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Draug

Die Tage nach dem Untergang
von

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0.Prolog: Erwachen

0. Kapitel: Prolog
 

Das Erste, was ich wahrnehme, ist ein leises Rauschen und Knacken. Erschöpft und zugleich ziemlich genervt öffne ich meine Augen. Ich frage mich, wie lange mein Schlaf wohl gedauert hat. Ich bin mir nicht sicher, aber da die Sonne nicht wieder aufgegangen ist, kann es nicht allzu lange gewesen sein.

Ich hasse nichts so sehr auf dieser Welt wie schlafen. Jeder Abend ist für mich eine Herausforderung, und ich bin mehr als nur froh, wenn ich ohne von meinen Ängsten gequält die Nacht durchschlafen kann. Ich werde langsam wach und stelle fest, dass mein Kommunikator sich von ganz alleine angeschaltet und mich damit geweckt hat.

Ich schalte ihn aus und stehe auf, um etwas frische Luft zu schnappen. Vor der Balkontür, die mir einen Blick auf meinen Garten präsentiert, bleibe ich stehen. Mein Garten, der mein Haus umgibt. Ich wiederhole diese beiden Worte stolz in meinen Gedanken. Für die Zeiten, die momentan herrschen, habe ich es verdammt gut. Mein Haus ist weit ab vom Schuss, mitten in der noch unberührten Natur, fern von verschmutzten, engen Großstädten und, noch viel wichtiger, unkontrolliert von unserer Regierung.

Hier draußen gibt es noch viele Tiere, die teilweise auch nachtaktiv sind und natürlich auch Geräusche machen. Irgendetwas ist diesmal jedoch anders. Ich kann zuerst nicht erklären, was ich so sonderbar finde, und gehe davon aus, dass sich meine Paranoia wieder meldet. Aber nachdem ich eine Weile angestrengt gelauscht habe und das Gefühl nicht verschwindet, wird meine Vermutung zur Gewissheit.

Mit einem kurzen Ruck öffne ich die Glastür vor mir und trete ins Freie.

Die kühle Nachtluft empfängt mich und ich kann die Geräusche des Waldes viel deutlicher hören, da sie nun nicht mehr von der Tür abgeschirmt werden. Sie wirken im ersten Moment wie eine Kakofonie auf mich, die aus den unzähligen Rufen der unterschiedlichsten Waldbewohner, dem Säuseln des Windes und Geräuschen, die ich gar nicht einordnen kann, bestehen. Und da ist dann noch dieses Knacken von Schuhen.

Es ist einfach unverkennbar! Ich wundere mich ein wenig, wie jemand das Wagnis eingehen kann, zu versuchen, bei mir einzubrechen. Entweder sind diese Personen sehr dumm oder haben keine Ahnung, wer hier lebt. Beide der Optionen werden sie jedenfalls nicht retten.

Ich bleibe ganz ruhig und konzentriere mich darauf, die Position meines Gegners ausfindig zu machen. Ein weiteres Knacken verrät mir, dass er nicht weit entfernt sein kann.

Ich gehe seelenruhig über die Veranda, tue so, als ob ich meinen ungebetenen Gast nicht gehört hätte, und ziehe dann von einer Sekunde auf die nächste meine vollautomatische Pistole, um sie ihm an die Schläfe zu halten. Mittlerweile muss ich doch genau für solche Aktionen bekannt sein. Es ist ja nicht so, dass ich es darauf anlege. Vielmehr liefert man mir immer eine Steilvorlage, bei der es schon fast meine Pflicht ist, sie anzunehmen.

»Nenne mir einen Grund, warum ich dich nicht erschießen soll.« Ich betrachte mein Opfer, das wahrscheinlich bald in den Genuss kommt, einen Kopfschuss von mir als Geschenk zu erhalten. Es ist ein junger Mann mit blonden, langen Haaren, die er zu einem Zopf zusammengebunden hat. Wahrscheinlich ist er im selben Alter wie ich, was ich allerdings nur vermuten kann, da eine Schutzmaske einen Großteil seines Gesichtes verdeckt. Er trägt Zivilkleidung und darüber etwas, das im Entferntesten an eine fast schon antike Schutzweste erinnert. In der Hand hält er ein Selbstladegewehr, das ebenfalls eher in ein Museum gehört als in die Hände eines jungen Mannes. Er wirkt stark verängstigt, rührt sich nicht und versucht eher schlecht als recht, das Zittern seines Körpers zu unterdrücken.

