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明日が来るなら...

Wenn der Morgen kommt...
von

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Nachtschicht

Die Gänge des Tôkyôter Polizeipräsidiums waren leer und ruhig, was nichts Ungewöhnliches war, wenn man bedenkt, dass es mitten in der Nacht war. Nur wenige Polizisten verrichteten um diese Uhrzeit ihren Dienst.

In einem Büro der 3. Abteilung für Gewaltverbrechen des 1. Kriminaldezernats saßen sich Miwako Satô, 28 Jahre, Inspektorin und Wataru Takagi, 26 Jahre, ebenfalls Inspektor, gegenüber. Da Satô bereits länger dabei war, war Takagi ihr folglich untergestellt. Er wurde ihr damals sozusagen als Partner zugewiesen, aber das war nun bereits ein paar Jahre her.

Anfangs war Takagi auch nur ihr ‚Untergebener‘, denn lange Zeit konnte sie nicht über den Tod ihres vorherigen Partners, Jinpei Matsuda, hinwegkommen, welcher bei einem polizeilichen Einsatz, genauso wie ihr Vater, Masayoshi Satô, umkam. Diese beiden Ereignisse, sowie weitere aus ihrer Vergangenheit bevor sie in den Polizeidienst eintrat, veranlassten sie zu glauben, sie wäre verflucht und somit würde eine Beziehung in Zukunft mit Sicherheit nicht in Frage kommen.

Aber in letzter Zeit kam sie gegen ihre eigenen Argumente, sie wäre verflucht und möchte auf keinen Fall eine Beziehung, nicht mehr an. Scheinbar hatte ihr da jemand ziemlich den Kopf verdreht gehabt.

Sie schaute kurz auf und blickte zu dem Mann herüber, der gerade mit einem Bericht beschäftigt war. Sie mochte ihn, nein, sie liebte ihn, aber irgendetwas war in letzter Zeit einfach anders geworden. Ob der letzte Fall daran schuld war?
 

Noch immer beschlich sie ein seltsames Gefühl im Magen, wenn sie daran zurückdachte. Wahrscheinlich ging es ihm da nicht anders, und genau aus diesem Grund sprach sie ihn auch nicht auf diesen Vorfall an. Einige Wochen waren seitdem bereits vergangen, als sie aus einem Helikopter auf ein altes, leerstehendes Gebäude ohne Dach gesprungen war, um ihren Partner vor dem Erfrierungstod und der Explosion einer Bombe zu retten. Nach der ganzen Sache war Wataru eine Weile krankgeschrieben, musste sogar ein paar Tage stationär im Krankenhaus bleiben. Sie hatte ihn einmal dort besucht, aber irgendwie schien ihre Beziehung seit jenem Fall wie eingefroren. Und das, obwohl sie ihm nach der Rettung sogar geküsst hatte, und das nicht zum ersten Mal. Machte sie irgendetwas falsch? War sie vielleicht zu aufdringlich gewesen? Immerhin hatte er sich nach dieser kurzen Begebenheit auch noch darüber beschwert, dass sie im Dienst waren und sich solche Dinge da nicht gehörten. Dabei war sie doch einfach nur froh gewesen, dass es ihm gut ging.
 

Jetzt gingen sich die beiden aus dem Weg. Es war nicht so, dass sie sich nichts mehr zu sagen hatten, aber sie trafen sich nicht mehr zu ihren sogenannten ‚Dates‘ und wenn sie miteinander sprachen, ging es nur um die Arbeit.

Ob Takagi Zeit brauchte? Ihr Blick fiel wieder kurz zu ihm herüber. Wahrscheinlich machte ihm der Fall um Date-san mehr zu schaffen, als sie sich vorstellen konnte. Vielleicht hatte er Angst und wollte nicht mit ihr darüber reden. Irgendwie machte sie dieser Gedanke traurig.
 

Und da war noch etwas…
 

In der untersten Schublade ihres Schreibtisches lag seit über einer Woche ein ungeöffneter Brief. Eigentlich war es nichts Schlimmes, nur der Umstand, dass Miwako bereits wusste, was darin stand, hatte sie dazu veranlasst, ihn erst gar nicht zu öffnen.

Es ging um den üblichen, jährlichen Polizeiball, der diesen Samstag stattfinden würde. Normalerweise freute sie sich auf diese Veranstaltung, denn da konnte man endlich einmal einen Abend abschalten und die gelösten Fälle des letzten Jahres Revue passieren und feiern lassen. Aber dieses Jahr war es etwas anderes. Denn Tradition war, dass man in Begleitung kam. Und genau diese Begleitung fehlte ihr. Sie wartete schon seit Tagen darauf, dass Wataru sie endlich bitten würde, ihn an diesen Abend zu begleiten. Aber das konnte sie sich wohl langsam abschminken. Wahrscheinlich spielte er nicht einmal mit diesen Gedanken! Also was sollte sie dort? Natürlich hatte sie bereits jede Menge Einladungen von den männlichen Kollegen bekommen, aber immer hatte sie lächelnd abgelehnt. Immerhin wollte sie nicht mit irgendjemand dort hin, sondern nur mit ihm. Aber das war ihm wohl überhaupt nicht bewusst.
 

Auch Takagi beschäftigte dieser Polizeiball sehr. Sein Brief lag ebenfalls in dem Schubfach seines Schreibtisches, jedoch im Gegensatz zu Satô’s, war dieser geöffnet. Er hatte die Absicht gehabt, seine Kollegin zu bitten, ihn zu begleiten, aber irgendwie gab es noch keine Gelegenheit, an dem er sie hätte fragen können. Oder war das einfach nur eine Ausrede für seine Feigheit? Viel mehr lag es wohl daran, dass er das Gefühl hatte, dass es im Moment nicht so lief, wie es vielleicht sollte. Seit dem Vorfall um Date-san, den er, wie er selbst überzeugt meinte, gut überstanden hatte, war ihre Beziehung, wenn man sie denn so nennen konnte, eine einzige Illusion geworden. Er hatte das Gefühl, sie existierte überhaupt nicht mehr. Er konnte sich auch denken, warum es so war.

Dass Miwako in den letzten Wochen ‚Ersatz‘ für ihn gefunden hatte, konnte und wollte er nicht so recht glauben, also musste es an etwas anderem liegen. Er erinnerte sich noch gut an den letzten Kuss zurück, wobei er jedes Mal leicht errötete. Er war sehr schön gewesen, aber seine Worte danach, dass sie doch im Dienst waren und sich so etwas dementsprechend nicht gehörte, waren wohl fehl am Platze gewesen. Immerhin war doch niemand in der Nähe gewesen, der es hätte sehen können. Dass die Kamera noch lief und diese die beiden in jenem Moment filmte, wussten die beiden Polizisten nicht. Zwar gab es am ersten Tag, an dem er wieder das Präsidium betrat, böse Blicke der Kollegen, aber das war ja nun wirklich nichts Neues. Takagi hatte auch nicht erwartet, dass sich jemand freuen würde. Gut, vielleicht Satô, aber die schien es an diesem Tag kaum zu interessieren. Was war nur los? Wahrscheinlich sollten sie ihre ganze Situation mal aufklären, aber irgendwie glaubte Wataru, dass es Miwako nicht zu interessieren schien, so wie sie im Moment eifrig ihrer Arbeit nachging. Ob sie wohl wirklich schon eine Begleitung für den Abend hatte? Es wäre eine günstige Gelegenheit, dies herauszubekommen, immerhin waren sie allein und die Wahrscheinlichkeit, dass sie jemand stören könnte, war wirklich äußerst gering. Also, worauf wartete er noch? Eine günstigere Gelegenheit würde sich sicher nicht bieten. Aber was, wenn sie ablehnte? Genau diese Befürchtung nahm ihm seinen gesamten Mut. Warum sollte sie ausgerechnet mit ihm dort hingehen wollen? Andererseits, warum eigentlich nicht? Immerhin gab es ja auch mal eine Zeit vor dem letzten Fall, wo sich beide wirklich gut verstanden hatten.
 

„Sag mal Satô-san..“ unterbrach er einfach die Stille. Was Besseres war ihm nicht eingefallen und mit seinen Worten hatte er auch schon die vollständige Aufmerksamkeit seiner Kollegin. Diese blickte ihn ziemlich monoton an.

„Womit kommst du nicht klar?“

„Wie?“

Verwirrt blickte die Inspektorin zu ihrem Kollegen.

„Na, du hast doch sicher eine Frage zu dem Bericht, oder etwa nicht?“ Was anderes konnte sie sich nicht vorstellen, denn immer, wenn er in letzter Zeit etwas von ihr wissen wollte, ging es um die Arbeit.

„Ähm, nein, nein, darum geht es nicht, haha..“ Leicht rot und verlegen kratzte er sich am Nacken, so wie er es immer tat, wenn ihm etwas unangenehm oder peinlich war. „Ich…wollte nur wissen, ob du… naja, du weißt schon, am Samstag ist doch der Ball…und.. und… gehst du hin?“ Gespannt sah er zu ihr herüber. Er hätte es wohl ein wenig detaillierter und nicht so unklar ausdrücken sollen. Warum kam er nicht gleich auf den Punkt?

„Ob ich da hin geh?“ Kopfschüttelnd wendete sich Satô wieder ihren Bericht zu. „Ich glaube nicht, ist doch jedes Jahr das gleiche, am Ende liegen die Kollegen wieder sturzbetrunken in den Büros herum und so weiter. Das muss ich mir nicht geben…“ Selbst überrascht von ihrer Aussage hielt Miwako kurz inne. Was redete sie da eigentlich vor sich hin? Sie mochte dieses Ereignis doch, und natürlich war es so, dass nicht alle Kollegen es an diesem Abend bis nach Hause schafften, aber das war nun wirklich eine Ausrede gewesen. Gegen ein Gläschen Wein hatte sie wirklich nichts einzuwenden, solange man es nicht übertrieb.

„Aber… was ist denn mit dem guten Buffet? Und nicht alle sind solche Trunkenbolde!“ Versuchte er sie umzustimmen. Er konnte nicht so recht glauben, dass ihr diese Angelegenheit so egal war, wobei Anwesenheit doch eigentlich Pflicht war, soweit er sich erinnern konnte.

„Ja, schon…aber…“

„Aber was?“

Erwischt. Leicht ertappt dreinblickend starrte Miwako stur auf ihren Bericht. Langsam kam sie sich vor wie in einem Verhör.

„Ich muss mich vor dir doch nicht rechtfertigen!“ gab sie nun bissig von sich und wendete sich voll und ganz ihrem Schreibkram zu.

Wataru seufzte. War er wohl wieder ins Fettnäpfchen getreten. Aber so schnell wollte er nicht aufgeben, es musste ja einen guten Grund geben, warum sie nicht hingehen wollte. Und den würde er jetzt herausfinden, das nahm er sich fest vor.
 

Er stand von seinem Schreibtischstuhl auf, nahm die Lehne des Stuhles und schob ihn auf diese Weise direkt neben den ihren, auf welchem sie saß. Satô blickte, durch sein Tun verwirrt, auf. Er hatte also wieder ihre ganze Aufmerksamkeit.

„Aber...der Polizistenball mit all dem Drumherum gehört zur Tradition des Kriminaldezernats. Und, ehrlich gesagt, bei allem Ernst, den unsere Arbeit täglich mit sich bringt, sollte es uns ausnahmsweise einmal vergönnt sein, vollkommen abzuschalten. Und, na ja, den sorgenfreien Spaß zu genießen der uns im Umgang mit Leichen, Diebstählen und dem langweiligen Ordnen abgelaufener Akten verwehrt bleibt. Findest du nicht?“ Bei seinen Worten, die so leise gehaucht, aber dennoch verständlich gewesen waren, bekam sie eine regelrechte Gänsehaut. Er hatte ja eigentlich Recht. Sie nickte nur kurz, sagte aber dennoch nichts weiter. „Also, es würde mich freuen, wenn du mich begleiten würdest, Satô-san!“ Es war raus, so schnell und so einfach kam es über seine Lippen. Er war selbst über seinen Mut erstaunt.

Und auch Miwako blickte ziemlich überrascht drein. Immerhin hatte sie nicht mehr mit dieser Aufforderung gerechnet. Aber etwas störte sie an seinen Worten.

„Ich habe dir schon mal gesagt, dass du mich Miwako nennen sollst, wenn wir unter uns sind. Dieses förmliche Satô-san nervt mich, okay?“ Ihre Worte klangen streng. Aber es war eben so. Dieses ‚Satô- san‘ schaffte ihrer Meinung nach eine noch größere Distanz zwischen ihnen, und diese Blockade musste endlich beseitigt werden. „Und wenn du darauf bestehst, dass ich deine Begleitung sein soll, dann kann ich es mir ja noch einmal überlegen!“ Lächelnd blickte sie ihn an.

War das jetzt ein ja? Zumindest hatte sie nicht abgelehnt, dass hatte Takagi schon mitbekommen. Aber ganz freuen konnte er sich nicht, immerhin hatte seine Kollegin ihn gleich ermahnt, sie nicht Satô-san zu nennen und irgendwie hatte er das Gefühl, wieder etwas falsch gemacht zu haben, genau jenes Gefühl, welches er schon die ganze Zeit über mit sich herumschleppte. „Und jetzt zurück an die Arbeit, Takagi-kun! Wir müssen fertig werden!“ Aus seinen Gedanken gerissen stand er sofort auf, salutierte kurz vor ihr und ging nach einem „Aye aye, Ma’am“ mit seinem Stuhl zurück an den Schreibtisch. Jetzt musste Miwako schmunzeln. Würde sie wohl doch noch mit ihrem Wunschkandidaten am Ball teilnehmen.

Vorfreude

Dass ihre Teilnahme an dem Ball sicher war, wusste Takagi einen Tag später, als Miwako ihm eine SMS zukommen ließ, in welcher sie ihm kurz und knapp mitteilte, welche Farbe ihr Kleid an diesem Abend haben würde. Sie hatte sich gleich, nachdem sie noch Überstunden schieben durfte und die Läden in der Tôkyôter Innenstadt bereits geöffnet hatten, zu einem Einkaufsbummel begeben und sich für ein grünes, jedoch ziemlich schlichtes Kleid entschieden gehabt. Ein paar Mal war sie in Gedanken ihren Kleiderschrank durchgegangen, jedoch kam ihr jedes Mal kein Kleid in den Sinn, welches für diesen Abend angemessen gewesen wäre. Also musste wohl oder übel ein Neues her.

Mit der Kleiderwahl seiner Kollegin hatte Takagi kein Problem. Er selbst würde schließlich einen schwarzen Anzug tragen, und schwarz passte ja bekanntlich zu jeder anderen Farbe. Nur bei der Krawattenwahl musste er ein wenig aufpassen, hoffentlich würde das Grün seiner Krawatte auch zu dem Grün ihres Kleides passen. Er wollte Satô an diesem Abend auf keinen Fall verärgern. Und wer wusste denn schon, was an diesem Abend passieren würde. Vielleicht kamen sie sich ja wieder ein kleines Stückchen näher…
 

Die darauf kommenden Tage vergingen Wataru’s Meinung nach nur sehr langsam. Sie zogen sich regelrecht wie Kaugummi. Er musste noch mit Megure einen Banküberfall untersuchen und befürchtete schon, dass er sich den Samstagabend aus dem Kalender streichen konnte. Aber glücklicherweise konnte der Fall noch einen Tag vor dem Ball zu den Akten gelegt werden, was wohl ein ziemlicher Glücksfall für ihn war. Hoffentlich würde das Glück auch am nächsten Abend weiter anhalten.

Und auch der komplette Samstag ging einfach nicht vorüber. Er lag bereits die halbe Nacht vor Aufregung wach, und auch den Vor- und Nachmittag überstand er nur mit 4 Kannen grünen Tee, welcher seine Nerven beruhigen sollte. Aber allein die Vorstellung Satô’s in einem Kleid raubte ihm den Verstand. Hoffentlich würde er später bei ihrem Anblick nicht wieder anfangen herumzustottern. Und damit der Abend wirklich nicht im Desaster endete, haftete an seinem Kühlschrank ein kleiner Zettel mit Notizen, auf welchem u.a. stand: ‚Blumen mitnehmen, ein Kompliment zu dem Kleid machen, nicht zu viel über die Arbeit reden‘. Es schien äußerst lächerlich, aber seine eigenen Ratschläge auf dem kleinen Stück Papier beruhigten ihn ein wenig. Es konnte also einfach nichts schief gehen.
 

Endlich war es so weit. Endlich war der Tag gekommen, den sie die letzten Tage und Nächte herbeigesehnt hatte. Es war nicht so, dass sie wegen der Sache unruhig geschlafen hätte, aber der Ball war immer der letzte Gedanke, der in ihrem Kopf herumschwirrte, als sie einschlief und der Erste, an dem sie nach dem Aufwachen dachte. Irgendwie war sie nun doch ziemlich aufgeregt.

Sie besah sich mit ihrem neu gekauften Kleid im Spiegel und musste lächeln. Hoffentlich würde es ihrem Kollegen genauso gefallen wie ihr selbst. Im selben Augenblick ging die Zimmertür auf und ihre Mutter stürmte herein.

„Bist du denn endlich fertig?“ fragte diese neugierig.

Ihre Tochter musste ein starkes Seufzen unterdrücken.

„Ja, gleich!“

Es war vielleicht ein wenig seltsam, aber die Polizistin lebte noch immer mit ihrer Mutter in einer Wohnung zusammen. Irgendwie hatte sie selbst nie das Bedürfnis gehabt, auszuziehen. Miwako wollte sie nicht alleine lassen, außerdem hing sie an ihrem Zuhause, da dieses auch viele Erinnerungen an ihrem im Dienst verstorbenen Vater beinhaltete. Ein weiterer Vorteil war, dass sie so selbst nie kochen und sich um den Haushalt kümmern musste. Sie konnte sich somit voll und ganz auf ihre Arbeit konzentrieren. Aber natürlich hatte so eine Mutter-Tochter-WG auch ihre Schattenseiten. Schon seit Jahren lag ihre Mutter ihr in den Ohren, sie solle sich doch endlich einen Mann suchen und heiraten. Aber davon wollte Satô nichts hören.

„Hast du nicht ein wenig dick aufgetragen, Miwakolein? Geschminkt? Haare geföhnt? Du bist doch sonst nicht so!“ Musternd ging Frau Satô um ihre Tochter herum. Die Angesprochene seufzte stark. Immer hatte diese Frau etwas zu meckern.

„Erstens trage ich immer ein wenig Make-up, und zweitens föhne ich mir auch manchmal die Haare, wenn ich die Zeit dazu habe. Außerdem ist das ein besonderer Abend für mich, und das weißt du auch. Sehe ich denn so schlimm aus?“ fragte sie leicht genervt.

„Nein, nein, aber ich kann mich nicht erinnern, dass du dich die letzten Jahre auch so aufgehübscht hast. Sollte ich da vielleicht etwas wissen? Es wird ja wohl einen Grund dafür geben, oder?“ Ein breites Grinsen lag auf ihrem Gesicht, was Miwako dazu veranlasste, genervt die Augen zu verdrehen.

„Nein, solltest du nicht!“ Gab sie nur knapp zur Antwort.

„Aber Miwako, so kann das doch nicht mit dir weitergehen. Meinst du nicht auch, dass du dir mal so langsam einen Mann suchen solltest?“

Jetzt ging das Thema wieder los. Langsam nervte es die Polizistin.

„Du weißt, wie ich darüber denke?“

„Ach, Miwakolein. Was nur dein Vater dazu sagen würde? Sicher ist er der Meinung, dass ich als Mutter total versagt habe!“ Und nun kam sie wieder mit dieser Nummer. Es war doch jedes Mal dasselbe. Ihr Vater hätte sie ganz sicher verstanden, da war sich Satô sicher.

„Aber ich war doch nicht auf der Akademie, um mich dann den Rest meines Lebens an den Herd zu stellen, vergiss es!“

„Aber Miwakolein! Es gehört sich nun einmal für eine Japanerin, zu heiraten, und sich dann Zuhause um Mann und Kinder zu kümmern. Und du solltest bedenken, dass deine biologische Uhr auch nicht mehr allzu lange tickt.“

„Mama?! Ich bin 28, okay? Und noch keine 40!“ Kopfschüttelnd verließ sie ihr Zimmer und ging ins Bad. Normalerweise hätte sie sich jetzt total über ihre Worte aufgeregt, aber irgendwie war sie dazu nicht in Stimmung. Dafür hatte sie viel zu gute Laune und freute sich auf den bevorstehenden Abend, den ihr nicht einmal ihre Mutter mit ihren Worten verderben konnte. Sollte sie doch weiter so maßlos übertreiben, sie selbst wusste schon, was gut für sie war und was nicht.

