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Only Once in a Lifetime

Deine große Liebe findest du nur einmal
von

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Weihnachtspläne

Drei Wochen, bevor es in die Weihnachtsferien gehen sollte, saßen Rose Weasley und Éloise O’Donnal am Ravenclawhaustisch in der Großen Halle und lasen ihre Briefe von Zuhause neben dem Frühstück durch. Eigentlich schwelgte nur Rose in ihren Briefen, währen Éloise sich mit ihrem Tagespropheten beschäftigte.

«Stell dir vor!», platzte es plötzlich aus der dunkelrothaarigen Rose heraus.

«Was soll ich mir vorstellen?», fragte Éloise hinter ihrer Zeitung hervor.

Doch statt Antwort zu geben, steigerte sich ihr Gegenüber weiter in ihren Unglauben. «Du wirst es nicht glauben Louise!»

«Was werde ich nicht glauben? » Doch auch dieses Mal bekam Éloise keine Antwort von ihrer besten Freundin.

«Das ist… Das ist doch nicht wirklich ihr Ernst!» Ungläubig schüttelte Rose ihren Kopf und starrte weiterhin auf den Brief in ihrer Hand.

Entnervt faltete Éloise ihre Zeitung zusammen und legte sie neben ihren Frühstücksteller. «Was ist nicht wessen Ernst?!», schnaubte sie und starrte ihre Freundin ärgerlich an.

«Hier ließ selbst!», entgegnete Rose, den verärgerten Blick ihrer besten Freundin ignorierend, und hielt ihr den Brief entgegen.

Überrascht, dass die Rothaarige ihr zum allerersten Mal, seit sie hier nach Hogwarts gingen, einen ihrer Briefe zum Lesen gab, nahm Éloise das Stück Pergament entgegen. Bevor sie den Brief begann zu lesen, erkundigte sie sich noch mal sicherheitshalber bei ihrem Gegenüber. «Bist du sicher, Rose, dass ich den Brief lesen soll? Normalerweise lässt du nichts und niemanden deine Briefe lesen… »

«Ja! Jetzt ließ endlich!», unterbrach die Weasley unwirsch und stocherte missmutig in den Resten ihres Frühstückes.

Rose noch einen letzten verwirrten Blick schenkend wandte Éloise sich dem Pergament in ihren Händen zu. Langsam begann sie zu lesen.
 

Liebe Rose,

Deine Mutter und ich wissen von Deinen Weihnachtsplänen. Dein Bruder erzählte uns davon in seinem letzten Brief. (Bevor du Dich über Hugo aufregst, Deine Mutter hat ihn gefragt, ob er wüsste was Du an Weihnachten vorhättest. – Bleib ruhig und mach nicht deinem alten Daddy Konkurrenz im cholerisch sein.)

Normalerweise hätten wir nichts dagegen, dass Du Weihnachten mit Deiner Freundin verbringen möchtest, doch Deine Großmutter besteht darauf, dass wir Weihnachten zu ihr und Deinem Großvater kommen. Gemütlich mit der ganzen Familie beisammen sein und Weihnachten feiern, wie sie sagte. Sie hofft natürlich, dass alle anwesend sein können.

Aber seien wir mal ehrlich Du kennst Deine Großmutter. Wenn sie um etwas bittet oder etwas möchte, so steckt doch eigentlich ein Befehl hinter der Bitte.

„Und wehe einer aus der Familie erscheint nicht am 24. Unter Todesstrafe strengstens verboten!“, oder so ähnlich lautet dieses Mal ihr indirekter Befehl.

Also Rosi, tu bitte Deinem alten Daddy den Gefallen und komm über die Ferien nach Hause. Frag doch Deine Freundin, ob sie nicht Weihnachten zu uns oder eher zu Deinen Großeltern möchte und dort mit Dir Heilig Abend feiern möchte.

Frag auch Louise, ob sie Lust hätte Weihnachten mit uns Weasleys zu verbringen. Keiner sollte an Weihnachten ohne die Menschen verbringen, die man liebt uns schätzt. Und bevor sie sich wieder versucht herauszureden, richte ihr aus, dass sie herzlich von uns eingeladen ist. Im Klartext, Rosi: Sieh zu, dass du sie dazu bekommst aus ihrem nun schon zweijährigen „Ich verlass Hogwarts nur noch, wenn ich es muss“-Dasein rauszubekommen.

Auf eine baldige und erfreuliche Antwort hoffend und mit liebsten Grüßen,

Dein Vater
 

Bedächtig ließ Éloise das Blatt sinken und schaute abwartend zu ihrer besten Freundin. Unglücklich erwiderte diese ihren Blick.

«Ela und ich, wir hatten dieses Jahr vorgehabt uns spontan irgendwo eine Hütte zu mieten und über die Feiertage gemütlich und romantisch zu zweit zu verbringen», seufzte Rose wehleidig und ihr Kinn auf ihren Händen ab. «Das kann ich mir ja jetzt abschminken.»

«Was wirst du deinem Vater antworten?», fragte Éloise vorsichtig.

«Na was schon, dass ich und mindestens eine Freundin Weihnachten bei Oma und Opa sitzen werden», brummte Rose. Mit vor Wut verzehrten Gesichtszügen schüttete sie sich noch etwas Tee nach und rührte anschließend Milch in diesen.

Kurz trank auch Éloise etwas von ihrem Tee und strich sich eine ihrer dunkelbraunen Haarsträhnen hinters Ohr. «Dann meinst du also, dass Raphaela sicher zusagen wird und ein romantisches Beisammensein gegen chaotisches Familiengefühl eintauscht? Sie muss dich wirklich sehr lieben, wenn sie sich deine gesamte Familie antun möchte», erkundigte sie sich. Bevor die andere junge Frau auch nur eine Chance hatte etwas zu erwidern sprach sie auch schon weiter: «Versteh mich nicht falsch, meine Liebe, aber in den letzten paar Jahren, in denen ich den Großteil deiner Cousins und Cousinen kennen lernen konnte, musste ich feststellen, dass ein oder zwei von euch alleine wirklich super sind. Ihr seid dann die tollsten Freunde, die man sich nur wünschen kann. Aber mehr als zwei von euch und das Chaos und die Katastrophen halten Einzug in dein Leben… Häufig sind die kleinen Pannen, die euch dann passieren aber auch sehr amüsant.» Ein sanftes Lächeln schlich sich auf die Gesichtszüge der Braunhaarigen, als sie sich an die vielen kleinen und größeren Pannen erinnerte, die in den letzten Jahren den einzelnen Mitgliedern der Weasley und Pottersippe passiert waren.

«Und genau deshalb wirst du diese Ferien mit mir in den Zug steigen und zurück nach London fahren», erklärte Rose energisch und nahm wieder den Brief ihres Vaters an sich.

Aus ihren Erinnerungen gerissen, schaute Éloise die andere perplex an. «Was? Wie bitte?»

Mit der Nachsicht, die eigentlich nur eine Mutter ihren Kindern gegenüber haben kann, sah die Rothaarige nun ihre beste Freundin gutmütig an. «Du hast mich schon richtig verstanden. Du wirst diese Ferien nicht hier in Hogwarts verbringen.»
 

«Aber…»

«Kein „Aber“, Louise. Du hast doch gelesen was mein Vater geschrieben hat. Ich soll zusehen, dass ich dich aus deinem Mauseloch namens Hogwarts herausbekomme. Und wenn Vater das schon so schreibt bin ich mir sicher, dass er Oma schon darum gebeten hat, dass ich zwei Freundinnen mitbringen darf. Also keine Widerrede. Du kommst mit und damit Schluss. Ende. Aus. – Überleg dir mal lieber mit, wie ich vor meinen Großeltern und meinen Tanten und Onkeln, außer Onkel George und Tante Angelina, verheimlichen soll, dass ich auf Frauen stehe. Du weißt gar nicht, was die damals für einen Staatsakt daraus gemacht haben, als sie erfuhren, dass Fred auf seinesgleichen steht.»

Resigniert schüttelte Éloise ihren Kopf. Na das konnte ja noch etwas werden. Ungefragt schon bei einer Familienfeier eingeladen zu sein…

Aber, nein, gegen eine Molly Weasley, die Erste, wollte sich keiner auflehnen wenn es noch nicht mal ihre eigenen Söhne versuchten, dann sollte sie selbst es erst gar nicht versuchen.

Willkommen im Hause Weasley

Zusammen mit Rose, Hugo und ihren Eltern landete ich vor einer schmalen Schotterstraße. Von unserem Standpunkt aus hatten wir eine fantastische Sicht auf den sagenumwobenen Fuchsbau, von dem mir Rose und Dominique so of erzählt hatten. Er sah wirklich so aus, wie die beiden ihn mir beschrieben hatten. Ein schmales, mehrere Stockwerke hohes und zusammengeschustertes leicht windschiefes Gebäude schien uns alle förmlich anzulächeln, so freundlich und heimelig wirkte es. Und das erstaunlichste an dem Haus war nicht seine Konstruktion, das es trotz dem „leicht“ marode wirkenden Zustandes noch stand. Vielmehr war es beeindruckend, dass der Fuchsbau heute, trotz seiner Zerstörung im Großen Kampf gegen diesen Voldemort, aussah wie zu der Zeit, als Rose‘ Vater noch ein 14-jähriger Junge gewesen war. Es war identisch wie damals, hatte Rose immer wieder betont, wenn sie als kleines Mädchen von ihren traumhaften Ferien bei ihren Großeltern berichtet hatte. Zum Beweis hatte ihr Vater ihr einst eine seiner glücklichsten Kindheitserinnerungen gezeigt.

Sanft und dennoch bestimmt wurde meine Hand gebackt und ich wurde hinter Rose, den kurzen Weg bis zum Haus, förmlich hergezogen.

„Morgen früh hast du beim Schneeschippen noch genügend Zeit das Haus und die Einfahrt zu bewundern“, meinte sie und schob mich vor sich sanft ins Haus.

„Wieso soll’s heute Nacht schneien?“, fragte ich zurück und lies es zu, dass sie mir die Mütze vom Kopf zog und mir auch meinen Schal auszog. „Und wieso Schneeschippen? Einmal mit dem Zauberstab geschwenkt und der Schnee ist aus der Einfahrt.“

„Ja hat anscheinend der Wetterbericht angesagt, dass es heute Nacht 30 cm Neuschnee geben soll. Und ja Schneeschippen. Traditionell heißt dass dann für uns Jüngere: Pack dich am nächsten Morgen warm ein, schnapp dir eine Schaufel und schippe was das Zeug hält so schnell wie möglich den Schnee weg“, antwortete Rose. „Die Schuhe kannst du dir aber selber noch ausziehen oder?“ Frech grinste sie auf mich herunter, während sie meine Jacke neben die Jacke ihres Bruders hing. Extra schön hoch, damit ich ja auf ihre Hilfe angewiesen war. Manchmal hasste ich meine geringe Körpergröße echt. Dafür beneidete ich Rose, die mich um gut 12 cm überragte, wie so ziemlich alle aus der Familie Weasley/Potter mich überragten.

„Ja, stell dir vor, das kann ich schon selbst“, fauchte ich zurück, bückte mich und band mir die Schuhe auf. „Sag mal, wann wollte Raphaela nochmal kommen?“

„Morgen früh gegen Elf. Wir drei schlafen zusammen in einem Zimmer. Ich hoffe das ist für dich in Ordnung“, antwortete Rose mir leise.

Genauso leise und darauf achtend, dass keiner der Erwachsenen in der Nähe stand erwiderte ich: „Solange ihr euch in meiner Nähe nur aufs Küssen und Kuscheln beschränkt ist das in Ordnung. Ich möchte, auch wenn ich deine Neigung akzeptiere, nicht so genau wissen, wie das alles geht.“

„Schon klar. Ich glaub mehr kann ich auch nicht von meiner besten Freundin verlangen. Mehr will ich auch gar nicht verlangen. – Komm lass uns mal sehen ob wir in der Küche jemandem helfen können.“

Wieder griff Rose nach meiner Hand und zog mich hinter sich her in einen gemütlichen warmen Raum, indem schon mehrere Frauen tatkräftig am Werk waren und das Abendessen zubereiteten. Neben Hermine, Rose‘ Mutter, erkannte ich noch Dominique, die neben ihrer Schwester Victoire stand und fleißig Gemüse schnitt.

„Rose, Liebes! Schön dich zu sehen“ rief uns eine kleine weißhaarige knubblige Frau erfreut entgegen und kam mit mehreren Bund Möhren durch die Hintertür auf uns zu. Herzlichst drückte die ältere Frau meine beste Freundin mit einem Arm fest an sich, bevor sie sich mir zuwandte. „Du musst eine von Rose‘ wichtigsten Freundinnen sein. Raphaela oder Loise?“

„Genau genommen heiße ich Éloise“, antwortete ich vorsichtig.

„Nenn sie einfach Louise, Oma“, meinte Rose und sprang mir somit zu Hilfe.

„Louise also“, murmelte Molly Weasley und sah mich dabei komisch irgendwie verzückt an, bevor sie mich ebenfalls herzlich an sich drückte. „Es freut mich, dich kennen zu lernen.“

Überrascht erwiderte ich die Umarmung. „Freut mich auch, Sie kennen zu lernen Mrs. Weasley“, erwiderte ich höflich.

