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Mental Disease

von

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natürlich

Natürlich
 

Ein Blick aufs Handy: Noch sechs Minuten

Nervös stehe ich an der Bushaltestelle. Hoffentlich steige ich in den richtigen Bus. Allein die Vorstellung! Ich könnte sonst wo landen und zu spät kommen. Wie peinlich! Dann denken die ich bin total verblödet. So schwer ist der Weg doch nicht. Kann echt nur mir passieren, sich da zu vertun. Nachher denken die noch, es wäre nur eine billige Ausrede um nicht kommen zu müssen. Dann würden sie mich echt hassen.

Also auf jeden Fall den richtigen Bus nehmen!

Wie war das? 106, 116, 126... Es fahren viele Busse in die Richtung. Da sollte ich es doch schaffen...

Jemand lacht.

Alarmiert schaue ich auf. Die Mädchen auf der anderen Straßenseite.

Blicke unauffällig an mir herunter. Überprüfe meine Position. Kein Wunder, Ich stehe ja fast mitten auf dem Bürgersteig. Nach einem kurzen Blick nach hinten ziehe ich mich weiter Richtung Wand zurück. Kurz spüre ich das Bedürfnis mich dagegen zu lehnen. Ein wenig Stütze. Ein wenig Sicherheit. Einfach mit der Wand verschmelzen bis man mich nicht mehr sieht.

Bloß nicht!

Was, wenn ich mich in einen Kaugummi lehne? Was, wenn ich mich auf einen Platz stelle wo vorher jemand hingerotzt hat? Was, wenn die Leute glauben, dass an die Wand mal jemand gepinkelt hat?

Sie würden mich auslachen, mich für widerlich halten...

Die Mädchen lachen.

Positionscheck: Die Beine voreinander geschlagen, die rechte Hand um die Tasche gekrampft, die Linke hängt seltsam vor meinem Körper.

Nicht gut. Sieht bestimmt krumm und seltsam aus. Ich stelle die Beine nebeneinander.

Ich versuche nicht rot zu werden, während ich es in mir summen spüre. Dieses stetige angespannte Summen, das langsam lauter wird. Ich versuche es zu verdrängen. Du weißt doch: Sie lachen gar nicht über dich. Ein Witz, sie lachen über einen Witz. Aber sie gucken in meine Richtung. Die Frau da links guckt mich auch schon an. Hätte ich "Morgen" sagen sollen? Oh Gott! Ich kann doch einem Fremden nicht "Morgen" sagen! Wie kommt das denn rüber?!

Ich fühle mich umringt. Es kreist mich ein. Dieses Summen, die unterdrückte Panik.

Ich hole Luft.

Wann habe ich aufgehört zu atmen?!

Hoffentlich hat niemand das Luftholen bemerkt. Ich konzentriere mich darauf tief und gleichmäßig aber ruhig und nicht zu auffällig zu atmen. Langsam wir mir schwindelig.

Ein Blick aufs Handy: Noch vier Minuten.

116.

Der nächste Bus ist von der Linie 116. Busfahrkarte rausholen, dem Fahrer lächelnd "Morgen" sagen, Fahrkarte hochheben, weitergehen, Platz suchen... hoffentlich muss ich mich nicht neben jemanden setzten. Da bleibe ich lieber stehen. Sieht es seltsam aus, wenn ich stehe bleibe obwohl noch Plätze frei sind? Ist es aufdringlich wenn ich mich neben jemanden setzte? Hoffentlich setzt sich keiner neben mich. Ich will nicht fragen müssen, ob ich raus darf.

Mein Hände hängen wieder so seltsam. Wohin damit? Vor den Bauch? An die Tasche? In die Hosentaschen?

Blick auf Handy: *Uhrzeit unwichtig*

Wie viel Uhr haben wir? Warum merke ich mir nicht die Uhrzeit, wenn ich auf das Handy gucke? Ich kann nicht nochmal gucken. Wie sähe das denn aus?

Ein Bus.

Blick aufs Handy: Zu früh.

136

Der fährt doch auch nach Eichendorf, oder? Hab ich das nicht gelesen? Fährt der auch da hin?

Der Bus hält.

Okay, du schaffst das. Du fragst.

Eine ganz normale Frage.

Guten Morgen. Entschuldigung, fährt der Bus auch nach Eichendorf?

Ich spüre die Nervosität in mir hochkribbeln.

Er hackt dir schon nicht den Kopf ab, wenn nicht.

Guten Morgen. Entschuldigung, fährt der Bus auch nach Eichendorf?

Die Türen öffnen sich, ich steige die Stufe hinauf, bis ich vor dem Busfahrer stehe.

Es summt. Ich hab Angst. Ich dränge es zurück. Setze ein freundliches Gesicht auf.

" Guten Morgen. Entschuldigung, fährt der Bus auch nach Eichendorf?"

"Natürlich!"

BAMM

Es ist frei. Kein Summen. Es schreit. Natürlich! Wahrscheinlich fährt die Linie nur nach Eichendorf. Natürlich! Gott wie peinlich. Es rast durch meine Adern, ich will weg! murmel ein flüchtiges "Danke" und rase in den Bus. hab vergessen die Karte vorzuzeigen. laufe zurück. "Wollen sie die Karte sehen?" ich verstehe ihn nicht. er spricht Akzent. muss nachfragen. er wolle die Karte gar nicht sehen. ich stürze mich in den Bus. hochrot. in die nächstbeste Bank.

Ich zittere. Jetzt sitze ich auch noch im Vierer. Das wirkt so unverschämt als einzelne Person. Egal jetzt!

Alle starren mich an. Ich halte den Blick stur nach draußen - will es nicht sehen. Sie halten mich für bescheuert - und unverschämt.

Natürlich!

Der hält mich auf für blöd. Nicht zu wissen wohin mein Bus fährt.

Es setzt sich in mir fest. Vergräbt sich. Setzt mir zu.

Natürlich!
 


 

Mein Beitrag Zum Projekt "Mental Disease" (http://forum.fanfiktion.de/t/10223)

Die beschriebene Krankheit ist Soziale Phobie. Ich hoffe, ihr verzeiht mir die seltsame Grammatik zwischendurch. Manchmal kommt es mir so vor, als passte es einfach besser so zu der Situation.

Wenn ich dazu komme, folgen noch weitere OS.



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