Zum Inhalt der Seite

Demon Girls & Boys

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Konfrontation

   Konfrontation

 

 

 

Traurig betrachtete Janine Carsten. Selbst im Schlaf schienen ihn seine Wunden zu quälen…

Und vermutlich nicht nur die Wunden, die Jack ihm zugefügt hatte.

Sie wusste ja selbst wie es war, wenn man ohne Eltern aufwuchs. Aber Carsten hatte seine leibliche Mutter nie kennengelernt. Wie ging es ihm mit diesem Wissen?

Äußerlich hatte er sich ja fast immer fröhlich und lebensfroh gezeigt, aber innerlich… Sie warf einen Seitenblick auf Benni. Vermutlich wusste nur er, wie sich Carsten wirklich fühlte.

Erst jetzt fiel Janine auf, wie nahe sich die zwei standen. Ja gut, sie hatte schon davor gesehen, dass die beiden eine sehr starke Freundschaft verband. Aber jetzt konnte sie erst erkennen, wie stark diese Freundschaft wirklich war. Carsten war der einzige von ihnen, den Benni in seine vollständige Vergangenheit eingeweiht hatte. Immerhin hatte noch nicht einmal Laura gewusst, dass Benni von seinen Eltern ausgesetzt worden war. Nur Carsten hatte er davon erzählt. Benni wiederum wusste über Carstens leibliche Mutter Bescheid.

Beide sind im Prinzip ohne Eltern aufgewachsen, dachte Janine traurig. Und sie waren beide Ausgestoßene der Gesellschaft, obwohl sie eigentlich so lieb und hilfsbereit sind…

Sie hätte nie gedacht, dass sich Carsten und Benni so ähnlich waren. Eigentlich kamen die zwei ihr grundverschieden vor, wie Licht und Finsternis.

Janine schreckte hoch, als sie ihr Handy vibrieren hörte und holte es aus dem kleinen Beutel, den Selen, die Prinzessin von Ivory, ihr als Handtasche geschenkt hatte.

An sich war Selen eine wunderbare Elbin. Sie hatte ein großes Herz und war ausgesprochen freundlich. Kein Wunder, dass ihr Volk sie so sehr liebte.

Janines Handy war allerdings alles andere als wunderbar… Es war ein sehr altes Modell, dass sie sich vor einem halben Jahr gekauft hatte, nachdem sie sich aus Mur geschlichen hatte, um auf die Coeur-Academy zu gehen. Dennoch hatte sie selbst für dieses alte Handy ein Jahr lang bei dem Waisenhaus von Schwester Vitoria und den anderen Nonnen arbeiten müssen, um das Geld dafür zu bekommen.

Das Display zeigte ihr eine neue Nachricht an. Was Janine verwirrte, denn sie bekam fast nie Nachrichten und ihre Handynummer hatten nur die Mädchen und einige der männlichen Dämonenbesitzer. Noch nicht einmal ihre Adoptivmutter hatte sie, da in Mur fast alle Telefonate abgehört wurden.

Janine öffnete die Nachricht und las sie durch.

 

Komm nach außen.

 

Sie schauderte. Der Absender war anonym…

Hilfesuchend schaute sie zu Benni und als er ihren Blick erwiderte, zeigte sie ihm zitternd die Nachricht.

„Geh ruhig.“

Da Benni anscheinend keine Gefahr in der Nähe witterte, war Janine wieder etwas beruhigter. Sie nickte ihm dankbar zu und meinte zu der restlichen Gruppe „Ich komme gleich wieder.“, ehe sie das Krankenzimmer verließ.

Ein warmer Wind wehte außerhalb des Krankenhauses um Janine und ließ ihr Kleid flattern. Es war tatsächlich ein echtes Elbengewand. Ein langes, figurbetontes Kleid aus edler Seide in einem sanften Beige-Ton, das an den Rändern mit goldenen Ranken verziert war.

Janine strich sich die offenen Haare aus dem Gesicht und schaute sich verwundert um. Etwas abseits bei den Grünanlagen des Krankenhauses sah sie eine Person auf einer Bank sitzen, die sie nur aufgrund des leuchtenden Displays eines Handys entdeckt hatte.

Vorsichtig ging sie auf diese Person zu. „Ähm… Guten Abend?“

Guten Morgen wäre vielleicht passender, es war immerhin schon vier Uhr in der Früh. Wer war um diese Zeit denn noch wach und wollte mit ihr sprechen?

Der Angesprochene blickte auf. „Hi, Feen-Prinzessin. Wo sind denn deine Elbenöhrchen hin?“

Erschrocken wich Janine zurück.

Jack?!?

„W-was willst du hier?“, fragte sie verängstigt.

Warum hatte Benni sie nur gehen lassen?!?

Während Janine überlegte, ob sie nun wegrennen oder doch lieber um Hilfe rufen sollte, zeigte Jack auf sein Bein, das in einem scheinbar improvisierten Verband steckte. „Keine Angst. Ich hab nicht vor, dich anzugreifen.“

Janine atmete auf. Benni hätte sie auch nie und nimmer gehen lassen, wenn da draußen wirklich jemand war, der ihr gefährlich werden konnte.

Aber… Jack war trotz allem noch gefährlich, auch mit gebrochenem Bein!