„Lass das Mrs. Weasley. Davon gibt es in diesem Haus zu viele. Einfach Molly oder Oma, verstanden?“

Kurz nickte ich.

„Gut. Ich hoffe du hast nichts dagegen ein Paar Rüben zu schneiden“, meinte Großmutter Molly, mit einem Blick, der kein Nein als Antwort gelten lassen würde.

Diesmal schüttelte ich meinen Kopf und nahm der weißhaarigen Hexe ein Bund Möhren ab. Mit meiner Arbeit in der Hand ging ich rüber zum Waschbecken und schrubbte den groben Dreck von dem orangen Gemüse. Anschließend gesellte ich mich zu Victoire und Dominique, krempelte die Ärmel meines Pullovers hoch, nahm dankend von der älteren der Schwestern ein Messer entgegen und schälte und schnitt die einzelnen Murren.

Während ich zusammen mit den anderen Frauen das Abendessen zubereitete kamen die Potters zusammen mit Albus besten Freund Scorpius Malfoy und James Ehefrau Kate und deren gemeinsamer Tochter Susana Ginevera auf dem Arm an.

Die einjährige Tochter von James Potter wurde erst mal von all den anwesenden Frauen begutachtet und für sehr niedlich gefunden. Doch so viel Aufmerksamkeit schien der Kleinen nicht zu gefallen, denn sie begann lauthals zu weinen.

„Ich glaub wir legen sie besser mal ins Bett“, meinte Kate und wiegte ihre Tochter sanft hin und her, in der Hoffnung so das Baby zu beruhigen. „Sie hat heute noch nicht geschlafen. Sie wollte einfach nicht. James könntest du vielleicht das Bettchen oben in einem der Zimmer aufbauen?“

„Bau es doch in dem Zimmer auf, indem Claudia schläft“, meinte Victoire nun. „Kommt ich zeig euch wo meine Kleine schläft und nebenbei können wir deinen Ehemann bei den Herren und meinen Söhnen abliefern, Kate.“

Munter schwatzend verließen die beiden Frauen gefolgt von James die Küche Auch Harry, sein Sohn Albus und dessen bester Freund Scorpius und seine Tochter Lily verließen die Küche und begaben sich auf die Suche nach den anderen Männern.

Wieder begaben wir Frauen uns an die Arbeit und schnitten, kochten und buken munter weiter vor uns hin.

Wir waren noch nicht lange am kochen, da erschienen auch die restlichen Mitglieder der Familie.

Doch da wir schon genügend Frauen in der Küche waren scheuchten wir die Neuankömmlinge gleich weiter ins Wohnzimmer und baten manche der Frauen schon mal den Tisch zu decken.
 

Warum alles an diesem Tag auf Muggelart gemacht wurde hatte, wie mir Rose erklärte Tradition. Ihr Großvater war genau wie sie schon immer von Muggelsachen fasziniert gewesen und bestand genau wie sein Schwiegersohn darauf, dass man nach dem Krieg so viel wie möglich auf Muggelart erledigen sollte. Zu viel hatten alle Familienmitglieder während des Krieges gegen die dunklen Zauberer zaubern müssen und so hatte jeder aus der Familie zugestimmt. Doch bis auf das Schneeschippen und das Kochen hatte sich nicht wirklich vieles der Muggelbeschäftigungen durchgesetzt.

Ich war gerade auf dem Weg in die Küche, um Nachschlag an Wasser, Wein und Bier zu holen, da klingelte es an der Tür.

„Louise, könntest du vielleicht öffnen?“, rief mir Rose aus dem Wohnzimmer zu.

„Ja!“, rief ich zurück und ging an die Tür, um diese zu öffnen. „Guten Abend. Was kann… ich…“

Unwillkürlich hörte ich bei dem Anblick der sich mir vor der Tür bot auf zu sprechen. Vor mir stand einer der schönsten Männer die ich in den letzten Jahren zu Gesicht bekommen hatte. Er gefiel mir auf Anhieb und dabei sah er so ganz anders aus, als die Jungen oder Männer die ich sonst hübsch fand.

Im dämmrigen Licht, dass durch die Tür nach außen drang wirkten die Haare meines Gegenübers wie Flammen, die ein wirklich hübsches und einprägsames Gesicht umrahmten. Überrascht schauten mich tiefblaue, im mangelnden Lichtschein fast schwarz wirkende Augen an. Aus irgendeinem Grund viel es mir schwer mich von seinen Seelenspiegeln zu lösen und seinen Begleiter bekam ich nur am Rande mit, da er irgendetwas auf Französisch sagte, das mehr als amüsiert klang.

Doch dadurch dass dieser etwas sagte schaffte ich es mich von dem Anblick des Mannes vor mir zu lösen.

Verwirrt schüttelte ich kurz meinen Kopf, um wieder klar denken zu können.

„Abend!“ wiederholte ich. „Wie kann ich Ihnen behilflich sein? Haben sie sich verirrt?“

Dass noch ein Familienmitglied fehlte hatte ich in diesem Moment total verdrängt und deswegen kam ich nicht auf den Gedanken, dass es bei einem der beiden jungen Männer vor der Tür sich um jenen Verwandten handeln könnte.

„Bonsoir, Mademoiselle“, antwortete der Mann mit den Haaren wie Flammen. „Sie könnten uns ‘erein lassen. Isch bin mir sischer, dass Grandmere uns erwartet.“

Und kaum hatte er „Grandmere“ gesagt, da dämmerte es mir, bei wem es sich um diesen außergewöhnlich attraktiven Mann handeln musste. Erst da viel mir die Ähnlichkeit mit Dominique, Fleur und Victoire auf.

„Sie sind Louis oder?“, fragte ich dennoch.

„Der bin isch. Und dies ist David Noros, mon meilleur ami“, erwiderte Louis. „ Darf isch jetzt einträtän?“ Ein neckendes Grinsen hatte sich auf seine Gesichtszüge gelegt.

Hastig trat ich beiseite, um den beiden jungen Männern Platz zu machen. Neugierig beobachtete ich sie, während sie sich ihrer Wintersachen entledigten.

Sie unterschieden sich fast wie Tag und Nacht. Louis hatte lange rotblonde teilweise zurückgebundene Haare, Davids Haare dagegen waren lockig, kurz und dunkelbraun. Der körperliche Größenunterschied der beiden Freunde war vielleicht genauso groß wie zwischen Rose und mir und genau wie bei uns beiden war Louis größer als sein Freund. Auch in ihrer Kleiderwahl unterschieden sich die beiden. Während der Rotblonde auf einen schlichten dicken Rollkragenpullover und eine verschlissen wirkende Jeans zurückgegriffen hatte, trug David Sakko, Stoffhose und Hemd. Ich musste zugeben, beide sahen so wie sie waren gut aus und hatten ihre athletischen Körper gut betont.

„Gefällt dir was du sie’st, Cherie?“, riss mich David in die Wirklichkeit zurück. „Wer gefällt dir besser? Isch oder doch lieber der hübsche Louis?“

Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich die beiden mir fremden Männer wie eine Spannerin angegafft hatte.

Sofort schoss mir das Blut in die Wangen und ich senkte betreten meinen Blick. „‘tschuldigung“, murmelte ich und schob mich zwischen den beiden hindurch in die Küche. Bevor die Tür zuschlug hörte ich noch einen der beiden auf Französisch etwas grummeln und ein amüsiertes Kichern und eine ebenso amüsierte Erwiderung.

Über mich selbst überrascht, dass mich diese beiden Männer so aus der Fassung gebracht hatten stützte ich mich an der Spüle ab. Sonst war ich doch auch nicht so leicht aus der Fassung zu bringen. Aber andererseits waren David und Louis beide auf ihre Art wirklich anziehend, ja eigentlich schon sehr verführerisch.

Ich merkte wie mir wieder das Blut in die Wangen schoss. Ärgerlich drehte ich den Kaltwasserhahn auf und spritze mir etwas von der kühlen Flüssigkeit ins Gesicht.

Ich sollte mich wirklich beherrschen. Das waren auch nur Männer wie jeder andere auch. Vor allem so wie sie aussahen mussten die beiden bestimmt an jedem Finger mindestens 5 Freundinnen haben.

Also ganz sicher keine Männer, die zu mir passen würden.

Fest entschlossen mich nicht mehr von einem der beiden, vor allem nicht mehr von diesem David mit seinen Kommentaren aus der Fassung bringen zu lassen, straffte ich meine Schultern und ging rüber in die Speisekammer um die Getränke herauszuholen.
 

Mit 5 Flaschen Wein auf dem Arm kam ich Rückwärts aus dieser wieder heraus, gerade als jemand in die Küche kam.

„Rose ich lebe noch. Sei lieber mal so lieb und schließ bitte die Speisekammer“, meinte ich, während ich weiter mit dem Rücken zu jener Person zu einer der Arbeitsplatten ging um die Flaschen kurz abzustellen und um für drei Weinflaschen schon mal zwei Flaschen Wasser mit zu nehmen. Ohne irgendeinen ihrer sonst so bissigen Kommentare, wenn man meine beste Freundin um etwas bat, schloss sie die Tür.

„Kann isch dir helfen?“, erkundigte sich statt Rose Louis.

Vor Schreck ließ ich die Wasserflaschen fallen und stellte ganz schnell die anderen Flaschen zurück auf die Arbeitsplatte.

Mich über mich selbst ärgernd hockte ich mich hin und begann die Scherben mit der Hand einzusammeln.

„Tüt mir leid“, entschuldigte sich der nähergetretene Louis. „Warte lass misch das machen, bevor dü disch noch schneidest!“

Doch zu spät, ich hatte mich schon an einer der Scherben geschnitten. Scharf einatmend richtete ich mich auf, legte die bisher eingesammelten Glasscherben auf die Ablage und besah mir den Schnitt an meiner Fingerkuppe, durch den langsam dunkelrotes Blut sickerte.

Soweit ich es sehen konnte, war der Schnitt nicht groß und nicht tief. Also nicht schlimm und nichts, was mich vom Arbeiten abhalten würde. Ich hatte schon mit schlimmeren Verletzungen im Hogwarts-Express gesessen und so gut es ging mir nichts anmerken lassen. Schließlich hatte ich immer verhindern wollen, dass man mich meinem Vater wegnahm, denn auch wenn er mich schlug und häufiger durchs Fenster nach draußen krachen ließ, so liebte ich ihn früher innig und redete mir immer wieder ein, dass er mich bräuchte, da ich das letzte aus seiner Familie war. Doch heute wusste ich es besser. Meine Nähe schmerzte meinen Vater, da ich meiner Mutter sehr ähnelte. Nicht nur vom Äußerlichen, auch vom Charakter.

Nur am Rande bekam ich mit, dass Louis mit seinem Zauberstab die Glasscherben verschwinden ließ und dafür neue Flaschen aus der Vorratskammer schweben ließ.

„Und ge’ts?“, erkundigte er sich besorgt.

„Ja, der Schnitt ist nicht tief. Keine Sorge“, antwortete ich und hielt meinen Finger kurz unter das Wasser, um das Blut abzuwaschen. „Könnten Sie mir vielleicht ein Pflaster oder so herzaubern?“

„Kann isch machen, wenn dü mir erzählst, warum dü misch siezt und ma Cousins düzt?“

„Ich kenn Sie doch gar nicht und Ihre Kusinen und Vettern kenn ich von der Schule her.“ Sanft nahm er meine Hand in die seine und betrachtete den Finger, aus dem schon wieder das Blut quoll.

„Isch bitte disch dennoch das „Sie“ zu lassen und misch einfach Louis und mit dü anzureden, bien?“

Zögerlich nickte ich und beobachtete fasziniert, wie er kurz seinen Zauberstab an die Wunde hielt ein Wort murmelte und einen Moment später nur noch ein feiner weißer Strich übrig blieb. Noch immer hielt er meine Hand fest und strich sanft über die Stelle an der der Schnitt bis vor ein paar Sekunden noch gewesen war.

„Danke schön“, sagte ich leise und entzog meine Hand sanft seinem Griff. Irgendwie war mir diese Nähe zu ihm unangenehm. Zu selbstverständlich fühlte sie sich an. So als ob ich ihn nicht erst seit vielleicht 10 Minuten kennen würde, sondern wie Rose schon seit Jahren.

„De rien.“, erwiderte Louis mit seiner angenehmen, leicht tiefen und ruhigen Stimme.

Irritiert schaute ich den Blondhaarigen an. Ich verstand zwar manche französischen Begriffe wie Bonsoir, Mademoiselle, Grandmere, ami oder Cherie, aber dieses Wort sagte mir gar nichts, ich war mir noch nicht mal sicher, ob es wirklich nur ein Wort oder doch zwei Worte waren. „Wie bitte?“, fragte ich deshalb

„Bitte se‘r“, sagte Louis und schnappte sich noch zwei weitere Flaschen. „De rien bedeutet bitte se’r. – Komm bevor noch die anderen verdürsten.“

„Ah so. Danke für die Übersetzung.“ Genau wie er nahm ich nun die Flaschen auf den Arm und folgte ihm raus aus der Küche.

Keiner im Wohnzimmer bekam mit, dass wir beide den Nachschub an Getränken brachten. Nur Rose und David warfen sich vielsagende Blicke zu und… irrte ich mich oder wechselte da gerade Geld den Besitzer.

Mit einer der Wasserflaschen setzte ich mich schließlich neben meine beste Freundin.

