierung es beim Begutachten der Wohnung erkennen würde. Ich wischte mit einem Taschentuch darüber. Das Bild verschwand. Ich atmete erleichtert auf, als es bereits an meiner Tür klopfte.

Aber nicht die Schosshunde der Regierung standen dort, sondern meine Mutter.

Ich erkannte sie am Geruch und an den langen blonden Haaren, die den meinen so ähnelten.

„Alles in Ordnung bei dir Maus?“, fragte sie.

Ich nickte stumm.

Ich wollte die Tür bereits wieder schließen als sie ihren Fuß in den Rahmen stellte.

„Livy, wenn du Sorgen hast, dann kannst du zu mir kommen, ja?“

Ich starrte sie an, doch dann nickte ich.

Was tat sie? Es war verboten miteinander so zu sprechen. Seid wann war meine Mutter eine Rebellin?

Sie lächelte sanft als sie mein Entsetzten in meinen Augen las.

„Mach dir keine Sorgen“, sagte sie, „ich bin schließlich immer noch deine Mutter.

Wieder nickte ich. Als sie sich zum Gehen abwandte griff ich nach ihrem Arm.

Ich wollte sie in die Arme schließen. Ihre Nähe spüren und einfach wissen, dass sie da war wenn ich sie brauchte. Ich wollte von ihr die Liebe haben, nach der ich mich so sehnte und die mir so lange verweigert wurde.

Sie schien zu ahnen was ich brauchte und zog mich in eine Umarmung.

„Alles wird gut“, sagte sie und der Klang ihrer Stimme untermalte es. Ja, alles würde gut werden.

Wie versprochen standen, keine halbe Stunde später, zwei Regierungsanhängsel in meinem Zimmer.

Sie kramten meinen Schrank um, durchwühlten meinen Müll und durchforsteten meinen PC. Sogar unter mein Bett schauten sie, obwohl dies nur aus einer Matratze bestand. Sie blickten skeptisch auf mein Glas mit Nahrungspillen, sagten jedoch nichts.

Sie sagten die ganze Zeit über kein Wort. Ich stand in einer Ecke uns beobachtete sie. Ab und zu warfen sie sich Blicke zu die aussahen als wollten sie sagen, das ist nur das Zimmer eines Teenagers, was machen wir hier?

Die komplette Durchsuchung hat beinahe vierzig Minuten gebraucht und mir war klar das hunderte, nein Tausender Schosshündchen der Regierung nötig waren um jedes Haus so gründlich zu durchsuchen.

Als meine beiden mit meinem Zimmer fertig waren sahen sie mich an.

In mir stieg die Angst auf das sie mich auch noch durchsuchen müssten. Als sie mir dann zu nickten und mein Zimmer verließen beruhigte ich mich wieder.

Man konnte von den Anhängseln hatten was man wollte, aber alles was sie ausgeräumt und durchsucht hatten, hatten sie wieder ordentlich zurück geräumt und keinen Schmutz hinterlassen.

Ich lehnte mich an die Wand und sank zu Boden. Wovor hatte ich Angst gehabt? Meine Träume kannten sie nicht und auch sonst war ich in den letzten Jahren nicht mehr aufgefallen.

Ich zuckte zusammen, durch meine Wand hörte ich gedämpfte Stimmen. Noch hatte ich Stimmen in meinem Zimmer gehört, das konnte nur heißen, dass die Personen schreien mussten. Die Räume in den Häusern hatten allesamt Schalldichte Wände. Ich drückte mein Ohr noch mehr an die Tür um zu verstehen was draußen gesprochen wurde.

„Das war riskant.“

„Ich bitte dich Leon, natürlich war es riskant, aber das war uns doch von Anfang an klar, oder?“

Ich erkannte die Stimmen. Meine Mutter und mein Vater unterhielten sich, aber ich verstand den Sinn nicht. Was war riskant?

Einen Augenblick spielte ich mit dem Gedanken die Tür zu öffnen, zu ihnen zu gehen und sie einfach zu fragen, so wie Kinder es einst immer getan hatten.