„Also willst du keine Kinder, oder wie?“ Kurz zuckte die Kurzhaarige zusammen und blickte zu der Frau, die im Türrahmen stand.

„Wie oft soll ich dir es denn noch sagen? Bei mir würde ein Kind nicht einmal einen Tag überleben, außerdem möchte ich mir jetzt keine Gedanken darüber machen, okay?“ Ihre Mutter schüttelte nur verständnislos mit dem Kopf. Dieses Kind war wirklich unmöglich. Machte sich absolut keine Gedanken über die Zukunft. Vielleicht sollte sie noch einmal nach der Veranstaltung mit ihr in aller Ruhe darüber reden. Jetzt machte das ja scheinbar wenig Sinn.

„Aber Miwako, eins möchte ich dir noch sagen.“

„Was denn?“

„Du siehst wirklich gut aus!“

„Wie?“ Verwirrt blickte Satô ihre Mutter an. Damit hätte sie nun eher weniger gerechnet, nickte dann aber nur lächelnd.

„Danke!“

„Ach ja, und vergiss bitte den Wohnungsschlüssel nicht wieder. Ich kann dich die Nacht nicht rein lassen.“

„Ja, ich hab nicht vergessen, dass du dann noch zu einer Freundin wolltest. Wann bist du denn zurück?“

„Ich denke, morgen früh!“

„Okay!“ Mit diesen Worten verließen beide das Badezimmer.

Die junge Frau ging in den Flur um den Wohnungsschlüssel zu holen. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie ihn vergessen würde. Aber heute passierte ihr das ganz sicher nicht, schließlich hatte sie sonst ein riesen Problem und müsste am Ende noch im Präsidium übernachten. Und darauf hatte sie nun wirklich keine Lust, zwischen den ganzen betrunkenen Kollegen, die es einfach nicht mehr bis nach Hause schafften. „Ach, und mein Handy noch…“ Mit dem Schlüssel in der Hand ging sie zurück in ihr Zimmer, legte diesen auf ihren Nachttischschrank und suchte erst einmal nach dem Telefon. Wo hatte sie es nur wieder hingelegt? Ach, da war es ja. Schnell packte sie es in ihre Handtasche, als es plötzlich an der Tür klingelte.

Das war sicher ihr Kollege. Jetzt musste sie sich aber beeilen, bevor ihre Mutter noch die Tür vor ihr öffnen würde. Das gäbe wahrscheinlich eine Katastrophe und sie würde Takagi solange mit Fragen löchern, sodass sie heute gar nicht mehr fortkommen würden.

„Ich bin dann mal weg!“ Schnell eilte sie aus dem Zimmer, zog sich noch Jacke und Schuhe an, öffnete die Tür, sah zu ihrem Kollegen auf, legte sofort einen ihrer Finger auf seine Lippen, damit er auch keinen Ton von sich gab.

„Miwako, wer hat denn geklingelt?“ Eine verwunderte, neugierige Stimme war aus der Wohnung zu hören.

„Ach, nur der Postbote, war nicht weiter wichtig, mach’s gut!“ Schnell machte sie die Tür hinter sich zu und zog ihren Kollegen am Ärmel nach unten aus dem Gebäude heraus. Ein Glück! Hoffentlich hatte sie auch wirklich nichts mitbekommen. Immerhin war es ziemlich unwahrscheinlich, dass samstags um diese Uhrzeit der Postbote an ihrer Tür klingeln würde. Ob ihre Mutter wirklich so naiv war und ihr geglaubt hatte? War ja jetzt auch egal, sie hatte ihn jedenfalls nicht gesehen und war somit vielen überflüssigen Fragen aus dem Weg gegangen. Erst jetzt wendete sie sich endlich mal ihrem Begleiter zu.

„Tut mir wirklich leid, aber ich wollte nicht, dass meine Mutter dich bemerkt. Sie hätte nur zu viele Fragen gestellt, und darauf kann ich gut verzichten. Eltern können manchmal wirklich anstrengend sein, vor allem meine Mutter, na ja…“ Irgendwie… kam sie sich jetzt richtig blöd vor. Sie benahm sich ja wie ein Teenager, der Angst davor hatte, dass die eigene Mutter bemerken könnte, dass sie einen heimlichen Freund hatte. Leicht errötet von diesem Gedanken sah sie zu ihm auf. Erst jetzt fiel ihr auf, wie gut er heute Abend, in diesem Anzug, aussah. Das konnte er wirklich öfters tragen. Bist du mir jetzt böse?“ fragte sie nun leicht vorsichtig. Immerhin hatte er sich wahrscheinlich den Beginn dieses Abends ein wenig anders vorgestellt.

Polizeiball Teil 1

Hallo ihr Lieben ^_^
 

bevor ihr anfangt zu lesen, möchte ich darauf hinweisen, dass relativ viele Textstellen/Sätze/Zitate etc. nicht von mir selbst stammen, sondern von Nachteule. Ich denke, dass man den Unterschied zu ihrem und meinen Schreibstil merken wird ;) Also so ziemlich alles um Takagi und auch Gespräche mit Yumi und die lustigen Situationen sind auf ihren Mist gewachsen :D ich kann mich leider nicht so gut in den armen Wataru hineinversetzen wie sie v_v auch im nächsten Kapitel werde ich wieder Passagen von ihr einbauen, weil ich denke, dass sie echt gut und passend sind!
 

Und nun genug der Vorrede, viel Spaß beim Lesen!
 

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Ob er böse auf sie war? Was sollte die Frage denn? Natürlich war ihr Auftritt etwas seltsam, aber deswegen war er sicher nicht gleich böse auf sie. Wie konnte er auch?

Wenn sie so ein Geheimnis um ihre Bekanntschaft machte, dann war es ihre Sache. Er konnte sich zwar nicht erklären, warum es so war, denn seiner Meinung nach kannte Miwako’s Mutter ihn zu wenig, als dass sie schlecht über ihn denken konnte, aber das war ja auch erst einmal nicht wichtig.

„Ach was, ich weiß doch, wie Eltern sein können. Alles halb so schlimm..“ Etwas nervös hielt er ihr nun eine rote Rose hin, die er bei ihrer Flucht im Treppenhaus fast verloren hätte.

Perplex und mit leicht geröteten Wangen nahm Miwako die Blume entgegen.

„Ähm.. danke.. aber.. ich habe jetzt gar keine Vase hier…“ murmelte sie nur leise und blickte kurz hoch zu dem Gebäude. Noch einmal da rein wollte sie eigentlich nicht.

„Ist doch nicht so schlimm, stellen wir sie doch im Büro in eine Vase, was hälst du davon?“ Nickend stimmte ihm die Polizistin zu. War wahrscheinlich das Beste. Wataru trat an seinen Wagen heran, den er am Straßenrand geparkt hatte und öffnete ihr die Wagentür. „Wenn ich bitten darf?“

Kichernd beobachtete Miwako diese Szene und ging sofort darauf ein.

„Aber sehr gerne doch, mein Herr!“ Grinsend setzte sie sich in das Auto. Sie hatte schon befürchtet, dass er zu Fuß kommen würde, aber scheinbar hatte er dies nicht vorgehabt. Auch gut, musste sie wenigstens später nicht den langen Weg wieder nach Hause zurücklaufen.
 

Am Präsidium angekommen, dauerte es eine Weile, bis sie endlich einen Parkplatz gefunden hatten. Hatte der Rest der Kollegen etwa die ganze Verwandtschaft mitangeschleppt? Nach kurzem Überlegen fuhr Wataru dann doch noch ein Stückchen weiter und parkte am Straßenrand. Sein Blick fiel kurz auf die Uhr. Jetzt mussten sie sich aber beeilen, wenn sie noch die Ansprache des Hauptkommissars hören wollten. Zusammen gingen sie Richtung Präsidium. Die ganze Zeit über sagte keiner der Beiden etwas. Wataru überlegte unentwegt, was er ihr erzählen könnte, aber ihm wollte absolut kein Thema einfallen. Moment mal, er hatte ja noch seinen Notizzettel in der Hosentasche. Die Blumen hatte er ihr bereits überreicht, was kam als nächstes? So unauffällig wie möglich nahm er das Stück Papier und blickte darauf. ‚Ein Kompliment zu ihrem Kleid machen‘. Wie konnte er das nur vergessen? Gedanklich hatte er dies schon mindestens eintausend Mal getan, aber gesagt hatte er ihr es noch nicht. Dann wurde es ja höchste Zeit, dies nachzuholen.

Endlich betraten sie das Gebäude, indem schon viele der Kollegen in einzelnen Gruppen standen und sich unterhielten. Kurz herrschte Stille, als die beiden eintraten und von allen Seiten kurz angeschaut wurden. Danach gingen die Gespräche, als wäre nichts gewesen, weiter.

Jetzt musste er sich aber ranhalten, wenn er ihr noch ein Kompliment machen wollte. Es war einfach die perfekte Gelegenheit dafür. Er öffnete den Mund und…

„Ah, Satô-san, Sie sehen bezaubernd aus in diesem Kleid!“

„Sie können wirklich alles tragen!“

„Das Grün Ihres Kleides passt perfekt zu Ihren Augen!“

Da kamen ihm wohl einige Kollegen zuvor, die sofort versuchten, seine Miwako in ein Gespräch zu verwickeln.

Takagi weitete die Augen. Was sollte das denn jetzt werden? Unverschämtheit! Immerhin war sie doch seine Begleitung für diesen Abend. So etwas wollte er sich heute auf keinen Fall bieten lassen. Er ging zu der Menge herüber, welche Satô förmlich umzingelt hatte, griff nach einer Hand und zog sie hinter sich her. Mit leicht gerötetem Gesicht entfernte er sich, ohne nach hinten zu schauen, von dem Menschenauflauf.

„Willst du mich entführen, mein lieber Wataru?“ Bei diesen Worten blieb der Polizist sofort wie angewurzelt stehen. Das war doch niemals Miwako’s Stimme gewesen! Er schluckte, traute sich fast gar nicht, nach hinten zu schauen.

Das durfte doch nicht wahr sein! Er blickte nun zu der Menge, aus welcher er gerade die Verkehrspolizistin Yumi Miyamoto fälschlicherweise herausgezogen hatte. Satô aber war nicht zu sehen.

„Übrigens, dein Kleid sieht toll aus, Miwako…“ murmelte er leicht geistesabwesend vor sich hin und seufzte stark.

„Ach, und meins nicht?“ Empört piekte sie ihrem Kollegen in die Seite. „Sei nicht so uncharmant, Takagi-kun!“ Ihr Blick fiel nun ebenfalls zurück, aber auch sie konnte ihre Freundin nicht entdecken. „Komm, wir sollten der Menge folgen, wenn Miwako gesehen hat, wie du meine Hand ergriffen und mich hinterhergezerrt hast, wird sie sicherlich nicht mehr so gutgelaunt sein. Hach, ich wittere bereits einen dramatischen Dreieckskonflikt!“ Kichernd zog Yumi Wataru hinter sich her. Dieser fand das überhaupt nicht lustig. Hoffentlich dachte Satô jetzt nichts Falsches.
 

Zu zweit gingen sie die Treppen herauf, als ein ziemlich angetrunkener Megure ihnen entgegengestolpert kam.

„Uiii Takagi, haben Sie sich verfahren? Oder warum kommen Sie erst jetzt? Der erste Umtrunk ist doch längst vorbeiii…“ Es gehörte wohl auch zur Tradition an diesem Abend, dass Megure der erste war, der einen zu viel über den Durst trank.

„Dass du es auch immer so übertreiben musst, Liebling!“ Seine Frau Midori musste ihn bereits stützen. Ihr Blick fiel zu den beiden Polizisten. „Keine Sorge, die Ansprache hat gerade erst begonnen, Sie haben also noch nichts verpasst!“
 

Oben angekommen suchte der Inspektor natürlich verzweifelt nach seiner Begleiterin, die er erst nach ein paar Minuten alleine an einem Tisch sitzend fand. Er formte mit seinen Lippen ein kurzes ‚Es tut mir leid‘ und setzte sich dann neben sie. Nur kurz schaute Satô zu ihm, richtete ihre Aufmerksamkeit aber sofort wieder den Hauptkommissaren zu, der mit seiner Rede bereits begonnen hatte.
 

Nach einer halben Stunde war die Ansprache beendet und es wurde auf diverse Erfolge angestoßen. Matsumoto trat an einige der Polizisten heran, so auch an Takagi, und klopfte ihm auf die Schulter.

„Nur keine Bescheidenheit Takagi, auch Ihr Name wurde erwähnt, ich denke, heute dürfen Sie den Triumph der letzten Fälle ausleben und sich einen richtigen Tropfen gönnen.“

„Nein, wirklich...das muss nicht sei-“, protestierte der Angesprochene und machte ein paar abwehrende Handbewegungen, doch mit seinem obersten Chef brauchte man nicht diskutieren.

„Ach kommen Sie! Einer wird Ihnen bestimmt nicht schaden, seien Sie nicht so weich.“ Takagi schluckte, seufzte, blickte hinüber zu Miwako, die lediglich mit den Schultern zuckte und weiter an dem Strohhalm ihres Cocktails spielte. Dann griff er widerwillig nach dem kleinen Gläschen und kippte sich das brennende Zeug in einem raschen Zug in den Hals. Sofort machte sich ein kribbelnder, heißer Schauder von Kopf bis Fuß in seinen Gliedmaßen breit und kurzzeitig stellten sich ihm die Nackenhaare auf. Zwar konnte er nicht behaupten, dass ihm diese Empfindung vollständig gefiel, aber es hatte trotzdem etwas...Befriedigendes. Auf einmal verstand er, warum Alkohol als weit verbreitete Sucht galt und viele sich gerne sämtliche angestaute Sorgen aus dem Kopf tranken.
 

So ging es 5 alkoholische Getränke weiter, danach musste er sich erst einmal ein stilles Wasser und ein kleines Häppchen vom Buffet gönnen. Wahrscheinlich war es jetzt eh besser, vom Alkohol Abstand zu nehmen, wenn er die Nacht noch mit dem Wagen nach Hause fahren wollte.

Miwako hatte sich schon vor 1 oder 2 Stunden verdrückt gehabt. Wahrscheinlich war sie in den Verhörraum gegangen, den man als Karaokebar umfunktioniert hatte. Deprimiert setzte er sich wieder an seinen Platz. So hatte er sich diesen Abend ganz sicher nicht vorgestellt gehabt.
 

Und auch Miwako war deprimiert. Zusammen mit ihrer besten Freundin Yumi hockte sie an der Bar im Karaokeraum. Dass Takagi mit Yumi plötzlich verschwunden war, nahm sie ihrer Freundin nicht übel. Sie wusste ja, dass Takagi überhaupt nicht Yumi’s Typ war, aber er hätte ja die Verkehrspolizistin fragen können, wenn sie ihm nicht gut genug war.

„Was mach ich hier überhaupt, ich sollte nach Hause gehen…“ Die Verkehrspolizistin seufzte stark.

„Das hast du vor 10 Minuten auch schon gesagt, Miwa! Und du bist trotzdem noch hier und das ist auch gut so! Jetzt sei doch nicht so schlecht drauf und trink noch einen mit mir, okay?“ Genau das hatte Yumi auch schon vor 10 Minuten vorgeschlagen, und so stand der 2. Schnaps vor Nasen beider, der nur darauf wartete, vernichtet zu werden. Das Miwako sich nicht gegen ihren Vorschlag wehrte, zeigte der Verkehrspolizistin, dass etwas nicht stimmen konnte. Es war schon lange her, dass sie die Chance hatte, Miwako so richtig abzufüllen.

Das letzte Mal muss vor ungefähr einem Jahr gewesen sein, als sie den Geburtstag der Langhaarigen nachgefeiert hatten. Damals hatte sie ihr so viel Alkohol aufgenötigt, dass Miwako sich doch ein wenig verplappert hatte und zugab, dass sie sich in jemanden aus der Abteilung verguckt hatte. Dass es sich dabei um Takagi gehandelt haben muss, brauchte sie wirklich nicht mehr zu leugnen. Aber das war schon so lange her und nun hatte es den Anschein, als würde Miwako einfach Trinken, um den angestauten Frust zu bekämpfen. Die beiden waren wirklich hoffnungslose Fälle.

Aber gut, Yumi hatte damit ja kein Problem, und da sie wahrscheinlich mehr als ihre Freundin vertrug, brauchte sie sich zumindest um sich selbst keine Sorgen zu machen.

„Sag mir doch mal, warum du so schlecht gelaunt bist, Miwa! Du kannst mir nicht erzählen, dass du dich nicht auf diesen Abend gefreut hast. Wo dich doch Takagi gebeten hat, deine Begleitung zu sein!“

Ein genervter Blick war vorerst die einzige Antwort, welche Yumi von ihrer besten Freundin bekam.

„Wo ist unser Takagi eigentlich abgeblieben?“ Fragend blickte sie sich im Raum um. Normalerweise hätte sie schwören können, dass die beiden an diesem Abend unzertrennlich sein würden. Es war schon seltsam, dass Miwako sich so lange allein im Karaokeraum aufhielt.

„Unser Takagi?“ Skeptisch blickte Satô zu ihr herüber. „Ich weiß nicht, geh ihn doch suchen, wenn du ihn vermisst!“ Warum war sie plötzlich so wütend? Jetzt legte sie jedes Wort schon auf die Goldwaage. Unser Takagi… nicht unser, ‚ihr‘ Takagi war er doch, ihrer ganz allein. Wahrscheinlich klang das jetzt sehr selbstsüchtig. „Er amüsiert sich sicher prächtig..“ hängte sie dann noch schnell gleichgültig an ihrem zuvor wütend klingenden Satz an.

„Sicher..“ murmelte Miyamoto leise. Was war nur los mit den beiden? „Soll ich mal nach ihm sehen?“

„Nein, musst du nicht! Lass uns lieber noch was trinken!“ Das ließ sich die Verkehrspolizistin natürlich nicht zweimal sagen, auch wenn es sie schon etwas verwunderte, dass es ausgerechnet Miwako, und nicht sie selbst es war, die diesen Vorschlag machte.
 

Gut 2 Stunden später hatte selbst Yumi genug vom Alkohol und Miwako’s Gejammer. Im Moment hätte sie sie wohl wirklich alles fragen und eine ehrliche Antwort bekommen können. Aber irgendwie konnte man selbst die Verkehrspolizistin mit einer sehr redelustigen Satô nerven. Noch nie hatte sie es erlebt, dass die Inspektorin so viel unsinniges Zeug redete.

„Ich glaube, du hast jetzt genug, meine Liebe!“ Mit diesen Worten nahm sie Miwako die Flasche Schnaps, die vor ihr stand, weg.

„Ey, was soll denn das, Yumi?! Gib das wieder her! Ich weiß schon, was ich tue!“ Da war die langhaarige Frau anderer Meinung.

„Du hast wirklich genug, Miwa! Ich schau mal, ob ich jemanden finde, der dich nach Hause bringt!“

„Ich will doch aber noch gar nicht nach Hause!“

Ach, jetzt auf einmal? Seufzend blickte Yumi zu ihrer Freundin und schüttelte nur mit dem Kopf. Wusste sie denn im Moment überhaupt, was sie wollte?

„Na gut, dann eben nicht. Ich muss jetzt trotzdem mal für kleine Mädchen. Warte doch solange hier, okay? Ich bin gleich zurück!“ Statt aber die Toilette aufzusuchen, machte sie sich auf den Weg, um nach Takagi zu sehen, der, nach Miwako’s Gerede zu urteilen, Schuld an ihrer Lage war. Natürlich hatte sie es nicht direkt angesprochen, aber man konnte ganz gut heraushören bzw. es sich zusammenreimen, warum sie so schlecht gelaunt war. Aber das würde Wataru sicher ändern können. Sie musste ihn nur finden und ihn dann zu ihr schicken. Das war eine richtig prima Idee! Jedoch dauerte es eine ganze Weile, bis sie ihn endlich fand. Das lag einerseits daran, dass sie doch einige Probleme hatte, richtig geradeaus zu laufen und andererseits wurde sie ständig von Kollegen aufgehalten, die mit ihr ein Schwätzchen halten wollten, wobei es immer nur ein Thema gab: Satô.
 

Von sämtlichen Kollegen umzingelt, die ihn wie üblich mit privaten Fragen zu seiner Beziehung mit Satô-san foltern wollten, ließ sich Takagi im Frust einen neuen Shortdrink vom Kellner bringen. Vielleicht würde er davon irgendwann bewusstlos werden, dann brauchte er sich nicht mehr dem ganzen Mist hinzugeben.

„Jetzt rück schon raus mit der Sprache, Takagi!“, forderte einer seiner Kollegen und zerrte rabiat an seinem Kragen, während der Inspektor selbst mit den Gedanken ganz woanders war.