„Was haben du und David gewettet? Schau nicht so überrascht, ich hab gesehen, dass du von ihm Geld bekommen hast“, fragte ich sie beiläufig.

„Oh er meinte nur Wetten zu müssen, dass ihr übereinander in der Küche herfallen würdet. Laut ihm scheinst du sehr von Louis angetan zu sein. Ich hab dagegen gewettet und wie man sieht gewonnen“, antwortete Rose genauso leise zurück. „Ich kenn doch meine Louise. Die geht nicht so schnell mit einem Mann auf intimere Pfade.“

Skeptisch zog ich meine Augenbrauen hoch. „Und woher bist du dir da so sicher?“

„Weil du erobert werden willst und eigentlich eine andere Sorte Mann dein Interesse weckt. So jemand wie Malfoy zum Beispiel. Aber dennoch interessiert oder fasziniert dich mein Cousin“, meinte Rose seelenruhig und sah mich intensiv an. „Also….“

„Was aber…“ Bei der hochgezogenen Augenbraue meiner besten Freundin und ihrem eindeutigen Blick musste ich mich unterbrechen. Hilflos senkte ich meinen Blick auf meine Hände. „Na schön, ich geb zu er ist verwirrend.“

„Verwirrend. So, so… Dann erzähl mal…“

1. Weihnachtstag

Meinen Schal noch einmal mehr um meinen Hals wickelnd folgte ich dem murrenden Hugo und seiner ebenso grummelnden Schwester hinaus in den Garten, um wie die beiden, Albus, Lily, Scorpius, Louis und Fred mir eine der Schaufeln zu schnappen und den Schnee wegzuräumen.

Wir Acht hatten beim Ziehen der Strohhalme allesamt die Kurzen erwischt und mussten nun die Einfahrt und den Hof freischaufeln. Bevor nicht alles weggeräumt war, gab es keine Geschenke und auch kein Frühstück. Der Rest indessen saß gemütlich zusammen am Küchentisch oder im Wohnzimmer und genossen das herrlich duftende Frühstück.

Im Vergleich zu meiner besten Freundin störte es mich gar nicht, dass ich erst mal Schneeschippen musste. Geschenke zu Weihnachten hatte ich das letzte Mal mit 12 bekommen, dem Jahr, in dem meine Mutter bei einem Autounfall verstarb. Und ab da hatte mein Vater mit dem Trinken angefangen und war zu einem Tyrannen geworden. Eigentlich immer nur, wenn er betrunken war. Das war er fast im Dauerzustand. Dennoch liebte ich meinen Vater immer noch auf verquere Art und Weise.

Geduldig wartete ich neben Rose und Lily vor dem Schuppen, in dem so ziemlich alles für den Garten und die Einfahrt aufbewahrt wurde.

„‘ier“, meinte Louis und hielt mir eine der Schneeschaufeln hin.

„Äh… danke.“ Ich nahm ihm die Schaufel ab.

Fred trat neben uns. „Geht ihr beide doch schon mal hinter Richtung Hintertür und fangt dort beide mit dem Schippen an. Das schafft ihr schon zu zweit“, meinte er und scheuchte als ältester Schneeschipper die anderen Richtung Hof und Einfahrt.

Ich musste mich wahrlich am Riemen reißen, um nicht laut aufzuschreien. Eigentlich hatte ich gehofft zusammen mit Rose oder Lily irgendwo schippen zu können. Louis löste bei mir, seit ich ihn seit zwei Tagen kannte immer noch verwirrende Gefühle aus. Auf der einen Seite konnte ich nicht seine Nähe ertragen, aber auf der anderen Seite mochte und schätzte ich mittlerweile seine Art. Zumindest konnte ich ihn leichter ertragen als David. Dieser Kerl war einfach nur arrogant und selbstverliebt und dennoch, wie Louis gesagt hatte, seit 4 Jahren in einer Beziehung. Die Arme musste wahrlich blind und sinnlos vor Liebe sein. Anders konnte ich mir nicht vorstellen, wie man diesen Kerl aushalten sollte.

Jetzt genauso schlecht gelaunt wie meine beste Freundin stapfte ich dem Größeren und wie ich mittlerweile wusste Älteren im Schnee hinterher zu dem Plätzchen vor der Haustür. Wieso musste es dieses Jahr auch so viel schneien. Letztes Jahr hatte es kein bisschen Schnee um Weihnachten gegeben und dieses Jahr fiel bestimmt bald täglich ein Meter von dem Zeug runter.

„Fängst du hinten an und ich vorne?“, schlug ich vor und erhielt zur Antwort ein kurzes Nicken und das Hinstapfen von ihm in den hinteren Bereich des kleinen Hofs.

Stillschweigend arbeiteten wir beide vor uns hin. Gerade als ich den letzten Rest Schnee auf einen der seitlichen Haufen schob, da traf mich etwas am Hintern. Erschrocken fuhr ich herum und wurde direkt von einem Schneeball im Gesicht getroffen. Hastig wischte ich den Schnee von meinem Gesicht und sah mich nach dem Übeltäter um. Doch außer einem scheinheilig pfeifenden Louis konnte ich niemanden sehen.

„Das glaub ich jetzt nicht! Du warst das!“, knurrte ich. „Na warte!“

Ich nahm etwas Schnee in die Hände und formte einen Schneeball. Während ich die Kugel formte schritt ich langsam auf den ebenfalls einen Schneeball machenden Louis zu. Gewissermaßen waren nur noch 10 Schritte zwischen uns Abstand, da warfen wir beide gleichzeitig unsere Schneebälle. Während mein Geschoss meilenweit an ihm vorbeiflog traf er mich wieder direkt im Gesicht. Wieder wischte ich mir schnell den Schnee aus dem Gesicht und konnte sehen, wie Louis über den Hinterhof Richtung Mauer und die dahinterliegenden Wiesen und Felder zu rannte.

„Na warte, dich krieg ich schon“, flüsterte ich und setzte an ihm zu folgen.

Mit einer beneidenswerten Leichtigkeit sprang er über die Mauer und lief dann weiter über die Wiese.

Ich selbst gelangte nur über die Mauer, indem ich mich an der schulterhohen Mauer hochzog, draufsetzte, meine Beine über die andere Seite schwang und von ihr runtersprang. Manchmal konnte ich echt meine Unsportlichkeit verfluchen. Das einzige, was ich relativ gut konnte war schnell rennen. Genau das tat ich dann auch. So schnell ich mich wagte lief ich Louis über die Wiese hinterher. Auch wenn ich schnell war, so war ich doch langsamer als er und der Abstand vergrößerte sich langsam aber stetig. Dennoch lief ich ihm weiter hinter her. Folgte ihm über das verschneite Feld und weiter Richtung Wald.

Trotz des rutschigen Bodens unter meinen Füßen zog ich mein Tempo an und lief ihm schneller als vorhin hinterher. Aber erst im Wald selbst schaffte ich es ihn einzuholen. Und doch brauchte ich noch ein paar Augenblicke, bis ich ihn an seiner Jacke gepackt bekommen hatte.

„Bleib stehen!“, keuchte ich und versuchte ihn mit meinem ganzen Gewicht zum Stehenbleiben zu zwingen. Einfacher gesagt als getan. Denn dadurch, dass er noch ein Stückchen größer als Rose, ungefähr so viel größer als sie, wie sie zu mir, war und sehr gut gebaut war, fiel es ihm nicht schwer mich hinter sich her zu ziehen. Er wehrte sich noch nicht mal gegen meinen Griff, sondern lief einfach unbeirrt, soweit es ihm möglich war unbeirrt weiter.

Auf die Dauer wurde es mir wahrlich zu dumm mich von jemandem durch den Wald ziehen zu lassen. Aus diesem Grund ließ ich Louis auch ganz plötzlich los und schob einen meiner Füße zwischen seine Beine. Dadurch, dass ihm ein Bein gestellt wurde und auf einmal das Gegengewicht fehlte verlor er sein Gleichgewicht und stürzte zu Boden.

Ich selbst landete mit meinem Gesäß ebenfalls auf dem kalten Boden. Erleichtert darüber, dass die Hetzjagd nun vorbei war, atmete ich tief ein und aus und beobachtete wie der junge Mann vor mir sich auf den Rücken drehte und sich auf seinen Ellenbogen abstützte.

„Mon Dieu! ‘ätt isch dies gewusst, dann ‘ätt isch es mir besser überlegt, ob isch disch ärgern sollt oder nischt“, meinte Louis und pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die fast sofort wieder zurück ins Gesicht rutschte. Wieder pustete er sie aus seinem Gesicht und wieder rutschte sie zurück.

Ohne nachzudenken beugte ich mich vor und strich ihm die rotblonde Strähne hinters Ohr.

„Warum?“, fragte ich und blieb in meiner Position dicht über ihm. Er roch gut. Obwohl es Parfüm sein musste, war es nicht so aufdringlich, wie das, was andere Männer in seinem Alter und Jungen momentan benutzten. „Warum?“, fragte ich erneut.

Doch statt zu antworten hob mein Gegenüber eine seiner Hände und legte sie an meine Wange, streichelte sie seicht.

Unsicher lächelte ich ihn an. „Was wird…“

Sanft hatte sich ein Finger auf meine Lippen gelegt.

„Pscht… Dü bist ´übsch, wusstest dü das?“, meinte er und strich wieder über meine Wange.

„Ähm… danke?“

Diesmal war es Louis, der mich anlächelte, sanft anlächelte. Dieser Anblick irritierte mich. So hatte mich zuletzt John angesehen. Der erste und letzte Junge, dem ich mein Herz geschenkt hatte, derjenige dem ich es verdankte, dass ich mich nicht mehr verlieben wollte und es irgendwie konnte. Und jetzt dieser Blick von einem Mann, den ich kaum kannte, mit dem ich mich alleine in einem Wald befand, der stärker und schneller war als ich.

Sofort erschien mir diese Situation nicht mehr so harmlos. Irgendwie war sie mir auf einmal zu intim. Hastig lehnte ich mich zurück.

„Wir sollten zurück. Rose und die anderen werden sonst noch sauer, wenn sie wegen uns auf die Geschenke warten müssen“, meinte ich und stand auf.

„Ja, lass üns zurück ge’en“, stimmte mir Louis zu und stand ebenfalls auf.

Nebeneinander gingen wir zurück Richtung Fuchsbau.

„Sag mal, wie kommt es, dass du neben deiner Mutter der einzige in der Familie bist, der einen französischen Akzent hat?“, fragte ich ihn. „Das hab ich mich schon die ganze Zeit gefragt. Weder Victoire, noch Dominique haben einen. Wie kommt’s?“

„Isch ‘ab misch bis zu meine siebente Lebensja’r geweigert Inglisch zu spreschen“, antwortete Louis ruhig. „Isch ‘ab nur Französisch gesprochen und Inglisch kann isch seit dem nur mit Accent.Naja und der Fluch, der ebenso dafür sorgt, dass isch nischt mehr fe’lerfei Inglisch spreschen kann.“

„Ein Fluch?“, erwiderte ich besorgt.

„Oui, ist aber nischt so tragisch. Außer meine Accent, hab isch keine Schäden davongetragen. Isch war selber Schuld. Papa, hat schon ‘äufig zu mir gesagt, dass isch so ganz anders als Dominique und Victoire wäre“, meinte Louis. „Auf gewisse Art und Weise wäre isch wie er und Onkel Scharlie. Immer ganz anders als es die Familie erwartet. Und se’r unvernünftig.“

„Und deshalb bist du nach Beauxbatons gegangen? Um deinen eigenen Weg zu gehen und nicht wieder in die Fußstapfen eines anderen treten zu müssen?“, erkundigte ich mich weiter. Nach seinem Fluch fragte ich nicht weiter, da er es nicht als zu tragisch ansah und ich irgendwie das Gefühl hatte, dass er nicht gerne darüber ausgefragt wurde.

„Und deshalb bist du nach Beauxbatons gegangen? Um deinen eigenen Weg zu gehen und nicht wieder in die Fußstapfen eines anderen treten zu müssen?“, erkundigte ich mich weiter.

Neben mir bliebt Louis plötzlich stehen und schaute mich schon fast zärtlich lächelnd an. Neugierig sah ich zu ihm hoch.

„Genau. Doch ‘ätt isch gewusst, was mir entge’t, wäre isch vielleischt doch besser nach ‘ogwarts gegangen“, antwortete er mir.

„Wie darf ich das jetzt verstehen?“, fragte ich. Zu meinem Missfallen klang meine Stimme sehr unsicher und komisch hoch.

„Wie isch schon sagte: Du bist ‘übsch. Se‘r ´übsch sogar!“

Ohne auf eine Antwort von mir zu warten ging Louis weiter den Weg zurück, denn wir eben entlang gelaufen waren.

„Ich bin nicht hübsch!“, rief ich ihm hinter her und folgte ihm. „Ich habe komische Haare, komische graue Augen, hab zu breite Hüften und krumme Beine! Und überhaupt bin ich viel zu kurz geraten.“

Wieder blieb er stehen und musterte mich von oben nach unten und umkehrt genau.