»Bitte ... nicht schießen. Ich will reden«, stammelt er.

Ich ziele weiterhin auf seinen Kopf und genieße meine Machtposition. »Du kannst deinen Freunden jetzt sagen, dass sie rauskommen können.«

Woher ich weiß, dass er nicht alleine ist? Nun, eigentlich weiß ich es nicht. Ich sage diesen Spruch so gut wie jedes Mal, wenn ich in die Situation komme, einen einsamen Gegner vor mir zu haben und ihn mit meiner Waffe zu bedrohen. Meistens blamiere ich mich, was natürlich völlig egal ist, da niemand überlebt, der davon erzählen könnte.

Zu meiner eigenen Überraschung kommen wirklich zwei ebenso schlecht ausgerüstete Gestalten aus dem Schatten der Pflanzen.

Ich habe schon oft Leuten in den Kopf geschossen und noch öfter bin ich überfallen worden. Dieses Mal ist es jedoch etwas anderes. Abgesehen davon, dass diese Pechvögel miserabel ausgerüstet sind, wirken sie nicht wie Soldaten. Eher wie kleine Jungen, die Krieg spielen.

Einer der beiden, ein Mann mit einem Scharfschützengewehr, richtet seine Waffe auf mich. »Lass ihn los, oder ich schieße!«

Davon lasse ich mich nicht beeindrucken. Wenn er mich hätte erschießen wollen, hätte er es doch schon längst tun können. Jetzt, da er mich warnt, scheint es so, als ob er es gar nicht will.

»Du schießt nicht, dazu ist dir das Leben deines Freundes viel zu wichtig.« Ich will ebenfalls nicht schießen, sonst hätte ich es ja schon längst getan. Irgendwie haben die Fremden meine Neugierde geweckt.

Meine entspannte und gleichzeitig entschlossene Art überzeugt die beiden schließlich. Ich habe es eben drauf.

Beide lassen ihre Waffen sinken. Ich kann Todesangst in den Augen des jungen Mannes erkennen.

»Los! Aufstehen und rein ins Haus!«, befehle ich meinen »Gästen« und lasse meine Waffe als ein Zeichen des Entgegenkommens sinken. »Denkt aber nicht, dass ihr mir in den Rücken schießen könnt. Meine Panzerung sollte mehreren Treffern standhalten. Euer Freund stirbt jedoch schon an einem.« Mein Anzug besteht aus zwei Schichten: einer dicken Panzerung, die mich um einiges breiter wirken lässt, als ich eigentlich bin, und einer weiteren, dünnen Schicht, die ich darunter trage und die direkt auf meiner Haut anliegt. Diese Schicht überzieht auch meinen Hinterkopf und schützt diesen vor leichten Projektilen. Bevor ich schlafen gegangen bin, habe ich die darüberliegende, dicke Schicht nicht zusätzlich angelegt, aber bin mir sicher, dass meine Drohung schon ausreicht, um die Männer einzuschüchtern. Dabei hätten sie mich wahrscheinlich wirklich töten können, wenn sie es darauf angelegt hätten.

Die Waffe noch immer auf seinen Kopf gerichtet, führe ich den Eindringling in mein Haus und zwinge ihn dazu, sich auf das Sofa zu setzen, auf dem ich vor ein paar Minuten noch geschlafen habe. Seine beiden Begleiter folgen ihm zögerlich.

»Setzt euch!« Ich habe sie anscheinend ziemlich eingeschüchtert, denn sie geben keine Widerworte und tun, was ich ihnen befehle. Ich schließe noch schnell die Glastür hinter ihnen und setze mich ihnen gegenüber in meinen Lesesessel.

»Also schön, ich weiß nicht, ob ihr keine Ahnung habt, wer ich bin, oder größenwahnsinnig seid, aber versuchen, mich zu überfallen, war keine gute Idee. Hört gut zu, denn ich frage nur einmal: Was wollt ihr von mir?«

Meine Pistole ist noch immer in Richtung meiner Besucher gerichtet. Notwendig ist dies wahrscheinlich nicht. So verängstigt, wie sie wirken, würden sie keinerlei Versuche unternehmen, mich anzugreifen.

