Zum Inhalt der Seite

Was hast du nur getan?

*~YuKa~*
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Die Idee dazu ist mir vor ein paar Tagen gekommen und ich konnte einfach nicht anders als sofort loszuschreiben!
Es wird sich denke ich noch Einiges entwickeln und die FF könnte etwas länger werden(so wie fast alles von mir, das als Kurzgeschichte geplant ist <___<).

LG
King_of_Sharks Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Meiner Banane gewidmet, die das Kapitel auch liebevoller Weise für mich BETA gelesen hat!



Wer das in kursiver Schrift sagt, wird noch nicht verraten.
Aber ihr könnt gerne mal rätseln(auch wenn ich mir sicher bin,
dass es niemand herausfinden wird XP)!
So, dann hoffe ich mal, es hat euch (einigermaßen) gefallen~

King_of_Sharks Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Wieder vielen herzlich Dank an meine BETA-Leserin Phetonix!
Du hilfst mir wirklich sehr und ich hoffe, dir gefällt dir Überarbeitete Version!
Euch allen viel Spaß beim Lesen und danke, dass ihr euch das antut...



Tja, ich lasse meine Charas gerne leiden... >:)
Und das alles wird sich jetzt doch noch in die Länge ziehen, da ich so
viele Ideen habe und das 7. Kapitel bereits hab fertig ist...
Wird aber nach wie vor im 15-Tage Takt weitergehen, es sei denn die
Mehrheit wünscht, dass es schneller geht.

LG
King_of_Sharks Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Es ist mal wieder so weit!
Wieder ein herzliches Dankeschön an meine BETA Phetonix und euch allen viel Spaß beim Lesen(falls man den haben kann...)! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hoffe euch gefällt das Kapi genauso gut wie meiner BETA XP Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So, es hat diesmal etwas länger gedauert: Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So, hier das neue Kapitel ^^
Wenn mich nicht alles täuscht, sogar 5 Tage nach dem Letzten XD
Viel Spaß beim Lesen ;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Danke an meine Kommantarschreiber :3 Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So, es gibt auch endlich mal wieder ein neues Kapitel...es ist schon ewig fertig
gewesen, bloß habe ich es bisher aus 'gewissen Gründen' *hüst* nicht hochladen.
Viel Spaß damit. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Vielen Dank an die Leute, die sich die Mühe machen und Kommentare schreiben :)
*Kekse verteil*
So und jetzt viel 'Spaß' mit dem Kapitel ^____^

PS: Danke an alle für über 30 Favos!
Dazu wird noch ein Special folgen, allerdings weiß ich noch nicht, welcher Art, das dürft ihr abstimmen ;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Danke für eure Kommis und vergesst nicht an der Umfrage teilzunehmen,
damit ich bald mit dem Special loslegen kann ;)

LG Yu Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Danke an meine BETA - dieses Mal LellaTheDarkAngel - und alle fleisigen Kommischreiber ;)
Viel Spaß mit dem Kapitel! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
OMG, es tut mir sooo leid, dass das Kapitel erst jetzt kommt >__<
Ich hatte es schon seit so 2-3 Wochen fertig aber total verpennt es hochzuladen :O

Hoffe, es gefällt euch trotzdem ^_^ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Diesmal aber wirklich das richtige Kapitel XD

Viel Spaß beim Lesen :) Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Schrei

Wer hatte da eben geschrieen?

War das etwa er selbst gewesen?

Kai saß kerzengerade und schweißüberströmt in seinem Bett und atmete schwer ein und aus.

„Nicht schon wieder das…“, flüsterte er verängstigt.

Auf einmal öffnete sich seine Zimmertür und er drehte sich erschrocken in Richtung Tür. Eine besorgt klingende Stimme fragte: „Warum hast du denn so laut geschrieen? Ist alles in Ordnung?“

Seine Aufregung legte sich nun etwas, wenn sie auch nicht ganz verschwand und verschwinden würde.

„Ja, mir geht es gut. Du kannst wieder schlafen gehen“, erwiderte er noch immer leicht keuchend. Sein Gegenüber saß ihn misstrauisch an. Man konnte deutlich erkennen, dass dieser ihm kein Wort abnahm. Was angesichts Kais derzeitiger Verfassung auch kein Wunder war, die im krassen Widerspruch zu seinen Worten stand.

„Nun gut, wie du meinst“, sagte Yuriy schließlich. „Aber wenn was ist, kannst du ruhig zu mir kommen.“

„Okay“, meine Kai, auch wenn er, so wie wahrscheinlich auch Yuriy, wusste, dass er dieses Angebot –so verlockend es auch klingen mochte- wohl nie annehmen würde. Schon rein aus Prinzip. Yuriy schloss die Tür hinter sich und Kai war wider allein in seinem dunklen Zimmer.

Am nächsten Morgen stand er etwas später auf als gewöhnlich, was wohl auf die Geschehnisse letzter Nacht zurückzuführen war, denn er hatte sich schwer getan die Augen zuzubekommen und nur noch sehr wenig geschlafen, seit Yuriy das Zimmer verlassen hatte.

Nach der letzten WM hatte er sich gefragt, was nun auf ihn zukam und was zutun war. Nach einigen Überlegungen waren sie zu dem Schluss gekommen, dass es am Besten wäre, wenn sie zusammenziehen würden, da sie beide ohnehin vorhatten in Japan zu bleiben, jedenfalls für die nächsten Jahre. Für Kai hatte es schon lange festgestanden, dass die vergangene WM seine letzte gewesen sein würde und er sich nun auf das Leben nach dem Bladen vorbereiten wollte. Er hatte beschlossen, wieder auf die Whitford Prep School zu gehen, wo er ab Ende August die zweite Klasse der Oberstufe besuchen und voraussichtlich in knapp zwei Jahren seinen Abschluss machen würde. Was er nach seinem Abschluss machen wollte, das war ihm noch nicht ganz bewusst, aber bis dahin blieb ihm noch reichlich Zeit.

Yuriy hingegen war fast drei Jahre älter als er und hatte, wie Kai von ihm erfahren hatte, letztes Jahr seinen Abschluss in Russland gemacht und plante, sich in der nächsten Zeit in einer Uni einschreiben zu lassen und mit dem Studium beginnen würde, da er Architekt werden wollte.

Sie hatten zwar zuvor auch schon eine Zeit lang zusammengelebt, doch da waren sie nicht nur zu zweit gewesen, was eine völlig neue Situation für sie beide schuf. Damals hatten Sergej und Bryan noch bei ihnen gewohnt, aber da die beiden nach Russland zurückgekehrt waren und dort Jobs gefunden hatten, blieben nur sie beide übrig. Sergej studierte seit wenigen Wochen Medizin, da er vor hatte Tierarzt zu werden und Bryan hatte sich eine Stelle als Türsteher eines relativ gut besuchten Klubs verschafft, einen Job, der ziemlich gut zu ihm passte, wie Kai fand. Was aus Ivan geworden war, wusste er nicht genau, da sie nie ein sonderlich gutes Verhältnis zueinander gehabt hatten. Dennoch war ihm zu Ohren gekommen, dass dieser offenbar auch studierte und noch regelmäßig Kontakt zu Sergej hatte, was auch nicht verwunderlich war, da sie schon sehr lange gut miteinender befreundet waren.

An diesem Tag, es war Samstag, hatte Kai glücklicherweise noch nichts eingeplant und so musste er sich keinen Stress wegen seines Verschlafens machen.

„Ob Yuriy wohl schon wach ist?“, fragte er sich im Stillen, als er aus dem Bad trat. Aus der Küche vernahm er einige Laute, was ihn darauf schießen ließ, dass sein Mitbewohner ganz offensichtlich schon wach war. Als Kai die Küche betrat, sah er Yuriy am Küchentisch sitzen und sich einen Löffel voll Müsli in den Mund schieben. Sobald dieser bemerkt hatte, dass Kai in der Küche war, schluckte er schnell den Inhalt seines Munds herunter und wünschte ihm einen schönen guten Morgen, worauf Kai erwiderte, dass es bereits elf Uhr sein, es für ihn damit fast Mittag wäre und der Morgen ganz bestimmt nicht 'gut' sei.

„Du bist ja mal wieder gut drauf“, war Yuriys Antwort. Aber da er die Launen seines Mitbewohners inzwischen mehr als reichlich studieren hatte können, wusste er, dass dieser seine Aussage nicht gegen ihn gerichtet hatte, sondern sein Verhalten eher auf die Ereignisse letzer Nacht zu beziehen war.

„Du scheinst in letzter Zeit nicht sonderlich gut zu schlafen“, bemerkte Yuriy, während Kai sein Frühstück richtete.

„Du stehst oft nachts auf, ich habe dich gehört. Und dann noch das mit letzter Nacht…“

Kai setzte sich ihm gegenüber an den Tisch und sah ihn an.

„Was kümmerte es dich, was ich mache und wie es mir geht?“, gab er bissig seinen Kommentar zu Yuriys Worten ab. Ihm war es unangenehm, dass Yuriy die Sachlage so direkt angesprochen hatte. Dabei bedachte er jedoch nicht, dass Yuriy ihm deswegen keinen Vorwurf gemacht hatte, sondern etwas Anderes hinter seinen Worten steckte.

„Entschuldige bitte, ich wollte dir nicht zu nahe treten. Ich habe mir einfach nur Sorgen gemacht“, sagte Yuriy und Kai meinte eine gewisse Enttäuschung oder Traurigkeit in seiner Stimme mitschwingen zu hören, was ihm den Tonfall von eben zu tiefst bedauern ließ und er sich ein Stück weit dafür schämte, dass er seinen Mitbewohner und Freund so angemotzt hatte. Schließlich hatte dieser ihm nur helfen wollen.

„Es tut mir Leid, Yuriy, dass ich so reagiert habe. Ich weiß auch nicht, was im Moment mit mir los ist“, sagte Kai, senkte den Kopf und starrte sein Müsli an.

Er wusste nicht was los war? –Von wegen! Doch es sich –oder gar Yuriy- eingestehen wollte er auf keinen Fall. Dazu war die Angelegenheit viel zu ernst und folgenschwer und er sich nicht sicher, ob er es überhaupt jemandem sagen oder es besser ganz schnell vergessen sollte. Zu seinem eigenen Schutz und zum Schutz derer, die ihm etwas bedeuteten.

„Schon okay“, versuchte Yuriy ihn aufzumuntern und sah ihn freundlich an. Er stand auf und räumte die Schüssel samt dem Löffel in die Spülmaschine.

„Mich würde es nur interessieren, warum es dir nicht gut geht“, fing Yuriy wieder an von diesem Thema zu sprechen. „Es muss doch einen bestimmten Grund dafür geben, dass es dich nicht einmal mehr richtig schlafen lässt.“

Kai aß schweigend sein Müsli und ließ sich von Yuriys Redeschwall anscheinend nicht stören. Als er fertig war, stand Yuriy noch immer gegen die Küchenzeile gelehnt da und beobachtete ihn.

„Könnte es eventuell damit zusammenhängen, dass du nicht gegen Takao kämpfen und ihn besiegen konntest und jetzt keine Gelegenheit mehr dazu bekommst?“, begann Yuriy zu vermuten, als Kai gerade sein Geschirr in die Spüle räumte.

„Ich habe ihn besiegt“, erwiderte Kai darauf monoton und erntete dafür einen überraschten Blick seitens Yuriy.

„Echt jetzt? Wann?“, wollte dieser sofort wissen. Kai war klar gewesen, dass diese Frage hatte kommen müssen, aber auch dass er ihm diese nicht so gerne beantwortete, wie dieser vielleicht dachte, aber auch, dass er ein Recht darauf hatte, es zu erfahren.

„Ein paar Monate nach seinem Kampf gegen Brooklyn, also ein paar Wochen bevor wir zusammengezogen sind, hatten wir ein Match in der Nähe des BBA Geländes“, erklärte Kai. „Ich habe ihn zwar nur knapp schlagen können, aber immerhin habe ich es getan.“

„Gratuliere, du hast den amtierenden Beybadeweltmeister geschlagen!“

Yuriy freute sie ehrlich für ihn aber seine Mine trübte sich schnell wieder.

„Schade nur, dass wir nicht mehr als Team gegen die anderen antreten können. Ich hätte es zu gerne gesehen, wie du ihn geschlagen hast“, antwortete Yuriy mit leichtem Bedauern in der Stimme. Ihm war es nicht leicht gefallen, mit dem Bladen aufzuhören, zumal er sich eigentlich vorgenommen hatte, wenigstens ein Mal den Titel des Weltmeisters zu ergattern. Doch nach seinem Match gegen Garland war er, so wie auch Sergej und Bryan, nicht mehr in der Lage gewesen, beim Turnier anzutreten. Den Gedanken daran, wem er dies alles zu verdanken hatte, ließ Wut in ihm aufsteigen.

„Alles wegen Boris…“, zischte er verächtlich.

„Yuriy?“ Eine Hand legte sich auf seine Schulter. „Alles in Ordnung?“

Als er bemerkte, wie besorgt Kai ihn ansah, verscheuchte er diese dunklen Gedanken schnell wieder aus seinem Kopf und lächelte ihn an.

„Schon okay, ich kann ohnehin nichts mehr daran ändern“, sagte er und Kai schien ein wenig beruhig zu sein, wenn auch nicht ganz. Kai ahnte wohl, was er ihm in diesem Moment durch den Kopf ging, schwer zu erraten war es nun wirklich nicht.

„Was hälst du davon, wenn wir heute ins Kino gehen?“, schlug Yuriy überraschend vor, wohl hauptsächlich um vom Thema abzulenken.

„Warum nicht. Hast du schon einen Plan, was wir uns ansehen könnten?“, ging Kai auf seinen Vorschlag ein, der nicht ganz abgeneigt von der Vorstellung war, auch mal etwas 'Normales' zu tun und sich so ein bisschen abzulenken.

„Dieser neue Film 'Without You' soll ganz gut sein, hab ich gehört“, erwiderte Yuriy.

„Und um was geht es in dem Film?“

„Keine Ahnung, lass es uns doch einfach mal herausfinden!“, meinte Yuriy und grinste. Im Gegensatz zu Kai handelte er gerne spontan und stürzte sich oft ohne Vorwissen in jegliche Art von Angelegenheiten. Kai hingegen plante alles genau durch, bevor er irgendetwas unternahm und wog jede mögliche Situation ab. Aber so ein bisschen Abwechslung kann ja auch nicht schaden, dachte er sich.

„Na schön, dann gehen wir eben da rein“, stimmte er schließlich zu.

„Ich nehme an, wir werden gegen Abend ins Kino gehen“, vermutete er.

„Wie du meinst“, sagte Yuriy, noch immer breit grinsend.

„Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass er ganz genau weiß, um was es in diesem Film geht und irgendetwas plant…“, dachte Kai, ließ sich jedoch nichts anmerken.
 

TBC
 

Ablenkung

Gegen halb Acht brachen sie auf, da der Film um kurz nach Acht anfangen würde und sie davor noch genug Zeit haben wollten, um sich Popcorn und Cola zu besorgen. Kai musste mit Entsetzen feststellen, dass er sich doch tatsächlich den Kopf darüber zerbrochen hatte, was er an diesem Abend tragen würde. Nach langem Überlegen hatte er sich für ein eng anliegendes lilanes T-Shirt und eine schwarze Jeans entschieden, die auch nicht allzu locker saß und gewisse Körperregionen besonders hervorhob. Des Weiteren hatte er vor den Spiegel gestanden und mit sich selbst gehadert, ob er seine blauen Dreiecke lassen oder sie besser abschminken sollte. Er hatte sich für Letzteres entschieden, da er der Meinung war, dass er erstens langsam ein wenig zu alt dafür war und zweitens, dass er sich so schon einmal daran gewöhnen konnte, ohne sie auszukommen, da die Schulordnung der Whiteford Prep School ohnehin Schminke verbot -auch wenn er selbst seine Dreiecke lieber als 'Gesichtsbemalung' bezeichnete.

Als sie vor dem Kino angekommen waren, frage Kai sich ernsthaft, was er sich dabei gedacht hatte. Wenigstens schien Yuriy sich auch nicht gerade wenig Gedanken aber sein Äußeres gemacht zu haben –wie auch immer man dies auslegte- was ihn sich nicht mehr ganz so bescheuert vorkommen ließ. Dieser trug eine schon fast verboten engsitzende weiße Hose, dazu ein indigoblaues Top und darüber eine orange-weiße Sweatshirtjacke. Auch bemerkte Kai -als er unauffällig zu Yuriy hinüberschielte- einen silbernen Ohrring an dessen rechtem Ohr blitzen. Diese Erkenntnis ließ Kai unwillkürlich folgende Frage über die Lippen huschen: „Seit wann hast denn den Ohrring?“

„Ach den?“, gab Yuriy zurück und fasste sich an sein rechtes Ohr. „Seit ein paar Monaten...Warum fragst du?“

Da Kai dies selbst nicht genau wusste, entschied er sich für folgende Antwort, deren Inhalt sogar stimmte: „Ach, ist mir nur gerade aufgefallen.“

„Ach so“, meinte Yuriy und grinste ihn auf eine Weise an, die Kai irgendwie unsicher werden ließ. Doch bevor er sich über den Grund dessen nachgrübeln konnte, zog Yuriy ihn auch schon am Arm in das Gebäude. Nachdem sie sich die Karten geholt hatten, gingen sie weiter.

„Also, mal sehn…“

Sie standen vor dem Kinokiosk und Yuriy überlegte, was er nehmen wollte.

„Teilen wir uns das Popcorn?“, wollte er bald darauf wissen.

„Klar, ich esse sowieso nicht so viel“, ließ ihn Kai wissen. Damit schien die Lage für Yuriy geklärt zu sein und er bestellte sich und Kai jeweils eine Cola und eine mittelgroße Portion Popcorn.

„Welcher Kinosaal war das noch mal?“, fragte Yuriy nun, der beide Hände voll hatte und somit nicht auf seiner Karte nachsehen konnte. So holte Kai seine hervor und teilte ihm mit, dass es Saal vier sei und dieser rechts vom Kiosk läge. Jedenfalls war dies so ausgewiesen. Sie hatten noch gut zehn Minuten bis der Film anfangen würde.

„Sind das da hinten nicht Kai und Yuriy? Hey Kai~!“, hörten sie plötzlich eine ihnen nur allzu gut bekannte Stimme hinter sich ertönen. Sie drehten sie sogleich in die Richtung um, aus der die Stimme gekommen war.

„Na ihr beiden“, begrüße Yuriy die zwei. Kai jedoch war nicht darauf gefasst gewesen, dass sie diese ausgerechnet hier und jetzt und dann auch noch zusammen antreffen würden und sagte erstmal gar nichts.

„Lange nicht gesehen, Kumpel“, meldete sich Takao zu Wort. „Was für ein Zufall, dass wir uns ausgerechnet hier wieder sehen!“

„Kann man wohl sagen“, antwortete Yuriy ihm, anstelle von Kai, der immer noch schwieg.

„Sagt mal, was macht ihr eigentlich hier in Japan?“, wollte Hiromi auf einmal wissen. Yuriy war ein wenig erstaunt gewesen, dass sie anscheinend nicht wusste, dass er und Kai seit der letzten WM in Japan lebten.

„Wir wohnen ganz in der Nähe“, sagte Kai, der etwas genervt von der Frage zu sein schien.

„Das habe ich dir aber eigentlich gesagt, Takao, und dir meine Adresse gegeben“, fügte er im selben Tonfall wie zuvor hinzu.

„Oh, hehe…hab ich ganz vergessen“, meinte Takao verlegen und erntete sogleich einen bösen Blick von Hiromi.

„Du wusstest es die ganze Zeit über und hast es mir nicht gesagt?“, keifte sie ihn an, darüber, aus welchem Grund sie das tat, ließ sich streiten.

„Hey sorry, aber ich hab wirklich nicht mehr dran gedacht“, entschuldigte Takao sich sogleich und versuchte sie so zu beschwichtigen. Man hatte allerdings merken können, dass er es ernst gemeint und es nur vergessen hatte, ihr zu erzählen.

„Yuriy, unser Film fängt gleich an. Wir sollten uns so langsam mal in den Saal begeben“, erinnerte Kai seinen Begleiter, nachdem er auf die Uhr gesehen hatte, die an der Wand neben dem Kiosk hing.

„Oh ja! Unserer auch gleich!“, meinte Hiromi und Takao war froh, dass sie endlich von ihm abließ.

„In welchen geht ihr?“

„Das Ding heißt 'Without You'“, teilte Kai ihnen mit, wobei er Yuriy ansah, der mit den Achseln zuckte. Hiromi sah Takao mit vielsagendem Blick an -was nicht unbedingt hieß, dass er es verstand- und sagte dann: “Wir auch!“ Sie strahlte die beiden an.

„Ich wurde gezwungen“, nuschelte Takao in seinen nicht vorhandenen Bart und bekam prompt eine Kopfnuss von Hiromi als Kommentar zu seiner Beschwerde.

„Mich wundert, das gerade ihr beide auch da rein wollt“, bemerkte sie und musterte die beiden –insbesondere Kai- eindringlich.

„Warum das denn?“, wollte Kai nun schon sichtlich interessierter –wenn auch äußerlich genervt- wissen, da er nun eine Chance witterte, endlich zu erfahren, um was es in dem Film ging. Sie grinste die beiden auf eine –für Kai nicht zu deutende- Weise an und erwiderte auf seine Frage nur: „Ach nichts“

Takao war verwirrt, so wie Yuriy und Kai, die dies jedoch nicht so offensichtlich zeigten wie er.

„Dann lass uns mal gehen“, meinte sie, packte Takao am Arm und schleifte

ihn hinter sich her, in Richtung Kinosaal Nummer vier.

„Na, wir beide sollten uns dann auch mal auf den Weg machen, nicht?“, forderte Yuriy Kai auf, der noch immer nicht erfahren hatte, in welchen Schlamassel er sich begeben hatte und ebenso unwissend darüber war, was Yuriy denn so unbedingt mit ihm anschauen wollte.

Sie setzten sich auf die Plätze, die für ihre Karten vorgesehen waren, E45 und E46.

Bald darauf ging das Licht aus und die allseits so beliebte Werbung wurde eingeblendet. Yuriy fing schon jetzt damit an, das Popcorn in sich hinein zu stopfen, während Kai sich ein wenig im Raum umsah. Er entdeckte Takao und Hiromi relativ schnell, was auch nicht sonderlich schwer gewesen war, da sie mal wieder -so wie eigentlich immer- etwas an ihm auszusetzen hatte und dies mit Hilfe von einer weiteren Kopfnuss zum Ausdruck brachte.

Nach geschlagenen fünf Minuten Werbung begann endlich der Film.

Schon bald musste Kai feststellen, dass 'Without You' eindeutig eine Schnulze war und dass um sie herum fast ausschließlich Paare saßen, die zu seinem Leidwesen auch noch nach einiger Zeit anfingen, sich nicht mehr sonderlich für den Film, als für ihren Partner, zu begeistern schienen.

Er dachte sich schon, dass Yuriy sich mal wieder einen Spaß mit ihm erlaubt hatte und wollte soeben zu einer nicht sehr netten Bemerkung ansetzen, als er doch tatsächlich sah, dass besagter wie gebannt auf die Leinwand starrte und richtig glücklich zu sein schein, über dessen genaueren Hintergrund sich streiten ließ, denn vor wenigen Sekunden war die Szene mitsamt den beiden Darsteller ins Schlafzimmer gewechselt und Kai hatte den Verdacht, dass noch mehr solcher Szenen folgen würden, worüber er persönlich nicht sonderlich begeistert war.

Nun wusste Kai nicht, was er denken sollte. Er hatte Yuriy nun wirklich nicht für den Typ gehalten, der sich Schnulzen reinzog und dann auch noch seinen besten Freund mitschleifte. Er hatte ihn mehr dem Genre Action oder so zugeordnet, denn das entsprach deutlich mehr seinem Charakter und seiner Verhaltensweise, oder?

Vielleicht interpretierte er die Situation auch nur falsch, denn es folgten noch reichlich Sexszenen und Kai konnte sich gut vorstellen, dass Yuriy dies gefiel, was auch deutlich besser zu ihm passte. Vielleicht hatte er sich und Kai auch einfach nur ein wenig Ablenkung verschaffen wollen, was ganz gut funktioniert hatte und worüber Kai ihm auch dankbar war.

So ertrug er den Rest des Filmes auch noch und griff ab und zu in die Popcorntüte, die allerdings wenig später leer war, da Yuriy schon die ganze Zeit am Popcornfressen gewesen war.

Gegen Zweiundzwanzig Uhr endete 'Without You' mit einem -wer hätte es gedacht- kitschigem Happy End. Jedenfalls war Kai froh, dass es endlich zu Ende war. Yuriy allerdings schien ausgelassen und deutlich besser gelaunt zu sein als zuvor.
 

„Die Schatten scheinen für den Augenblick verschwunden zu sein.“

„Ja, aber sie werden nur von einem schwachen Licht zurückgehalten.“

„Immerhin ist Licht da. Besser, als dass die Schatten alles

verschlingen.“

„Wie lange wird das Licht noch durchhalten?“

„Ich weiß es nicht. Auch wenn ich hoffe, dass es lange anhält, ist mir bewusst, dass es irgendwann erlischen wird und die Schatten um sich greifen werden…“
 

„Jetzt zieh nicht so ein Gesicht! So schlimm war es auch wieder nicht“, meinte Yuriy und knuffte Kai liebevoll in die Seite.