Das hatte er unter Beweis gestellt, als er Carsten fast getötet hatte!

„Warum bist du dann hier?“, fragte Janine und bekam einen Funken Hoffnung. „Hast du vielleicht ein schlechtes Gewissen wegen Carsten?!?“

Jack schnaubte und steckte sein Smartphone und Kopfhörer in die Tasche einer löchrigen, ausgewaschenen Jeans. „Unsinn.“

„Na ja, aber so wie ich mal gehört habe, hast du dich mit Carsten einst ganz gut verstanden.“ Zögernd setzte sich Janine neben ihn auf die Bank.

Irgendwie hatte sie nicht das Gefühl, dass Jack gefährlich war. Obwohl er sich vor einigen Stunden sowohl gnadenlos als auch herzlos gezeigt hatte…

Lag es vielleicht daran, dass er immer noch ziemlich fertig vom Kampf gegen Eagle aussah?

„Das war doch so, oder?“, fragte Janine weiter, „Du hattest Carsten damals in Schutz genommen, als ihr gemeinsam im-“

„Saaaaag es bloß nicht!“, unterbrach Jack sie plötzlich schroff.

Janine zuckte erschrocken zusammen. „W-warum nicht?“

„Warum?!?“ Jack atmete tief durch, als wolle er sich wieder beruhigen. Entsprechend beherrschter meinte er danach: „Ich bin immer noch ein Dämonenbesitzer und daher liegt es nicht in meinem Interesse, einen anderen Dämonenverbundenen umzubringen.“ Warnend schaute er Janine durch seine strahlend grünen Augen an. „Wenn euch also euer Leben lieb ist, sagt niemals dieses F-Wort in meiner Gegenwart.“

F-Wort? Etwa FESJ?

Löste wirklich alleine dieses Wort in Jack so eine Aggression aus, dass er unbeabsichtigt jemanden töten könnte?

Natürlich! Carsten hatte garantiert irgendetwas über das FESJ gesagt, weshalb Jack die Selbstbeherrschung verloren und ihn angegriffen hatte! Immerhin hatte er ja eben gerade selbst gesagt, dass er eigentlich keinen Dämonenverbundenen töten wolle.

„Also wolltest du Carsten gar nicht angreifen?“ Janine schöpfte wieder Hoffnung. Vielleicht war Jack doch nicht so abgrundtief böse wie nun alle von ihm dachten.

„Nein, verdammt.“ Jack schüttelte missbilligend den Kopf. „Wenn ich ihn töten wollte, hätte ich das schon längst getan.“

„Also hast du tatsächlich ein schlechtes Gewissen und bist deshalb hergekommen.“, folgerte sie mit einem leicht amüsierten Ton in der Stimme.

Grummelnd verschränkte Jack die Arme vor der Brust und erwiderte nichts.

Janine unterdrückte ein Kichern und nutzte sein Schweigen stattdessen dazu aus, ihn genauer zu betrachten.

Seinen rotbraunen Haaren mit dem Sidecut nach zu urteilen, ging er vom Geschmack eher in Bennis Richtung. Wobei Jacks Style weniger gothic-mäßig schien, sondern eher rockig. Vermutlich hörte er auch gerne Metal.

Jedenfalls trug Jack ein schwarzes Band T-Shirt und an seiner löchrigen Jeans einen Nietengürtel. Die Jeans steckte in Biker Boots und an den Armen hatte er mehrere Bänder und eine lederne Armschiene.

Janine fiel ein goldener Ring an dem Mittelfinger seiner rechten Hand ins Auge, der zwar schlicht wirkte, aber einen orangenen Edelstein in der Mitte hatte und nicht wirklich zu Jacks restlichem Outfit passte. Auch wenn er sonst nicht gerade schmucklos war. Aus der Nähe sah Janine nun an einem Ohr zwei Ohrstecker unten und einen Ring oben. An seiner linken Augenbraue hatte Jack einen weiteren Piercing.

Als Jack sie aus den Augenwinkeln musterte, musste sich Janine eingestehen, dass er richtig schöne grüne Augen hatte…

„Nein, nicht wirklich.“, meinte er plötzlich.

„Was?“ Jetzt hatte er sie total aus ihren Gedanken gerissen. Zum Glück…

„Ich bin nicht hier, weil ich ein ‚schlechtes Gewissen‘ habe.“, erklärte Jack nüchtern. „…Weißt du eigentlich, dass deine Tarnung aufgeflogen ist?“

Janine entwich der Atem. Verängstigt wich sie zurück, bis sie gegen die Lehne der Bank stieß.

Daran hatte sie gar nicht mehr gedacht!

Die künstlichen Elbenohren hatte sie sich mit Florians Hilfe angezaubert und diesen Zauber hatte sie in dem Krankenzimmer von Carsten wieder zurückgenommen, weil die Ohren ihr langsam unangenehm wurden… Doch jetzt wusste Jack, dass sie sich nur verkleidet hatte!

Und warum hatte sie das nicht selbst bemerkt?

Warum musste erst der Böse sie daran erinnern?!?

Jack verdrehte die Augen. „Beruhig dich, ich wusste es schon seit Monaten.“

Was Janine allerdings nicht wirklich beruhigte.