Schließlich ergreift der Mann, der das Scharfschützengewehr besitzt, das Wort. Ich gehe davon aus, dass er ihr Anführer sein muss. »Wir wollten dich nicht überfallen.« Er wirkt ruhiger und selbstbewusster als sein Begleiter, der noch immer so aussieht, als ob er sich jeden Moment in die Hose machen würde. »Es klingt vielleicht etwas seltsam, aber wir sind so etwas wie Schatzsucher. Unser Geo-Device hat uns hierher geführt.«

Ich habe keine Ahnung, von was für einer seltsamen Apparatur er da spricht, bin aber noch neugieriger geworden. Zu meiner Zeit hat es diese Geräte noch nicht gegeben. Bei genauerer Überlegung weiß ich nicht einmal mehr, wie viele Jahre ich nun schon in meinem »Ruhestand« verbracht habe.

»Ich kann dir dieses Gerät gerne zeigen. Wir haben noch nicht herausgefunden, wie es genau funktioniert, aber es markiert manchmal Punkte auf einer Karte. Vielleicht verstehst du, wie es funktioniert.«

Dieses seltsame Gerät macht mich neugierig. »Ich nehme an, dass ihr mich auf diese Art gefunden habt?«, frage ich leicht amüsiert. »Und was wollt ihr nun von mir?«

Die drei werfen sich ratlose Blicke zu.

»Nun ja, das wissen wir nicht genau. Bis jetzt haben wir immer nur Ruinen gefunden oder einzelne Artefakte, nie jedoch einen Menschen, der noch am Leben ist.«

Dies verwundert mich ein wenig. Ich glaube, es wird allmählich Zeit, mir dieses Geo-Device näher anzusehen. »Nun gut. Dies ist eine etwas seltsame Geschichte, aber ich bin gewillt, sie euch abzukaufen. Kann ich davon ausgehen, dass die Regierung nicht unbedingt zu euren Freunden gehört?«

»Ich möchte dich wirklich nicht bloßstellen, da wir ja etwas von dir wollen, aber es gibt keine Regierung mehr.«

»Also haben die Rebellen gewonnen? Es tut mir leid, ich habe mich in den letzten Jahren nicht um Politik gekümmert. Ich habe hier alleine gelebt.«

Die Blicke werden nicht besser. Es ist mir ehrlich gesagt auch nicht einmal unangenehm. Seit Fimbulvetr von der Regierung zerschlagen worden ist, habe ich mich um niemanden gekümmert, und niemand sich um mich.

Der junge Mann beißt sich auf die Lippe. »Es gibt auch keine Rebellen mehr.«

Seltsam, dass sich in so kurzer Zeit so vieles ändern kann. Ich überlege gerade, wie viele Jahre es überhaupt her ist, dass ich schon hier lebe. Mir fällt es jedoch nicht ein. Ich werfe einen Blick auf die Uhr an meiner Wand, nur um festzustellen, dass diese nicht mehr funktioniert und keine Zahlen mehr anzeigt. Auch die Uhr in meiner Kontrollsteuerung an meinem Handgelenk kann nicht in Ordnung sein. Sie zeigt ein komplett obskures Datum an, das unmöglich stimmen kann.

»Welches Jahr haben wir momentan? Meine Uhren sind beide ausgefallen.«

Ohne auf eine Uhr schauen zu müssen, antwortet der Älteste der Gruppe: »Wir haben den 06.07.2213.«

Ich traue meinen Ohren nicht. Ist dies ein sehr bizarrer Traum, oder hat er sich einfach nur versprochen? »Das ist ein Scherz, richtig? Du meinst 2113.«

Er runzelt die Stirn. »Nein. Ich meine, wie gesagt, 2213.« Entweder kann er verdammt gut lügen, oder irgendetwas läuft hier gerade vollkommen schief. Ich presse meine Lippen fest aufeinander und streiche mir mit einer Hand durchs Haar. Das kann doch alles nicht wahr sein.

»Kannst du das beweisen? Mit einer Zeitung oder etwas in der Art?«

Die drei sind ratlos.

»Nun ja, wir können dir unsere Uhren zeigen«, sagt ihr Sprecher schließlich. »Zeitungen in gedruckter Form gibt es, wenn überhaupt, nur noch in den großen Städten.«

Ich lasse mir ihre Uhren zeigen, und tatsächlich, auf allen ist das Datum des 06.07.2213 zu sehen, genauso wie auf meiner eigenen Uhr.