„Find isch nischt. Deine ´üften sind nischt zu breit und krumme Beine kann isch nischt se’en. Deine ‘aar, soweit isch es beurteilen kann, ist doch wundervoll. Und deine Augen erinnern einen an Sterne“, widersprach mir der Blondhaarige. „In meinen Augen bist du ´übsch! Versuch nischt zu widerspreschen. Es ist meine Meinung und an der kannst dü nischts ändern.“

„Ich nehme an, dass ich mich wohl lieber entschuldigen und bedanken sollte“, wisperte ich verlegen. Mich hatte noch keiner als hübsch bezeichnet und es so gemeint. Selbst John nicht. Obwohl John hatte es wieso nie ernst mit mir gemeint. Für ihn war ich ja nur ein Spielzeug gewesen. Etwas, dass man wegwerfen konnte, sobald es einem langweilig wurde.

„Noch nischt mal das, Éloise!“, wisperte Louis mir ins Ohr und ging dann weiter in Richtung Fuchsbau.

Wie erstarrt starrte ich dem jungen Halbfranzosen hinterher. Fühlte mich noch immer von seinem Duft umfangen. Tief einatmend zwang ich mich schließlich ihm zu folgen
 


 

„Na endlich!“, stöhnte Rose, sobald ich und Louis mit unserem Frühstück fertig waren.

Wir waren beide die letzten gewesen, die ihr Frühstück verzerrt hatten. Aus Solidarität hatte die ganze Familie mit der Geschenkübergabe gewartet. Doch kaum hatte ich meine Gabel und mein Messer auf dem Teller abgelegt, da stürmte förmlich die Hälfte der Familie ins Wohnzimmer. Allen voran Hugo, gefolgt von Victoires Kindern.

Der Rest der Familie, Scorpius, David, Raphaela und ich folgten in gesitteterem Tempo ins Wohnzimmer.

Ungeduldig und erwartungsvoll wurden wir angeschaut.

Als mein Blick auf Rose, die unruhig auf dem Boden saß und hin und her rutschte, fiel, tauschten Raphaela und ich einen amüsierten und liebenswürdigen Blick miteinander aus. Ja, so war unsere Rose. Meist eine chaotische, witzige, sogar freche, aber sehr erwachsene und intelligente junge Frau, die schnell zu einem Kind mutierte sobald es um Geschenke ging.

Sobald alle Platz genommen hatten öffneten die meisten ihre Geschenke schon beinahe gierig.

Gespannt beobachtete ich, wie Rose Raphaelas und mein Geschenk auspackte. Ihren Augen nicht trauend stand sie auf und nahm das in der Schachtel sich befindende Kleid andächtig heraus. Hielt es auf Armeslänge von sich weg, drehte es und schaute es ungläubig an. Vorsichtig ließ sie es zurück in die Verpackung sinken. So schnell das weder Raphaela noch ich hätten reagieren können schmiss sich Rose an unseren Hals und drückte uns fest an sich.

„Ihr Schwachköpfe. Das war viel zu teuer!“, schniefte sie an unseren Halsbeugen.

„Du hast es dir aber gewünscht, mein Liebling“, flüsterte Raphaela zärtlich.

„Du hast mir, seit du es in der Hexenwoche gesehen hast, die Ohren vollgejammert, wie gerne du doch dieses Kleid hättest“, fügte ich hinzu und strich genau wie Raphaela Rose sanft über den Rücken.

„Für unsere Hübsche eben nur das Hübscheste!“, sagten wir beide im Chor und drückten Rose fester an uns.

„Danke, aber…“

„Keine Widerworte!“, unterbrach Raphaela ihre Freundin energisch. „Akzeptier dein Geschenk oder tritt uns nie wieder unter die Augen!“

„Na schön!“, schniefte Rose und strich sich energisch die Tränen aus dem Augenwinkel. „Meine Geschenke an euch sind aber nicht so toll!“

„Rose, mach dir keine Gedanken. Ich bin mir sicher, dass Raph und ich sie trotzdem wunderschön finden. Mir hättest du wieso nichts kaufen müssen. Du hast mir allein schon ein Weihnachtsfest geschenkt, wie ich es in den letzten Jahren nie hatte“, versuchte ich ihre Bedenken bei Seite zu schieben.

„Stimmt, du hättest uns nichts kaufen müssen. Unser größtes Geschenk ist es wieso mit dir befreundet zu sein“, stimmte mir Raphaela zu. „Aber jetzt her mit meinem Geschenk!“

Kichernd löste sich Rose endgültig von uns beiden, ging zum Weihnachtsbaum und holte zwei kleine Päckchen.

Unsicher hielt sie uns jeder eines hin.

Meine beste Freundin aufmunternd und dankend anlächeln nahm ich ihr das Päckchen ab.

Vorsichtig öffnete ich die bronzefarbene Schleife und entfernte das weiß-bronzene Papier. Zum Vorschein kam eine kleine weiße samtene Schatulle. In dieser Schatulle lag ein fast Galleonen großer herzförmiger silberner Anhänger an einer feinen silbernen Kette, in dessen Mitte ein himbeerroter kleiner Edelstein blitzte.
 

(http://www.pandora-direkt.de/Match-Kollektion-Stories/Match-Kollektion-Ketten/Kette-aus-Silber-mit-Medaillon-mit-Spinell.html)
 

Neben dem Anhänger lag ein kleiner zusammengefalteter Zettel.

Vorsichtig nahm ich das Stück Papier in die Hand und schloss die Schatulle. Zögerlich entfaltete ich das Papier.
 

Liebe Éloise,

damit auch du den Richtigen findest.

Rose
 

Sanft lächelnd legte ich das Stück Papier zurück in die Schatulle. Sie kannte mich einfach wirklich zu gut, dass sie genau wusste, dass ich seit John niemandem, der auch nur annähernd Interesse an mir zeigte traute.

Mit demselben Gesichtsausdruck schaute ich meine beste Freundin, die vor mir auf dem Boden saß, an, beugte mich zu ihr runter.

„Danke, Rose“, flüsterte ich ihr zu.

„Für meine Beste eben nur das Beste. Und für meine Süße nur das Süßeste“, meinte sie schelmisch grinsend.

Auch ich musste bei dieser Aussage grinsen und lehnte mich zurück.

Mich in diesem Moment richtig wohlfühlend beobachtete ich die Leute im Raum. Dabei viel mein Blick auf Louis, der genau wie ich eine kleine Schachtel im Schoß liegen hatte und diese verlegen anstarrte. Über diesen Anblick amüsiert ließ ich meinen Blick weiter durch den Raum schweifen.

Was auch immer er da geschenkt bekommen hatte, es schien ihn peinlich zu berühren.

Silvester

Nach Weihnachten waren viele der Weasleys und Potters zurück nach Hause gereist. Bis auf Louis, David, Fred und Lucy hatte keiner länger als 3 Tage Urlaub bekommen und somit auch nicht um Silvester herum frei. Außer den eben genannten vier Personen waren nur noch Lily, Hugo, Albus, Scorpius, Raphaela, Rose und ich im Fuchsbau geblieben um unsere restlichen Ferientage unter der Behütung von Molly Weasley zu genießen.
 

Wie jeden 31. Dezember seit 5 Jahren wachte ich früh morgens mit einem beklommenen Gefühl im Magen auf. So sehr ich auch dieses Weihnachtsfest genossen hatte und so sehr ich jeden aus der Familie Weasley gern hatte, so konnte mich dennoch keiner über den verjährten Verlust meiner Mutter hinwegtrösten.

Leise, um nicht meine an ihre Freundin gekuschelte beste Freundin zu wecken, stand ich auf und suchte im Dämmerlicht der frühen Morgenstunden warme Kleidung und Hygieneartikel sowie ein Handtuch zusammen. Auf Zehenspitzen schlich ich aus dem Zimmer und ins Badezimmer.

Damit ich duschen konnte, ohne jeden im Haus zu wecken, wollte ich einen Schweigezauber über den Raum legen. Ich, Schussel, hatte aber meinen Zauberstab vergessen. Vorsichtig schloss ich deshalb wieder die Badezimmertür auf und öffnete diese.

Zu meinem Erstaunen stand mit einer wie zum Anklopfen erhobenen Hand Louis vor dieser.

Einen Augenblick starrte ich ihn an. In meinen Augen sah er in diesem Moment einfach nur unbeschreiblich gut aus. Seine Haare waren noch vom Schlafen ganz zerzaust und sein nackter Oberkörper war wahrlich verführerisch und lud einen eigentlich zum Anschmiegen ein.

„Morgen“, hauchte ich verspätet.

„Bonjour“, erwiderte er genauso leise. „Bist du schon fertig im Bad, sonst ge‘ isch runter und warte solange.“

„Nein, ich wollte eigentlich gerade duschen gehen. Aber ich hab meinen Zauberstab vergessen um einen Schweigezauber über das Bad zu legen. Ich will keinen wecken“, antwortete ich noch immer leise.

„Du kannst meinen ne’men. Bring i’n mir wenn du fertig bist runter in die Küsche“, meinte Louis und hielt mir seinen Zauberstab entgegen.

„Lieber nicht. Fremde Zauberstäbe richten in meiner Hand nur Chaos und Verderben an. – Ich weiß das klingt jetzt sehr merkwürdig, aber warum kommst du nicht einfach rein. Während ich dusche kannst du dich ja schon anziehen und so und musst nicht darauf warten bis ich fertig bin“, schlug ich meinem Gegenüber vor. „Wäre nicht das erste Mal, dass ich jemand männlichen aus deiner Familie mit im Bad hatte.“

Verlegen sah ich auf meine Füße hinab und wartete auf eine Erwiderung.

Augenblicke verstrichen. Noch immer bekam ich keine Antwort.

Zögerlich hob ich meinen Blick.

Louis sah mich mit einer Mischung aus Schalk, Unsicherheit, Erheiterung und Unglauben an.

Erst jetzt wurden mir meine Worte erst richtig bewusst. Zumindest, wie sie klingen mussten. Vor allem der letzte Satz.

„Okay, weißt du was, vergiss bitte was ich gesagt habe“, meinte ich eilig und versuchte zu ignorieren, dass meine Wangen vor Unbehagen brannten.

„Non, schon okay. Isch bin nür überrascht, dass du so eine Vorschlag machst. Wir kennen uns immer‘in noch nischt lange und nischt gut“, entgegnete Louis mir. Diesmal eindeutig unsicher sah er mich mehrere Augenblicke lang an. Nervös trat ich von einem Fuß auf den anderen.

Ich war mir unsicher, ob ich jetzt einfach das Bad freimachen sollte und warten sollte bis er fertig war, um dann mit meinem eigenen Zauberstab zurück zu gehen und mich fertig zu machen, oder aber ob ich darauf bestehen sollte, dass er unten in der Küche warten sollte, bis ich umgezogen und geduscht war.

Dass er meinem Vorschlag zustimmen würde, glaubte ich nicht. Es war schließlich auch eine dumme Idee gewesen, oder nicht?

„Wenn du wirklisch damit einversta’nden bist, dann ne’m isch deine Vorschlag an“, meinte Louis schließlich.

„Äh, was?“ Verblüfft sah ich ihn an. Hatte ich das gerade richtig verstanden? Hatte er meinem Vorschlag zugestimmt?

Verwirrt sah auch Louis mich an. „Isch bin einversta’nden, dass du und isch uns zusammen in die Bad umziehen“, beantwortete er meine Frage.

„Äh, ja… Komm rein!“

Verlegen drehte ich mich um und ging zurück ins Badezimmer. Hinter mir hörte ich, wie Louis die Tür schloss und einen Schweigezauber über den Raum legte.

Mit zittrigen Fingern legte ich mir mein Handtuch sowie meine Unterwäsche auf einem Hocker neben der Dusche ab und schlüpfte hinter den Duschvorhang. Mit fahrigen Fingern entledigte ich mich meines nächtlichen Gewands und ließ dieses unter dem Vorhang hindurch auf den Boden fallen.

Bevor ich das Wasser andrehte, hielt ich kurz inne, um zu lauschen was Louis in der Zwischenzeit tat. Leise hörte ich ihn in seinem Kulturbeutel kramen.

Ohne weiter auf den Halbfranzosen zu achten begann ich mich zu duschen.

Für meine Verhältnisse ungewöhnlich schnell war ich fertig mit Haare waschen und allem. Vorsichtig griff ich durch den Spalt zwischen Vorhang und Wand nach meinem Handtuch um mich abzutrocknen. Diesen Handgriff wiederholte ich, um meine Unterwäsche hinter den Duschvorhang zu holen und schließlich in Unterwäsche bekleidet diese zu verlassen.

Den auf dem Klodeckel sitzenden Louis ignorierend zog ich bemüht ruhig meine Strumpfhose und meine Jeans an. Genauso ruhig putzte ich mir meine Zähne und tuschte mir meine Wimpern. Meinen Pullover ließ ich noch so lange an seinem Platz liegen, bis ich meinen Kulturbeutel und meinen Schlafanzug zusammengepackt hatte.

Plötzlich stand Louis hinter mir und strich mir seicht über meinen Oberarm.

„Isch hatte rescht! Du bist wunderschön. Und du ‘ast in meinen Augen keine breiten ‘üften.“, wisperte er.

Verlegen blinzelte ich ihn durch den Spiegel hin an. Sanft erwiderte er meinen Blick.

Irgendwie gefiel mir das Bild, das wir beide gerade boten. Es verzauberte mich und ich wünschte, die Zeit würde stehen bleiben. Allein schon, um für immer seinen herrlichen Duft einatmen zu dürfen.