Warum? Warum konnte ich das nicht? Niemand würde mich sehen und meine Eltern taten es doch auch? Warum also konnte ich mich nicht überwinden meine Zimmertür zu öffnen und den Flur, den ich vor meiner Tür vermutete, zu betreten?

Ich vergrub mein Gesicht in den Händen. Ich hatte noch nie über so etwas nachgedacht. Es war alles nur die Schuld meiner Mutter. Wenn sie nicht in mein Zimmer gekommen wäre und Interesse an mir gezeigt hätte, würde ich jetzt nicht den Wunsch verspüren es ihr gleich zu tun, redete ich mir ein.

Ich seufzte. Zu gerne würde ich wissen über was meine Eltern noch sprachen. Auf einmal, nach vielen Jahren interessierte mich was sie dachten, was sie taten, wie sie fühlten.

Mein ganzer Körper zittert. Teils vor Neugier, teils vor Angst.

Meine zittrigen Finger umschlossen die Türklinke. Ich kam mir vor wie ein Schwerverbrecher, als ich die Klinke meines Zimmers hinunterdrückte. Ich hatte keine Ahnung was mich auf der anderen Seite der Tür erwarten würde. Dunkelheit? Ein heller, einladender Flur? Leblose, graue Wände? Ich hatte keine Vorstellung dafür.

Leise quietschend öffnete sich die Tür und ich trat heraus. Es war dunkel, aber nicht lieblos. Vor meiner Tür lag ein großer, bunter, vermutlich orientalischer Teppich. Ein paar Bilder von Landschaften, die ich aus meinen Träumen kannte, hingen an den beige gefärbten Wänden. In jeder Wand des quadratischen Raums befand sich eine Tür und neben dieser Tür immer ein Kerzenleuchter. All diese Dinge die Leuchter, den Teppich, die Farben und die Landschaften kannte ich aus meinem Lernprogramm und meinen Träumen.

Meine Füße ließen mich keinen Schritt weiter in den Flur hinein gehen, als sich plötzlich die Tür direkt gegenüber meiner Tür, öffnete.

Einen Augenblick starrten meine Mutter und ich uns an, dann lächelte sie und ging auf mich zu.

Sie reichte mir ihre Hand, doch ich wusste nicht ob ich sie so einfach ergreifen könnte, oder nicht.

Noch immer lächelte sie und ich konnte keinen klaren Gedanken fassen.

Ruhig sah sie mir in die Augen, dann nahm sie meine Hand und hielt sie fest.

„Komm mit in die Küche“, sagte sie, „dein Vater wird sich freuen dich zu sehen.“

Ich schluckte, doch dann folgte ich ihr mit zitternden Füßen.

Die Küche war schlicht eingerichtet, so wie ich eine Küche von Bildern und Filmen kannte.

Eine saubere, weiße Küchenzeile, ein kleiner Kunststofftisch und fünf weiße Kunststoffstühle.

Am Kopfende saß mein Vater. Er nippte an einem Kaffe während er sich Hologrammnachrichten ansah. Doch mein Interesse galt weder der Küchenzeile, noch den Möbeln oder meinem Vater einzig die dritte Person im Raum, die mit dem Gesicht zum Fenster stand und dessen rotes Haare über die straffen Schultern hing, zog meine Blicke an.

Aaron Setter.

„Leon“, meine Mutter sprach meinen Vater an, „Sieh mal wer sich aus seinem Zimmer getraut hat.“

Mein Vater sah mich an und lächelte.

„Schön dich zu sehen Livy“, sagte er. Er hatte kurzes, braunes Haar und wenn er lächelte bildeten sich Grübchen um seine Lippen.

„Lindsay, komm einmal her. Schau dir das an und sag mir was du dazu sagst.“

Meine Mutter ging um den Tisch und sah meinem Vater über die Schulter.

Nun stand ich alleine im Raum und starrte von meinem Vater zu meiner Mutter und dann zu Aaron.

„Ähm“, ich räusperte mich.

„Oh Schatz, entschuldige“, sagte meine Mutter, „wir haben so viel zu tun. Aaron würdest du mir einen Gefallen tun.“

Aaron drehte sich nun zu uns um und in natura funkelten seine dunklen Augen. Als er mich ansah regte er keine Miene.