„Takagi? Hey, Takagiiii...würdest du bitte mal so lieb sein und dich um Miwako kümmern? Sie kaut mir schon die ganze Zeit ein Ohr darüber ab, dass sie eigentlich gar nicht hier sein möchte, zwischen den ganzen Trunkenbolden.“ Die Mundwinkel des Kommissars zuckten, als Yumi plötzlich wieder an seiner Seite erschien. Wie machte sie das nur immer? Versteckte sie eine Maschine in ihrer Hosentasche, mit der sie sich durch die Gegend beamen konnte? Vollkommen Unrecht hatte Miwako wohl nicht, immerhin schien ein Großteil der Beamten kaum noch in der Lage zu sein, aufrecht zu gehen. Zu denen zählte er sich selbst jedoch nicht, denn hielt er sich die Hand vor Augen, so sah er immer noch fünf Finger und nicht fünfzehn.

„Also, husch, mach ’nen Abflug und tröste deine Perle!“ Perle? Sofort fing er tausende tödlicher Blicke ein. „Die Arme sitzt mutterseelenallein in der Karaoke-Bar und gießt sich wahrscheinlich zu. Sie braucht jetzt unbedingt einen, der sie tröstet.“ Ein anzügliches Zwinkern entglitt der rotwangigen Polizistin, was dem verwirrten Takagi einen Kloß in den Hals beförderte.

„A-aber...“, wollte er protestieren, doch Yumi kam ihm wie üblich zuvor.

„Na na, nichts ‚aber’. Geh nur und muntere sie auf, ich kümmere mich schon um das ganze Mannsvolk hier.“ Sie drückte ihrem Kollegen eine noch vollständig gefüllte, aber geöffnete Flasche Weißwein in die Hand und schob ihn endgültig aus dem Weg. Dann machte sie sich sogleich verführerisch grinsend über die Beute mittlerweile mies gelaunter, männlicher Polizisten her.
 

„Also so was.“ Der Inspektor schüttelte nur völlig überfordert den Kopf und warf einen Blick auf die Flasche. Was sollte er jetzt damit? Egal, erst einmal Miwako suchen, forderte ihn sein Gehirn sachlich auf. Zwar konnte er sich schwer vorstellen, dass gerade Satô, die ja sonst sehr vernünftig war, einen über den Durst trank, aber trotzdem machte er sich leichte Sorgen. Manchmal konnte seine Kollegin sehr sentimental werden.

Links, rechts, links, rechts...obwohl er das Gleichgewicht noch relativ gut halten konnte, hielt sich Takagi lieber an der Wand fest. Im umfunktionierten Verhörraum angekommen, blieb er am Türrahmen stehen und sah sich erst einmal um. Kurz musste er sich die Augen reiben, denn für einen kurzen Moment sah er total verschwommen. Erst jetzt bemerkte er seine Kollegin, welche traurig vor sich hinstarrend am Tresen der Bar saß. Leicht schwankend ging er zu ihr herüber und setzte sich auf den Hocker neben ihr. Da er von ihr keinerlei Aufmerksamkeit bekam, stellte er ihr die Weißwein-Flasche vor die Nase und las laut das Etikett vor.

„Lumi Lunae Pinot Grigio, Jahrgang 2010, Weintyp weiß-trocken, Weinbauregion Venetien, Traubensorte Pinot Grigio...das klingt alles sehr gut. Ich denke wir sollten es wagen, oder was meinst du, Miwa?“

Polizeiball Teil 2

Erst jetzt blickte Satô zu ihm herüber, sah dann zu der Weinflasche, nahm diese ihm aus der Hand und schüttete sich etwas davon in ihr Glas. Ein paar Tropfen gingen ihr beim Ausschenken des Weines zwar daneben, aber das machte ihr überhaupt nichts aus. Leicht ungeschickt gab Miwako Wataru die Flasche zurück, welcher ziemlich verpeilt zu ihr schaute.

„Hier, aber lass mir noch was für später drin…..hm?“ Verwirrt blickte die Polizistin ihm ins Gesicht, legte ihre Hand auf seine Wange, sodass sie es von sich wegdrehen konnte. „So toll seh ich nicht aus, dass du mich die ganze Zeit anstarren musst!“ Nun widmete sie sich wieder ihrem Glas zu und trank einen großen Schluck. Der Wein ging bereits wie Wasser herunter. Wenn die Flasche leer war, dann würde sie am besten nach Hause gehen. Hier passierte doch sowieso nichts mehr!

„Äh...das reicht jetzt langsam, Miwa“ mahnte der Inspektor etwas verkrampft, aber bestimmt und langte vorsichtig nach dem Glas in ihrer Hand. „Ich habe nicht das Verlangen dich nachher in die Intensivstation bringen zu müssen.“ Er schluckte, da er irgendwie das Glas verfehlt hatte. Mittlerweile kam ihm eine so banale Handbewegung vor wie das Geschicklichkeitsspiel dieser Automaten, aus denen man sich kleine Stofftiere fischen musste und meist kläglich dabei versagte.

Beim dritten Greifversuch stieß er etwas zu psychedelisch nach vorne, Miwako zuckte zusammen und kaum ein Augenblinzeln später, spürte er sein rechtes Hosenbein nass werden. Wunderbar, das fehlte noch.

„Na toll, was sollte das denn jetzt, Takagi-kun?!“ Fast schon wütend, jedoch leicht lallend, maulte sie ihn an, denn auch ihr Kleid hatte ein paar Weinspritzer abbekommen „Das hast du ja prima hinbekommen!“ Beleidigt drehte sie ihren Kopf von ihm weg. Dass ihr Kleid nun ein wenig nass war, störte sie aber eigentlich nicht. Der Abend war eh nicht mehr zu retten, da war dieser kleine Umstand fast schon Nebensache. Im Moment war ihr einfach nur noch zum Heulen zumute. Wie konnte ein einziger Mann sie nur so aus der Fassung bringen? Normalerweise ließ sie sich doch nie ihre Gefühle anmerken!

Langsam schaute sie wieder zu ihrem Kollegen und verlangte nun, dass er ihr erneut einschenkte, doch Takagi blieb natürlich nichts anderes übrig, als es zu verneinen. Wenn nicht er, wer sonst sollte darauf achten, dass sie es nicht übertrieb? Yumi wäre da sicherlich keine große Hilfe. Leider konnte Satô, sobald sie etwas wollte, sehr energisch werden. Solange, bis sie es auch bekam. Dem seufzenden Inspektor blieb also keine andere Wahl. Bevor ein Handgemenge stattfand, durch das sie wirklich noch den restlichen Alkohol in die Finger bekam, setzte der Inspektor die Flasche kurzerhand an die eigenen Lippen und deutete ihr so an, dass er notfalls alles auf einmal trinken würde. Natürlich vertrug er selbst nicht gerade viel, aber besser er als sie...

Das entspannte die Atmosphäre zwar keineswegs, aber Satô gab schließlich mit einem verächtlichen Schnauben klein bei. Vermutlich dachte sie jetzt, dass er ihr nicht einmal den Wein mehr gönnte. Arg, zum Haare raufen. Man konnte aber auch alles auslegen, wie man wollte!

Abwesend genehmigte er sich wirklich einen Frust-Schluck aus der Weinflasche, was sie natürlich nicht zu bemerken schien. Es fühlte sich an, als würde er Karussell fahren. Und das Ding wurde immer schneller und schneller, sodass langsam die Übelkeit in ihm aufstieg. Trotzdem wollte er nicht, dass es aufhörte, denn dieses Kribbeln auf der Haut und im Hals gab ihm das Gefühl, er wäre endlich in der Lage, Berge zu versetzen.

„Um noch einmal kurz darauf zurück zu kommen, Miwa...ich frage mich was in dir den Eindruck geweckt hat, du würdest nicht ‚toll’ aussehen? Ganz ehrlich. Wer hätte dieses kleine, aber feine Adjektiv mehr verdient? ‚Toll’ ist in deinem Fall eh eine maßlose Untertreibung und wer das nicht erkennt, der ist entweder blind oder vom anderen Ufer...“, lallte Takagi schließlich wie aus dem Nichts und verschränkte entrüstet die Arme vor der Brust. Weder schaute sie ihn an, noch machte sie irgendeinen anderen Mucks, der darauf verwies, dass sie ihm überhaupt zuhörte. Ein dumpfes Hicksen entglitt seiner Kehle. Genug Edelweinverkostung. Ja wirklich...genug...Schluss!

Kopfschüttelnd und leise fuhr Takagi fort und wählte seine Worte nicht einmal sorgfältig aus, sondern ließ den Wasserfall einfach weiter aus seinen Mund sprudeln.

„Viele wissen es einfach nicht zu schätzen und wählen blindlings irgendwelche Worte aus, um damit um sich zu werfen ohne sich darüber im Klaren zu sein, welche Konsequenzen das haben könnte, was andere wiederum dazu bewegt, Worte wie diese zu unterschätzen...“

Irgendwann unterbrach Takagi den Schwall an Buchstaben und trank erneut. Den Boden der Flasche konnte man immer noch nicht sehen.

Seine Begleiterin rümpfte daraufhin nur ungläubig die Nase.

Wahrscheinlich hatte sie nicht einmal verstanden, was er da versuchte in seiner doppelt-stolperhaften Art auszudrücken. Alkohol am Arbeitsplatz schafft so manchen wirren Satz – wie wahr!

Und was für ein gutes Vorbild er doch war.

Mittlerweile bemerkte er nicht einmal, dass sich seine seltsamen Lobhudeleien gerade aneinander reihten. Davon Notiz zu nehmen, schien die Frau an seiner Seite aber zum Glück auch nicht. Entweder war sie bereits der Ohnmacht nahe oder sie ignorierte es einfach. Der Polizist tippte auf Letzteres. Eines blieb ihm dennoch schleierhaft: welchen Grund hätte Miwako auf eine Regung seinerseits zu warten? Blind, wie er es üblicherweise in dieser Beziehung war, erkannte Takagi nicht, welches Gefühlschaos sich direkt vor seiner Nase abspielte. Es müsste doch eigentlich mit seinem eigenen kollidieren! Problem war, dass er selbst nicht einmal mit seinen Emotionen ins Reine kam. Der Alkohol und die folglich mit jedem Schluck steigende Lockerheit halfen da keineswegs.

Endlich drehte sie sich zu ihm und er gewann ihre Aufmerksamkeit zurück. Mit unerwarteten Folgen:

„Ich weiß gar nicht, was du hier willst! Du hast mich schon den ganzen Abend nicht beachtet, also musst du das jetzt auch nicht aus Mitleid tun!“ Und schon sprudelte es aus seiner Kollegin heraus. Eigentlich lagen ihr diese spontanen Gespräche überhaupt nicht, lieber legte sie sich die Worte vorher gut durchdacht bereit, aber der Alkohol machte diese Hemmschwelle derzeit komplett zunichte. „Ich mag es eben nicht, wenn man mich erst als seine Begleitung haben möchte, und man dann links liegen gelassen wird. Ich bin doch kein Spielzeug, auch ich hab Gefühle.“ Langsam stiegen ihr die Tränen in die Augen, dabei wollte sie das nicht einmal. Aber jetzt fühlte sie sich richtig schlecht. Irgendwie hatte sie das Gefühl, ganz alleine auf der Welt zu sein. Natürlich wusste sie, dass dem nicht so war, aber der Alkohol tat einfach sein Übriges, und das nun wirklich nicht im positiven Sinne.

„Miwa...wa...wa..waah... Hör mal...ich...“, setzte er vergeblich an, doch es folgte gleich eine neue Schimpftirade.

„Warum sagst du mir nie, dass ich dir wichtig bin? Dass du mich magst? Du hast mir nicht einmal gesagt, dass dir mein Kleid gefällt! “ Oh ja, dieser Umstand war ihr wirklich wichtig, auch wenn die Sache sehr banal schien. Jedoch hatte jeder ihr Kleid bewundert und sie mit Komplimenten überschüttet gehabt, außer ihm. Die Anderen waren ihr doch egal, ihr war es wichtig, ihm zu gefallen. „Du bist mir in den letzten Wochen nach der ganzen Sache mit Date-san immer aus dem Weg gegangen. Warum? Was hab ich dir getan? Was gefällt dir nicht? Bin ich dir nicht gut genug? Dann sag mir das gefälligst!“ Nun herrschte Ruhe. Miwako konnte kaum weitersprechen, denn ihre Stimme war immer zittriger geworden und nun befürchtete sie, dass sie ohne zu weinen nicht weiterreden könnte.

Natürlich war es nicht ganz so, wie sie es gerade geschildert bzw. ihn beschuldigt hatte. Dass sie sich nach dem letzten Fall aus dem Wege gegangen waren, lag vielleicht nicht nur an ihm. Trotzdem, immer, wenn sich die beiden geküsst hatten, kam die Initiative von ihr. Beide hatten zwar bis jetzt nur 2 Mal die Gelegenheit dazu gehabt, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass er es einfach so hinnahm. Wie sollte man auch jemanden einfach abweisen, der im Begriff war, einen zu küssen? Langsam liefen ihr die Tränen über die Wangen, ob sie es nun wollte oder nicht. Stur blickte sie in eine andere Richtung, er musste das nun wirklich nicht mitbekommen, aber wahrscheinlich hatte er das längst. „Du musst es mir auch nicht erklären“ begann sie dann leiser als zuvor. „Ich will eigentlich nur wissen, woran ich bei dir bin! Damit ich mal aufhören kann, mir falsche Hoffnungen zu machen!“ Nun wurde die Polizistin doch leicht rot. Was tat sie da eigentlich die ganze Zeit? Redete ohne Punkt und Komma und überforderte ihn dazu noch mit ihrem Gefühlsquatsch. Er musste sie doch für komplett bescheuert halten. Nun traute sie sich erst recht nicht mehr, ihn anzusehen.
 

Die Wahrheit konnte so schmerzhaft und bitter sein. Sie hatte ja recht, mit allem was sie sagte, mit allem was sie ihm vorhielt. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich auf die Unterlippe zu beißen, bis diese schmerzte und er Eisen schmeckte. Im Endeffekt war der junge Inspektor jedes Mal derjenige, der sie gewähren ließ, der ihr weder Boden noch Halt gab, der es einfach nicht über sich bringen konnte, offen mit ihr über alles zu reden. Der sie damit im Dunkeln irren ließ und durch scheinbare Ignoranz verletzte. Es tat ihm in der Seele weh, nun verbal das Ausmaß dieser Wirkung zu erfahren. Genau das Gegenteil von dem, was er sich wünschte! Nachdem er sich jedes Mal eingeredet hatte, er wäre nicht gut genug für sie. Sie verdiene einen Besseren. Natürlich hielt er irgendwo in seinem Hinterkopf nach wie vor an dieser Behauptung fest. Allerdings musste er sich dann wie sooft eingestehen, dass es dort draußen keine Alternative für sie geben sollte. Er wollte ihr Optimum sein, er allein. Irgendwie war es genau diese Erkenntnis, gepaart mit dem leichten Schwips, die er brauchte um langsam den nächsten Schritt zu wagen. Jetzt oder nie!

„MIWAKO SATÔ! Hör mir zu! Oh...“

Es glich beinahe einem Brüllen. Zu spät bemerkte er, dass sie ihre Stimme bereits gesenkt hatte und räusperte sich rasch. Zwar hielt er den Blick gesenkt, doch hatte er den Körper mehr in ihre Richtung gedreht, sodass wenigstens hier Kontakt entstand.

„Du hast Recht.“, wisperte Takagi schuldbewusst und kaute weiterhin auf der Unterlippe herum, denn es war immer noch furchtbar schwer. Doch würde er sich jetzt nicht öffnen, würde er sie vielleicht für immer verlieren.

„Du hast Recht...mit fast allem. Ich sitze hier ganz gewiss nicht aus Mitleid und du machst dir auch keine falschen Hoffnungen. Dieser Abend fing mehr als unerfreulich an und ich hatte wirklich schon befürchtet, er würde in einer Katastrophe enden. Glaub mir, ich hatte mir das alles auch ganz anders vorgestellt. Andererseits könnte man meinen, dass wir uns allmählich an hinderliche Wendungen und dergleichen gewöhnt haben müssten...die gehören ja beinahe zum Standard unserer Dates, haha.“ Ein nervöses Lachen verließ seine Kehle, welches er aber schnell herunterschluckte.

„Was ich damit sagen möchte ist, der heutige Abend lief zwar wie so oft nicht nach Plan, aber das bedeutet keinesfalls, dass ich dir jetzt nur aus Mitleid Gesellschaft leiste! Ansonsten hätte ich dich schließlich auch aus Mitleid eingeladen oder hätte mich aus Mitleid beinahe in flüssiges Lavagestein verwandelt, als du da in dieser...dieser... Aufmachung an deiner Haustür erschienst...“, brummte Takagi und obwohl er nun offener reden konnte, blieb die Aussprache gewisser Passagen weiterhin eine Qual der Scham. Sein Gesicht glühte bereits. „Übrigens steht dir diese Aufmachung – äh – das Kleid sehr gut. Auch mit Fleck.“ Entweder gerettet oder tiefer in den Schlamassel getreten. Super!

Er holte tief Luft und sogleich verdunkelte sich seine Miene wieder.

„Eigentlich würde ich die Date-Sache gerne außen vor lassen, aber es lässt sich wohl nicht vermeiden, sie einzubeziehen. Zumal mehr dahinter steckt, als du vielleicht vermutest, Miwa. Ich...Ich...Ich hatte einfach schreckliche Angst davor, irgendwann Date’s Schicksal teilen zu müssen. Nach allem was passiert ist, war es nicht er, der am meisten darunter gelitten hat, sondern sie. Seine Natalie. Weißt du...deshalb wollte ich unser Glück immer auf Sparflamme halten. Zuerst wollte ich es nicht einsehen, aber irgendwann verstand ich es. Du hattest Recht. Persönliche Gefühle haben in diesem Beruf nichts zu suchen. Wir wären mit einer unglaublichen Pechsträhne gesegnet, dachte ich...uhm...das heißt... ich bin es immer noch. Anfangs war es kein Hindernis für mich. Aber mittlerweile ist so viel passiert, alte Wunden hatten sich geöffnet und alles zusammen ließ wieder einmal erahnen, wie es enden könnte. Dass es schon oft beinahe so geendet hätte... Ich wollte einfach nicht, dass du wegen mir leidest, Miwa.“ Der junge Kommissar seufzte schwer, machte eine Pause und fuhr sich durch das leicht verschwitzte Haar. Dann hob er den Kopf, um Blickkontakt mit der Polizistin aufzubauen.

Satô hörte ihm ganz genau zu, obwohl sie dabei vielleicht ein wenig abwesend schien. Als sie bemerkte, dass er ihren Blickkontakt suchte, sah die Polizistin zum ersten Mal auf und fühlte auf einmal diese seltsame Atmosphäre, welche sich zwischen ihnen aufbaute.

„Man sagt durch den letzten Schritt kann vieles zerstört werden, wenn man den falschen Fuß wählt.“, murmelte Takagi und minimierte allmählich den Raum zwischen seinem Gesicht und ihrem. Federleicht streifte sein Daumen über ihre bebenden Lippen und glitt dann an ihren Gesichtszügen hinauf, um dabei einige Tränen weg zu wischen. Die standen seiner unbeugsamen Satô-san überhaupt nicht.

„Aber letzten Endes bin ich doch zu der Erkenntnis gekommen, dass es falsch ist. Es ist widersprüchlich. Und wieder einmal hast du mich wachgerüttelt.“

Nun waren sie sich bereits so nahe, dass man den Atem des jeweils anderen schmecken konnte. Trotz benebelter Sinne spürte Takagi wie das Kribbeln zurückkehrte. Diesmal wurde es garantiert nicht durch den Konsum eines Suchtmittels ausgelöst. Es sei denn dieses Mittel trug den Namen ‚Miwako Satô’. Ganz sanft fuhr seine rechte Hand in ihre Haare, kraulte kurz und umsichtig ihren Schopf und wanderte hinab, um in der Wölbung ihres Nackens zu verharren. Währenddessen hatten sich Takagi’s Lider automatisch über die Augen geschlossen, sodass er all die Sensationen mit den restlichen Sinnesorganen genießen konnte. Nicht einmal er selbst hätte erwartet, zu solchen ‚Verführungsspielchen’ fähig zu sein. Um ehrlich zu sein arbeitete hier schon lange nicht mehr sein pragmatischer Verstand. Von Nüchternheit konnte gewiss nicht die Rede sein.