Doch die Zeit war immer gegen einen. Energisch wurde gegen die Tür geklopft.

„Wer auch immer da im Bad ist, soll sich verdammt noch mal beeilen“, knurrte Hugo.

Erschrocken sprangen Louis und ich auseinander. Ich konnte das Gefühl des Ertapptseins nicht leugnen, obwohl eigentlich nichts passiert war. Nichts Verwerfliches zumindest. Mit meinem Herz schon eher.

Ich sollte wahrlich doch mal Rose‘ Geschenk ausprobieren. Es war mir zwar noch ein Rätsel, was die Kette mir bringen sollte, doch wenn Rose mir schon ein Geschenk mit so einem Brief machte, musste es etwas Sinnvolles für mich sein. Vielleicht half mir ja die Kette dabei zu erkennen, ob es jemand mit mir ehrlich meinte und nicht nur mit mir spielen wollte, bevor ich mein Herz wieder an so einen Schurken verlor.

Leise vor sich her murmelnd beendete Louis den Schweigezauber und rief seinem Cousin zu. „Ist es serr dringend, dass du in die Bad musst, ‘ugo? Oder ´ab isch noch ein paar Minüt?“

„Nein, es ist nicht dringend, ich will nur vor den Mädchen im Bad sein, das ist alles. Ich komm in 5 Minuten noch mal, in Ordnung?“

„Bien“, antwortete Louis und lauschte genau wie ich gespannt, wie sich Hugo schlurfenden Schrittes entfernte und anschließend die Treppe runter verschwand.

Auch wenn nichts passiert war und wir nur zweckmäßig und aus Zeitgründen das Bad geteilt hatten, so wollten wir beide nicht, dass man uns zusammen aus diesem kommen sah. Wir wollten einfach nicht, dass jemand etwas falschen hineininterpretierte, wo nichts war.

„Wir sollten gehen, bevor der nächste kommt“, flüsterte ich.

„Keine Sorge, noch kommt kein anderer. Von den ´ier Anwesenden ist keiner außer ‘ugo ein Frü’aufste’er“, beruhigte mich Louis. „Komm ‘er. Du ‘ast noch ganz nasse ‘aare.“

Langsam kam ich näher zu ihm hin, allein schon, um wieder seinen herrlichen Duft einatmen zu dürfen. Sacht lächelte ich ihn an, ließ mich von ihm sanft umdrehen, sodass ich wieder mit dem Rücken zu ihm stand und ihn dennoch durch den Spiegel beobachten konnte.

Mit geschickten und liebevollen Fingern durchkämmte er grob meine nassen Haarsträhnen und trocknete genauso vorsichtig diese.

Bin in zwei drei Minuten war mein Haar getrocknet.

Ausgiebig musterte mich Louis. „Du solltest dein ‘aar öfters offen tragen.“

Überrascht sah ich ihn an. „Warum?“

„Weil du wundervolle ‘aare ‘ast“, antwortete er mir ruhig.

„Mag schon sein, aber zurückgebundene Haare sind für mich eindeutig praktischer“, erwiderte ich ruhig und ließ meinen Worten Taten folgen, indem ich meine Haare zu einem Zopf zurückband. „Wir sollten runtergehen, bevor Hugo wiederkommt.“

Zustimmend nickte Louis, griff an mir vorbei nach seinen Kultursachen und öffnete die Tür. Er hielt sie mir galant auf, damit ich vor ihm das Badezimmer verlassen konnte.

Flüsternd bedankte ich mich und schlich dann zurück zu dem Zimmer, dass ich mir mit Rose und Raphaela teilte.

Obwohl ich leise wieder das Zimmer betrat, sahen mich meine beiden Freundinnen erwartungsvoll an.

„Morgen, Louise. Ich bin erstaunt, dass ich dich nicht im Bad gehört hab. Schweigezauber, oder?“, erkundigte Rose sich und sah mich dabei seltsam vergnügt an.

„Äh, ja. Hättest du es etwa anders gemacht?“, erwiderte ich, ruhig und suchte unauffällig nach meinem Zauberstab, während ich meinen dreckigen Schlafanzug auf den Haufen Schmutzwäsche von mir und Rose fallen ließ und meinen Kulturbeutel im Koffer verstaute. Doch obwohl ich mir sicher war, dass ich ihn auf dem Nachtschränkchen liegen gelassen hatte, konnte ich ihn dort nicht mehr liegen sehen. Vielleicht hatte ich ihn doch woanders liegen gelassen.

„Ach, du kannst die mittlerweile ohne Zauberstab?“, meinte jetzt auch Raphaela erstaunt. „Wenn das so ist, musst du mir das dringend beibringen. Könnte für mich ganz schön nützlich in der Arbeit sein.“

Da dämmerte mir, dass meine beiden Freundinnen meinen Zauberstab, den ich wirklich auf dem Kästchen liegen gelassen hatte, genommen hatten und vor mir versteckt hielten.

Ertappt drehte ich mich um. „Nein, kann ich nicht. Jemand hat für mich den Schweigezauber gesprochen“, erklärte ich. Meinen Blick auf den Boden gerichtet hielt ich den beiden jungen Frauen fordernd meine Hand hin. „Könnte ich jetzt bitte meinen Zauberstab haben?“

„Nur wenn du sagst, mit wem du im Bad warst?“, entgegnete Rose und wedelte mit meinem Zauberstab vor mir rum.

„Neugierig bist du gar nichts, oder?“, seufzte ich. „Aber um deine Frage zu beantworten, jemand der schon volljährig ist und nicht nach Hogwarts geht.“

Überlegend schaute Rose mich an. „Das ist doch keine Antwort!“, rief sie entrüstet.

Doch statt zu antworten zuckte ich nur verschmitzt grinsend mit den Schultern und verließ mit meinen Zauberstab das Zimmer. „Wir sehen uns unten!“, rief ich meiner besten Freundin und Raphaela zu, bevor die Tür hinter mir ins Schloss fiel.
 


 

Unser Frühstück war mittlerweile beendet. Glücklich gesättigt lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück.

„Und was machen wir heute Abend?“, fragte Lucy in die Runde. „Fred, du hast bestimmt schon etwas für uns geplant, oder?“

Keck grinste dieser seine Cousine an. „Für wen hältst du mich, Lucy? – Natürlich hab ich was geplant. Etwas Feuerwerk von Dad… ausgeborgt und noch diverse andere Objekte für die Unterhaltung mitgenommen.“

Die meisten am Tisch schlugen sich erfreut in die Hände.

„Super, Fred!“, meinte Hugo erfreut. „Das neue Jahr kann dann ja nur klasse werden!“

„Auf mich/misch müsst ihr/i’r aber verzichten/verzischten“, sagten David und ich gleichzeitig.

Erstaunt wurden wir beide angestarrt.

„Warum? Habt ihr beide schon was zusammen vor?“, wollte Lily wissen. Ihr Blick dabei sprach Bände. So wie David und ich uns leiden konnten, war es wohl wahrscheinlicher, dass Muggel fliegende Autos produzierten, als dass David und ich etwas gemeinsam freiwillig unternähmen.

„Was? Nein!“, antwortete David. „Isch muss nur ‘eute schon nach ‘ause. Marie beste’t auf meine Anwesen’eit ‘eute Nacht. Isch kann leider nischt bleiben, Louis. Tüt mir leid.“

„Wann brischt du auf?“, erkundigte sich der Blondhaarige ruhig bei seinem Freund.

„In zwei Stunden, warum?“

„Isch muss kurz mit dir reden“, antwortete Louis und trank einen Schluck aus seiner Tasse Kaffee. „Ge’n wir ‘och?“

„Oui!“

Sich bei uns anderen am Tisch verabschiedend standen die beiden ehemaligen Beauxbatonsschüler auf und verließen die Küche. Kaum dass beide den Raum verlassen hatten, sah mich Rose durchdringend an. „Was ist dein Grund, dass du heute Nacht keine Zeit hast?“

„Ich möchte einfach nicht mit euch feiern“, erklärte ich mich.

Schmollen verzog sich Rose‘ Mund und sie öffnete ihn, um mir wahrscheinlich etwas Gemeines an den Kopf zu werfen.

„Rose, bevor du jetzt denkst, dass du oder irgendein anderer der Anwesenden mir egal wäre“, ließ ich sie nicht zu Wort kommen. „muss ich dir sagen, dass dem nicht so ist. Es hat wirklich mit keinem von euch etwas zu tun, das ich nicht mit einem von euch Silvester feiern möchte. Ich verbringe in Andenken an meine Mum gerne Silvester alleine, draußen unter freiem Himmel.“

„Ich find’s zwar nicht toll, aber ich akzeptier deinen Wunsch nach Ruhe“, sagte Rose und fügte mahnend hinzu: „Wehe, du passt heute Nacht nicht gut auf dich auf!“

„Keine Sorge, solange ich jetzt erfahre, was ihr heute Nacht noch so alles plant und anstellen wollte, kann ich ja jeder potenziellen Gefahr ausweichen“, antwortete ich amüsiert lächelnd. „Also ich höre…“
 


 

In meine Jacke eingepackt verließ ich den Fuchsbau und schlug den Weg Richtung Wald ein. Meinen Schal vergaß ich im Haus.

Die Chance, dass mich eine der berühmten Weasley-Silvesterraketen treffen würde, war in diese Richtung sehr gering. Fred hatte vor, damit die einzelnen Effekte besser zur Geltung kämen, die Raketen auf dem freien Feld hoch steigen zu lassen. Er versicherte mir, dass selbst wenn ich nicht direkt bei ihnen wäre, dennoch mit Sicherheit das Lichtspektakel sehen würde. „Es wird atemberaubend werden“, wie er mir versicherte. Irgendetwas in mir sagte mir, dass er damit durchaus recht haben könnte. Das die Weasley-Raketen einem im wahrsten Sinne des Wortes den Atem rauben würden.

Dem Lichtschein meines Zauberstabs folgend wanderte ich durch den Wald, bis ich weit entfernt vom Fuchsbau auf einer Lichtung Halt machte und mich auf einen umgestürzten Baumstamm setzte.

Fasziniert beobachtete ich, wie mein Atem vor mir im Lichtschein des Zauberstabes kondensierte.

Wie immer dachte ich darüber nach, wie es jetzt hätte sein können, wenn meine Mutter damals früher losgefahren wäre, um mich von meinen Großeltern abzuholen oder aber, wie es hätte sein können, wenn ich nicht zu meinen Großeltern gewollt hätte.

Ich wusste zwar, dass es sinnlose und eigentlich auch quälende Gedanken waren, die ich mir da machte, da ich die Vergangenheit nicht mehr verändern konnte und sie akzeptieren sollte. Dennoch musste ich jedes Jahr wieder und wieder an meine Mum denken, daran denken, dass wenn sie nicht vor 5 Jahren gestorben wäre, mein Vater jetzt noch der liebevolle Daddy von früher wäre. Mir nicht bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit vorwerfen würde, dass ich es Schuld sei, dass die Liebe seines Lebens verstorben war. Obwohl mir klar war, dass mich eigentlich keine Schuld an dem Tod meiner Mutter traf, tat es weh von dem einzigen Menschen der noch lebte und mit mir verwandt war dafür verantwortlich gemacht zu werden.

Manchmal wusste ich wirklich nicht, was mich mehr schmerzte, dass er mich in einem seiner vielen Vollrausche schlug und manchmal sogar ernsthaft verletzte oder seine Worte, die mir seelische Schmerzen bereiteten.

Mit niemandem hatte ich je über das Verhalten meines Vaters mir gegenüber gesprochen. Keiner wusste, wie sehr er mich auf irgendeine Art und Weise verletzte. Selbst Rose, meiner besten Freundin auf Erden, die eigentlich alles über mich wusste, hatte ich noch nie davon erzählt.

Während ich mal wieder über meinen Vater nachdachte, obwohl ich eigentlich an meine Mutter denken wollte, liefen mit stumme Tränen über die Wangen, die auf meinen von der Kälte gereizten brennende Spuren hinterließen.

Plötzlich hörte ich ein knirschendes Geräusch, so eins, dass entsteht, wenn jemand oder etwas über Schnee geht.

Erschrocken richtete ich mich auf und dreht mich in die Richtung des Lautes um. Doch in dem geringen Lichtschein meines Zauberstabes konnte ich niemanden sofort erblicken.

Zu selben Zeit, in der ich meine Zauberstabhand hob, um den Radius des Lichtscheins zu vergrößern, rief ich zaghaft: „Rose? Bist du das?“

Im selben Moment, indem mir geantwortet wurde, erkannte ich, dass es nicht Rose war, die mir in den Wald gefolgt war, sondern Louis, der auf die Lichtung getreten kam.

Verlegen wischte ich mir mein Tränen von den Wangen.

Bitte lass ihn nicht gesehen haben, dass ich geweint habe, dachte ich verzweifelt.
 

„Hi“, rief ich ihm leise und mit energieloser und zittriger Stimme entgegen.

„Bonjour“, entgegnete er. Langsam schritt er auf mich zu.

Um ihn nicht zu blenden und um mein Gesicht besser im Schatten verstecken zu können senkte ich meinen Zauberstab. Es musste nicht gleich jeder sehen, dass ich geweint hatte. Vor allem war es mir peinlich, dass es Louis war, der mich so entdeckt hatte. Obwohl hatte er ja noch nicht. Vielleicht hatte ich Glück und ihm würde es nicht auffallen.