„Es war zu ertragen“, erwiderte dieser seufzend, schenkte ihm jedoch ein Lächeln. Sie trafen kurz darauf wieder auf Hiromi und Takao, die sich ausnahmsweise mal nicht stritten, sondern Hand in Hand auf sie zugeschlendert kamen.

„Der Film scheint seine Wirkung voll entfaltet zu haben“, wisperte Kai Yuriy zu, der darauf zurückgab: „Jedenfalls bei den beiden“

„Und, wie hat euch der Film gefallen?“, strahlte Hiromi die beiden an, während Takao, ein wenig Rot um die Nase, sie beide überglücklich ansah.

„Es war zu ertragen-“, antwortete Kai und wurde sogleich von Yuriy unterbrochen. „Also mir hat's super gefallen!“

„Mir auch! Ich wusste gar nicht, dass du auf so was abfährst“, meinte sie mit unschlüssigem Gesichtsausdruck. Nach einer kurzen Pause –in der sie einen Blick auf die Uhr geworfen hatte- sagte sie dann: „Na ja, wir sollten dann mal schleunigst nach Hause, sonst bekommt Takao noch Hausarrest.“

Sie verabschiedete sich rasch und Takao rief ihnen auch noch ein schnelles „Bis bald“ zu, bevor sie aus dem Gebäude verschwanden.

Auf dem Nachhauseweg dachte Kai nach. Was hatte die Bemerkung von Yuriy zu bedeuten? `Jedenfalls bei den Beiden´, hatte er gesagt. Doch Kai wurde daraus nicht schlau…oder?
 

TBC
 

Morgen

„Ich wusste gar nicht, dass die beiden zusammen sind“, sagte Yuriy plötzlich, als sie etwa die Hälfte des Weges geschafft hatten.

„Hm?“, meinte Kai, der eben noch in Gedanken geschwebt hatte.

„Na Takao und Hiromi. Ich habe immer gedacht, dass sie was von dir wollte“, half Yuriy ihm auf die Sprünge.

„Ja, schon, aber ich glaube, das war einfach nur eine Schwärmerei von ihr und sie war eigentlich die ganze Zeit schon in ihn verliebt“, erwiderte Kai ohne jegliche Regung von Emotionen in seiner Stimme, was Yuriy schon ein wenig stutzen ließ.

„Dir macht das gar nichts aus?“, wollte er überrascht wissen. Kai erwiderte darauf wie selbstverständlich: „Nein. Warum auch? Ich war nie an ihr interessiert.“

„Ach so“, gab Yuriy ein wenig erleichtert zurück, auch wenn er dies nicht verlauten ließ.

Wenig später waren sie an dem Häuserblock angekommen, in dem sie im vierten Stock wohnten und Yuriy schloss die Eingangstür auf. Sie gingen leise durch das Treppenhaus, in die oberste Etage und betraten ihre Wohnung. Kai bemerkte erst jetzt so richtig, wie müde er eigentlich war und war froh, dass er sich bald in sein Bett kuscheln würde können. Wobei ihm sogleich wieder einfiel, dass er, wenn er einschlafen würde, auch wieder träumen, vielleicht wieder davon träumen könnte.

Nachdem sie ihre Jacken aufgehängt und die Schuhe ausgezogen hatten, ging Kai ohne ein Wort zu sagen ins Wohnzimmer und ließ sich aufs Sofa sinken; das alles, ohne Licht anzumachen.

„Kai? Was machst du da?“, wollte Yuriy zu Recht wissen, denn Kais Verhalten war alles andere als normal. Er betrat nun ebenfalls das Wohnzimmer und stellte sich vor das Sofa. Kai schien ihn gar nicht mehr richtig wahrzunehmen und hatte seine Augenlider geschlossen, soweit Yuriy das in der schwachen Beleuchtung, die von der Lampe im Flur herrührte, beurteilen konnte.

„Kai?“, fragte er noch einmal vorsichtig.

Nachdem wieder keine Antwort kam, überlegte Yuriy, warum Kai sich überhaupt aufs Sofa gesetzt und sich nicht gleich in sein Bett gelegt hatte. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag mit dem Hammer.

„Aber natürlich! Er schläft in seinem Bett immer schlecht und hat wahrscheinlich Angst davor, wieder etwas zu träumen, von dem er nicht will, dass er es träumt. Deswegen will er nicht in sein Bett“, überlegte er. Kai sah richtig friedlich aus, wie er mit geschlossenen Augen und entspannter Mine auf dem Sofa lag.

„Aber ich kann ihn doch nicht einfach so hier liegen lassen! Er wird sich entweder eine Erkältung holen oder morgen einen steifen Nacken haben.“

Yuriy fiel allerdings auch ein, dass er ihn auch nicht in sein Bett bringen würde können, da er dann dort eventuell wieder einen Alptraum haben könnte und dann ihm die Schuld dafür geben könnte, da er ihn in sein Bett gebracht und ihn nicht einfach im Wohnzimmer gelassen hatte. Es klang zwar ein wenig absurd, aber möglich war es. Zumindest für Yuriy. So beschloss er kurzer Hand, ihn einfach in sein eigenes Bett zu tragen, groß genug war es allemal.

Darauf bedacht ihn nicht aufzuwecken, hob er Kai vorsichtig hoch und trug ihn in sein Zimmer. Er war doch sehr überrascht, wie leicht Kai war, was ihm hier aber nur zu Gute kam.

Das Glück schien wieder auf seiner Seite zu sein, denn seine Zimmertür stand offen, sodass er keine Probleme hatte, einzutreten und Kai auf sein Bett zu legen. Dann zog er ihm die Hose aus, was sich als gar keine leichte Aufgabe herausstellte, denn sie saß wirklich eng und er zudem auch noch darauf achten musste, ihn nicht aufzuwecken. Doch praktischerweise war Kai todmüde und bekam so von alle dem nichts mit. Das T-Shirt stellte da schon ein weniger großes Hindernis dar und schon gar nicht die Socken. Nach getaner 'Arbeit', entkleidete er sich selbst und legte sich neben den friedlich schlummernden Kai. Er deckte sie beide noch zu und betrachte danach noch das entspannte Gesicht seines besten Freundes.

„Schlaf gut, Kai“, flüsterte er so leise wie möglich. „Und träum zu Abwechslung mal was Schönes...“

In diesem Moment musste er sich zusammenreißen, um nicht etwas Unüberlegtes zu tun, das ihre Freundschaft gefährden könnte.

„Verdammt…warum gerade ich?“, dachte sich Yuriy, bevor auch ihm endlich die Augen zufielen.
 

Diese Nacht verlief unerwartet harmonisch, vor allem für Kai, der nicht ahnte, wo er sich befand. Instinktiv kuschelte er sich nach einiger Zeit -die Decke war verrutscht- an die Wärmequelle in seiner unmittelbaren Nähe, ohne dass Yuriy oder er selbst aufwachten. Offenbar schien Kai diese Nähe gut zu tun, denn er hatte einen sehr tiefen und ruhigen Schlaf, was darauf schließen ließ, dass er auch nichts Schlechtes träumte. Die Nacht verging ohne weitere Zwischenfälle, was sich allerdings bald ändern konnte, vor allem, wenn einer der beiden aufwachen würde…
 

Am nächsten Morgen, es war gegen acht Uhr, wurde Kai langsam wach. Er fühlte sich irgendwie anders. Zum ersten Mal seit Wochen hatte er durchgeschlafen und das auch noch ohne einen Alptraum gehabt zu haben. Seine Freude wäre wohl nicht zu bremsen gewesen, hätte er nicht genau in diesem Moment realisiert, wo er lag und vor allem was er tat. Er lag halb auf Yuriy -genauso genommen auf dessen Brustkorb- welcher zum Glück noch schlief und auch keine Anzeichen dafür gab, in nächster Zeit aufzuwachen. Zumindest hoffte Kai dies inständig.

„Moment! Was mache ich eigentlich in Yuriys Bett und warum habe ich abgesehen von meinen Shorts nichts an?“, fragte er sich erschrocken.

„Und warum hat er auch nur seine Boxershorts an?“. War das Nächste, das ihm durch den Kopf schoss. „Hoffentlich hat er welche an…“

So sicher konnte man sich da nicht sein.

Als er sich gerade dabei war, sich zu erheben -bemüht, dass er Yuriy nicht aufweckte- öffnete eben dieser seine Augen und murmelte ein verschlafenes „Guten Morgen“.

Kais Blick hing nun unweigerlich an dessen nacktem Oberkörper, auf den er nun beste Sicht hatte. Die blasse, fast porzellanfarbene Haut, die sich deutlich abzeichnenden Muskeln und die zartrosanen Brustwarzen erweckten in ihm Gefühle, die er eindeutig nicht haben sollte…oder?

Schnell wandte er seinen Blick ab. Vor allem, um die Röte auf seinen Wangen zu verbergen, aber auch um zu verhindern, dass Yuriy auf falsche Gedanken kam.

„Ähm, Morgen“, brachte Kai nach kurzem zögern hervor.

Yuriy schien nun auch langsam wach zu werden und bemerkte erst jetzt Kais höchst interessanten Gesichtsausdruck und die Situation, in der sie sich befanden. Es herrschte betretenes Schweigen.

Um die Stille zu durchbrechen, aber auch um Klarheit zu schaffen, sagte Yuriy: „Du fragst dich sicherlich, warum du und vor allem wie du hierher gekommen bist…“

Kai nickte, überrascht darüber, dass Yuriy die Tatsachen so direkt ansprach.

„Also, du erinnerst dich doch bestimmt noch daran, dass du dich gestern als wir nach Hause gekommen waren, ins Wohnzimmer gelegt hast.“

Kai nickte mechanisch und wartete gespannt - vor allem angespannt- auf das nun Folgende.

„Ich dachte mir, dass ich dich nicht dort liegen lassen kann, aber in dein Zimmer bringen konnte ich dich auch nicht, da ich weiß, dass du schlecht schläfst, wenn du alleine dort liegst. Also habe ich dich mit zu mir genommen.“

Das war ja alles schön und gut, aber Kai fragte sich immer noch Eines: „Und warum habe ich nur Boxershorts an?“

Yuriy hatte schon fast geahnt, dass diese Frage nun hatte kommen müssen und antwortete: „Ich dachte mir, dass es unbequem ist, in Straßenklamotten zu schlafen und da habe ich dich ausgezogen“

„Hättest du mir nicht wenigstens mein T-Shirt anlassen können?“, gab Kai nun etwas bissig zurück und schlang die Arme um seinen nackten Oberkörper. Yuriy bemerkte jetzt erst, dass es Kai offenbar unangenehm war, seinen bloßen Oberkörper jemandem zu zeigen. Dennoch -oder gerade deswegen- konnte er nicht widerstehen, einen genaueren Blick bei Tageslicht auf diesen zu werfen. Kais Haut hatte einen leicht olivfarbenen Teint und seine Haut war dunkler als seine eigene. Kais Schultern waren relativ schmal, vor allem für einen Jungen in seinem Alter, genauso wie seine Taille, wie Yuriy bemerkte, als er seinen Blick so unauffällig wie möglich weiter nach unten schweifen lief. Vom Rest bekam er leider nicht viel zu sehen, da sich Kai alle Mühe gab, wenigstens den oberen Teil seines Rumpfs vor neugierigen Blicken zu schützen.

„Und warum hast du dir nicht was zum Schlafen über gezogen?“, warf Kai schnell ein, der bemerkte hatte, wie Yuriy ihn ansah und das äußerst peinlich fand und dies, abgesehen davon, nicht gerade zur Besserung der Sachlage beitrug.

„Ich war, um ehrlich zu sein, einfach zu müde um das zu tun…“, antwortete dieser wahrheitsgemäß.

„Ich geh jetzt duschen“, meinte Kai nur und stand auf, während er von Yuriy, der noch immer auf dem Rücken lag, beobachtet wurde. Glücklicherweise merkte Kai nichts davon, da er damit beschäftigt war, seine Klamotten einzusammeln, die Yuriy, unachtsam wie so oft, schön auf dem Boden verteilt hatte.

„So wie immer“, dachte sich Kai und musste sich ein Lächeln verkneifen. Yuriy war noch nie sehr ordentlich gewesen und er war es immer gewesen, der ihm alles hinterherräumte.

„Soll ich uns Frühstück machen?“, fragte Yuriy plötzlich, der sich inzwischen auf den Bauch gedreht hatte und den Kopf auf die Hände gestützt, Kai ansah.

„Klar doch“, erwiderte dieser schnell, raffte hastig seine Sachen zusammen und verließ dann das Zimmer.
 

„Er ist genau wie du…“

„Stimmt doch gar nicht!“

„Ja, du hast Recht. Du würdest dir ja sofort nehmen, was du willst, ohne Rücksicht auf Verluste…“

„Hmpf!“

„Ach sei doch nicht immer gleich beleidigt! Du weißt doch, wie ich es meine.“

„Natürlich weiß ich das! Ich wollte dich nur ein bisschen ärgern!“

„Oh je…

„Und was willst du damit bitte wieder sagen?“

„Ach nichts…“
 

„Verdammt, verdammt, verdammt!“, fluchte Kai innerlich, als er unter der Dusche stand. Er wusste einfach nicht, was er nun tun sollte. Warum konnte er nicht einfach glücklich sein, wie alle anderen auch?

„Warum nur?“, flüsterte er leise und das kalte Wasser rann seinen Nacken hinab. Warum gerade er? Diese Frage hatte er sich schon seit langem nicht mehr gestellt, doch die neusten Ereignisse hatten seine Mauer, die er zum Selbstschutz errichtet hatte, schwer beschädigt. Nicht, dass es nur heute gewesen wäre. Nein, das hatte schleichend vor einiger Zeit begonnen.

Und nun hatte er wieder Angst. Schreckliche Angst vor ihm. Angst davor, dass es wieder passieren könnte.
 

TBC
 

Bewusstsein

Das Wasser tat gut.

Es reinigt den Körper von allem Schmutz. Wasser reinigt den Menschen von allem Dreck und ersetzte diesen durch ein gutes Gefühl der Reinheit auf der Haut.

Normalerweise genoss Kai es immer, das Wasser seinen Körper reinigen zu lassen, aber heute war es alles andere als angenehm. Denn er bemerkte einmal wieder seit langem, dass das Wasser zwar äußerlich säubern konnte, aber wie man sich dabei innerlich fühlte, darauf hatte es verschiedene Einflüsse und hinterließ nicht immer ein gutes Gefühl. Trotz, dass er sich gründlich abgewaschen hatte, fühlte er sich immer noch schmutzig. Äußerlich mochte er sauber sein, aber das Gefühl in ihm war immer noch da. Ja, es hatte sich sogar verstärkt. Ihm war bewusst geworden, dass auch das Wasser nicht vermochte, seinen inneren Schmutz wegzuwaschen. Diese Erkenntnis schien ihn in ein tiefes Loch zu zerren und dachte nicht daran ihn loszulassen.

„Warum…“

Er stellte den Wasserstrahl ab und stieg aus der Dusche.

„Warum nur?“, fragte er sich, doch dann fiel ihm ein, dass er sich besser beeilen sollte, bevor Yuriy noch misstrauisch werden würde.

Er bemühte sich, seinen Körper so schnell wie möglich abzutrocknen. Seine Haare waren ihm im Moment herzlich egal, solange sie nicht triefnass waren, war es nur halb so wild. Er schlupfte in frische Klamotten, die er sich zu Recht gelegt hatte und machte sich dann auf den Weg in die Küche.

„Frühstück ist schon fertig!“, sagte Yuriy freudig, als Kai die Küche betrat. Der Tisch war mit allem, was man so zum Frühstücken brauchte, gedeckt und zwei frisch gekochte Eier warteten ebenfalls darauf, aufgegessen zu werden.

Kai versuchte zwar sich möglichst normal zu verhalten, doch Yuriy sah ihm gleich an, dass etwas nicht stimmte, sprach ihn aber vorerst nicht darauf an. Sie setzten sich und schwiegen sich während des Essens an, jedenfalls bis Yuriy es nicht mehr aushielt und einfach das nächstbeste Thema aufgriff, das ihm einfiel.

„Wann fängt dein Schuljahr eigentlich an?“, fragte er und biss danach ein Stück von seinem Brötchen ab. Die Frage war sogar in gewisser Weise wichtig, da er sich schließlich bald darauf einstellen musste, wann Kai aufstand und ab wann das dann genau sein würde.

„Zwölfter April“, gab Kai knapp von sich, ohne ihn dabei anzusehen. Yuriy hatte gehofft, dass er wenigstens ein bisschen gesprächiger war, oder eine Konversation mit ihm beginnen würde, wenn er ihm eine Vorgabe dafür gab. Doch anscheinend war Kai im Moment mit wichtigeren Dingen beschäftigt, als dass er sich auf eine Unterhaltung mit seinem Mitbewohner einlassen würde. So meinte Yuriy nur: „Okay…“

Er hatte danach eigentlich aufhören wollen, aber es gefiel ihm einfach nicht, wenn man die Möglichkeit hatte, sich zu unterhalten und sich dann nur anschwieg. Also redete er einfach weiter, wenn er sich auch nicht selbst sicher war, ob das eine so gute Idee war, denn Kai schien an diesem Morgen in einer äußerst merkwürdigen Stimmung zu sein. Was es genau war, das ihm so merkwürdig vorkam, konnte er nicht sagen, nur, dass Kai verschwiegener und in sich gekehrter war als sonst. Natürlich erwartete er nicht von ihm, dass er sich schlagartig um hundertachtzig Grad wendete, aber dennoch musste er bemerken, dass Kai schon ein wenig geselliger geworden war, seitdem sie zusammengezogen waren. Kais Verhalten bezog sich so gut wie immer auf sein Umfeld und das gefiel ihm die meiste Zeit -fast immer- ganz und gar nicht. Doch Yuriy hatte bemerkt, dass, wenn sie zu zweit waren, Kai sich mehr öffnete und auch länger mit ihm redete, als man es sonst von ihm gewohnt war. Interessant war auch, dass er, sobald sich eine dritte Person näherte, wieder in seinen alten Trott zurückfiel und selbst wenn er zuvor noch gut gelaunt war, sich seine Mine schlagartig wieder verfinsterte.

„Weißt du schon, in welche Klasse du kommst?“

Er hatte es einfach nicht lassen können und bereute es schon fast, nicht einfach den Mund gehalten zu haben, denn er hatte bereits geahnt, dass mit Kai an diesem Morgen nicht gut Kirschen essen war, was auch immer der Grund dafür sein mochte. Wider der erwarteten Reaktion, antwortete Kai ihm in normalem Tonfall: „Das werde ich erst am ersten Schultag erfahren. Es werden immer Zettel ausgehängt, auf denen man die Klasseneinteilung nachschauen kann“

„Ah, verstehe“, erwiderte Yuriy. „Aber sag mal, du warst doch schon mal auf dieser Schule, wenn ich mich recht entsinne…“

„Ja, war ich. Warum fragst du?“, wollte Kai nun seinerseits wissen. Er hatte es offenbar geschafft, Kai in ein Gespräch zu verwickeln, was ihn mehr als freudig stimmte.

„Ach, dann muss die Schule wohl ziemlich gut sein, wenn du so unbedingt wieder dort hin willst“, erwiderte Yuriy und sah ihn dabei schelmisch an. Kai war nicht ganz sicher, was es nun damit wieder auf sich hatte, doch seinen wahren Grund für dieses Anliegen hatte er ihm noch nicht erzählt, beziehungsweise erzählen können. So suchte er schnell nach einem plausiblem Argument und erklärte schließlich: „Mir war es einfach zu doof, mir eine andere Schule auszusuchen, außerdem liegt sie sowieso hier in der Gegend.“

So weit Yuriy sich erinnerte, hatte Kai darauf bestanden, in diese Gegend zu ziehen und damals war seine Begründung gewesen, dass er dann nah an der Schule wohnen würde. Es musste also eine tiefere Bedeutung haben, dass er unbedingt wieder auf die Witheford Prep School gehen wollte.

„Hör mal Kai“, begann er nun in einem deutlich ernsteren Ton als zuvor. „Ich bin nicht blöd. Also komm schon, warum willst du wirklich dort hin?“

Er hatte eigentlich schon vorher geahnt, dass Yuriy seine Taktik durchschauen würde, aber einen Versuch war es Wert gewesen. Für Kai war es noch immer ungewohnt, jemanden um sich zu haben, der genau darauf achtete, was er sagte und auch nicht alles so hinnahm, ohne nachzufragen. Andererseits konnte er mit Yuriy gut reden und sowieso hatte ihm die ganze Zeit irgendwie eine Person gefehlt, die ihm zuhörte, darauf achtete was er sagte und vor allem darüber nachdachte, bevor sie etwas sagte -zumindest meistens.

„Na schön“, gab er schließlich nach, was Yuriy doch ein wenig überraschte. „Ich erzähl’s dir heute Abend, okay?“

„Einverstanden“, meinte er, wenn auch ein wenig perplex.
 

Es musste schon etwas sehr Wichtiges sein, wenn Kai sich extra einen Abend dafür Zeit nehmen wollte. Yuriy hätte nie vermutet, dass es von so großer Tragweite war und hatte um ehrlich zu sein keinen Plan, was es sein könnte, über das Kai mit ihm reden wollte. Andererseits konnte er es gar nicht wissen und hatte ein Recht darauf es zu erfahren, fand Kai. Schließlich hielt er es nun schon fast fünf Monate mit ihm aus und war bei weitem nicht so nervend wie Takao und seine Truppe. Er mochte seine alten Teamkameraden schon irgendwie, aber mit ihnen zusammen leben wollte er nun wirklich nicht. Er musste sich auch selbst eingestehen, dass es nicht gerade einfach war, mit ihm zusammenzuleben, denn er hatte auch seine Eigenheiten, auf die er besonders Wert legte. Beispielsweise konnte er es nicht leiden, wenn die Wohnung nicht aufgeräumt war und konnte schon mal sehr ungemütlich werden, wenn etwas nicht so war, wie er es gerne hätte. Yuriy schien entweder schon an Kais Verhalten gewöhnt zu sein oder es machte ihm einfach nichts aus, dauernd angeschnauzt zu werden. Zumal meinte Kai es meistens nicht so, wie er es sagte und Yuriy schien dies glücklicherweise bemerkt zu haben und das Gesagte dann richtig zu interpretieren. Er war ein angenehmer Mitbewohner, wenn er auch jegliche Hausarbeiten scheute und kein bisschen kochen konnte. Dafür pfuschte er Kai dann wenigstens nicht in die Arbeit und ließ ihn machen. Das war schon eine große Hilfe, denn wenn dauernd irgendjemand irgendetwas von einem will, während man einer Beschäftigung nachgeht, kann das mit unter sehr störend sein. Ein gutes Beispiel dafür waren Takao und Daichi, die Rei immer gestört hatten, während dieser gekocht oder ihn selbst, wenn er beispielsweise das Geschirr gespült hatte.

Jedenfalls war Kai schon ein wenig nervös wegen des kommenden Gesprächs an diesem Abend. Er tat sich schwer damit, mit anderen zu reden, vor allem über Angelegenheiten, die ihn zu dem noch persönlich betrafen.

Am Nachmittag war er nach Draußen gegangen und hatte seit langem mal wieder trainiert. Hauptsächlich um Dranzer 'Auslauf' zu verschaffen. Außerdem half es ihm, seine Gedanken zu ordnen, was ihm zu diesem Zeitpunkt sehr gelegen kam.

Als es dann schließlich Abend war, kam er an ihrer Wohnung an und atmete einmal tief ein, bevor er die Türklinke herunterdrückte. Jetzt würde er es Yuriy also erzählen, diese schreckliche Sache, die vor fast zwei Jahren geschehen war.

Yuriy schien schon auf ihn gewartet zu haben, denn er saß bereits auf dem Sofa, als Kai das Wohnzimmer betrat. Er begrüßte ihn schnell und sah ihn dann mit gespanntem Gesichtsausdruck an.

„Was ist es, das du mir erzählen willst? Ich überlege schon die ganze Zeit, aber komm einfach nicht drauf“, sagte er. Kai erwiderte erstmal: „Könntest du wenigstens warten, bis ich mich hingesetzt habe?“

„Äh, klar…sorry“, meinte Yuriy daraufhin und sah ihn ein wenig verlegen an. Er war so gespannt darauf, was Kai ihm erzählen werden würde, dass er alles andere völlig außer Acht gelassen hatte. Kai setzte sich aufs Sofa neben Yuriy und schloss die Lider. Dabei wurde er interessiert von zwei eisblauen Augen gemustert, dessen Besitzer vor Neugier fast platzte.