„Du hast mich wachgerüttelt, denn ich musste einsehen, dass ich dich nicht alleine lassen kann. Schließlich darf ich das Versprechen von damals nicht brechen...“, fuhr er fort und fühlte einen Kloß in seiner Kehle, bei der Erinnerung an damals und an den Ring, den er ihr ursprünglich schenken wollte und der nun tief unten in der Bucht des Hafens im Tropical Land vor sich hin glänzte. Dann beugte er sich vollends nach vorne und vernichtete den letzten Abstand zwischen ihnen. Sanft nahm er ihre Oberlippe zwischen seine Lippen und hauchte dabei seinen warmen Atem gegen ihre Haut. Offenbar hatte sie vor Schreck oder Anspannung die Luft angehalten, denn weder bewegte sie sich, noch schien sie irgendwelche Anstalten zu machen, den Kuss zu erwidern. War sie immer noch wütend? War die Mauer ihrer Resistenz bereits so hoch, dass er keine Chance mehr hatte, sie zu erklimmen?

Doch endlich spürte er den vertrauten, weichen Gegendruck und zahllose Hitzewellen strömten von ihrem Körper in seinen. Spätestens ab diesem Punkt wäre seine Leidenschaft nicht mehr zu halten gewesen, hatten seine Arme sich bereits wild um ihren Oberkörper geschlungen, um sie näher an seine Brust zu drücken und jede einzelne Faser ihres Körpers zu spüren –
 

„Ach du meine Güte. Kaum lässt man euch mal fünf Sekunden alleine, fallt ihr übereinander her wie die Karnickel...Kinder, Kinder….“

Ohne Schlüssel nach Hause?

Natürlich war es Yumi Miyamoto gewesen, die den beiden diesen schönen Augenblick zerstört hatte.

Wie vom Blitz getroffen ließen sie voneinander ab und schoben sich gegenseitig mit den Armen weg. Es war doch wirklich immer dasselbe!

Vor Enttäuschung stöhnend beobachtete der junge Kommissar wie sich eine gefährlich torkelnde Yumi dem Geschehen näherte. Nein, eigentlich waren es drei Yumis. Jetzt vier. Das Bild verschwamm von einer Sekunde zur nächsten und plötzlich war es wieder hell und klar. Da fühlte man sich wie im falschen Film.

„Die Typen drüben sind alles Waschlappen, von denen steht kaum noch einer...und dieses ewige ‚Warum nicht ich, Satô-san?!’ Gejammer kann sich auch kein Mensch mehr anhören. Und hier geht währenddessen die Post ab, ich glaub’s ja nicht.“

Kopfschüttelnd ließ sich die vollkommen angeheiterte Inspektorin Miyamoto neben ihre beiden Kollegen auf einen der Barhocker sinken und wandte sich grinsend von einem zum anderen, als wären sie ihre Schützlinge. „Hach, manchmal beneide ich euch so...“ Ihr Blick fiel auf die leere Weinflasche, die auf dem Tresen vor dem Polizisten stand. „Ohhh, Takagi! Ich glaub’s ja nicht!“

Verwirrt blickte der Angesprochene zu der Frau, welche neben ihn saß.

„Was denn?“ fragte dieser gähnend.

„Die Flasche habe ich dir nur als Pfand gegeben!! Wie kommt ihr bitte dazu, sie auszusaufen und mir nicht einmal ein Schlückchen übrig zu lassen?!“

Die Polizistin mit den langen Haaren sog stark die Luft ein und Takagi wusste nicht, was er darauf erwidern sollte.
 

Jetzt war wohl der beste Zeitpunkt, um sich aus dem Staub zu machen. Ohne auf die Bemerkung ihrer besten Freundin einzugehen, stand Miwako auf, was ihr anfangs ein wenig Probleme bereitete. Immer wieder verschwamm die Umgebung um sie herum.

„Takagi-kun, bringst du mich jetzt bitte nach Hause?“ Sie hatte sein Gähnen bemerkt, und sicher war er genauso froh wie sie selbst, wenn sie endlich diese Veranstaltung verlassen konnten.

Der Angesprochene nickte, der Vorschlag seiner Kollegin kam ihm gerade recht. Außerdem war es bereits sehr spät geworden. Nur Yumi sah überhaupt nicht begeistert aus, obwohl es für sie wahrscheinlich auch das Beste wäre, wenn sie jetzt nach Hause gehen würde. Mit jenem Gedanken zu spielen schien sie allerdings nicht.

„Ihr wollt schon gehen?“ Enttäuscht blickte sie zu den beiden und musste dann stark seufzen. „Jaja, erst meinen guten Wein trinken und dann einfach abhauen, tsts... Teil 2 der Versöhnung erfolgt dann wohl woanders…“ Kopfschüttelnd erhob sie sich nun ebenfalls, wobei ihr Blick kurz noch einmal zu der leeren Weinflasche fiel. Wo sollte sie jetzt so schnell eine neue herbekommen? Ob im Konferenzsaal noch eine stehen würde? Das würde sie gleich in Erfahrung bringen. „Dann viel Spaß noch, ich schau mal, ob ich noch etwas zu trinken finde!“ Mit diesen Worten verschwand sie auch schon aus dem Zimmer.
 

Endlich waren sie draußen. Es hatte eine ganze Weile gedauert, bis die wenigen Polizisten, die noch

einigermaßen stehen und die Umwelt um sich herum wahrnehmen konnten, sie hatten gehen lassen. Satô musste sich unzählige Male dafür entschuldigen, dass sie mit den jeweiligen Kollegen nicht einmal angestoßen hatte. Ganz ohne Lallen klappten die kurzen Gespräche zwar nicht, aber daran würde sich morgen wohl keiner mehr erinnern können.

Und jetzt hatten sie sich endlich von der Meute losgerissen und liefen Richtung Haido. Satô hatte Takagi sofort die Autoschlüssel abgenommen, als dieser sie nach etwas längerem Suchen aus seiner Jackentasche geholt hatte. Dass er nicht mehr in der Lage war, ein Auto ordnungsgemäß zu führen, war der Polizistin durchaus bewusst. Also musste der Wagen stehen bleiben!

Und obwohl die Temperaturen draußen ziemlich kühl waren, war Miwako einfach nur glücklich, denn endlich hatte sie ihn wieder ganz für sich allein. Wie eine verliebte Oberschülerin klammerte sie sich an seinen Arm und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Dass sie somit weniger fror, und gleichzeitig besser geradeaus laufen konnte, das alles waren nur sehr praktische Nebeneffekte. Viel wichtiger war doch, dass sie ihm so wenigstens ein bisschen nahe sein konnte. Endlich! Eigentlich das erste Mal so richtig! Im Präsidium war ihr dies ja nie vergönnt!

Immer wieder musste sie daran denken, wie er sie geküsst hatte. Er hatte sie geküsst, ganz von sich aus. Jedes Mal bereitete sich ein Kribbeln in ihrem Bauch aus, wenn sie an diesen wunderbaren Moment zurückdachte. Aber trotzdem beschäftigte sie noch etwas. Immerhin hatte sie Wataru ziemlich heftige Vorwürfe gemacht, die sie immer noch bereute. Ein leises Seufzen entwich hier, welches Wataru bemerkte.

„Miwako? Alles in Ordnung?“ Er blickte zu der Frau herunter, welche regelrecht an seinem Arm hing. Stören tat ihn dies allerdings nicht. Es war sogar ein sehr angenehmes Gefühl, sie so nahe an sich zu spüren.

„Ja…schon… nur…ich hab gerade darüber nachgedacht, was ich dir vorhin alles an den Kopf geworfen haben. Das war echt nicht fair gewesen, es tut mir wirklich leid.“

Leicht überrascht blickte der junge Mann zu ihr. Dass sie das immer noch so beschäftigte! Aber ihr schuldbewusster Gesichtsausdruck war doch irgendwie süß, sodass er leicht lächeln musste.

„Deine Vorwürfe waren ja gerechtfertigt, aber am besten wir vergessen das Ganze, okay?“

Die Angesprochene schaute zu ihm auf, schien kurz zu überlegen, und nickte dann nur kurz. War vielleicht wirklich das Beste!
 

Miwako hätte schwören könne, dass ihr Nachhauseweg kürzer als sonst war. Sie blickte zu einem hohen Gebäude auf und musste für einen Moment die Augen zusammenkneifen, um es besser erkennen zu können.

„Und wir sind wirklich schon da?“ fragte sie mehr sich selbst, wobei man leichte Enttäuschung aus ihrer Stimme heraushören konnte.

„Also zumindest habe ich dich vorhin hier abgeholt…“ gab der junge Mann leicht amüsiert als Antwort.

Es war wirklich das Gebäude, in welchem sie schon ihr Leben lang wohnte. Wie konnte so ein bisschen Alkohol sie veranlassen, daran zu zweifeln? Es war schon irgendwie verrückt, was dieses Suchtmittel so alles bewirken konnte. Unfreiwillig und langsam ließ sie seinen Arm los und spürte sofort wieder die kühle Luft.

„Ganz schön kalt…“ murmelte sie, nahm ihre Handtasche und suchte nach dem Wohnungsschlüssel. „Wo ist er denn nur?“ nuschelte sie vor sich hin, kramte weiter, und entschied sich dann, einfach mal den Inhalt ihrer Tasche auf dem Bürgersteig zu entleeren. Der Schlüssel musste doch irgendwo sein!

„Miwako, was machst du denn da?“ Leicht schockiert blickte Takagi auf den Bürgersteig, auf welchem nun die verschiedensten Sachen verteilt lagen.

Was hatte sie denn da? Ihre Dienstmarke, Taschentücher, Portmonee, Handy, eine Puderdose, einen kleinen Spiegel, einen Regenschirm, eine Tube Handcreme, Parfum. Wie konnte man nur so viel Kram mit sich herumschleppen? Und wozu brauchte sie das alles? Ein Schlüssel aber war nicht dabei. „Hast du schon mal in deiner Jackentasche nachgesehen?“

„Ja, da ist das blöde Ding auch nicht!“ Der gesuchte Gegenstand befand sich ja auch nach wie vor auf dem Nachttischschrank in ihrem Zimmer. In der Eile hatte sie ihn dort liegen gelassen. Aber daran konnte sich Miwako nicht erinnern. „Na toll…“ Genervt stopfte sie ihren ganzen Kram zurück in die Tasche. „Ich muss ihn irgendwo verloren haben…“ Seufzend strich sie sich durch ihr Gesicht.

Das war ja nicht das erste Mal, dass sie mitten in der Nacht vor der Tür stand. Schon des Öfteren war sie in diese Situation geraten. Aber das war ja jetzt kein Drama, denn wozu hatte sie ihre Mutter, die ihr die Tür öffnete, wenn sie mal ohne Schlüssel nach Hause kam? Die Tasche auf den Bürgersteig liegen lassend, ging sie zu den Türklingeln des Gebäudes. Die richtige Klingel zu finden war schon eine kleine Herausforderung. Die Kanjis der Namen flogen förmlich vor ihren Augen hin und her. Es dauerte eine Weile, bis sie endlich ‚Satô‘ las. Langsam steuerte sie ihren Finger in Richtung Klingelknopf und musste dabei feststellen, dass sie erst einmal beim Namen des Nachbarn angekommen war. Gar nicht gut, der machte sofort einen Aufstand, wenn sie nachts um diese Uhrzeit bei ihm klingeln würde. Wahrscheinlich würde der sogar die Polizei rufen. Kurz musste Miwako leise kichern. Der Gedanke daran war gerade irgendwie witzig. Also noch mal, und langsam… Endlich hatte sie die richtige Klingel erwischt und drückte eine Weile drauf. Das musste ihre Mutter einfach gehört haben. Jetzt hieß es warten. Aber es tat sich nichts. Verwirrt blickte Miwako zum Gebäude auf, was allerdings keine wirklich gute Idee war. Denn sofort wurde ihr schwindelig. Der Alkohol machte ihr immer mehr zu schaffen. Beim zweiten Versuch ging es schon etwas besser. Aber irgendwie konnte sie nichts erkennen. Kein Licht, nichts! Hatte sie die Klingel nicht gehört? Kopfschüttelnd ging sie zurück zur Haustür, drückte nach einer Weile erneut den Klingelknopf und wartete. Wieder nichts! „Warum macht sie denn nicht auf..?“ Moment mal, da war doch irgendwas gewesen. Genervt seufzte Miwako auf. „Na toll, da kann ich lange klingeln, sie ist doch gar nicht Zuhause…“ Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Warum musste die Frau ausgerechnet heute bei ihrer Freundin übernachten? Hätte sie das nicht ein anderes Mal tun können? Total deprimiert setzte sich die Inspektorin auf eine der Treppenstufen vor die Tür. „Warum muss das immer mir passieren? Jetzt kann ich zurück ins Präsidium gehen und neben den ganzen betrunken, übelriechenden und aufdringlichen Polizisten die Nacht verbringen.“ Gar kein schöner Gedanke! „Das ist doch nicht fair!“ Aber hier draußen bleiben konnte sie nun wirklich nicht, dafür war es viel zu kalt. Wo war eigentlich ihre Handtasche abgeblieben? Sie blickte sich kurz um, und zuckte leicht zusammen, als Takagi ihr plötzlich den gesuchten Gegenstand vor die Nase hielt.

„Suchst du vielleicht die hier?“

„Ah…danke…du kannst wohl Gedanken lesen..“ Seufzend nahm sie ihre Tasche entgegen. Ihre Stimmung war wieder im Keller. Jetzt war der letzte Teil des Abends so gut verlaufen und dann machte sie ihn selbst mit ihrer eigenen Tollpatschigkeit wieder zunichte. Sie nahm ihre Tasche entgegen, holte sich ein Taschentuch heraus und putzte sich erst einmal die Nase.
 

Sie wollte zurück ins Präsidium, um dort zwischen seinen ganzen Kollegen, die sowieso alle auf Satô standen und dazu noch betrunken waren, zu nächtigen? Das kam auf keinen Fall in Frage! Das konnte er ihr doch nicht antun! Er blickte kurz zu dem Gebäude auf, aber da tat sich einfach nichts. Ihre Mutter war wohl wirklich nicht Zuhause.

„Miwako, steh bitte auf, der Boden ist viel zu kalt!“ Besorgt hockte er sich zu ihr herunter. Wie ein schmollendes, kleines Kind saß die junge Frau da und blickte zu Boden. Hörte sie ihm überhaupt zu? „Miwako, steh auf!“ Keine Reaktion. Wollte sie hier draußen erfrieren? Das konnte und wollte er auf keinen Fall zulassen. Ohne weiter nachzudenken, hob er sie vorsichtig hoch, sodass er sie auf seinen Armen hatte.

„Wahhh, was machst du da?“ Sofort klammerte sie sich an ihm fest, da sie befürchtete, dass er jeden Moment das Gleichgewicht verlieren könnte. „Was soll das? Lass mich runter! Ich bin viel zu schwer!“

Zu schwer? Wataru musste leise lachen.

„Du bist doch nicht schwer, Miwa-chan! Und da du nicht auf mich hören wolltest…“ Empört blickte die Angesprochene zu ihm auf und wollte schon protestieren, ließ es dann aber doch lieber bleiben. Er würde schon sehen, was er davon hatte! Er könnte sie doch keine 10 Meter so tragen, da war sie sich sicher.

„Und jetzt? Willst du mich den ganzen Weg so zurückschleppen?“

„Natürlich nicht!“ Nun war sie verwirrt. Er wollte sie nicht zurück ins Präsidium bringen? Wohin sollte sie denn dann?

„Sondern..?“ fragte sie nun neugierig weiter.

„Na ja…“ Nun wurde er leicht rot. Was hatte er sich eigentlich dabei gedacht? Er konnte sie doch schlecht…

„Das heißt, du willst mit mir dein Bett teilen?“ Breit grinsend schaute sie in sein Gesicht, welches nun einer Tomate glich. So hätte er das nun wirklich nicht ausdrücken wollen.

„Nun…ich…“ druckste er herum. „Ist doch besser, als hier draußen oder das Präsidium, findest du nicht? Außerdem schlaf ich auf der Couch…“ fügte er noch schnell nuschelnd hinzu, damit sie die Sache nicht falsch verstand.

„Okay, einverstanden!“ willigte sie sofort ein. Dass er sie wirklich mit nach Hause zu sich nehmen wollte. Irgendwie war das eine sehr interessante Vorstellung. Sie wusste zwar, wo er wohnte, aber in seiner Wohnung war sie bisher noch nie gewesen. Jetzt war sie schon neugierig geworden.

„Lässt du mich jetzt bitte trotzdem wieder runter? Ich kann alleine laufen!“

„Ja, ist gut!“

Wohnungsinspektion

Eine halbe Stunde später betraten sie gemeinsam die Wohnung des Polizisten.

„Kein Wunder, dass du so gut wie immer mit deinen Wagen auf Arbeit fährst, ist ja `ne ganz schön lange Strecke…“ Etwas unbeholfen entledigte sich Miwako ihrer Ballerinas.

„Naja, dafür ist es eine ziemlich ruhige Gegend“ erklärte er ihr. Lieber hatte er es ein paar Meter weiter bis zu seinem Arbeitsplatz und dafür dann auch mal Ruhe. Außerdem schien der lange Weg den Beiden gut getan zu haben. Er fühlte sich viel nüchterner als zuvor, und auch Miwako lallte keineswegs mehr so wie bei den Abschiedsgesprächen mit den Kollegen. Das war nun über eine Stunde her.

„Jetzt hab ich aber Durst! Können wir nicht noch was trinken? Ich vertrockne gleich!“ Grinsend sah die Polizistin den jungen Mann an. Irgendwie war ihre Laune wieder viel besser geworden, trotz vergessenen Schlüssel und langen Fußmarsch.

„Wie?“

Seufzend blickte Miwako zu ihm. Hatte er ihre Frage einfach akustisch nicht verstanden gehabt?

„Ich habe Durst!“

„Ja, schon gut! Im Kühlschrank steht sicher irgendetwas….“

Irgendetwas? Fragend hob Satô eine Braue. Klang ja gerade so, als wüsste er nicht, was er in seinem Kühlschrank vorrätig hatte. Aber das würde sie jetzt gleich herausfinden. Kurz schaute sie sich im Flur um und öffnete schließlich eine Tür, die mit Sicherheit zur Küche gehörte.

„Hey, warte mal, ich hab doch gar nicht aufgeräumt!“

Das hätte er sich eben vorher überlegen sollen. Die Inspektorin kicherte leise, schaltete das Licht ein und blickte sich neugierig um.

„Sieht doch alles sauber aus!“ Kein Berg mit dreckigem Geschirr in der Spüle, ein abgeräumter Esstisch, das war ja fast schon enttäuschend! Wie konnte man als Mann das Haus in einem solchen makellosen Zustand verlassen? Das war ihr irgendwie ein Rätsel.

Im Gegensatz zu ihm kannte sie sich mit Unordnung nämlich bestens aus. Wenn ihre Mutter nicht des Öfteren ihre Sachen wegräumen würde, würde sie Zuhause wohl im Chaos versinken. Da konnte sie so schnell nichts schocken.
 

Wie gut, dass er den ganzen Vormittag genutzt hatte, um die Wohnung auf Vordermann zu bringen. Es war viel mehr ein Zeitvertreib gewesen, mehr nicht. Und jetzt war er auch ziemlich froh, dass er seine freie Zeit zum Putzen genutzt hatte. Nicht auszudenken, wie Miwako reagiert hätte, wenn seine Wohnung sich nicht in diesem tadellosen Zustand befunden hätte. Wahrscheinlich hätte sie das Präsidium dann bevorzugt.

„Was zu trinken wolltest du, nicht?“ Nun betrat er ebenfalls die Küche, ging an Miwako vorbei Richtung Kühlschrank und öffnete diesen. „Was darf ich dir denn anbieten?“

Neugierig blickte Satô nun ebenfalls in diesen und schien zu überlegen, bis sie sich einfach eine Flasche, welche an der Seite stand, herausnahm. Leicht überfordert beobachtete Takagi ihr Tun.

„Ähm, Miwa…das halte ich für keine gute Idee. Willst du nicht lieber ein Wasser? Ich kann auch Kaffee kochen…“ Doch sie schien ihm mal wieder nicht zuzuhören, sondern stellte die Flasche auf den Tresen seines Küchenschrankes ab und öffnete die eine Seite des Schrankes, um nach Gläsern zu suchen.

„Hast du keine Weingläser?“ Na gut, mussten eben normale ausreichen. War ja nicht so schlimm.

„Miwa!“ Nun blickte die Angesprochene zu ihm.

„Was denn?“ fragte sie so unschuldig wie möglich.

„Ich glaube wirklich, dass es besser ist, wenn wir uns jetzt hinlegen! Du bist doch sicher auch müde! Es ist schließlich bereits nach 2 Uhr!“ Und noch mehr Alkohol würde er wahrscheinlich nicht vertragen. Er war ja schon froh, dass er sich seit ihren Spaziergang wieder nüchterner fühlte als noch im Präsidium zuvor. Außerdem wollte er den Morgen und Nachmittag nicht verkatert im Bett verbringen.