Seit Monaten?!?

„Seit dem Tag, oder eher der Nacht, als Lukas seinen Auftrag in den Sand gesetzt hat, euch in Spirit zu attackieren, um genau zu sein.“ Jack zuckte mit den Schultern.

Stimmt, Janine erinnerte sich. Damals war er es gewesen, der gemeinsam mit diesem ehemaligen ‚Freund‘ von Benni Lukas geholt hatte.

Verzweifelt überlegte Janine, wie sie Jack davon abbringen konnte, es Mars oder irgendjemand anderem sonst zu sagen. Falls er das nicht ohnehin schon längst getan hatte…

Aber warum erzählte er ihr es überhaupt? Was wollte er damit erreichen?

„Hast du es… schon jemandem gesagt?“, fragte sie vorsichtig.

Jack zuckte erneut mit den Schultern. „Nope.“

Janine schluckte einen Kloß im Hals herunter. „Und warum nicht? Willst… willst du mich… erpressen?“

„Jup.“

„W-was-“ Janines Stimme zitterte genauso sehr wie ihr Körper. „Was… willst du denn?“

Sie kniff die Augen zusammen. Eigentlich wollte sie es gar nicht wissen…

Jack klang genauso gelassen, wie bei seinen beiden Antworten zuvor, vielleicht sogar ein bisschen amüsiert. „Deine Jungfräulichkeit.“

Und Janine wünschte sich, an Carstens Stelle schwer verwundet im Krankenbett zu liegen.

Was hatte er da gesagt?!

Am liebsten würde sie jetzt um Hilfe rufen, aber was könnten die anderen denn schon groß ausrichten? Wenn sie Jack töten würden, würde das den Dämon befreien und wer weiß, was der dann machen würde… Und gefangen nehmen konnten sie Jack auch schlecht. Garantiert würde er irgendwann fliehen können und Janine an Mars und den Diktator der Mur-Region verraten. Und aus Rache würde er ihr dann garantiert ohnehin…

Die grausigen Zukunftsaussichten ließen Janine erschaudern.

Eigentlich blieb ihr ohnehin keine andere Wahl…

Janine hatte sich in ihm getäuscht. Auch wenn er Carsten nicht absichtlich verletzt hatte, er war trotzdem böse. Durch und durch böse…

„Und… du wirst es dann wirklich keinem verraten?“

Jack nickte. „Niemandem.“

Janine schluchzte und wischte sich einige Tränen von der Wange. Ihre Stimme klang genauso schwach wie sie sich fühlte. „Okay…“

Daraufhin geschah… nichts.

Sie hatte keine Ahnung, was sie erwartet hätte. Aber mit dieser plötzlichen Stille hatte Janine gar nicht gerechnet.

Vorsichtig und immer noch am ganzen Körper zitternd hob sie ihren Blick, doch Jack saß immer noch einfach auf der Bank und schaute in die schwarze Nacht.

„Wow, das hätte ich nicht erwartet.“, meinte er schließlich. Er beugte sich zu ihr rüber und wuschelte durch ihre Haare. „Du bist echt taff, meinen Respekt.“

Janine zuckte bei seiner Berührung zusammen, aber Jack schien davon keine Notiz zu nehmen. Er lehnte sich wieder zurück und schaute in den Sternenhimmel.

Diese Ruhe machte Janine allerdings noch viel mehr Angst. Was dachte er? Was hatte er vor?! Erneut musste sie schluchzen.

Jack seufzte. „Ach nee, nicht weinen.“

„Lass mich doch! Du bist doch derjenige, der… der mich…“ Weiter kam Janine nicht, da ihr Schluchzen die Oberhand gewann.

„Okay, jetzt beruhige dich erstmal wieder.“

Alleine seine Stimme jagte ihr mit einem Schlag höllische Angst ein, sodass sich Janine dazu zwang, still zu sein. Doch das änderte nichts daran, dass sie am ganzen Körper zitterte und die Tränen über ihre Wangen liefen.

Erneut zuckte Janine zusammen, als Jack seine Hand auf ihre Schulter legte. „Okay, ich geb’s zu. Ich bin zu weit gegangen.“

„Ach echt?!“ Janine schlug seine Hand weg.

Er sollte sie nicht noch mal anfassen! Jede Berührung von ihm ekelte sie an!!!

„Hey, ich bin kein Vergewaltiger!“

„Und was bist du dann?!? Jemand der denkt, ich würde das freiwillig machen?!?“, schrie Janine unter Tränen und stolperte von der Bank, um einen Sicherheitsabstand zwischen sich und Jack zu bringen.

Der gab einen genervten Laut von sich und trotz seines gebrochenen Beins ging er zu Janine rüber und packte sie an den Handgelenken. Zwar versuchte Janine sich mit aller Kraft zu wehren, doch gegen Jack hatte sie keine Chance. Noch ehe sie um Hilfe rufen konnte, hielt er ihr den Mund zu.

„Ich hab gesagt, du sollst still sein.“, zischte er ihr warnend ins Ohr. „Ich hab keine Lust, jetzt noch mal auf irgendeinen deiner Freunde zu treffen, schon gar nicht Benedict oder Eagle.“

Die wissen doch sowieso, dass du da bist!, dachte sich Janine, bekam aber bei diesem Gedanken erst recht Panik.