„Also gut, wo fange ich am besten an…“, begann Kai wenige Sekunden später. „Ich kann dir schon mal eins sagen: Es ist nichts Schönes und ich wollte dich eigentlich nicht damit belasten, aber du willst es anscheinend unbedingt wissen. Also gut…“

Nun wurden Yuriys Augen groß. Er hatte nicht geahnt, dass es etwas war, das Kai bedrückte oder so ähnlich. Dennoch wollte er es natürlich immer noch erfahren und forderte ihn auf: „Ach, mir macht das nichts aus. Du kannst mir das ruhig erzählen... außerdem musst du verstehen, dass ich jetzt erstrecht neugierig geworden bin…“
 


 

TBC
 

Vergangenes

„Also gut“, begann Kai, „es war damals vor fast drei Jahren, in dem Jahr, in dem wir uns nicht gesehen haben…“

Yuriy nickte und war schon gespannt darauf, wie es nun weiter gehen würde.

„Ich habe zu dieser Zeit bei meinem Vater in Japan gelebt, da ich mich schon damals einmal entschlossen hatte, mit dem Bladen aufzuhören. Er hat mich auf die Whiteford Prep School geschickt, da es seiner Meinung nach die beste Schule im Umkreis war und ich mich außerdem besser auf den Unterricht konzentrieren könnte, da es eine reine Jungenschule ist.“

Kai hielt kurz inne und ein Lächeln zauberte sich für einen kurzen Moment auf sein Gesicht. Yuriy sah ihn fragend an, doch Kai ging nicht darauf ein und schon bald war das Lächeln wieder verschwunden und ein bedrückter Gesichtsausdruck begleitete seine folgenden Worte.

„An meinem ersten Schultag lernte ich einen Jungen kennen…Er kannte meinen Namen schon und wusste auch so manches über mich, da er ein großer Beyblade Fan und offenbar auch ein Fan von mir war…“

Er seufzte leise und strich sich mit den Fingern die Haare zurück.

„Er hieß Yuuya und teilte sich ein Zimmer mit mir…allerdings gingen wir nicht in die selbe Klasse.“

Kai hielt nochmals inne und sah aus dem Fenster. Es war schon längst dunkel draußen und dunkle Wolken verhangen den Nachthimmel. In seinen Augen lag eine Art Sehnsucht und auch Trauer. Doch woher diese rührte, konnte Yuriy noch nicht wissen. Doch dass da etwas war, das Kai bedrückte und das er dringend loswerden wollte, hatte Yuriy schon an diesem Mittag begriffen, als er Kai nach dem Grund gefragt hatte, weshalb dieser so unbedingt wieder an seine alte Schule zurück wollte und dieser Blick eben bestätigte seine Vermutung.

„Ich fand ihn am Anfang zugegeben ein wenig nervtötend, da er mir dauernd hinterhergelaufen ist und mich ausgefragt hat. Er ist mir sogar mal nachgegangen, als ich verbotener Weise das Schulgelände verlassen hatte.“

Da war wieder dieses Lächeln auf seinem Gesicht, mit dem er ihn nun ansah. Auch jetzt lag diese tiefe Trauer in Kais Augen und Yuriy dämmerte es nun so langsam, weshalb dies so war.

Kai fuhr fort und sah ihn dabei noch immer an: „Aber irgendwie hat er es dann doch geschafft, dass ich ihn mochte. Leider habe ich ihm das nie gezeigt…jedenfalls nicht...“

Seine Stimme brach abrupt ab und er sah zu Boden. „Kai? Was ist mit ihm passiert?“, rutschte es Yuriy -früher als geplant- heraus.

Er spürte nun deutlich den Schmerz, der Kai plagte und legte seine Hand auf Kais, die auf dessen Schenkel ruhte.

„Er ist…“, flüsterte Kai nun schon fast und krallte die Finger in den Stoff seiner Hose.

„Er ist gestorben…“ Er biss die Zähne zusammen. „Und es war meine Schuld.“

Seine Stimme versagte. Eine Träne glitt leise seine Wange hinab und landete lautlos in seinem Schoß.

„Kai“, flüsterte Yuriy mitfühlend. Er konnte es nicht ertragen, ihn so leiden zu sehen und handelte nun einfach, seinem Herzen folgend. Er zog Kai an sich und schlag seine Arme um ihn. Kai zitterte am ganzen Körper und fing an zu weinen. Er verbarg sein Gesicht in Yuriys Halsbeuge und krallte seine Finger in dessen Pullover.

„Yuriy…“, schluchzte er und drückte sich fester an dessen schutzbietenden Körper.
 

Als Kai sich ein wenig beruhigt hatte, murmelte Yuriy leise: „Du hast ihn geliebt, nicht war?“

Kai, der eben noch ruhig in Yuriys Armen gelegen hatte, schreckte nun auf und sah entsetzt in dessen Gesicht, das Mitgefühl, aber auch noch etwas anderes widerspiegelte, das Kai nicht zu deuten vermochte.

„Aber…ich“, stammelte Kai verwirrt. Wenn er so nachdachte und das berücksichtigte, was Yuriy soeben gesagt hatte, wurde ihm einiges klar. Er war Yuriy noch immer sehr nah und hielt sich mit seinen Händen an dessen Unterarmen fest. Die nächsten Worte sagte er mit gesenktem Kopf und nachdenklicher Stimme: „So im Nachhinein betrachtet könnte es schon sein…aber...“

Nun blickte er wieder auf und prüfte, was sich wohl gerade in Yuriy abspielen mochte und wie er reagieren würde. Dieser jedoch lächelte ihn freundlich an und meinte: „Aber? Kai, ich bin dein bester Freund. Du kannst mir wirklich alles anvertrauen und das weißt du auch!“

Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Glaubst du, mir würde es etwas ausmachen, wenn du mir jetzt sagst, dass du in einen Jungen verliebt warst?“

Kai wusste in diesem Moment nicht, was er sagen, geschweige denn, tun sollte. Ja, er hatte Yuuya wirklich sehr gern gehabt und ihn auch auf eine gewisse Weise geliebt. Doch auf welche, das war ihm selbst nicht so ganz klar. Auch hatte er sich noch nie die Frage gestellt, ob er womöglich schwul sei. Genau genommen hatte er sich noch überhaupt keine Gedanken über derartige Dinge gemacht. Wenn er es sich jetzt so überlegte, er hatte noch nie eine Freundin gehabt, obwohl er schon siebzehn war, und für Mädchen interessiert hatte er sich auch nicht wirklich. Jedenfalls hatte es bisher noch keine geschafft, ihn zu beeindrucken, oder gar ein Gefühl des Verliebtseins in ihm auszulösen. Von anderen Dingen mal ganz abgesehen.

Yuuya hingegen hatte er schon irgendwie süß gefunden, wie er ihm hinterher gedackelt war und sich für ihn interessiert hatte. Moment! Süß? Was dachte er da bloß…?

„Yuriy, ich…“, meinte Kai nun verlegen und spürte wie ihm die Röte in die Wangen schoss.

„Du brauchst nichts zu sagen“, erwiderte dieser und zog ihn wieder an sich. Kai genoss diese Geborgenheit und die Nähe in diesem Moment. Er hatte schon immer gewusst, seit er Yuriy kannte, dass dieser ihn besser verstand als alle anderen und ihm half, wo er nur konnte. Als sie sich vor fast vier Jahren begegnet waren, hatte er sich erstmal gegen alles von ihm gesträubt, hauptsächlich aus Angst, dieser könnte ihm zu nahe kommen und so manches ans Tageslicht befördern, das er bisher zu verbergen hatte gesucht. Auch als sie im vergangenen Jahr gemeinsam die Blitzkrieg Boys gründeten, hatte er sich noch gegen ihn gesträubt. Jedoch hatte nach und nach seine Fassade begonnen zu bröckeln und als er ihn dann schließlich im Krankenhaus hatte liegen sehen, war ihm klar geworden, dass dieser Mensch es geschafft hatte, ihm etwas zu bedeuten. Takao und der Rest der Truppe mussten wohl gewusst haben, dass er Yuriy auf jeden Fall besuchen werde würden, sonst hätten sie damals nicht Dranzer neben ihn gelegt, damit Kai ihn mitnehmen würde können. Hatten sie etwa geahnt, dass Yuriy ihm so wichtig war? Hatte man das so offensichtlich sehen können? Gut, sie hatten ein Team gegründet, Kai hatte seine Freunde dafür verlassen und sie waren oft zusammen zu sehen gewesen,…Also schön, man hatte es merken können.

Nach dem Finalkampf war es dann endgültig vorbei gewesen mit seiner Fassade. Der Beweis dafür war, dass er es sich nicht hatte verkneifen können, ihn anzulächeln. Das war der Start für ihre Freundschaft gewesen und hatte auch die Grundlage für die derzeitige Situation geschaffen.

„Kai…Willst du mir erzählen, was passiert ist?“, wisperte Yuriy ihm leise zu, ihn fest umschlungen. Kai fasste sich ein Herz und begann zögerlich: „Also, das war so…“
 

Er berichtete ihm die wichtigsten Vorinformationen, über die Saint Shieds, die Cyber BitBeasts und Gideon, damit er verstand, wie es überhaupt zu Yuuyas Tod hatte kommen können.

„Weißt du, ich habe ihm nie wirklich gezeigt, wie sehr ich ihn mochte und ihn immer zurückgewiesen, so ähnlich wie bei dir am Anfang“, erklärte er und Yuriy nickte. Nur war er nicht so stark und hatte wenig Selbstvertrauen. Ich habe es abgelehnt, ihn zu trainieren und so hatte er sich einen anderen Weg suchen müssen. Er wollte stärker werden und mir beweisen, was er kann, was ihn dann in die Fänge von Gideon und seinen Leuten getrieben hat.“

Kai schluchzte, riss sich aber zusammen.
 

„So hat er dann schließlich versucht, mit Hilfe von Cyber Dranzer, mir zu beweisen, was er drauf hat. „Nur haben diese Cyber BitBeasts einen Nebeneffekt, wie ich dir erzählt habe. Er hat diese Macht nicht ausgehalten und sie hat ihn letztendlich zerstört…er ist gestorben…und das alles wegen mir!“

Kai konnte die Tränen nun nicht mehr zurückhalten und drückte sich an Yuriy, der das Erzählte zwar erstmal verdauen musste und auch ein wenig resigniert war, angesichts der Tatsache, dass Kai nun von sich aus zu ihm kam, aber er versuchte ihm Geborgenheit und Schutz zu bieten und für ihn stark zu sein.

Nachdem sie eine Weile in dieser Position verharrt hatten, beruhigte sich Kai wieder.

Als Yuriy dann auf die Uhr sah, war es bereits halb elf und somit Zeit um schlafen zu gehen. Er konnte sich denken, dass Kai nicht sonderlich gut schlafen würde, wenn er sich allein in sein Bett legte, was nach dem erneuten Erwecken solcher Erinnerungen auch kein Wunder war. So schlug er ihm vor, dass er wieder bei ihm schlafen würde können, sofern er dies wollte.
 

„Ähm, ja…wenn es dir nichts ausmacht“, erwiderte Kai kleinlaut.

„Warum sollte es mir denn etwas ausmachen?“, meinte Yuriy lächelnd und wuschelte ihm durchs Haar.

„Na, weil…“ Yuriy unterbrach ihn, bevor er zu Ende reden konnte: “Pssst! Mach dir darüber keine Gedanken und geh dich lieber umziehen“

Er zwinkerte ihm zu und stand auf. Kai verstand zwar im Moment nichts mehr, tat aber wie ihm geheißen und ging in sein Zimmer, um sich umzuziehen.

Yuriy lag schon im Schlaftshirt und Boxershorts in seinem Bett, als sich die Zimmertür öffnete. Kai trat mit samt seinem Kissen ins Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Da nur noch Yuriys Nachttischlampe brannte, deren Glühbirne schon fast den Geist aufgab, war es dementsprechend dämmrig im Zimmer. Kai tabste in seinem lila Pyjama ans Bett heran und legte sein Kopfkissen etwas unbeholfen neben Yuriys. Als Kai sich dann hingelegt hatte, löschte Yuriy das Licht und es war fast völlig finster im Raum. Nur der zunehmende Mond spendete ein wenig Licht. Yuriy lag auf dem Rücken und Kai ihm zugewandt. Als er zu Kai hinüberschielte, entdeckte er, dass Kai die Augen noch nicht geschlossen hatte, sondern, dass er verlegen nach unten sah. Er spürte, dass Kai noch irgendetwas wollte, bloß was?

„Kai?“, flüsterte Yuriy und dieser sah zu ihm auf. „Komm her.“

Kai rückte näher an ihn, so dass ihre Körper sich fast berührten. Yuriy legte einen Arm um ihn und zog ihn zu sich, so dass Kais Kopf nun auf seinem Brustkorb ruhte. Kai ließ das alles erstaunlicher Weise ohne Widerwille geschehen und schmiegte sich sogar an ihn.

„Schlaf gut, Kleiner“, murmelte Yuriy und schloss die Augen.

Kai schlief schnell ein und Yuriy genoss diese Zweisamkeit noch ein bisschen, ehe auch er wegknickte.
 

TBC
 

Paradiesvögel

„Bryan!“, 'begrüßte' er ihn.

„Was ist denn? Es ist hier sieben Uhr morgens!“, erwiderte die Stimme genervt.

„Bei uns doch auch!“, meinte er hastig. „Ich brauche deine Hilfe!“

„Begrüßt man etwa so einen alten Kumpel, um eine unmögliche Zeit, nachdem man sich ewig nicht bei ihm gemeldet hat?“, gab Bryan bissig zurück.

„Also so früh ist es nun auch wieder nicht und außerdem ist es nicht mal 'ne Woche her, seit dem wir das letzte Mal telefoniert haben“, meinte Yuriy.

„Na schön, du hast gewonnen. Also, was willst du?“, gab Bryan es schließlich auf. „Es muss ja schon etwas sehr Wichtiges sein, wenn du mich extra so früh deswegen weckst.“

Yuriy fiel wieder ein, warum er so aufgeregt gewesen war und fiel augenblicklich wieder in diese Stimmung zurück.

„Du weißt doch, dass ich schwul bin…“, begann er zögerlich.

„Ja, Yuriy. Das weiß jeder, der Augen im Kopf hat und nicht ganz zurückgeblieben ist“, antwortete Bryan, der nun doch interessiert war, was Yuriy in aller Frühe -jedenfalls für ihn war es das- von ihm wollte. Ganz besonders, wenn es schon so anfing. „Du hast nun endlich jemanden gefunden?“, vermutete er.

„Na ja…also eigentlich ist es ja schon etwas länger so, dass…ach, du weißt schon“, druckste er herum.

„Sag bloß, du hast es ihm endlich gesagt!“, mutmaßte Bryan und setzte den Wasserkocher auf.

„Nein, eben nicht! Ich will unsere Freundschaft nicht gefährden…andererseits…“, fuhr er fort und spielte mit einer Haarsträhne.

„Andererseits was?“, hakte Bryan weiter nach.

„Ich glaube, er steht auch auf Männer…“, meinte Yuriy nachdenklich.

„Na ist doch super, dann steht euch ja nichts mehr im Weg“, antwortete Bryan und goss den Kaffee auf.

„Aber glaubst du wirklich, dass er auch…?“, sagte Yuriy nervös. Zwar hatte Kai offenbar Yuuya geliebt, aber hieß das dann schon, dass er allgemein auf Männer stand?

„Hör mal, Yuriy: Wenn du Siegfried wärst, wäre er Roy“, er hielt inne und musste sich ein Lachen verkneifen und aufpassen, dass er seinen Kaffee nicht verschüttete. „Was ich damit sagen will ist, dass ihr einfach perfekt zusammen passt. Und seien wir doch mal ehrlich, Kai mag dich eindeutig. Vielleicht ist er kein ganz so bunter Paradiesvogel wie du, aber man merkt schon, wofür er sich interessiert.“

„Glaubst du wirklich?“, wollte Yuriy nun sichtlich aufgeregt wissen. „Selbst wenn du Recht hast…Was ist, wenn er noch nicht bereit dafür ist oder gar nicht mit mir zusammen sein will?“

„Du machst dir zu viele Gedanken, ganz ehrlich. Wird schon schief gehen“, gab er sein Kommentar dazu ab und nippte an seiner Tasse.

„Was macht dein Angebeteter eigentlich gerade?“, wollte er danach wissen.

„Ach, der liegt in meinem Bett und schläft wahrscheinlich noch“, teilte Yuriy ihm gelassen mit, sich nicht bewusst, dass diese Worte ohne Kontext durchaus falsch verstanden werden konnten -insbesondere von Bryan.

Dieser hätte sich fast an seinem Kaffee verschluckt und schrie nun beinah ins Telefon: „Du hast schon mit ihm geschlafen und fragst mich dann, ob du ihm sagen sollst, dass du ihn liebst?“

„Nein, nein, nein! Du hast das völlig missverstanden!“, versuchte Yuriy ihm die Situation zu erklären. „Er hat nur bei mir geschlafen.“

„Das ist aber dann doch schon ziemlich eindeutig zweideutig wenn du mich fragst“, meinte Bryan.

Yuriy beschloss nun, Bryan endgültig über den Grund aufzuklären, weshalb Kai bei ihm geschlafen hatte. Also fasste er das Wichtigste schnell zusammen, sodass Bryan nun auch ein Bild der Lage hatte. Dieser verstand nun mehr, aber für ihn stand immer noch eines fest: „Yuriy, hör mal. Das ist ja alles schön und gut, aber selbst wenn so was erlebt hat, ist es immer noch komisch, sich zu seinem besten Freund ins Bett zu legen. Für mich ist die Sache eindeutig: Du stehst auf ihn, er steht auf dich, Ende der Diskussion.“

Yuriy wollte gerade etwas dagegen setzen, als ein völlig verschlafener Kai in die Küche getapst kam und sich die Augen rieb.

„Mit wem telefonierst du?“, wollte er wissen und sah ihn fragend an.

„Süß…“, flüsterte Yuriy so leise in den Hörer, dass es gerade mal Bryan verstehen konnte.

„Bitte was?“, erklang Bryans Stimme vom anderen Ende der Leitung.

Yuriy fing sich wieder und meinte dann zu Bryan: „Kai ist nur gerade aufgewacht. Also danke für deine Hilfe! Ich ruf dich an!“ – „Ja, aber-„ – „Tschau~“

Er legte den Hörer auf und erklärte Kai: „Ach, ich hab nur mal wieder mit Bryan telefoniert, Man will ja den Kontakt aufrechterhalten und so…“

„Ah“, erwiderte Kai nur. „Ich geh dann ins Bad.“

Schon trottete er davon und Yuriy atmete aus.

„Kai ist ja echt niedlich, wenn er so verschlafen ist“, dachte er und hätte sich im nächsten Moment dafür erwürgen können. „Ich sollte mich echt besser im Griff haben, bevor mir noch was rausrutscht…“
 

„Wo ist er im Moment?“, wollte der Mann Mitte Vierzig von ihm wissen. „Er wohnt hier in Japan, nicht weit von deinem Haus entfernt, in einer Wohnung mit einem Freund.“

„Echt? Das hätte ich nicht gedacht…“, erwiderte er.

„Oh, Susumu. Warum fängst du nicht endlich an, dich ein wenig um deinen Sohn zu kümmern?“

„Weißt du, Vater, ich würde mich ja gerne mehr kümmern, aber ich glaube, er will das gar nicht…“

Voltaire seufzte: „Du hättest eben von Anfang an besser für ihn sorgen sollen. Es wundert mich nicht im Geringsten, dass er jetzt nichts mehr von dir wissen will.“

„Verstehst du dich wenigstens einigermaßen mit ihm?“, wollte Susumu betrübt wissen.

„Ich rufe ihn manchmal an, um mich zu erkundigen, wie es ihm geht und ob das Geld reicht, das ich ihm jeden Monat zukommen lasse. Aber ansonsten…“, teilte Voltaire ihm mit. „Geld ersetzt auch keine Familie.“

Betretenes Schweigen trat ein.

„Weißt du, ob er inzwischen eine Freundin hat?“, wollte Susumu auf einmal wissen.

„So weit ich weiß, nein“, erwiderte Voltaire, überrascht über den plötzlichen Themenwechsel.

„Wenn das so ist: Ich kenne nämlich jemanden, der eine sehr hübsche und intelligente Tochter in seinem Alter hat.“

Voltaire konnte es nicht fassen, dass sein Sohn ernsthaft daran dachte, eine Ehe für Kai zu arrangieren. „Und du glaubst, dass ihm das gefallen wird?“

„Einen Versuch ist es wert“, sagte Susumu achselzuckend. „Außerdem ist sie die Tochter eines Geschäftspartners von deiner Firma…“

Daher wehte also der Wind. Susumu war sich anscheinend sicher, dass Kai später einmal die Firma übernehmen würde und es nicht schaden würde, wenn seine Ehefrau die Tochter eines Geschäftspartners war. Voltaire war ganz und gar nicht begeistert von dem Vorhaben seines Sohnes.

„Du willst dich doch besser mit ihm verstehen, oder? Dann rate ich dir von solchen Aktionen dringend ab“, stellte er fest. Ihm machten zurzeit auch noch andere Dinge Sorgen, die schlimmer waren, als das, was Susumu vorhatte, bei weitem. Es hatte ebenfalls mit Kai zutun. Nicht nur mit ihm, sondern auch mit einigen anderen, jedoch spielte er eine entscheidende Rolle dabei.

„Mach was du willst, aber sag hinterher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt“, während Voltaire diese Worte sprach, stand er auf.

„Ich werde jetzt jedenfalls gehen. Ich habe noch etwas zu erledigen“, er verabschiedete sich von seinem Sohn, verließ dann den Raum und danach das Haus. Er stieg in seine Limousine und ließ sich zum Flughafen bringen. Währendessen machte er sich noch so manche Gedanken über Kai und hoffte, dass es nicht ganz so schlimm war, wie er befürchtete. Doch innerlich wusste er, dass es genauso, wenn nicht noch grausamer, gewesen sein musste.

„Es tut mir ja so Leid, Kai! Wenn ich doch nur geahnt hätte…“, dachte er und machte sich einmal mehr Vorwürfe. Das würde er wahrscheinlich noch bis zum Ende seines Lebens machen.
 

Kai sah auf den Kalender, der in der Küche hing. Es war Montag, der fünfte April. Das hieß, dass er noch genau eine Woche hatte, bis zum ersten Schultag. Yuriy, der gerade am Geschirrspülen war -auch er tat dies ab und zu- fragte ich daraufhin: „Du musst ja bald zur Schule gehen…Soll ich dich dann fahren?“

Kai hatte noch keinen Führerschein, wollte dies aber bald ändern, während Yuriy seinen schon seit über einem Jahr hatte und inzwischen ganz passabel Auto fahren konnte.

„Klar, wenn es dir nichts ausmacht“, nahm Kai das Angebot dankend an, denn er hatte ehrlich gesagt keine Lust, den ganzen Weg zu laufen und die Busverbindung war auch nicht so das Wahre.

„Ich muss ohnehin erst in zwei Wochen zur Uni und selbst dann kann ich dich noch fahren, da mein Unterricht später beginnt als deiner“, erklärte Yuriy ihm und stellte die letzte Tasse ins Abtropfgestell.

„Danke“, meinte Kai.

„Kein Problem“, grinste Yuriy ihn zufrieden an. Kai schien es besser zu gehen als am Vortag, was wirklich nicht schwer war, aber trotzdem. Doch so richtig glücklich sah er nicht aus. Gut, das tat er fast nie wirklich, aber zwischen nicht glücklich aussehen und bedrückt sein, liegt immer noch ein kleiner aber feiner Unterschied.

Was war nur mit ihm los? Konnte es noch etwas geben, das ihn belastete? Etwas, das ihn noch mehr runterzog als Yuuyas Tod und das war schon hart gewesen.
 

„Der arme, kleine Kai…“, flüsterte sie, als er die Geschichte zu Ende erzählt hatte.

„Er hat es noch nie leicht gehabt“, stimmte er ihr zu.

„Hoffentlich kommt er irgendwann darüber hinweg oder lässt sich wenigstens nicht mehr so sehr davon niedermachen.“

„Das hoffe ich auch…Aber Yuriy scheint ihm gut zu tun…“

„Du hast Recht, Liebster“, kicherte sie und schlang ihre Arme um seinen Hals.

„Wünschen wir den beiden viel Glück und Kai, dass er sich endlich überwindet und es Yuriy erzählt.“

„Oder, dass Yuriy es aus ihm herauskitzelt…“, meinte er und küsste sie zärtlich.
 

Yuriy konnte sich einfach keinen Reim auf Kais Verhalten machen. „Was ist nur los mit dir, Kai? Was ist noch passiert, das dich so beschäftigt und fertig macht?“
 

TBC
 

Entkommen

Er wälzte sich hin und her.

„Ah! Bitte nicht!“, keuchte er. „Hör auf!“

Ihm rannen Tränen über die Wangen, während er flüsterte: „Warum tust du das?“

Im nächsten Moment schrie er auf und lag mit einem Mal wach und völlig durchgeschwitzt in seinem Bett. Er bereute es schon jetzt, nicht wieder bei Yuriy geschlafen zu haben. Aber irgendwie war es ihm dann doch unangenehm gewesen, bei ihm im Bett zu schlafen…schließlich waren sie beide Kerle.

Die Zimmertür flog auf und Yuriy kam mit besorgter Mine ins Zimmer geeilt.

„Kai! Was ist denn los?“, meinte er noch, während er durch den Raum zu seinem Bett huschte.