„Du bist müde? Dann leg dich schlafen!“ Der Versuch, möglichst gleichgültig zu klingen, verfehlte seine Wirkung. Man konnte ihr deutlich ansehen, dass sie enttäuscht war. Sie nahm die Flasche und ein Glas und verschwand damit aus der Küche. Aber wohin jetzt? Sie sah sich im Flur um. Die Tür neben der Eingangstür war sicher das Badezimmer. Dann waren da 2 weitere. Ein Zimmer war wohl das Schlafzimmer, das andere musste folglich das Wohnzimmer sein. Nur welches? Sie öffnete einfach die Tür gegenüber der Küche und schaltete das Licht ein. Jetzt war sie in seinem Schlafzimmer gelandet. Auch gut. Ihr Blick fiel sofort auf das große Bett, welches relativ viel Platz in Anspruch nahm.

„Wozu brauchst du denn so ein großes Bett?“ fragte sie nun einfach neugierig den Mann, der bereits seufzend hinter ihr stand. Dass sie seine Wohnung so genau unter die Lupe nahm, passte ihm überhaupt nicht.

„Das hat meiner Schwester gehört. Als sie mit ihrem Mann zusammen gezogen ist, hat sie es eben nicht mehr gebraucht und zum Wegwerfen war es einfach zu schade.“

„Ach so.. und da dachtest du dir, so ein großes Bett wäre sicher nicht verkehrt!“ Grinsend sah sie ihn kurz an und bemerkte, wie er leicht errötete.
 

Daraufhin stellte sie vorsichtig ihre Flasche und das Glas auf den Boden neben der Tür ab und ging Richtung Kleiderschrank. Sie musste endlich aus diesem unbequem gewordenen Kleid heraus! Ohne zu Zögern öffnete sie den Schrank, was Wataru dazu brachte, sie einfach nur noch ungläubig anzustarren. Also langsam ging sie wirklich ein bisschen zu weit. So etwas hätte er sich bei ihr niemals getraut. Wahrscheinlich hätte er sich da schon längst eine gefangen!

„Miwako, was machst du da?“

„Ich brauch was zum Anziehen!“ Ein bisschen wühlte sie in seinen Sachen herum. Hier musste es doch irgendetwas Brauchbares geben! Ah, das sah doch gar nicht mal so schlecht aus! Sie zog ein T-Shirt und eine Unterhose heraus. Die Teile waren ihr vielleicht ein wenig zu groß, aber besser als gar nichts.

„Hey, das ist mein Lieblings-T-Shirt!“ Seufzend schüttelte er nur mit dem Kopf.

Lieblings-T-Shirt? Fragend hob die Frau eine Braue und betrachtete das Kleidungsstück genau. Was war daran so besonders? Das einzige, was ihr auffiel, war der seltsame Logoaufdruck auf der Vorderseite und dass es ziemlich ausgewaschen war. Aber wenn er doch so daran hing…

„Dann nehm ich mir eben was anderes…“ Schon wollte sie die Schranktür wieder öffnen, was Takagi aber zu verhindern wusste.

„Nein, nein, schon gut! Nimm es ruhig!“ Verwirrt blickte die Inspektorin zu ihm.

„Sicher?“

„Ja, es gehört dir!“ Besser, als wenn sie weiter seinen Schrank durcheinander bringen würde. Und wer wusste schon, was sie noch alles finden würde und anziehen wollte.

„Okay, ich geh mich dann mal umziehen!“ Und wieder war sie aus dem Zimmer verschwunden. Sofort ging Wataru ihr hinterher in den Flur.

„Das Bad ist…“ Und schon hörte er nur noch, wie Miwako die Badezimmertür hinter sich schloss. Dafür, dass sie erst seit ein paar Minuten in seiner Wohnung war, kannte sie sich aber bereits gut aus.

Naja, dann sollte er ebenfalls die Zeit nutzen und sich erst einmal umziehen.
 

Es dauerte eine Weile, bis Miwako endlich fertig war. Was sie wohl solange im Bad machte? Hoffentlich führte sie nicht wieder eine ihrer Inspektionen durch. Warum machte er sich eigentlich deswegen die ganze Zeit Sorgen? Was sollte sie schon Weltbewegendes finden? Gedankenversunken saß er auf seinem Bett und war kurz vorm Einnicken.

„Takagi-kun, deine Sachen sind mir viel zu groß!“ Sofort war er wieder hellwach. Wie hatte sie sich so schnell in das Zimmer geschlichen? Er blickte zu der Frau auf, die in der Tür stand. Und sie hatte Recht. Seine Sachen waren ihr definitiv zu groß. Das T-Shirt glich eher einem Nachthemd und seine Unterhose war deshalb auch nicht wirklich zu sehen. Ob sie diese überhaupt trug? Er lief rot an. Was dachte er da eigentlich schon wieder?

„So schlimm ist es doch gar nicht, zum Schlafen sollte es reichen…“ Er stand auf und ging zu seinem Schrank, aus welchem er Bettzeug holte.

„Willst du wirklich schon schlafen?“ fragte die Polizistin neugierig. Dabei fiel ihr Blick zu der Flasche, die neben ihr auf den Boden stand. „Wir wollten doch was trinken! Wir haben noch gar nicht zusammen angestoßen!“ Sie hockte sich zu der Flasche und öffnete diese. Danach schüttete sie den Wein in das Glas, welches sie aus der Küche hatte mitgenommen.

Irgendwie musste man sie doch dazu bekommen, zu schlafen! Vielleicht machte sie ja das Glas Wein müde. Irgendwie hoffte er darauf.

„Gut, ich bring schon mal das Bettzeug ins Wohnzimmer.“

„Was? Wieso?“ Das verstand Satô nun überhaupt nicht. „Dein Bett ist doch hier..!“ Langsam setzte sie sich auf dieses. „Und Platz ist ja wohl locker für 2!“

„Ä-ä-ähm, ich weiß nicht so recht…“ Hatte sie das jetzt wirklich ernst gemeint? Schon bei dem Gedanken daran merkte er, wie sein Kopf vor Scham glühte. Obwohl, was war schon dabei! Immerhin war es groß genug. Seufzend setzte er sich neben sie.

„Bist du dir sicher Miwako?“ fragte er nun leise.

„‘türlich..“ Grinsend hielt sie ihm das Glas Wein hin, welches sie bereits halb geleert hatte. Diese Situation hatten sie doch heute schon mal gehabt. Es war sicher nicht gut, wenn sie alles selbst trank. Er nahm ihr das Glas ab und trank den Rest auf einmal aus.

„So, dann können wir ja jetzt schlafen..“

„Was? Aber die Flasche ist doch noch gar nicht leer…“

„Miwa?!“ Er strich sich durchs Gesicht. Scheinbar tat ihr der Umgang mit ihrer besten Freundin Yumi Miyamoto überhaupt nicht gut, denn schon hatte Miwako das Glas erneut gefüllt. Wollte sie wirklich die ganze Flasche noch leeren? Vertrug sie überhaupt so viel? Aber was sollte er denn anderes tun, als ihr zu ‚helfen‘? Irgendwie hatte er Angst, dass sie es doch noch übertreiben könnte. Blieb nur noch die Hoffnung, dass sie von alleine vernünftig wurde und bald schlafen wollte.

„Weißt du was? Ich hab dein Wohnzimmer noch gar nicht gesehen!“ Schon war die Frau wieder aufgestanden und mitsamt Flasche aus dem Raum verschwunden. Das durfte ja wohl nicht wahr sein! Nun doch ein wenig genervt stand der Inspektor ebenfalls auf und folgte ihr vorsichtshalber.

Danach hatte sie wenigstens alles von seiner Wohnung gesehen. Gut, dass diese nicht allzu groß war. Vielleicht gab Satô dann ja Ruhe…
 

„Schick, schick…“ Miwako stellte die Flasche auf den Tisch vor der Couch und ging zum Fenster. Gut, die Aussicht war jetzt nichts Besonderes, aber er hatte Recht, es schien eine ruhige Gegend zu sein. Auch wenn es mitten in der Nacht war, war es kein Vergleich zu dem Lärmpegel in der Innenstadt. Gähnend setzte sich der Mann auf das Sofa. Er nahm die Fernbedienung vom Tisch und schaltete den Fernseher ein. Bei kleinen Kindern half es manchmal, sie einfach ein wenig fernsehen zu lassen, wenn sie nicht ins Bett wollten. Vielleicht zeigte sich die gleiche Wirkung auch bei seiner Kollegin.

Verwundert blickte diese zu ihm, ging dann in seine Richtung und setzte sich neben ihn.

„Kommt jetzt irgendwas Spannendes?“

„Hm… glaub nicht…“

„Und warum hast du dann den Fernseher eingeschalten?“

„Ach… nur so..“ Seine wahren Beweggründe nannte er ihr lieber nicht. Aber wahrscheinlich war sein Plan eh für die Katz und eher er würde auf der Couch einnicken als die Frau neben ihm.

Diese nahm die Flasche, welche direkt vor ihr stand und füllte das Glas, das ihr Kollege hatte mitgebracht, erneut auf.

„Der Wein ist eigentlich ganz gut..“

„Freut mich, war nämlich eigentlich nur ein Werbegeschenk..“

„Ach so…“

Irgendwie fiel ihr dazu nicht mehr ein und sie nippte ein wenig am Glas.
 

Es kam, wie es kommen musste. Die Flasche war leer, und er merkte, wie er schon gar nicht mehr Herr seiner Sinne war. Hätte er sich doch bloß nicht darauf eingelassen! Aber hätte Miwako die Flasche wirklich alleine geleert, dann müsste er jetzt wohl einen Rettungswagen rufen. Dass er sie mal so unvernünftig sehen würde, hätte er eher nicht gedacht. Hoffentlich vertrug ihr Körper den ganzen Alkohol auch. Es gab schon genug Fälle, in denen sich Menschen bei ihrem Alkoholkonsum deutlich verschätzt hatten.

Er stellte das leere Glas und die Flasche beiseite. Irgendwie brummte sein Schädel gewaltig. Jetzt konnte er wirklich nichts mehr tun, außer sich ins Bett zu legen. Sicher würde diese Sauferei einen gewaltigen Kater mit sich ziehen.

„So, Schluss, jetzt wird geschlafen, keine Widerrede!“ Es klang nicht wirklich streng, aber trotzdem schien Miwako zur Abwechslung mal auf seine Worte zu hören.

„Ja, ist gut, ich geh noch mal fix auf die Toilette!“ Und schon war sie erneut verschwunden. Woher nahm sie nur diese Energie? Er verstand es einfach nicht.

Langsam erhob er sich von der Couch, schaltete den Fernseher aus und schwankte Richtung Schlafzimmer. Einfach nur noch ins Bett, forderte ihn sein Gehirn auf. Seufzend legte er sich in dieses und er bemerkte schon, wie wieder dieses Karussellfahren um ihn herum begann. Warum nur hatte Satô darauf bestanden, noch diese eine Flasche zu vernichten? Warum hatte er sich überhaupt dazu verleiten lassen?

„Ich bin wieder da!“ Lallend betrat Miwako das Schlafzimmer und blickte grinsend zu ihrem Kollegen. Irgendwie gefiel ihm ihr Tonfall ganz und gar nicht. Sie schien kein bisschen müde, eher aufgedreht. Dabei hatte er wirklich gedacht, dass sie nach dem langen Nachhauseweg beide wieder relativ nüchtern waren und sich dieser Zustand auch beibehalten würde. Aber anscheinend hatte die letzte Flasche Wein aus seinem Kühlschrank diesen kurzen Zustand erneut zunichte gemacht.

„Was’n mit dir los?“ Doch sie ließ ihn erst gar nicht zu Wort kommen. „Ohhh, das kenn ich!“ Sie ging zu seinem Nachttischschrank, welcher auf ihrer Seite des Bettes stand und nahm den Rahmen, in welchem ihr ein bekanntes Foto zu sehen war.

„Das war doch im Tropical Marine Land!“ Der Angesprochene sah zu ihr, schien kurz zu überlegen, was sie eigentlich meinte und spürte sofort, wie er wieder rot wurde. Warum hatte er das nicht schnell weggeräumt? War ja peinlich!

„Hmm…“ nuschelte er nur. Was sie jetzt wohl von ihm dachte? Obwohl, was war eigentlich dabei?

Eine Weile betrachtete Miwako das Foto noch und stellte es dann lächelnd zurück.

„Is schon ne ganze Weile her, dass wir dort warn…“

„Ja, stimmt..“ gab er leise zu.

„Das war vielleicht ne Aktion mit diesm Drogendealer! Aber wenigstns hast du ihn geschnappt!“ Lächelnd blickte sie zu Takagi, der auf seiner Seite des Bettes mit verschränkten Armen hinter dem Kopf auf dem Rücken lag und gedankenverloren und gähnend an die Decke blickte.

„Allerdings…“

„Aber war schon‘n ganz schöner Zufall, dass es ausgerechnet dein Rucksack war, der damals vertauscht wurde.“

„Das stimmt!“

„Hattest du ihn überhaupt wiederbekommen? Ich kann mich gar nich‘ mehr dran erinnern. Naja, gut, dass nichts Wertvolles drin gewesn war!“

„Ja, nichts Wertvolles, nur der Ring eben…“

„Welcher Ring?“
 

Stille.

Was hatte er da gerade gesagt? Erschrocken über seine eigenen Worte setzte sich der Polizist abrupt auf und sah in das fragende Gesicht Satôs.

„Ach, nichts, vergiss es einfach, haha!“ Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf. Warum musste er ihr gegenüber auch die Sache mit dem Ring erwähnen?

„Was für‘n Ring, nun sag schon!“ Neugierig bestand Miwako darauf, eine Erklärung seinerseits zu bekommen. Mit einem Bitte-sag-es-mir-doch-Blick rutschte zu ihm herüber.

Jetzt hieß es stark bleiben. Schluckend blickte er zu der Polizistin, die ihm schon ziemlich nah gegenüber saß. Welcher Mann würde ihr diese Bitte abschlagen können? Aber er wollte doch nicht, dass sie es wusste. Was würde sie nur von ihm denken? Warum auch musste ihm dieses verdammte Wort herausrutschen?

„Also… ich…“ begann er zu stottern.

„Ja?“

„Ich….ich…“ trotz erhöhten Alkoholpegel bekam er es einfach nicht über die Lippen.

Seufzend blickte Miwako ihn an. Er wollte es ihr wirklich nicht sagen? Was war so geheimnisvoll daran?

„Aber ich dachte, ich wär deine Lieblingskollegin, mir kannst du‘s doch erzähln!“ Sie rutschte noch ein paar Zentimeter an ihn heran.

„Ja, sicher… aber….“ Sein Gesicht glich einer Tomate. Die Frau würde wohl nicht eher locker lassen, bis sie eine Antwort von ihm bekommen würde.

„Takagi-kun?“

Sie wusste nichts von einem Ring und es war das erste Mal, dass er einen in Verbindung mit dem Tropical Marine Land brachte. Sie hatte zwar eine Art Glücksbringer von ihm vor langer Zeit bekommen, der lästiges Ungeziefer fernhalten sollte, aber von einem zweiten Ring hörte sie zum ersten Mal! „Jetzt sag doch!“

„Nein Miwa, es is wirklich nich wichtig…“ Jetzt merkte er schon selbst, wie ihm die Zunge schwerer wurde. Hätten sie doch nur die Flasche Wein im Kühlschrank stehen lassen!

Er wollte immer noch nicht mit der Wahrheit rausrücken? Das passte ihr ganz und gar nicht! Sollte sie jetzt schmollen? Oder wie sonst würde sie eine Antwort von ihm herausbekommen? Satô konnte sehr hartnäckig werden, wenn sie etwas wissen wollte. Das würde er schon noch zu spüren bekommen.

„Aber Wataru-kun!“ Sie rutschte noch näher an ihn heran und zog einen Schmollmund. „Mir kannst du es doch erzählen, bitte!“

Takagi jedoch schüttelte nur mit dem Kopf.

„Kann ich nich!“

„Wieso denn nich?“ Wieder rückte sie ein kleines Stückchen an ihn heran.

Was machte sie da? Dass sie ihm nun so nahe war, machte ihn ziemlich nervös. Möglichst unauffällig versuchte er, nach hinten zu rutschen bis…

„Wahhh…“ er rückwärts aus dem Bett fiel und unsanft auf dem Fußboden landete.

Das hatte sie nun wirklich nicht beabsichtigt gehabt. Leicht besorgt blickte sie zu dem Mann herunter, der nun auf dem Boden des Schlafzimmers lag.

„Hast du dir wehgetan?“

„Nein, geht schon…“ Kurz rieb er sich über den Kopf. Aber jetzt war er wenigstens in Sicherheit, zumindest fürs Erste. Nur langsam rappelte er sich wieder auf und setzte sich zurück auf die Bettkante.

Nun hatte sie es wohl ein wenig übertrieben. Mitleidig blickte Miwako zu Wataru. Dass er vom Bett fallen würde, hatte natürlich nicht in ihrer Absicht gelegen. Vorsichtig legte sie ihre Arme von hinten um seinen Oberkörper und legte ihren Kopf auf seine Schulter.

„Tut mir leid, das wollte ich nicht…“ flüsterte sie schuldbewusst. Anfangs zuckte der Polizist ein wenig zusammen, gewöhnte sich dann aber an den engen Körperkontakt. Es war ja doch recht angenehm.

„Schon gut, war ja nich deine Schuld…“ Doch, eigentlich war es das und das wusste sie. Wie sie das nur wieder gutmachen konnte?

„Ich stell ab jetzt keine Fragn mehr, versprochn…“

„Ach, wirklich?“ Nun musste er leicht grinsen.

„Ja, wirklich!“ Satô stieß einen leisen Seufzer aus und schloss die Augen. Eine Weile könnte sie mit Sicherheit so verharren.
 

„Der Ring.. also… war eigentlich ein Geschenk an dich gewesn…“

Es war nur sehr leise gemurmelt gewesen, aber Miwako hatte es genau verstanden, denn sie öffnete wieder die Augen und blickte zu dem Inspektor, dessen Gesicht ein leichter Rotschimmer zierte.

„Für mich?“ fragte sie leise und er nickte nur kurz. Sie schien zu überlegen. Warum wollte er ihr einen Ring schenken? Irgendwie kam sie da nicht ganz mit. Er wusste doch, dass sie sich nichts aus Schmuck machte. „Was is eigentlich mit dem Ring passiert?“ fragte sie nun neugierig weiter nach.

Er ist mit ins Wasser gefalln, als ich mir Yakura geschnappt hatte.“

„Und warum hast du nichts gesagt…?“

„Na ja, es war mir irgendwie peinlich, ich meine…. Ach egal..“ Jetzt war die Sache wenigstens raus. Nun würde sie sich mit Sicherheit lustig über ihn machen. Er wartete nur darauf, dass sie zu lachen begann.
 

„Du, Wataru? Bin ich dir eigentlich auch peinlich?“ Stattdessen aber schien sie das Thema zu wechseln. Kein Gelächter? Kein Spott?

„Wie kommste denn jetzt darauf?“ Das war ja wohl der absurdeste Gedanke überhaupt. Sie ihm peinlich! Was dachte sie da eigentlich?

„Na ja, ich mein als Freundin…“

„WIE?!“ Ungewollt löste er sich aus seiner Umarmung, drehte sich zu ihr herum und starrte sie sprachlos an. Wie kam sie denn auf so etwas Absurdes? Wie konnte sie ihm peinlich sein? War es nicht eher umgekehrt gerechtfertigt!?

„Natürlich bist du mir nich‘ peinlich, Miwako!“

„Und warum führn wir dann keine Beziehung wie andre Erwachsne auch?“ So, es war raus. Schon lange hatte sie diese Frage beschäftigt und nie eine wirklich zufrieden stellende Antwort darauf gefunden.

„Nun….“ Wieder wusste er nicht, wie er ihr antworten sollte. Jetzt war er erneut in dieser Situation. Hatte sie nicht noch vor ein paar Minuten versprochen, keine Fragen mehr zu stellen? Doch anstatt auf eine Antwort von ihm zu warten, redete Miwako leise weiter.

„Vielleicht weil wir Angst davor habn, uns zu verliern? Klar würde es schmerzn, wenn du nich mehr da wärst, aber es würde noch mehr wehtun, wenn ich genau wüsste, dass wir unsre gemeinsame Zeit nich richtig genutzt hätten…“ Der Gedanke daran, dass ihm wirklich etwas Ähnliches wie Matsuda widerfahren könnte, machte sie sehr traurig. Aber wollten sie sich weiterhin so verhalten, als würde ihre Liebe nicht existieren nur wegen dieser stetigen Verlustängste? Diese würden doch so oder so niemals vollständig verschwinden.