Ich versuche, mich zu beruhigen und nichts Unüberlegtes zu tun.

»Stimmt etwas mit dem Datum nicht?«, werde ich gefragt und schüttle den Kopf.

»Wie würdest du dich fühlen, wenn du einschläfst und hundert Jahre später wieder aufwachst?«

»Das ist aber jetzt ein Scherz von dir, oder?«

Ich seufze und streiche mir erneut durchs Haar. »Sehe ich so aus, als ob ich Scherze machen würde?«

»Das kann doch nicht stimmen«, fiept der Soldat, der ganz links sitzt. Nachdem er seinen Mundschutz entfernt hat, erkenne ich, dass er eine Sie ist. Wahrscheinlich wäre es mir schon früher aufgefallen, wenn ich sie nur genauer betrachtet hätte, denn sie ist sehr schmächtig. Ich schätze sie auf ungefähr sechzehn Jahre.

»Ich kann euch genauso wenig glauben, auch wenn alle Fakten momentan für euch sprechen.« Ich starre an die Decke in der Hoffnung, dass ich bald aufwache und all dies nur ein schlechter Traum ist.

»Woran erinnerst du dich noch?«, spricht der Mann, den ich für ihren Anführer halte.

»Ich bin hier eingezogen. Dann habe ich mich hingesetzt und mich ausgeruht.«

»Und davor? Erinnerst du dich noch an dein vorheriges Leben?«, hakt er nach.

»Ich war eine der >Einherjar< genannten Kampfeinheiten bei der Organisation Fimbulvetr. Habe bis zum Schluss gekämpft. Ich kann mich noch an alles so erinnern, als ob es gestern gewesen wäre.«

Einen Moment lang herrscht Stille, bis er mir eine Frage stellt, die mich verwundert. »Kennst du jemanden, der sich Widofnir nennt, und wenn ja, was weißt du über ihn?«

Ich antworte, ohne zu zögern. »Natürlich kenne ich Widofnir. Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er ein junger Mann in meinem Alter mit goldig blonden Haaren. Er war in Mimameid stationiert, wo er auch seinen Namen bekommen hat. Ich hatte nie gemeinsame Missionen mit ihm, aber als Einherjar kannte man sich eben untereinander. Aber dies müsstest du ja selbst alles schon wissen. Wenn du ihn nicht kennen würdest, hättest du nicht nach ihm gefragt.«

Das Mädchen wendet sich an ihren Sprecher. »Gernot, das kann auch ein seltsamer Zufall sein, oder?«, fragt sie ihn, ehe er fortfährt.

»Was weißt du über seine Zeit vor Fimbulvetr, und wie ist dein Name?«

»Wir haben niemals über sein Leben vor Eintritt in die Organisation gesprochen. Ich kann also nichts über ihn sagen. Mein Name ist Draug. Es würde mir übrigens gefallen, wenn du mir sagen könntest, was diese Fragen sollen, und ihr mir vielleicht auch eure Namen nennen würdet.«

Gernot antwortet: »Meinen Namen, Gernot, wirst du ja schon mitbekommen haben. Das sind Hannah und mein Bruder Florian. Und ich glaube dir und deiner Geschichte, dass du die letzten hundert Jahre verschlafen hast. Ich habe dich gefragt, weil ich einen Beweis dafür wollte, dass du die Wahrheit sagst. Widofnir ist Hannahs Großvater. Er hat ihr viele Geschichten von damals erzählt, auch über dich. Es klingt zwar unglaublich, aber ich möchte dir glauben, denn das, was du erzählst, stimmt mit dem, was wir wissen, überein.«

Großvater? Also hat er überlebt und kann mir sicher ein paar Fragen beantworten. »Könnt ihr mich zu ihm bringen? Es gibt so viele Fragen, die ich ihm gerne stellen würde, und ich glaube, dass er sich auch freuen würde, mich zu sehen.«

»Wahrscheinlich fällt es dir genauso schwer, uns zu vertrauen, wie umgekehrt«, stellt Florian fest. »Aber ich denke, dass wir dir eine Chance geben sollten. Wir wollten eigentlich ohnehin wieder zurück nach Hause und auf den Weg dorthin noch ein oder zwei Signalpunkte überprüfen. Vielleicht kennst du dich ja mit unserem Gerät aus. Wir sind daraus noch nicht so wirklich schlau geworden.«