„Würdest du ihr bitte alles erklären? Du kannst ihr auch ruhig den Point zeigen. Erklär ihr alles was du für richtig und wichtig hältst. Ich verlass mich auf dich.“

Aaron nickte und wandte sich nun an mich. Er hielt mir die Hand hin.

„Hallo“, sagte er, „mein Name ist Aaron Setter. Ich denke du hast deine Mutter gehört, am besten zeige ich dir erst einmal das Haus.“

Welche Ironie, dachte ich, ein Fremder musste mir mein eigenes Haus zeigen und hatte mehr Verbindung zu meinen Eltern als ich selber.

„Hm es hat ziemlich lange gedauert bis du aus deinem Zimmer gekommen bist. Wir hatten schon viel eher damit gerechnet.“

Ich starrte ihn an.

„Ihr wusstet, dass ich komme?“

Er nickte: „Es gibt eine Menge Dinge die wir wissen und die du noch nicht weißt. Was möchtest du zu erst wissen?“

Ich überlegte kurz doch eigentlich wusste ich schon was ich wissen wollte.

„Wer bist du?“, die Frage brannte in mir seid ich ihn in den Nachrichten gesehen hatte.

Er zog eine Augenbraue hoch und sah mich fragend an.

„Wie, wer ich bin?“

„Na warum bist du hier? Warum kennst du dich in unserem Haus so gut aus und was sollst du mir alles erklären? Ich weiß nichts nur, dass du Aaron Setter heißt und zum Tode verurteilt wurdest. Und das weiß ich nur dank der Nachrichten.“

Er grinste.

„Ja ich weiß ich bin berühmt. Aber jetzt zu deinen Fragen. Ich bin hier, weil ich deine Eltern mich um mithilfe gebeten haben. Ich sollte mich um dich kümmern, damit du erfährst was hier los ist und sie weiter arbeiten können.“

„Sie lassen dich hier herumlaufen und das obwohl du von der Regierung gesucht wirst, sie haben doch eben das Haus durchsucht?“

„Ja, aber das Haus hat einen Bunker und in dem verstecke ich mich.“

Er musterte mich und mir stieg das Blut in die Wangen.

„Komm, ich zeig dir den Bunker.“

Ich folgte ihm. Wir gingen durch eine andere der vier Türen im Flur und betraten einen weiteren Flur. Er war nur sehr kurz und spärlich beleuchtet. Zwei Türen befanden sich dort.

„Das Schlaffzimmer deiner Eltern“, sagte er und zeigte auf die Tür links von uns, „und hier ist das Wohnzimmer“, er sah mich an und ich nickte, als er auf die rechte Tür zeigte, „übrigens gibt es dort eine enorme Ansammlung wertvoller, alter Bücherbände.“

Wieder nickte ich. Aaron öffnete die Tür und ließ mich eintreten. Eine riesige Regalwand mit Büchern sah ich als erstes. Ich ging auf die zu und berührte sie vorsichtig. Ich musste es tun, sonst hätte ich mir selber nicht geglaubt.

„Erstaunlich nicht wahr. Allein durch den Wert dieser Bücher könnten deine Eltern sich sicherlich eine riesige Villa kaufen und im absoluten Luxus leben, aber komm weiter.“

Ich folgte Aaron weiter durch den Raum. Ein pseudo- Kamin war in die Wand hinter der Eingangstür eingelassen. In bestimmter Reihenfolge drückte Aaron auf die falschen Mauersteine, die dem Kamin ein altertümliches Flair bieten sollten. Plötzlich sprang der Kamin nach vorne und entblößte eine kleine Öffnung, gerade groß genug um den Fuß oder die Hand hinein zu schieben. Aaron tastete mit dem rechten Fuß in der Öffnung und trat auf etwas, im selben Augenblick sprang das große Bücherregal zur Seite und ein kleiner Raum kam zum Vorschein. Eine große, kahle Leuchtdiode war an der Decke befestigt, außerdem lag eine riesige Luftmatratze auf dem Boden und daneben lagen ein paar Bücher.

„Willkommen in meinem kleinen bescheidenen Heim“, verkündete Aaron.