Ja, sie wussten es. Also warum kamen sie dann nicht und halfen ihr?!?

Janine versuchte, um Hilfe zu rufen, obwohl Jack ihr immer noch den Mund zuhielt. Aber stattdessen bekam sie fast keine Luft mehr.

„Okay, ich mach dir einen Vorschlag.“, meinte Jack genervt. „Hör mir einfach zu und wenn ich fertig bin, kannst du von mir aus ruhig um Hilfe rufen.“

Janine versuchte sich zusammenzureißen und nickte. Hatte sie denn auch groß eine Wahl?

Jack entfernte die Hand wieder von ihrem Mund und wischte sie an seinem T-Shirt ab, da einige von Janines Tränen über sie liefen.

Am liebsten würde Janine jetzt schon um Hilfe rufen, aber sie hielt sich trotzdem an die Abmachung, aus Angst, sie könnte Jack sonst nur noch mehr verärgern.

Dieser seufzte. „Ich bin kein Vergewaltiger. Verdammt, ich würde jemandem noch nicht mal den ersten Kuss stehlen wollen!“

Verwirrt schaute Janine ihn an, während er unbeirrt fortfuhr. „Ich will dich weder zu… sowas zwingen, noch hab ich vor, dich zu verraten. Ich… Keine Ahnung. Vielleicht wollte ich einfach nur wissen, ob du wirklich dazu bereit wärst, so ein großes Opfer zu bringen.“

Kraftlos sackte Janine in die Knie, nicht wissend, was sie jetzt noch von Jack halten sollte.

Er war böse! Er hatte Carsten fast umgebracht! …Aber nicht mit Absicht…

Er hatte Janine eben gerade regelrecht gefoltert! …Hatte aber nie vorgehabt, sie zu vergewaltigen…

Er arbeitete für Mars! …Und wollte sie trotzdem nicht an ihn verraten…

„Wer oder was bist du?“, fragte Janine. Nach wie vor zitterte ihre Stimme und ihr fiel gar nicht auf, wie sie sich weitere Tränen aus den Augen wischte.

Sie war vollkommen durcheinander.

Janine war sich eigentlich sicher, dass Jack kein schlechter Mensch war! Und doch konnte er so grausam sein…

„Keine Ahnung.“, antwortete er schulterzuckend. „Und jetzt hör bitte auf zu weinen.“

Als Janine immer noch leicht schluchzte, meinte er seufzend: „Früher war ich nicht so… Vielleicht ist das echt der schlechte Einfluss von den ‚Bösen‘, wie deine Freunde jetzt sagen würden. Aber was hätte ich denn sonst machen sollen?! In dieser Höllenanstalt verrotten?!?“

Am Ende hörte Janine eindeutig die Verzweiflung in Jacks Stimme.

Mit ‚Höllenanstalt‘ hatte er garantiert das FESJ gemeint…

„War… war es damals wirklich so schlimm?“ Janine traute sich kaum, diese Frage laut auszusprechen. Immerhin rastete Jack bei diesem Thema ja anscheinend völlig aus.

Er seufzte. „Das müsstest du doch von Carsten wissen.“

„Er redet fast nie darüber… Und wenn, dann nur unfreiwillig.“, bemerkte Janine überrascht.

Stimmt, Janine konnte sich nicht daran erinnern, dass Carsten je freiwillig dieses Thema angesprochen hatte. Im Gegenteil, sie erinnerte sich noch gut daran, wie Carsten reagiert hatte, als Öznur nach den Osterferien unbeabsichtigt indirekt auf das FESJ gekommen war.

Er hatte richtig wütend gewirkt, so hatte Janine ihn noch nie erlebt!

„Es scheint wirklich die Hölle gewesen zu sein…“, stellte sie betroffen fest.

Jack setzte sich ihr gegenüber im Schneidersitz auf den Boden. „Ich erledige lieber die schmutzige Arbeit für Mars, als wieder dorthin zurückgehen zu müssen. Auch wenn die Leute zum Teil nicht besser sind…“

Fragend schaute Janine ihn an.

„Ich würde dich nie verraten, weil du dann garantiert in die Fänge von Roland gelangen wirst.“, antwortete Jack.

„Roland? Das ist doch…“

„Genau, dieser wunderbare Diktator, der über deine Region herrscht.“, erklärte er zerknirscht, „Der Perversling widert mich an. Er hat… eine besondere Vorliebe für junge Mädchen wie dich.“

Janine schauderte. „Aber du warst vorhin nicht gerade besser…“

Ja, sie versuchte Jack ein schlechtes Gewissen zu machen. Und überraschender Weise gelang es ihr sogar…

„Verdammt, ich weiß doch, dass das scheiße von mir war.“ Er seufzte. „Aber ich kann‘s dir wohl kaum verübeln, wenn du jetzt darauf herumhacken willst.“

Jack mühte sich wieder auf die Beine und Janine bemerkte, wie der orangene Stein in seinem Ring kurz aufleuchtete und danach ein schwarz-orangenes Portal entstand.