„Oh je, wie siehst du denn aus….“, sagte er als er vor dem Bett stand und ihn musterte, so weit es das spärliche Licht zuließ.

Kai bemerkte jetzt erst, dass er klitschnass geschwitzt war, sein Herz bedrohlich schnell raste und sein Atem keuchend ging.

„Ich…ha…mir geht es gut…ha“, stöhnte er mehr die Antwort, als dass er sie sprach.

„Kai! Ich seh doch, dass es dir scheiße geht! Also, was ist los?“

Yuriy setzte sich auf die Bettkante und blickte ihn mit ernster Mine an.

„Es ist…nichts“, sagte er nun wohl mehr zu sich selbst und blickte auf seine Hände, die die Bettdecke fest umkrallten.

„Es ist wirklich nichts…du kannst gehen“, flüsterte Kai. Er wollte zwar nicht wirklich, dass Yuriy ging, doch war es ihm auch unangenehm, wenn er ihn so ansah und allgemein war die ganze Situation scheiße.

„Kai!“, Yuriy packte ihn an den Schultern und sah ihm direkt in die vor Erstaunen geweiteten Augen. „Hör damit auf! Ich halte das bald nicht mehr aus“, sagte er wohl etwas lauter als beabsichtigt. Im nächsten Moment bemerkte er erst, dass Kai ihn angstvoll anstarrte und er lockerte seinen Griff. Er hatte doch ein wenig fest zugepackt, was aber ganz gewiss nicht seine Absicht gewesen war. Ihm lag im Moment alles daran, Kai zu helfen, doch wenn dieser dauernd abblockte und ihm nicht einmal sagte, was der Grund dafür war, warum es ihm schlecht ging und er von Alpträumen heimgesucht wurde, war es äußerst kompliziert -wenn nicht unmöglich- dies zu tun. Diese Hilflosigkeit trieb Yuriy an den Rand der Verzweiflung, was darauf hinausgelaufen war, dass er Kai erschreckt hatte. Es machte ihn wütend auf sich selbst, dass er womöglich alles nur noch schlimmer gemacht haben konnte.

„Kai…ich will dir doch nur helfen…“, sagte er leise. „Bitte…sag mir, was los ist…“

Er senkte den Kopf und wartete die nächste Abfuhr ab, die Kai ihm gleich erteilen würde. Doch dieser schluchzte nur und wisperte dann so leise, dass Yuriy es gerade so verstehen konnte: „Ich kann nicht...“

Er krallte seine Finger wieder ins Betttuch und versuchte sein Zittern in den Griff zu bekommen. Yuriy wollte gerade zu etwas ansetzen, als er sah, dass Kai den Kopf abgewandt hatte und weinte.

„Es tut mir leid…ich wollte nicht so fest zupacken…ich hab doch nur-“, setzte er an, da er dachte, er habe wieder etwas falsch gemacht, wurde aber sofort von Kai unterbrochen.

„Es ist nicht deine Schuld! Du hast damit doch gar nichts zu tun!“, schluchzte dieser.

„Nicht?“, fragte er ungläubig. „Aber was ist es denn dann?“

„Bitte hör auf! Ich halte das nicht mehr aus!“ Kai schluchzte immer heftiger und sein Körper zitterte stark. „Ich will mich nicht mehr daran erinnern!“

Yuriy fühlte sich so hilflos wie noch nie zuvor. Egal, was er auch sagte oder tat, es war falsch. Doch untätig dabei zusehen, wie Kai litt konnte und wollte er einfach nicht.

Der fasste einen Entschluss, der ihm für diesen Moment am besten zu passen schien. Er würde jetzt nichts mehr für Kai tun können, gar seine Lage noch verschlimmern, wenn er jetzt blieb. So stand er auf und murmelte: „ Es tut mir leid, Kai. Ich verletze dich, ohne, dass ich weiß warum. Also werde ich jetzt gehen…aber falls du es dir anders überlegen solltest, kannst du zu mir kommen.“

Als er sich au den Weg zur Zimmertür machen wollte, hörte er plötzlich Kais Stimme: „Geh nicht! Lass mich nicht hier alleine! …wenn du gehst, dann…“ Seine Stimme brach ab. Yuriy drehte sich augenblicklich um starrte auf den bebenden Körper, der aufrecht im Bett saß und ihn aus tränenüberströmtem Gesicht fehlend ansah. In seinen Augen spiegelten sich panische Angst und Schmerz wider.

Er ging zur Tür, schloss diese und machte sich dann auf, zurück zu Kais Bett, der inzwischen nicht mehr ganz so sehr weinte.

Yuriy legte sich ohne ein weiteres Wort zu verlieren zu ihm und zog ihn zu sich. Kais Körper zitterte zwar und er weinte auch noch ein bisschen, aber nicht mehr so sehr wie zuvor.

Er drückte sich ganz eng an Yuriy und verbarg sein Gesicht. Nach einer Weile hatte Kai sich beruhig und Yuriy flüsterte: „Du musst es mir nicht jetzt sagen. Ich weiß, dass es dir schwer fällt darüber zu reden, auch wenn ich keine Ahnung habe, was es ist. Aber ich bitte dich um eines: Sag es mir irgendwann! Wann, ist egal, bloß sag es mir. Ich möchte dir wirklich helfen und kann es nicht ertragen, dich leiden zu sehen…“

Kai blickte nun verwundert über dieses Verständnis zu ihm auf, nickte aber dann und schloss die Augen. „Danke" wisperte er und kuschelte sich an ihn.

Als Kai eingeschlafen war, lag Yuriy noch eine Weile wach und starrte ab die Decke.

„Was soll ich nur tun, Kai?“, fragte er mehr sich selbst als Kai, der ihn ohnehin nicht hören konnte.

Yuriy wollte auf keinen Fall, dass es so weiter ging wie bisher, in jeglicher Hinsicht. Irgendwie musste er das Kai entlocken, das ihn so sehr bedrückte. Er hatte schon einen Verdacht, was dies anbelangt, doch sicher war er sich nicht. Auf jeden Fall hatte es etwas mit der Abtei zu tun, so viel stand fest. Was dort mit ihnen angestellt worden war, konnte sich kein normaler Bürger auch nur annähernd ausmalen, vorstellen oder sich gar in ihre Lage hineinversetzen. Er selbst hatte am eigenen Leib erfahren müssen, was es für einen bedeutete, wenn einer der Aufseher schlechte Laune hatte. Auch bei den zahlreichen Experimenten, die mit ihm angestellt worden waren, hatte man ihn nicht mit Samthandschuhen angefasst. Oft hatte er am ganzen Körper blaue Flecken oder den ein oder anderen Bluterguss gehabt. Es war auch nicht selten vorgekommen, dass Boris ihn zu sich gerufen hatte, um ihn ein spezielles Training absolvieren zu lassen, da er einer der begabtesten Blader in der Abtei gewesen war. Das war immer ganz besonders schlimm gewesen, denn wenn er seinen Forderungen nicht gerecht wurde, kam er nicht nur mit ein paar blauen Flecken davon. Da waren es doch eher Schrammen und Kratzer, manchmal auch Fleischwunden, die glücklicherweise bei ihm immer schnell wieder zugeheilt waren. Wahrscheinlich eines der Ergebnisse dieser Experimente.

Man konnte mit Fug und Recht behaupten, dass Boris der Schlimmste von allen gewesen war. Er empfand überhaupt kein Mitleid mit seinen 'Opfern', geschweige denn, dass er ihnen Gnade gewähren würde. Wenn man ihn anflehte, er solle doch bitte endlich aufhören, so schlug er erst richtig zu und hörte nicht auf, bis man zu Schwach zum Winseln war. Er hatte die Folter meistens stillschweigend über sich ergehen lassen, nachdem er einmal den Fehler gemacht hatte, um Gnade zu flehen.

Die psychischen Qualen, die man zusätzlich zu ertragen gehabt hatte, mochten so Manchen an den Rand des Wahnsinns getrieben haben. Er selbst hatte das Glück gehabt, zu den Robusteren zu zählen und auch wenn es ihn oft sowohl körperlich als auch geistig schwer mitgenommen hatte, hatte er sich nie unterkriegen lassen. Er hatte immer gekämpft, gegen das Gefühl der Hilflosigkeit und Schwäche gekämpft. An manchen Tagen hätte er diesen Kampf beinahe verloren, doch letztendlich konnte er mit einem vorläufigen Sieg das Schlachtfeld verlassen. Viel hatte er verloren, doch nicht alles, und das, was er noch besaß, setzte er geschickt ein.
 

Am nächsten Morgen wachte Kai als erster auf und fand sich in den Armen seines besten Freundes wieder. //Was…?// Er wollte schon hochfahren, als sich eine Stimme in ihm meldete, die ihm sagte, er solle liegen bleiben und sich nicht rühren. //Es tut schon irgendwie gut…es ist so schön warm…aber…// Er wurde leicht rot um die Nase und schloss die Augen wieder. //Ach egal…// Er kuschelte sich noch ein bisschen enger an Yuriy und genoss die Nähe, ohne sich weitere Gedanken zu machen.

Yuriy wachte etwas später auf und betrachtete den warmen Körper, der dicht bei ihm lag. Er strich Kai eine verirrte Strähne aus dessen Gesicht und betrachtete dieses dann eine Weile. //Wie es ihm wohl nach letzter Nacht geht?// Langsam öffnete Kai die Augen und sah ihn so verschlafen an, wie es ihn in diesem Moment am möglichsten war vorzutäuschen. „Morgen…“, murmelte er leise und stützte sich mit den Armen ein Stück hoch. „Guten Morgen“, lächelte Yuriy ihn an. „Wie geht es dir?“

„Es ist okay…“, antwortete Kai, der auf einmal hellwach zu sein schien. //Verdammt!// Yuriys Worte hatten ihn schlagartig wieder an die Szenen letzter Nacht erinnert und er versuchte gerade, die Erinnerung, die dadurch in ihm hoch kamen, zu verdrängen. Yuriy setzte sich nun auch auf und sah Kai nachdenklich an, der inzwischen mit abgewandtem Gesicht neben ihm saß.

//An was er wohl gerade denkt? An letzte Nacht?// Yuriy stellt sich in diesem Moment viele Fragen, aber im Moment wäre es wohl nicht sehr ratsam gewesen, Kai darauf anzusprechen, so sagte er zu ihm: „Ich geh mal ins Bad und danach Frühstücken wir, okay?“ Kai dreht schnell den Kopf zu ihm und nickte. Yuriy erhob sich, nahm sich ein paar Klamotten aus dem Schrank und verschwand im Bad. Währenddessen bliebt Kai im Bett sitzen und kuschelte sich schließlich noch einmal in die Decke.
 

TBC
 

Schmutz

5 Tage später
 

Er sah auf den Wecker. //Scheiße, ich bin spät dran!// Kai sprang förmlich aus dem Bett, schnappte sich seine Schuluniform, die über dem Stuhl hing, und eilte ins Bad. //Wie konnte das nur passieren? Ich verschlafe doch sonst nie!///.

Die Nächte zuvor waren relativ friedlich verlaufen, doch in dieser Nacht hatten ihn wieder Alpträume vom Schlafen abgehalten. //So kann das nicht weiter gehen…irgendwann muss es ja aufhören, oder?// Mit diesen Gedanken hechtete er ins Bad, direkt an Yuriy vorbei der gerade auf dem Weg in die Küche war.

Nach knapp 10 Minuten war er im Bad fertig und trat in den Flur. „Yuriy!“, rief er. „Ich muss gleich los!“ Kaum hatte Kai dies gerufen, kam Yuriy aus der Küche getrottet, wünschte ihm einen schönen guten Morgen und übergab ihm sein Pausenbrot. „Wann musst du in der Schule sein?“ – „In 10 Minuten“, erwiderte Kai, während er sich die Schuhe anzog. „Also beeil dich.“

//Ich war schon lange fertig, er hat verschlafen…und jetzt soll ich mich beeilen…super// Yuriy ließ jedoch nichts von seinem Unmut anmerken und öffnete die Tür.

Nachdem Yuriy Kai in die Schule gebracht hatte und danach noch einkaufen gegangen war, hatte er sich auf die Couch im Wohnzimmer gegammelt und sah fern. Plötzlich riss das schrille Klingeln des Telefons ihn je aus seiner Ruhe hochfahren. //Wer ruft denn jetzt an?// Er lief in den Flur und nahm den Hörer vom Apparat. „Ivanov, hallo?“ – „Oh, Yuriy...könntest du mir bitte mal Kai geben?“ //Voltaire// Yuriys Gesichtsausdruck verfinsterte sich augenblicklich. Was erlaubte es sich dieser Bastard eigentlich, hier anzurufen, sich nicht mal mit dem Namen zu melden und dann noch nach Kai zu verlangen? „Kai ist nicht da. Er ist in der Schule“, gab Yuriy knapp und sachlich von sich. „Schade...nun gut, dann richte ihm bitte aus, er soll mich so schnell wie möglich zurückrufen“, meinte Voltaire. „Werde ich machen, tschüss“, beendete er das Gespräch genauso knapp und ohne eine Erwiderung abzuwarten. //Dieser miese alte Sack...er hat damals doch auch mit Boris unter einer Decke gesteckt. Glaubt er, dass alles wieder gut wird, nur weil er Kai Geld schickt?// Yuriy war so aufgebracht wie schon lange nicht mehr und es dauerte noch eine ganze Weile, bis er sich wieder beruhigt hatte.
 

Am Mittag fuhr Yuriy zu Kais Schule, um diesen abzuholen. Er hatte in der Nähe des Eingangs geparkt, damit er gleich sehen konnte, wann Kai aus dem Gebäude heraus kam. Es dauerte auch keine 10 Minuten, bis eine Horde Schüler aus der Schule gestürmt, Kai jedoch war nicht dabei. Dieser kam etwas später mit ein paar Nachzüglern gemächlich aus dem Gebäude gelaufen.

Er steuerte auch sofort auf Yuriys Auto zu, das er natürlich schon erblickt hatte. „Hm...“, mit diesem Wort ließ er sich neben Yuriy auf den Sitz fallen und schnallte sich an. „Hey, wie war dein erster Schultag?“, fragte Yuriy sogleich neugierig und startete den Motor. „Ging so“, bekam er als Antwort. „Hört sich nicht gerade toll an“, meinte Yuriy zu Kais Aussage und bohrte sofort weiter. Er wusste ja, dass man aus Kai die Antworten förmlich herausziehen musste. „Was war denn nicht toll an dem Tag? Hattest du Stress mit deinen Mitschülern, gefällt dir die Klasse oder die Lehrer nicht?“ „Hm...in meiner Klasse sind nur zwei Idioten, die ich schon von früher kenne, das ist alles“, antwortete Kai und blickte aus dem Fenster.

//Ah, da hängt es also. Die beiden erinnern ihn wohl zusätzlich an Yuuya und die Zeit mit ihm...// „Ich verstehe“, gab Yuriy verständnisvoll zurück. „Ich war heute einkaufen und hab schon Mittagessen gemacht, darum musst du dich also nicht mehr kümmern“, teilte Yuriy ihm nach einer Weile des Schweigens mit, worauf Kai ihn mit einem Anflug eines Lächelns ansah und nickte. Allerdings verschwand dieses Lächeln genauso schnell wieder wie es gekommen war. Kai fragte sich sowieso, warum er überhaupt gelächelt hatte. //Ach man, was ist nur mit mir los? Ich verliere so langsam echt den Verstand...// Während der restlichen Fahrt hing Kai diesem und ähnlichen Gedanken nach und bekam fast gar nicht mit, als der Wagen zum Stehen kam.

„Hey, Kai“, riss Yuriy ihn aus seinen Gedanken. „Wir sind zu Hause“

//Zu...Hause?// Kai schüttelte schnell den Kopf, packte seine Schultasche am Träger und öffnete die Autotür. //Ich sollte mich am besten noch mal hinlegen...ich bin echt zu nichts zu gebrauchen heute//

„Ach übrigens, Kai: Dein Großvater hat heute Morgen hier angerufen und gesagt, dass du ihn so schnell es geht zurückrufen sollst“, informierte Yuriy ihn nach dem Mittagessen. „Ja...“, erwiderte Kai. //Werde ich vielleicht machen// „Ich rufe ihn später an. Jetzt leg ich mich erst mal hin. Stör mich bitte nicht“, fügte er hinzu und verschwand in sein Zimmer.

//Hm...vielleicht kann er ja am Tag besser schlafen// dachte Yuriy sich und widmete sich dem Abwasch, der seitdem Kai so neben der Spur war, an ihm hängen blieb. //Ich muss unbedingt herausfinden, was es ist, das ihn immer noch so sehr beschäftigt...aber wie soll ich das anstellen?// Während Yuriy Geschirr spülte, ging er verschiedene Möglichkeiten durch, wie er Kai sein Geheimnis entlocken können würde, kam jedoch zu keinem wirklich überzeugenden Ergebnis. Deprimiert und planlos ging er in sein Zimmer und suchte nach seinem Handy. Immer wenn er nicht weiter wusste, rief er Bryan an oder schrieb ihm eine SMS, dass dieser ihn anrufen sollte, damit er ihm bei seinem Problem weiterhelfen konnte. Bloß leider, wie es eben Bryans Art war, hatte dieser nicht wirklich gute Tipps auf Lager, aber tat dennoch immer sein bestes. Wie Yuriy so überlegte, vermisste er es schon manchmal, einfach am Abend mit Bryan zusammenzusitzen, ein bisschen zu trinken und einfach Spaß zu haben. Jedoch rief er sich immer dann, wenn ihn solche Sehnsüchte packten, ins Gedächtnis zurück, dass es in erster Linie darum ging, Kai zu helfen und für ihn da zu sein. Außerdem würde es auch irgendwann wieder eine Zeit geben, in der er all dies mit Bryan wieder tun konnte, so sagte er sich und davon war er auch fest überzeugt.

Als er endlich sein Handy gefunden hatte, musste er feststellen, dass der Akku leer war und er es an die Ladestation anschließen musste. //Ach, hab ich wieder ein Glück// Nachdem er sein Handy an die Ladestation gehängt hatte, schnappte er sich das Telefon aus dem Flur und wählte Bryans Nummer.
 

Etwa eine Stunde später und mal wieder ohne wirklich weitergekommen sein, dafür nun mit deutlich besserer Laune, legte er auf. //Oh man, Bryan// Er musste sich ein Lachen verkneifen. Bryan hatte mal wieder einige seiner Alltagsgeschichten zum Besten gegeben, was Yuriy –und so ziemlich jedem anderen, denen er es erzählte- immer entweder urkomisch oder sehr verstörend fanden. Bryan war einfach auf seine ganz eigene Weise fantastisch, fand Yuriy. //So, Kai müsste langsam doch auch mal wieder aufstehen...Immerhin schläft er jetzt schon über eineinhalb Stunden// Ungeachtet der Tatsache, dass Kai ihm gesagt hatte, er solle ihn nicht stören, schlich Yuriy zu dessen Zimmer und öffnete die Tür. Die Rollos waren heruntergelassen und es kam nur spärlich Tageslicht durch die kleinen Spalte zwischen den Streben, aber noch genug, um guten Blick auf alles sich im Zimmer befindende zu haben. Eigentlich hatte Yuriy einen friedlich schlafenden Kai erwartet vorzufinden, doch was er stattdessen vorfand, verschlug ihm die Sprache.

Kai lag mit schmerzverzerrtem Gesicht, aufgedeckt und krampfhaft die Arme um den eigenen Körper geschlungen, die Hände an den Armen, auf seinem Bett. Die Bettdecke war wohl zur Seite gewälzt worden. Als Yuriy sich aus seiner Starre löste und näher an das Bett herantrat, sah er erst, wie schlimm es wirklich um Kai stand. Dieser hielt sich nicht nur mit den Händen an den Armen fest, sondern krallte sich mit den Nägeln ins Fleisch. Offenbar tat er dies schon etwas länger, denn die Kratzspuren waren schon blutig und Kai keuchte vor Schmerz immer wieder auf. Nicht lange überlegend, packte Yuriy Kai an den Handgelenken und versuchte ihn davon abzubringen, sich selbst noch mehr zu verletzen. Kai schreckte mit einem unterdrückten Schrei aus seinem alptraumhaften Schlaf auf und starrte Yuriy aus großen, angsterfüllten Augen an. Yuriy ließ nun von seinen Handgelenken ab und schaute Kai erstaunt an. „Du, du bist wach...“

Der Angesprochene richtete sich nun auf, senkte den Kopf und betrachtete seine blutigen Hände. //Wessen Blut ist das?// Er brauchte eine Weile um zu verstehen, dass es sein eigenes war. Langsam realisierte er auch den Schmerz, der von seinen Armen herrührte und hatte somit auch den Ursprung des Blutes ausgemacht. Nun schaute er erschrocken auf seine Hände und dann hoch zu Yuriy. „Was...?“, war das einzige, was er herausbrachte. „Ich weiß es nicht, Kai“, erwiderte Yuriy schluckend. „Du hast mal wieder schlecht geträumt...“

Kai sah fassungslos auf seine Hände und langsam begannen die Bilder in seinem Kopf wieder Gestalt anzunehmen und sich Traum von eben zu manifestieren. „Nein, lass mich in Ruhe! Verschwinde!“, Kai kniff die Augen zusammen und fasste sich an den Kopf. „Verschwinde endlich aus meinem Kopf!“

Yuriy, der bisher nur untätig zugesehen hatte, da ihn Kais Zustand geschockt hatte, legte nun eine Hand auf Kais Schulter und redete beruhigend auf Kai ein. „Es ist alles in Ordnung...nur ich bin hier. Dir kann niemand mehr etwas tun.“ Kai schlug mit einem Mal die Augen auf und nahm die Hände runter. „Nein...nein, Yuriy“, flüsterte Kai mit schwacher Stimme. „Nichts ist in Ordnung...“ Die grausamen Bilder begannen sich wieder in undurchsichtige Nebelschwaden zu verwandeln und verschwanden schließlich. Bloß für wie lange?

Kai konnte nicht mehr. Jegliche Kraft schien ihn verlassen zu haben und so sank er völlig erschöpft in Yuriys Arme. „Ich kann nicht mehr...“, wisperte Kai und krallte sich in den Stoff von Yuriys Oberteil. Dieser wollte eben zu ein paar beruhigenden Worten ansetzen, ließ es dann aber doch bleiben und schloss stattdessen seine Arme um Kai. Was war nur mit Kai los?

'Bloß' an der Abtei konnte es nicht liegen, das hatte Yuriy inzwischen auch begriffen, doch ob es etwas mit ihr zu tun hatte...es bestand die Möglichkeit, dass Kai sich inzwischen schon selbst verletzte machte auch Yuriy sehr zu schaffen und brachte ihn einmal mehr zum Nachdenken.

„Yuriy!“, Kai drückte sich auf ein mal von ihm und sah auf seine Hände. „Ich mache dein T-Shirt ganz schmutzig...“ – „Ist doch nicht schlimm, das kann man waschen“, lächelte Yuriy ihm sanft zu, was Kai allerdings nicht mitbekam, da er auf seine Hände starrte. „Nein...man kann es nicht sauber machen“, sagte Kai leise und mit seltsamer Stimme, wohl mehr zu sich selbst als an Yuriy gewandt. „Kai?“, Yuriy starrte mit unsicherem Blick auf Kai, der seine Hände genauer zu inspizieren schien. „Nein. Man kann es nicht mehr sauber machen...“
 

TBC
 

Veränderung

Yuriy saß in der Küche und trommelte nervös mit den Fingern auf den Tisch. //Hoffentlich tut er sich nicht wieder was// Der Grund für seine Nervosität war, dass er Kai ein Bad eingelassen hatte, dieser nun in der Wanne saß und er ihn nicht beaufsichtigen konnte. Nach dem, was diesen Mittag passiert war, hatte er Angst, Kai alleine zu lassen. //Ich muss es aus ihm herausbekommen. Egal, was es auch kostet. Ihm geht es schlecht ich kann nichts machen!//

Er schlug mit der Faust auf den Tisch. //Verdammt!// Er verzog wütend über seine Ohnmacht das Gesicht und war so mit sich selbst beschäftigt, dass er gar nicht mitbekommen hatte, dass Kai in der Tür stand und ihn mit einem besorgtem, fragendem Blick ansah.
 

Kai kaute sich nervös auf seiner Unterlippe herum. //Warum ist Yuriy so wütend? Hab ich was falsch gemacht?// Er setzte nun doch einen Fuß vor den anderen und betrat die Küche. „Yuriy...“, sagte er leise, während er sich auf diesen zu bewegte. „Danke, dass du mir das Bad eingelassen hast. Es hat gut getan.“

Der Angesprochene hob nun den Kopf und blickte erstaunt in das unsichere Gesicht Kais. „Kein Problem. Schön, wenn es dir gut getan hat“, rang er sich zu einem Lächeln durch. Kai nickte und zupfte an seinem langärmligem Shirt herum, das er nach dem Bad angezogen hatte, um die blutigen Schrammen zu verbergen. „Warum bist du so wütend?“, fragte Kai schließlich. „Ist es wegen mir?“ – „Nein...ja, also“, fing Yuriy seine Antwort an zu formulieren. „Es ist, weil ich nicht weiß, was ich machen soll. Ich weiß ja noch nicht mal, was dich bedrückt...“

Kai schwieg. Er sah noch immer zu Boden und zog sein Shirt nach unten, obwohl es bei weitem lang genug und auch nicht hoch gerutscht war. „Du willst es mir nicht erzählen, oder?“, stellte Yuriy fest. „Nein! ...es ist nicht so, dass ich es nicht will. Ich kann nur nicht...“, erwiderte Kai nun leise. „Warum kannst du nicht? Was hindert dich daran?“, wollte Yuriy einmal mehr wissen. „Ich...ich kann einfach nicht“, Kais Stimme wurde immer leiser.