„Hier wohnst du?“, ich starrte ihn an. Natürlich lebten die meisten Menschen in ihren Zimmern, doch die waren meist um einiges Geräumiger, so fern man Bilder aus dem World Wide Web trauen durfte.

Aaron lachte.

„Nein“, sagte er, „ich wohne hier nur, wenn ich bei deinen Eltern zu besuch bin, sonst wohne ich bei meiner Familie.“

„Ah“, sagte ich, weil ich nicht wusste wie ich sonst hätte reagieren sollen.

„Du bist immer noch ziemlich überrascht habe ich den Eindruck, ich kann es verstehen. Es ist bestimmt nicht leicht, wenn man nach so vielen Jahren in Einsamkeit plötzlich ein ganz anderes Leben vorgesetzt bekommt.“

Er schob die Bücherwand wieder vor sein Versteck und lehnte sich dagegen. Er musterte mich immer noch oder schon wieder, ich wusste es nicht, aber es war mir unangenehm.

Ich wandte mich von ihm ab.

„Wie lange kennst du meine Eltern schon?“, fragte ich und ich hörte wie er auflachte.

„Ich kenne deine Eltern länger als du sie gekannt hättest, wenn du immer bei ihnen gewesen wärst.“

Jetzt war ich verwirrt und drehte mich wieder zu ihm um, nur um noch mehr zu erröten denn er beobachtete mich immer noch.

„Ich bin ein Gen- Mensch“, sagte er, „ich und meine Familie sind von der Regierung erschaffene Wesen die Krankheitsresistent, Stärker, Schöner und mit einer längeren Lebenserwartung sein sollen.“

Natürlich. Nur so machte sein atemberaubendes Aussehen Sinn. Auch wenn ich vorher nie reale Menschen gesehen hatte, hatte ich mich in meiner Geschichtsliteratur dennoch mit Bildern von Menschen befasst und durchaus auch mit sehr schönen Menschen und doch hatte Aaron schon in meinen Träumen, aber auch auf dem Fahndungsbilder der Regierung eine seltsame Anziehungskraft gehabt.

Noch immer lag sein Blick auf mir, als erwartete er eine bestimmte Reaktion. Ich fühlte mich richtig unwohl. Was erwartete er von mir? Würde er über mich lachen, wenn ich etwas Falsches tat?

Als hätte er meine Gedanken gelesen, wanderte sein Blick von mir aus durch den Raum. „Gen- Menschen leben in einem anderen Zeitrhythmus als die normalen Menschen. Wenn bei euch fünf Jahre vergehen, vergeht bei uns gerade einmal eines. In deinen Zeitrhythmus umgerechnet wäre ich also bereits 100 Jahre alt.“

Vor Erstaunen war mir die Kinnlade herunter gefallen und ich schloss meinen Mund bevor Aaron es sehen konnte.

„100 Jahre“, staunte ich, „das ist ja richtig alt.“

Jetzt sah er mich wieder an und grinste, „danke, danke, aber ich weiß schon. Was ist eigentlich mit Essen. Hast du Hunger?“

Essen? Jetzt wo er es sagte knurrte mein Magen. Ich erschrak, denn eigentlich reichten ein zwei Nahrungspillen am Tag locker für mich.

Wieder grinste er.

„Komm“, sagte er und führte mich zurück in den Flur, „ich zeige dir etwas viel besseres als kunterbunte Nahrungspillen.“

Er führte mich in den ersten Flur zurück und wir gingen auf die letzte der vier Türen zu. Er wollte gerade die Türklinke hinunterdrücken als meine Mutter ihren Kopf aus der Küchentür steckte.

„Wo wollt ihr denn noch hin?“, fragte sie und sah bewusst Aaron an.

„Ich wollte ihr Essen zeigen und niemand kocht so gut wie Rebecca“, sagte er und grinste meine Mutter an. Ihr besorgter Blick verwandelte sich in etwas liebevolles, oder vielleicht sogar verliebtes und sie nickte.

„Ich vertraue dir Aaron“, mahnte sie ihn, doch ihr Blick verriet das sie die Mahnung nicht all zu streng ansah und Aaron nickte.