Meinen Blick schön gesenkt haltend machte ich ihm auf dem Stamm Platz.

„Alles in Ordnung?“, fragte er mich. Ich konnte mir vorstellen, wie er mich gerade ansah: Mitleidig, fragend und wahrscheinlich gnädig.

Wer konnte ihm aber diesen Blick verdenken?

Ich würde mit Sicherheit genauso schauen, wenn ich jemanden den ich halbwegs kannte an Silvester weinend mitten in einem dunklen Wald vorfinden würde.

„Ja, alles Bestens!“, meinte ich.

„Sischer?“, erkundigte er sich liebevoll.

Zittrig atmete ich ein und schloss meine Augen, um die erneut aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Ich zwang mich dazu zu nicken.

Oh Merlin, warum hatte er mich nur heute Abend so erwischt. Warum, war er überhaupt so… so… sanft zu mir? Das konnte ich an einem Tag wie diesem oder eher einer Nacht wie dieser, in der ich wieso so traurig und melancholisch war gar nicht gebrauchen. Das war auch der Grund, warum ich seit fünf Jahren Silvester ohne irgendjemanden verbrachte. Ich vermisste immer noch meine Mama so sehr. Eigentlich sollte ich doch längst akzeptiert haben, dass sie tot war, aber ich konnte es nicht.

Obgleich ich mich bemüht hatte, meine Tränen zurückzuhalten, konnte ich nicht anders, als leise aufzuschluchzen.

Beschämt vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen und wand mich von dem Halbfranzosen ab. Dass ich meinen Zauberstab hatte fallen lassen, war mir egal. Irgendwie war mir so ziemlich alles egal. Ich wollte nur, dass Louis einfach ging und mich allein ließ. Doch den Gefallen tat er mir nicht.

Sacht legte sich ein Arm um meine Schultern und zog mich an eine starke Brust. Instinktiv verbarg ich mein Gesicht in seiner Jacke und klammerte mich an ihn.

Sanft wurde ich gewiegt und lieb gehalten, während ich mich ausweinte.
 

Einige Minuten, ob es fünf, zehn oder 30 Minuten waren konnte ich nicht sagen, weinte ich mich bei ihm aus und ließ mich trösten. Als ich keine Träne mehr vergoss, löste ich mich von ihm und wischte energisch die letzten Spuren weg.

„Tut mir leid“, nuschelte ich verlegen und war froh, dass im Schein des Halbmondes man nicht viel erkennen konnte und es sonst keine andere Lichtquelle gab.

„Schon okay“, erwiderte Louis ruhig. „‘ier!“ Damit legte er mir ein Taschentuch in die Hand.

Schniefend lächelte ich ihn an, wobei es eher ein verunglückter Versuch war. Verlegen schnäuzte ich in es und knetete es danach schüchtern in meinen Händen.

Mir war es so peinlich, dass er mich in so einer Situation gefunden und erlebt hatte. Ich konnte ihn gar nicht ansehen.

Schweigend saßen wir uns gegenüber, er mich mit Sicherheit beobachtend und ich mit meinem Blick auf starr auf meine Hände gerichtet. Die Ruhe tat mir gut. Ich schaffte es wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

Langsam richtete ich meinen Blick nach oben und sah Louis abwartend an.

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte oder ob er überhaupt von mir eine Erklärung verlangte. Ich wusste nur, dass mir langsam kalt wurde. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich meinen Schal, meine Mütze und meine Handschuhe vergessen hatte. Innerlich verfluchte ich mich für meine Dummheit. Wie konnte man mitten im Winter nur so dämlich sein und Schal, Mütze und Handschuhe vergessen.

Frierend hauchte ich meine Hände an und versteckte sie anschließend unter meinen Achseln.

„Dir ist kalt!“, meinte Louis leise.

Genauso leise gab ich zu: „Ja ein bisschen! Ich warte aber bis zum Neuen Jahr und geh dann zurück und leg mich in mein Bett.“

„Willst du ‘er kommen?“, erkundigte er sich.

„Es geht wirklich!“, widersprach ich.

So sehr ich auch Louis Art und seinen Geruch mochte, wollte ich nicht jetzt schon wieder ihm so nahe sein. Ich traute meiner Momentanen Gefühlslage nicht wirklich. Ich wollte einfach keine Dummheit begehen, die ich später bereuen würde. Dennoch wollte ein kleines selbstsüchtiges Stimmchen in mir, das ich mich wieder in seine starken schützenden Arme begab. Aber ich blieb mir selbst treu und flüchtete nicht in seine Arme, sondern fror munter weiter vor mir hin.

Bibbernd rieb ich mir meine Arme, während ich mich leise mit Louis unterhielt. Es war ein belangloses Gespräch. Nichts Wichtiges oder Tiefgründiges. Alles in allem ein ärmlicher Versuch mich von meiner Trauer abzulenken und ihn davor, dass ich fror.

„Ach komm schon ‘er!“, meinte Louis schließlich eindringlich und zog mich im selben Moment auf seinen Schoß.

Mich mit einer Hand festhaltend öffnete er den Reisverschluss seiner Jacke, anschließend drückte er mich fest an seine göttlich warme Brust und schlang fest seine Jacke um uns beide.

Sein Geruch umfing mich stärker als eben. Obwohl ich mich eigentlich jetzt wehren sollte und aus seiner Umarmung flüchten sollte, schloss ich genießerisch meine Augen, vergrub meine Nase an seiner Schulter und Schlang meine Arme unter der Jacke ebenfalls um ihn.

„Danke“, hauchte ich. „Du hättest das aber nicht machen müssen.“

„Doch“, widersprach er.

Mit gesenktem Blick fragte ich: „Warum?“

„Weil du nicht krank werden sollst!“, antwortete Louis leise.

Sanft schob ich ihn etwas von mir weg und sah zu ihm hoch, dorthin, wo ich seine Augen vermutete. „Ist doch egal, ob ich krank werde oder nicht. Ich bin doch selber schuld, wenn ich schon Schal und Mütze vergesse“, meinte ich. „Bin doch schließlich nur ich.“ Ich verstand nicht, worauf er hinaus wollte.

„Eben deshalb!“

Jetzt war ich endgültig verwirrt. Warum war es ihm nicht egal, ob ich krank werden würde oder nicht?

„Was? Warum?“, fragte ich wieder.

„Weil ich disch gern ‘ab.“ Lautete seine schlichte Antwort.

Unwillkürlich wurde mir warm um meinen Brustbereich und ich hatte den Eindruck, dass meine Kette, die Rose mir geschenkt hatte, sanft vibrierte. Wahrscheinlich alles nur Einbildung und in Wirklichkeit schlug mein dämliches, so leicht zu verletzendes Herz schneller.

Sanft zog Louis mich erneut näher an sich, um die Jacke wieder fest um uns beide zu schlingen.

Wieder ließ ich es einfach zu und wehrte mich nicht gegen so eine… ja vertraulichere Berührung, wie ich es einem fast Fremden Mann hätte tun sollen.

Doch obwohl ich mich über mich selbst wunderte, dass ich Louis einfach so und in so kurzer Zeit vertraute, schmiegte ich mich wieder näher an seinen warmen, starken und Schutz und Ruhe ausstrahlenden Körper.

Eine Zeit lang saßen wir beide so schweigend auf unserem Baumstamm und genossen die Ruhe und die Wärme des jeweils anderen, bis er mich leise fragte: „Wirst du mir vielleischt irgendwann sagen, warum du geweint ‘ast?“

Einen Augenblick überlegte ich, bevor ich zurückwisperte: „Ja vielleicht. Aber nicht heute oder in den nächsten Tagen.“

„Bien. Isch kann warten.“

Abschied

Hektisches Treiben herrschte am 5. Januar im Fuchsbauch. Während Rose, Hugo, Lily, Albus, Scorpius und ich unsere letzten Sachen in unseren Schrankkoffern verstauten und auch die anderen, die morgen wieder zu ihrer Arbeit mussten ihre Sachen zusammensuchten wuselte Oma Weasley aufgeregt zwischen unseren Zimmern hin und her. Gab uns mal hier etwas zu essen oder irgendetwas anderes, das wir unbedingt mitnehmen sollten.

Ich war froh, als ich meinen Koffer kleiner Zaubern konnte und das Zimmer verlassen konnte, indem noch immer Raphaela und Rose zwischen Tränen ihre Kleidungsstücke auseinanderklaubten oder Gegenstände austauschten.

Mit meinem nur noch Schminktaschen-großen Koffer begab ich mich ins Wohnzimmer und ließ mich seufzend auf dem Sofa nieder.

Aus dem zweiten und dritten Stock konnte ich Lily und Lucy, sich lautstark mit Fred und Scorpius streiten hören. Worum es ging verstand ich zwar nicht, aber laut genug, um zu bemerken, dass sie stritten waren sie allemal.

In dem Versuch die Hektik um mich herum auszublenden schloss ich für einen Moment meine Augen. Doch auch mich in meiner Fantasie an einen anderen Ort zu denken brachte nicht viel, noch immer konnte ich die vier streiten hören, doch jetzt schienen auch Hugo und Albus mitzumischen, denn der Lärmpegel war deutlich angestiegen.

Resigniert seufzend öffnete ich meine Augen wieder und sah mir gegenüber Louis sitzen, der mich aus seinen tiefblauen Augen sanft und entschuldigend ansah.

Er sah wie immer unbeschreiblich gut in meinen Augen aus, obwohl er wieder nur einen Rollkragenpullover und zerrissene Jeanshosen trug. Doch heute trug er seine Haare ausnahmsweise offen. Geschmeidig fielen sie ihm auf die Schultern und umschmeichelten sein hübsches Gesicht. Nur einmal hatte ich ihn so gesehen und das war an jenem Tag gewesen, an dem wir uns das Bad geteilt hatten.

„Matin“, grüßte er. „Gut geschlafen?“

„Morgen“, grüßte ich zurück. „Eher weniger. Rose und Raphaela haben mich so ziemlich die ganze Nacht wach gehalten!“ Müde strich ich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. „Vielleicht kann ich ja im Zug etwas schlafen. Sofern Rose mich halt lässt.“

„Wird sie schon“, meinte mein Gegenüber zuversichtlich. Eindringlich musterte er mich und langsam schlich sich ein erfreutes und zärtliches Lächeln auf seine Gesichtszüge.

„Du ‘ast deine ´aare ja offen!“, meinte er erfreut. „Isch ´atte also rescht, offene ´aare ste‘en dir noch besser als zurückgebundene. Du sie’st aus wie eine Nymphe.“

„Du übertreibst maßlos. Wer hier wie eine Nymphe aussieht bist du. Dir stehen deine Haare offen auch ganz gut“, erwiderte ich amüsiert.

Kurz rollte er mit den Augen und lächelte mich weiterhin sanft und erfreut zugleich an. Doch seine fröhliche Miene hielt nicht lange an. Sein Gesichtsausdruck wechselte von erfreut zu betrübt.

„Was ist?“, fragte ich besorgt.

„Nischts Besonderes. Es ist nur so‘, dass isch es schade finde, dass wir uns nischt me‘r se‘en werden. Isch möschte disch besser kennen lernen“, antwortete Louis leise.

Mit großen Augen sah ich ihn an. Meinte er das wirklich ernst? Wenn ja: Warum? Ich meine immerhin war ich nichts Besonderes. Nur ein Mädchen wie jedes andere auch. Nein, eigentlich nicht… andere Mädchen würden sich bestimmt nicht bei Männern seiner Klasse ausweinen. Schon gar nicht bei jemandem, den man eigentlich nicht kannte würden sie sich ausweinen.

„Meinst du das ernst?“, teilte ich ihm meine Bedenken mit.

„Sischer! Isch find disch sympat’isch. Isch ‘ab das Gefü’l, dass wir… serr gut miteinander auskommen“, antwortete er mir und wich meinem Blick aus.

Seufzend stand ich auf und ging um den Tisch herum zu ihm. Sanft lächelnd sah ich zu ihm runter.

„Ich möchte dich auch besser kennen lernen. Du bist ein bisschen wie Rose für mich geworden. Ich mag dich auch…“, antwortete ich ihm. „Hast du einen Stift und ein Stück Papier?“

„Es müsste ‘ier irgendwo etwas sein“, erwiderte Louis und lies seinen Blick durch den Raum schweifen.

Kurz darauf schwenkte er seinen Zauberstab und Block und Stift flogen zu uns.

„‘ier!“, meinte er und reichte mir die beiden Gegenstände.

„Merci beaucoup“, dankte ich lächelnd.

Schnell schrieb ich ihm meine Adresse auf und reichte ihm den Block zurück. „Hier, damit du mich auch mal außerhalb von Hogwarts erreichen kannst!“

Ohne auf eine Erwiderung oder seine Adresse zu warten, ging ich zurück zu meinem Platz, schnappte mir meine Tasche und verließ fluchtartig den Raum.

Draußen auf dem Flur lief ich Rose in die Arme, die mich schniefend an sich drückte.

„Raph ist schon weg, oder?“, erkundigte ich mich vorsichtig.

„Mhm…“

„Hey spätestens Ostern kannst du sie wiedersehen. So lang ist das doch auch nicht. Und bis dahin könnt ihr beide doch Briefe schreiben und du hast doch mich, dummes Ding, das dich genügend ablenken oder in den Wahnsinn treiben wird.“, versuchte ich meine beste Freundin aufzumuntern.