Miwako hatte wohl recht mit dem, was sie sagte. Vielleicht sollten sie langsam mal ihre Zeit richtig nutzen, immerhin hatten sie diese in der Vergangenheit schon oft genug verschwendet. Er ertrug ihr trauriges Gesicht ganz und gar nicht. Vorsichtig hob er seine Hand und strich ihr sanft über die Wange, so wie er es bereits im Präsidium getan hatte.

„Du hast recht, Miwa…“ Langsam beugte er sich zu ihr vor, zögerte einen kurzen Moment und hauchte ihr einen kurzen Kuss auf die Lippen.

Hier konnte sie endlich einmal niemand stören oder unterbrechen. Der Gedanke gefiel Miwako besonders. Endlich waren sie mal ganz für sich alleine.

„Das heißt, dass wir’s mal versuchn? So richtig?“ fragte sie sofort, als er den kurzen Kuss wieder löste. Als Antwort erhielt sie ein Nicken, welches ihr ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Das hieße dann wohl, dass sie jetzt so richtig ein Paar waren. Der Gedanke daran machte sie einfach nur glücklich. Im Moment hatte sie das Gefühl, dass sie zu zweit einfach alles schaffen konnten. Von Glücksgefühlen übermannt zog die Polizisten den Mann gegenüber an seinem Schlafanzughemd zu sich heran und drückte ihm nun einen stürmischen Kuss auf die Lippen.
 

Hier konnte sie endlich mal nichts und niemand stören…

Verdutztes Erwachen

Es war bereits Mittag, als Satô aufwachte. Leise stöhnend griff sie als erstes an ihren Kopf. Dieser fühlte sich an, als wäre gerade eine Dampfwalze darübergefahren. Wahrscheinlich nicht nur einmal. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal solche Kopfschmerzen gehabt hatte, es musste extrem lange her sein.

Und wo war sie überhaupt? Nur sehr langsam setzte sie sich auf und blickte zu dem Wecker, der neben ihr auf dem Nachttischschrank stand. Es war bereits nach 12Uhr? Dennoch hatte sie nicht das Gefühl, dass es bereits die richtige Uhrzeit war, um aufzustehen. In diesem Moment zog ein leise schnarchender Mann neben ihr die Aufmerksamkeit auf sich.

„Takagi-kun?“ wisperte sie leise wie in Trance und schien angestrengt zu überlegen.

Moment mal!

Es nahm ein paar Sekunden in Anspruch bis sie die Situation richtig realisiert hatte.

Was machte sie hier? Mit ihm? In seinem Bett?

Sie schüttelte nur schnell ihren Kopf in der Hoffnung, das Gedankenchaos würde sich auf diese Weise einigermaßen ordnen lassen.

Also von vorn, sie hatte ihren Schlüssel vergessen, dann waren sie zu seiner Wohnung gegangen, und sie hatten im Wohnzimmer Wein getrunken, und danach? Scheinbar klaffte in ihrem Kopf ein kurzer oder doch längerer Filmriss.

Am besten ging sie erst einmal ins Bad, sich erfrischen und dann konnte sie immer noch in Ruhe über die Sache nachdenken. Sie befreite sich also aus ihrer warmen, kuscheligen Decke, bis.... sie die Kälte an ihrem Körper spürte und sofort rot anlief. Was verdammt noch mal sollte das? Wo waren ihre Klamotten abgeblieben? Die Polizistin war sich 100%ig sicher, dass sie sich doch aus Wataru’s Kleiderschrank bedient hatte. Die Sachen mussten also irgendwo sein! Sehr unsicher blickte sie sich im Zimmer um. Auf dem Boden lag schon mal nichts. Daraufhin schaute sie wieder zu ihrem Kollegen, der auf dem Rücken liegend leise, mit einem Lächeln auf den Lippen, vor sich hin schnarchte. Im Gegensatz zu ihr schien er nicht gerade zu frieren, denn seine Decke bedeckte ihn nur hüftabwärts. Gedankenverloren begutachtete sie für einen kurzen Moment seinen doch ziemlich durchtrainierten Oberkörper. Dass er oben ohne so gut aussah…Zum dahinschmelzen! Eben ein absoluter Frauenschwarm! Sie hatte es doch schon immer gewusst. Es wäre ihr zwar neu gewesen, dass er eine Dauerkarte im Fitnessstudio besäße, aber woher sonst kam dieser Traumkörper… ?
 

Stopp!
 

Eine sie ziemlich verwirrende Tatsache holte sie zurück in die Realität. Sein Oberkörper war nackt! Er hatte sich doch aber ein Hemd übergezogen, nachdem sie angekommen waren, da war sie sich sicher, ziemlich sicher! Es hatte ihm doch so gut gestanden gehabt! Ob er etwa auch…komplett…nackt in seinem Bett lag? Miwako bemerkte, wie die Röte in ihr aufstieg. Was hatten sie verdammt noch mal diese Nacht zusammen in seinem Bett gemacht?

Nein, ‚das‘ konnte definitiv nicht sein! ‚Daran‘ könnte sie sich doch mit Sicherheit erinnern! Aber warum verdammt noch mal hatte sie selbst nichts an?! In jenem Moment entdeckte sie das T-Shirt mit dem seltsamen Logoaufdruck neben Wataru. Da war es ja!

„Wehe, du wachst jetzt auf!“ drohte sie ihm leise murmelnd, beugte sich ganz vorsichtig über ihn drüber und ergriff das Kleidungsstück. Dabei schielte sie immer wieder zu ihrem Kollegen. Wäre das peinlich, wenn er jetzt aufwachen und sie so sehen würde. Schnell zog sie sich das T-Shirt über und spürte eine deutliche Erleichterung. Wenigstens ein Problem weniger.

Stand immer noch die Frage im Raum, was sie denn da angestellt hatten! Ob er auch nackt im Bett lag? Also so richtig? Ihr Kopf glühte vor Scham. Sie brauchte nur die Decke ein Stückchen beiseite ziehen und sie hätte Gewissheit…

Nein! Das ging nun wirklich nicht!

Kopfschüttelnd und leise stand sie auf um sich ins Badezimmer zu verdrücken. Hoffentlich würde ihr Gedächtnis bald zurückkehren und Licht ins Dunkel bringen.
 

Nun hockte sie schon fast eine halbe Stunde im Bad und traute sich nicht mehr hinaus. Am liebsten wäre sie einfach nach Hause gegangen, aber in diesem Aufzug war das ja schlecht möglich. Und wo ihr Kleid abgeblieben war, wusste sie auch nicht. Wahrscheinlich lag es irgendwo im Schlafzimmer herum. Die ganze Zeit grübelte sie darüber nach, was in der Nacht so passiert war, aber an der wichtigsten Stelle war nur ein großes, schwarzes Loch. Vielleicht hielt sie ihre Müdigkeit und das Unwohlsein einfach davon ab, sich zu erinnern. Sie lehnte ihren Kopf gegen die Badewanne, vor der sie saß. Ob Wataru bald aufwachen würde? Wahrscheinlich nicht. Sie könnte ja zurück ins Schlafzimmer gehen, ihr Kleid suchen und sich dann aus dem Staub machen. Sicher würde er es nicht einmal bemerken.
 

In diesem Augenblick ging die Badtür auf. Seltsam, hatte sie nicht abgeschlossen gehabt? Das hatte sie wohl vergessen! Ein total verschlafender und leicht torkelnder Wataru betrat den Raum und schien sie noch nicht einmal zu bemerken. Verwundert blickte die Polizistin auf und hätte eher damit gerechnet, dass er erst einmal zusammen zucken würde, wenn er sie dort sitzen sah. Aber nichts dergleichen passierte. Sie schien für ihn wie Luft zu sein! War er überhaupt richtig munter? Oder geistig anwesend? Der Alkohol letzte Nacht musste ihm ja mächtig zugesetzt haben.

„Ähm…dürfte ich vorher noch rausgehen, bevor du die Toilette benutzt?“

Erschrocken zuckte der junge Mann zusammen. Woher kam das denn jetzt? Als hätte er einen Geist gesehen, blickte er zu der jungen Frau, die sich gerade von ihrem Platz erhob.

„W-was machst du denn hier?“ Stimmt ja, sie hatte bei ihm übernachtet. Irgendwie funktionierte sein Gehirn überhaupt nicht. Eigentlich hatte er nur mehr oder weniger bewusst vorgehabt, die Toilette aufzusuchen und sich danach wieder ins Bett zulegen. Für irgendwelche anderen Aktivitäten fühlte sich Takagi heute nicht in der Lage.

„Ich bin schon weg!“ antwortete Satô ihm nur und verwand mit hochrotem Gesicht aus dem Badezimmer. Das musste alles ein Albtraum sein! Sie stolperte zurück ins Schlafzimmer und fand nach kurzem Suchen erleichtert ihr Kleid auf, welches nach den nächtlichen Strapazen wirklich schlimm aussah! Hoffentlich bekam ihre Mutter den Fleck wieder heraus. Aber im Moment war das ziemlich nebensächlich.

Seufzend setzte sie sich auf das Bett.

Es dauerte nicht lange, und schon stand der Polizist im Raum. Kurz trafen sich zwar ihre Blicke, aber keiner der beiden wusste, was sie sagen sollten. Es dauerte eine Weile bis sich Wataru dazu entschloss, sich ebenfalls hinzusetzen.

„Das mag jetzt vielleicht blöd klingen, aber… wann sind wir die Nacht eigentlich ins Bett gegangen? Ich kann mich nicht mehr so recht dran erinnern.“

Miwako schwieg. Das klang alles so absurd, und eigentlich hätte sie darüber lachen sollen, aber irgendwie war ihr einfach nicht danach. „Miwako?“

Die Angesprochene zuckte nur mit den Schultern.

„Weiß auch nicht mehr…“ murmelte sie leise als Antwort.

„Verstehe…“ Seufzend ließ sich Wataru zurück in sein Bett fallen. Irgendwie hatte er nicht das Bedürfnis, heute noch einmal aufzustehen.

„An was erinnerst du dich denn noch?“ fragte Miwako nun leise und blickte kurz zu ihm. Konnte er sich nicht ein Oberteil anziehen? Irgendwie machte sie das nervös. Aber wenigstens hatte er seine Boxershorts angehabt, als sie sich im Bad getroffen hatten, es war also anzunehmen, dass er diese die ganze Zeit trug. Folglich war ihre Panik ganz umsonst gewesen! Ein Glück!

„Weiß nicht…“ murmelte er nur leise und strich sich durch den Kopf. „Daran, dass du nicht schlafen wolltest, meine Wohnung inspiziert hast und wir dann noch die Flasche Wein getrunken haben.. und dann… keine Ahnung!“

Das klang ja ziemlich vorwurfsvoll. Genervt stand sie wieder auf und nahm ihr Kleid.

„Wird nicht wieder vorkommen, ich geh jetzt nach Hause!“ Und schon war sie aus dem Zimmer verschwunden und knallte die Badezimmertür hinter sich zu. Verdutzt blickte Wataru ihr hinterher.

„Jetzt warte doch, Miwa! Das war… doch nicht so gemeint!“ Ein Seufzen folgte. Die würde sich schon wieder beruhigen. Er fühlte sich gerade überhaupt nicht in der Lage, ihr nachzugehen und sich für seine Worte vor der Badtür 1000fach zu entschuldigen. Nie wieder Alkohol, das schwor er sich.
 

Das Kleid sah keineswegs mehr so toll aus wie am Abend zuvor. Es war total zerknittert und die Krönung war wohl der Weinfleck. So musste sie jetzt nach Hause laufen? Miwako strich sich durch das Gesicht. So hatte sie sich die ganze Sache sicher nicht vorgestellt gehabt. Aber jetzt konnten sie es ja nicht mehr ändern. Am besten sofort nach Hause und die peinliche Sache ganz schnell vergessen.

Sie ging zurück in den Flur, zog sich ihre Jacke über und blickte noch einmal zur Tür des Schlafzimmers. Ob sie sich nicht besser verabschieden sollte? Irgendwie würde sie sich sehr undankbar vorkommen, wenn sie es nicht tun würde. Also ging sie noch einmal zurück, öffnete leise die Tür und fand einen bereits wieder schnarchenden Wataru vor. Satô seufzte stark. So schnell würde er wohl nicht wieder aufwachen, also am besten einfach schlafen lassen und ab nach Hause. Ihre Mutter kannte sicher ein gutes Hausmittel gegen einen Kater.
 

„Da bist du ja Miwa, ich hab mir schon Sorgen gemacht!“

„Jaja, ist ja gut, ich bin doch da!“ Genervt betrat Miwako die Wohnung. Irgendwie konnte sie die schrille Stimme ihrer Mutter gerade jetzt überhaupt nicht ertragen. Andererseits war sie froh, dass sie wieder Zuhause war. Wie wäre sie sonst hineingekommen?

„Ich hatte dir extra gesagt, dass du nicht den Schlüssel vergessen sollst! Wo warst du die Nacht überhaupt?“

„Kannst du mal aufhören so zu schreien? Ich hör noch ganz gut!“ Genervt zog die Polizistin ihre Jacke aus.

„Wo warst du meine Liebe? Und überhaupt, was hast du mit dem Kleid gemacht?“ Entsetzt blickte sie zu dem Kleidungsstück.

„Bei Yumi… und sie hat mir Wein über das Kleid geschüttet“ log Miwako. Damit würde sich ihre Mutter wenigstens zufrieden geben. „Aber alles halb so wild, du hast sicher irgendein Wundermittel im Bad stehen, mit dem du das wieder herausbekommen wirst!“

„Das hoffe ich! Puhh…“ Sie trat näher an ihre Tochter heran. „Du hast vielleicht eine Fahne! Ab unter die Dusche mit dir und danach Zähneputzen! Ich koch dir erst einmal einen Tee!“

Einwilligend nickte Satô, die Tatsache, dass ihre Mutter sie wie ein kleines Kind behandelte, mal übersehend und verschwand sofort im Badezimmer.
 

Zumindest fühlte sie sich jetzt viel besser als vorher. Und nun einfach schlafen. Sie ging zurück in ihr Zimmer, zog sich schnell bequeme Sachen an und legte sich in ihr Bett. Dabei fiel ihr Blick zu dem Nachttischschrank, auf welchem der Wohnungsschlüssel lag.

„Na toll…“ murmelte sie genervt. Wenigstens hatte sie ihn nicht verloren und sie mussten nicht gleich das ganze Schloss austauschen lassen. Trotzdem, hätte sie ihn nicht vergessen, dann….

„Was ist denn?“ Und schon stand ihre Mutter mit einer Tasse Tee an der Tür.

„Nichts….“ Nuschelte die Angesprochene und legte sich auf die andere Seite.

„Wie viel hast du gestern Abend eigentlich getrunken? Muss ja eine ganze Menge gewesen sein, du siehst total fertig aus!“

„Jaja, lass mich jetzt einfach in Ruhe schlafen, okay?“ Sie zog sich die Decke über den Kopf.

„Na gut, danach hätte ich aber noch ein paar Details vom letzten Abend! Du musst mir alles erzählen, ja?“

„Hmm..“ nuschelte Miwako nur in ihr Kissen.

Ganz sicher würde ihre Mutter nicht alle Details von ihr erfahren…

Die Aussprache

Es schien ein Morgen wieder jeder andere auch. Keine Spur mehr davon, was sich noch zwei Tage zuvor in der Nacht in diesem Präsidium abgespielt hatte. Als wäre nichts gewesen. Als hätte Yumi ihm niemals die Flasche Wein aufgenötigt, als hätte es niemals diesen Kuss im Karaoke-Raum gegeben. Dieser existierte ja an und für sich auch nicht mehr, sondern wurde wieder als Verhörraum genutzt. Alle hatten sich ganz normal in den alltäglichen Arbeitstrott gestürzt. Und auch von irgendwelchen privaten Fragen zu seiner Beziehung mit Satô blieb er heute verschont. Dabei hätte er schwören können, dass sich, sobald er das Präsidium betreten würde, die Kollegen wie eine Schar Geier auf ihn stürzen und ihn mit Fragen wie eine Zitrone ausquetschen würden. Aber nichts dergleichen passierte. Niemand schien dafür im Moment Interesse zu haben oder konnten sich die Meisten gar nicht mehr an gewisse Geschehnisse erinnern? Eigentlich war es doch egal…

Etwas nervös blickte er nun schon zum sechsten Mal auf seine Armbanduhr. Wo blieb seine Kollegin nur? Es war überhaupt nicht üblich, dass sie ihren Dienst auch nur eine Minute zu spät antrat. Ob sie sich vielleicht erkältet hatte? Hoffentlich nicht, wie sollte er die Tage hier zwischen dem ganzen Papierstapeln alleine ohne sie überstehen? Nur ein Lächeln von ihr ab und zu würde schon ausreichen, um immer wieder mit neuer Motivation diesen Berg zu bekämpfen.

Da war Satô ja endlich! Ein Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. Unsicher verfolgte er sie mit seinem Blick vom Schreibtisch aus. Doch Satô selbst schien ihn gar nicht wahrzunehmen. Schon die ganze Zeit hatte er sich die Frage gestellt, ob sich denn nun ihr Verhältnis seit dem letzten Kuss etwas ändern würde. Das musste es einfach, so konnte es doch nicht mehr weitergehen. Aber was erwartete er eigentlich? Sie waren hier am Arbeitsplatz, da gehörten solche Themen nicht hin. Und das sah seine Kollegin wahrscheinlich ähnlich. Sie nickte ihm nur leicht zu, als sie endlich kurz in seine Richtung blickte und bemerkte, wie er zu ihr herüberschaute. Vielleicht würde ja die Mittagspause eine gute Gelegenheit für ein Gespräch bieten.
 

Es war bereits nach 12 Uhr, aber seine Kollegin schien nicht die Anstalten zu machen, in die Pause zu gehen. Takagi wollte warten, bis sie sich endlich von ihrem Schreibtischstuhl erhob und das Büro verließ, um ihr ganz zufällig zu folgen und um mit ihr an irgendeinen ruhigen Ort einen Imbiss zu sich zu nehmen. Warum musste sie ausgerechnet heute ihre Pause so verzögern? Es machte ihn ziemlich nervös, sodass die Aktenarbeit unnötig schwerer fiel als sonst. Außerdem hing sein Magen bereits in den Kniekehlen, denn ungewohnter Weise hatte er heute Morgen keinen Appetit auf Frühstück gehabt. Mehr als einen Kaffee hatte er einfach nicht herunterbekommen. Ob sein flaues Gefühl im Magen noch vom Alkohol oder doch eher die Begegnung mit seiner Kollegin der Grund war, konnte er sich nicht so recht erklären. Es lag wahrscheinlich an beidem.

In diesem Moment erhob sich Satô endlich von ihrem Platz und verließ ohne auch nur kurz zu ihm zu blicken gedankenverloren den Raum. Sofort erhob er sich ebenfalls, als die Tür hinter ihr zufiel, schaute sich kurz um, denn die übrigen Kollegen schienen sein Vorhaben genau realisiert zu haben und warfen ihm nur einen kurzen bösen Blick zu, aber das war er ja schon gewohnt. Bevor sich noch einer von ihnen aufrappelte, um ihn vielleicht in ein Gespräch zu verwickeln, eilte er aus dem Büro heraus und suchte sofort nach Miwako. Wo sie wohl hingegangen war? Daraufhin erblickte er sie an einen der Kaffeeautomaten. Jetzt aber wieder in einem normalen Schritttempo laufen, damit es nicht auffiel, dass er ihr eilig gefolgt war. Langsam trat er an sie heran.

„Ähm…hallo Miwako..“ Was Besseres war ihn auf die Schnelle nicht eingefallen. Vielleicht wäre es doch vorteilhafter gewesen, wenn er sich im Voraus etwas überlegt hätte. Immer diese spontanen Gespräche…

Die Angesprochene drehte sich nur kurz zu ihm um, schien nicht einmal überrascht zu sein und erwiderte nur ein kurzes „Hallo“. Das war es dann aber auch schon gewesen. Fühlte es sich nur so an, oder wirkte sie heute verdammt kühl? Es war, als wäre nie etwas gewesen.

„Hast du Hunger? Wir könnten eine Kleinigkeit essen gehen, was meinst du?“ versuchte er weiter sie in ein Gespräch zu verwickeln. Bloß nicht abschrecken lassen, ihr Benehmen war sicher nur Fassade, das kannte er ja mittlerweile, schließlich sollte man Berufliches und Privates voneinander strikt trennen.