„Ich bringe sie gesund wieder Heim Ma’am.“

Meine Mutter kicherte, als Aaron bei diesen Worten eine Verbeugung andeutete.

Nun öffnete er die Tür und ein dritter Flur kam zum Vorschein, der wie der zweite aufgebaut war. Ein kurzer Flur und zwei Türen, eine links und eine rechts.

„Das hier links ist das Zimmer deines Bruders“, sagte er und nickte in die Richtung der Tür, „und hier“, er öffnete die andere Tür, „ist die Tür in die Freiheit, die Haustür.“

Mein Magen krampfte sich zusammen. Die Haustür. Die Tür, die in die Stadt führen würde.

Aaron drückte die Türklinke herunter und wir traten in ein Treppenhaus. Es war dunkel und totenstill.

Aus seiner Hosentasche angelte Aaron ein kleines Metallenes Ding. Er drehte vorne die Spitze herunter und schraubte diese hinter wieder auf und gleichzeitig leuchtete vorne ein kleines Licht auf.

„Eine Taschenlampe“, verkündete er, „ist praktisch wenn es so dunkel ist.“

Die Taschenlampe erleuchtete den gesamten Flur. Aaron wollte bereits weiter gehen, als mir etwas in den Sinn kam und ich hielt ihn fest.

„Was ist denn?“, fragte er.

„Wenn, wenn wir jetzt das Haus verlassen, wimmelt es dann nicht da draußen von Regieungsfutzis?“

Für einen Augenblick war sein lächeln verschwunden, dann sah er auf einen kleinen, runden Gegenstand, den er ebenfalls aus seiner Tasche gezogen hatte, und seine Miene beruhigte sich wieder.

„Die angekündigte Stunde ist rum“, sagte er, „es sollte von den „Futzis“ niemand mehr draußen herum laufen. Komm, keine Angst.“

Trotz seiner Worte fühlte ich mich unwohl als wir die Treppe hinunter gingen und eine letzte Tür aufstießen. Dann standen wir auf der Straße.

Von draußen sahen die Leuchtdiodenlichter, die die Sonne darstellten, nicht mehr so schön und sicher aus, sondern störten mein Bild von einer perfekten Natur.

Wie von allein folgten meine Beine Aarons Schritten und so konnte ich mich in Ruhe umsehen. Die vielen Häuser der Stadt waren verdreckt und teilweise eingestürzt, vernagelt oder zerstört.

„Kein schöner Anblick, ich weiß und dabei hat es hier einmal so schön ausgesehen, aber das liegt so lange zurück das sogar ich mich kaum erinnern kann.“

Ich meinte Traurigkeit und Bedauern aus seinen Worten zu hören.

Wir verließen die große, breite Straße auf der nur ab und an eine vermummte Gestalt unseren Weg gekreuzt hatte und bogen in eine kleine Seitenstraße ein. Hier sah es sogar noch schlimmer aus und es stank bestialisch nach Dingen, von denen ich nicht wissen wollte was sie einmal gewesen sein könnten. Neben einigen umgestoßenen und vollgestopften Müllcontainern lagen tote Tiere und ihre Exkremente. Ein eisiger Schauer lief mir über den Rücken.

Dann verließen wir auch diese Straße und vor uns lag eine riesige unbebaute Fläche. Nur ein einziges, kleines Haus stand dort und aus dessen Schornstein stieg sogar Rauch empor. Das Haus sah ganz anders aus als die anderen Häuser. Es war sauber und ordentlich und hatte sogar einen, wenn auch mit Plastikpflanzen bepflanzten, Garten.

„Hier wären wir“, verkündete Aaron stolz, „hier wohne ich wirklich.“

Ich staunte. Er klopfte gegen die Tür und eine Frau in einem weißen Kittel öffnete uns. Auf ihrer Nasenspitze saß eine feine Brille und ihre langen, schwarzen Haare waren hoch gesteckt.

„Ach du bist’s Aaron“, sagte sie, öffnete die Tür weiter und ließ uns eintreten.

„Und wer ist die?“, fragte die junge Frau die ich auf 17, 18 Jahre schätze.