Yuriy stand auf. Er schritt auf Kai zu und packte ihn an den Schultern. „Warum kannst du nicht? Sag es mir doch endlich!“, fragte Yuriy mit aufgebrachter Stimme. Kai war bei der Berührung zusammengezuckt und hatte den Kopf hochgerissen. „Weil...“, er blinzelte ein paar mal. „Weil?“, harkte Yuriy weiter nach. „Weil ich Angst habe“, sagte Kai mit zittriger Stimme und bemerkte, wie sich sein Augen mit Tränen füllten. //Scheiße! Ich will nicht schon wieder weinen!//

„Vor was hast du Angst?“ Yuriys Stimme war inzwischen wieder ruhiger geworden, da er sah, wie sehr es Kai mitnahm, aber trotzdem wollte er es endlich wissen. „Weil ich Angst vor ihm habe und davor, was passieren wird, wenn du es weißt!“, schrie ihm Kai verzweifelt entgegen. „Weil-“, seine Stimme brach ab und er begann zu schluchzen.

//Jetzt bin ich fast genau so weit wie vorher und Kai weint...// Yuriy ließ Kais Schultern los und stand ratlos vor ihm. „Sag mir doch, was ich tun soll...“, bat er ihn nun. Kai, der versuchte, sich die Tränen wegzuwischen, schüttelte nur den Kopf und meinte: „Du kannst nichts machen...“ Er beruhigte sich erstaunlich schnell und sah wieder kurz zu Yuriy hoch, der ihn einfach nur noch besorgt aus seinen eisblauen Augen ansah. In diesem Moment wurde Kai mit einem Schlag bewusst, was Yuriy ihm eigentlich bedeutete. Yuriy war immer für ihn da, er sorgte sich um ihn. Ja, er machte eigentlich nichts anderes, als sich um ihn zu kümmern. Da war es doch klar, dass er wenigstens wissen wollte, was los war. //Eigentlich ist es sein gutes Recht, es zu erfahren....aber ich kann es ihm einfach nicht sagen. Warum tut er das alles für mich? Ihm geht es doch nur schlecht, wenn er in meiner Nähe ist und ich ihm so viele Sorgen mache... Warum bleibt er dann hier? Er könnte mich doch auch einfach alleine lassen, das wäre bestimmt einfacher für ihn...// Kai versank für eine kleine Ewigkeit in den wunderschöne Augen seines Freundes, ehe er sich ruckartig von diesem abwandte.

//Was hat er denn auf einmal wieder?// Yuriy wurde aus dem Verhalten seines Gegenübers mal wieder nicht schlau. „Kai? Alles okay?“, sprach Yuriy ihn an und berührte ihn vorsichtig an der Schulter. „Es tut mir Leid, ich hätte das eben nicht tun sollen...“

Kai schüttelte den Kopf und schaute Yuriy nun mit leicht geröteten Wangen an. Ihm war in dieser kurzen Zeit, die sie hier standen, mit einem Mal bewusst geworden, warum es ihm so peinlich gewesen war, halb nackt neben Yuriy im Bett gelegen zu haben, warum er auf dessen Berührungen so seltsam reagierte und weswegen Yuriy bei ihm blieb. Das alles war so verwirrend für ihn und überforderte ihn beinah. Nie zuvor hatte er sich darüber Gedanken gemacht, wie es wohl wäre, mit jemandem zusammen zu sein oder jemanden an sich heranzulassen. Yuriy stand ihm so nah wie kein anderer und bedeutet ihm wirklich alles. Außer ihm hatte er niemanden. Sein Herz schlug schon seit er die Küche betreten hatte unglaublich schnell und drohte aus seiner Brust zu springen, denn ihm war klar geworden, dass sich etwas an ihrer Beziehung zueinander geändert hatte. Und das nicht erst seit gestern.

„Kai?“ Yuriy verstand nicht ganz, warum Kai ihn nun auf diese Weise ansah. „Yuriy...“, flüsterte Kai leise, wurde eine Nuance röter und trat einen Schritt näher an Yuriy heran, sodass sie nur noch einige Zentimeter auseinander standen. „Ich...“, setzte er an, kam aber nicht weiter, da ihm plötzlich schwindelig wurde und er nach vorne kippte. „Kai!“, war das letzte, das er vernahm, ehe ihn die Dunkelheit übermannte.
 

Als er erwachte, fand er sich in einem weichen Bett wieder. Er konnte einen roten Haarschopf ausmachen, der neben ihm, auf die Arme gebettet, lag und zu schlafen schien. //Hat er etwa die ganze Zeit hier bei mir gesessen?// Kai wurde schlagartig wieder rot und starrte auf Yuriy, dessen Gesicht einen friedlichen Ausdruck angenommen hatte. //Yuriy...// Er strich ihm vorsichtig über die roten Haare und betrachtete dann sein schlafendes Gesicht eine Weile. //Er sieht wirklich gut aus...// schoss es Kai auf einmal durch den Kopf und er war ein bisschen über sich selbst verwundert. Warum war ihm nie aufgefallen, wie schön Yuriy war oder wie lieb er doch sein konnte? //Wahrscheinlich hat mich diese ganze Sache mit den Albträumen so sehr abgelenkt, dass ich an nichts anderes mehr denken konnte und Yuriy gar nicht beachtet habe...// Er ließ den Kopf geknickt auf seine Brust sinken. //Ich hoffe nur, ich kann es irgendwann wieder gut machen. Habe ich ihm eigentlich jemals wirklich dafür gedankt, was er alles für mich getan hat?// Er zog die Beine an seine Körper heran und umschlang sie mit den Armen. //Warum bin ich nur so dumm?// Leise begann er zu weinen.

„Kai?“, vernahm er bald eine Stimme neben sich und spürte eine Hand ihn berühren. Kai drehte den Kopf langsam zu Yuriy und hatte völlig vergessen, dass er eben noch geweint hatte, was noch deutlich zu sehen war. „Hast du geweint?“, wollte Yuriy besorgt wissen. Kai lächelte ihn noch etwas verbitterte an. „Ja, hab ich. Aber wegen etwas anderem...“ „Hm?“, nun war Yuriys Interesse geweckt. Er sah ihn mit fragendem Blick an. „Und wegen was hast du geweint?“

„Wegen...dir. Weil ich die ganze Zeit so dumm war“, antwortete Kai und lächelte immer noch. Yuriy verstand noch nicht ganz und ließ Kai weiterreden. „Ich habe dir nie wirklich für alles gedankt, was du für mich getan hast. Dass du bei mir geblieben bist, obwohl es sicher auch nicht leicht für dich ist, das alles auszuhalten.“ – „Aber das ist doch selbstverständlich, Kai“, antwortete Yuriy perplex, doch Kai schüttelte den Kopf. „Das ist nicht selbstverständlich, du Durak.“

Kai drehte sich auf den Bauch und legte seine Hände an Yuriys Wangen. Yuriy sah ihn nur mit leicht geöffnetem Mund und großen Augen an.

„Danke....Yu-chan“, flüsterte Kai leise und wurde rot. „Danke für alles“ Er kam Yuriys Gesicht noch ein Stückchen näher, hielt kurz inne und spürte sein eigenes Herz wie wild schlagen. Er schloss die Augen und hauchte Yuriy einen Kuss auf die Wange, der die ganze Zeit über nur, überfordert mit dem plötzlichen Wandel, nach vorne gestarrt hatte. Als er realisierte, dass Kai ihn soeben geküsst hatte, wurde er auch kaum merklich rot auf den Wangen und fasste er sich perplex an die Stelle, die Kais Lippen vor ein paar Sekunden berührt hatten.

Kai saß unterdessen wieder auf dem Bett, schaute verlegen auf seine Füße und fragte sich, ob er das richtige getan hatte. //Was, wenn ich das alles falsch interpretiert habe und er eigentlich gar nicht so für mich empfindet?//

Ein paar Sekunden später nur, die Kai wie eine Ewigkeit vorgekommen waren, griff Yuriy nach seiner Hand und flüsterte: „Ich mache das gerne für dich“ Als Kai aufsah, blickte er in zwei liebevolle Augen, die ganz alleine ihn ansahen. „Kai...? Was wolltest du mir vorhin eigentlich in der Küche sagen?“, platze es nun aus Yuriy heraus. „Nun, ich...“, stammelte Kai verlegen und sah auf Yuriys Hand, die seine eigene hielt. „Wenn es das ist, was ich denke dass es ist, dann: Ja, ich liebe dich auch“, flüsterte Yuriy nun. „Yu-Yuriy...“ Kai biss sich wieder nervös auf seiner Unterlippe herum. „Ist es etwa nicht das, was du sagen wolltest?”, fragte Yuriy unsicher und zog seine Hand zurück. „Nein! Also doch! Ich...“, platze es nun aus Kai heraus, dessen Herz wie wild in seiner Brust hämmerte. „Ich bin nur so unsicher, weiß du...ich war doch vorher noch nie verliebt und...“ Er war nun feuerrot und wich Yuriys Blick aus „Aber das ist doch nicht schlimm“, bestärkte Yuriy ihn. „Du bist auch der erste und einzige Mensch, den ich liebe“, lächelte er ihn an. „Wirklich?“, Kais Mine hellte sich auf und er strahlte Yuriy nun förmlich an. „Aber ja doch“, erwiderte dieser und gab das Lächeln zurück.

Kai war in diesem Moment unbeschreiblich glücklich und wusste nicht recht, wo er mit der ganzen Freude hin sollte. Das Ganze überforderte ihn doch ein wenig und so saß er einfach nur auf dem Bett und wartete, dass Yuriy irgendwas sagen oder machen würde. Dieser schien seine Gedanken gelesen zu haben und setzte sich nun neben ihn aufs Bett. Kai lehnte sich an Yuriys Schulter und dieser legte einen Arm um Kai. „Ich habe Jahre auf diesen Augenblick gewartet, dass ich dir endlich meine Liebe gestehen kann“, sagte Yuriy. „Jahre?“, fragte Kai ungläubig und rang sich zu einer weiteren Frage durch: „Wie lange...liebst du mich schon?“

“Hm, schwer zu sagen, aber es sind schon drei oder vier Jahre“, erwiderte Yuriy. „Und ich war immer so abweisend zu dir...“ Kais Mine trübte sich. //Die ganze Zeit hat er auf mich gewartet...// „Aber du hattest eben andere Dinge im Kopf. Dich beschäftigt diese Sache schon länger, oder?“ – „Ja...schon sehr lange, aber erst vor kurzem ist es so...extrem geworden“, sagte Kai zaghaft. //Genaugenommen erst, seit dem wir zusammengezogen und uns näher gekommen sind//
 

TBC
 

Neue Probleme

Am Abend
 

Kai lag in Yuriys Bett und hatte sich die Decke bis unter die Nasenspitze gezogen. //Wir...sind jetzt also zusammen?// Er war irgendwie aufgeregt. Yuriy und er schliefen zwar nicht zum ersten Mal in einem Bett, jedoch war es dieses Mal etwas anderes. Sein Herz machte einen Sprung, als er die Tür aufgehen hörte und Yuriy das Zimmer betrat. „Bist du noch wach?“, fragte eine leise Stimme in den dunklen Raum. „Ja, bin ich“, erwiderte Kai ebenso leise und spürte, wie die Decke angehoben wurde und sich ein angenehm warmer Körper neben ihn legte. Er hatte keine Ahnung, wie er sich in dieser Situation verhalten sollte, also kniff er die Augen zusammen und versuchte sich so klein wie möglich zu machen. „Alles okay?“, hörte er Yuriy fragen und schon weinig später lag dessen Arm um ihm. Kai nickte leicht und drehte sich zu Yuriy. „Schlaf gut, Kai“, hauchte dieser ihm entgegen und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. „Du auch“ Kais Wangen waren wieder leicht gerötet und er kuschelte sich an seinen Freund. Langsam schlief er ein.

//Ob er wohl heute besser schläft?// fragte sich Yuriy, der noch wach lag. //Die letzten Wochen müssen ihn ganz schön mitgenommen haben und bisher hat er sich im Schlaf auch nicht wirklich erholen können, da ist es kein Wunder, dass er heute Mittag umgekippt ist. Viel isst er ja auch nicht...// Es dauerte allerdings auch nicht mehr lange, bis Yuriy die Augen zu vielen und er ins Land der Träume absackte.

Kai hatte die ganze Nacht friedlich geschlafen und keine Träume gehabt...zumindest keine schlechten. //Ach nö, das darf doch nicht wahr sein// War das erste, das ihm heute Morgen in den Sinn kam, als er an sich herabblickte. //Das war ja so was von klar...Wenn ich keine Alpträume habe und bei Yuriy schlafe bekomm ich einen Ständer// Genervt und peinlich berührt schälte er sich aus Yuriys Umarmung und stand auf. //Der schläft aber auch echt wie ein Stein// stellte Kai belustigt grinsend fest und ging ins Bad.
 

„Ach, sind die beiden nicht süß?“, quietschte sie beinah.

„Na ja, ich würde eher ein anderes Wort dafür wählen“, gab er nicht ganz so begeistert wie seine Gefährtin von sich.

„Jetzt sein nicht so ein Grummelkopf.“ Sie stieß ihn in die Seite und fügte hinzu: „Du bist ja fast so schlimm wie Kai in seinen besten Zeiten“

„Ja ja...jedenfalls scheint es ihm wirklich besser zu gehen wenn er bei Yuriy schläft. Und dass sie sich jetzt endlich ihre Gefühle gestanden haben, wurde auch langsam mal wirklich Zeit“, fasste er zusammen.

„Da bin ich ausnahmsweise mal einer Meinung mit dir“, grinst sie ihn frech an.

„Bekomme ich eine Belohnung dafür?“ – „Mal sehen~“
 

„Wollen wir heute Nachmittag vielleicht was unternehmen? Also nur wenn du nicht allzu viele Hausaufgaben hast“, bot Yuriy ihm nach dem Mittagessen an. „Ähm, ja. Können wir machen“, willigte Kai ein. Das letzte Mal, dass sie etwas zusammen gemacht hatten, war damals ins Kino zu gehen. //Wie hieß der Film noch gleich? `Without You´?// Ja, das musste es gewesenen sein. Wenn Kai es so aus dem jetzigen Standpunkt der Dinge betrachtete, wurde ihm klar, warum Yuriy mit ihm in gerade diesen Film gegangen war. //Also eindeutiger hätte er es wirklich nicht mehr machen können. Aber ich hab es trotzdem nicht bemerkt. Wahrscheinlich ist es sogar Hiromi aufgefallen...// Wenn er daran dachte, dass sie es gewusst hatte und er nichts ahnend gewesen war, könnte er sich selbst schlagen. Nun blieb nur zu hoffen, dass Takao es nicht auch bemerkt hatte, sonst würde sich die Nachricht, dass er große Kai Hiwatari schwul war, wohl bald in der ganzen Beyblade Gemeinde rumgesprochen haben. Doch dass es besagter Träger des Weltmeistertitels bemerkt haben konnte, war in etwa genau so wahrscheinlich, dass Ming Ming irgendwann gut singen oder dass Mariah Rei jemals aufgeben würde. //Wenigstens brauche ich mir deswegen erst mal keine Sorgen zu machen...// dachte Kai erleichtert und bemerkte nun, dass er anscheinend schon die ganze Zeit von zwei blauen Augen beobachtet wurde. „Über was hast du nachgedacht?“, fragte der Besitzer dieser wunderschönen Iriden. „Ich...ich“, stammelte Kai, fasste sich dann aber wieder. „Ach, nichts Wichtiges.“ „Wenn du das sagst“, kam die zweifelnde Antwort von Yuriy, der ihn eindringlich musterte. „Es ist wirklich nichts, okay?“, bekräftigte Kai seine Aussage und Yuriy ließ endlich von ihm ab. „Wie du meinst.“

Kai seufzte leicht und erhob sich. „Ich geh dann mal Hausaufgaben machen“, teilte er seinem Freund mit und verzog sich auch sogleich. //Irgendwie glaube ich ihm ja nicht, dass `nichts´ los ist// dachte Yuriy sich und konnte nur den Kopf über seinen Liebsten schütteln.
 

Gegen achtzehn Uhr stand Kai im Bad vorm Spiegel und betrachtete sein Abbild skeptisch. Er hatte sich ein enges, schwarzes Top angezogen, dazu eine graublaue Röhrenjeans und einen roten Gürtel. So schlecht sah er eigentlich gar nicht mal darin aus. Er musste feststellen, dass er abgenommen hatte, sodass ihm seine Hose nicht mehr ganz so eng anlag, wie er es gerne hätte. Er kämmte sich noch ein mal seine Haare und blickte prüfend in en Spiegel. Ja, so konnte er sich sehen lassen. //Hoffentlich gefällt es Yuriy...// Nein! Solche Gedanken hatte er sich doch gar nicht machen wollen. Weswegen schlichen sie dich dann trotzdem in seinen Kopf? //Mit mir geht es eindeutig den Bach runter...// stellte er fest und öffnete die Badezimmertür. „Ah, da bist du ja“, kam es ihm sogleich aus dem Flur entgegen, wo Yuriy bereits auf ihn wartete. „Ja, wir können gleich los“, meinte Kai. „So scharf wie du aussiehst, muss man ja aufpassen, dass man sich nicht an dir schneidet“, kommentierte Yuriy nach kurzer Begutachtung Kais Outfit. „Lass den Scheiß“, erwiderte Kai darauf und ging an ihm vorbei um sich seine Sweatshirtjacke vom Haken zu nehmen. Offenbar war Yuriys Kompliment wohl nicht ganz so bei ihm rübergekommen, wie es beabsichtig war. „Aber ich meinte doch nur, dass dir das Outfit echt gut steht“, kam es nun von einem verwirrten Yuriy, der sich keinen Reim auf Kais barsche Antwort machen konnte. „Hm“, war Kais einzige Bemerkung, aus der man nicht ablesen konnte, wie sie gemeint war. //Er wollte mir nur sagen, dass ich gut aussehe und ich hab es verbockt...scheiße// „Können wir gehen?“ – „Klar doch“, riss sich Yuriy aus seiner Starre und lief zu Kai, der die Wohnungstür bereits geöffnet hatte.

Auf dem Weg zum Kino liefen sie wie immer nebeneinander her und Yuriy verspürte das dringende Bedürfnis Kais Hand in seine zu nehmen. Nach einer Weile tat er dies dann auch, woraufhin er sich allerdings einen grimmigen Blick von der Seite einbrachte. „Darf ich nicht?“, fragte Yuriy nun. „Wenn uns jemand sieht...es ist noch nicht dunkel, weißt du“, versuchte Kai Yuriy davon zu überzeugen, dass er seine Hand loslassen solle. „Aber-“ – „Nein“, sagte Kai nicht ganz so überzeugend, wie er es vielleicht gerne rübergebracht hätte und zog seine Hand aus Yuriys. //Na schön...dann eben nicht// seufzte Yuriy innerlich auf. „Und in welchen Film wollen wir heute gehen?“, versuchte er die Situation von eben zu überspielen. „Keine Ahnung...ist mir relativ egal. Such du aus“, beendete Kai das Thema. -„Okay.“
 

„Musstest du unbedingt Kuschelsitze nehmen?“, zischte Kai ihm leise zu, als er sich etwas widerwillig in einen der beiden Sitze fallen ließ. „Wir sind zusammen“, rechtfertigte Yuriy sich, „da können wir uns das schon gönnen“ – „Hm“, erwiderte Kai stur, sagte aber nichts mehr, da Yuriy ja eigentlich Recht hatte. Nur beschlich ihn das ungute Gefühl, dass sein Freund sich mehr auf ihn konzentrieren würde als auf den Film, was ihm gar nicht behagte.

Der Film startete und bereits nach fünf Minuten spürte er die Hand seines Freundes, die sich langsam aber sicher hinter seinem Rüchen zu seiner Schulter bewegte. Am liebsten würde er sich irgendwo verkriechen. Noch tat er nichts dagegen, da er es noch ganz erträglich fand.

Als Yuriy ihn nach einiger Zeit dann jedoch näher zu sich zog, zuckte er leicht zusammen und erstarrte. //Warum kann ich mich nicht einfach entspannen und es genießen?// Er stellte sich diese Frage, obwohl er ganz genau wusste, warum er körperliche Nähe so sehr scheute. „Kannst du mich bitte loslassen?“, wisperte Kai Yuriy leise zu und dieser gehorchte erstaunlicherweise sofort. //Warum weißt er mich immer so zurück? Hab ich ihm denn was getan?// fragte sich Yuriy. Den restlichen Film über unterließ er jegliche Bemühungen, sich Kai physisch zu nähern.

Der Film war zu Ende und Kai erhob sich auch sofort. „Ich muss mal auf die Toilette“, meinte er und drängte sich zwischen den ganzen anderen Menschen aus dem Kinosaal. Als die meisten draußen waren, stand Yuriy auch auf. Nun stand er vor den Toiletten und wartete auf Kai. //Warum ist er immer so abweisend zu mir? Als wir noch nicht zusammen waren, hätte ich es ja auch verstanden, aber jetzt...?// überlegte er sich. Egal wie er es auch drehte und wendete, er wurde einfach nicht aus Kais Verhalten schlau.

Kai stand unterdessen mit dem Kopf nach unten gesenkt, die Hände an die Seiten des Beckenrandes gestutzt, über das Waschenbecken gebeugt, in den Toiletten des Kinos. //Es fängt schon wieder an...Nein! Nicht hier, nicht jetzt!// Er kniff die Augen zusammen, stieß sich ab und hob den Kopf. Er starrte in sein eigenes, bleiches Gesicht, doch erkannte er sich selbst nicht im Spiegel. Sein Gesicht wirkte so verzerrt und er meinte, hinter sich eine dunkle Silhouette ausmachen zu können. //Ist er hier? Er wird doch nicht hier sein!// Panisch drehte er sich um, doch da war niemand. Der ganze Raum war leer und es war totenstill. Nur sein eigener stockender Atem war zu hören. //Ich werde wirklich langsam verrückt...// Noch ein Mal atmete er tief ein und spritzte sich dann Wasser ins Gesicht. Ihm fiel wieder ein, dass Yuriy wahrscheinlich auf ihn wartete und so beeilte er sich, aus den Toiletten zu kommen.

„Ah, da bist du ja“, lächelten ihm zwei blaue Augen entgegen, als er hinaustrat. „Ich dachte schon, du wärst ohne mich gegangen.“ Kais Gesichtszüge entgleisten für einen Moment. „Hm...“ Kai hatte wieder seine übliche Maske aufgesetzt und lief an ihm vorbei. „Wir sollten nach Hause gehen...es ist spät“, meinte er nur und Yuriy folgte ihm leicht verwirrt.

Als sie nebeneinander nach Hause liefen war es schon längst dunkel und so witterte Yuriy eine neue Chance. „Ich hab dir doch gesagt, dass du das nicht tun sollst“, keifte Kai ihn auch schon sofort an, als er sein Vorhaben in die Tat umgesetzt hatte. „Aber es sieht uns doch keiner...“, versuchte Yuriy sich zu rechtfertigen. „Ich mag es trotzdem nicht, wenn du meine Hand hältst...in der Öffentlichkeit, okay?“, erwiderte Kai bissig. „Na schön“, gab Yuriy nach und ließ Kais Hand wieder los.
 

TBC
 

Alte Säcke

„Hast du deinen Großvater schon angerufen?“, wollte Yuriy wissen, als sie wieder zu Hause angekommen waren. „Nein. Ich werde das gleich nachholen“, teilte Kai ihm monoton mit, während er seine Jacke aufhängte. „Alles klar. Ich geh solange duschen“, erwiderte Yuriy und machte sich auf den Weg ins Bad. //Das kann ja was werden...// dachte Kai sich und nahm sich mürrisch den Telefonhörer mit ins Zimmer. Er legte sich auf sein Bett und wählte dann die Nummer seines Großvaters. Eigentlich hatte er keine Lust, sich das Gelaber von Voltaire anzuhören, aber ein Mal im Monat musste es eben sein.

Als Kai den monatlichen Plausch mit seinem Großvater überstanden hatte, war Yuriy schon längst im Bad fertig und hatte sich mit einer Tasse heißer Schokolade in die Küche gesetzt. Als er Kais unverkennbare Schritte auf dem Gang vernahm, stand er auf und lugte aus der Küche. „Ich hab uns heiße Schokolade gemacht. Willst du auch eine Tasse?“ – „Klar, warum nicht“, nahm Kais das Angebot an und trat in die Küche. //Kann ja nicht schaden...und beruhigt hoffentlich meine überstrapazierten Nerven// dachte er sich und setzte sich an den Tisch. Yuriy hatte ihm unterdessen schon Kakao in eine Tasse geschenkt und stellte sie nun vor ihm ab. „Bitte“, lächelte er und ließ sich ebenfalls auf einem Stuhl nieder. „Hm“, bedankte sich Kai und nahm die Tasse zwischen beide Hände.