Ich nicke zustimmend. »Ich werde es mir ansehen. Währenddessen könnt ihr euch hier wie zuhause fühlen. Ich weiß nicht, was noch alles funktioniert, aber eigentlich ist dieses Haus so gebaut worden, dass es sich selbst reinigt und instand hält.«

Dies lassen sich die beiden Jüngeren nicht zweimal sagen und machen sich gleich daran, mein bescheidenes Eigenheim zu durchsuchen. Gernot steht auf, nimmt einen Gegenstand aus seinem Gepäck und übergibt ihn mir. »Das ist unser Geo-Device. Was hältst du davon?«

Ich betrachte den Bildschirm, an dessen Rand noch zusätzliche Drehschalter angebracht sind. Er kommt mir bekannt vor, wirkt jedoch extrem verschlissen und alt. Auf den ersten Blick wirkt diese Apparatur so, als ob sie irgendwelche Signale wie Radio- oder Funkwellen orten kann, ich bin mir jedoch nicht sicher und schließe es vorsichtshalber an meinen Anzug an. Gernot zuckt leicht zusammen, als ich vermeintlich Kabel aus meinem Handgelenk ziehe und an das Geo-Device anstecke. Es dauert nicht lange, bis beides zu surren beginnt und sich die Geräte miteinander synchronisieren.

»Weißt du, was es ist?«, fragt er ungeduldig.

Die Antwort ist nicht so spektakulär, wie er es sich vorgestellt hat. »Wie es scheint, kann dieses Gerät verschiedene Arten von elektromagnetischen Wellen empfangen und zeigt sie auf dieser Karte an. Wahrscheinlich habt ihr mich gefunden, weil mein Kommunikator im Schlafmodus ein Signal ausgesendet hat.« Ich betrachte die Karte und frage mich, was sich wohl hinter den anderen Punkten verbirgt.

»Kommt dir etwas bekannt vor?«

Ich mustere die Karte und deute auf einen Punkt, der ein stärkeres Signal auszusenden scheint. »Hier ungefähr müsste sich Irminsul befinden. Weiter im Norden war dann Mimameid. Da von der Basis jedoch kein Signal mehr ausgeht, fürchte ich fast, dass sie komplett überrannt wurde.«

Gernot ist verblüfft. »Denkst du, dass wir in einer der Basen etwas über deine Vergangenheit finden?«

Seine Frage überrascht mich. »Kommt darauf an, wie viele Personen mit Geräten dieser Art herumlaufen. Irminsul selbst war ein Verwaltungszentrum. Hier waren nie Kampfeinheiten stationiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich niemand darum gekümmert hat, ist also durchaus gegeben. Ich denke aber, dass wir eher in Mimameid fündig werden. Es liegt auch nicht so weit weg wie Irminsul. Aber warum interessiert dich meine Vergangenheit?«

Er wirkt etwas nachdenklicher. »Nun ja, deine Vergangenheit ist auch unsere. Ich möchte wissen, warum sich die Welt so sehr gewandelt hat. Unser Großvater hat uns oft von damals erzählt, aber nie eine Erklärung dafür abgegeben, warum seitdem alles so anders geworden ist.«

Ich spüre, dass ich mittlerweile den ersten Schock überwunden habe, und lehne mich nach hinten, zucke aber leicht zusammen, als der Sessel ein Knarren von sich gibt. Bei so alten Möbelstücken muss man ja Angst haben, dass diese komplett zerfallen.

»Warum hast du eigentlich einen so ... maskulinen Namen? Draug hört sich ja nicht sehr weiblich an«, fragt mich Gernot und reißt mich so aus meinen Gedanken über alte Möbel und deren Zerfall.

Ich zucke mit den Schultern. »Um ehrlich zu sein, ich habe absolut keine Ahnung. Ich habe meinen Namen so akzeptiert und ihn nie hinterfragt. Ich weiß nicht, wer auf diese Idee gekommen ist, aber vieles bei Fimbulvetr ist nach der nordischen Mythologie benannt.«

Gernot nickt. »Sieht ganz so aus.«

»Was habe ich noch verpasst? Wenn es keine Regierung und keine Rebellen mehr gibt, klingt das nach einer größeren Sache«, bringe ich das Gespräch wieder auf ein ernsteres Thema.