„Das ist Livy. Leons und Lindsays Tochter.“

Die schwarzhaarige musterte mich, wie Aaron es zuvor getan hatte.

„Hm“, gab sie dann von sich und machte auf dem Absatz kehrt.

„Das war Ruth“, sagte Aaron, „sie ist immer etwas launisch, aber da gewöhnt man sich dran.

„Rebekka?“, rief Aaron und eine zweite Frau steckte ihren Kopf aus einem anderen Raum.

„Ah Aaron, du kommst gerade richtig um den Tisch zu decken, ich bin mit dem Essen beinahe fertig.“

Das war also der angenehme Geruch gewesen, der mir von der Haustür aus bereits entgegen geströmt war. Essen. Echtes, gekochtes Essen.

Aaron grinste mich an und deutete mir mit einer Kopfbewegung an ihm zu folgen.

„Rebekka“, sagte er, „das ist Livy Deters, sie hat erst vor einer Stunden Kontakt zu uns aufgenommen und muss jetzt unbedingt etwas Essen.“

Die Frau mit dem Namen Rebekka drehte sich zu mir um und wischte sich ihre feinen Finger an einem Handtuch ab. Ihre blonden Haare waren kurz geschnitten und standen in alle Richtungen ab. Sie schätze ich nicht älter als 25 vielleicht 30, aber wahrscheinlich war sie genau wie Ruth viel, viel älter. Denn beide Frauen waren so atemberaubend schön, dass es sich nur um Gen- Menschen handeln konnte.

„Mein Name ist Rebekka Setter. Freut mich“, sagte sie, als sie mir ihre Hand reichte.

Aaron hatte begonnen den Tisch zu decken und Rebekka bot mir an mich zu setzten und ihm zuzusehen.

„Hattet ihr Probleme vorhin?“, fragte Aaron nebenbei.

„Nein nicht wirklich. Noch lassen sich die Regierungsmitglieder mit Ruth als Ärztin abspeisen doch wir müssen höllisch aufpassen.“

„Und was ist mit Isaak? Wie geht es ihm?“

„Immer noch schlecht. Es wird es nicht mehr lange machen Aaron. Es ist genau wie bei Moses.“

Die Stimmung in der Küche war umgesprungen und ich meinte Tränen auf Rebekkas Gesicht aufblitzen zu sehen.

Auch Aaron hielt in seiner Arbeit inne und ballte die Fäuste.

„Wenn Isaak stirbt, wird die Regierung mich kennen lernen“, schimpfte er.

„Aaron, das hat keinen Sinn und das weißt du.“

„Verflucht noch mal, willst du einfach zu lassen das sie uns wie ihre Haustiere behandeln und uns einschläfern, wenn sie uns nicht mehr gebrauchen können? Nur weil sie uns erschaffen haben, haben sie nicht das Recht uns einfach zu töten.“

Nun weinte Rebekka wirklich.

„Glaubst du echt das ist mir nicht klar?“, schluchzte sie, „meinst du wirklich ich finde es lustig was sie Isaak und Moses angetan haben? Lustig und gerecht fertigt? Nein, ich hasse sie dafür, aber mehr als das was wir tun, können wir uns im Augenblick nicht leisten. Aaron. Alles andere wäre Selbstmord.“

Nun schwiegen sie.

„Entschuldigt mich bitte“, sagte Rebekka, schon viel gefasster und verließ dann die Küche.

Aaron hatte sich auf einen Stuhl nieder gelassen und das Gesicht in den Händen vergraben.

„W- was ist denn mit Isaak und Moses?“, fragte ich vorsichtig.

Er sah mich an, als wäre ich bescheuert so etwas zu fragen, doch dann wechselt sein Ausdruck als hätte er sich wieder erinnert wer ich war.

„Verzeih“, sagte er, „woher solltest du das auch wissen. Die Regierung hat uns erschaffen.“

Ich nickte.

„Nun, sie haben uns Krankheitsimmun gemacht und genau das wurde zu ihrem Verhängnis als wir anfingen ihnen nicht mehr zu gehorchen. Damals haben sie eine Krankheit entwickelt dir nur uns Gen- Menschen angreift und die uns bis jetzt ohne umschweife qualvoll tötet.“

Ich schluckte, wie schrecklich.