„Warte!“, rief Janine ihm zu. „Woher hast du eigentlich meine Handynummer?“

„Ach, das war nicht schwer.“, bemerkte Jack belustigt, „Ich musste einfach nur deinen Namen herausfinden und mich dann in die Zentralrechner einiger Mobilfunkanbieter hacken. Das kommt davon, wenn man einen Nachmittag lang mal keine Mord-Aufträge hatte…“

Janine schauderte. Trotz allem war ihr Jack immer noch gruselig.

Aber… es steckte tatsächlich noch Gutes in ihm. Tief in ihm verborgen…

Bevor er gehen konnte, meinte sie deshalb: „Aber dein Bein… Es muss richtig behandelt werden. Ein Arzt wird sich schon um dich kümmern, du kannst ruhig mit rein kommen.“

Jack streckte ihr die Zunge raus. „Ich bin immer noch ‚der Böse‘.“ Er schüttelte betrübt den Kopf. „Außerdem gehe ich euch jetzt erst mal lieber aus dem Weg. Wegen Carsten werdet ihr mich schön hassen…“

„Ihm geht es gut, er wird es schaffen.“

Jack schien einen Moment verwirrt inne zu halten. Doch bei seinem Blick kurz darauf zog sich Janines Herz zusammen. Das war Reue, Bedauern. Trauer. Es tat ihm leid. Er bereute es, Carsten angegriffen zu haben. Mit seinem Sarkasmus schien er eher versucht zu haben zu überspielen, wie sehr es ihm in Wahrheit selbst zu schaffen machte.

Jack ließ zwei Metallklingen aus seiner Lederarmschiene hervorschießen, bei der Janine gedacht hatte, sie wäre nur wie die ganzen restlichen Armbänder Zierde.

„Weißt du, was das ist?“, fragte er.

Janine schüttelte den Kopf.

„Diese Klauen gehören zu den Dämonenwaffen. In diese Waffen können wir gezielt die Energie unseres Dämons leiten. Und genau das hab ich gemacht, als ich Carsten angegriffen habe…“

Da Jack nach einer Weile immer noch nichts gesagt hatte, fragte Janine drängend, da sie langsam Angst bekam: „Und???“

Jack ließ die Klauen wieder in der Armschiene verschwinden. „Je nachdem, welche Energie in diese Waffen geleitet wird, üben sie unterschiedliche Effekte aus. Die Erde kann zum Beispiel Leute regelrecht versteinern…“

Janine stockte der Atem. „W-wie meinst du das?“

„Sie lähmt nach und nach den Körper, bis sogar das Herz aufhört zu schlagen…“ Jack senkte den Blick. „Und es gibt kein Heilmittel.“

„Das kann nicht sein! Es gibt zu allem ein Heilmittel!!!“, widersprach Janine verzweifelt.

„Und für Karystma?“, konterte Jack. Betrübt schüttelte er den Kopf. „Carsten ist dem Tod geweiht.“ Er wandte sich dem Portal zu. „Sag ihm bitte, dass es mir leid tut… Ich wollte das wirklich nicht.“

Auch fünfzehn Minuten, nachdem Jack verschwunden war, kniete Janine immer noch schluchzend auf dem Boden. Ihre Gedanken überschlugen sich, doch einer stach immer wieder besonders hervor: Carsten wird sterben und wir können nichts dagegen unternehmen!

Plötzlich legte ihr jemand die Hand auf die Schulter, was Janine erschrocken zusammenzucken ließ.

„Kommst du wieder rein?“, fragte Florian sie sanft.

„H-hast du… das mitbekommen? Das was Jack gesagt hat? Über Carsten?!“, schluchzte Janine verzweifelt.

Florian senkte den Blick und nickte. „Los, komm mit rein.“

Er half ihr auf die Beine, doch Janines Knie zitterten immer noch zu sehr, als dass sie aus eigener Kraft stehen konnte. Daher war sie dankbar, dass sie sich auf Florians Arm stützen durfte.

Kaum waren sie vor dem Krankenzimmer angekommen, flog auch schon die Tür auf und Ariane überfiel sie mit einer Umarmung. „Wie geht’s dir, Ninie?!“, fragte sie aufgebracht und zog Janine in das Krankenzimmer.

„I-ich… keine Ahnung…“, stammelte Janine. „Ich bin total durcheinander…“

„Kann ich verstehen.“ Zischend verschränkte Anne die Arme vor der Brust. „Jack ist so ein Arschloch!“

Öznur nickte bestimmt. „Wieder zu verschwinden war eine weise Entscheidung.“

Überrascht fragte sich Janine, warum die Mädchen so gut Bescheid wussten, aber kurz darauf erinnerte sie sich, dass ja jetzt fast alle von ihnen die Dämonenform hatte und sich dadurch ihre Sinne geschärft hatten.

„Aber… er hat es ja nicht mit Absicht gemacht…“, meinte Janine, dennoch war sie sich nicht sicher, ob sie Jack tatsächlich in Schutz nehmen sollte.

„Das spielt keine Rolle! Er ist dafür verantwortlich, dass Carsten sterben wird und wir nichts machen können!!!“, schrie Laura verzweifelt unter Tränen.