„Wahrscheinlich hast du Recht“, gab Rose widerstrebend zu und ließ mich los. „Komm, lass uns Lily und meinen dummen Bruder schnappen und gehen, bevor sie schon wieder in den nächsten Streit stürzen.“ Versuchsweise lächelte sie mich an.

Erfreut grinste ich zurück. „Na dann komm, lass uns mal die beiden Nervensägen holen und dann nichts wie weg, bevor wir beide uns es anders überlegen.“ Mich bei ihr unterharkend suchten wir die beiden Jüngsten der Familie Weasley-Potter auf, die schon vor dem Haus auf uns warteten.

„Hab ihr alles?“, fragte Rose ihre Cousine und ihren Bruder, die ihr grummelnd und immer noch vom morgendlichen Streit schlecht gelaunt antworteten.

„Dann können wir?“, erkundigte ich mich.

„Ja“, antwortete mir die Rothaarige. „Holst du unsere Sachen?“ Den Blick, denn sie mir dabei zuwarf ließ deutlich erkennen, dass sie keine andere Antwort als ein „Natürlich“ gelten lassen würde.

Seufzend ging ich wieder zurück ins Haus, um ihre und meine Tasche zu holen.
 

Gerade als ich wieder zurück zu den anderen gehen wollte, legte sich eine Hand um meinen Arm. Überrascht drehte ich mich um und sah zu Louis hoch.

„Ja?“, fragte ich zaghaft.

„Jusqu’à ce que nous retrouverons“, sagte er leise und schob mir im selben Moment etwas in die Hosentasche.

Verwirrt sah ich ihn an. «Wie bitte? »

«Bis wir uns wiederse’en», antwortete er mir.

«Was, bis wir uns wiedersehen?» hakte ich nach.

«Wirst du schon se‘en », grinste er mich verschmitzt an, beugte sich vor und gab mir ein Küsschen auf die Wange. „Au revoir, Éloise!“

„Du auch, Louis!“, erwiderte ich leise. Plötzlich hatte ich wieder das Gefühl, dass es warm um meine Brust herum wurde. Irritiert sah ich runter auf die Höhe des Kettenanhängers der angenehm leicht und lautlos dort vibrierte. Diesmal, war ich mir sicher, dass ich mir das Vibrieren und das Wärmer werden meiner Haut ausgehend von dem herzförmigen Gegenstand nicht einbildete. Um sicher zu gehen, dass ich mir das ganze wirklich nicht einbildete legte ich meine Hand auf den Anhänger. Tatsächlich vibrierte er und ließ meine Fingerspitzen angenehm kribbeln.

„Alles in Ordnung?“, erkundigte Louis sich besorgt, dem mein Griff zu Brust aufgefallen war. „Ge’t es dir nischt gut?“

„Ja, ich glaube schon. Ich hab nur irgendwie… - Ach ist auch egal. Ich muss los, sonst verpassen wir noch den Zug“, antwortete ich und wandte mich um, um zu gehen.

Doch weit kam ich nicht. Wieder griff Louis nach meinem Arm und hielt mich fest. „Nischt egal!“, meinte er bestimmt. „Was ist los?“

„Nichts Besonderes. Ich… ich hab nur das Gefühl oder ich bin mir sicher, dass meine Kette, also die mir Rose zu Weihnachten geschenkt hat von Zeit zu Zeit vibriert. Um genau zu sein: Eigentlich immer in deiner Nähe. Ich weiß nicht. Wahrscheinlich bilde ich mir das nur ein und das hat überhaupt nichts zu bedeuten, auch wenn Rose meinte, dass mir die Kette helfen soll den richtigen Mann für mich zu finden“, antwortete ich. „Oder kann mich irren? Ich bin schließlich nur Schülerin und nicht Fluchbrecher oder so.“

„Fü’lst du disch anders als sonst?“, erkundigte sich mein Gegenüber.

Wahrheitsgemäß verneinte ich.

„Isch müsste sie eigentlisch mitne’men, um sie genauer zu untersuchen, um dir sagen zu können, um was es sisch bei der Kette ‘andelt“, teilte er mir mit.

„Ungern… Also ich würde mich ungern von ihr trennen“, erwiderte ich zaghaft.

Seufzend und alles andere als begeistert sah er mich an. Ich konnte deutlich in seinem Gesicht lesen, dass er es lieber gesehen hätte, wenn ich ihm mein Schmuckstück mitgegeben hätte. Aber dafür hing ich zu sehr an meiner Kette, als dass ich sie ihm mitgeben könnte. Schließlich war es mein erstes Weihnachtsgeschenk seit Jahren, das ich mit einem schönen Weihnachtsfest verbinden konnte.

„In Ordnung. Machen wir es so: Du lässt die Kette an und achtest darauf, ob irgendwas Komisches passiert, oder nischt. Wenn etwas gesche’en sollte, was dir komisch vorkommt: Nimmst du die Kette ab und schickst sie mir sofort zu. Wenn nischts vorfallen sollte, ist es gut und es ist wa’rscheinlisch nichsts gefä’rlisches“, wies mich Louis nach ein paar Augenblicken eindringlich an.

„Okay, einverstanden“, sagte ich. „Kann… kann ich… dichvielleichtkurzumarmen?“ fügte ich nuschelnd hinzu.

Verwirrt sah der Ältere mich an. „Wie bitte?“

Tief einatmend wiederholte ich meine Frage und erhielt dafür ein sanftes und amüsiertes Kichern als Antwort, gefolgt davon, dass ich in seine Arme gezogen wurde.

Erleichtert und genießerisch schloss ich meine Augen und schmiegte mich näher an seinen Körper. Tief zog ich seinen Geruch ein, um ihn ja nicht zu vergessen.

Es war nur eine kurze Umarmung, da ich ja wirklich dringend zum Hogwarts-Express musste. Als wir uns wieder voneinander lösten lächelte ich nervös Louis an, stellte mich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen kurzen Kuss auf die Wange. Danach verließ ich hastig mit roten Wangen den Fuchsbau, um mir Lily zu schnappen und so schnell wie möglich nach London zum Bahnhof zu apparieren.

Funke

Selbst drei Wochen später versuchte Rose noch immer herauszufinden, warum ich wie ein verscheuchtes Huhn den Fuchsbau verlassen hatte. Und warum ich so rote Wangen gehabt hatte, wollte sie auch unbedingt wissen. Es nervte mich wirklich sehr, wie neugierig sie war. Das einzig Gute an ihrer Fragerei war, dass sie nicht ganz so schlimmen Liebeskummer wie sonst hatte. Dafür hatte sie aber Raphaela mit in ihr Verhör eingesponnen. Während mich Rose mündlich ausfragte, schrieb mir Raphaela regelmäßig Briefe mit nur zwei Sätzen:

Weshalb warst du so verlegen? Interesse an Louis? – Liebste Grüße Ela

Unbeantwortet und ungeöffnet schmiss ich ihre Briefe mittlerweile in den Papierkorb.

So sehr ich Raphaela und Rose eigentlich lieb hatte, so sehr gingen sie mit ihrem neugierigen Verhalten mir auf die Nerven.

Warum wollten meine beiden Freundinnen eigentlich wissen, ob ich mich für Louis interessierte oder nicht? Das ging sie, obwohl sie meine Freundinnen waren, doch wirklich nichts an. Was hatte es sie zu interessieren, für welchen Mann ich mich interessierte oder nicht?

Fragen schön und gut, aber nach einer Antwort sollte man auch wieder Ruhe geben, oder nicht?
 

Um Rose auszuweichen ging ich sogar freiwillig mit unserer Mannschaft mit aufs Quidditch-Feld, um dort zu lernen, während sie ihr Training abhielten. Ich war wirklich, wirklich sehr entnervt und verzweifelt, um freiwillig das Quidditch-Feld aufzusuchen.

Ich interessierte mich eigentlich gar nicht für den beliebtesten Sport der Zaubererwelt. Ich ging eigentlich noch nicht mal zu den Spielen der Hausmannschaften, einfach weil mir das Spiel an sich zu dumm war. Und gerade weil Rose wusste, dass ich mich eigentlich nicht hier aufhalten würde, da ich normalerweise niemals freiwillig das Stadion betreten würde, war es ein so geniales Versteck.

Sie würde mich nicht finden, selbst wenn sie Albus fragen würde, ob er mich auf der Karte der Rumtreiber sähe. Dafür hatte ich gesorgt, indem ich den Slytherin bestochen hatte. Ich überarbeitete seine Verteidigung-gegen-die-dunklen-Künste-Aufsätze und dafür hielt er dicht und sorgte dafür, dass man mich nicht auf der Karte der Rumtreiber finden würde.
 

Wie so oft in letzter Zeit saß ich auf einer der Tribünen rund um das Quidditch-Feld und las in einem Buch für Arithmantik aus der Bibliothek. Von Zeit zu Zeit schrieb ich mir etwas auf ein Stück Pergament auf. Ich war so sehr in mein Studium vertieft, dass ich sogar die Geräusche des Trainings unbewusst ausblendete und die Zeit total vergas.

Plötzlich fiel ein Schatten auf das Buch in meinem Schoß.

Fragend sah ich hoch. Irgendwie glaubte ich im ersten Moment, dass Rose mich gefunden hatte. Doch obwohl ich gegen das Licht sehen musste und das Gesicht vor mir nicht erkennen konnte, war ich mir sicher, dass es sich bei meinem Gegenüber um einen Jungen handeln musste.

„Ja, was gibt es?“, fragte ich.

„Ich wollte dich etwas fragen“, vernahm ich die Stimme des Kapitäns unserer Hausmannschaft, Kevin Whitby.

„Und was?“, entgegnete ich.

„Kann ich mich neben dich setzten?“

Kritisch verzog ich meine Stirn in Falten. „Das war jetzt aber hoffentlich nicht deine Frage, oder? Aber ja du darfst dich setzten, warum auch immer du eine Erlaubnis von mir dazu brauchst.“

„Nein das war sie nicht“, antwortete Kevin mir und setzte sich neben mich. Unsicher begann er seine ineinander verschränkten Finger in seinem Schoß zu kneten. „Ich… Hättest… Du weißt doch,… Also… Nächstes… Halt nein! Dieses Wochenende ist doch Hogsmead-Wochenende…“

„Ja? Und?“

„Würdest du mit mir vielleicht runter nach Hogsmead gehen wollen? Einfach nur ein Butterbier trinken und etwas die Geschäfte unsicher machen?“

„Ja, in Ordnung“, antwortete ich ohne zu überlegen. Das der Quidditchspieler Interesse, außerhalb des freundschaftlichen Verhaltens, haben könnte, bedachte ich in diesem Moment nicht.

Hätte ich daran gedacht und mich vielleicht auch daran erinnert, was Louis über meine vibrierende Herzkette gesagt hatte, dass sie gefährlich sein könnte, sowie mich an besagte Kette erinnert, die ich seit den Weihnachtsferien immer trug, hätte ich vielleicht das Folgende irgendwie vorausahnen können: Kaum hatte ich Kevin geantwortet, schlang er schier über meine Antwort hocherfreut und erleichter seine Arme um mich und drückte mich fest an sich. Doch lange hielt mich der Treiber nicht in seinen Armen.

Alles ging sehr schnell…

Ich merkte, wie es um den Anhänger um meinen Hals herum plötzlich eiskalt wurde und sah ihn aus dem Augenwinkel immer heller werden, als beginne er zu leuchten. Das Leuchten des sonst so sanft schimmernden roten Steines, mit einem leichten Blaustich, wurde bedrohlich hell. Heller. Bis der Stein eine Art Funke verbunden mit einer Stoßwelle erzeugte, durch die Kevin von mir weggeschleudert wurde.

Mit hoher Geschwindigkeit flog er über die Tribüne und über das Geländer des Turmes, auf dem wir bis eben zusammen gesessen hatten.

Bestürzt sah ich auf die Stelle, auf der vor einem Augenblick er noch gesessen hatte.

Vom Feld her hörte ich seine Mannschaftskameraden erschrocken aufschreien und sah sie auf die Lücke zwischen den beiden Türmen hinsteuern. Wahrscheinlich, um ihren Kapitän aufzufangen.

Während der Großteil der Mannschaft zu Rettung ihres Kapitäns eilte, landete jemand neben mir.

„WAS HAST DU MIT IHM GEMACHT!“, schrie mich Tina Sobatio an.

„Ich weiß es nicht“, hauchte ich zurück und wich vor ihr zurück, als sie mir vor lauter Angst und Sorge um Kevin eine scheuern wollte. „Nicht! Wer weiß was es war, aber es kann vielleicht auch dir noch immer gefährlich werden. – Geh und sieh nach Kevin! Bitte…“ Mit meinen Kräften auf einmal am Ende sah ich hilflos zu meiner jüngeren Hauskameradin. „Du musst mir glauben, ich wollte ihm nicht weh tun. Ich weiß noch nicht mal, wie ich es gemacht habe oder ob ich überhaupt etwas gemacht habe“, fügte ich hinzu, als sie noch immer keine Anstalten machte zu gehen.

Noch einen Augenblick blieb die Quidditchspielerin vor mir stehen und sah mich eindringlich an, bevor sie sich wieder auf ihren Besen schwang und zu ihrer Mannschaft flog, um dabei zu helfen ihren verletzten Kapitän sicher auf die Krankenstation zu bringen.