Der Rötäugige starrte eine Weile in die braune Flüssigkeit, ehe er einen Schluck nahm. //Hm, schön warm.// Langsam wurde er müde. Yuriy saß einfach nur stillschweigend neben Kai und beobachtete diesen, wie er den Inhalt seiner Tasse zu studieren schien. //Was ist nun schon wieder mit ihm los?// fragte er sich. //Vielleicht ist er auch einfach nur müde...// „Wollen wir dann langsam mal ins Bett gehen?“, schlug Yuriy nach etwa fünf Minuten vor, als Kai endlich die Hälfte seiner Tasse geleert hatte. „Hm...keine schlechte Idee“, gab der Angesprochene zu und nahm einen weiteren Schluck. Yuriy stand auf und stellte seine bereits leere Tasse in die Spüle. „Fertig“, sagte Kai wenig später und stelle seine Tasse neben Yuriys. „Ich schlaf heute in meinem Bett. Ich brauche meine Ruhe“, teilte er seinem Freund mit und meinte so etwas wie Schmerz in dessen Blick erkennen zu können. „Gute Nacht“, sagte Kai und verzog sich dann. //Ich kann es einfach nicht. Ich kann ihm nicht so nah sein.//
 

Wenig später ging Yuriy mit getrübter Mine ebenfalls in sein Zimmer, schälte sich aus seinen Klamotten und ließ sich einfach in Unterwäsche auf sein Bett fallen. Kai würde diese Nacht sowieso nicht zu ihm kommen, da war es auch egal, dass er nur Boxershorts trug. //Ich verstehe es nicht. Warum darf ich nicht seine Hand halten, sogar wenn uns niemand sehen kann? Warum darf ich meinen Arm nicht um ihn legen? Warum darf ich ihn nicht küssen?// Stellte sich Yuriy diese und noch mehr Fragen dieser Art, während er schlaflos nachdenkend in seinem leeren, dunklen Zimmer in seinem Bett lag. //Klar, er wird seine Gründe haben, aber er könnte es mir doch wenigstens sagen, damit ich weiß, woran ich bin!// Zerknirscht drehte er sich auf den Bauch und ließ den Kopf mit dem Gesicht voran auf das Kissen fallen.

Im Zimmer nebenan lag Kai total müde in seinem Bett und zog sich gerade die Decke bis unters Kinn. //Mir ist kalt...so kalt// Mit diesen Gedanken schlief er ein und sank in einen unruhigen Schlaf. Auch diese Nacht sollte er nicht von seinem Alpträumen verschont bleiben.
 

“Wie hast du geschlafen?“, erkundigte sich Yuriy am nächsten Morgen und sah Kai mit schiefgelegtem Kopf an. „Ging so“, erwiderte dieser noch leicht verschlafen und rieb sich die Augen. „Du brauchst dir keinen Kopf zu machen. Es ist alles okay“, fügte er hinzu, als er den zweifelnden Blick Yuriys bemerkte. „Wenn du das sagst...“
 

Am Nachmittag
 

„Nein! Das werde ich auf gar keinen Fall tun!“, schrie Kai schon beinah mit aufgebrachter Stimme in den Hörer. „Erst meldest du dich Jahre lang nicht und jetzt soll ich zu dir kommen? Schon mal daran gedacht, dass ich auch ein Leben habe?“, zischte er nun und ließ den Mann auf der anderen Seite des Telefons stocken. War das wirklich sein Sohn? Nun gut, er hatte schon lange nicht mehr mit ihm geredet, aber dass er ihn so anfahren würde, hätte er nicht erwartet. „Na schön. Ich hätte es dir vielleicht früher sagen sollen, aber es sind immerhin noch drei Tage bis dahin und ich müsste Herrn Windsor und seiner Tochter absagen, wenn du nicht zustimmst“, versuchte Susumu seinen Sohn nun doch davon zu überzeugen, dass er zu dem bevorstehenden Treffen kommen würde. „Ach ja, und was kümmert mich das?“, gab Kai bissig zurück. „Du lernst einen Geschäftspartner und dessen Tochter kennen. Ist das nicht eine tolle Sache?“, gab der Mittevierziger es nicht auf. „Und wir könnten uns auch mal wieder sehen.“ Kai knirschte mit den Zähnen. „Ich überlege es mir.“ – „Schön. Dann ruf mich einfach an, wenn du dich entschieden hast“, meinte Kais Vater nun, dem ein Stein vom Herzen fiel, auch wenn es noch keine hundertprozentige Zusage war. „Ja. Tschüss“, verabschiedete sich Kai und legte den Hörer zurück. //So ein hinterlistiges Schwein! Aber er ist nach allem immer noch mein Vater und hat mir so gesehen eigentlich nichts getan...// überlegte er. //Andererseits: Wenn er für da gewesen wäre und mich aufgezogen hätte, wäre...es...vielleicht nie passiert// Ein kalter Schauer durchzuckte seinen ganzen Körper. „Was wollte dein Vater?“, flüsterte eine angenehme Stimme und Kai spürte, wie sich zwei starke Arme von hinten um ihn schlangen.

Ausnahmsweise ließ er das zu und seufzte: „Er will, dass ich mich am Samstag mit irgendeinem Geschäftspartner von Großvater treffe...“ Kai schmiegte sich leicht an den Größeren und schloss die Augen. Es tat doch ganz gut, ihm so nah zu sein, auch wenn es ungewohnt war. „Hm...gehst du hin?“, wollte Yuriy nun interessiert wissen. //Er hat mich nicht weggestoßen...// fiel ihm außerdem auf, was ihn nun etwas stutzen ließ, doch wurde er je in seinen Gedanken gestört, als Kai ihm antwortete: „Ich weiß nicht...es ist so kurzfristig und er hat sich seit Jahren nicht bei mir gemeldet...“ – „Ist wohl wahr, aber er ist immerhin dein Vater“, gab Yuriy ihm zu denken und Kai öffnete die Augen. „Ich wäre froh, wenn ich meinen Vater treffen könnte...wenn es vielleicht auch nicht die optimalsten Bedingungen sind, immerhin kannst du dich mit ihm treffen“, fügte der Größere etwas leiser hinzu.
 

„Yuriy...“, entwich es leise Kais Mund und er drehte sich langsam in der Umarmung zu seinem Freund um, allerdings sah er ihm nicht ins Gesicht, sondern schaute auf dessen Brust. //So nah...// kam es Kai in den Sinn. //...war ich einem anderen Menschen noch nie...gewollt// „Kai?“, kam es fragend von dem Blauäugigen. „Ich werde hingehen“, erwiderte Kai entschlossen und hob den Blick. Er schaute nun direkt in die eisblauen Augen Yuriys, der seinen Blick erwiderte. Langsam kam er Kais Gesicht mit seinem entgegen und schloss die Augen halb. //Was macht er denn jetzt?!// Eigentlich wusste Kai genau, was sein Freund vorhatte, jedoch kam es unerwartet für ihn und er wandte den Kopf ab. „Noch nicht jetzt...“, wisperte er entschuldigend und drehte seinen Kopf wieder zu Yuriy, als dieser sich wieder etwas von ihm entfernt hatte und ihn enttäuscht und etwas wehleidig ansah. „Okay...“

//Es tut mir ja auch Leid, Yuriy// Kai sah zu Boden und Yuriy ließ ihn los. „Ich geh in mein Zimmer, Hausaufgaben machen...“, wechselte Kai das Thema und hatte auch gleich einen Grund, warum er abhauen konnte. Yuriy nickte und trottete mit hängenden Schulter in sein eigenes Zimmer. //Oh Yuriy// seufzte Kai innerlich auf und schritt dann den Flur entlang zu seinem Zimmer. //Es ist auch für mich nicht leicht. Ich würde ja gerne, aber...es geht nicht. Ich kann nicht!//
 

//Er hat sich ja nicht gerade begeistert angehört...// dachte Susumu sich, als er sich auf seine Couch zurückfallen ließ. //Und dabei ist die Tochter von Herr Windsor so hübsch~ Ich hätte mir als ich jung war auch so eine heiße Braut gewünscht~ ...nun ja, vielleicht wird er seine Meinung ja ändern, wenn er sie erst Mal kennen gelernt und gesehen hat// In seinem Gedankenschwall hatte er völlig vergessen, dass er Kai eigentlich noch nichts über Isabella erzählt hatte, geschweige denn, dass er wusste, wie sie aussah. //Ja, er wird seine Meinung definitiv ändern, wenn er sie erst zu Gesicht bekommt// war er der festen Überzeugung. //Voltaire wird schon noch sehen. Ich werde die Aufmerksamkeit meines Sohnes gewinnen, ihm eine passende Ehefrau aussuchen und zu dem noch die Firma meines Vater bereichern. Mit der Heirat gehen die Besitze der Windsor Corp. automatisch in Kais Hände über und Hiwatari Enterprices wird zum führenden Konzern auf dem Weltmarkt aufsteigen!// Ganz in seinen Wahnvorstellungen versunken, hatte er nicht bemerkt, wie sich eine leicht bekleidete Gestalt von hinten auf ihn zubewegte. Sie legte ihm zwei Hände auf die Schultern und strich dann zu seiner Brust hinab. „Wieso lässt du mich so lange warten?“, wisperte ihm die Stimme verführerisch ins Ohr. „Entschuldige. Ich war wohl zu vertieft in meine Fantasien“, erwiderte er und schloss die Augen halb. Die weichen Hände ließen nun von ihm ab und die Gestalt kam ums Sofa herum stolziert. //Was für eine geile Braut// Susumus Augen blitzen vor Lust auf und er konnte es kaum erwarten, bis ihm sich der schlanke Körper endlich näherte. „Ohlala~ Wer wird denn da schon steif sein?“ Die Frau stand nun direkt vor ihm und er musste schlucken. Sie kicherte lautlos und griff ihm in der Schritt.
 

Ja, das war Susumu Hiwatari. Der Sohn von Voltaire Hiwatari und eigentlicher Erbe der Firma. Jedoch war er so versessen auf Beyblade und Erfolg gewesen, dass er alles andere außer Acht gelassen hatte. Er hatte seine Pflichten als Nachfolger von Voltaire nicht erfüllt, sich nie um seinen Sohn gekümmert und war seiner Frau untreu gewesen. Alles was er nun noch hatte, war sein Geld, das er seinem Vater aus der Tasche zog, um sich ein teures Apartment, eine Karosse und jede Menge Prostituierte leisten konnte. Susumu Hiwatari war kurz gesagt ein Versager, der nur das Glück hatte, einen reichen Vater zu haben, der ihm blauäugig Geld überließ. Es wäre kein Wunder, wenn er das Treffen mit seinem Sohn vergessen würde und sich stattdessen seiner Lust hingeben würde, wie er es schon so oft getan hatte.
 


 

TBC
 

Schwere Laster

Es war schon Abend als Kai mit den Hausaufgaben für diesen Tag fertig war. Er verspürte heute keine Lust mehr auf irgendwas, wollte sich einfach nur noch ins Bett legen. Es war zwar erst kurz nach acht, aber heute würde er ohnehin nichts mehr machen können. //Vielleicht ist es ganz gut, wenn ich einfach mal früher ins Bett gehe// überlegte er sich, nahm seine Hefte und steckte sie in seinen Rucksack. Danach ging er ins Bad, wusch sich und zog sich um. Als er in den Flur ging und auf Yuriys Zimmertür schaute, fiel ihm etwas ein. //Yuriy wird bestimmt wieder beleidigt sein, wenn ich nicht bei ihm schlafe. Andererseits ist es aber auch so komisch bei ihm zu schlafen, wenn es mir auch noch so gut tut// Ratlos bliebt er einfach auf dem Fleck stehen, auf dem er sich befand und starre Yuriys Zimmertür an. //Was für ein Dilemma...// So als ob Yuriy gewusst hätte, dass Kai vor seiner Tür stand, öffnete sich diese und der Rothaarige trat in den Flur. „Kai? Was machst du denn hier?“, fragte dieser nun verwundert und Kai zupfte nervös an seinem Shirt herum. „Ich wollt dir sagen, dass ich ins Bett gehe, weil ich müde bin“, brachte er zögerlich eine Antwort hervor. „Ich geh dann mal ins Bett. Gute Nacht...“ Schon hatte Kai sich in Richtung seines Zimmers gedreht und wollte eben loslaufen, als er von einer starken Hand am Arm gepackt wurde und von deren Besitzer in dessen Zimmer gezogen wurde. „Yuriy, was...?“, brachte Kai gerade so hervor, bevor er auch schon auf dem Bett landete. „Na du wolltest doch schlafen gehen und mein Bett war näher als deins“, erwiderte Yuriy mit einem Lächeln auf den Lippen. Leicht murrend machte Kai es sich dann aber doch auf Yuriys Bett bequem und zog die Decke über sich, auch wenn ihm der Umstand, wie er in das Bett gekommen war, ganz und gar nicht gefiel. „Aber lass mich bitte schlafen“, nuschelte Kai in die Decke und drehte sich zur Wand. „Natürlich lasse ich dich schlafen. Ich komme später dann zu dir“, antwortete Yuriy ihm und man hätte meinen können, dass Trauer und Enttäuschung mitschwang. //Was denkt er denn, was ich mit ihm mache? Ich will doch nur, dass er gut schlafen kann und wenn er alleine ist, schläft er eben nicht gut...// Langsam trottete er aus dem Zimmer und löschte das Licht. „Schlaf gut, Kai“, flüsterte er in die Dunkelheit. „Danke“, kam es leise und zögerlich von Kai.
 

Eineinhalb Stunden später beschloss auch Yuriy ins Bett zu gehen, da sich bei ihm auch Anzeichen der Müdigkeit breit machten. So schlich er auf leisen Sohlen zu seinem Zimmer, öffnete vorsichtig die Tür und tapste ans Bett heran. Kai hatte sich inzwischen auf den Rücken gedreht und das Gesicht verzogen. Er schien offenbar mal wieder einen schlechten Traum zu haben und Yuriy bereute es schon fast, sich nicht sofort zu ihm gelegt zu haben. //Ach, mein armer Kai// Sanft strich er ihm eine Strähne aus der Stirn und betrachtete besorgt das Gesicht seines schlafenden Freundes. //Was hast du nur?// Er hob die Decke ein wenig an und schlüpfte darunter. Wenig später spürte er, dass Kai sich instinktiv an ihn kuschelte und ruhiger wurde.

Gegen fünf Uhr morgens erwachte Kai plötzlich aus seinem Schlaf. //Was...?// Langsam realisierte er, wo er war und was so warm neben ihm war. //Ach stimmt ja, Yuriy hat mich in seinem Bett schlafen `lassen´...wenigstens hab ich einigermaßen schlafen können// Er seufzte leise und setzte sich auf. //Na super// Rechts von ihm war die Wand, links lag Yuriy und am Fußende des Bettes stand der Schreibtisch. //Nicht zu fassen, jetzt hat er mich doch tatsächlich in seinem Bett gefangen// Es gab nur zwei Möglichkeiten: über Yuriy klettern und hoffen, ihn nicht aufzuwecken. oder: ihn aufzuwecken und bitten, aufzustehen. Kai entschied sich für eine dritte: liegen bleiben und einfach warten, dass Yuriy von selbst aufwachen würde.

Irgendwann wurde es ihm aber doch zu blöd und er probierte die erste Möglichkeit aus. Er schlug die Decke vorsichtig zurück, setzte sich auf, kniete sich dann hin und atmete tief aus. Nun beugte er sich über Yuriy, platzierte seine eine Hand auf der anderen Seite neben ihm und tat dies dann auch mit der zweiten. Bis jetzt war alles gut gegangen und Kais Plan hätte auch funktionieren können, hätte Yuriy sich nicht plötzlich im Schlaf zu ihm hin gedreht. „Wah~“ //Scheiße...// Kai lag nun mehr oder weniger -eher mehr- auf Yuriy, der davon aufgewacht war und sich wahrscheinlich gerade fragte, was und wie es passiert war, dass Kai quer auf ihm lag. //Wie konnte das nur passieren und warm vor allem mir?// fragte sich Kai und versuchte aufzustehen. „Morgen, Kai“, kam es verschlafen von dem Rothaarigen, auf dem er lag. „Morgen, Yuriy“, erwiderte Kai und stützte sich mit den Händen auf Yuriys Brustkorb ab, damit er hochkam. „Nicht, das kitzelt“, kam es kichernd von Kais `Unterlage´, der nun bemerkte, dass Yuriy obenrum –wie fast immer nachts- nichts anhatte und dass eine von Kais Händen versehentlich auf einer von Yuriys Brustwarzen ruhte. „Oh, Entschuldige“, stammelte Kai und nahm seine Hand sofort da weg. //War ja klar, dass mir das auch noch passieren musste// dachte der Rotäugige, dessen Gesichtsfarbe zudem bald mit seinen Augen hätte konkurrieren können. Er saß nun neben Yuriy, der auf dem Rücken lag und auch nicht den Anschein machte, dass er in nächster Zeit irgendwas daran ändern wollte. „Ähm, Yuriy...ich wollte eigentlich aufstehen“, meinte Kai nach kurzer Zeit. „Und deswegen stürzt du dich auf mich und befummelst mich dann?“, erwiderte der Blauäugige und lugte schelmisch zu Kai hoch. „Erstens wollte ich über dich drüber steigen, aber dann hast du dich gedreht und ich bin auf dich [i[gefallen und zweitens habe ich dich nicht befummelt, das war keine Absicht“, verteidigte Kai sich sofort, wobei seine Wangen noch röter wurden. „Wenn du das sagst...“, grinste Yuriy und verschränkte seine Arme hinterm Kopf. „Ja, das tu’ ich!“ Kai hingegen verschränkte seine Arme vor der Brust und schaute ihn trotzig an. „Du bist einfach niedlich, wenn du dich aufregst, besonders über so was“, meinte Yuriy nun und schloss breit lächelnd die Augen. „Ich bin nicht niedlich und außerdem würde ich jetzt gerne aufstehen!“, kam es bissig von Kai, der allerdings immer noch rot wie eine Tomate war. „Wenn das so ist, dann steig doch einfach über mich drüber, wie du es vorgehabt hattest“, meinte Yuriy daraufhin keck. „Hm“, machte der Graublauhaarige und versuchte sofort sein Vorhaben in die Tat umzusetzen, doch sein Versuch wurde je von dem Blauäugigen unter ihm vereitelt, indem dieser Kai mit beiden Armen umschlang, als er gerade über ihn steigen wollte. //Hehehe, hier geblieben, mein Kleiner~// Ehe Kai sich versah –zumal er keine Ahnung hatte, wie Yuriy das überhaupt zustande gebracht hatte- lag er auch schon unter demselbigen, der ihn grinsend ansah und mit einem seltsamen Unterton in der Stimme sagte: „Warum willst du jetzt schon aufstehen? Es ist erst kurz nach fünf“ Kurz nachdem er dies gesagt hatte, wanderte er mit seiner Hand unter Kais Schlafshirt, mit der anderen stützte er sich über ihm ab.

Kai war wie erstarrt. Er realisierte auch erst in welcher Situation er sich befand, als Yuriy ihn zu streicheln begann. Sofort kniff er die Augen zusammen und verkrampfte sich innerlich. Der Obenliegende strich unterdessen sanft über Kais Brustkorb, wanderte dann zu dessen Bauch, bis er schließlich am Hosenbund angekommen war. Er war wie gebannt von dem wunderschönen Körper, der unter ihm lag. Helle Haut, von der sich die Muskeln deutlich abzeichneten, eine wohlgeformte Brust und eine schlanke Taille. Er konnte kaum erwarten, mehr von Kai zu sehen, so schlüpfte er unter den Bund seiner Hose.

Kai hatte das alles bisher mit sich machen lassen, da er noch von Yuriys plötzlicher Aktion geschockt gewesen war, doch nun wand er sich unter ihm. „Bitte nicht...“, stöhnte er gequält. „Bitte nicht schon wieder...“

Bei diesen Worten erstarrte Yuriy in seiner Bewegung und blickte zu Kai hoch. Dieser hatte sein Gesicht schmerzlich verzogen, die Augen zusammengekniffen und seine Hände schützend um den Körper geschlungen. „Kai?“, fragte Yuriy nun vorsichtig und langsam dämmerte es ihm. „Bitte nicht...lass mich los“, keuchte Kai leise wimmernd. Augenblicklich nahm Yuriy seine Hand wieder zu sich und starrte nun völlig erschrocken auf den zitternden Körper unter sich. „Kai?“ Nochmals versuchte Yuriy ihn anzusprechen, doch Kai reagierte nicht auf ihn. Stattdessen begann er nur noch heftiger zu zittern. //Was soll ich nur tun?// fragte sich Yuriy verzweifelt. //Ich hab ihm doch nicht weh getan? Oder kann es etwa sein, dass...// Etwas in ihm sagte, dass er mit seiner Vermutung höchstwahrscheinlich richtig lag, doch wahrhaben wollte er es nicht.

Langsam streckte er seine Hand nach Kai aus und strich ihm sanft über die Wange. „Ich bin es nur, Yuriy. Ich tu dir nicht weh“, sagte er mit ruhiger Stimme. „Bitte schau mich an“ Kai wurde langsam ruhiger und sein Körper begann sich zu entspannen. Nach kurzer Zeit schlug er seine Augen auf und sah mit angsterfülltem Blick in Yuriys Augen. Als er merkte, dass es nur die blauen Augen seines Freundes waren, hörte sein Körper auf zu zittern. „Yuriy...“, keuchte er mit schwacher Stimme und legte seine Arme, die er zuvor noch um den Körper geschlungen hatte, neben sich und atmete langsam ein und aus. „Yuriy“, seine Stimme klang nun nicht nur schwach, sondern auch verzweifelt. Der Angesprochene legte sich nun neben ihn, ihm zugewandt und streichelte sanft wieder über seine Wange. „Was ist los mit dir?“

„Ich....ich“, stotterte Kai, dessen Augen sich nun mit Tränen füllten. Im nächsten Moment klammerte er sich eng an seinen Freund und versuchte das Beben seines Körpers zu unterdrücken. „Was ist passiert? Was hat man dir angetan?“, fragte Yuriy mit leiser, aber fester Stimme, während er Kai beruhigend über den Rücken stricht. „Ich...wurde“, kam es von Kai mit zittriger Stimme. „Ich wurde als Kind...“

Yuriys Vermutung hatte sich leider bestätigt. „Du wurdest als Kind vergewaltigt?“

Kai nickte schluchzend und klammerte sich noch fester an Yuriy.
 


 

TBC
 

Meine Vergangenheit

„Wer? Wer hat dir das angetan?“, wollte Yuriy wissen. In ihm kochte es geradezu vor Wut. Wie konnte jemand seinem Kai nur so etwas Abscheuliches antun? „Bo-Boris“, erwiderte Kai mit schwacher Stimme. „Er war es...“

“Dieses miese Schwein!“, zischte Yuriy verächtlich. //Ich will den Wichser bluten sehen. Es war ja nicht genug, dass er uns durch die Hölle geschickt hat, nein, er musste sich auch noch an Kai vergehen!// Sein Griff um Kai festigte sich. „Nicht so fest Yuriy, bitte“, kam es nun von dem Graublauhaarigen, der sich inzwischen wieder etwas beruhigt zu haben schien. „Entschuldige“, meinte Yuriy und lockerte seinen Griff wieder. „Ich war eben so aufgebracht, dass ich das gar nicht mitbekommen habe...“

„Schon okay“, meinte Kai und biss sich nervös auf die Unterlippe. „Kannst du mich jetzt wieder ganz loslassen?“ – „Ja, klar“, antwortete Yuriy ihm, gab ihn frei und rückte ein bisschen von ihm weg. „Danke...“, kam es nun von Kai, der sich nun im Bett aufsetzte, die Beine an den Körper zog und sie mit den Armen umschlang. Der Rothaarige richtete sich ebenfalls auf und beobachtete Kai nun.

Nach einer Schweigepause war es Yuriy, der zuerst das Wort ergriff: „Warum hast du es mir bisher nie erzählt?“ Kai fuhr erschrocken zusammen und schaute Yuriy an. „Weil ich...“, erwiderte er zögerlich, „Angst hatte“ – „Wovor hattest du Angst? Du weißt doch, dass du mir vertrauen kannst“, gab Yuriy ihm zu bedenken und schaute ihn gekränkt an. „Ich weiß, aber...“ Kai senkte den Blick und nestele mit den Fingern an seiner Pyjamahose rum. „Aber ich hatte Angst, dass du dich vor mit ekeln würdest und weggehst...“ Nun hielt er inne und schloss die Augen. „Warum sollte ich mich denn vor dir ekeln oder weggehen?“, kam es ungläubig von Yuriy. „Ich liebe dich doch und du kannst nichts dafür, dass dir das angetan wurde.“ – „Ich kann es dir auch nicht erklären...“, murmelte Kai leise. „Es ist einfach so.“ Der Blauäugige nickte langsam, auch wenn er noch nicht ganz verstand, aber er wollte Kai jetzt auch damit in Ruhe lassen. Es war schlimm genug, was mit ihm geschehen war, da musste er nicht noch darauf herumreiten und womöglich die Wunden noch mehr aufreißen. „Okay“, gab sich Yuriy mit er Antwort zufrieden. „Ich werde dann mal ins Bad gehen.“
 


 

Etwa vier Stunden später:
 

//Ich hätte heute zu Hause bleiben sollen// dachte sich Kai, als es nach der ersten Stunde läutete. Ihm gingen seine Mitschüler noch mehr als sonst auf die Nerven, obwohl es erst die zweite Stunde war. //Wehe dem, der mich heute anspricht//

Wie es auch nicht anders sein konnte, kam nach ein paar Minuten, in denen der Lehrer immer noch nicht aufgetaucht war, einer seiner Klassenkameraden auf Kais Tisch zugesteuert und hielt vor diesem. Kai, der bisher aus dem Fenster geschaut hatte, drehte seinen Kopf mit einem vernichtenden Blick zu dem Jungen.