Aaron rieb sich die Augen und machte sich dann daran auch den letzten Rest des Tisches zu decken.

Ich sprach das Thema an diesem Tag nicht mehr, denn ich wusste, dass es ihnen schwer fallen musste darüber zu sprechen.

Aaron stellte eine große Pfanne auf den Tisch und pfiff dann. Wie wilde Tiere kamen aus allen Ecken Menschen in den Raum geströmt und auch Rebekka kam wieder. Sie alle setzten sich um den Tisch, unterhielten sich und aßen.

Ich wusste nicht was es war, aber es roch so gut, dass ich es probieren musste. Nur ein kleiner Bissen hatte genügt um mich tausendmal besser zu fühlen als ich mich je gefühlt hatte.

Ich spürte wie alle Blicke auf mir ruhten. Sie erwarteten eine Reaktion von mir. Doch statt einer Antwort wurde ich Knallrot.

Rebekka lachte.

„Kein Problem Kind“, sagte sie, „lass dir Zeit mit einer Meinung, so ging es bis jetzt allen und auch deinen Eltern blieb diese peinliche Situation nicht erspart.“

Daraufhin wandten sich die Blicke der anderen ab und ich aß genüsslich weiter.

Am Tisch saßen Aaron, Ruth und Rebekka die ich bereits kannte. Außerdem saßen ein kleines Mädchen und ein kleiner Junge mir gegenüber, die Hannah und David hießen. An den Kopfenden saßen zwei ältere Damen die Rahab und Miriam gerufen wurden. Außerdem gab es noch Isaak, der krank im Nebenzimmer lag und Moses der vor einigen Jahren an Issacs Krankheit starb. Ich wusste nicht warum aber ich war ziemlich sicher, dass sie alle Gen- Menschen waren, denn sogar Rahab und Miriam waren wunderschön obwohl sie mit Sicherheit schon 60/70, also 300/350 Jahre alt waren.

Doch neben ihrer Schönheit hatte mich noch etwas an ihnen aufmerksam werde lassen. Sie alle trugen biblische Namen des alten Testamentes.

Ich ertappte mich dabei wie ich sie der Reihe nach musterte und sah schnell auf meinen Teller.

Seid ich dieses Haus betreten hatte fühlte ich mich beobachtet. Sie achteten auf mich wie ich auf sie. Sie wollte all meine Reaktionen bemerken und prüfen wer ich war. Ob ich es wert wäre bei ihnen zu sein und ihre Gesellschaft genießen zu dürfen.

Nachdem Essen verabschiedeten Aaron und ich uns wieder.

„Ich will ja nicht das deine Mutter sich sorgt“, sagte Aaron als er mir die Tür aufhielt.

Rebekka nahm mich zum Abschied in den Arm und freute sich schon auf ein weiteres Treffen und ich sollte meine Eltern von ihr grüßen. Die anderen winkten nur kurz zum Abschied und dann verließen Aaron und ich das Haus.

Die LED- Sonne hatte dem Himmel bereits eine fiktive, romantische Abendstimmung verpasst.

„Hässlich“, fluchte Aaron, der zum Himmel starrte, „anstatt ihr teures Geld für überdimensionale Kuppeln auszugeben, könnte die Regierung uns auch einfach ein Stück Natur zurück geben.“

Ich musterte ihn. Den ganzen Tag schon war mir aufgefallen wie schlecht er in dieses Bild passte. Ich kannte Aaron nur aus meinen Träumen zusammen mit grünen Wiesen und blauem Himmel. In der Stadt sah er falsch aus. Wie ins Bild eingearbeitet, eine schlechte Kopie.

„Wie ist es eigentlich in der Natur?“, fragte ich ihn und er blieb stehen und starrte mich an.

„Das kann ich dir nicht erzählen“, antwortete er, „man muss es selbst erleben.“

Ich nickte.

„Komm, wir müssen uns beeilen. In einer Stunde werden die Straßen voller Polizisten sein, die dafür Sorgen das nach Einbruch der Dunkelheit niemand mehr auf den Straßen herumläuft.



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