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Pieces of Memory

Gin x Vermouth
von

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Prolog

Als der Rabe sich mit seinem gewohnten Krächzen erhob, wirbelten die Flügel, die über den Boden strichen, keinen Staub auf. Es hatte geregnet, schon seit Stunden, fast so, als wollte der Himmel die Ereignisse des schicksalhaften Tages einfach wegwaschen, in der Hoffnung, dass nicht einmal Erinnerungen zurückbleiben würden. Sie lächelte. Wie furchtbar naiv. Jetzt, da die Tränen des Himmels bereits dabei waren, zu trocknen, gab es kein Entkommen mehr. Nichts konnte mehr die Wahrheit verschleiern, nichts mehr der Realität ein neues Kleid anziehen, gesponnen wie aus einem längst vergessenen Traum.
 

Obwohl sie die ganze Zeit gerannt war, tat sie die letzten Schritte ohne Hast. Es gab keinen Grund mehr, sich zu beeilen. Vor ihr lag der Ozean, durch die Wolken noch matt und dunkelgrau gefärbt. Bald würden sich wieder die Sterne in ihm spiegeln und ihn wie ein Lichtermeer glänzen lassen. Sehr bald schon. Ein wenig außer Atem griff sie nach dem Geländer, das verhindern sollte, dass achtlose Touristen ins Meer fielen. Achtlos. Leichtsinnig. Sie lachte laut auf. Als ob ein schmales Eisengitter jemanden aufhalten konnte, der fallen wollte. „Du willst also sterben?“ Seine Stimme ließ sie zusammenzucken. Ein warmer, tiefer Klang, erschreckend vertraut und fremd zugleich. „Ach?“ Sie warf ihm einen spöttischen Blick zu. „Du lebst noch? Ich hatte eigentlich gehofft, du wärest bei der Explosion ums Leben gekommen.“
 

Gin warf mit einer lässigen Handbewegung die Zigarette, die er eben noch genüsslich geraucht hatte auf den Boden. Als er auf sie zukam, zertrat er die Zigarette zu Asche. „Du solltest eigentlich wissen, dass ich nicht so leicht totzukriegen bin.“ Ihr Blick glitt hinter sich, auf der Suche nach einem Ausweg. Das Meer. Seine Hand glitt unauffällig zu seiner Manteltasche, in der sich eine Ausbeulung fand. Wer würde im Zweifelsfall schneller sein? Würde sie schneller fallen oder er schneller schießen? „Das hätte man von Anokata auch meinen sollen.“ Gins Blick versteinerte sich. „Du hast also noch mitbekommen…“ „Dass er im Feuer untergegangen ist? Ja, habe ich.“ „Wirklich ein Jammer“ Seufzte Gin. „Da schlägst du dich noch rechtzeitig auf die Seiter der Gewinner und kannst trotzdem keinen Profit daraus schlagen.“ Einen Wimpernschlag später starrte sie in den Lauf seiner Beretta M9.
 

Gin war ihr inzwischen so nah, dass sie glaubte, ihn riechen zu können. Zu nah, um sie zu verfehlen, selbst wenn sie blitzschnell auswich, viel zu nah. „Was willst du hier? Bist du gekommen, um meinen Todesengel zu spielen?“ Ihre Blicke trafen sich. Während sein Gesicht eine maskenartige Fassade blieb, lächelte sie. Es hatte keinen Sinn mehr davonzulaufen. Eiskaltes Metall legte sich an ihre Schläfe, als wollte es sie von dem schmerzlichen Pochen befreien. „Das wäre doch das Beste, oder nicht? Was hattest du vor? Du wolltest doch nicht ernsthaft in den Knast gehen?“ Sein Gesicht kam ihren noch ein Stückchen näher. „Das passt einfach nicht zu dir.“
 

Einen Moment lang hielt sie den Atem an, ob aufgrund der unangenehmen Nähe seiner Person oder des Todes, hätte sie wohl selbst nicht sagen können. „Wie bist du entkommen?“ Fragte sie schließlich, wobei sich immer noch eine Spur der Atemlosigkeit in ihrer Stimme wiederfand. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie einzelne Sterne durch das dichte Wolkenmeer blitzen. Es kann nur eine Wahrheit geben. „Das wüsstest du wohl gerne.“ Seine kalten grünen Augen folgten ihrem Blick. Vermutlich wollte er sich versichern, dass ihr wirklich keine Fluchtmöglichkeit blieb. Sicher ist sicher. „Und ich werde es dir erzählen. Aber zunächst möchte ich wissen, warum du die Organisation verraten hast.“

„Warum?“ Sie sah ihn verwundert an. So etwas zu hinterfragen passte überhaupt nicht zu ihm. Gins Methoden waren anders, er fragte Verräter nicht nach dem warum oder nach dem wie, im Gegenteil, er jagte ihnen meistens eine Kugel in den Kopf bevor sie einen einzigen Ton von sich geben konnten. „Ich bin wohl eher derjenige, der sich in der Position befindet, diese Frage zu stellen, oder? Warum hast du deine privilegierte Position in der Organisation für das hier aufgegeben? Du kannst doch nicht ernsthaft geglaubt haben, dass du damit durchkommst.“ Ein weiterer Stern, um einiges heller, als die anderen, erschien in einer kleinen Lücke, die sich wie eine Insel im Wolkenmeer gebildet hatte. Shinichi Kudo. Diese eine Wahrheit, die er ihr vor Augen geführt hatte. Wie sollte sie Gin antworten? Würde er auch nur ein Wort verstehen? Jemand der nur Lügen kennt, kann die Wahrheit nicht ertragen. Sie selbst wollte ja auch sterben, weil sie es nicht konnte. „Warum?“ Wiederholte er seine Frage, diesmal voller Ungeduld. Es fehlte nicht mehr viel und er würde abdrücken. „Hast du dich je gefragt warum ich der Organisation beigetreten bin?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Night_Baroness
2012-06-19T20:57:02+00:00 19.06.2012 22:57
Vielen Dank. ^.^
Die FF ist zwar derzeit pausiert, aber ich habe noch ein paar Kapitelchen, die ich gerne posten möchte. Hoffentlich finde ich dann auch wieder Zeit, sie fortzuführen. ;D

LG
Von:  Zimtphilosophie
2012-06-13T19:42:31+00:00 13.06.2012 21:42
Zweifelsohne ein Prolog der das Verlangen auf baldige Fortsetzung zu hinterlassen weiß. Beneidenswert, wäre wohl die zutreffendste Beschreibung, die mir bzgl. deines Schreibstil's in den Sinn kommen würde.
Keep up your good work!

MfG
Zimtphilosophie


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