„Ähm, ich wollte fragen, ob du mit mir das Projekt für nächste Woche machen willst. Ich hab noch keinen Partner...“, stammelte der Junge, verunsichert durch Kais Blick, vor sich hin und kratze sich nervös am Hinterkopf.

„Also nur wenn du möchtest...“ Kai schloss genervt die Augen, aber da er auch noch keinen Partner hatte, kam ihm das doch recht gelegen, was er allerdings nicht zeigen wollte.

„Meinetwegen“, gab er genervt zur Antwort. „Cool. Wann wollen wir uns treffen? Ich hätte...“

Nachdem Kai sich dem Gespräch ausgesetzt hatte -wobei mehr der schwarzhaarige Junge, der Yashiro hieß, geredet und er ab und zu genickt hatte- waren sie zu dem Schluss gekommen, dass sie sich morgen treffen würden.
 

Nach der letzten Stunde, als er gerade aufstehen wollte, wurde er von hinten angerempelt, fiel fast vornüber und drehte sich sofort wütend um, als er das Gleichgewicht wieder gefunden hatte. Der Junge, der ihn angerempelt hatte, grinst ihn dämlich an.

„Na, hat sich unsere große Berühmtheit weh getan?“-„Halt die Klappe, Takumi“, zischte Kai ihm nur zu und sah ihn mit seinem berühmt berüchtigtem Todesblick an. „Jetzt haben wir aber Angst“, meldete sich Masato zu Wort, Takumis bester Freund. Die beiden waren damals auch mit Yuuya `befreundet´ und seit jeher nicht gut auf ihn zu sprechen gewesen. Kai wollte sich nicht auf dieses Spielchen einlassen und so schnappte sich seinen Rucksack, der über dem Stuhl hang. „Wohin willst du denn so schnell?“, kam es gehässig von Takumi, der sich nun vor Kai stellte. Er war ein paar Zentimeter größer als Kai, aber eher hager geraten.

„Lass mich durch“, meinte Kai ruhig, aber man konnte in seinem Gesicht erkennen, dass er mehr als gereizt war. „Ach ja, und was sonst?“, kam es von hinten von Masato. Kai schloss die Augen und öffnete sie langsam wieder. Er funkelte Takumi kalt an und stieß ihn ohne große Probleme zur Seite.

„He!“, schrie dieser überrascht und musste sich schnell an einem Tisch festhalten, um nicht umzukippen. Ehe einer von ihnen reagieren konnte, war Kai auch schon mit schnellem Schritt aus dem Klassenraum marschiert und beeilte sich, aus der Schule zu kommen. //Solche Idioten! Haben die wirklich gedacht, die könnten mich festhalten?! Toller Tag...// dachte er aufgebracht, als er aus dem Haupteingang stürmte. Seine Laune besserte sich etwas, als er Yuriy erblickte, der vor dem Auto auf ihn wartete. Ein leiser Seufzer entwich ihm, als er bei seinem Freund ankam.

„Stress in der Schule gehabt?“, wollte dieser sofort wissen und sah Kai an. „Kann man so sagen...“, erwiderte der Rotäugige. „Ich will einfach nur nach Hause...“
 

Gegen Nachmittag hatte sich Kai auf die Couch gesetzt und den Fernseher eingeschaltet. //Hm, es kommt echt nur Schrott// stellte er nach kurzer Zeit fest und schaltete ihn wieder aus.

„Kann ich mal mit dir reden?“, erschreckte ihn plötzlich eine Stimme und er drehte sich zur Tür hin um. „Ja, warum nicht“, antwortete er dann schnell, um sich seinen Schreck nicht anmerken zu lassen. Eben hatte er noch in seinen Gedanken gehangen, unter anderem hatte er an die Zeit bei den Bladebreakers gedacht und an die erste WM. Der Rothaarige setzte sich neben ihn und schien zu überlegen, wo er anfangen sollte.

„Also...wegen heute morgen“, begann er schließlich und Kai wusste schon, was jetzt kommen würde. Allerdings hatte er dafür im Moment eigentlich keine Nerven, der tag war ohnehin nicht sonderlich toll gelaufen.

„Ist das der Grund, warum ich dich nicht küssen durfte?“

Damit hatte Kai nun wirklich nicht gerechnet. Er hatte eher vermutet, dass Yuriy ihn ausfragen wollte, aber das...

„Ich, also...ja, unter anderem war das der Grund“, meinte Kai und wurde leicht rot. //Jetzt im Nachhinein betrachtet, war es eigentlich ganz schön blöd von mir...// „Darf ich dich jetzt küssen?“, kam es dieses mal zögerlich von dem Blauäugigen, der ihn mit eben diesen Augen erwartungsvoll ansah. Die Röte auf Kais Wangen zeichnete sich nun noch deutlicher ab als zuvor und er schaute Yuriy erst mal mit großen Augen an, bevor er zögerlich „Ja“ sagte.

Kai schloss langsam die Augen, als Yuriy sein Gesicht in die Hände nahm. Langsam näherte sich der Rothaarige dem Gesicht des Kleineren und schloss dabei die Augen halb. „Ich liebe dich“, hauchte er ihm an die Lippen, bevor er diese mit seinen verschloss. Ein angenehmer Schauder durchzog Kais ganzen Körper und er krallte die Finger automatisch in Yuriys Shirt. Dieser bewegte sanft die Lippen gegen Kais und schloss nun auch die Augen. Nach einer kleinen Ewigkeit lösten sie sich wieder voneinander. „Yuriy“, flüsterte Kai leise, schlang die Arme um den Größeren und drückte sich an ihn.

„Bleib für immer bei mir, ja?“ – „Natürlich werde ich das“, erwiderte Yuriy ebenso leise und umarmte Kai. Er strich ihm sanft über den Rücken. //Das war wunderschön...//

Sie saßen eine ganze Weile einfach so da, bis Yuriy die angenehme Stille je unterbrach: „Also Kai, wenn du darüber reden möchtest...ich höre dir zu“

Der Kleine schlug die Augen auf, lehnte sich aber weiterhin an ihn. Zögerlich antwortete er: „Ich möchte im Moment nicht darüber sprechen...ich fühle mich einfach noch nicht bereit dafür“ Kai blickte unsicher zu Yuriy hinauf, der ihn ansah und dann verständnisvoll nickte. Er würde Kai natürlich zu nichts zwingen, was dieser nicht wollte. „Ich werde warten, bis du dafür bereit bist“, lächelte er und strich Kai über den Kopf, was diesem das Blut in die Wangen trieb. „Lass das“, schnauzte der Kleinere den Rotschopf an und blies die geröteten Wangen auf, woraufhin Yuriy lachen musste. Das sah einfach zu komisch aus. Die schlechte Stimmung, die aufgestiegen war, wurde durch diese Situation je überspielt oder übertroffen, so gut dass keiner der beiden etwas davon mitbekam.
 

Zur gleichen Zeit bereitete sich ein gewisser Japaner in den Mittvierzigern mental auf das bevorstehende Treffen mit seinem Sohn vor. Es war zwar noch ein bisschen Zeit bis Samstag, aber man durfte nicht vergessen, dass sie sich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatten und Kai offenbar nicht gut auf seinen Vater zu sprechen war, das hatte sogar Susumu begriffen. Jedenfalls hatte er seine Haushälterin damit beauftragt, das ganze erste Stockwerk auf Vordermann zu bringen, denn er hatte beschlossen, dass sie sich in seinem zweistöckigen Apartment treffen würden. Kai würde er die Adresse noch zukommen lassen und natürlich würde er auch Isabella und deren Vater bescheid geben. Seine Planung war an einigen Stellen doch sehr undicht und so hatte er auch dieses Mal vergessen, seinen zukünftigen Gästen den Ort des Treffens mitzuteilen. Sie wussten Tag und Zeit schon, immerhin etwas, versuchte er sich selbst zu trösten. Seit seine Managerin gekündigt hatte – da er sie angeblich bedrängt haben sollte - passierten ihm ständig solche Dinge und er hatte es in der Zwischenzeit auch noch nicht geschafft, sich eine neue zuzulegen. Aber das würde schon alles funktionieren, redete er sich ein und beschloss für heute Schluss zu machen und lies sich ein Bad ein.
 


 

TBC
 

Das Treffen - Teil I

Samstagmorgen
 

Heute war es soweit. Kai würde seinen Vater treffen. Er wusste nicht, was er davon halten sollte, aber Yuriy hatte ihn überredet dem Treffen zuzustimmen. Auch wenn Kai immer noch Zweifel hegte, welchen Zweck sein Vater damit erfüllen wollte. Das würde sicherlich kein Vater-Sohn-Wiedersehen werden, schließlich kamen ja offenbar auch noch ein Geschäftspartner seines Großvaters und dessen Tochter…

Der blauhaarige Halbrusse ahnte schon, worauf das hinauslaufen könnte, versuchte den Gedanken jedoch zu verdrängen, da er sich so früh am Morgen noch nicht den Tag vermiesen wollte.

Bis es so weit war, hatte er noch gut vier Stunden Zeit, er war rechtzeitig und früh wie immer aufgestanden. Punkt sieben Uhr hatte er sich ins Bad begeben. Zwar nicht so früh wie unter der Woche, aber immer noch wesentlich früher als sein Mitbewohner und Freund, der wahrscheinlich noch mindestens zwei Stunden in den Federn verbringen würde. Yuriy war noch nie ein Frühaufsteher gewesen, was ihm zu Zeiten der Abtei schon oft fast zum Verhängnis geworden war, denn da hatten sie eigentlich um halb 6 aufstehen müssen, um noch genug Zeit zu haben sich fertig zu machen und zu frühstücken. Da Yuriy aber meistens fast immer eine ganze Stunde später aufgestanden war, hatte er sich abhetzen müssen und manchmal hatte es eben doch nicht gereicht und er war zu spät gekommen. Da war ihm die Gunst Boris‘ zugute gekommen, denn der rothaarige Russe war schon immer ein guter Blader und angesehen in der Abtei gewesen.

Kai war nun im Bad fertig und richtete gerade das Frühstück, als eine verschlafen aussende Gestalt, die sich die Augen rieb, zur Tür reingetorkelt kam.

„Na, auch schon wach?“, grinste Kai gehässig und widmete sich dann wieder der Kaffeemaschine.

„Als ‚wach‘ würde ich das nicht bezeichnen“, kam es grummelnd von dem zerzausten Rotschopf, der augenblicklich gähnte als er den Satz beendet hatte und sich dann auf einen Stuhl fallen ließ.

„Dann bist du eben halbwach, besser?“, gab Kai barsch zurück und erwartete erst gar keine Antwort. Die bekam er auch nicht, da Yuriy den Kopf auf seine Arme gebettet hatte und gerade wieder am Einschlafen war.

//Schon irgendwie süß//, dachte sich Kai, als er seinen Freund betrachtete. //Da könnte man fast vergessen, dass er ein erwachsener Mann ist. Er muss echt an sich arbeiten, wenn er sein Ansehen nicht verlieren will.//

Kai schmunzelte innerlich bei diesem Gedanken und beschloss, seinen Freund zu wecken sobald das Frühstück fertig war.
 

Gegen 10 Uhr kam die Phase, in der Kai langsam nervös wurde. Er zog sich gerade einen seiner Anzüge an und knotete sich dann seine Krawatte vor dem Spiegel. Wie er das doch hasste! Sein Spiegelbild erinnerte ihn immer an seinen Großvater, wenn er Anzüge trug. Seit er ein Bild Voltaires gesehen hatte als dieser jung gewesen war, konnte Kai Anzüge noch weniger leiden als zuvor, denn aus irgendeinem Grund wies er eine verblüffende Ähnlichkeit zu Voltaires jungem Ich auf. Zum Glück nur wenn er Anzüge trug. Innerlich seufzend riss er sich vom Spiegel los und ging zur Garderobe, wo er sich seinen Trenchcoat überzog und zumachte. Der weiße Schal durfte natürlich auch nicht fehlen.

Nun hatte er noch 40 Minuten um zum Apartment seines Vaters zu gelangen, das etwa 20 Minuten von seiner und Yuriys Wohnung entfernt lag. Wo sie sich heute treffen sollten, hatte er allerdings erst gestern Abend von seinem Vater erfahren. Wie es auch nicht anders zu erwarten gewesen war, hatte dieser keinen Plan von irgendwas und man konnte sich einfach nicht auf ihn verlassen. Das fing schon wieder gut an. Aber gut, noch war nichts verloren, sagte sich Kai und zog sich die Schuhe an.

Nachdem er auch dies getan hatte, verabschiedete er sich mit einem schüchternen Kuss von Yuriy, der ihm viel Glück wünschte, und verließ die Wohnung.
 

Gleich würde es soweit sein. Seine Gäste würden bald hier eintrudeln, denn es war bereits dreiviertel elf. Er betrachtete sich noch einmal im Spiegel, zupfte seinen Anzug zurecht und übte sein Lächeln. Die Haare hatte er sich gestern erst schneiden lassen und seine Haushälterin hatte alles zu seinem Wunsch hergerichtet. Dennoch war er sehr angespannt und als auch noch im selben Augenblick die Türglocke ging, sackte ihm das Herz in die Hose. Hoffentlich war das nicht sein Sohn. Im Nachhinein betrachtet war es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen, das Wiedersehen mit Kai und dessen geplanter Verlobung mit Isabella auf einen Termin zu legen…

Aber gut, es zu bereuen war der falsche Zeitpunkt, er musste das Beste aus der Lage herausschlagen.

Versuchend sich zu beruhigen, schritt Susumu zur Tür und öffnete diese. Ihm schaute ein rotes Augenpaar von unten entgegen. Sie erinnerten ihn erschreckend stark an die seiner verstorbenen Frau und er musste schlucken.

„Hallo, Vater“, kam es ihm auch schon entgegen, bevor er weiter über Kais Augen nachdenken konnte. „Kann ich reinkommen?“

Er klang nicht direkt mürrisch, aber auch nicht sonderlich freundlich.

„Klar doch, komm rein“, lachte Susumu unsicher und trat beiseite. Sein Sohn stolzierte beinahe an ihm vorbei zur Garderobe, wo er seinen Schal abstreifte und den Trenchcoat aufhängte. Er musste sagen, dass sich sein Sohn prächtig entwickelt hatte. Er war zwar nicht sonderlich groß, hatte aber einen guten Körperbau und kein Übergewicht, soweit er das erkennen konnte und war eher muskulös. Er fand zwar, dass Kais Haare ein wenig zu lang waren, aber gut. Ihn störte es eigentlich nur, weil seine Ex-Frau in etwa genauso lange Haare gehabt hatte. Er war auch fast so groß wie sie…

„Sind die anderen schon da oder bin ich der erste?“, entriss ihn eine dunkle Stimme aus seinen Gedanken, die von seinem Sohn stammte.

„Ähm, nein die anderen sind noch nicht da“, erwiderte Susumu und blinzelte ein paar Mal, ehe er wirklich Kai vor sich sah.

Er hatte keine Ahnung, was mit seinem Vater gerade abging, aber um ehrlich zu sein wollte er das auch nicht wirklich wissen. Kai störte es nur, dass Susumu in der Gegend rumstand und ihn anstarrte als hätte er einen Geist gesehen. Schon zweifelte er wieder daran, ob es eine gute Idee gewesen war, hierher zu kommen.

„Kann ich mich irgendwo hinsetzten?“, wollte Kai wissen. Da sein Vater von sich aus nichts mehr machte, musste er wohl alles selbst in die Hand nehmen.

„Klar…folg mir“, kam es dann als Antwort von dem Mittvierziger, der an Kai vorbei in ein großes Zimmer mit Ausblick auf die Stadt ging. Susumu wies Kai seinen Platz zu und setzte sich dann ihm gegenüber an den Tisch.
 

Eine Weile saßen sie schweigend da, bis sich Susumu dazu durchrang, Kai Fragen zu stellen: „Und was hast du die letzte Zeit so gemacht? Geht es dir gut?“

Na das fing ja gut an, jetzt wurde er schon ausgefragt. Jedenfalls kam es Kai so vor. Vielleicht interessierte sich sein Vater ja auch wirklich für ihn? Nein, das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen, nicht nach all den Jahren ohne Kontakt oder wenigstens Annäherungsversuche.

„Ich gehe zur Schule und wohne, wie du sich weißt, mit einem Freund in einer WG“, erwiderte Kai. Mehr wollte er an Informationen nicht rausrücken. Schließlich war ihm schon fast klar, wie sein Vater und Großvater reagieren würden wenn er sagen würde, er hätte einen Freund. Zumal er noch nicht mal selbst richtig damit klar kam, dass er…’anders’ war.

Susumu nickte. Kai wollte offenbar nicht mehr sagen, seiner Reaktion nach zu urteilen. Gut, wenn er nicht wollte, dann würde er es eben lassen. Ging ihn schließlich nichts an.

Dieses Mal wirkte die Türglocke wie ein Befreiungsruf. „Das müssen Mr. Windsor und Isabella sein“, erhob sich Susumu und ging zur Tür, um seine Gäste einzulassen.

Jetzt ging es wohl erst richtig los.

//Hoffentlich ist sie keine Zicke…//, dachte sich Kai und stieß einen leisen Seufzer aus. Schon vernahm er eine männliche Stimme, die nicht seinem Vater gehört, und eine weibliche, zaghaft klingende mit leicht englischen Akzent.

Es dauerte nicht lange, bis ein untersetzter Mann, der etwa im Alter seines Vater war und ebenfalls einen Anzug trug, den Raum betrat. Dicht gefolgt wurde er von einem Mädchen, das ein ganzes Stück kleiner als der Mann war, aber genauso blondes Haar hatte, das aber im Gegensatz zu dem ihres Vaters gewellt war. Sie warf einen Blick schüchtern durch den Raum und hing für eine Sekunde an Kais roten Augen. Ihre waren haselnussbraun und sie strahlten eine gewisse Unschuld aus. Sie wirkte allgemein eher schüchtern, soweit Kai das bisher beurteilen konnte.

Um nicht unhöflich zu erscheinen, stand Kai auf, gab dem Mann die Hand und stellte sich kurz vor, ehe er das Mädchen begrüßte, das Isabella hieß und in seinem Alter zu sein schien. Jedenfalls schätzte er das, von ihrem äußeren Erscheinungsbild ausgehend. Sie hatte eine etwas größere Oberweite als Hiromi, was aber auch nicht schwer war, und war in etwa so groß wie sie. Des Weiteren war sie bisher noch nicht aufdringlich gewesen, sondern hatte seine Begrüßung kurz und leise erwidert, ehe sie sich setzte.

Inzwischen saß Kai wieder, allerdings schienen sein Vater und Mr. Windsor nicht den Anschein zu erwecken, sich setzen zu wollen, denn sie befanden sich schon mitten in einem Gespräch. Statt sich an den Tisch zu setzen, lud Susumu den anderen Mann ein, sich auf die Terrasse zu begeben. Als sie sich aus dem Zimmer bewegten, zwinkerte Susumu seinem Sohn noch zu, ehe er das Zimmer endgültig verließ.

Na super, jetzt war er quasi gezwungen, sich mit Isabella zu unterhalten. Aber gut, vielleicht war das besser als schweigend neben zwei Geschäftsmännern zu sitzen und ihnen zwangsweise zuhören zu müssen.

Gut, nun war es an ihm, ein Gespräch zu beginnen, denn Isabella schien dazu nicht gewillt zu sein. „Musst du oft auf solche Treffen mit?“

Sie schreckte zusammen als auf einmal Kais tiefe Stimme erklang und sah dann zu ihm auf – sie hatte den Blick zuvor immer starr nach unten auf die Tischlatte gerichtet.

„Nun, eigentlich nicht…“, begann sie zögerlich. „Das ist das erste Mal, dass mich Daddy zu einem nicht geschäftlichen Treffen mitgenommen hat“

Kai nickte: „Geht mir genau so. Zumal ich meinen Vater schon lange nicht mehr gesehen habe“

Isabella sah ihn verwundert an: „Hm? Also siehst du deinen Vater nicht oft? Warum das?“

„Ich habe schon lange keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt, seit meiner Kindheit nicht.“ – „Warum das?“ – „Nun, als meine Mutter starb, wurde ich in die Abtei meines Großvaters in Russland untergebracht, während mein Vater in Japan lebte. Er hat mich nie kontaktiert“, meinte Kai monoton. Er hatte sich bereits mit seinem Schicksal abgefunden und war auch nicht mehr wütend auf seinen Vater. Dieser war einfach ein Arschloch, der seine Frau und seinen Sohn im Stich gelassen hatte und es nicht wert der Aufregung war. Eigentlich hatte er dem Treffen auch nur Yuriy zuliebe zugestimmt.

„Oh, das tut mir leid“, flüsterte Isabella und schaute wieder auf den Tisch.

„Mach dir nichts draus. Ich bin darüber hinweg.“

Das Treffen - Teil II

Bisher hatten sie sich ganz nett unterhalten und sie war ihm noch nicht auf die Nerven gefallen.

„Und wo gehst du zur Schule? Ich gehe auf die Kuroi Hana Mädchenschule hier in der Stadt“, fing Isabella diesmal ein Thema an und lächelte Kai zuckersüß an. „Whitefort Oberschule“, gab Kai zurück. „Eine reine Jungenschule.“

Es war ihm manchmal ganz recht, dass es auf der Schule keine Frauen gab. Er kannte es auch nicht anders. Nie waren um ihn herum irgendwelche Frauen gewesen, nicht in der Abtei, nicht jetzt. Die einzige Frau, mit der er wohl je eine Beziehung aufbauen konnte, war seine Mutter und die war tot.

„Ich finde es ja ziemlich langweilig so ganz ohne Jungs…“, quengelte sie ein bisschen und rutsche auf ihrem Stuhl herum. „Und wie findest du es?“

„Na ja, mich hat es bisher nie gestört“, meinte Kai. „Ich kenne es nicht anders“

„Oh“, gab Isabella von sich. Ihr war eben klar geworden, dass Kai wohl wirklich noch nie viel Umgang mit Mädchen gehabt hatte. Eine Abtei war ihrem Wissen nach ja auch immer eingeschlechtlich. Dafür konnte er aber gut mit einer Frau umgehen, fand sie.

„Hattest du schon mal eine Freundin?“, rutschte es ihr raus und sie wurde augenblicklich rot.

Diese Frage kam doch sehr überraschend und plötzlich, sodass Kai sie erst einen Moment einfach nur anstarrte, ehe er antwortete: „Nein, hatte ich nicht.“

Dass sie damit wahrscheinlich automatisch asummieren würde, dass er noch Jungfrau war und noch nie jemanden geküsst hatte, wurde ihm erst einen Moment später bewusst. Solche Fragen waren doch aber auch verzwickt!

Eigentlich konnte es ihm doch egal sein, was Isabella von ihm dachte, er sah sie wahrscheinlich sowieso nie wieder.
 

Zur gleichen Zeit unterhielten sich Susumu und Mr. Windsor schon angeregt über ein sehr pikantes Thema: Die Verlobung ihrer Kinder. Mr. Windsor fand Kai auf den ersten Eindruck sympathisch und gutaussehend und er hatte auch schon einen Blick auf Kais Lebenslauf werfen dürfen. Da Susumu nichts von einer Freundin Kais wusste und Isabella auch keinen Freund hatte, sprach von keiner Seite etwas gegen die Verlobung, jedenfalls aus der Sicht der Erwachsenen nicht.
 

Im Widerspruch zu Kais Gedanken hatte Isabella nichts der gleichen gedacht. Nein, sie antwortete ihm nur lächelnd: „Mein Daddy hat mir bisher auch keinen Freund erlaubt“

Für Isabellas ‚Daddy’ war bisher keiner gut genug für seine Tochter gewesen und er hatte sie aus Vorsorge auf eine Mädchenschule geschickt, sehr zu ihrem Leidwesen.

Kai überraschte diese Antwort. Bei Isabellas offensichtlichem Interesse an Jungs hätte er anderes erwartet. Zumindest eine heimliche Liebschaft irgendwann einmal oder Sonstiges. Aber sie schien loyal zu ihrem Vater zu stehen und gehorsam zu sein. Im Grunde war er das ja auch. Bloß nicht zu seinem Vater, der ihm dazu gar keine Gelegenheit geboten hatte, sondern zu seinem Großvater. Bisher war das jedenfalls immer so gewesen, aber je mehr sich Kai seiner Abhängigkeit bewusst wurde, umso mehr versuchte er sich von ihm abzukapseln. Er wollte nicht länger eine Marionette für andere sein!