„Hab keinen Hunger, danke…“ Mit diesen Worten griff sie nach ihrem heißen Kaffeebecher und ging weiter den Flur entlang. Wie angewurzelt blieb Wataru stehen. Was sollte das denn jetzt?

„Warte mal!“ Mit schnellen Schritten ging er ihr nach. Seufzend blieb die Polizistin stehen und drehte sich zu ihm um.

„Was denn noch?“ Das hier war sicher nicht der richtige Ort für private Gespräche. Aber er wollte definitiv nicht auf seinen Feierabend warten!

„H-hab ich was falsch gemacht?“ fragte der Kommissar nun leicht stotternd. Es musste einen Grund dafür geben, dass sie scheinbar vor ihm wegrannte.

Die Angesprochene blickte kurz zu ihm, sah sich dann im Flur um, ob jemand in der Nähe war. Sah nicht danach aus.

„Nein, können wir das ein anderes Mal besprechen? Ich hab noch zu tun!“

„Nein, können wir nicht!“ Überrascht blickte Satô zu ihrem Gegenüber. Was war denn mit dem los? Mit so bestimmter Stimme hatte sie ihn selten reden hören. Wieder sah sie sich um, als befürchtete sie, beobachtet zu werden. Takagi wusste, was ihr gerade im Kopf vorging. Auch ihm war nicht ganz wohl dabei, ein privates Gespräch mitten auf dem Flur des Polizeipräsidiums zu führen. Aber welche Ausweichmöglichkeiten hatten sie schon? Sein Blick fiel zu einer Tür und ihm kam eine Idee. Ohne weiter darüber nachzudenken, schnappte er sich das Handgelenk seiner Partnerin und zog sie hinter sich her.

„Takagi-kun, was soll das werden?“ Dieser antwortete ihr erst gar nicht, sondern öffnete die Tür, betätigte den Lichtschalter, zog sie mit in den kleinen Raum und machte hinter sich zu.

„Hier können wir wenigstens nicht belauscht werden!“ gab er nun doch ziemlich verlegen von sich. Was er sich da wieder getraut hatte, er war selber ganz überrascht über seinen Mut.

„Toll, in der Besenkammer…“ Satô verdrehte genervt die Augen und sah sich kurz um. Nicht gerade der perfekte Ort für ein Privatgespräch. Das hätte sicher Zeit bis später gehabt. „Was hast du denn mit mir vor?“

Takagi blickte sie für einen Moment ziemlich verwirrt an und wurde rot.

„N-nichts, gar nichts..ich…“ Er stoppte. „Ich wollte nur wissen, was los mit dir ist.“

„Was soll mit mir sein?“

„Du bist seltsam, Satô-san!“ Die Angesprochene seufzte.

„Ja, tut mir leid, ich bin eben im Stress, es gibt viel zu tun und…“

„Das glaube ich dir nicht!“ fiel er ihr sofort ins Wort. Wieder erfolgte ein Seufzer ihrerseits. „Gut, das war gelogen..“ gab sie leise zu. „Mich beschäftigt nur etwas..“

„Und was?“ fragte Wataru weiter neugierig nach.

„Na ja, an dem Abend.. du weißt schon… kannst du dich noch an alles erinnern?“

„Was genau meinst du?“ Ob sie von dem Kuss sprach? Natürlich konnte er sich daran erinnern, auch wenn er wirklich alles andere als nüchtern gewesen war. Aber trotzdem, wie könnte er dieses prägende Ereignis einfach so vergessen?

„Ich mein, also weißt du, als wir in deiner Wohnung waren und…“ Satô stockte für einen Augenblick. „Ich weiß noch, dass wir zusammen Wein in deinem Wohnzimmer getrunken haben, aber danach… ich…“ Der Polizist runzelte die Stirn. Stimmt, da war was gewesen. An diesen Moment konnte er sich ebenfalls, wenn auch vage, erinnern.

„Ach, du weißt auch nicht mehr, wie wir ins Bett gekommen sind?“ Satô nickte beschämt. Fragend hob Takagi eine Braue. Was war daran jetzt so schlimm?

„Nein….“ Murmelte sie leise. Jetzt war sie genauso schlau wie vorher. Warum überhaupt beschäftigte sie noch dieses leidige Thema? Sie hatte das Gefühl, irgendetwas wirklich Wichtiges vergessen zu haben. Oder warum war sie am nächsten Morgen splitternackt neben ihm aufgewacht? Diese Tatsache konnte sie ihm ja jetzt schlecht auf die Nase binden.

„Wahrscheinlich sind wir einfach irgendwie ins Bett gefallen, was weiß ich…“ überlegte er murmelnd. Satô nickte stumm. So wird es wohl gewesen sein. Sie musste endlich aufhören, sich den Kopf über diesen Blödsinn zu zerbrechen. Es war doch wirklich sehr unwahrscheinlich, dass sie beide total betrunken irgendetwas angestellt hätten, was sie jetzt bereuen könnten. Wobei, würde sie es denn bereuen? Wenn ja, dann wahrscheinlich nur den Fakt, dass sie sich nicht mehr daran erinnern konnte.

„Ja, so wird es wohl sein..“ gab sie nun doch mit einem leichten Lächeln auf den Lippen von sich. Damit war die Sache jetzt vom Tisch! Warum sich weiter das Leben unnötig schwer machen? „Wollen wir vielleicht doch schnell was essen gehen? Mittlerweile habe ich Hunger bekommen…“ Überrascht schaute Wataru zu ihr und nickte dann lächelnd.

„Gern..“ Doch wurde ihr Vorhaben in jenem Moment von dem Klingelton eines Handys boykottiert. Suchend kramte Miwako in ihrer Jackentasche, übergab dabei Takagi ihren Kaffeebecher, damit sie ihr Telefon besser herausholen konnte.

„Satô?“ Sie lauschte kurz dem Mann an der anderen Leitung, nickte nur ein paar Mal und legte schließlich wieder auf.

„Was ist los?“ fragte der Kommissar neugierig.

„Megure möchte etwas mit mir besprechen, keine Ahnung… Ich muss los, das Essen müssen wir leider verschieben.“ Leicht enttäuscht blickte der Polizist nun doch drein. Er hatte sich so sehr auf ein paar Minuten gefreut, die er mit ihr zusammen verbringen konnte. Auch Satô entfiel nicht sein deprimierter Ausdruck.

„Jetzt mach nicht so ein Gesicht, wir holen das nach, versprochen!“ Leider schienen ihre Worte nicht wirklich tröstlich für ihn zu sein. Aber Megure konnte sie eben nicht absagen, außerdem klang es dringend. Sein Gesichtsausdruck war wirklich nicht zu ertragen. „Takagi-kun?!“ Der Angesprochene seufzte.

„Ja, ist gut!“ Nun musste Miwako lächeln. Wie niedergeschlagen er war, nur weil sie die nächsten 20 Minuten nicht zusammen verbringen konnten, es war doch irgendwie rührend. Sie trat einen Schritt an ihn heran, legte eine Hand auf seine Wange und drückte ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen.

„Wir sehen uns dann nachher!“ Mit ziemlich geröteten Wangen nickte er nur stumm. Irgendwie war der Kuss nun doch ein wenig überraschend für ihn gewesen, wo sie ihn doch vor ein paar Minuten noch so eiskalt ignoriert hatte. „Kommst du jetzt?“ Sofort wurde er aus seiner Gedankenwelt gerissen.

„N-natürlich!“ Nur vorsichtig und leise versuchte Satô, die Tür zu öffnen. Vorher musste überprüft werden, ob die Luft rein war und niemand im Flur stand. Es wurde sicher ein sehr seltsames Bild ergeben, wenn Beide plötzlich aus einer Besenkammer kamen. Es war sicher im Interesse beider, dass diese Sache nicht die Gerüchteküche brodeln ließ. Und sie hatten Glück, niemand war in der Nähe. Jetzt musste sie sich aber beeilen!

„Bis dann!“ verabschiedete sie sich von Wataru und lief den Flur entlang.

„Ähm.. was ist denn mit deinem Kaffee?“ rief Takagi ihr noch nach.

„Behalt ihn einfach!“ Und schon war sie hinter der nächsten Ecke verschwunden.

Das Gespräch und dessen Folgen

Jetzt war Satô schon eine gefühlte Ewigkeit bei dem Gespräch mit Inspektor Megure. Was die beiden wohl zu besprechen hatten? So richtig wusste er es nicht. Soweit er sich erinnern konnte, hatten weder er noch sie sich in letzter Zeit etwas zu Schulden kommen lassen. Unkonzentriert blickte er auf seine Akte vor sich. Ob es vielleicht einen neuen, wichtigen Fall gab? Aber warum hatte er dann nur Satô zu sich gerufen? Wataru runzelte die Stirn. Was wohl dahinter steckte?

In jenem Moment ging die Bürotür auf und Satô kam herein. Aus ihrem Gesichtsausdruck wurde er wenig schlau, denn man konnte nicht erkennen, ob sie jetzt eine gute oder eher eine schlechte Nachricht bekommen hatte. Miwako begab sich an ihren Schreibtisch und ging wieder ihrer Arbeit nach.
 

Durch das lange Gespräch war es natürlich unmöglich, die Akten alle rechtzeitig bis Feierabend zu bearbeiten. Also musste sie wohl Überstunden in Kauf nehmen. Im Gegensatz zu ihrem Partner, der pünktlich mit allem fertig war. Der Rest der Kollegen war bereits verschwunden, und als sich auch Chiba von beiden verabschiedete und den Raum verließ, waren sie alleine. Dies war eine günstige Gelegenheit, endlich herauszufinden, was Megure von Miwako gewollt hatte. Er räumte zügig seine Akten weg und ging danach zu ihrem Schreibtisch.

„Scheint noch eine Menge Arbeit zu sein, kann ich dir helfen?“ Kurz blickte Miwako auf, schüttelte dann aber nur mit dem Kopf.

„Nein, geht schon! So viel ist es ja nun wirklich nicht mehr!“ Und schon schrieb sie weiter an ihrem Bericht.

„Sag mal… was wollte Megure denn vorhin eigentlich? Euer Gespräch hat ziemlich lange gedauert…“ Interessiert blickte er zu der Frau, die mit ihrem Tun stoppte und kurz zu überlegen schien. „Was schlimmes?“ Die Angesprochene blickte sich im Raum um, um sicher zu gehen, dass auch wirklich keiner mehr anwesend war.

„Weißt du, eigentlich soll ich es noch niemanden erzählen…“

„Was denn?“ Nun war er erst richtig neugierig geworden.

„Nun…“ Ach, Takagi konnte sie es doch erzählen. Er war nicht jemand der sofort alles an die große Glocke hing, so wie zum Beispiel es ihre beste Freundin Yumi tun würde. „Du erzählst es auch nicht weiter, okay?“ hakte sie nun vorsichtig nach. Es war im Moment wirklich noch wichtig, dass er Diskretion behielt.

„Sicher!“ erwiderte der Polizist selbstbewusst. Ihr Geheimnis war bei ihm bestens aufbewahrt.

„Also…“ noch einmal blickte sie sich um und daraufhin erschien ein Lächeln auf ihren Lippen. „Polizeipräsident Matsumoto muss aus gesundheitlichen Gründen eine Zeitlang seinen Posten abgeben. Megure wird solange seine Position übernehmen. Und jetzt rat mal, wer solange Megure vertritt, na?“ Ein breites Grinsen erschien auf ihrem Gesicht. Leicht verwirrt blickte Wataru zu seiner Freundin.

„Du meinst….du?“ fragte er unsicher nach. Irgendwie war der Gedanke daran doch ein wenig seltsam.

„Ja, ich! Ist das nicht fantastisch?“ Jetzt war Wataru schon ein wenig platt. Natürlich wusste er, dass Miwako eine wirklich gute Polizistin war, aber damit hätte er jetzt eher nicht gerechnet. „Du siehst nicht gerade begeistert aus.“ Leicht irritiert hob die junge Frau eine Braue. „Traust du mir das etwa nicht zu?“ Sich ertappt fühlend zuckte Wataru zusammen und hob abwehrend die Hände.

„Doch, schon, wirklich!“ redete er sich heraus.

„Aber…?“

„N-naja… nicht, dass ich dir das nicht zutrauen würde…aber immerhin bist du naja…“

„Was? Eine Frau?“

Damit hatte sie wohl den Nagel auf den Kopf getroffen. Wataru seufzte leise. Natürlich war das sein erster Gedanke gewesen, aber er wusste selbst, dass es eigentlich Blödsinn war. Immerhin leitete sie schon seit Jahren die Abteilung für Gewaltverbrechen, warum also traute er ihr diese Aufgabe nicht auch zu? „Nur weil ich eine Frau bin, heißt das noch lange nicht, dass ich die Arbeit weniger gut machen würde als ihr Männer!“ Verärgert widmete sie sich wieder ihrer Akte zu.

„Das hab ich auch nicht so gemeint, Miwako! Es ist eben nur etwas seltsam….“ Eher hätte er Shiratori als Megure’s Stellvertreter erwartet, hoffentlich bekam dieser dann nicht Miwako’s Position und würde die Abteilung leiten. Das wäre eine einzige Katastrophe. Er selbst sah sich nicht als Auserwählter, es gab unzählige Polizisten, die diesen Job mit Sicherheit besser machen würden als er.

„Seltsam sagst du…?“ Da war wohl jemand neidisch? „Ich finde das ganz und gar nicht ‚seltsam‘, ich mache meine Arbeit immer gewissenhaft und ordentlich, dass ist die Chance, auf die ich so lange gewartet habe! Und wer weiß, vielleicht werde ich ja irgendwann Polizeipräsidentin?“ Nun lag ein breites Grinsen auf ihren Lippen.

Seufzend schüttelte ihr Partner nur mit dem Kopf. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er sagen, seine Kollegin wäre größenwahnsinnig geworden. Er war sich ziemlich sicher, dass, so gut sie auch sein mag, als Frau würde man sicher eine solche Position nicht erhalten. Aber diese Gedankengänge behielt er besser für sich. Sie würde sich wahrscheinlich nur darüber aufregen und es würde eine endlose Diskussion über die Emanzipation der Frau folgen. Das musste nun wirklich nicht sein. „Du sagst ja gar nichts…“ Aus seinen Gedanken gerissen blickte der junge Mann zu Miwako.

„Ähm, doch…ich freu mich für dich…“ Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf. „Aber, heißt das nicht, dass du dann noch weniger Zeit hast?“ Genau das war seine Sorge. Es kam doch eh schon so selten vor, dass sie zusammen Zeit verbringen konnten, und jetzt würde sie wahrscheinlich noch viel mehr arbeiten müssen.

„Ach, das glaube ich nicht!“ Abwinkend ging sie wieder ihrer Arbeit nach. Sie wollte ja heute noch fertig werden.

Leicht betrübt blickte Takagi zu Satô. Natürlich gönnte er es ihr, wenn sie im Beruf weiter kam, neidisch war er ganz sicher nicht. Nur die Vorstellung, dass sie dadurch in Zukunft noch weniger Zeit für ihn haben würde, machte ihn Sorgen. Aber so wie er sie kannte, würde sie das sicher alles perfekt meistern. Hoffentlich waren seine Befürchtungen unbegründet…
 

-3 Monate später-
 

Takagi hatte ja von Anfang an diese Vorahnung gehabt, dass Satô in der nächsten Zeit sehr viel zu tun haben würde. Er war sich sicher gewesen, dass er gedanklich wieder maßlos übertrieb und dass es in Wirklichkeit schon nicht so schlimm werden würde. Doch es war weitaus schlimmer…

Seit fast einer Woche hatte er Miwako nicht mehr zu Gesicht bekommen, dabei müsste sie genau wie er täglich im Präsidium sein. Seit nun fast 2 Monaten hatte sie ihr eigenes Büro ein Stockwerk unter dem, wo er arbeitete. Und auch das letzte Mal, als er sie auf dem Flur getroffen hatte, hatte sie nicht einmal 5 Minuten für eine kurze Unterhaltung mit ihm Zeit. Auch wenn er wusste, dass es im Moment einfach viel zu tun gab, zerrte es an seinen Nerven. Früher brauchte er von seinem Schreibtisch aus nur einmal aufzuschauen, um zu ihr zu sehen, und schon war seine Motivation vollends zurückgekehrt. Nun starrte er regelrecht stur auf seine Polizeiberichte, um nicht in Shiratori’s Visage blicken zu müssen. Genau dieser hatte sich seit Miwako’s ‚Umzug‘ dort breitgemacht, und nicht nur dass, ständig kommandierte er ihn herum, als wäre er ein Praktikant. Hoffentlich würde sich der Gesundheitszustand des Polizeipräsidenten schnell bessern und er bald zurückkehren, damit wieder Normalität eintrat. Damit zu rechnen war seinem Wissen nach allerdings nicht.
 

„Takagi? Takagi?!“ Aus den Gedanken gerissen blickte der Polizist auf. „Haben Sie nicht gehört, wir haben einen Fall! Jetzt kommen Sie schon!“ Einen Fall? Es dauerte einen Moment bis er in die Realität zurückgekehrt war und begriff, was los war. Shiratori sah überhaupt nicht begeistert drein. Seit sie zusammen an Mordfällen und ähnlichen arbeiteten, machte die Arbeit nur noch halb so viel Spaß und es gab Tage, da zog er sogar den Papierkram vor. Und heute war definitiv einer dieser Tage! Seufzend erhob er sich langsam von seinem Platz. Es interessierte ihn nicht einmal, um was für einen Fall es sich dabei genau handelte. „Wie lange wollen Sie denn noch trödeln, Takagi?!“ Langsam wurde der andere Mann ungeduldig. „Wir dürfen Satô nicht warten lassen!“ Moment! Überrascht blickte Takagi zu seinem Gegenüber. Was hatte er da gerade gesagt? Satô? Ein kurzes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Warum hatte er das nicht gleich gesagt?

„Unterwegs!“ Er schnappte sich seine Jacke und schon waren beide auf den Weg Richtung Tiefgarage.
 

Seine Laune hatte sich schlagartig geändert, was Shiratori nicht entging. Der Grund dafür war schnell durchschaut. Obwohl er nun schon eine ganze Weile eine Beziehung zu Kobayashi-Sensei pflegte, waren er und Takagi noch immer nicht die besten Freunde. Vielmehr war er ihm ein Klotz am Bein, es war ihm jetzt noch ein Rätsel, warum Satô für diesen Tölpel so viel empfand.
 

Es dauerte nicht lange und beide waren am Ort des Geschehens angekommen. Mit großer Freude stellte Wataru fest, dass Miwako’s Wagen bereits auf der anderen Straßenseite parkte. Auch wenn es auf beruflichen Umständen basierte, wenigstens bekam er sie so mal wieder zu Gesicht.

Sie betraten ein altes, baufälliges Mietshaus, gingen die Treppen herauf und durchquerten eine Absperrung an der Wohnungstür.

Suchend blickte sich Takagi nicht nach der Frauenleiche um, die gefunden wurde, so wie es üblicherweise der Fall war, sondern nach seiner Kollegin. Jedoch schien im Moment nur der Gerichtsmediziner, der mit der Untersuchung der Leiche beschäftigt war, anwesend zu sein. Die Frage, wo denn Satô steckte, schluckte er schnell herunter. Private Belange hatten hier nichts zu suchen! Schnell stellte er sich neben Shiratori, welcher sich in der Zwischenzeit bereits mit dem Gerichtsmediziner unterhielt um sich ein Bild von der Lage zu verschaffen. Erst eine Viertelstunde später betrat auch Satô wieder die Wohnung. Takagi hatte schon die Hoffnung begraben, sie am Tatort anzutreffen, aber immerhin hatte sie die Leitung des Falles übernommen, so wie er es mitbekommen hatte. Und scheinbar war sie auch schon hier gewesen, immerhin hatte der Gerichtsmediziner erklärt, dass er mit ihr bereits die Leiche begutachtet hatte. Aber wo war sie in der Zwischenzeit gewesen? Ob sie schon Zeugen befragt hatte? Normalerweise gehörte das nicht mehr zu ihren Aufgaben.

Jedoch löste das erhoffte Wiedersehen eine etwas andere Reaktion aus als wie erwartet. Mit besorgter Miene blickte er zu seiner Kollegin, die sehr blass aussah. Scheinbar hatten ihr die letzten Wochen ziemlich zugesetzt. Er hatte doch von Anfang an geahnt, dass der Job auf Dauer nicht gut für sie sein würde. Dabei wollte er in diesem Fall doch gar nicht Recht behalten.
 

„Satô-san? Alles in Ordnung?“ Nicht nur er schien bemerkt zu haben, dass seine Kollegin nicht ganz gesund aussah, selbst Shiratori schien sich Sorgen zu machen. Dabei hätte er sich sofort als Erster nach ihrer Befindlichkeit erkundigen müssen, stattdessen stand er wie angewurzelt da.