Er überlegt kurz, bevor er antwortet. »Ich denke, dass du es nicht sehr gerne hören willst. Die Welt, wie du sie kennst, existiert nicht mehr. Wie vorhin erwähnt, hat der Kampf zwischen den Regierungen dieser Welt und den Rebellen geendet. Einen Sieger gibt es jedoch nicht. Nach dem … Vorfall hat die Regierung angefangen, Bunker zu bauen sowie sich und den >wichtigen< Teil der Bevölkerung zu evakuieren. Den Rest, oder besser gesagt, uns, hat sie zurückgelassen. Um genau zu sein, du hast den Weltuntergang verschlafen.«

Mein irritierter Blick verrät ihm, dass seine Formulierung doch nicht die Beste ist.

»Keine Sorge, es ist nicht so schlimm, wie es sich anhört! Wie du siehst, bin ich ja auch am Leben und es gibt außer uns auch noch andere Menschen, denen es ebenfalls sehr gut geht. Da dieser Vorfall so einschneidend für die Weltbevölkerung war, wird er jedoch als eine Art Untergang oder auch Neuanfang gewertet.« Er mustert mich abschätzend. »Wie fühlst du dich, jetzt, nachdem du das alles erfahren hast?«

Ich zucke mit den Schultern. Nach dem ersten Schock lässt mich die Tatsache, dass ich hundert Jahre geschlafen habe, eher kalt. Viel mehr drehen sich meine Gedanken um meine damaligen Freunde und um die Frage, ob es weitere Personen wie mich gibt. Die Tatsache, dass die Welt ohne mein Zutun untergegangen ist, trifft mich jedoch mehr, als ich es von mir selbst erwartet hätte. Ich möchte mehr über diesen »Vorfall« erfahren, frage jedoch nicht gleich nach, da ich trotz meines hundertjährigen Schlafs verdammt müde bin und mir die Augen schon fast zufallen.

»Mich würde interessieren, was ich außer dem Weltuntergang noch so verschlafen habe. Ich fühle mich wie Dornröschen, nur mit dem großen Unterschied, dass mich kein Prinz wachgeküsst hat.«

Wir müssen beide lachen.

»Vielleicht findest du deinen Prinzen ja noch. Die Welt ist groß und wartet nur darauf, von dir entdeckt zu werden.«



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von: abgemeldet
2012-06-10T20:39:55+00:00 10.06.2012 22:39
Ich muss gestehen das ich den Prolog normalerweiße immer überspringe da es meißt viel blabla ist und ich Aktion, Spannung und Infos haben möchte ^^
Bei dir hat es mir aber sehr viel Spass gemacht ihn zu lesen und man kriegt sofort Lust auf mehr und möchte weiter lesen! (was ich jetzt leider nicht kann da ich ins Bett muss XD)
Der Haupt-chara gefällt mir schonmal sehr gut! Ich ich freu mich darauf mehr von ihr zu erfahren :D

Von:  2TageDieWoche
2012-05-14T13:30:20+00:00 14.05.2012 15:30
100 Jahre zu schlafen ist verdammt lang, und deswegen hab ich mich anfangs schon gefragt wie es kommt, dass es ihr nicht auffällt. Dass sich das Haus selbst reinigt, erklärt zumindest warum es keine dicke Staubschicht gibt. Aber der Garten hätte sich zumindest ändern müssen.
Aber gut, Garten beiseite, was ich mich noch mehr Frage ist, warum ist sich nicht gealtert? Aber es wurde ja ein Spezialanzug erwähnt. Ich vermute mal dass es davon kommt. Sorry, das ich anfangs gleich mal das anspreche, aber bei Zeitsprüngen frag ich mich selbst immer, wie es sein kann, dass sich manche Dinge nichts so stark verändern
Andere haben gemeint, dass sie sehr gelassen damit umgeht. Ich denke mir dass sie anfangs noch nicht ganz realisieren wird, was es bedeutet 100 Jahre geschlafen zu haben. Immerhin hat sie ja noch nicht gesehen wie sehr sich die Welt verändert hat. Noch ist für sie ja alles wie damals.
Nur das ein ihr bekannter Freund noch lebt, irritiert mich sehr. Aber es war erst der Prolog, und da es in der Zukunft spielt, ist eigentlich alles möglich.

Der Lesefluss ist angenehm. Obwohl anfangs ein paar Beistriche zu viel sind. Zumindest kamen mir manche Sätze zu lang vor.