„Ich verstehe“, gab Kai knapp von sich. Er war angespannt.

Das fiel auch Isabella auf, die nun verunsichert war. Hatte sie da ein heikles Thema angesprochen? Wenn sie es sich überlegte, dann war dem nicht so. Sonst konnte sie sich Kais plötzliche Anspannung nicht erklären und beschloss deswegen einfach das Thema zu wechseln: „Nun…hast du sonst noch was vor heute? Abgesehen von diesem Treffen natürlich“

Es war schon beinahe zu offensichtlich wie sie versuchte das Thema abzulenken. Aber gut, Kai würde darauf eingehen, er wollte ja ausnahmsweise mal kein Spielverderber sein. Das würde dann schon Yuriy zu Hause abbekommen, bei dem es auch viel spaßiger wäre, weil dieser immer auf Kais Sticheleien einging.

„Bisher noch nicht“, erwiderte er und versuchte sich zu entspannen. „Und du?“
 

Irgendwann fand zum Glück auch dieses Treffen ein Ende, jedenfalls für Mr. Windsor und Isabella, die schon gehen konnten, denn Mr. Windsor war noch auf ein Abendessen eingeladen worden und sie hatten es etwas weiter bis dorthin zu fahren.

Nachdem sie gegangen waren, wollte sich Kai eigentlich auch auf den Weh nach Hause machen, wurde jedoch von seinem Vater aufgehalten, der noch etwas mit ihm besprechen wollte.

„Und was willst du jetzt noch von mir?“, wollte Kai sichtlich genervt wissen. Nicht nur dass er beinah den halben Tag im Apartment seines Vaters verbracht hatte, er hatte auch noch einem Mädchen ziemlich viel über sich preisgegeben. Bei Hiromi damals war es ihm mehr als leicht gefallen, nicht auf Fragen einzugehen und sie zu ignorieren. Isabella hatte jedoch einen völlig anderen Charakter und es war irgendetwas an ihr, das ihn unvorsichtig werden hatte lassen. Vielleicht war es die Überzeugung gewesen, sie sowieso nie wieder zu sehen, vielleicht hatte er einfach nur höflich sein wollen, da sie auch einiges über sich erzählt hatte.

„Mit dir reden und dir etwas mitteilen“, erwiderte Susumu verunsichert. Sein Sohn schien mehr als schlecht gelaunt zu sein.

„Aha, dann tu‘ dir keinen Zwang an“, gab Kai von sich, er wollte so schnell wie möglich nach Hause und aus diesem Anzug raus!

„Gut…also“, begann der Mittvierziger zögerlich. „Isabella ist ein hübsches, nettes Mädchen, nicht war?“

//Ist das jetzt sein ernst?!// Kai war natürlich sofort klar, auf was das hier hinauslaufen würde und es gefiel ihm überhaupt nicht.

„Mag sein. Aber nein, ich bin nicht an ihr interessiert“, stellte Kai barsch klar.

Sein Vater seufzte daraufhin hörbar: „Du hast sie doch erst ein Mal gesehen. Deine Meinung wird sich sicher ändern wenn du sie öfter getroffen hast…“

Er wollte sie aber gar nicht ‚öfter treffen‘. Wie kam sein Vater nur auf so eine Idee?

„Das möchte ich nicht und ich habe auch keine Zeit dafür“, unterstrich der Halbrusse seine Aussage von vorher. Erstens hatte er genug mit der Schule zu tun und zweitens hatte er einen Freund, der seine Aufmerksamkeit auch irgendwie benötigte.

Susumu sah ein, dass es im Moment keinen Sinn mehr machte, mit Kai zu diskutieren, merkte aber zu guter Letzt noch an: „Herr Windsor würde es auch freuen, wenn du es dir anders überlegen würdest. Aber jetzt will ich dich nicht länger aufhalten…“

//Na endlich!// Kai stand auf und schritt zur Garderobe wo er sich anzog und sofort in Richtung Ausgang steuerte. Jedoch wurde er noch einmal kurz von seinem Vater ‚belästigt‘, der ihm einen schönen Abend wünschte.

Danach stampfte Kai die Treppenstufen hinab, nach Aufzugfahren war ihm nicht. Er musste sich irgendwie abregen.

//Was denkt er eigentlich wer er ist?! Lädt mich ein, frägt mich aus und will mich verkuppeln!//, regte sich der Blauhaarige innerlich auf, währen er die schon halb dunkle Allee durchschritt. Er war im Moment auf hundertachzig und würde auch so schnell nicht mehr runterkommen.
 

Als er um neunzehn Uhr nach Hause kam, hatte sich sein Gemüt ein wenig beruhigt, besser gelaunt war er keinesfalls. Erst einmal zog er den Trenchcoat aus und hängte ihn mit dem Schal zusammen an einen Haken, danach folgten die Schuhe, die er sich beinah von den Füßen geschleudert hätte. Yuriy hatte nun auch mitbekommen, dass sein Freund nach Hause gekommen war und kam gerade um die Ecke.

„Na, wie war’s?“, grinste er dem Halbrussen entgegen. Jedoch hielt dieses Grinsen nicht lange an, denn Kai sah gerade auf. //Oh…ist wohl nicht so toll gewesen. So wütend sah er schon lange nicht mehr aus… //

„Willst du das wirklich wissen?“, kam es nicht gerade nett von dem Rotäugigen. Er wusste, dass Yuriy eigentlich nicht dafür konnte, aber er war eben nicht gut drauf.

Besagter Rotschopf schluckte leicht bei Kais Blick und trat vorsichtig einen Schritt auf ihn zu, so als würde er sich einer wilden Katze nähern. Er kannte Kai inzwischen schon gut, weswegen er wusste, wie man mit ihm umzugehen hatte.

„Mein Vater will, dass ich mich mit Isabella verlobe!“, keifte Kai als er keine Reaktion von Yuriy bekam. „Ich soll mir sicher sein, dass ich sie heiraten werde nachdem ich sie ein Mal gesehen habe!“

Das hatte der Rothaarige nun wirklich nicht ahnen können und schaute schockiert in die roten Augen seines Freunds, die geradezu vor Empörung, aber auch Enttäuschung, glühten. Da sah er seinen Vater mal wieder und dieser wollte ihn gleich verkuppeln. Keine sonderlich gute Strategie um die Beziehung wieder aufzubauen. Sofern er das jemals vorgehabt hatte.

„Hast du ihm nicht gesagt, dass du bereits vergeben bist?“ – „Hätte ich meinem Vater etwa beichten sollen dass ich schwul bin?!“, fuhr Kai ihn an.

Es war wirklich eine verzwickte Situation. Natürlich konnte Kai seinem Vater nicht einfach sagen, dass er kein Interesse an Frauen und einen Freund hatte, auch wenn dieser kein Russe war. Trotz der heutigen Akzeptanz war die Einstellung gegenüber Homosexuellen in Russland meistens noch immer nicht positiv. Aber erwartete Kais Vater wahrscheinlich, dass sein Sohn ein wohlhabendes Mädchen aus seinen Kreisen zur Frau nehmen würde.

Yuriy senkte den Kopf. „Nein, das hättest du wohl nicht sagen können…“

Eine Weile sagte erst mal niemand mehr etwas, bis Kai nach und nach klar wurde, dass er seine Wut mehr oder minder an Yuriy ausgelassen hatte, der ihm nur helfen hatte wollen.

„Ich…Yuriy…“, senkte Kai nun auch seinen Kopf und wurde leiser. „Es tut mir leid, du kannst ja nichts dafür“

Er ging ein paar Schritte nach vorne und stand nun vor seinem Freund, der den Kopf überrascht gehoben hatte und den Blauhaarigen betrachtete. Hatte Kai sich gerade wirklich bei ihm entschuldigt? Wenn dieser mal einen Fehler einräumte, dann meinte er es ernst.

„Ist schon okay, du bist einfach gestresst“, tat er es ab und legte vorsichtig seine Arme um Kai. Er wusste ja nicht, ob diesem Körperkontakt gerade recht war.

Doch der Kleinere schmiegte sich fast augenblicklich an den warmen Oberkörper seines Freundes und erwiderte die Umarmung.

„Trotzdem ist es nicht okay…“, murmelte Kai leise.

Im Dunkeln

Nachdem Kai seinen Anzug ausgezogen und sich bequeme Schlafklamotten angezogen hatte, ging er aus dem Bad in sein Schlafzimmer.

//Eigentlich könnte ich doch auch zu Yuriy gehen…wir sind immerhin zusammen//, kam es ihm in den Sinn. Jedoch durchfuhr ihn ein Schauder als er daran dachte, was letztes Mal passiert war als er bei Yuriy geschlafen hatte. In dem Moment als der Blauäugige ihn damals berührt hatte, war Panik in Kai aufgestiegen. Er fand das Gefühl schön, das in ihm aufgekommen war, jedoch Angst mit gegenüber dem Folgenden hatte. Zu viel Schlechtes verband er mit Sex als dass er einwilligen könnte, wenn ihn jemand plötzlich auf diese Weise berührte.

Andererseits verspürte er das tiefe Bedürfnis, bei Yuriy sein zu wollen und so schlich er sich trotz aller Bedenken in dessen Zimmer.

Es brannte nur noch eine kleine Leselampe und erhellte den Raum spärlich. Aber natürlich war der Rotschopf noch wach und sah überrascht von dem Buch auf, in dem er gerade noch gelesen hatte.

„Kai? Ist irgendwas passiert?“, wollte er sofort wissen.

„Nein…ich wollte dich nur fragen, ob ich bei dir schlafen kann“, kam es ein bisschen schüchtern von Kai, der Yuriys Blick auswich.

Sofort hellte sich die Mine des Russen auf.

„Aber klar darfst du das!“, erwiderte er und rückte zur Seite, um Kai auf dem Bett Platz zu machen. Der Kleinere schloss die Tür hinter sich und tapste mit nackten Füßen über den Holzboden auf das Bett zu und schlüpfte unter die Decke, die ihm aufgehalten wurde.

Unter Yuriys Decke war es angenehm war, genau wie dieser selbst, was Kai wahrnehmen konnte. Da er versehentlich näher an diesem lag als er es beabsichtigt hatte. Um die Situation für sich zu retten, erkundigte er sich nach dem Buch, das Yuriy in seinen Händen hielt.

„Ach das…nur ein Thriller, den ich mir letztens gekauft habe“, gab der rothaarige Russe ihm Auskunft und klappte das Buch dann zu. Kai wurde leicht nervös, denn jetzt gab es nichts mehr, das Yuriys Aufmerksamkeit mehr beanspruchte und abgesehen davon lächelte dieser ihn gerade an.

„Wollen wir schlafen gehen? Es ist schon spät und du hast einen stressigen Tag hinter dir…“

Kai nickte ein wenig unsicher und machte es sich dann gemütlich. Yuriy hatte währenddessen das Buch wegelegt und es sich danach auf dem Rücken bequem gemacht.

„Machst du das Licht aus? Du bist näher an der Lampe“, bat der Rothaarige und Kai tat was man von ihm verlangte. Danach legte er sich auf die Seite und versuchte sich zu beruhigen. Die einzige Lichtquelle war eine Straßenlaterne, die ihr Licht nur spärlich in das Zimmer warf und in Kais Augen eine seltsame Atmosphäre schuf. Es dauerte auch nicht lange bis sich ein Arm von hinten um ihn legte und er sanft an den warmen Körper hinter sich gezogen wurde. Beinahe hätte sich wieder Panik in ihm breit gemacht, doch er sagte sich, dass es nur Yuriy war, der wahrscheinlich einfach ein wenig Körperkontakt suchte, was auch sein gutes Recht war. So atmete Kai tief durch und entspannte sich.

Dem Größeren war nicht entgangen, dass Kai sich in den ersten Momenten unwohl gefühlt haben musste und er versuchte wirklich, nichts ‚Schlimmes‘ mit ihm anzustellen, da er um Kais Vergangenheit wusste. Es war schwer, jemanden zu berühren, der missbraucht worden war aber es war sicherlich nicht unmöglich. Man musste sich langsam vorantasten und brauchte viel Feingefühl. Da Yuriy um seine eigene manchmal ungestüme Art wusste, sagte er sich immer wieder, dass er sich um Kais Willen zurück halten musste. Doch gerade in solchen Momenten wie in diesem fiel es ihm unglaublich schwer, da er den kleinen Halbrussen nicht nur äußerst attraktiv fand, sondern es ihn regelrecht zu ihm hinzog und er so nah beim anderen sein wollte wie es nur möglich war. In anderen Worten: Er wollte mit ihm schlafen.

„Kai“, flüsterte Yuriy leise als dieser sich entspannt hatte. „Ich werde dir niemals wehtun, das hab ich dir versprochen…also sagst du immer rechtzeitig wenn ich aufhören soll, okay?“

Das kam jetzt zwar unerwartet aber erleichterte Kai auch ungemein. Also erwartete Yuriy nicht von ihm, dass er sofort alles mitmachte.

„Werde ich…“, flüsterte Kai zurück und fühlte sich gleich viel wohler ihm Arm seines Freundes. Zögerlich schmiegte er sich leicht an diesen, sich nicht bewusst was er damit in Yuriy auslöste, der sich bis zu diesem Zeitpunkt einigermaßen unter Kontrolle gehabt hatte. Kai hatte ihn wohl aus Versehen am Schritt gestreift und damit bewirkt, dass sich das Blut zwar noch nicht an einer gewissen Stelle ansammelte, sich aber Vorstellungen in seinen Gedanken breitmachten. Kaum merklich stricht seine Hand über Kais Brustkorb und dessen Bauch, ehe sie sich unter das Shirt bewegte und die zarte Haut streichelte.

Den Kleineren durchfuhr ein Schauder als die Finger sanft über seine nackte Haut strichen und seine Wangen röteten sich unweigerlich. Ihm gefiel diese Streicheleinheit besser als gedacht und erst mal wollte er seinen Freund nicht stoppen.

„Ist soweit alles okay?“, vergewisserte sich der Rothaarige, ehe er fortfuhr.

„Ja“, hauchte Kai leise und war überrascht wie anders sich seine Stimme anhörte. So…

Yuriys Finger fuhren die deutlich spürbaren Muskeln seiner Brust nach und widmeten sich dann seinen Brustwarzen, über die sie erst sanft glitten aber kurz darauf mit ihnen zu spielen begannen. Dies entlockte Kai ein leises Stöhnen, das, ohne dass er es selbst mitbekommen hätte, seinem Mund entwich.

Bisher schien alles in Ordnung zu sein, was Yuriy nicht nur innerlich aufatmen ließ, sondern ihn auch zufrieden stellte. Er wagte sich bald etwas weiter vor und strich über den Bauch des Kleineren, ehe er am Hosenbund hängen blieb.

„Darf ich?“, fragte Yuriy und hielt gespannt den Atem an. „Ja…“, kam die Antwort zögerlich und leise von Kai.

Der Ältere hatte sich schon oft vorgestellt wie es wohl wäre, Kais Körper überall zu berühren und dessen Stöhnen zu hören. Dass dies zum Teil zur Realität geworden war, konnte er immer noch nicht fassen.

Behutsam glitt er mit einer Hand unter Kais Hose und entlockte diesem ein weiteres Stöhnen als er dessen Männlichkeit berührte. Keineswegs waren Yuriys Berührungen spurlos an Kai vorübergegangen, wovon ersterer sich in diesem Moment selbst überzeugen konnte.

„Yuriy…“, entwich es Kai leise. Als besagter erst mal vorsichtig den Schaft abtastete und dann zu massieren begann, legte sich der Jüngere erschrocken über seine eigene Stimme eine Hand vor den Mund, um weiterem Keuchen keinen Auslass zu gewähren. Zu unangenehm waren ihm die Geräusche, die Yuriys Berührungen aus ihm heraus lockten.

„Tu das nicht…du hast so eine schöne Stimme“, flüsterte eine leise Stimme gegen Kais Nacken, wo er wenig später weiche Lippen wahrnahm, die ihn liebkosten. Unsicher nahm er die Hand von seinem Mund und krallte sich mit dieser anschließend im Bettlaken fest, da sich nun weiter vorwagte und seine Erregung steigerte. Nie zuvor hatte Kai dieses Gefühl empfunden wenn ihn ein anderer angefasst hatte. Gleichzeitig fühlte sich so viel besser an als wenn er sich selbst berührte…

Inzwischen stöhnte Kai immer wieder leise auf und schmiegte sich an die wohltuende Hand, sowie dessen Besitzer. Zwei Finger spürte er an der Spitze seiner Erregung, die ihn aufkeuchen ließen: „Yuriy, nicht…da…ah“

Der Russe musste ahnen, dass Kai seinem Höhepunkt schon sehr nahe war und ließ daher erst recht nicht von ihm ab. Offenbar war Kai an dieser Stelle besonders empfindlich und so widmete er sich ihr intensiver. Das verursachte in dem Kleineren, dass sein Herz zu rasen begann und er sich mit den Fingern in der Decke festkrallte. Teilweise aus Angst zu kommen, teilweise aus Erregung wand sich Kai unter Yuriys Hand und kam seinem Höhepunkt immer näher.

Kais Stöhnen wurde lauter und schließlich kam er mit einem unterdrückten Keuchen und Yuriys Namen auf den Lippen.

Es handelte sich nur noch um Bruchteile einer Sekunde bis der Ältere eine warme Flüssigkeit in seine Hand fließen spürte.

Langsam zog er sie aus Kais Hose und leckte dann deren Inhalt genüsslich ab. Es war noch viel besser als in seinen Träumen gewesen und verdammt, schmeckte Kai gut~

Der Körper des Blauhaarigen bebte immer noch leicht, aber seine Atmung beruhigte sich langsam wieder. Er konnte noch immer nicht fassen, was gerade passiert war und umso peinlicher war es ihm, als er sich zögerlich umdrehte und schemenhaft Yuriys Gesicht wahrnahm…und was dieser gerade von seinen Fingern ableckte.

„Findest du das nicht…eklig?“, wollte Kai beschämt wissen. Er wusste nicht, ob er das gleiche für Yuriy getan hätte und war sich sicher, dass er noch nicht bereit war, Ähnliches von sich aus zu tun.

Die blauen Augen sahen ihn ungläubig an. „Auf keinen Fall“, kam es ein wenig empört vom Besitzer dieser wunderschönen Augen. „Ich liebe dich und alles an dir.“

Ehe sich Kai versah, legten sich auch schon ein paar weiche Lippen auf seine und er wurde an den Körper seines Freundes gezogen. Zaghaft erwiderte er den Kuss und schloss die Augen. Es fühlte sich alles so unwirklich an und so schön…oder war es so schön weil es nicht wirklich war? Träumte er das alles vielleicht nur?

„Geht es dir gut?“, verscheuchte Yuriys Stimme diese Vermutung und Kai öffnete überrascht die Augen und sah fast ein wenig beleidigt aus.

„Warum hast du aufgehört, mich zu küssen?“, erwiderte er beleidigt und verursachte damit einen stürmisch aber nicht minder leidenschaftlichen Kuss seitens des rothaarigen Russen, der ihn danach zufrieden grinsend ansah.

„Ich bereue es keine Sekunde, auf dich gewartet zu haben~“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Am Special werde ich bald arbeiten, versprochen ;)
Danke an alle, die abgestimmt haben, hat mir sehr geholfen!

LG Yu Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hoffe es hat euch gefallen und ihr seid nicht zu sauer, dass es in zwei Teile unterteilt wurde (von meinem Schreibfluss...hab mehr geschrieben als ich vorgehabt hatte).
Vielleicht kommt der zweite Teil schon in 2 Woche, wenn ihr dass wollt ;)

LG Yu Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Bis bald und auf Wiederschreiben
LG Yu Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Frohe Weihnachtszeit!

LG Yu Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu dieser Fanfic (47)
[1] [2] [3] [4] [5]
/ 5

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Shijin
2014-01-05T10:44:26+00:00 05.01.2014 11:44
Tja, ich hatte es ja vorher schon gelesen *grins*, als es versehentlich hochgeladen wurde.
Ich hab's vermisst. Es ist wunderbar. Mich interessiert die Entwicklung zwischen Kay und Yuriy etwas mehr alsKay und sein Vater. Ich schätze, dass du beide Stränge zu einem Finale zusammenführst, und man die Hintergrundgeschichte braucht, um Kay zu verstehen. Trotzdem freue ich mich mehr, wenn es mehr um die beiden und ihre frische Beziehung geht. Ein frohes neues Jahr wünsche ich dir noch.
Von:  LellaTheDarkAngel
2013-12-27T20:43:41+00:00 27.12.2013 21:43
Yay, Kai ist hapyy, Yuriy ist happy...
Ich bin jetzt auch glücklich ^.^
Sorry übrigens das ich jetzt erst reviewe, kommentatiere whatever
Hatte kaum Zeit^^"
Jetzt kann ich aber für beide Kapitel sagen:
Sie haben mir sehr gut gefallen ^-^

LG Lella
Von:  sonoka
2013-12-24T14:04:01+00:00 24.12.2013 15:04
so ein tolles kappi hast du schön geschrieben ^^ ich hoffe es geht so schön mit den beiden weiter und freue mic aufs ächste kapitel und wünsch auch ir eine frohe weinachtszeit
LG Sonoka
Von:  sonoka
2013-12-21T17:21:34+00:00 21.12.2013 18:21
wieder ma ein tolles kappi und och bin gespannt was jetzt so passiert freue mich aufs nächste ^^
Von:  Shijin
2013-12-06T05:11:19+00:00 06.12.2013 06:11
Also, ok! Das Pitel war gut, aber *grins* das andere war besser. Ist doch auch schon fertig....
Antwort von:  King_of_Sharks
06.12.2013 15:25
Danke erstmal, aber dass das andere fertig ist hat ja auch keiner angezweifelt o.o

LG Yu
Von:  Alex_Dryden
2013-12-05T21:35:28+00:00 05.12.2013 22:35
OOHHH wie süß Yuriy ist...
Voll schönes Kapitel mal wieder.
Aber mir hat irgendwie der Übergang vom Kapitel davor gefehlt...kann aber auch daran liegen, dass ich nicht mehr ganz genau weiß, wie das vorige Kapitel geendet hatte, da ich zu faul war das noch mal zu lesen ^^*

Bin gespannt was jetzt so als nächstes Passiert^^
Antwort von:  Alex_Dryden
05.12.2013 22:37
Ok...ich bin verwirrt...ich hab doch gerade was ganz anderes gelesen -.-
Antwort von:  King_of_Sharks
06.12.2013 00:21
Mein Fehler...ich hab das falsche Kapitel hochgeladen, es nachträglich bemerkt und danach ausgetauscht ^^v
Großes Entschuldigung an dieser Stelle!
Von:  Akiko_22
2013-11-22T08:25:21+00:00 22.11.2013 09:25
Sooo jetzt schaffe ich es auch endlich einen Kommentar zu hinterlassen.
Also obwohl in diesem Kapitel nicht wirklich viel passiert, hat es mir gefallen. Es ist ein Ausblick auf das folgende Kapitel. Kai scheint Isabella zu mögen, sonst würde er ihr doch nicht soviel von sich erzählen. Ich denke da kommt ganz schön Spannung in das nächste Kapitel ^^
Ich freu mich schon ;)
LG
Akiko
Von:  LellaTheDarkAngel
2013-11-13T18:49:42+00:00 13.11.2013 19:49
Hachja, die liebe Isabella :)
An sich ist sie mir sogar sympatisch aber Kai beibt bei Yuriy, so :D
Kann nur erneut sagen, dass es super war ;)

LG Lella
Antwort von:  King_of_Sharks
13.11.2013 21:11
Hm, ich weiß noch nicht, ob ich sie mag(ja, ich weiß nicht ob ich meinen OC mag XD)...
Auf jeden Fall ist sie ein guter Grund um sich Sorgen zu machen, so viel sag ich^^

LG Yu
Von:  Alex_Dryden
2013-11-13T11:03:41+00:00 13.11.2013 12:03
MMhhh...also an sich ist das Kapitel wieder gut, wie immer.
Aber die Handlung an sich war jetzt nicht groß...Ich weiß nicht...es war etwas langweilig.
Naja ich denke die Spannung kommt dann im zweiten Teil davon^^

Bye Guave_Lexi
Antwort von:  King_of_Sharks
13.11.2013 21:11
Ja, ich muss zugeben, dass es ziemlich langweilig war, aber es musste sein...irgendwie :P

Bis bald~

LG Yu
Von:  Miraijin
2013-11-12T21:34:51+00:00 12.11.2013 22:34
Das Kapitel hat zwar nicht immens viel Handlung, aber ich mag deinen Schreibstil und bin schon gespannt wie es weiter geht :) Dauert ja zum Glück nicht lang bis zum zweiten Teil.^^

Liebe Grüße,
Mirai
Antwort von:  King_of_Sharks
13.11.2013 21:10
Sorry, hab irgendwie viel und nichts geschrieben, ich hoffe, dass es bald besser weitergeht XD

LG Yu


Zurück