„Alles gut…“ erwiderte Satô nur mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Damit schien sich sein Kollege auch zufrieden zu geben, im Gegensatz zu Takagi. Da stimmte doch etwas nicht! Ohne groß darüber nachzudenken, schritt er auf sie zu, packte sie leicht am Arm und zog sie mit sich in den nächsten Raum.

„Hey, Takagi-kun, was wird das? Lass mich los! Spinnst du?!“ Sich hier so aufzuführen war wirklich fehl am Platz. Das konnte sie sich doch nicht mehr einfach so gefallen lassen! Endlich lockerte er den Griff um ihr Handgelenk und blickte sie besorgt an.

„Du bist total blass! Du bist sicher, dass es dir wirklich gut geht?“ Nun befreite sie sich komplett aus seinem Griff.

„Alles bestens! Wir haben einen Fall zu lösen, alles andere ist im Moment unwichtig!“ Und schon drehte sie sich wieder weg und war im Begriff, zurück zu den anderen zu gehen.

„Jetzt warte doch mal!“ Wieder hielt er sie am Arm fest. „Ich mache mir Sorgen! Geht es dir wirklich gut?“ hakte er erneut nach, denn so recht nahm er ihr das Ganze nicht ab.

„Frau Satô?“ Schon stand Shiratori im denkbar ungünstigen Moment im Zimmer. „Ich möchte Sie beide ja nicht stören, aber wäre es nicht an der Zeit, Befragungen durchzuführen?“ Leicht beschämt blickte die Angesprochene zu dem Mann, der gerade den Raum betreten hatte und nickte nur kurz.

„Natürlich, Sie haben Recht!“ Was fiel Takagi eigentlich ein, hier so einen Zirkus zu veranstalten? Wieder entzog sie ihm ihren Arm und warf ihm nur kurz einen Blick zu, der ihm sagen sollte, dass so etwas nicht wieder vorkommen darf. „Ich habe bereits im Adressbuch des Opfers nachgeschaut und ein paar Namen markiert. Außerdem hat die Frau vor kurzem noch einen Einkauf im Supermarkt um die Ecke getätigt. Ich habe einen Bon auf ihrem Küchentisch gefunden. Takagi, Sie werden sich bitte darum kümmern!“ Mit diesen Worten drückte sie ihm auch schon das Adressbuch des Opfers in die Hand. „Und danach gehen Sie bitte zum besagten Supermarkt um die Ecke und befragen das Personal, vielleicht können die uns weiterhelfen!“ Ziemlich baff starrte er regelrecht zu der Frau, die diese Worte fast so ähnlich wie sonst Megure zu ihm ausgesprochen hatte. Und jetzt siezte sie ihn wieder? So hatte er sich ihr Wiedersehen garantiert nicht vorgestellt gehabt. „Haben wir uns verstanden?“ Schluckend nickte er leicht.

„Jawohl...“ murmelte er leise und sah mit einem enttäuschten Blick zu dem Adressbuch in seiner Hand. Bei den ganzen Namen, die Miwako ihm angestrichen hatte, würde es eine Ewigkeit dauern, bis er alle durchgearbeitet hatte.
 

„Haben Sie eigentlich schon jemanden aus ihrem Familienkreis benachrichtigt, der uns die Identität bestätigen kann?“ Shiratori’s Frage beantwortete Miwako nur mit einem Kopfnicken.

„Ich habe bereits mit ihrer Mutter telefoniert, sie kann aber frühestens morgen hier sein, sie lebt auf Okinawa. Aber vielleicht könnte uns auch einer der Angestellten im Supermarkt ihre Identität bestätigen, ich nehme an, dass sie dort wohl oft eingekauft hat. Ich schick Takagi gleich mal hin!“ Doch wie sie feststellen musste, war dieser gerade mit telefonieren beschäftigt. War ja auch nicht verwunderlich, immerhin hatte sie ihm diese Aufgabe selbst zugeteilt. Wahrscheinlich war es eh besser, wenn sie die Sache selbst in die Hand nahm.

„Ich geh schnell selbst nachfragen, halten Sie doch solange die Stellung!“ Shiratori nickte nur kurz.

Satô verließ eilig die Wohnung und betrat das Treppenhaus. Sie kam sich verdammt schäbig vor, so wie sie Takagi behandelt hatte. Aber er konnte sie doch nicht einfach so vorführen, was hatte er sich dabei nur gedacht gehabt? Sicher war es manchmal schwierig, berufliches und privates zu trennen, aber in ihrer jetzigen Position war es nur noch wichtiger, beides strikt auseinanderzuhalten. Auch wenn ihre Privatsphäre in den letzten Wochen ziemlich auf der Strecke geblieben war. Aber sie konnte es im Augenblick nicht ändern.

In Gedanken versunken verfehlte sie in ihrer Hast plötzlich eine der Stufen, versuchte noch sich reflexartig am Geländer festzuhalten, jedoch ihre Füßen zogen sie schneller nach unten, als dass sie das Geländer erfassen konnte. Mit lautem Gepolter rutschte sie die Treppenstufen herunter und landete schließlich sehr unsanft auf dem harten Steinboden.
 

Verwirrt blickte Takagi, der gerade eins seiner Gespräche beendet hatte, zur Wohnungstür. Was war denn das gewesen? Auch Shiratori schien den Krach vernommen zu haben, denn dieser stand plötzlich vor ihm.

„Was war das?“ wollte Wataru nun von ihm wissen, aber er selbst schien genauso ratlos wie er.

„Jedenfalls kam es aus dem Treppenhaus…“ Er betrat das Treppenhaus, Takagi folgte ihm und beide liefen ein paar Stufen herunter, bis sie ihre Kollegin bewusstlos auf dem Boden liegen sahen.

„Satô-san!“ Wie aus einem Munde gesprochen blickten die beiden schockiert zu der Frau. Takagi war der erste, der zu ihr eilte.

„Miwako?“ Fassungslos hockte er sich zu seiner Freundin. „Wir brauchen sofort einen Krankenwagen!“ Shiratori schien einen kurzen Moment zu brauchen, um zu Besinnung zu kommen, nickte dann nur schnell und holte sein Handy heraus.

„Miwako? Hey, Miwako?“ Vorsichtig schüttelte er sie an ihren Schultern, keine Reaktion. Wie konnte das nur passieren? „Miwako?“ Plötzlich bemerkte er unter ihrem Kopf eine kleine Blutlache. Scheinbar war sie irgendwo mit dem Kopf aufgeschlagen. Langsam geriet der Polizist in Panik, denn die Frau kam einfach nicht zu Bewusstsein. „Miwako?!“



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Kommentare zu dieser Fanfic (20)
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Von:  miwataru
2015-11-11T14:59:42+00:00 11.11.2015 15:59
Deine ff ist super 💕 ich hoffe das du irgendwann weiter schreibst....
Von:  Miikaa
2014-06-08T21:30:19+00:00 08.06.2014 23:30
Hey deine FF ist sehr gut und es würde mich sehr freuen wenn du weiter schreiben würdest ! :-)
Von: abgemeldet
2014-04-09T18:47:15+00:00 09.04.2014 20:47
Dein FF ist so Hammer gut und es ist echt schade das es nicht weiter geht :(
Würde mich soooo freuen, wenn du noch ein bisschen weiter schreiben würdest ;)
Ich muss wissen, was mit Miwako los ist :D
Von:  _Riri-chan_
2013-08-30T19:28:34+00:00 30.08.2013 21:28
Die Story ist echt toll!
Du schreibst wirklich gut und ich würde mich über weitere Kapitel freuen.
Das letzte hast du zwar schon vor über einem Jahr veröffentlicht, aber wie sagt man so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt! xD
Ich fände es echt schade, wenn du die Story auf Eis legst, da es wirklich wenige Miwaru Fanstorys auf so hohem Niveau gibt. ;(
_Riri-chan_
Von: abgemeldet
2013-04-06T23:52:26+00:00 07.04.2013 01:52
Ich hoffe wir werden noch mehr Kapitel von dir lesen ;)
Würde mich echt freuen, denn du schreibst echt ziemlich gut
Jetzt heißt es abwarten und Tee trinken...

Von: abgemeldet
2012-07-10T11:13:11+00:00 10.07.2012 13:13
Hey :)
Schön, dass es so schnell weiter geht, auch wenns nur ein kurzes Kapitel ist. Hat mir aber gut gefallen. Bei den zwei im Besenschrank musste ich kurz an eine andere Geschichte denken, die ein wenig ähm... unanständiger ist ;)Schön war, dass Takagi mal ein bisschen Durchsetzungskraft bewiesen hat. Schade nur, dass Megure mal wieder stören muss. Ich bin mal gespannt was er von ihr will, etwa was Spannendes passiert?
Bis zum nächsten Mal,
Wolkenkind
Von: abgemeldet
2012-07-06T15:40:59+00:00 06.07.2012 17:40
Sooo Strafrechtklausur erledigt, Zeit für deinen Review :)

Der Anfang hat mir sehr gut gefallen, es war lustig, wie Miwako sich erstmal gewundert hat wo sie ist und was sie in Takagis Bett macht. Auch sehr lustig wie Wataru ins Bad kommt. Ich hab mich nur die ganze Zeit gefragt, hat er jetzt was an oder nicht? ;) Hast du ja dann später aufgeklärt, schaaaade, aber wäre vllt besser weiter vorne platziert gewesen, normalerweise kann man ja davon ausgehen, dass das Miwako sofort auffällt.
Was mir nicht gefällt, ist das Miwako wieder direkt genervt ist, obwohl Wataru ja nur keine Ahnung gesagt hat. Aber Miwako macht sich deinen Geschichten ohnehin gerne mal das Leben selber schwer, also seis ihr gegönnt.
Sonst hab ich nichts mehr zu sagen, ich bin wie immer gespannt aufs nächste Kapitel!
Bis dann und liebe Grüße,
Wolkenkind
Von:  guitareater
2012-07-04T13:10:18+00:00 04.07.2012 15:10
aloha, mademoiselle!

mein erster Gedanke bei diesem Kapitel: she got a hangover - woho! :'D
»fühlte sich an, als wäre gerade eine Dampfwalze darübergefahren.« wie poethisch ;D!

aber back to topic: diese Katergefühle, das Hangoverfeeling, ihre langsam zurückkehrenden Erinnerungen - top!
ich musste sowieso die ganze Zeit grinsen,wenn ich mir die Szenen so im Manga vorstelle, kann ich eh nich mehr. das is zu genial!
btw: »Gedankenchaos« ist ein hammer Wort. in das hab ich mich verliebt!
»Sie befreite sich also aus ihrer warmen, kuscheligen Decke, bis.... sie die Kälte an ihrem Körper spürte und sofort rot anlief. « ich musste erstmal ein paar Sekunden nachdenken. dann hat's klick gemacht und ich so: ohaa :D! + das schelmische Grinsen in meinem Gesicht.
schön, wie du das umschreibst. vielviel besser als: OMG! ICH WAR NACKT - oder sonstiges.

achjah! ich muss mich ja auch noch bedanken.
und mir zugleich auf die Lippen beißen :x! diese Umschreibungen und dann das Kopfkino - du bist Gott!
das sage ich jetzt nicht nur, weil ich diesen part vergöttere, sondern auch, weil mir die Formulierungen total zusagen. gracias! muuuuchas gracias!
und als Miwako darauf kommt, dass dem guten Takagi-kun auch kalt werden könnte, wenn er sich aus seinem Schlafgemach erheben würde... das war einfach köstlich. Miwa-chan, du armes Ding. so verwirrt und überrumpelt. :'o
geil aber, dass sie sich aus lauter Scham und Unratsam im Bad verschanzt xD irgendwie muss ich lachen, wenn ich daran denke, wie sie vollkommen benebelt, fassungslos verdutzt auf dem Badezimmerboden kauert.
und als du geschrieben hast, dass die Badezimmertür aufging, hoffte ich nur noch so "ogott, bitte lass ihn eine Hose anhaben!". und jeah, er ist bekleidet. <3
beim "klärenden" Gespräch kann sich natürlich keeeeiner an ihr Spielchen letzte Nacht erinnern ^^ meine Güte, wenn das dann doch rauskommt? ich hab Angst :'D nein hab ich nicht, ich will wissen, wie's weiter geht xD ochman!
fettes Mistake, dass Satoli gleich so eingeschnappt ist. mensch, Miwa! er hat dich in seinem Bett pennen lassen, dir was zum Anziehen geliehen und du hast seinen Weinvorrat aufgebraucht. zeig dich dankbar!
aber es wäre wohl kaum Miwako, wenn sie nicht einen dramatischen Abgang hingelegt hätte.
ihre Mum hast du sowieso geradezu genial gestaltet!
irgendwie erinnert sie mich an Yumi. aber egal.

ein schönes Kapitel. vom Schreibstil sind wir's eh nicht anders gewohnt: kaum Wiederholungen, schöne Formulierungen.
und es ist kein richtiger Cliffhanger, macht aber trotzdem neugierig.

I'm waiting!,
guitareater
Von: abgemeldet
2012-06-28T23:15:20+00:00 29.06.2012 01:15
Hey... auch ich melde mich mal wieder zu Wort.
Wirklich schade, dass hier nur so wenige kommentieren, aber damit muss man sich wohl abfinden.
Wieder ein schönes Kapitel!
Sehr gut gefallen hat mir Miwakos freche Art, wie sie einfach überall hinmarschiert ist und in alle Schränke geguckt hat. Das hat irgendwie gepasst, vor allem mit dem Hintergrund, dass sie betrunken ist und auch Watarus Versuche sie davon abzuhalten waren lustig.
Kleiner Kritikpunkt: Warum zur Hölle schreibst du Unterhose?? Ich musste die ganze Zeit an so ein hässliches Feinrippteil denken, was in dem Zusammenhang gar nicht gepasst hat, was soll Miwako denn auch damit? :D Aber ich bin mir sicher du meintest Boxershorts, Unterhose war da wohl kein besonders gutes Synonym ;) Aber wie gesagt, nur kleiner Punkt am Rande.
Zur Sache mit dem Alkohol, ich fand jetzt nicht, dass es verzweifelt rüberkam, eher wie jemand Betrunkenes der einfach noch ein bisschen weiterfeiern will. Und die Rolle passt irgendwie auf Miwako.
Nicht so passend für Miwako fand ich den Satz "Du, Wataru? Bin ich dir eigentlich auch peinlich?". Ziemlich OOC, finde ich. Auch die Diskussion danach ist schwierig zu beurteilen, weil man einfach zu wenig weiß. Das ist aber nicht dein Problem, sondern hängt meiner Meinung nach mit dem Aufbau von Conan zusammen. Die beiden sind nunmal eigentlich erwachsene Polizisten, benehmen sich aber größtenteils wie Teenager. Conan ist ja durchaus für ein jüngeres Publikum gemacht und manche Szenen fehlt einfach das Reife. Ich finde es sehr schwierig, sich da als Autor reinzuversetzen und besonders eine genaue Analyse davon zu machen, wie genau die Beziehung zwischen den beiden jetzt aussieht. Stellen sie sich wirlich so dämlich an und haben sich nur zweimal geküsst und ignorieren sich sonst? Oder hatten die Detective Boys mit ihrer Vermutung recht und die Zwei schlafen zusammen (und in dem Fall wohl auch miteinander)? Was passiert alles außerhalb der sichtbaren Handlung im Manga und wird darauf irgendwann Bezug genommen?
Sorry, wenn ich hier etwas ausschweife, ich habe nur letzte Woche meine Liebe für die tolle Fernsehserie NCIS entdeckt und im Vergleich dazu ist der Unterschied schon sehr krass. Mein Problem an der Sache ist, dass die meistens FFs irgendwann eine Ebene erreichen, die so gar nichts mehr mit dem Manga gemeinsam hat und es dann zu schaffen, dass die Charaktere nicht vollkommen unglaubwürdig handeln, ist sehr sehr schwierig.
Trotzdem, bezieh das jetzt nicht alles nur auf dich, ich musste mich grade einfach nur mal mitteilen ;) Ich finde, du schlägst dich sehr gut und die Geschichte ist schön zu lesen! Ich freue mich shcon auf weitere Kapitel! Und jetzt hab ich genug gelabert für heute! :P
Liebe Grüße,
Wolkenkind
Von:  guitareater
2012-06-24T11:56:42+00:00 24.06.2012 13:56
heyho! ich muss mich auch [endlich] mal zu Wort melden.
ich nehme einiges an postiver als auch negativer Kritik in mein Review mit rein und ich hoff, du bist mir danach nicht zu böse :'D

womit soll ich anfangen? ich schätze mal negativ, dann freust du dich wegen dem Positiven umso mehr ;').
also. es gibt nicht viel was ich zu bemängeln habe, aber eine Sache hat mich in den letzen Kapiteln etwas gestört: Alkohol!
und zwar deux fois!
meiner Meinung nach hätte es einmal gereicht. auf dem Ball war es verständlich, weil Miwako sich allein und verlassen gefühlt hat. da trinkt man sich aus lauter Verzweiflung doch den Frust von der Seele, in der Hoffnung, man könne ihn mit einem hochprozentigem Getränk hinunter spühlen.
dann würde das auch perfekt zusammen passen! mir gefiel der Einstieg bei Kapitel 6 total gut. die Erklärung, dass sie nach dem langen Spaziergang wieder etwas nüchtern geworden waren. hja, schön sowas (:!
schade, dass du nicht was von dem nach Hauseweg beschrieben hast. im Kapitel davor, hat sich Miwa ja an Taru-chan[:DD]geklammert, aber irgendwie fehlt mir da noch so... so Emotionsdingsi :'D ohja, ich bringe ja so konstruktive Kritik.
was ich deutlich machen will, ist, dass ich denke, Miwako ist ein wenig OOC geraten. sie wirkt wie ne verzweifelte Schnapsdrossel xD.
aber die Rechtfertigung macht einiges wieder wett.

damit kommen wir auch schon zu den positiven Aspekten, die gerade zu unaufzählbar sind.
du hauchst den Charas so viel Lebendigkeit ein... ich will solche Szenen im Manga <3! Yumi, die total rumspackt, wie sonst was :'D einfach episch!
Miwako, die mal die Gefühlsschiene fährt aber trotzdem typisch unverfroren ist!
und mein lieber Takagi, den du irgendwie total gut triffst. lieb, schüchtern, zuvorkommend aber trotzdem doch... mutig!
ich MUSS meien Lieblingsstelle einfach zitieren: »Dann beugte er sich vollends nach vorne und vernichtete den letzten Abstand zwischen ihnen. Sanft nahm er ihre Oberlippe zwischen seine Lippen und hauchte dabei seinen warmen Atem gegen ihre Haut. Offenbar hatte sie vor Schreck oder Anspannung die Luft angehalten, denn weder bewegte sie sich, noch schien sie irgendwelche Anstalten zu machen, den Kuss zu erwidern. War sie immer noch wütend? War die Mauer ihrer Resistenz bereits so hoch, dass er keine Chance mehr hatte, sie zu erklimmen?«
ich hab das gelesen und einfach nur so :OOOO geschaut :'D
wirklich... eine hammer Stelle. ich bin quietschend vor dem PC gesessen und hab versucht, durch mit der Hand Luft zu zufächern, meine Tränen in den Augen zu trocknen xD!

was ich noch irgendwie... total überwältigend finde: ich muss mir immer den Bauch halten bei der Story. entweder, weil ich wegen Yumi&Co nur lachen kann, oder weil ich absolutes Kibbeln bekomme. und das ist wirklich so! ich weiß nicht, wie das geht oder funktioniert, aber wenn ich mir das so bildlich vorstelle(was überigends durch deinen detaillierten Schreibstil kaum vermeidbar ist!), dann macht mein Magen Saltos <3. du beschreibst so, dass die Szene einfach in meinen Kopf springt und ich mir das alles im Manga vorstellen könnte.

Takagis Wohnung in MEINEM Kopf, Takagi im SCHLAAFANZUG! OHNE Krawatte! hör auf, mit diesen Bildern :x haha :'D

ich hoffe sehr, dass die Story noch ein wenig weiter geht. aber irgendwie... bei dem Titel vermute ich leider was andres :'D.
und ich denke, dass sich Miwako und Takagi auf ein lovegame einlassen, oder täusche ich mich da? BITTE beschreib Takagis Oberkörper. und wie seine nassen Haare an der Stirn kleben und haaaach <3 ich bin schon wieder weggedriftet :'D

hoffentlich nimmst du mir die kleine negative Kritik nicht übel :x
ich mag deine Story einfach viel zu sehr, als dass ich die anlügen könnte! nimm es als Kompliment!

bis ganz bald, ich werde nicht wieder 6 Kapitel schweigen (;
ciao und alleraller liebste Grüße!
guitareater


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