„Und warum nimmst ausgerechnet du ihn in Schutz, nachdem was er dir eben angetan hat?!“, fragte Ariane und fiel Janine wieder um den Hals. „Der ist das Letzte!!!“

„Aber Carsten schien er wirklich nicht verletzen zu wollen…“, meinte Susanne nachdenklich. „Er klang eben wirklich so, als würde er seinen Angriff bereuen.“

Öznur stemmte die Hände in die Hüften. „Dann hätte er ihn halt nicht angreifen sollen!“

„Na ja… Ihr habt es doch sicher auch gehört. Jack hat gemeint, wenn uns unser Leben lieb sei, dann sollten wir dieses ‚F-Wort‘ niemals in seiner Gegenwart sagen…“, überlegte Janine laut.

Laura wischte sich schniefend aber verwirrt einige Tränen aus den Augen. „F-Wort?“

Anne verdrehte die Augen. „Er flippt aus, wenn man ‚fick dich‘ sagt? Was für ein Idiot.“

„Nein! Ich glaube, er meinte ‚FESJ‘!“, meinte Janine verzweifelt und wandte sich an Eagle, „Hatte Carsten vielleicht irgendetwas derart gesagt, bevor Jack ihn angegriffen hatte?“

Eagle schien immer noch total mitgenommen zu sein. Sehr wahrscheinlich aus dem Grund, dass ihn das schlechte Gewissen plagte, Carsten sein Leben lang die Hölle heiß gemacht zu haben, obwohl er tatsächlich vollständig sein kleiner Bruder war…

Dennoch fasste er sich etwas und nickte langsam. „Ja, ich glaube, Carsten hatte es, kurz bevor Jack ihn angegriffen hatte, tatsächlich gesagt…“ 

Laura kaute auf ihrer Unterlippe herum. „Wie kann ein Wort jemanden so aggressiv machen, dass er einen umbringen will?“

„Na ja… Carsten reagiert darauf doch auch immer ziemlich… untypisch für seinen sonstigen Charakter.“, stellte Susanne fest, „Anscheinend ist das FESJ bei beiden ein wunder Punkt.“

Bei ihren Worten senkte Eagle wieder schlechten Gewissens den Blick.

„Das entschuldigt aber trotzdem nicht, dass Jack für Carstens Tod verantwortlich sein wird!“, schrie Laura nach wie vor schluchzend.

Ariane nickte traurig. „Und es entschuldigt auch nicht das, was er dir angetan hatte! Test hin oder her, das war emotionale Folter!!!“

„Nane… Ist schon gut.“, versuchte Janine sie zu beruhigen. „Es ist vorbei und Jack scheint es wirklich zu bereuen, mich so auf die Probe gestellt zu haben. Ich glaube, dass ihn tatsächlich solche Leute anwidern.“

Anne schnaubte, sagte aber nichts.

Benni schaute zu Herrn Yoru rüber. „Gibt es wirklich kein Heilmittel?“

Sein Vater verschränkte die Arme vor der Brust und überlegte. „Es gibt einen Haufen Bücher über die Dämonenwaffen, alleine drei fette Wälzer befassen sich schon nur damit, welche Arten der Waffen es überhaupt gibt und welche Wirkung welche Energie hat. Aber sonst… Ich meine, in einem von Coeurs Tagebüchern mal darüber gelesen zu haben.“

„Wirklich?!“, fragte Öznur hoffnungsvoll. „Kannst du dieses Buch holen?“

Herr Yoru nickte. „Ich werde sehen, ob ich helfen kann.“

 

~*~

 

Susanne unterdrückte ein Gähnen, was Konrad allerdings trotzdem bemerkte.

„Ihr solltet euch alle erst einmal etwas ausruhen.“, riet er ihnen. „Es bringt Carsten rein gar nichts, wenn ihr ihm irgendwie helfen wollt, aber dafür viel zu erschöpft seid.“

„Aber-“, setzte Laura an, um ihm zu widersprechen, wurde allerdings von ihrem eigenen Gähnen unterbrochen.  „Und Carsten?“, fragte sie stattdessen matt. „Soll er etwa ganz alleine hierbleiben?“

„Es sind zurzeit genügend Zimmer frei, wenn ihr bei ihm bleiben wollt.“, bot Saya ihnen an. „Und Eagle sollte sicherheitshalber sowieso noch nicht nach Hause, auch wenn seine Verletzungen nichts Ernstes sind. Man weiß ja nie.“ Sie schaute ihren Stiefsohn fragend an. „Würdest du bei Carsten bleiben?“

Eagle wandte den Blick ab, nickte aber.

Er tat Susanne unendlich leid… Er hatte ja nicht wissen können, dass das alles nur ein Missverständnis war! Und jetzt war es für ihn vielleicht sogar zu spät, Carsten jedenfalls noch um Verzeihung bitten zu können…

Auch wenn Eagle der Meinung war, dass alles, was er Carsten angetan hatte, sowieso unverzeihlich wäre. Aber Laura hatte Recht, Eagle war Carstens Bruder! Carsten hatte ihn immer geliebt, trotz alldem, was Eagle ihm angetan hatte.

„Ich bin der Meinung, wir sollten wirklich alle hier bleiben.“ Ariane seufzte. „Bevor noch jemand angegriffen wird…“

Anne zuckte mit den Schultern. „Dann sollten wir jedenfalls unsere Sachen holen, oder wollt ihr in euren Abendkleidern schlafen?“

„Nein, nicht wirklich.“, meinte Öznur betrübt.