Geschockt sah ich der Hausmannschaft nach, wie sie Kevin vom Quidditchfeld brachten.

Mit zitternden Fingern griff ich nach dem herzförmigen Anhänger in meinem Ausschnitt. Überrascht zuckte meine Hand von dem Schmuckwerk zurück, als ich mir dran ein wischte.

Irritiert sah ich hinunter auf den Anhänger. Wie sonst auch glänzte der silberne Gegenstand leicht in der winterlichen Sonne zwischen meinen Schalenden und der teilweise geöffneten Jacke. Doch an der Stelle, an der sonst ein rötlicher kleiner Stein saß befand sich nun ein dunkelrot, fast schon schwarzer Stein.

Bedächtig nahm ich die Kette ab und legte sie vorsichtig in meine Hände, immer darauf bedacht nicht den dunkeln Edelstein in der Mitte zu berühren.

Intensiv betrachtete ich das Objekt.

Dabei fiel mir ein, was Louis zu mir am letzten Tag in meinen Ferien gesagt hatte, dass die Kette auch gefährlich sein könnte. Das war sie anscheinend auch. Ich musste sie sofort Louis zuschicken.

Bevor ich mich aber auf in die Eulerei macht, um die Kette mit der nächst besten öffentlichen Eule nach Frankreich zu schicken, schrieb ich mit noch immer zitternden Händen kurz auf, was vorgefallen war und wie sich der Stein in der Mitte des Anhängers verfärbt hatte.

Danach verwandelte ich das restliche unbeschriebene Pergament in eine Metallbox und wickelte diese in ebenfalls unbeschriftetem Pergament ein.

Zusammen mit dem ausgeliehenem Buch, meiner Feder und meinen Aufzeichnungen trug ich die eingewickelte Box und den schnellverfassten Brief hoch in die Eulerei von Hogwarts.

Wie immer stand auf dem großen Tisch in der Mitte des Turmes eine Holztruhe, in der sich Paketschnur und Schere, sowie Packpapier befanden.

Noch einmal wickelte ich meine kleine Metallbox in Papier – diesmal Packpapier – ein und verschnürte das Päckchen ordentlich. Ich faltete meinen Brief zusammen, schluck ihn ebenfalls in Packpapier ein und schnürte den Brief zu. Fahrig zog ich das Stück Papier aus der Tasche, dass Louis mir am letzten Ferientag gegeben hatte und dass ich seit dem ständig mit mir herumtrug.

Ungeschickt schrieb ich Louis Adresse auf den Briefumschlag, ein SEHR GEFÄHRLICH auf das Päckchen und band beides an einem großen Uhu fest, der mir vorwurfsvoll in den Finger biss.
 

Sobald der Uhu abflog lehnte ich mich erleichtert gegen den Tisch und sah ihm beklommen nach.

Auf der einen Seite fühlte ich mich erleichtert die vielleicht totbringende Kette los zu sein und in Fachhänden zu wissen, aber auf der anderen Seite fühlte ich mich zu gleich nackt, hilflos und besorgt.

War es richtig gewesen Louis die Kette zuzuschicken, nachdem ich miterlebt hatte, was sie mit Kevin gemacht hatte? Was war, wenn dieses verflixte Teil Louis das Gleiche antat und ihn tödlich verletzte?

Obwohl, halt! Ich wusste noch nicht mal genau, wie schlimm es um meinen Hauskameraden stand. Vielleicht hatte Kevin Glück gehabt und hatte nur einen Schock erlitten.

Aber was wenn nicht…

Briefe

Zwei Tage nachdem ich meine Kette zu Louis gesendet hatte, erhielt ich beim Abendessen einen Brief von ihm.

Ein großer anmutiger Steinkauz landete direkt vor meinem Teller und hielt mir die ordentlich aufgerollte Pergamentrolle entgegen.

Neugierig, wer mir Post zukommen ließ, nahm ich dem Kauz seine Last ab und hielt ihm dafür unbemerkt etwas von Rose‘ Steck hin, dass er mir dankbar aus den Fingern riss und hinunter schluckte.

Abwartend beobachtete er mich danach, so als würde er darauf warten, dass ich ihm meine Antwort mitgeben würde.

Den Kauz nicht weiter beachtend besah ich mir die Adresse des Absenders.

In ordentlicher geschwungener Schrift konnte ich Louis Anschrift lesen.

Auf einmal nervös streckte ich dem Streifenkauz meinen Arm entgegen. Ich wollte jetzt nur noch so schnell wie möglich hoch in meinen Schlafsaal, um ohne Rose neugierige Nase den Brief zu lesen. Noch war sie explizite in einer Diskussion mit einer unserer Hauskameradinnen vertieft. Und so wie es sich anhörte, würde diese Diskussion noch länger dauern.

Mit dem Kauz auf dem Arm und der Pergamentrolle in der anderen Hand verließ ich eilig die Große Halle und lief hoch in meinen Schlafsaal.

Oben angekommen setzte ich den Steinkauz auf meinem Schminktisch ab, schmiss meinen Umhang über einen der Stühle und mich anschließen auf mein Bett.

Hastig öffnete ich das Siegel und entrollte das Pergament. Schnell überflog ich das von Louis Geschriebene.
 

Liebste Éloise,

weißt du eigentlich wie sehr ich dein Lächeln und deine Sanftheit vermisse? Wie sehr ich es vermisse, dass du anders als meine Arbeitskolleginnen oder andere Frauen, die nicht mit mir verwandt sind bist? Ich denke nicht.

Sag mir, wie geht es dir eigentlich? Ich hoffe, dass du dich von deinem Schock erholt hast.

Man sieht schließlich nicht alle Tage einen Mitschüler Meterweit von einem weggeschleudert werden.

Womit ich zu dem Thema komme, dass uns wahrscheinlich beide im Moment beschäftigen wird: Deine Kette.

Ich muss gestehen, ich habe keine Ahnung, was mit deiner Kette nicht stimmen könnte. Egal, was ich für Experimente mit ihr durchgeführt habe, nichts Ungewöhnliches passierte. Keinen Zauber konnte ich finden, was darauf deutet würde, dass der Anhänger oder die Kette  verflucht sein könnten.

Ich hab sogar David und meinen Vater um Rat gefragt (und glaub mir, ich mache so etwas wirklich nicht sehr gerne). Und oh Wunder, auch sie konnten nichts darauf finden.

Wir, in diesem Fall David und ich, vermuten, dass die Kette vielleicht auf dich personifiziert sein könnte.

Also, was ich eigentlich sagen möchte, ist…. Hättest du vielleicht Lust in deinen nächsten Ferien zu mir zukommen, um herauszufinden, was mit der Kette los ist?


 

Aller liebste Grüße

Dein Louis Weasley

P.S.: Verzeih mir, dass ich mich erst nach deinem Hilfe-Ruf bei dir gemeldet habe. Um ehrlich zu sein, wusste ich nicht, was ich dir schreiben sollte. Ich glaub ich habe an die 100 Briefe angefangen zu schreiben, seit wir uns am letzten Tag deiner Ferien voneinander verabschiedet haben.

Ich hoffe wirklich sehr, dass wir uns bald wiedersehen können.


 

Während ich lass verfärbten sich meine Wangen leicht rosa und ich setzte mich aufgeregt in eine aufrechte Position.

Hatte ich wirklich gerade gelesen, dass Louis mich vermisste und mich wiedersehen wollte?

Um sicherzugehen, dass ich mich nicht verlesen hatte, überflog ich nochmal die geschriebenen Zeilen. Und tatsächlich hatte ich den Eindruck zwischen den Zeilen und in seinem P.S. ein „Ich vermiss dich“ herauszulesen.

Erfreut lachte ich auf und presste den Brief fest an meine Brust. Louis vermisste mich…

Erstaunt, dass ich mich so sehr freute, dass er mich vermisste hielt ich inne.

Ich benahm mich fast schon so, wie damals bei John. Nur mit dem Unterschied, dass er damals Interesse an mir vorheuchelte, um mich, zu meinem Leidwesen mit Erfolg, ins Bett zu locken und Louis nichts dergleichen tat. Weder versuchte er Mr. Perfekt darzustellen, noch rückte er sich mit Absicht  ins Rampenlicht. Geschweige denn, dass er mich wie ein Irrer verfolgte und mir förmlich nachstellte. Kurz gesagt John war im Vergleich zu Louis in einem Wort: Aufdringlich!

Dennoch sollte ich, auch wenn ich den Eindruck hatte, dass ich Louis vertrauen könnte, mich in Acht nehmen und nichts überstürzen. Auf keinen Fall wollte ich mich wieder verlieben und dann erkennen müssen, was für ein Mistkerl mir mein Herz gestohlen hatte.

Das wollte ich auf keinen Fall.

Mich ermahnend ja nicht zu viel in sein Postskriptum hineinzuinterpretieren ging ich zu meinem Schreibtisch und holte einen Bogen Pergament aus einer der Schubladen und griff nach einer Feder.

In der Hoffnung einigermaßen leserlich und schön zu schreiben begann ich Louis zu antworten.
 

Liebster Louis,

wahrscheinlich wäre es dir lieber, ich würde das Durchgestrichene  ignorieren, aber das kann ich leider nicht. Dafür muss ich mich einfach fragen, was für Kolleginnen oder Frauen du in deiner Umgebung hast, wenn du sogar MICH vermisst….

Um deine Frage zu beantworten, wenn man bedenkt, dass Rose und Raphaela mich in letzter Zeit ganz schön löchern, etwas entnervt. Sie fragen aber nicht wegen dem… Ich nenn es jetzt einfach mal Vorfall. Ihre Fragerei hat schon kurz nach den Weihnachtsferien angefangen. Ist aber nicht von Belang.

 Mir geht’s gut. Okay eigentlich nicht.

Kevin, der Klassenkamerad, der einen Flug über die Tribüne ohne Besen machte, geht es eigentlich ganz gut. Er hat jetzt nur Angst vor mir, genau wie viele andere aus Hogwarts auch. Sie denken alle, dass ich auch sie mit mysteriösen Fähigkeiten angreifen werde.

Ich wollte Kevin dabei gar nicht mal weh tun. Ich wusste ja auch nicht, dass so etwas passieren könnte.

Rose, Hugo, Lily und sogar Albus und Scorpius verteidigen mich vor denen die Angst haben und mich als Monster bezeichnen.

Apropos Rose: Sie macht sich glaub ich ganz schöne Vorwürfe und gibt sich die Schuld. Auch wenn sie mir die Kette zu Weihnachten geschenkt hat, so glaub ich nicht, dass sie wusste oder hätte wissen können, wozu diese Kette fähig ist.

Die Verkäuferin hat ihr die Kette als Liebesfinder verkauft…

Kann das dann heißen, dass die Kette vielleicht nur auf bestimmte Personen unterschiedlich reagiert? Bei dir hat der Anhänger schließlich nur vibriert und ich bekam ein warmes Gefühl um die Brust. Das würde ja auch zu deiner und Davids Vermutung passen, dass die Kette personifiziert sei.

Wenn das wirklich der Fall sein sollte, dann brauchen David und du mich, um herauszufinden, was mit der Kette nicht stimmen könnte. Ich sollte also nach Frankreich kommen, damit ihr oder du alleine herausfindet, weshalb das mit Kevin passiert ist.

Meine nächsten Ferien wären die Osterferien, vom 22. März bis zum 12. April. Das ist kurz vor meinen U.T.Z.-Prüfungen.  Eigentlich kein so günstiger Zeitpunkt, aber ich komm mit Freuden gerne, wenn du mich drei Wochen bei dir unterkommen lassen würdest.

(Irgendwie schon verrückt, dass ich mich bei dir, einem Mann, denn ich vielleicht zwei Wochen kenne, für drei Wochen in einem mir fremden Land wohnen möchte. Scheint so, als würde ich dir vertrauen. ^-^)

Also, wenn ich wirklich kommen kann, darf, soll oder wie auch immer…. Könntest du mir dann vielleicht, wenn es in deiner Macht steht bei manchen Dingen also beim Lernen so ein bisschen helfen? Nur wenn ich wirklich kommen dürfte.

 

Und nun zu deinem P.S.: Ich hätte mich auch melden können. Also vor meinem Hilfe-Ruf. Ich wusste nur nicht, was ich dir schreiben sollte. Schultratsch oder Unterrichtsbeschreibungen denk ich sind irgendwie langweilig und für Arbeitende eher uninteressant.

Wie schon geschrieben, würde ich wirklich  gerne Ostern bei dir verbringen und dich somit auch wiedersehen.

 

Aller liebste Grüße zurück

Deine Èloise (Auch wenn ich meinen Namen nicht mag)

 

P.S.: So kitschig es klingt: Ich vermiss dich irgendwie.


 

Zufrieden mit meinem  Werk rollte ich das Pergament zusammen und versiegelte es. Kaum war ich mit diesem Schritt fertig flog der große Kauz auf mich zu. Geschickt landete er auf der Tischplatte und streckte mir geduldig sein kleines Beinchen entgegen.

Sanft lächelnd strich ich ihm über den Kopf und band mein Antwortschreiben an seinem Bein fest.

Sobald der Brief befestigt war hob der Kauz ab und flog aus dem unüblicher weise geöffneten Fenster davon.



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