Aber ich freu mich auf das nächste Kapitel. Der Charakter von Draug macht mich neugierig.

lg Cookie
Von:  Raven-Rowan
2012-05-13T22:03:42+00:00 14.05.2012 00:03
Also das war... *denkt nach*
Interessant.
Sie wacht auf und hat 100 Jahre geschlafen >.<

(mal abgesehen davon das es bei uns nicht möglich wäre fände ich das cool dann wäre man um einen schlag 100 Jahre älter sicher der Albtraum und Horror vieler Frauen. *finster lacht*)

Geht sie mit dieser Neuigkeit ja leicht um.
Jetzt stellt sich die Frage.
Ist sie einfach kalt oder hatte sie niemanden mehr an dem ihr etwas lag?
Ich gehe mal davon aus das sie nach allem was war einfach niemanden mehr hatte.

*will sich keine Gefühlskalte Killerin vorstellen*

Da sie ja sagt das sie nicht gern schläft wegen der Albträume denke ich das sie nicht soo kalt ist wie diese Reaktion rüber kommt und ein Gewissen hat.
Jemand mit Albträumen kann einfach nicht "kalt" sein! =D

Gut diese Hinterweltler ;) scheinen doch recht nett zu sein.
Da hatte mich der Klappentext bereits anderes Denken lassen.
In meiner Vorstellung war Draug wie auf Rosen gebettet schlafend in einer Höhle und wurde dann von unfreundlichen Rüpeln mit Keulen geweckt >.<
(das kommt dann eventuell beim nächsten 100 Jährigen Nickerchen xD)

Ich frage mich woher du die Namen hast.
(klar Nordische Mythologie) aber auch der Geo-Device macht mich Neugierig.
Die Namen der Städte etc. woher kommen all diese Namen?

Sie hat Angst.
Vor der Regierung? Vor den Eigenen Leuten? oder einfach so?
Ich finde ihre Angst ist gut rüber gebracht.
Auch wenn sie hier wieder etwas zu gelassen wirkt.
Ich hoffe sie bekommt irgendwann noch ne richtige Panik Attacke oder ähnliches.
(nicht das ich das IRGENDJEMANDEM Wünsche!)
Das würde Draug nur noch Lebendiger machen.
Ein Wutanfall oder richtiger ausraster wäre auch nicht schlecht ;) daran solltest du eventuell denken.

Mir hat es natürlich super gefallen =D dein Schreibstil ist flüssig und macht immer lust auf Mehr *-* eigentlich kann es einem NIE GENUG sein.

Und jetzt halte ich die Klappe/Finger bevor deine Fans meine Adresse raus bekommen und mich wegen meiner Kritik Steinigen >.<
*geht vorläufig in Deckung*

glg

Raven
Von:  xXHaneUchiwaXx
2012-05-13T20:39:12+00:00 13.05.2012 22:39
ich finde den Epilog echt gut gelungen und es macht Spaß ihn zu lesen! Sie geht ja mit den Infos ziemlich locker um xD
Bin schon gespannt wie es weiter geht !
Von:  Otteron
2012-05-13T11:39:47+00:00 13.05.2012 13:39
Ich muss sagen du hast dich bisher mit draug selbst übertroffen die story ist interessant, die charaktere sind gut beschrieben & abwechslungsreich & der erzähl rythmus ist auch schön flott. Macht auf jedenfall lust auf mehr & werde es auf jedenfall weiter verfolgen. Freu mich schon aufs nächste kapitel & sehr gespannt wie es weiter geht.
Von: abgemeldet
2012-05-13T09:33:02+00:00 13.05.2012 11:33
Wow... also ich muss sagen, das war sehr interessant für den Anfang.
Ein hundert jähriger Schlaf, der 'Untergang' der Welt...
Dieser Prolog regt an, mehr wissen zu wollen und ich freue mich bereits auf das nächste Kapitel.

Der Schreibstil hat mir gut gefallen. Man konnte sich die Situation bildlich vorstellen, die anfänglich Verwirrung von Draug nachvollziehen.
Also wie gesagt, ich freue mich auf ein weiteres Kapitel. Ich werde es auf jeden Fall lesen.

Lg Sandra
Von:  mad-lycan
2012-05-13T06:56:33+00:00 13.05.2012 08:56
cute^^ the very last sentence seems a bit odd though......


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