„Wir machen uns dann auch mal auf den Weg.“, meinte Herr Yoru und nickte der Gruppe zu. „Ich lasse es euch wissen, wenn ich etwas Hilfreiches finde.“

„Ihr könnt auch mal meinen Vater fragen.“, schlug Samira vor. „Er ist Waffenspezialist und durch Eufelia weiß er auch einiges über die Dämonenwaffen.“

„Waffenspezialist?“ Laura schauderte. „Das kann man sich bei ihm gar nicht vorstellen.“

Samira lächelte sie an. „Sollen wir dich mit nach Yami nehmen?“

Laura wandte verlegen den Blick ab und meinte schließlich: „Ich würde lieber hier bleiben, aber O-Too-Sama…“

Rina verdrehte die Augen. „Wir hatten doch schon besprochen, dass du ihm ruhig etwas mehr die Stirn bieten kannst.“

Anne nickte bestimmt. „Du bist viel zu brav.“

Lauras Wangen färbten sich bei ihrem Kommentar zwar ganz leicht rötlich, aber dennoch nickte sie.

„Na gut, dann gute Nacht.“, meinte Konrad und schaute die Gruppe aufmunternd an. „Das wird schon, keine Angst. Carsten ist fast genauso unverwüstlich wie Benni.“

Dieser Kommentar brachte jedenfalls einige der Mädchen zum Lächeln. Immerhin hatte Benni das nicht sehr schöne Talent, sich ständig in lebensgefährliche Situationen zu bringen und war trotzdem immer mit dem Leben davongekommen. Wenn auch manchmal nur sehr knapp.

Zusammen mit Janine kümmerte sich Susanne darum, dass jeder kurz zu seinem vorherigen Aufenthaltsort teleportiert wurde, damit sie alle Koffer zusammenbekamen und so auch Schlafzeug und Kleidung für den kommenden Tag.

Inzwischen waren nur noch ihre gewohnte Gruppe und Eagle im Krankenhaus, der Rest hatte sich bereits auf den Heimweg gemacht.

Dennoch fand Susanne keinen Schlaf, genauso wenig wie die meisten anderen.

Plötzlich hörte sie, wie Janine aufstand und zu ihrem Bett rüber ging.

„…Kommst du mal mit zu Benni?“, fragte ihre beste Freundin sie schüchtern.

Susanne sah sie verwundert an und auch Lissi löste fragend den Blick von ihren manikürten Nägeln.

„Ich wollte ihn was fragen…“, war Janines einzige Antwort darauf und Susanne wurde den Gedanken nicht los, dass es um Jack ging.

Sie wusste nicht, was sie von dem Jungen halten sollte… Natürlich mochte sie ihn nicht! Immerhin hatte er Carsten tödlich verwundet und Janine gefoltert! Aber dennoch hatte sie Mitleid mit ihm. Er war ja nicht gänzlich freiwillig bei Mars. Durch ihre übermenschlichen Sinne hatte Susanne das Gespräch zwischen ihm und Janine mitverfolgen können. Und sie fand es durchaus nachvollziehbar, dass sich Jack der dunklen Seite zugewandt hatte, um so dem FESJ zu entfliehen.

Zu diesem Zeitpunkt war er vermutlich noch sehr zerbrechlich und verwundbar gewesen… und leicht beeinflussbar.

Susanne richtete sich auf. „Okay, ich komme mit.“

Janine wandte sich Lissi zu. „Das wird nicht lange dauern…“

Doch Susannes Schwester winkte ab. „Von mir aus lasst euch Zeit. Aber passt auf, dass ihr die zwei nicht stört.“

Susanne verdrehte kichernd die Augen. Natürlich hatten die Mädchen es so organisiert, dass Laura zur Ausnahme mal nicht bei Ariane war, sondern zu Benni ins Zimmer gesteckt wurde. Ein Zweierzimmer versteht sich. Dennoch bezweifelte Susanne, dass sie die beiden wirklich ‚stören‘ würden. Dafür war Laura immer noch viel zu mitgenommen wegen Carsten und außerdem viel zu schüchtern.

Gemeinsam mit Janine verließen sie das ihnen zugeteilte Zimmer und gingen den Gang entlang zu dem Zimmer, in dem Benni und Laura waren.

Leise klopfte Janine an und wenige Sekunden später öffnete Benni die Tür.

„Ä-ähm… Ich hoffe, wir stören nicht…“, meinte Janine verlegen.

Benni schüttelte den Kopf, kam zu ihnen raus auf den Gang und schloss die Tür hinter sich.

„Sie schläft.“, war seine einzige Erklärung darauf.

Was Susanne ziemlich beeindruckte. „Wie kann Laura einfach so schlafen? Also…verstehe mich bitte nicht falsch, das ist sehr gut. Besonders für sie. Aber… Normalerweise beklagt sich Laura, dass sie ständig so schlimme Einschlafprobleme hat.“

„Carsten hat einst behauptet, ich habe eine beruhigende Wirkung auf sie.“, meinte Benni schulterzuckend.

Janine kicherte. „Wie süß… Gut, dass Laura bei dir schläft.“

„Was wollt ihr denn nun?“, erkundigte sich Benni, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen die weißverputzte Wand.

Nervös senkte Janine den Blick. „Warum hast du mich vorhin einfach so rausgehen lassen? Du wusstest doch garantiert, dass es Jack war, also weshalb…“

„Keine Ahnung… Instinkt?“, vermutete Benni.

„Echt jetzt?!“ Plötzlich kam Ariane aus ihrem Zimmer zu ihnen auf den Flur. „In so einer Situation verlässt du dich auf deinen Instinkt?!? Jack hat Ninie gefoltert!!! Und was wäre, wenn das nicht leeres Gerede gewesen wäre?!? Wenn er sie angegriffen hätte?!?!? Wenn er-!“

Für den Bruchteil eines Atemzugs wurde Bennis Blick unsagbar beängstigend und unheimlich, was Ariane unvermittelt verstummen ließ.

Benni wies auf die Tür, hinter der sich das Zimmer befand, in dem Laura seelenruhig schlief.

Ariane schien es verstanden zu haben, denn sie wandte beschämt und verbissen zugleich den Blick ab.

„Er hat Janine nicht angegriffen.“, meinte Benni ruhig.

„Aber dennoch, wie konntest du sie nach der Sache mit Carsten einfach so gehen lassen?“, fragte Susanne neugierig.

Benni zuckte mit den Schultern. „Wie gesagt, Instinkt.“

Kritisch runzelte Ariane die Stirn. „Wie kann es sein, dass du keinen Schimmer von Emotionen hast und trotzdem so ein unfehlbares Bauchgefühl?“

„Wie kann es sein, dass ich Gefühle sonst nicht verstehe?“, konterte Benni und hätte Susanne nicht einen Hauch Verzweiflung und auch Frust aus seiner Stimme gehört, hätte sie vermutet, dass er es sarkastisch gemeint hatte.

Ariane stöhnte auf. „Du bist echt kompliziert.“

Benni beachtete ihren Kommentar nicht und wandte sich stattdessen Janine zu. „Sonst noch was?“

Diese überlegte einen Moment und schien tatsächlich eine weitere Frage zu haben: „Denkst du… Denkst du, Jack könnte sich bessern?“

„Ich bin kein Psychologe.“, erwiderte Benni darauf. „Das solltest du eher Jannik oder seine Mutter fragen.“

Ariane verdrehte die Augen. „Du hast doch hier diesen super Instinkt. Was sagt der?“

Benni warf ihr nur einen kurzen Blick zu, richtete ihn schließlich aber auf den Boden. „Der fragt sich, ob Carsten überlebt.“

Seine Antwort ließ Susanne das Herz schwer werden. Natürlich zeigte Benni selten offen seine Gefühle. Größtenteils aus dem Grund, weil er sie nicht wirklich verstand, aber trotzdem… Gerade weil er so verschlossen wirkte, war es keinem aufgefallen, dass er sich mindestens genauso viele Sorgen um Carsten machte wie der Rest von ihnen. Immerhin waren die beiden wie Brüder…

„‘Tschuldige…“, murmelte Ariane schuldbewusst. So langsam sollten sie eigentlich wissen, wie es um Bennis Gefühle stand, denn mit der Zeit hatte er sich ihnen ja wirklich etwas geöffnet. Sonst hätte er eben nie und nimmer gesagt, dass er sich große Sorgen um seinen besten Freund machte.

„Wir sollten versuchen, wenigstens etwas zu schlafen…“, meinte Susanne, um das bedrückende Schweigen zu unterbrechen.

Die beiden anderen Mädchen gaben ihr sofort mit einem Kopfnicken Recht.

„Tut mir leid, dass wir gestört haben…“, murmelte Janine verlegen, auch wenn Benni ihr mit einem Kopfschütteln erneut widersprach.

„Gute Nacht.“, meinte Ariane und verschwand in dem Zimmer, in dem sie, Anne und Öznur schliefen.

„Schlaf gut.“ Aufmunternd schaute Susanne Benni an, auch wenn sie wusste, dass das wohl kaum helfen würde. Da fiel ihr noch etwas ein. „Ach so, Lissi hat übrigens gemeint, dass sie uns beim Frühstück erzählen wird, was sie von Lukas erfahren hat. Anscheinend wollte sie uns nicht noch mehr Gründe geben, nicht einschlafen zu können…“

Denn Lissi wirkte ungewohnt bedrückt, seit sie von Lukas zurückgekommen war.

Benni nickte darauf hin nur.

„Gute Nacht.“, verabschiedete sich auch Janine.

„Oyasumi.“, murmelte Benni und ging wieder in das dunkle Zimmer.

Susanne warf ihrer besten Freundin einen prüfenden Blick zu. Auch wenn Janine es sich nicht anmerken ließ, war sie sich doch ziemlich sicher, dass die Konfrontation mit Jack ihr immer noch zu schaffen machte.

Das kannte Susanne aus eigener Erfahrung, immerhin schlief sie seit der Sache mit Naoki gar nicht gut. Aber bis auf Carsten hatte sie keiner mehr darauf angesprochen. Worüber Susanne auch ziemlich froh war, denn eigentlich wollte sie das einfach nur vergessen.

Doch sie konnte es nicht.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück